Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 4/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1973/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.04.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob das am 15.02.2007 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) anhängig gewordene Klageverfahren (Aktenzeichen: S 6 U 611/07) durch Rücknahme erledigt ist.
Am 06.10.2005 ging bei der Beklagten eine Unfallanzeige der E. H. (R.-B.-S.), B., wo der am 1944 geborene Kläger seit Januar 2003 als Altenpfleger versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war, ein. Als Unfallzeitpunkt wurde darin der 21.06.2005, 11.30 Uhr, angegeben. Ausweislich der vom Kläger selbst stammenden, von ihm unterschriebenen, Unfallschilderung habe er einen Bewohner in sein Zimmer geführt. Dieser sei gestolpert und habe gedroht, zu stürzen. Mit aller Kraft habe er den Bewohner festgehalten und den Sturz verhindert. Im selben Moment habe er starke Schmerzen im Lendenwirbelbereich rechts verspürt. Er habe einen breitbasigen Bandscheibenvorfall LW4/5 erlitten.
Gemäß Entlassungsbericht vom 25.07.2005 der neurologischen Klinik des Klinikums L.habe sich der Kläger dort vom 11.07.2005 bis zum 21.07.2005 in stationärer Behandlung befunden. Als Diagnosen genannt wurden "Wurzelreizsyndrom L5 rechts bei breitbasigem Bandscheibenvorfall LW4/5 (M51.1), depressive Störung, arterielle Hypertonie". Der Kläger habe berichtet, seit einem Verhebetrauma vor drei Wochen Schmerzen in der rechten Gesäßhälfte zu haben, seit zwei Tagen mit Ausstrahlung über die rechte Beinaußenseite bis zum Knöchel. Sensibilitätsstörungen, Paresen oder Blasen-/Mastdarmstörungen habe er nicht. Ein Röntgen der LWS vor drei Wochen sei unauffällig gewesen. Im neurologischen Befund wurde der Kläger unter anderem als "wach, orientiert, kooperativ" beschrieben. Gemäß dem psychischen Befund sei er freundlich zugewandt gewesen. Ein Anhalt für eine Denk-, Wahrnehmungs- oder Affektstörung habe nicht bestanden.
Mit Bescheid vom 21.12.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.06.2005 als Arbeitsunfall ab.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 15.02.2007 persönlich zur Niederschrift Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren bezogen. Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf die angefochtenen Bescheide entgegen getreten.
Mit Schreiben vom 21.03.2007, welches am 22.03.2007 vorab per Telefax beim SG einging und in welchem er sich persönlich an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG wandte, führte er aus: " ... nach reiflicher Überlegung möchte ich Sie bitten, meine Klage zurückzunehmen bzw. zu beenden und damit als erledigt zu betrachten." Der Kammervorsitzende veranlasste hierauf den Austrag der Sache aus dem Prozessregister des SG wegen Rücknahme.
Mit Schreiben an das SG vom 29.12.2016 teilte der Kläger mit, er sei seit April 2005 mit zunehmender Schwere psychisch erkrankt gewesen, zum Zeitpunkt seines Schreibens vom 21.03.2007 bereits derart schwer, dass er am 22.04.2007 als Notfall in die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des K. L. habe eingeliefert werden müssen, sodass er in diesem Zeitraum nicht in der Lage gewesen sei, Gerichtsverhandlungen durchzuführen. In der Folge sei er langjährig mittelschwer bis schwer psychisch erkrankt gewesen, teilweise mit psychotischen Symptomen. Erfreulicherweise sei er seit kurzem genesen und bitte darum, die Rechtssache wieder aufnehmen oder fortführen zu dürfen. Arztberichte zur psychischen und physischen Erkrankung lasse er dem SG per Post zukommen.
In seinem weiteren Schreiben vom 23.01.2017 hat der Kläger nochmals aus seiner Sicht den Unfallhergang geschildert und sich mit den Bescheiden der Beklagten sowie den vorliegenden Arztberichten auseinander gesetzt. Als Anlage zu dem Schreiben hat er eine Vielzahl von Arztberichten vorgelegt.
