L 7 AS 1094/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 4912/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1094/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als Bürgerin der Europäischen Union (EU-Bürgerin) für die Zeit vom 18. Mai 2015 bis 30. September 2015 Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.

Die 1958 geborene Klägerin ist rumänische Staatsangehörige. Sie kam zunächst am 1. November 2014 von Rumänien nach Deutschland und meldete sich am 3. November 2014 unter der Anschrift ihrer Tochter bei der Stadt E. an. In der im Klageverfahren ihrer Tochter vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) (S 3 AS 5121/15) vorgelegten Versicherung an Eides statt vom 23. Mai 2016 gab sie an, sie sei im November 2014 für ein paar Tage bei ihrer Tochter zu Besuch gewesen. Sie sei dann von Dezember 2014 (Weihnachten) bis Februar 2015 wegen der schweren Krankheiten ihres Schwiegersohnes zu Besuch bei ihrer Tochter gewesen. Im April 2015 habe sie für ein paar Tage ihre Tochter besucht. Seit Mai 2015 sei sie wegen Kinderbetreuung und Pflegehilfe für den Ehemann ihrer Tochter bei dieser wohnhaft. Die Tochter der Klägerin hat in jenem Verfahren angegeben, die Klägerin habe sich Anfang November 2014 für 8 Tage und von Weihnachten 2014 bis 18. Februar 2015 besuchsweise bei ihr aufgehalten. Am 3. Februar 2015 habe die Klägerin beim Job-Center "Alg-II-Leistungen" beantragt. Die Annahme des Antrags sei vom Job-Center verweigert worden. Deshalb sei die Klägerin nach der Krankenhausentlassung des Schwiegersohnes wieder zurück nach Rumänien gefahren. Anfang April 2015 habe sie sich erneut für neun Tage in Deutschland aufgehalten.

Die Klägerin kam am 18. Mai 2015 erneut nach Deutschland und beantragte am 26. Mai 2015 bei dem Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bei der Vorsprache am 26. Mai 2015 sowie in der Anlage zur Feststellung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung gab die Klägerin jeweils an, sie wohne mietfrei bei der Familie ihrer Tochter. Diese übe eine Vollzeitbeschäftigung von 5:30 Uhr bis 12:00 Uhr und abends von 17:00 Uhr bis ca. 21:00 Uhr aus. Ihr Schwiegersohn sei krank und nicht in der Lage, auf die achtjährige Enkelin aufzupassen. Für diese müsse Frühstück, Mittagessen und Abendessen gemacht werden und sie müsse in die Schule gebracht werden. Als Zweck ihres Aufenthalts in Deutschland gab sie die Betreuung der Enkelin an. Die Klägerin legte weiter einen Kontoauszug ihres Girokontos mit einem Guthaben von 14,40 EUR - Stand 2. Juni 2015 - vor.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, weil sie ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe.

Hiergegen erhob die Klägerin am 20. Juli 2015 Widerspruch mit der Begründung, seit dem 1. Juli 2015 stehe sie in einem Arbeitsverhältnis. Hierzu legte sie den am 1. Juli 2015 mit ihrer Tochter geschlossenen "Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte" über eine Beschäftigung als Kinderbetreuung mit einer monatlichen Vergütung von 255,00 EUR, jedoch ohne Regelungen zur Arbeitszeit, sowie die im Haushaltsscheckverfahren erfolgte Anmeldung bei der Minijob-Zentrale vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, die Klägerin erfülle neben dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) kein anderes Aufenthaltsrecht. Insbesondere stehe ihr kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin zu. Zwar könne auch zwischen Familienangehörigen ein Arbeitsverhältnis vorliegen, wenn diese in einem Betrieb mithelfen würden. Vorliegend handle es sich jedoch nicht um eine betriebliche Tätigkeit; diese werde vielmehr im gemeinsamen Haushalt ausgeübt. Die Versorgung von Enkelkindern stelle regelmäßig keine Arbeitnehmertätigkeit dar, deshalb sei die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin tätig. Einem Leistungsanspruch stehe deshalb § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen.

Hiergegen hat die Klägerin am 1. September 2015 Klage zum SG erhoben.

Auf Grund des zugleich gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG den Beklagten mit Beschluss vom 22. September 2015 (S 14 AS 4911/15 ER) verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. September 2015 bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 17. Juni 2015, jedoch längstens bis zum 31. Oktober 2015, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren. Daraufhin bewilligte der Beklagte vorläufig für September und Oktober 2015 monatlich 399,00 EUR (Bescheid vom 6. Oktober 2015).

