L 11 KA 71/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 5/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 71/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beigeladenen zu 7) gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.08.2015 wird zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 7) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Genehmigung der Anstellung der Fachärztin für Humangenetik Dr. L (Beigeladene zu 8) durch das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Ambulante Versorgung am Universitätsklinikum F im Zusammenhang mit der Einbeziehung dieser Arztgruppe in die Bedarfsplanung.

Das MVZ wurde 2007 vom klagenden Universitätsklinikum F, einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) des Landes Nordrhein-Westfalen mit eigener Rechtspersönlichkeit gegründet und zum 01.10.2007 vom Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Das MVZ verfügt über keine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Beigeladene zu 8) ist seit dem 01.02.2001 approbiert und seit dem 16.02.2006 Fachärztin für Humangenetik. Seit Februar 2006 ist sie als Ärztin am Universitätsklinikum in F tätig. Im Laufe des Jahres 2012 deutete sich an, dass u.a. die Zulassung von Humangenetikern zur vertragsärztlichen Versorgung bedarfsabhängig werden würde. Am 06.09.2012 beantragte die Beigeladene zu 8) bei der Beigeladenen zu 7), sie in das Arztregister einzutragen. Die für die Eintragung benötigten Unterlagen reichte sie am 14.09.2012 nach. Sie wurde am 25.09.2012 in das Arztregister eingetragen. Den von ihr gegen das Datum der Eintragung - 25.09.2012 statt 06.09.2012 - gerichteten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beigeladenen zu 7) am 12.12.2012 zurück.

Ebenfalls am 06.09.2012 beantragte das von der Klägerin getragene MVZ, die Beigeladene zu 8) in einem Umfang von 20 Wochenstunden vertragsärztlich am MVZ beschäftigen zu dürfen. Mit Schreiben vom 09.09.2012 teilte die Klägerin mit, dass es sich beim MVZ um eine "Eigeneinrichtung" des Universitätsklinikums handele. Deshalb gebe es keinen (zusätzlichen) Arbeitsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 8) und dem MVZ. Mit Schreiben vom 23.04.2013 reichte die Klägerin stattdessen eine zwischen ihr - dem Universitätsklinikum F - und der Beigeladenen zu 8) geschlossene Vereinbarung zu den Akten. Darin wurde die künftige Aufteilung der Gesamtarbeitszeit der Beigeladenen zu 8) auf das MVZ (20 Stunden/Woche) und das Institut für Humangenetik am Universitätsklinikum (22 Stunden/Woche) dargestellt. Die Vereinbarung war von keinem Mitarbeiter des MVZ unterzeichnet worden.

Ebenfalls am 06.09.2012 wurde der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über eine Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie-Ärzte im Bundesanzeiger (vorab) veröffentlicht (sog. Moratoriumsbeschluss). Dieser regelte:

" § 48 Aufnahme bisher nicht beplanter Arztgruppen und Übergangsregelung

(1) Die folgenden Arztgruppen werden ab 1. Januar 2013 entsprechend § 4 dieser Richtlinie in die Bedarfsplanung einbezogen: 1. - 5 ..., 6. Humangenetiker, 7. - 9 ...

(2) Der Zulassungsausschuss kann über Zulassungsanträge dieser Arztgruppen, die nach dem 6. September 2012 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss die Feststellung nach § 103 Absatz 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Der Landesausschuss soll spätestens bis zum 15. Februar 2013 über die Versorgungssituation im Planungsbereich für die Arztgruppen entscheiden. Anträge nach Satz 1 sind wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese noch nicht bei Antragstellung angeordnet waren. Die Sätze 1 - 3 gelten auch für Anträge auf die Genehmigung von Anstellungen in Medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.

(3) § 4 Absatz 5 tritt außer Kraft.

II. Die Änderung der Richtlinie tritt mit Wirkung vom 6. September 2012 in Kraft."

Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen entschied am 05.02.2013, den Planungsbereich Nordrhein u.a. für Humangenetiker zu sperren. Dieser Beschluss wurde im Rheinischen Ärzteblatt 4/2013 veröffentlicht.