Gemäß einem von Prof. Dr. E., Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des K. L., Dr. K. und Dr. G. verfassten Entlassungsbericht vom 10.07.2007 sei der Kläger vom 22.04.2007 bis zum 06.07.2007 dort unter den Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode, einer Anpassungsstörung, einer Panikstörung und eines Verdachts auf generalisierte Angststörung in stationärer Behandlung gewesen. Er sei in Begleitung der Ehefrau am späten Abend des 22.04.2007 notfallmäßig stationär aufgenommen worden und habe angegeben, dass er seit sechs bis acht Wochen unter Ein- und Durchschlafschwierigkeiten leide mit innerer Unruhe, Grübelneigung und zeitweise auch Herzrasen sowie Kribbeln an den Fußsohlen, das bis zu den Knien aufsteige, unter Heiserkeit, einem pulsierenden Ohrgeräusch, manchmal auch Muskelverspannungen. Beim Auftreten dieser Beschwerden entwickle er auch eine Angst, dass er eine schwere Krankheit habe, zum Beispiel einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Als möglichen Hintergrund seiner Beschwerdesymptomatik habe er zum Aufnahmezeitpunkt angegeben, dass er sich seit 2004 in einem juristischen Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder befinde. Nach dem Tod seines Vaters sei ihm das Erbe noch nicht ausgezahlt worden. Bisher sei er noch nicht erfolgreich vor Gericht gewesen. Ausweislich der biographischen Anamnese habe der Kläger im Jahr 2004 (richtig wohl: 2005) einen Arbeitsunfall gehabt. Er habe den Sturz eines älteren Bewohners im Altenheim verhindert und sich dabei einen Bandscheibenvorfall zugezogen. Damals sei er kurzfristig stationär im Krankenhaus L. behandelt worden, danach habe er eine Rehamaßnahme in B. U. als Anschlussheilbehandlung absolviert. Danach sei er noch bis zum 31.12.2006 krankgeschrieben gewesen. Von der BfA sei ab dem 18.12.2006 rückwirkend zum 01.08.2006 eine Altersrente gewährt worden. Vorübergehend habe es ein Gutachtenverfahren durch die Berufsgenossenschaft (BG) gegeben, da er eine BG-Rente auf Grund des Arbeitsunfalls angestrebt habe. Die BG habe den Bandscheibenvorfall jedoch nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Auf weitere juristische Auseinandersetzungen mit der BG habe er damals verzichtet. Unter der Überschrift "psychischer Befund bei Aufnahme" enthält der Entlassungsbericht folgende Angaben: "Wacher, gepflegter, 63-jähriger vollständig orientierter Patient, freundlich, zurückhaltend, Auffassungsgabe erhalten, gut konzentriert, Merkfähigkeit und Gedächtnis unauffällig, herabgestimmt, bedrückt, besorgt, hilfesuchend, ängstlich, klagsam, Schwingungsfähigkeit deutlich reduziert, verminderter Antrieb, psychomotorisch ruhig, im formalen Denken geordnet, keine Wahninhalte, keine psychotischen Ich-Störungen, keine Halluzinationen, Eigen- und Fremdgefährdung nicht gegeben, zum Aufnahmezeitpunkt klare Distanzierung von suizidalen Gedanken, Absichten oder Plänen. Krankheits- und Behandlungseinsicht gegeben." Ausweislich der Schilderung von Therapie und Verlauf im Entlassungsbericht habe der Kläger vor Aufnahme eine erneute Panikattacke mit Herzrasen, Atemnot, Hyperventilation und aufsteigendem Kribbelparästhesien von den Füßen in die Beine erlitten bei gleichzeitig bestehender Todesangst und Befürchtungen, unmittelbar eine tödliche Erkrankung wie z. B. einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Die Panikattacken seien in den vergangenen sechs bis acht Wochen in zunehmender Intensität und höherer Frequenz aufgetreten und zuletzt immer wieder von suizidalen Gedanken begleitet gewesen. Der Kläger habe sich zu Beginn immer wieder psychovegetativ erregt gezeigt, unruhig und auch reizbar im Rahmen von Panikattacken, die jeweils mit Befürchtungen einer tödlichen Erkrankung einher gegangen seien. In diesen Krisen habe er rezidivierend suizidale Gedanken im Rahmen einer pessimistisch-resignativen, fatalistischen Zukunftssicht entwickelt. Nach Abklingen der Panikattacken habe er sich affektstarr, in sich gekehrt und zurückgezogen gezeigt. Nachdem nach Eindosierung von Lyrica die Panikattacken zunächst deutlich abgemildert aufgetreten seien und schließlich komplett sistiert hätten, sei Anfang Juni 2007 beim Kläger ein ausgeprägtes depressives Syndrom mit neuerlichen suizidalen Gedankeninhalten aufgetreten. Es sei hierauf eine antidepressive Medikation mit Citalopram begonnen worden. Allmählich sei die Rückbildung des depressiven Syndroms gelungen, zu massiven Panikattacken sei es nicht mehr gekommen. Auch die zu Beginn geklagten multiplen körperlichen Beschwerden hätten sich deutlich und zuletzt auch dauerhaft zurückgebildet. Diagnostisch habe man den Krankheitsverlauf als mittelgradige depressive Episode auf der Grundlage einer generalisierten Angststörung mit rezidivierend auftretenden Panikattacken bewertet. Auch das Vorliegen einer möglicherweise wahnhaften Störung oder substanzgebundenen Abhängigkeitsproblematik sei differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen worden, insbesondere im Hinblick auf entsprechendes Stigmata bei der körperlichen Untersuchung und der Makrozytose im Blutbild. Die ausführliche psychiatrische Anamneseerhebung einschließlich fremdanamnestischer Angaben, insbesondere auch der Ehefrau, hätte keine Hinweise ergeben, die diese Differenzialdiagnosen eindeutig hätten bestätigen können. Nach ausreichender Stabilisierung und erfolgreich verlaufender Belastungserprobung sei der Kläger in die ambulante Behandlung entlassen worden.