Unter dem 17. September 2015 hat die Klägerin mit ihrer Tochter vereinbart, dass das monatliche Arbeitsentgelt ab 1. September 2015 310,00 EUR und die monatliche Arbeitszeit "ca. 36 Stunden" betrage. Am 12. Oktober 2015 hat die Klägerin einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gestellt und hierbei angegeben, für Kosten der Unterkunft monatlich 154,55 EUR zu bezahlen. Beigefügt waren Kontoauszüge, wonach die Klägerin von ihrer Tochter im August und September 2015 jeweils 255,00 EUR erhalten hatte. Mit Bescheid vom 13. Oktober 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2016 hat der Beklagte den Antrag abgelehnt. Einen weiteren Weiterbewilligungsantrag vom 29. März 2016 hat der Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2016 abgelehnt.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, ihr Schwiegersohn habe im Juli 2012 einen Schlaganfall erlitten, zudem habe er sich in den Jahren 2013 bis 2015 dreimal am rechten Knie operieren lassen. Auf Grund seiner starken körperlichen Einschränkungen sei er nicht in der Lage, seine Tochter zu beaufsichtigen. Deshalb müsse sie dafür Sorge tragen, dass das Kind morgens rechtzeitig aufstehe, sich fertig mache, frühstücke und pünktlich in der Schule sei. Außerdem betreue sie das Kind während der Schulferien bis zur Rückkehr der Mutter von der Arbeit. Ohne diese Hilfe müsste ihre Tochter entweder ihre Arbeitsstelle aufgeben oder sich um eine Tagesmutter kümmern, was beides finanziell nicht möglich sei. Es sei deshalb der sinnvollste Weg gewesen, sie nach Deutschland kommen zu lassen, um die Betreuung des Kindes durch einen Familienangehörigen zu gewährleisten. Auf Grund dieser Tätigkeit, die ab dem 1. Juli 2015 bei der Minijob-Zentrale angemeldet sei, besitze sie die Arbeitsnehmereigenschaft und einen daraus abgeleiteten Aufenthaltsstatus.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. März 2016 abgewiesen. Von Leistungen nach dem SGB II seien nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Ausländerinnen und Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe. Davon erfasst seien im Wege des Erst-Recht-Schlusses auch diejenigen Ausländer, die über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des FreizügG/EU oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügten. Dieser Leistungsausschluss sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) auch europarechtskonform. Die Klägerin sei auch nicht freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU als Arbeitnehmerin. Insbesondere bestehe kein echtes Beschäftigungsverhältnis mit ihrer Tochter. Sie habe zwar einen schriftlichen Arbeitsvertrag vorgelegt. Darin werde die von der Klägerin zu verrichtende Arbeit jedoch auch nicht annähernd ausreichend beschrieben, darüber hinaus finde sich im Vertrag keinerlei Regelung zur Arbeitszeit, sodass zwei grundlegende Bestandteile eines echten Vertrages nicht bzw. nicht ausreichend geregelt seien. Weiter sei eine Trennung der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin und der Kinderbetreuung nicht erkennbar, soweit es sich um die Zubereitung und gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten oder die schlichte Betreuung durch Anwesenheit handle, da die Klägerin in derselben Wohnung wie das zu betreuende Kind wohne. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin eine fremde Arbeitskraft ersetzen würde. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Schwiegersohn der Klägerin körperlich außer Stande wäre, seine achtjährige Tochter zu betreuen. Schließlich spreche auch der Umstand, dass die Tochter der Klägerin auf Grund einer Vollmacht Zugriff auf das Konto der Klägerin habe, nicht dem zwischen Fremden üblichen, somit gegen das Vorliegen eines echten Arbeitsverhältnisses.

Gegen den ihr am 4. März 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. März 2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie trägt vor, zwischen ihr und ihrer Tochter bestehe ein Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag seien insbesondere die monatliche Vergütung, der Erholungsurlaub und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geregelt. Die einzelnen Aufgaben seien mündlich besprochen und festgelegt worden. Ihr Schwiegersohn sei auf Grund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen weder in der Lage, seine Tochter zu beaufsichtigen, noch für diese die Mahlzeiten zuzubereiten. Die Enkeltochter brauche sowohl vormittags vor der Schule als auch am Abend vor dem zu Bett gehen Hilfe und Betreuung. Ohne ihre Hilfe sei der Einsatz einer Tagesmutter oder eines Kindermädchens erforderlich. Die Familie ihrer Tochter sei deshalb auf ihre Arbeitskraft angewiesen. Zutreffend sei, dass sie noch in der Wohnung ihrer Tochter wohne. Diese Wohnsituation solle jedoch nur als Überbrückung dienen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden habe und stelle keinesfalls eine dauerhafte Lösung der Wohnverhältnisse dar. Zutreffend sei auch, dass ihre Tochter auf ihr Konto zugreifen könne. Dies beruhe jedoch darauf, dass deren Beteiligung Voraussetzung seitens der Bank gewesen sei, dass sie überhaupt ein Konto habe eröffnen können. Mit welcher Karte das Geld letztendlich abgehoben werde spiele keine Rolle, wenn es im Anschluss dem Berechtigten übergeben werde.

Die Klägerin hat eine Bescheinigung der Minijob-Zentrale vom 18. Februar 2016 nach § 28a Abs. 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorgelegt, wonach sie in der Zeit vom 1. Juli 2015 bis 31. August 2015 Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 510,00 EUR und vom 1. September 2015 bis 31. Dezember 2015 in Höhe von insgesamt 1.240,00 EUR erhalten und ihre Tochter die entsprechenden Abgaben an die Minijob-Zentrale entrichtet hat.