Der Zulassungsausschuss lehnte es im Hinblick auf die Sperrung des Planungsbereichs ab, die Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) am MVZ zu genehmigen (Beschluss aus der Sitzung vom 15.05.2013, ausgefertigt am 17.07.2013). Es könne nicht von einem zum 06.09.2012 fristgerecht und vollständig gestellten Antrag auf Anstellung ausgegangen werden. So fehle bis heute ein zwischen dem MVZ und der Beigeladenen zu 8) geschlossener Arbeitsvertrag. Zumindest hätte der bisherige Vertrag mit der Klägerin geändert, die Tätigkeit für das MVZ vereinbart und diese Vereinbarung rechtzeitig vorgelegt werden müssen. Im Übrigen entfalte ein Antrag auf Anstellung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung nur dann fristwahrende Wirkung, wenn der Zulassungsbewerber bei Antragstellung in das Arztregister eingetragen sei und dies zugleich mit dem Zulassungsantrag nachgewiesen werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Eine Ausnahme hiervon könne nicht gemacht werden, denn die anzustellende Ärztin habe bereits lange vor Einführung der Zulassungsbeschränkung und Stichtagsregelung die materiellen Voraussetzungen für eine Eintragung erfüllt, jedoch versäumt, diese zu beantragen. Es liege somit ein schuldhaftes Verzögern der Beigeladenen zu 8) vor.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin dahin, dass das Universitätsklinikum als zugelassenes Krankenhaus zu den Leistungserbringern zähle, die berechtigt seien, ein MVZ zu gründen. Dies bedeute, dass das MVZ auch als unselbstständiger Betriebsteil des Krankenhauses geführt werden könne. Aus arbeitsrechtlicher Sicht bleibe damit der Träger des Krankenhauses Arbeitgeber des anzustellenden Arztes. Das MVZ verfüge über keine eigene Rechtspersönlichkeit, so dass ein Anstellungsvertrag zwischen ihm und der Beigeladenen zu 8) nicht rechtwirksam geschlossen werden könne. Unabhängig davon reiche man nun eine Tätigkeitsdarstellung zu den Akten, die sowohl von der anzustellender Ärztin, von Prof. Dr. I als Direktor des Instituts für Humangenetik am klagenden Universitätsklinikum sowie von Dr. W als ärztlichem Leiter des MVZ unterschrieben worden sei. Davon abgesehen habe man rechtzeitig und vollständig beantragt, die Beigeladene zu 8) am MVZ vertragsärztlich beschäftigen zu dürfen. Hierfür genüge, dass die anzustellende Ärztin am 06.09.2012 beantragt habe, ins Arztregister eingetragen zu werden. Die zur Bescheidung des Antrags benötigten Unterlagen habe sie binnen weniger Tage, nämlich bereits am 14.09.2012, vollständig nachgereicht. Ein schuldhaftes Verzögern liege nicht vor.

Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Beschluss aus der Sitzung vom 13.11.2013, ausgefertigt am 10.12.2013). Der Genehmigung stehe das vom GBA in seinem Beschluss vom 06.09.2012 verhängte Entscheidungsmoratorium sowie die im Februar 2013 vom Landesausschuss erlassene Zulassungssperre für Fachärzte für Humangenetik entgegen. Den Antrag, die Beigeladene zu 8) vertragsärztlich halbschichtig mit 20 Stunden/Woche im MVZ zu beschäftigen, habe die Klägerin nicht wirksam bis zum 06.09.2012 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe noch kein Arztregisterauszug als Beleg für die Eintragung der Beigeladenen zu 8) vorgelegen. Die Rechtsprechung habe zwar den Grundsatz aufgestellt, dass derjenige schutzwürdig sei, der noch fristgerecht eine Zulassung beantrage und materiell-rechtlich die Zulassungsvoraussetzungen erfülle, wenn er lediglich noch weitere Zeit zur Beschaffung der entsprechenden Nachweise benötige. Schutzwürdigkeit in diesem Sinn sei vorliegend jedoch zu verneinen. Die Beigeladene 8) habe bereits seit Februar 2006 und damit lange Zeit vor der Einführung der Zulassungsbeschränkung und der Stichtagsregelung die materiellen Voraussetzungen für ihre Eintragung ins Arztregister erfüllt. Sie habe es jedoch versäumt, die Eintragung beizeiten zu beantragen. Das Moratorium sei auch keineswegs überraschend gekommen. Vielmehr hätten alle zulassungswilligen und zulassungsberechtigten Ärzte ausreichend Zeit gehabt, sich rechtzeitig um den für den Antrag erforderlichen Nachweis aus dem Arztregister zu bemühen.

Hiergegen richtet sich die am 10.01.2014 erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, den Arztregistereintrag der Beigeladenen zu 8) nicht schuldhaft verspätet vorgelegt zu haben. Diese habe vielmehr noch vor Inkrafttreten des Moratoriumsbeschlusses zum 07.09.2012 ihre Eintragung ins Arztregister beantragt und auch die materiellen Voraussetzungen hierfür erfüllt. Weiter habe die Beigeladene zu 8) das Eintragungsverfahren nach Kräften gefördert. Die fristwahrende Wirkung dieser Antragstellung entfalle nicht dadurch, dass die Ärztin sich bereits seit Februar 2006 hätte ins Arztregister eintragen lassen können, dies aber nicht getan habe. Dafür habe keine Veranlassung bestanden. Selbst im Jahr 2012 habe es keine gesicherten oder gar offiziellen Informationen über das geplante Moratorium und die anschließend ausgesprochenen Zulassungsbeschränkungen gegeben, auf die man hätte reagieren können. Auf bloße Gerüchte habe man nicht reagieren müssen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 10.12.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Beklagte und die zu 7) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig erachtet.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat den Bescheid vom 10.12.2013 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin, die Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) als angestellte Ärztin für Humangenetik zu genehmigen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (Urteil vom 12.08.2015). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet. Der Genehmigungsfähigkeit der Anstellung der Beigeladenen zu 8) im MVZ stehe insbesondere nicht das vom GBA mit Beschluss vom 06.09.2012 verhängte Entscheidungsmoratorium sowie die vom Landesausschuss am 05.02.2013 unter anderem für Fachärzte für Humangenetik erlassene Zulassungssperre entgegen. Vielmehr habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - klargestellt, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit im Falle der Anordnung neuer Zulassungssperren verfassungskonform auszulegen sei. Auch derjenige Bewerber könne beanspruchen zugelassen zu werden, der bis zum maßgeblichen Stichtag den Zulassungsantrag gestellt und die Eintragung ins Register beantragt habe, zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf die Eintragung gehabt und im Weiteren alles in seiner Macht stehende getan habe, um diesen Anspruch durchzusetzen. Diese Voraussetzungen, die für die Genehmigung der Beschäftigung eines angestellten Arztes in gleicher Weise Anwendung finden müssten, seien hier erfüllt. Die insoweit bestehende Schutzwürdigkeit entfalle nicht dadurch, dass die betroffenen Ärzte - wie hier die Beigeladene zu 8) - bereits seit längerer Zeit die Arztregistereintragung hätten beanspruchen können oder sich ein Moratoriumsbeschluss angedeutet habe