Der Kläger hat darüber hinaus dem SG einen handschriftlichen Entlassungsbericht der Praxis und Fachklinik Dr. D. vom 23.01.2008 über einen stationären Aufenthalt dort vom 29.11.2007 bis 23.01.2008 vorgelegt. Darin wurden als Diagnosen eine schwere depressive Episode mit zum Teil psychotischen Symptomen, erhebliche lebenssituative (Anpassungsstörungs-) Anteile und erhebliche lebensgeschichtliche Anteile genannt. Es bestehe ein gut gebesserter Befund. Weitere ambulante psychiatrische Behandlung sei notwendig, ebenso weitere ambulante Psychotherapie.
Zur Akte gereicht hat der Kläger auch eine Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie Dr ...-W. vom 20.12.2016, wonach er sich von Mitte 2007 bis Herbst 2009 dort wegen einer schweren depressiven Erkrankung mit Rezidiv in psychotherapeutischer Behandlung befunden habe. Im Verlauf der Erkrankung, vor allem zu Beginn, aber auch zwischendurch, sei der Kläger immer wieder in seiner Leistungs- und Entscheidungsfähigkeit sehr eingeschränkt gewesen. Auf Grund der depressiven Denkstörung mit Ängsten, negativer Erwartungshaltung und grüblerischem Gedankenkreisen sei seine Urteilsfähigkeit deutlich beeinträchtigt gewesen und zukunftsweisende Entscheidungen seien sehr schwer gefallen, sodass er damals auch nicht in der Lage gewesen sei, eine Gerichtsverhandlung durchzustehen.
Aktenkundig ist auch ein Entlassungsbericht der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie C. G. vom 09.10.2009, wonach sich der Kläger dort vom 29.07.2009 bis 30.09.2009 in stationärer Behandlung befunden habe unter den Diagnosen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, einer generalisierten Angststörung und Anpassungsstörungen. Der Kläger habe berichtet, seit drei Jahren zunehmend unter Ängsten und Depressionen zu leiden. Auslöser sei ein Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder gewesen. Er habe in dieser Sache mehrere Prozesse geführt, die aber durch anwaltliche Fehler nicht zum Erfolg geführt hätten, weswegen er jetzt Klage gegen einen der Anwälte führe. Während des stationären Aufenthalts habe die Gerichtsverhandlung bezüglich des anwaltlichen Fehlers stattgefunden. Der Kläger sei bei der Verhandlung durch seine Frau vertreten worden, da er auf Grund der psychischen Situation nicht verhandlungsfähig gewesen sei. Das Gerichtsverfahren habe mit einem positiven Urteil für den Kläger geendet. Dies habe zumindest kurzfristig eine Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit bewirkt. Der Kläger legte ergänzend eine Bescheinigung der Klinik vom 21.12.2016 vor, wonach der Kläger während der stationären Behandlung vom 29.07.2009 bis zum 30.09.2009 auf Grund seiner psychischen Situation nicht in der Lage gewesen sei, an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen.
Vorgelegt hat der Kläger darüber hinaus eine Bescheinigung der psychologischen Psychotherapeutin B. vom 11.07.2011, wonach sich der Kläger seit dem 20.12.2010 bei ihr in ambulanter Behandlung befinde und die aktuell mittelgradige depressive Episode gegen Ende 2010 begonnen habe. In einer ergänzenden psychologischen Stellungnahme vom 16.12.2016 hat sie ausgeführt, der Kläger habe sich vom 20.12.2010 bis zum 16.11.2011 in ihrer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung befunden. Er habe an einer rezidivierten Depression gelitten. Die Symptomatik habe mindestens einer mittelschweren depressiven Episode entsprochen. Auf Grund der psychischen Störung sei der Kläger damals in seinem Alltag deutlich eingeschränkt und überfordert gewesen. Rückblickend erscheine es schwer vorstellbar, dass der Kläger zu dem angegebenen Zeitpunkt Gerichtsverhandlungen problemlos hätte bewältigen können.