Die Klägerin hat weiter mitgeteilt, ihr Ehemann sei am 12. September 2014 verstorben. In Rumänien habe sie keine finanzielle Unterstützung seitens des Staates erhalten. Sie habe überwiegend als Selbstversorgerin von den Erträgen aus dem Garten und von ihren 20 Hühnern gelebt. Bei finanziellen Engpässen habe sie Unterstützung von ihrer Tochter C. Z. und ihrem Bruder erhalten. Diese unterstützten sie immer noch, wenn sie finanzielle Hilfe benötige.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. März 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2015 zu verurteilen, ihr vom 18. Mai 2015 bis zum 30. September 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das behauptete Arbeitsverhältnis halte einem Fremdvergleich nicht stand. Nach den Schilderungen der Klägerin in den bisherigen Gerichtsterminen verrichte sie nicht nur Betreuungs- und Pflegedienste für das Kind und den Schwiegersohn, sondern führe auch überwiegend den Haushalt der Familie, koche das Mittagessen, räume auf und wasche. Diese Tätigkeiten seien weder im ersten Arbeitsvertrag noch den nachfolgenden Fassungen annähernd ausreichend beschrieben. Auch die Handhabung des Kontos der Klägerin, wonach die Tochter mit ihrer EC-Karte den Lohn zeitnah wieder abgehoben habe, spreche dafür, dass die Auszahlung des Lohnes nicht ernstlich erfolge. Nach Aktenlage werde der Lohn taggleich wieder vom Konto abgehoben. Zudem habe die Klägerin im Erörterungstermin des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem SG (S 8 AS 4933/16 ER) vorgetragen, sie sei vom 1. bis 16. August 2016 im Urlaub gewesen; in dieser Zeit habe ihr Schwiegersohn auf das Kind aufgepasst, obwohl die Tochter der Klägerin in deren Urlaubsabwesenheit die üblichen Schichten gearbeitet habe. Dies spreche dafür, dass der Schwiegersohn der Klägerin auch ohne die Pflegeleistung der Klägerin sehr wohl in der Lage sei, sein Kind zu betreuen. Auch lägen keine Anhaltspunkte für ein anderes Aufenthaltsrecht der Klägerin vor.

Mit Beschluss vom 11. Mai 2016 hat der Senat den Landkreis E. beigeladen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), beginnend mit Urteil vom 3. Dezember 2015, sei nicht zu folgen, da der Gesetzgeber reagiert und die gesetzlichen Vorgaben im Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 die Leistungsausschlüsse in § 23 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) an die Regelungen in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II angepasst habe. Die Klägerin habe darüber hinaus gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII keinen Anspruch auf Sozialhilfe, weil sie eingereist sei, um Sozialhilfe zu erlangen. Sie habe sich vor ihrer dauerhaften Einreise am 18. Mai 2015 immer wieder temporär in Deutschland zu Besuch bei ihrer Tochter aufgehalten und habe daher die Sozialsysteme in Deutschland gekannt. Mit ihrer Entscheidung, dauerhaft in Deutschland zu bleiben im Wissen, über keine ausreichenden Existenzmittel - und gegebenenfalls auch keinen ausreichenden Krankenversicherungsschutz - zu verfügen, erfülle sie den Tatbestand der Einreise, um Sozialhilfe zu erlangen, zumal sie bereits eine Woche nach der Einreise am 26. Mai 2015 beim Beklagten einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen gestellt habe. Es seien zudem keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Klägerin eine Rückkehr nach Rumänien zum Zwecke der Existenzsicherung unmöglich oder unzumutbar wäre. Im Rahmen des Ermessens nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sehe der Beigeladene eine Sozialhilfegewährung in diesem Einzelfall für nicht gerechtfertigt an.

Der Senat hat vom SG die Akten der von der Tochter der Klägerin (S 3 AS 5121/15) und ihrem Schwiegersohn (S 3 AS 805/16) gegen die Beklagte geführten Klageverfahren beigezogen.

Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 29. September 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Der Beigeladene hat sich in der mündlichen Verhandlung am 16. November 2017 bereit erklärt, über den Antrag der Klägerin auf Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 18. Mai 2015 bis 30. September 2015 eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu treffen, sofern im vorliegenden Verfahren ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II verneint wird.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des SG (S 3 AS 5121/15, S 3 AS 805/16) sowie der Akten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, da Leistungen von mehr als 750,- EUR geltend gemacht werden.