Das Urteil wurde der Beigeladenen zu 7) am 17.09.2015 zugestellt. Sie hat dagegen am 05.10.2015 Berufung eingelegt und vorgetragen: Die Klägerin habe gerade nicht alles in ihrer Macht Stehende getan, um bis zum 06.09.2012 einen wirksamen Antrag zu stellen, der nicht vom Moratorium erfasst werde. Die Klägerin und die Beigeladene zu 8) hätten die notwendigen Nachweise für die Eintragung der Humangenetikerin ins Arztregister nicht bereits mit AntragsteIlung am 06.09.2012 vorgelegt, obwohl die Beigeladene zu 8) ihre Facharztprüfung schon im Jahr 2006 abgelegt habe und die Voraussetzungen für die Eintragung ins Arztregister somit bereits lange vorgelegen hätten. Die Entscheidung, sich nicht ins Arztregister eintragen zu lassen, habe allein in der Sphäre von der Beigeladenen zu 8) und ihrem Arbeitgeber, der Klägerin, gelegen.

Die Beigeladene zu 7) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.08.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beigeladenen zu 7) zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Weder hätte sich die Beigeladene zu 8) früher als tatsächlich geschehen ins Arztregister eintragen zu lassen müssen, noch sei sie - die Klägerin - verpflichtet gewesen, auf eine solche Eintragung hinzuwirken. Die Arztregistereintragung sei vielmehr erst mit der Entscheidung relevant geworden, die Beigeladene zu 8) als Fachärztin für Humangenetik ab dem 01.10.2012 im MVZ zu beschäftigen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R -. Die dortige Klägerin habe erst im Mai 2003 den Antrag gestellt, als psychologische Psychotherapeutin zugelassen zu werden, obwohl sie bereits seit März 1999 solche approbiert gewesen sei. Die Eintragung in das Psychotherapeutenregister habe sie ebenfalls erst im Mai 2003 beantragt. Das BSG habe dies genügen und den Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung nicht unter die anschließend ergangene Zulassungssperre fallen lassen. Seit dem 01.01.2015 sei die Beigeladene zu 8) zwar halbschichtig im MVZ tätig, jedoch nicht aufgrund originär eigenen Rechts, sondern im Wege einer - hier nicht strittigen - Nachbesetzung. Mit der weiter aufrecht erhaltenen Klage gehe es nun darum, sie darüber hinaus mit weiteren 20 Stunden/Woche zu beschäftigen, also insgesamt vollschichtig.

Der Beklagte und die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) am MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der vom SG ausgesprochenen Neubescheidung zu 20 Stunden/Woche genehmigt wird (§ 95 Abs. 2 Satz 7, 8 i.V.m. 5 und 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)).

A.

Die Klage ist zulässig.

I.

Die Klägerin verfolgt den Anspruch zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (zur Abgrenzung von Neubescheidungs-, von kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen bei Zulassungsstreitverfahren: Senat, Urteil vom 26.02.2014 - L 11 KA 17/13 -). Dem Beklagten steht - bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen - kein Ermessen zu, die begehrte Genehmigung zu erteilen oder nicht (§ 95 Abs. 2 Satz 7 und 8 SGB V: "Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satz 5 erfüllt sind."

Die Klägerin hat gegenüber dem Senat klargestellt, dass sie in erster Instanz mit dem auf Verurteilung zur Neubescheidung lautenden Klageantrag ungenau formuliert hat. Das Gericht ist an den Wortlaut der gestellten Anträge jedoch nicht gebunden, sondern hat den wahren Willen der Beteiligten zu erforschen (vgl. zur Auslegung von Klageanträgen und zu dem insoweit zu beachtenden Grundsatz der Meistbegünstigung: Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 92 Rn. 12; BSG, Urteil vom 26.06.2013 - B 7 AY 6/11 R -). Hier war (bereits in erster Instanz) und bleibt (auch in zweiter Instanz) der wahre Wille der Klägerin darauf gerichtet, den Beklagten zu verpflichten, die Anstellung der Beigeladenen zu 8) und ihre Beschäftigung durch das MVZ zu genehmigen. Dem Vorbringen der Klägerin in beiden Instanzen ist ausreichend klar zu entnehmen, dass sie die Beklagte als verpflichtet ansieht, die beantragte Genehmigung zu erteilen und nicht nur über den hierauf gerichteten Antrag neu zu bescheiden. Der Senat hat das (dennoch) auf Neubescheidung lautende Urteil des SG ausschließlich deswegen nicht geändert bzw. ändern können, weil die Klägerin keine (Anschluss-) Berufung eingelegt hat, die Entscheidung des SG also rechtskräftig geworden ist, soweit die Beklagte nur zur Neubescheidung verurteilt wurde.

II.