Der Kläger hat auch eine ärztliche Bescheinigung der M.-Klinik S ... G. vom 28.12.2016 vorgelegt, wonach sich der Kläger dort vom 04.01.2012 bis zum 05.04.2012 in akutstationärer Behandlung befunden habe. Die Dauer des stationären Aufenthalts zeige, in welch schwer depressivem Zustand der Kläger gewesen sei. Auch bei Entlassung am 05.04.2012 habe er noch depressive Symptomatik gezeigt. Im Entlassbrief hätten sie von einer stark eingeschränkten geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit gesprochen, d. h., sie seien von einer Chronifizierung ausgegangen auf Grund der Schwere der Erkrankung, des Alters (damals 67 Jahre alt), der ungerechten Verweigerung von (hohen) Erbansprüchen und der schwierigen finanziellen familiären Situation. Auf Grund der Depression und der stark eingeschränkten geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit bei Entlassung sei der Kläger auch in der Folgezeit einer Gerichtsverhandlung bzw. juristischen Auseinandersetzung (mit dem Bruder) nicht gewachsen gewesen. Er hätte diese nicht in geeigneter Weise durchführen können.
Mit Schriftsatz vom 13.03.2017 hat der Kläger nochmals darauf hingewiesen, dass er in Folge einer massiven psychischen Erkrankung damals prozessunfähig gewesen sei, was einer Geschäftsunfähigkeit entspreche.
Nach Anhörung der Beteiligten, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 18.04.2017 festgestellt, dass der Rechtsstreit S 6 U 611/07 durch Rücknahme der Klage vom 21.03.2007 erledigt worden ist. In den Gründen hat es ausgeführt, die Auslegung des Schreibens vom 21.03.2007 ergebe eindeutig, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt das Verfahren habe beenden wollen. Die Willenserklärung des Klägers sei auch wirksam gewesen. Das SG habe in Anbetracht der vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Klägers. Dieser habe sich vom 22.04.2007 bis zum 06.07.2007 in Behandlung des Klinikums L. begeben, wo eine mittelgradige depressive Episode, Anpassungsstörung, Panikstörung und ein Verdacht auf generalisierte Angststörung diagnostiziert worden seien. Auch wenn die Behandlung erst nach Abgabe der Willenserklärung eingesetzt habe, gehe das SG davon aus, dass der Kläger auch schon am 21.03.2007 psychisch erkrankt gewesen sei. Aus den getroffenen Diagnosen ergebe sich aber nicht im Ansatz, dass der Kläger geschäftsunfähig gewesen sei. Eine psychische Erkrankung stehe regelmäßig der Geschäftsfähigkeit nicht entgegen. Auf die beim Kläger damals vorliegenden Diagnosen treffe dies ebenfalls zu. Selbst wenn der Kläger am 21.03.2007 nicht in der Lage gewesen wäre, an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen, resultiere daraus nicht seine Geschäftsunfähigkeit. Dies würde erfordern, dass er sich nicht vorübergehend in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Die Erkrankung des Klägers hätten zwar möglich vorübergehend der Teilnahme einer Gerichtsverhandlung entgegen gestanden, nicht aber der freien Willensbildung. Dies zeige gerade, dass der Kläger damals die Entscheidung getroffen habe, das Gerichtsverfahren nicht fortführen zu wollen, was seinem freien Willen entsprochen habe.