2. Streitgegenständlich ist der Zeitraum vom 18. Mai 2015 bis zum 30. September 2015. Der am 26. Mai 2015 gestellte Antrag der Klägerin wirkt zwar gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II auf den Ersten des Monats zurück. Allerdings hat die Klägerin erst ab dem 18. Mai 2015 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, nachdem sie nach ihren vorherigen Aufenthalten in Deutschland, zuletzt Anfang April 2015, jeweils wieder nach Rumänien zurückgekehrt war (vgl. dazu nachfolgend unter 3a).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. Juni in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. August 2015 hat der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt. Grundsätzlich ist bei ablehnenden oder versagenden Entscheidungen streitgegenständlich der gesamte Zeitraum von der Antragstellung bis zur gerichtlichen Entscheidung (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 9). Etwas anderes gilt zum einen dann, wenn die Behörde über einen Antrag nur für einen bestimmten Zeitraum entschieden hat; dies kann sich aus dem Verfügungssatz des ablehnenden Bescheides und seiner Begründung einschließlich dem beigefügten Berechnungsbogen ergeben (vgl. allgemein zur Notwendigkeit der Auslegung von Behördenentscheidungen BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R – juris Rdnr. 14). Eine Beschränkung des Streitgegenstandes erfolgt aber auch dann, wenn – wie hier – der Betroffene einen neuen Leistungsantrag stellt (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 9). Die entscheidende Zäsur bildet nicht der Erlass des weiteren, auf den neuen Antrag hin ergehenden Bescheides (so aber noch BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 – B 14/11b AS 59/06 R – juris Rdnr. 13), sondern der Beginn des von der erneuten Antragstellung erfassten Leistungszeitraums (Urteil des Senats vom 23. Februar 2017 – L 7 SO 588/15 – n.v.; Bayerisches LSG, Urteil vom 21. Juli 2011 – L 7 AS 529/10 – juris Rdnr. 21; Thüringer LSG, Beschluss vom 20. Oktober 2014 – L 4 AS 1070/14 B ER – juris Rdnr. 44); dies war im Jahr 2015 die Zeit ab Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gestellt worden ist (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung). In diesem Sinne hat auch das BSG in späteren Entscheidungen formuliert, dass sich der angefochtene Bescheid für den Zeitraum erledigt, der von dem neuen Bescheid erfasst wird (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 14 AS 62/08 R – juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R – juris Rdnr. 9; ebenso Bittner in Estelmann, SGB II, § 37 Rn. 49). Die Begrenzung des streitigen Zeitraums bis zum 30. September 2015 ergibt sich danach daraus, dass die Klägerin am 12. Oktober 2015 einen neuen Leistungsantrag bei dem Beklagten gestellt hat, der auf den Ersten des Monats zurückwirkt.

Gegen die angefochtenen Bescheide wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG). Der Rechtsstreit hat sich insbesondere nicht dadurch erledigt, dass der Beklagte im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes bereits vorläufige Leistungen erbracht hat. Auch sind die aufgrund des Beschlusses des SG vom 22. September 2015 (S 14 AS 4911/15 ER) erlassenen Bescheide über die vorläufige Bewilligung von Leistungen nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 44/15 - BSGE 120, 149 - juris Rdnrn. 13f.)

3. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Leistungen gegen den Beklagten. Über einen Anspruch der Klägerin gegen den Beigeladenen hatte der Senat nicht zu entscheiden, nachdem dieser sich in der mündlichen Verhandlung verpflichtet hatte, bei einer Zurückweisung der Berufung und Verneinung eines Anspruchs der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II eine rechtsmittelfähige Entscheidung über einen Anspruch der Klägerin auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB XII für den vorliegend streitigen Zeitraum zu treffen. Die Klägerin hat dementsprechend auch keinen Antrag auf Verurteilung des Beigeladenen zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII gestellt.

Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie erfüllt zwar die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, unterliegt jedoch dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Fassung (a.F.), der EU-Ausländer umfasst, die weder über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung noch ein Aufenthaltsrecht verfügen.

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Die am 26. Mai 1958 geborene Antragstellerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II ab dem 18. Mai 2015. Anhaltspunkte für eine fehlende Erwerbsfähigkeit (§ 8 SGB II) liegen nicht vor. Die fehlende deutsche Staatsangehörigkeit steht ihrer Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs. 2 SGB II nicht entgegen, weil für sie als rumänische Staatsangehörige die Möglichkeit, dass eine Beschäftigung erlaubt werden könnte, bestand und ausreicht (BSG, Urteil vom 30. August 2017 - B 14 AS 31/16 R - juris Rdnr. 20). Sie ist auch hilfebedürftig, da sie über kein über kein Vermögen verfügt und im streitigen Zeitraum Einkünfte lediglich durch die Zahlungen ihrer Tochter in Höhe von zunächst monatlich 255,00 EUR ab dem 1. Juli 2015 und von monatlich 310,00 EUR ab dem 1. September 2015 erzielt hat.

Sie hat auch seit ihrem Zuzug aus Rumänien am 18. Mai 2015 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) gesetzlich definiert. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat danach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist nach der einschlägigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), der sich der erkennende Senat anschließt, erforderlich, dass ein Aufenthalt von voraussichtlich einer gewissen Dauer vorliegt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Juni 1984 – 3 RK 27/83 - BSGE 57, 93). Zumindest muss die Absicht bestehen, an einem bestimmten Ort nicht nur vorübergehend zu verweilen (vgl. z.B. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Mai 1973 – V C 107/72 - BVerwGE 42, 198 = FEVS 21, 361; BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2002 – 5 C 46/01 = ZfSH/SGB 2003, 229). Durch einen Aufenthalt, der nur wenige Tage währt, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt i.S. des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I noch nicht begründet, wenn er wegen seiner Art des Zwecks nur zu einer flüchtigen Begegnung mit dem Ort führt und der Wille einer nur kurz befristeten Verweildauer erkennbar ist (Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 98 Rdnr. 15, 47 f.). Deshalb reicht ein zeitlich unbedeutender Aufenthalt von Stunden oder Tagen - Kurzaufenthalt - für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts regelmäßig nicht aus (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., 2014, § 98 Rdnr. 23; Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 98 Rdnr. 11). Lässt sich eine Willensbildung im Hinblick auf eine Niederlassungsabsicht nicht feststellen, sind die Dauer des Aufenthalts an einem bestimmten Ort sowie die sonstigen objektiven Merkmale, die zum Zeitpunkt des Ortswechsels vorliegen, ein wichtiges Indiz dafür, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden ist (Hohm, a.a.O., Rdnr. 49).