Für die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Klägerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

1. Allerdings verfügt das MVZ über keine eigene Rechtspersönlichkeit. Die Beigeladene zu 8) konnte daher nicht durch das MVZ als solches angestellt werden, sondern nur durch die Rechtsträgerin des MVZ, die Klägerin. Letztere will die Beigeladene zu 8) nun nicht mehr in dem von ihr betriebenen Krankenhaus beschäftigen, sondern in dem von ihr ebenfalls geführten MVZ. Auch diese Fallgestaltung falle - so die Klägerin - unter die Anspruchsgrundlage des § 95 Abs. 2 Satz 7, 8 SGB V, obwohl dort von der "Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum" die Rede sei. Die Voraussetzungen für die begehrte Genehmigung lägen vor. Sie sei zu erteilen. Die Klägerin behauptet somit, durch den ablehnenden Beschluss des Beklagten belastet zu sein. Das genügt für das Rechtsschutzbedürfnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 und 2 SGG; Keller in Meyer-Ladewig/Leitherer/Schmidt/Keller, SGG, 12. Auflage, 2017, § 54 Rn. 20; Mink in BeckOK-SGG, 45. Auflage, 2017, § 54 vor Rn. 1).

2. Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Beigeladene zu 8) bereits seit dem 01.01.2015 halbschichtig als Humangenetikerin am MVZ der Klägerin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Die hierzu vom Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf erteilte Zulassung erfolgte im Wege eines Nachbesetzungsverfahrens. Mit der vorliegenden Klage strebt die Klägerin hingegen an, die Beigeladene zu 8) originär und mit zusätzlichen 20 Stunden/Woche im MVZ zu beschäftigen, insgesamt also in Vollzeit.

B.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 13.11.2013, ausgefertigt am 10.12.2013, beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Sie hat Anspruch darauf, dass die (beabsichtigte) Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) mit (weiteren) 20 Stunden/Woche genehmigt wird (§ 95 Abs. 2 Satz 7, 8 i.V.m Satz 5 und 3 SGB V; dazu I.). Dem steht nicht die Zulassungsbeschränkung entgegen, die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 05.02.2013 mit (Rück-) Wirkung zum 07.09.2012 u.a. für die Gruppe der Humangenetiker angeordnet hat und die bis heute fortbesteht (§ 95 Abs. 1 und Abs. 9 i.V.m. § 103 Abs. 1 SGB V sowie die dies konkretisierenden Bestimmungen in §§ 16b, 18, 19, 32b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)). Die vom GBA vorgenommene Neuordnung der Bedarfsplanung und die durch den Landesausschuss in diesem Rahmen beschlossene Zulassungsbeschränkung für Humangenetiker einschließlich deren (rückwirkender) Inkraftsetzung sind rechtlich zwar nicht zu beanstanden (dazu II.1.). Der Genehmigungsantrag ist indes vor dem rückwirkenden Inkrafttreten der Zulassungssperre zum 07.09.2012 rechtswirksam gestellt worden (dazu II.2.).

I.

1. Anspruchsgrundlage der begehrten Genehmigung ist § 95 Abs. 2 Satz 7 und 8 SGB V. Die Vorschrift lautet:

"7Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. 8Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; ".

Die Verweisung auf (die Voraussetzungen von) Satz 5 hat zur Folge, dass der anzustellende Arzt "in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen" sein muss. Diese Eintragung erfolgt (nach Satz 3) auf Antrag des Arztes "nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a" SGB V.

Sämtliche Anspruchsvoraussetzungen liegen somit vor.

2. Unschädlich ist, dass die Beigeladene zu 8) nicht "durch" das MVZ angestellt wurde, dem hierfür die erforderliche Rechtspersönlichkeit fehlt, sondern "durch" die Klägerin. Der Wortlaut der Vorschrift ist nicht eindeutig. § 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V spricht zwar von der "Anstellung eines Arztes", fordert aber nicht, dass diese "durch" das MVZ erfolgen muss. Vielmehr ist von der "Anstellung" "in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum" die Rede. Dies schließt die Anstellung der Beigeladenen zu 8) durch die Klägerin als Rechtsträgerin des MVZ mit anschließender, vom Zulassungsausschuss bzw. vom Beklagten zu genehmigender Beschäftigung "im" MVZ nicht (zwingend) aus.

3. Vielmehr ergibt sich aus der systematischen und historischen Auslegung der Vorschrift, dass auch die vorliegende Fallgestaltung von der Anspruchsgrundlage des § 95 Abs. 2 Satz 7, 8 i.V.m Satz 5 und 3 SGB V erfasst wird.

a) So konnte bis zum 31.12.2011 ein MVZ auch als Eigenbetrieb ohne Rechtssubjektivität von Krankenhäusern gegründet und betrieben werden. § 95 Abs. 1 SGB V lautete in der vom 01.01.2007 bis zum bis 31.12.2011 gültigen Fassung:

"1An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene medizinische Versorgungszentren teil. 2Medizinische Versorgungszentren sind fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. 6Die medizinischen Versorgungszentren können sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen; sie können von den Leistungserbringern, die auf Grund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen, gegründet werden ...".

Die Klägerin hat das MVZ Ambulante Versorgung am Universitätsklinikum F 2007 als Eigenbetrieb ohne eigene Rechtssubjektivität gegründet. Es wurde so vom Zulassungsausschuss zum 01.10.2007 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Rechtsvorschriften, die dies verboten hätten, existierten damals nicht. Vielmehr sollten sich MVZ "aller zulässigen Organisationsformen" bedienen können (§ 95 Abs. 1 Satz 6 SGB V in der bis zum 31.12.2011 gültigen Form; Wigge/Linnemann, Das Krankenhaus, 2008, S. 1177, 1181; Müller in Ratzel/Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, 2. Auflage, 2011, § 9 Rn. 73; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II - SGB V, 19. Auflage, 72. Lfg., 2009, § 95 Rn. 10d; a.A. SG Marburg, Beschluss vom 25.10.2007 - S 12 KA 404/07 ER -).