Gegen diesen ihm am 20.04.2017 per Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.05.2017 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Die Zielsetzung seiner Klage sei die richterliche Feststellung, dass seine Willenserklärung mit Schreiben vom 21.03.2007 an das Sozialgericht nichtig und sein dies bezügliches Schreiben unwirksam sei, weil er nicht geschäftsfähig bzw. nicht prozessfähig gewesen sei. Dies ergebe sich aus den dem Berufungsschreiben als Anlage beigefügten ärztlichen Attesten. Auch habe das Sozialgericht seine gemäß § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgetragene Bitte bezüglich der Prüfung des Sachverhalts nicht durchgeführt. Eine Heranziehung der "beteiligten Fachkreise bzw. Zeugen" habe nicht stattgefunden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.04.2017 aufzuheben und das Verfahren S 6 U 611/07 fortzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
In einer Bescheinigung vom 18.04.2017 hat der Ärztliche Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin des Klinikums L., Prof. Dr. E., ausgeführt, dass der Kläger auf Grund der generalisierten Angststörung mit rezidivierenden auftretenden Panikattacken, die sich schon im Winter 2007 manifestiert und auch noch bei der Aufnahme am 22.04.2007 bestanden habe, sowie des sich im Behandlungsverlauf während des Juni 2007 entwickelnden und erst gegen Ende Juni/Anfang Juli 2007 abklingenden depressiven Syndroms aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Lage gewesen sei, Gerichts- bzw. Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen. Denn ihm seien damals die dafür notwendigen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Konzentration, intellektueller Verarbeitung und psychischer Belastbarkeit nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestanden, um seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und Prozesserklärungen abzugeben und entgegen zu nehmen. Befürchtet hätte außerdem werden müssen, dass aus einer Gerichtsverhandlung während des Zeitraums zwischen dem 22.04. und 06.07.2007 eine ernste Gefahr für das Leben oder schwerwiegende Gesundheitsstörungen hätten resultieren können.
Der Kläger hat ergänzend eine Bescheinigung der Ärztin für Psychiatrie und Psychologie Dr. S. vom 20.12.2016 zu den Akten des Senats gereicht, in welcher diese über die Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 15.02.2008 bis zum 22.12.2011 berichtet hat. Hiernach sei erstmalig am 29.01.2008 ein ambulantes Gespräch zur weiteren psychiatrischen Behandlung geführt und Trevilor zur weiteren Behandlung der depressiven Symptomatik rezeptiert worden.
Der Kläger hat ferner die Bescheinigung von Dr. K.-W. vom 20.12.2016, der Praxis und Fachklinik Dr. D. vom 23.01.2008, der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie des Klinikums C. vom 21.12.2016, der psychologischen Psychotherapeutin B. vom 16.12.2016 und der M.-Klinik S ... G. vom 28.12.2016 nochmals in Kopie vorgelegt.
Die Beklagte hat Ausfertigungen zweier Bescheide vom 07.06.2017 zur Senatsakte gereicht, mit welchem Anträge nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf Überprüfung des Bescheides vom 21.12.2006 über die Ablehnung des Ereignisses vom 21.06.2005 als Arbeitsunfall und des Bescheides vom 23.11.2006 über die Ablehnung der Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheiten Nr. 2108 der Anlage zur BKV abgelehnt worden sind. Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, dass diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden sind.
In einem Erörterungstermin vom 21.09.2017 wurde der Kläger in nichtöffentlicher Sitzung angehört. Er hat eine Prüfung seiner Prozessfähigkeit zum Zeitpunkt der Klagerücknahme von Amts wegen beantragt. Zu der Frage, ob er sich im März 2007 bereits bei Prof. Dr. E. in ärztlicher Behandlung befunden habe, hat der Kläger keine Angaben gemacht. Er hat auf seine Hausärztin, die Ärztin für Allgemeinmedizin K., verwiesen, in deren Akten stehe, dass er seit April 2005 mit zunehmender Schwere psychisch erkrankt gewesen sei. Hieraus ergebe sich nach seiner Auffassung die Prozessunfähigkeit zum Zeitpunkt der Klagerücknahme.
Mit Schreiben vom 02.10.2017 hat der Kläger den Verlauf des Erörterungstermins aus seiner Sicht geschildert. Auf den Inhalt wird Bezug genommen. Mit weiterem Schreiben vom 03.10.2017 hat der Kläger ausgeführt, er sei vor der Behandlung durch Prof. Dr. E. und zum Zeitpunkt der Klageerhebung erwiesenermaßen insofern prozessfähig gewesen, als er mit dem Klageantrag die Prozesshandlung wirksam vorgenommen habe, als dieser zutreffend gewesen sei und das Sozialgericht Heilbronn den Klageantrag voll umfänglich angenommen habe. Somit werde mehrfach bewiesen, dass er vor der Behandlung bei Herrn Prof. Dr. E. und zum Zeitpunkt der Klageerhebung beim SG Heilbronn absolut prozessfähig gewesen sei. Im Schreiben vom 07.11.2017 hat der Kläger u.a. ausgeführt, das SG wäre bei Durchführung seiner Verpflichtung zur Prüfung des Sachverhalts von Amts wegen einschließlich der Befragung sämtlicher gegebener Zeugen zu einer anderen Entscheidung gelangt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Absatz 1 Nummer 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat zutreffend festgestellt, dass das Verfahren S 6 U 611/07 durch Klagerücknahme beendet wurde. Das Verfahren S 6 U 611/07 ist durch die ausdrückliche schriftliche Erklärung des Klägers vom 21.03.2007 durch Rücknahme erledigt worden (§ 102 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Es besteht keine Möglichkeit, dieses Verfahren wieder aufzunehmen.