Der gewöhnliche Aufenthalt setzt weiter keine ständige, ununterbrochene Anwesenheit voraus. Ob sich jemand gewöhnlich in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise entscheiden, wobei alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung bei Beginn eines streitigen Zeitraums erkennbaren Umstände zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 22. März 1988 – 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93 = SozR 2200 § 205 Nr. 65; Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd. I, § 30 SGB I Rdnr. 19). Ist ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt anzunehmen, wird er auch und sogar durch Abwesenheit im Ausland, falls diese ihrer Natur nach vorübergehend ist, nicht beendet. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist nicht gleichbedeutend mit "nie abwesend sein" (BSG, Urteil vom 28. Juli 1967 – 4 RJ 411/96 - BSGE 27, 88 = SozR Nr. 5 zu § 1319 RVO; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Juni 2002 – L 1 KG 2338/99 = juris Rdnr. 39). Auch eine Abwesenheit von längerer Dauer hebt dann den gewöhnlichen Aufenthalt nicht auf, wenn die Absicht oder Wahrscheinlichkeit besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren und gefestigte Beziehungen dorthin aufrechterhalten bleiben (Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O. Rdnr. 19 m.w.N.). Das BSG hat aus § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I ein Drei-Stufen-Schema entwickelt. Es prüft zunächst den Aufenthalt, dann die Umstände des Aufenthalts und nimmt schließlich eine Würdigung der Umstände vor. Unter diesen Voraussetzungen ist nach der Rechtsprechung des BSG die Begründung und Innehabung von gleichzeitig mehreren Wohnsitzen und gewöhnlichen Aufenthalten möglich. Begründet wird dies mit dem der Sache nach gegebenen Zusammenhang mit den entsprechenden steuerrechtlichen Regelungen (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1977 - 8/12 RKg 8/77 - BSGE 45, 95 = SozR 5870 § 8 Nr. 3; ebenso LSG Baden-Württemberg, a.a.O. - juris Rdnr. 39 und Seewald in Kasseler Kommentar, a.a.O., § 30 Rdnr. 22; Senatsurteil vom 25. Februar 2016 - L 7 SO 3588/14 - juris Rdnr. 33).

An diesem Prüfungsmaßstab orientiert hatte die Klägerin erst ab dem 18. Mai 2015 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Sie kam zwar im Jahr 2014 aus Rumänien nach Deutschland und meldete sich am 3. November 2014 unter der Anschrift ihrer Tochter bei der Stadt E. an. Allerdings hielt sie sich nur acht Tage hier auf, um anschließend wieder nach Rumänien zurückzukehren. Hierbei handelte es sich ebenso wie bei den weiteren Aufenthalten von Weihnachten 2014 bis zum 8. Februar 2015 und Anfang April 2015 für neun Tage lediglich um besuchsweise Aufenthalte, durch die ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet wurde. Der Senat stützt sich hierbei auf die Angaben der Tochter der Klägerin in deren Klageschrift vom 14. September 2015 im Verfahren S 3 AS 5121/15 vor dem SG, die Niederschrift über den Termin zur Erörterung des Sachverhalts in diesem Verfahren vom 11. Februar 2016 sowie die eidesstattlichen Versicherungen der Klägerin und ihres Schwiegersohns jeweils vom 23. Mai 2016. Danach kam die Klägerin erstmals Anfang November 2014 nach Deutschland, weil ihr Schwiegersohn operiert werden sollte. Nachdem dessen Operationstermin auf Januar 2015 verschoben worden war, kehrte die Klägerin nach Rumänien zurück und kam erst Weihnachten 2014 wieder nach Deutschland. Zwar suchte sie nach den Angaben ihrer Tochter am 3. Februar 2015 das Jobcenter auf, um einen Leistungsantrag zu stellen. Es kann dahingestellt bleiben, ob zu diesem Zeitpunkt ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden war, denn dieser wäre jedenfalls wieder aufgegeben worden, nachdem die Klägerin am 20. Februar 2015 wieder nach Rumänien zurückgekehrt und nur noch einmal besuchsweise über Ostern 2015 Anfang April nach Deutschland gekommen war.

b) Einem Anspruch der Klägerin steht jedoch der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. entgegen.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. sind "ausgenommen" – also keine leistungsberechtigten Personen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II und ohne Leistungsberechtigung nach dem SGB II – nach Nr. 1 Ausländerinnen und Ausländer, die in Deutschland keine Arbeitnehmerinnen, Arbeiternehmer oder Selbständige sind oder nicht nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts, nach Nr. 2 Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen sowie nach Nr. 3 Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes, wobei diese letzte Variante bei der Klägerin von vornherein ausscheidet.

Über diese wortwörtlich geregelten Fälle hinaus umfasst der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. erst recht die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (EU-Ausländer) und nicht über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU oder ein Aufenthaltsrecht nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) verfügen (BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 – B 14 AS 35/15 R – juris Rdnr. 24 m.w.N.).

aa) Die Klägerin ist nicht als Arbeitnehmerin freizügigkeitsberechtigt.