Erst mit Wirkung ab dem 01.01.2012 regelt § 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V, dass die Gründung eines MVZ "nur in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung möglich" ist. Grund dieser Änderung war, "die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen von reinen Kapitalinteressen zu gewährleisten" (BT-Drucks. 17/6906, Seite 71). Allerdings hat der Gesetzgeber einen "umfassenden Bestandsschutz" für MVZ vorgesehen, die - wie das MVZ der Klägerin - zum Zeitpunkt der Neuregelung bereits zugelassen waren. Solche Zulassungen gelten unabhängig von der Rechtsform und der Trägerstruktur des MVZ unverändert fort (§ 95 Abs. 1a Satz 2 SGB V in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung). Die derart bestandsgeschützten Einrichtungen sollen aufgrund ihrer Zulassung weiterhin alle Handlungsmöglichkeiten eines MVZ wahrnehmen können, u.a. weitere Vertragsarztsitze hinzunehmen (vgl. zum Ganzen: BT-Drucks. 17/6906, S. 71; Hellkötter in LPK-SGB V, 5. Auflage, 2016, § 95 Rn. 41; Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Auflage, 2016, § 95 Rn. 74). Hinzu kommt: Gerade Krankenhäusern will der Gesetzgeber die Möglichkeit geben, ihre personellen Ressourcen optimal zu nutzen. Sie sollen ihr (ärztliches) Personal sowohl im Krankenhaus als auch in einem von ihnen betriebenen MVZ einsetzen können (BT-Drs. 16/2474, S. 29; Pawlita a.a.O., § 95 Rn. 140; Ladurner, Ärzte-ZV - Zahnärzte-ZV, 2017, § 20 Rn. 21). Beides, nämlich der gesetzlich geregelte Fortbestand der vor dem 01.01.2012 zugelassenen MVZ mit allen Handlungsmöglichkeiten sowie der gewünschte optimierter Personaleinsatz in Krankenhäusern und MVZ erfordert ein dahingehendes Verständnis des § 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V, das diesen gesetzlichen Vorstellungen möglichst weitgehend Geltung verschafft. Bezogen auf die vorliegende Fallgestaltung kann eine Anstellung der Beigeladenen zu 8) also nicht in der Form gefordert werden, dass das rechtlich unselbstständige MVZ mit der Ärztin einen Arbeitsvertrag schließt. Vielmehr genügt, dass zwischen der Beigeladenen zu 8) und der Klägerin als Trägerin des MVZ ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde und die Ärztin künftig (auch) im MVZ beschäftigt werden soll. Dieses Verständnis der Norm sprengt auch nicht deren Wortlaut. Die Vorschrift erfordert keine Anstellung des Arztes "durch" ein MVZ, sondern "in" einem MVZ.

4. § 95 Abs. 2 Satz 8 i.V.m. Satz 5 und 3 SGB V setzt für die von der Klägerin beantragte Genehmigung weiter voraus, dass die betroffenen Ärzte, "in das Arztregister nach Satz 3" eingetragen sind. Nach Satz 3 erfolgt die Eintragung in ein Arztregister auf Antrag, soweit die Voraussetzungen nach § 95a SGB V erfüllt sind. Notwendig ist die Approbation als Arzt und der erfolgreiche Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder der Nachweis einer Qualifikation, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt ist.

Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beigeladene zu 8) ist seit 2001 approbiert und seit 2006 Fachärztin für Humangenetik. Am 25.09.2012 ist sie vom Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf ins Arztregister eingetragen worden.

II.

Danach ist die begehrte Genehmigung zu erteilen. Zwar liegt eine Zulassungsbeschränkung vor, die den Antrag der Klägerin auf Genehmigung der Anstellung der Beigeladenen zu 8) nach § 95 Abs. 2 Satz 7 SGB grundsätzlich erfasst. Allerdings ist sowohl der Antrag der Klägerin auf Genehmigung nach § 95 Abs. 1 Satz 7 SGB V als auch der Antrag der Beigeladenen zu 8) auf Eintragung ins Arztregister nach § 95a SGB V vor dem insoweit geltenden Stichtag, dem 07.09.2012, gestellt worden. Klägerin und Beigeladenen zu 8) haben nach Antragstellung alles in ihren Kräften Stehende getan, die Verfahren zu fördern. In einer solchen Fallgestaltung ist nach der Rechtsprechung des BSG aufgrund verfassungskonformer Auslegung die von der Klägerin begehrte Genehmigung zu erteilen.

1. Zulassungsbeschränkungen können einem Zulassungsbegehren grundsätzlich nur dann entgegengehalten werden, wenn sie bereits bei Antragstellung angeordnet waren (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV). Der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen entschied hier am 05.02.2013, den Planungsbereich Nordrhein u.a. für Humangenetiker zu sperren. Dieser Beschluss wurde im Rheinischen Ärzteblatt 4/2013 veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin den Antrag vom 06.09.2012 auf Genehmigung der Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) im MVZ bereits lange gestellt.