Die im Schriftsatz vom 21.03.2007 enthaltene und mit ihrem Zugang beim SG per Fax am 22.03.2007 wirksam gewordene, vom Kläger selbst klar und eindeutig formulierte schriftliche Rücknahmeerklärung war nicht wegen Prozessunfähigkeit des Klägers unwirksam, wie er geltend gemacht hat. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger sowohl am 21.03.2007, als er die Rücknahmeerklärung verfasst hat, als auch am 22.03.2007, als er sie dem SG um 13:45 Uhr per Fax übermittelt hat, prozessfähig gewesen ist.
Nach § 102 Abs. 1 SGG kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (S. 2). Als Prozesshandlung (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 102 Rn. 7d) ist eine Klagerücknahme nur wirksam, wenn sie von einer prozessfähigen Partei erklärt wird, es sei denn, die Prozessunfähigkeit bestand bereits bei Klageerhebung, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Anders als der Kläger in seinem Schriftsatz vom 07.11.2017 gemeint hat, besteht bei der Beurteilung der Prozessfähigkeit kein Ermessen. Vielmehr entscheidet das Gericht über die Prozessfähigkeit im Wege des Freibeweises; die Entscheidung obliegt der tatrichterlichen Würdigung (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 71 Rn. 8a; Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.2010 – L 19 AL 30/10 –, Rn. 15, juris). Verbleiben nach Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen Zweifel an der Prozessfähigkeit, gehen diese zu Lasten des betroffenen Beteiligten; ihn trifft also grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit seiner Prozessfähigkeit i.S. einer objektiven Beweislast (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 71 Rn. 8b).
Prozessfähig ist ein Beteiligter, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann (§ 71 Abs. 1 SGG). Auch die vorübergehende, zeitweise Prozessunfähigkeit schließt eine wirksame Prozesserklärung aus (§ 105 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 71 Rn. 6, LSG Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.2010 – L 19 AL 30/10 –, a.a.O. Rn. 15). Prozessunfähig sind Personen, die nicht geschäftsfähig i.S. des § 104 BGB sind (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr. 32 S. 64). Das ist nach § 104 Nr. 2 BGB der Fall, wenn sich eine Person in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein Betroffener nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen; es reicht nicht aus, dass der Betroffene seit längerem an geistigen oder seelischen Störungen leidet (Ellenberger in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 104 Rn. 5 m.w.N., BSG, Beschluss vom 05. Mai 2010 – B 6 KA 49/09 B –, Rn. 7, juris).
Nach Würdigung sämtlicher vom Kläger vorgelegter medizinischer Atteste und Entlassungsberichte ist der Senat davon überzeugt, dass diese strengen Voraussetzungen für die Annahme von Geschäfts- und damit Prozessunfähigkeit zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Erklärung der Klagerücknahme durch den Kläger nicht vorgelegen haben. Der Kläger war bei Abgabe der Rücknahmeerklärung prozessfähig. Aus dem Entlassungsbericht von Prof. Dr. E., Dr. K. und Dr. G. vom 10.07.2007 geht hervor, dass sich der Kläger dort am 22.04.2007 vorgestellt hat und bei Aufnahme über seit sechs bis acht Wochen bestehende diverse Beschwerden (Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, innere Unruhe, Grübelneigung, zeitweise auch Herzrasen und Kribbeln an den Fußsohlen, Heiserkeit, ein pulsierendes Ohrgeräusch, manchmal Muskelverspannungen) geklagt sowie davon berichtet hat, bei deren Auftreten eine Angst vor einer schweren Krankheit wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu entwickeln. Aus den Ausführungen im Entlassungsbericht auf Seite 5, dass die Panikattacken in den sechs bis acht Wochen vor dem 22.04.2007 in zunehmender Intensität und mit höherer Frequenz aufgetreten und zuletzt auch immer von suizidalen Gedanken begleitet waren, lässt sich ableiten, dass die vom Kläger beschriebenen Symptome, die von den stationär behandelnden Ärzten diagnostisch als Angststörung mit rezidivierend auftretenden Panikattacken eingeordnet worden sind, zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung erst seit etwa zwei bis vier Wochen (frühester Beginn acht Wochen vor dem 22.04.2007, also am 25.02.2007) bestanden haben und noch nicht so stark ausgebildet waren wie am Tag der stationären Aufnahme des Klägers. Eine wahnhafte Störung wurde, ebenso wie eine substanzgebundene Abhängigkeit, von den damals behandelnden Ärzten differentialdiagnostisch in Betracht gezogen, letztlich aber eindeutig verworfen. Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme am 22.04.2007 wurde der Kläger als wach, vollständig orientiert, gut konzentriert mit erhaltener Auffassungsgabe und unauffälliger Merkfähigkeit, im formalen Denken geordnet und von suizidalen Absichten klar distanziert beschrieben. Bis auf einen herabgestimmten, bedrückten, besorgten, hilfesuchenden, ängstlichen und klagsamen Eindruck, den der Kläger auf die behandelnden Ärzte bei Aufnahme gemacht hat, eine deutlich reduzierte Schwingungsfähigkeit und einen verminderten Antrieb lassen sich mithin dem Aufnahmebefund keine psychischen Auffälligkeiten entnehmen, so dass der Senat davon überzeugt ist, dass der Kläger jedenfalls einen Monat vor Beginn der stationären Behandlung bei noch deutlich milderer, sich bis zur stationären Aufnahme am 22.04.2007 dann verschlechternder, Symptomatik prozessfähig gewesen ist.