Der Begriff des Arbeitnehmers in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist, wie die Wortverbindung in des-sen Nr. 1 zum FreizügG/EU bereits zeigt, europarechtlich geprägt; durch dieses Gesetz wird die die Freizügigkeitsrechte der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen innerhalb der Union regelnde Richtlinie 2004/38/EG - auf Grundlage der Europäischen Verträge - in das nationale Recht umgesetzt. Der Arbeitnehmerbegriff des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU wiederum ist weder im engeren nationalrechtlichen Sinne arbeitsrechtlich, noch gar sozialrechtlich und damit auch nicht grundsicherungsrechtlich zu verstehen; er ist vielmehr ausschließlich im Lichte des Unionsrechts (vgl. bereits EuGH, Urteil vom 19. März 1964 – Rs. 75/63 – [Unger]), hier speziell im Sinne des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts auszulegen (vgl. zur abweichenden Arbeitnehmerdefinition i.S. der koordinationsrechtlichen VO [EG] Nr. 883/2004 Langer in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 45 AEUV Rn. 3). Dabei ist der Arbeitnehmerbegriff nicht in der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) definiert, zu deren Umsetzung das FreizügG/EU ergangen ist. Eine Begriffsdefinition ergibt sich auch nicht aus dem europäischen Primärrecht in Gestalt der EU-vertraglichen Freizügigkeitsgewährleistung (Art. 39 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union [AEUV]) und der Verordnung über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (VO [EWG] Nr. 1612/68 vom 15. Oktober 1968), die als Verordnung über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO [EU] Nr. 492/2011 vom 5. April 2011) neu kodifiziert worden ist. Aus den Erwägungsgründen der VO [EWG] Nr. 11612/68 ergibt sich aber immerhin, dass das Freizügigkeitsrecht "gleichermaßen Dauerarbeitnehmern, Saisonarbeitern, Grenzarbeitnehmern oder Arbeitnehmern zu[steht], die ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Dienstleistung ausüben." Daraus und aus dem primären Zweck des Freizügigkeitsrechts, einen diskriminierungsfreien Zugang zum Arbeitsmarkt des aufnehmenden Mitgliedsstaats zu gewähren, folgt notwendigerweise ein weiter Arbeitnehmerbegriff, der lediglich auf ein Mindestmaß an Teilnahme am Wirtschaftsleben des aufnehmenden Mitgliedsstaats zielt (vgl. Steinmeyer, in Fuchs, a.a.O., Art 7 VO Nr. 492/2011 Rn. 14 m.w.N.). Dabei ist ohne Relevanz, inwieweit das mit der ausgeübten Tätigkeit erzielte Entgelt geeignet ist, das vom jeweiligen Mitgliedsstaat definierte Existenzminimum zu decken. Die Arbeitnehmereigenschaft begründen vielmehr auch nicht existenzsichernde Teilzeittätigkeiten, sofern es sich dabei um tatsächliche und echte Tätigkeiten handelt, wobei – gemessen wiederum am Willen der freizügigkeitsberechtigten Personen, im Wirtschaftsleben tätig zu sein – nur solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (vgl u.a. EuGH, Urteil vom 23. März 1982 – Rs. 53/81 – [Levin], Rdnr. 17; EuGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - Rs. 139/85 - [Kempf], Slg 1986, 1741, Rdnrn. 9 ff; EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007 - C-213/05 [Geven], Slg 2007, I-6347 Rdnr. 16; so nun auch Ziffer 2.2.1.1. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des BMI zum FreizügG/EU; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris Rdnr. 18). Zur Prüfung dieser Voraussetzungen hat sich das Tatsachengericht auf objektive Kriterien zu stützen und dabei eine Gesamtbetrachtung aller Umstände der Rechtssache vorzunehmen, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeit und die des fraglichen Arbeitsverhältnisses betreffen, wobei (lediglich) Umstände, die sich auf das Verhalten des Betreffenden vor und nach der Beschäftigungszeit beziehen, für die Begründung der Arbeitnehmereigenschaft ohne Bedeutung sein sollen (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 – Rs. C-413/01 – [Ninni-Orasche], Rn. 27 f.; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11. November 2015 - L 6 AS 197/15 B ER - juris Rdnr. 20).

Um Arbeitnehmer zu sein, muss die betreffende Person danach während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dabei sind nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Dies bedeutet, dass eine Integration in den Betrieb des Arbeitgebers gegeben sein muss, bei der die betreffende Person unter der Weisung oder Aufsicht eines Dritten steht, der die zu erbringenden Leistungen und/oder die Arbeitszeiten vorschreibt und dessen Anordnungen durch den Arbeitnehmer zu befolgen sind.