2. Allerdings kann für besondere Konstellationen ab einem bestimmten Zeitpunkt zunächst eine Entscheidungssperre (sog. Moratorium) festgesetzt werden, die so lange gilt, bis der zuständige Landesausschuss die gemäß § 103 Abs. 1 SGB V erforderlichen Feststellungen über das Vorliegen von Überversorgung als Voraussetzung für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen getroffen hat. Während eines solchen Zeitraums eingereichte Zulassungsanträge sind abzulehnen, falls nach Antragstellung eine Zulassungsbeschränkung angeordnet wird (BSG, Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 45/06 R -; Senat, Urteil vom 23.11.2016 - L 11 KA 79/15 - und Beschluss 11.01.2013 - L 11 KA 123/12 B ER -; vgl. Art. 33 § 3 Abs. 2 Satz 2 Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) zur Situation nach Einführung der verschärften Bedarfsplanung zum 01.01.1993).

Der GBA hat einen solchen Moratoriumsbeschluss unter dem 06.09.2012 erlassen. Er regelte u.a., dass der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge u.a. der Arztgruppe der Humangenetiker, die nach dem 06.09.2012 gestellt werden, erst dann entscheidet, wenn der Landesausschuss die Feststellung nach § 103 Abs. 1 Satz 1 SGB V getroffen hat (§ 48 Abs. 2 Satz 1 Bedarfsplanungsrichtlinie vom 06.09.2012). Der jeweilige Landesausschuss sollte bis zum 15.02.2013 über die Versorgungssituation im Planungsbereich für die neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen entscheiden (§ 48 Abs. 2 Satz 2 Bedarfsplanungsrichtlinie vom 06.09.2012). Der Landesausschuss hat eine Überversorgung (u.a.) für die Arztgruppe der Humangenetiker für den Bezirk der KV Nordrhein mit Beschluss vom 05.02.2013 festgestellt. Zulassungsanträge waren somit auch dann wegen Zulassungsbeschränkung abzulehnen, wenn diese Beschränkung noch nicht bei Antragstellung angeordnet war (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Bedarfsplanungsrichtlinie vom 06.09.2012), aber nach dem Inkrafttreten des GBA-Beschlusses vom 06.09.2012. Das gilt nach § 48 Abs. 2 Satz 4 Bedarfsplanungsrichtlinie vom 06.09.2012 auch für die beantragte Anstellungsgenehmigung in einem MVZ (BSG, Urteil 04.05.2016 - B 6 KA 24/15 R -; Senat, Urteil vom 23.11.2016 - L 11 KA 79/15 -).

Hier hat die Klägerin noch vor dem Stichtag des Moratoriumsbeschlusses, d.h. vor dem 07.09.2012, einen Antrag auf Genehmigung der Anstellung bzw. Beschäftigung der Beigeladenen zu 8) gestellt.

3. Dieser Antrag war auch nicht deswegen unwirksam, weil er nicht vollständig war, ihm insbesondere Anlagen fehlten, die der Beschluss des GBA voraussetzte.

Ausweislich des Wortlauts von § 48 Abs. 2 Bedarfsplanungsrichtlinie vom 06.09.2012 ("Der Zulassungsausschuss kann über Zulassungsanträge dieser Arztgruppen, die nach dem 6. September 2012 gestellt werden, erst dann entscheiden, wenn der Landesausschuss die Feststellung nach § 103 Absatz 1 Satz 1 SGB V getroffen hat. Die Sätze 1 - 3 gelten auch für Anträge auf die Genehmigung von Anstellungen in Medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten.") kommt es für eine (wirksame) Antragstellung allein darauf an, ob der Zulassungsantrag "bis zum" oder "nach dem" 06.09.2012 gestellt worden ist. Weitergehende (Wirksamkeits-) Vorgaben enthält die Richtlinie nicht.

Für dieses Verständnis spricht, dass der GBA im Beschluss über die Änderung der Richtlinien betreffend die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Über- und Unterversorgung vom 24.03.2003 in Ziff. 3 Nr. 3 (BAnz Nr. 125 vom 10.07.2003 14785) anders formulierte hatte als hier. Dort hatte er geregelt, dass bis zur Feststellung des Landesausschusses für Zulassungsanträge von Ärzten nur dann die bisherige Einteilung der Planbereiche weitergelten sollte, wenn die Anträge "vollständig und ordnungsgemäß gestellt worden" waren. Das spricht im Umkehrschluss dafür, dass vorliegend - wo dies nicht gefordert wird - keine "vollständigen und ordnungsgemäßen" Anträge erforderlich sind.

Schließlich wird auch sprachlich zwischen Antrag und Anlagen unterschieden. Ist ein Antrag zeitig gestellt worden, kommt es grundsätzlich auf die weitergehende Frage, ob und inwieweit der Antrag vollständig war, nicht an. Um Rechte zu wahren, genügt regelmäßig die Antragstellung. Anlagen können auf Aufforderung oder eigeninitiativ nachgereicht werden (Senat, Urteil vom 23.11.2016 - L 11 KA 79/15 - und Beschluss vom 11.01.2013 - L 11 KA 123/12 B ER -).

4. Allerdings muss der Antrag der Klägerin vom 06.09.2012 auf Genehmigung der Anstellung von der Beigeladenen zu 8), um rechtliche Folgen zeitigen zu können, auch den allgemeinen (z.B. Geschäftsfähigkeit) und speziellen gesetzlichen Wirksamkeitsanforderungen genügen. Letztere ergeben sich hier aus § 95 Abs. 2 Sätze 5, 7 und 8 SGB V (Senat, Urteil vom 23.11.2016 - L 11 KA 79/15 -).