Der Umstand, dass sich der Zustand des Klägers nach Beginn der stationären Behandlung weiter verschlechtert hat, wie sowohl aus dem Entlassungsbericht vom 10.07.2007 als auch aus der beinahe zehn Jahre später von Prof. Dr. E. dem Kläger erteilten und von diesem im Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung gleichermaßen hervorgeht, ist für die Beurteilung seiner Prozessfähigkeit einen Monat vor Beginn des stationären Aufenthalts nicht relevant. Hier liegt einer der Mängel der ärztlichen Bescheinigung des Prof. Dr. E. vom 18.04.2017, in welcher dieser ausgeführt hat, dass der Kläger "aller Wahrscheinlichkeit nach" – mit dieser Formulierung relativiert Prof. Dr. E. die von ihm vertretene Auffassung sogleich wieder – nicht in der Lage gewesen sei, Gerichts- bzw. Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen. Diese Einschätzung ist für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum (21./22.03.2007) nicht schlüssig begründet, denn Prof. Dr. E. hat sich auch auf das depressive Syndrom gestützt, das sich aber nach seinen Ausführungen erst im Behandlungsverlauf, im Juni 2007, entwickelt hat, weshalb es für die Einschätzung der Prozessfähigkeit einen Monat vor Beginn der stationären Behandlung außer Betracht zu bleiben hat. Wenn er dann weiter ausgeführt hat, dass dem Kläger damals die notwendigen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Konzentration, intellektueller Verarbeitung und psychischer Belastbarkeit nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestanden hätten, um seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und Prozesserklärungen abzugeben und entgegen zu nehmen, mag dies vorübergehend im Juni 2007 zutreffend gewesen sein, widerspricht aber den Angaben im Aufnahmebefund des Entlassungsberichts vom 10.07.2007, in dem Mängel der Aufmerksamkeit, Konzentration und intellektuellen Verarbeitung gerade nicht beschrieben worden sind. Außerdem findet sich auch für die von Prof. Dr. E. in seiner ärztlichen Bescheinigung aufgestellte Behauptung, dass sich die generalisierte Angststörung mit rezidivierenden Panikattacken schon im Winter 2007 manifestiert hatte, im Entlassungsbericht vom 10.07.2007 kein Beleg.