Die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wird grundsätzlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass jemand für einen Verwandten tätig ist. Bei einem Arbeitsverhältnis unter Ehegatten, Lebenspartnern oder Verwandten ist allerdings die Feststellung erforderlich, dass es sich um ein von diesen ernsthaft gewolltes und vereinbarungsgemäß durchgeführtes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis handelt. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten, Lebenspartnern bzw. Verwandten im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und das Weisungsrecht deshalb möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Dezember 2007 - L 9 KR 7/05 - juris Rdnr. 23). Die Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einer (familienhaften) Mithilfe hängt damit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – B 7 AL 34/02 R – juris Rdnr. 14); maßgebend ist dabei das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung. Auch wenn unter Angehörigen vielfach auf die familiäre Beziehung Rücksicht genommen wird, kann auf gewisse Mindestanforderungen an ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nicht verzichtet werden, da ein solches ansonsten in einer dem Gesetz nicht mehr entsprechenden Weise lediglich rechtsmissbräuchlich fingiert werden könnte. Neben der Eingliederung in den Betrieb mit einem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht ist es daher erforderlich, dass der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Weitere Abgrenzungskriterien sind, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuer unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt (BSG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 12 RK 50/93, SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Werden dagegen dem in der Familiengemeinschaft lebenden Angehörigen im Rahmen seines freien Unterhalts neben Kost, Wohnung und Kleidung nur geringfügige Barbeträge - Taschengeld - gewährt, so wird im Allgemeinen kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vorliegen (BSG, Urteil vom 29. März 1962 - 3 RK 83/59 - BSGE 17, 1, 5 f; BSG, Urteil vom 19. Februar 1987 - 12 RK 45/85 - SozR 2200 § 165 Nr. 90).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II bei ihrer Tochter zur Betreuung der Enkeltochter beschäftigt gewesen.

Die Klägerin hat zwar einen schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Auch dürften die im Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen bezüglich der von der Klägerin auszuübenden Tätigkeit noch hinreichend bestimmt sein, indem dort als Tätigkeit die Kinderbetreuung genannt wird und als Arbeiten "Frühstück, Schule Anfang – Schule Ende" aufgeführt sind. Damit sind die vereinbarten Tätigkeiten noch hinreichend konkret umschrieben, nämlich die Versorgung der Enkeltochter mit dem Frühstück und deren Betreuung vor und nach dem Schulbesuch. Allerdings hat der Arbeitsvertrag zunächst keine Regelungen zur Arbeitszeit als einem essentiellen Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses enthalten. In der Änderungsvereinbarung vom 17. September 2015 ist die Arbeitszeit - rückwirkend zum 1. September 2015 - auch nicht konkret festgelegt, sondern mit "ca. 36 Stunden monatlich" nur umrissen worden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nicht nur die Betreuung der Enkeltochter übernommen hat, sondern allgemein im Haushalt ihrer Tochter dort anfallende Arbeiten ausführt. So hat sie im Erörterungstermin vom 29. September 2016 angegeben, nachdem sie ihre Enkeltochter in die Schule gebracht habe, helfe sie ihrem Schwiegersohn, mache die Wohnung sauber und koche; weiter mache sie alles, was man im Haushalt so brauche. Damit trägt ihre Tätigkeit das Gepräge einer familienhaften Mitarbeit im Rahmen des Zusammenlebens von Verwandten und nicht eines Dritten, dem bestimmte Tätigkeiten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses übertragen sind. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitsvertrag schriftlich erst am 1. Juli 2015 abgeschlossen worden ist und das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt begründet werden sollte. Die Klägerin hatte die vereinbarte Tätigkeit jedoch bereits zuvor, insbesondere seit November 2014 in den Zeiten ausgeübt, in denen sie sich in Deutschland aufgehalten hatte. In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen ist auch die Angabe der Klägerin bei ihrer Vorsprache bei dem Beklagten am 26. Mai 2016, wo sie ausweislich des Beratungsvermerks angegeben hatte, "eigentlich" nach Deutschland gekommen zu sein, um die Kinderbetreuung ihrer Tochter zu übernehmen. Dies hat sie im Schriftsatz vom 6. Dezember 2016 nochmals bestätigt, wonach der Grund für ihre dauerhafte Einreise nach Deutschland von Anfang an die Betreuung der Enkelin und nicht die Arbeitsuche gewesen sei. Dies spricht dafür, dass auch die Klägerin anfangs davon ausging, im Rahmen einer familienhaften Mitarbeit im Haushalt ihrer Tochter tätig zu werden und die entsprechenden Vereinbarungen mit ihrer Tochter - ohne dass sich an den tatsächlichen Verhältnissen etwas geändert hätte - erst getroffen wurden, nachdem der Beklagte die Gewährung von Leistungen abgelehnt hatte.

Auch die Bezahlung durch ihre Tochter stellt keinen Umstand dar, der die Annahme eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnte. Voraussetzung wäre nämlich, dass der Arbeitnehmer in vollem Umfang frei über das Arbeitsentgelt verfügen kann. Hieran bestehen vorliegend ernsthafte Zweifel, denn die Tochter der Klägerin war auch verfügungsberechtigt über das Konto der Klägerin und hat ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge der Klägerin auch Verfügungen über dieses Konto getroffen. So hat sie mit ihrer EC-Karte z.B. im August 2015 unmittelbar nach der Gutschrift 200,00 EUR und später weitere 50,00 EUR vom Konto der Klägerin abgehoben. Damit lag keine freie Verfügbarkeit der Klägerin über die Zahlungen ihrer Tochter vor.

Für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses und damit für die Arbeitnehmereigenschaft spricht auch nicht die Anmeldung bei der Minijob-Zentrale gemäß § 8a SGB IV als geringfügig Beschäftigte und die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge. Dieser Anmeldung kommt keine Tatbestandswirkung zu (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Dezember 2014 – L 3 AL 53/12 – juris Rdnr. 30).