Danach ist die Anstellung der Beigeladenen zu 8) im zugelassenen MVZ der Klägerin zu genehmigen (Satz 7), wenn die anzustellende bzw. zu beschäftigende Ärztin in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen ist (mit ausführlicher Herleitung: Senat, Urteil vom 23.11.2016 - L 11 KA 79/5 -). Die Beigeladene zu 8) erfüllte zwar bei Antragstellung nach § 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V die Voraussetzungen für eine Eintragung ins Arztregister nach § 95a Abs. 1 SGB V, denn sie war seit 2001 approbiert und seit 2006 Fachärztin für Humangenetik, war allerdings am 06.09.2012 noch nicht ins Arztregister eingetragen, sondern hatte ihre Eintragung erst am 06.09.2012 beantragt. Die speziellen gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen betreffend die von der Klägerin beantragten Genehmigung nach § 95 Abs. 2 Satz 7 und 8 SGB V, sind somit nicht erfüllt.

Es liegt jedoch einer der Ausnahmefälle vor, in denen im Hinblick auf den grundrechtlichen Schutz der Zulassungsbewerber aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der Nachweis einer Registereintragung durch den darauf gerichteten Antrag ersetzt werden kann (dazu a). Die hierfür einzuhaltenden Voraussetzungen liegen vor (dazu b.).

a) In bestimmten Konstellationen ist nach der Rechtsprechung des BSG § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V verfassungskonform dahin einschränkend auszulegen, dass der Nachweis des Registereintrags auch noch nach der Beantragung der Zulassung erfolgen kann (BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R -). Das muss entsprechend in gleicher Weise für Ärzte gelten, die von möglichen Eingriffen in ihre Rechte aus Art 12 GG betroffen sein könnten (§ 95 Abs. 2 Satz 5 SGB V).

§ 95 Abs. 2 Satz 1 und 5 SGB V und ebenso § 18 Abs. 1 Satz 3a Ärzte-ZV liegt die Vorstellung zugrunde, dass zunächst die Eintragung in das Arztregister erfolgt und erst danach über die Zulassung zu entscheiden ist. Das Zulassungsverfahren ist somit zweistufig aufgebaut. Die Eintragung in das Arztregister bildet die erste Stufe; auf der zweiten Stufe wird über die konkrete Zulassung entschieden. Diese Abfolge ist sinnvoll, weil nur solche Ärzte zugelassen werden können, die die erforderliche Fachkunde erworben haben, was durch den Registerauszug belegt werden kann und muss (§ 18 Abs. 1 Satz 3a und b Ärzte-ZV). Auf diese Weise wird verhindert, dass der Streit, ob ein Zulassungsbewerber die in anderen Verfahren zu klärenden sachlichen Voraussetzungen erfüllt, das Zulassungsverfahren belastet. Dieser Aspekt ist besonders wichtig in Fällen der Bewerberkonkurrenz bei Nachfolgezulassungen oder bei kurzfristiger Entsperrung eines Planungsbereichs (BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - m.w.N.).

Soweit aber die Zulassungsmöglichkeit z.B. durch Anordnung von Zulassungsbeschränkungen befristet wird, kann es geboten sein, dem Zulassungsbewerber zu gestatten, zunächst nur den Antrag auf Zulassung zu stellen und den Registereintrag später nachzureichen. Dem in einem MVZ anzustellenden Arzt darf nicht die Chance auf diese Beschäftigung genommen werden, allein weil er die förmliche Registereintragung nicht nachweisen und das MVZ somit nicht fristgerecht und wirksam einen Antrag nach § 95 Abs. 2 Satz 7 und 8 SGB V stellen kann. Darin liegt ein übermäßiger Eingriff in die beruflichen Chancen und Planungen des Arztes und somit ein unverhältnismäßiger Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.

Eine derartige Regelung enthielt bereits Art. 33 § 3 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 GSG (vom 21.12.1992, BGBl I 2266), der im Zusammenhang mit der 1993 erfolgten Einführung der versorgungsgradabhängigen Bedarfsplanung mit örtlichen Zulassungssperren stand. Art 33 a.a.O. sah vor, dass nur der Zulassungsantrag als solcher noch vor dem Inkrafttreten der Zulassungssperre eingereicht werden musste, während der Nachweis der vertragsärztlichen Vorbereitungszeit und der hiervon abhängige Arztregistereintrag nachgereicht werden durften. Das BSG hat im Jahr 2003 entschieden, dass während eines noch schwebenden Verfahrens auf Erteilung einer Approbation bzw. auf Rücknahme der Approbation die begehrte Zulassung nicht wegen Nichtvorliegens der Approbation versagt werden darf, sondern der Ausgang des Rechtsstreits um die Approbation abzuwarten ist (BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - m.w.N.). In diese Reihe verfassungskonform-einschränkender Auslegungen von Zulassungsbeschränkungen fügt sich das Urteil des BSG vom 12.09.2001 ein: Dort modifizierte das BSG die mit Vollendung des 55. Lebensjahres eintretende Zulassungssperre dahin, dass es ausreiche, wenn der Arzt bis zu diesem Zeitpunkt seine Zulassung beantragte und materiellrechtlich alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllte, die Nachweise hierfür aber nachreiche (BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - m.w.N.). Diese verfassungskonforme Einschränkung der Altersgrenzen-Regelung hat das BSG ausdrücklich auf Art 12 Abs. 1 GG gestützt, woraus das Verbot resultiere, dem Zulassungsbewerber das Risiko des zeitlichen Ablaufs des Zulassungsverfahrens aufzubürden, und das Gebot, dass er die Alterszugangsgrenze bis zum letzten Tag ausschöpfen könne (BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - m.w.N.).

Hieraus ist der allgemeinere Grundsatz abzuleiten: Derjenige ist schutzwürdig, der noch fristgerecht seine Zulassung beantragt hat bzw. für den noch fristgerecht die Genehmigung seiner Anstellung als Arzt in einem MVZ beantragt wurde, wenn materiellrechtlich alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind und lediglich weitere Zeit zur Beschaffung entsprechender Nachweise benötigt wird. Dieser zusätzliche Zeitbedarf als Folge von Verwaltungsverfahren bei Behörden und deren Entscheidungsprozessen darf nicht zu Lasten des Arztes gehen, weil dies nicht seine Sphäre betrifft und daher ihm nicht zugerechnet werden kann.

Eine solche erweiternde Auslegung unter anderem des § 95 Abs. 2 Satz 1 und 5 SGB V ist aber nur geboten, wenn der Arzt seinerseits alles in seiner Macht Stehende tut, um die fehlenden Nachweise zu erhalten (BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - m.w.N.). Dies erfordert, dass er die förmliche Eintragung nach Kräften betreibt und nicht verzögert oder behindert. Entspricht er diesen Anforderungen nicht, so verliert er seinen Anspruch, aufgrund des rechtzeitigen Zulassungsantrags noch die Zulassung zu erlangen.

Anders als die Beigeladene zu 7) annimmt, kommt es danach nicht darauf an, ob die Klägerin als Antragstellerin nach § 95 Abs. 2 Satz 7 SGB V und die Beigeladene zu 8) als ins Arztregister einzutragende Ärztin bereits vor der Sperrung des Planungsbezirks für Humangenetiker alles ihnen Zumutbare getan haben, damit die Beigeladene zu 8) möglichst umgehend in das Arztregister eingetragen wird. Vielmehr hat das BSG aus Gesetz und Rechtsprechung den allgemeinen Grundsatz abgeleitet, dass derjenige schutzwürdig ist, der "noch fristgerecht seine Zulassung beantragt und auch materiellrechtlich alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt". Danach kommt es allein auf die Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen und die Antragstellung vor Inkrafttreten einer Zulassungssperre oder eines Moratoriumsbeschlusses an. Der Zulassungsbewerber soll die Zugangsgrenze "bis zum letzten Tag ausschöpfen können" und nicht das Risiko tragen, das sich aus dem "zeitlichen Ablauf" des Zulassungsverfahrens ergibt. Das gilt zumindest dann, "wenn der Zulassungsbewerber seinerseits auch alles in seiner Macht Stehende tut, um die fehlenden Nachweise zu erhalten". "Dies erfordert, dass er die Realisierung der förmlichen Eintragung nach Kräften betreibt und nicht verzögert oder behindert.". Zeitlich und tatsächlich knüpft diese Mitwirkungspflicht an die Zeit nach Antragstellung an. Auf die Möglichkeit, sich bereits zuvor ins Arztregister eintragen zu lassen, kommt es danach nicht an.

Das hat das BSG ausdrücklich in seinem Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R - festgestellt. Für die dort klagende Psychotherapeutin bestand bereits seit 1999 die Möglichkeit, sich ins Psychotherapeutenregister eintragen zu lassen. Dies und die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung hat sie aber erst im Mai 2003 kurz vor Inkrafttreten einer Zulassungssperre beantragt. Einen Anspruch auf Zulassung nahm das BSG dennoch für den Fall an, dass die klagende Psychotherapeutin "im Weiteren auch alles in ihrer Macht stehende getan hat, um diesen Anspruch durchzusetzen".

b) Hier lagen die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen vor, um ausnahmsweise darauf zu verzichten zu können, dass bereits bei Antragstellung der (anzustellende) Arzt ins Arztregister eingetragen war und der entsprechende Registerauszug vorlag.

So hatte die Klägerin am 06.09.2012 und damit noch vor Inkrafttreten der Zulassungssperre für Humanmediziner im Bezirk der Beigeladenen zu 7) und auch noch vor Inkrafttreten des Moratoriumsbeschlusses zum 07.09.2012 beantragt, die Beigeladene zu 8) als Humangenetikerin im MVZ zu beschäftigen. Die Beigeladene zu 8) hatte ebenfalls am 06.09.2012 und damit noch vor dem 07.09.2012 ihre Eintragung in das Arztregister beantragt. Beide taten auch im Folgenden alles ihnen Zumutbare, um die Eintragung ins Arztregister zu fördern. So reichte die Beigeladene zu 8) binnen sechs Arbeitstagen, nämlich bis zum 14.09.2012, alle für die Eintragung in das Arztregister benötigten Unterlagen beim Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf ein. In der Folge konnte bereits bis zum 25.09.2012 der Antrag geprüft und die Eintragung ins Arztregister vollzogen werden.

Dass die Beigeladene zu 8) anschließend Widerspruch eingelegt hat, ändert an der Wirksamkeit der Eintragung nichts. Der Widerspruch richtete sich nicht gegen die Eintragung als solches, diese wurde daher bestandskräftig. Strittig war allein das Datum der Eintragung. Die Beigeladene zu 8) strebte an, mit dem Datum 06.09.2012 eingetragen zu werden, also dem Datum der Antragstellung, statt dem 25.09.2012, dem Datum der Eintragung. Dies war auch sachgerecht (vgl. zu diesem Kriterium: BSG, Urteil vom 05.05.2010 - B 6 KA 2/09 R -), denn so hätte der vorliegende Rechtsstreit vermieden werden können.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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