Die Betreuung eines Kindes im Haushalt bzw. die Tätigkeit als Haushaltshilfe stellt zwar grundsätzlich eine Tätigkeit dar, welche die Arbeitnehmereigenschaft begründen kann (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11. November 2015 – L 6 AS 197/15 B ER – juris). Eine geringfügige Beschäftigung im Privathaushalt liegt nach § 8a Satz 2 SGB IV dann vor, wenn diese durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird. Bei § 8a SGB IV kommt es nicht darauf an, ob die Haushaltsangehörigen diese Tätigkeiten nicht verrichten können oder ob sie dies nicht wollen (Schlegel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, Stand 1. März 2016, § 8a SGB IV Rdnr. 32). Die Norm dürfte jedoch voraussetzen, dass eine geringfügige Beschäftigung im Privathaushalt nach § 8a SGB IV nur durch Personen ausgeübt werden kann, die nicht Mitglieder des privaten Haushalts sind. Ein Privathaushalt ist die Gesamtheit der räumlichen und sachlichen Mittel, die Privatpersonen zur Befriedigung der regelmäßigen, gewöhnlichen persönlichen Bedürfnisse bedürfen, wie Schlafen, Essen, Wohnen, Hygiene etc., wobei ein Privathaushalt auch Familien oder Lebenspartnerschaften dienen kann (Schlegel, a.a.O. Rdnr. 28). Hier spricht viel dafür, dass die Klägerin Mitglied des Privathaushalts ihrer Tochter und deshalb vom Haushalts-scheckverfahren ausgeschlossen war. Denn sie bewohnte dieselbe Wohnung und es lag eine einheitliche Haushaltsführung wie Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten, Einkaufen für alle Haushaltsmitglieder, einvernehmliche Durchführung der Haushaltsarbeiten wie Waschen, Putzen etc. vor. Zudem gilt auch hier das Argument, dass die Anmeldung erst zum 1. Juli 2015 erfolgt war und somit erst, nachdem der Beklagte die Leistungsgewährung wegen fehlender Arbeitnehmereigenschaft abgelehnt hatte.

Darüber hinaus dürfte entgegen dem Vortrag der Klägerin viel dafür sprechen, dass sie im streitigen Zeitraum nicht einen fremden Arbeitnehmer ersetzt hat. Dies mag allenfalls für die Zeiten gelten, in denen die Enkeltochter der Klägerin nicht von deren Eltern betreut und beaufsichtigt werden konnte. Dies war zumindest bis zum Ende des streitigen Zeitraums nur in den Zeiträumen der Fall, in denen sich der Schwiegersohn der Klägerin in stationärer Behandlung befunden hatte, somit nur vor Beginn des streitigen Zeitraums. Deshalb war die Klägerin auch ursprünglich im Jahr 2014 nach Deutschland gekommen, um die Betreuung ihrer Enkelin sicherzustellen. Bezeichnend ist aber, dass sie wieder nach Rumänien zurückgekehrt war, nachdem sich die Operation des Schwiegersohns verschoben hatte, und sie erst während dessen stationären Aufenthalts wieder nach Deutschland gekommen war. Dies legt den Schluss nahe, dass eine Betreuung der Enkeltochter durch den Schwiegersohn möglich war, zumal dieser erst seit April 2016 in (die damalige) Pflegestufe I eingestuft worden ist.

bb) Mangels Arbeitnehmereigenschaft kommt auch keine nachgehende Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU in Betracht.

c) Die Klägerin hatte auch kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Familienangehörige sind u.a. gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU jedoch nur die Verwandten in gerader aufsteigender in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, denen diese Personen oder ihre Ehegatten oder Lebenspartner Unterhalt gewähren (vgl. insoweit auch Art. 2 Nr. 2d der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004). "Unterhalt gewähren" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Betreffende materieller Unterstützung bedarf, um seine Grundbedürfnisse in seinem Herkunftsstaat in dem Zeitpunkt zu decken, in dem er beantragt, dem Unionsbürger zu folgen (EuGH, Urteil vom 16. Januar 2014, Rs. C-423/12 [May-Reyes]), ohne dass ein Unterhaltsanspruch gegen den Unionsbürger bestehen muss oder der Unterhalt bedarfsdeckend sein müsste (vgl. Oberhäuser in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 3 FreizügG/EU, Rdnrn. 11f.). Die Klägerin hat während ihres Aufenthalts in Rumänien von ihrer in Deutschland lebenden Tochter keinen Unterhalt erhalten, wie dem klägerischen Schriftsatz vom 28. April 2017 entnommen werden kann, wonach sie in Rumänien allein von einer anderen Tochter bzw. ihrem Bruder finanziell unterstützt worden ist.

d) Auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) steht diesem Leistungsausschluss nicht entgegen, weil die Klägerin rumänische Staatsangehörige und Rumänien kein Unterzeichnerstaat dieses Abkommens ist. Schließlich ist der Leistungsausschluss auch mit EU-Recht vereinbar und es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen (BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 – B 14 AS 35/15 R – juris Rdnrn. 31f.).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen der Klägerin sowie den Umstand, dass der Beigeladene einen Sachantrag gestellt hat.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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