Zum Zeitpunkt der Erklärung der Klagerücknahme, am 22.03.2007, war der Kläger auch nicht partiell prozessunfähig. Die Geschäftsunfähigkeit kann sich auch auf einen bestimmten, gegenständlich abgrenzbaren Kreis von Angelegenheiten beschränken, etwa bei Querulantenwahn für die Prozessführung oder bei krankhafter Eifersucht für Fragen der Ehe (Ellenberger in: Palandt, a.a.O., § 104 Rn. 6 m.w.N.). Eine partielle Prozessunfähigkeit im Sinne einer Unfähigkeit, Rechtsstreite zu führen, bestand beim Kläger weder zum Zeitpunkt der Abgabe und des Wirksamwerdens der Rücknahmeerklärung noch später. Zwar hat dieser die von ihm geschilderten körperlichen und psychischen Beschwerden im Aufnahmegespräch am 22.04.2007 selbst auf einen seit 2004 bestehenden und bis zu Beginn der stationären Behandlung im April 2007 erfolglosen juristischen Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder zurückgeführt und im Zusammenhang mit juristischen Niederlagen Beschwerdeverstärkungen mit Zukunftsängsten bis hin zum finanziellen Ruin beschrieben. Allerdings hat er im Aufnahmegespräch selbst als Hemmnis für eine Weiterführung der juristischen Auseinandersetzung einen Mangel an ausreichenden Finanzmitteln benannt, was darauf schließen lässt, dass er trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen beabsichtigte, die Prozesse im Erbschaftsstreit weiterzuführen, sobald seine finanzielle Situation ihm dies erlaubt. Ausweislich der weiteren vom Kläger vorgelegten Berichte und Atteste hat er Prozesse in der Erbschaftssache auch dann noch geführt, als sich sein Gesundheitszustand gegenüber dem im Entlassungsbericht vom 10.07.2007 beschriebenen Zustand weiter verschlechtert hatte. So haben PD Dr. H. und Dr. R. (C. G.) in ihrem Entlassungsbericht vom 09.10.2009, in dem u.a. die Diagnose einer schweren depressiven Episode gestellt worden ist, davon berichtet, dass der Kläger "in dieser Sache" (gemeint war der Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder) mehrere Prozesse geführt habe, die aber durch anwaltliche Fehler nicht zum Erfolg geführt hätten. Zum Zeitpunkt seines stationären Aufenthalts vom 29.07.2009 bis 30.09.2009 lief ein Prozess gegen einen seiner Anwälte. Ausweislich der Angaben von PD Dr. H. und Dr. R.ist der Kläger in der Verhandlung von seiner Ehefrau vertreten worden, da er aufgrund seiner psychischen Situation nicht verhandlungsfähig gewesen ist. Das positive Urteil in der Sache hat sogar kurzfristig zu einer Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit geführt.
Auch den Ausführungen im Entlassungsbericht vom 10.07.2007 zu dem durch Rücknahme erledigten Rechtsstreit gegen die Beklagte wegen des Ereignisses vom 21.06.2005 lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass der Kläger diesen Rechtsstreit, in welchem ebenfalls eine Vertretung durch seine Ehefrau oder einen Rechtsanwalt möglich gewesen wäre, nicht auf Grundlage einer autonomen inneren Entscheidung sondern im Zusammenhang mit einer Panikattacke oder aus innerem Zwang heraus beendet hat. In der biographischen Anamnese im Entlassungsbericht wurde, allerdings unter Nennung des Jahres 2004, der Geschehensablauf vom 21.06.2005 zunächst kurz wiedergegeben (der Kläger habe den Sturz eines älteren Bewohners im Altenheim verhindert und sich hierbei einen Bandscheibenvorfall zugezogen), verbunden mit dem Hinweis, dass der Kläger aufgrund dessen eine "BG-Rente" angestrebt habe. Weiter heißt es im Entlassungsbericht dann: "Die Berufsgenossenschaft anerkannte den Bandscheibenvorfall jedoch nicht als Arbeitsunfall. Auf weitere juristische Auseinandersetzungen mit der Berufsgenossenschaft habe er damals verzichtet." Während also sein Erbstreit und die damit verbundenen juristischen Auseinandersetzungen zumindest nach der eigenen Auffassung des Klägers mit seinen Beschwerden im Zusammenhang standen, lassen aus dem Entlassungsbericht vom 10.07.2007 keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass dies für die juristische Auseinandersetzung mit der Beklagten ebenfalls galt. Vielmehr zeugt die nüchterne und sachliche Beschreibung dieses Rechtsstreits ohne jegliche Inbezugsetzung zu gesundheitlichen Problemen des Klägers davon, dass die Rücknahmeentscheidung autonom und selbstbestimmt getroffen worden ist. Dafür spricht auch, dass er diese Erklärung nicht unter dem Druck einer Gerichtsverhandlung abgegeben hat, sondern im häuslichen Umfeld schriftlich verfasst hat. Die äußere Form des Rücknahmeschreibens ist ordentlich, die Diktion sachlich und klar. Ob der Kläger am 21./22.03.2007 möglicherweise verhandlungsunfähig gewesen ist, kann, da es sich beim Schreiben vom 22.03.2007 um eine schriftliche Rücknahmeerklärung handelt, offen bleiben. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Prozesserklärung ist in diesem Fall allein die Prozessfähigkeit, die der Senat für den 21./22.03.2007 als erwiesen ansieht.
Soweit in den vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen von Dr. K.-W. vom 20.12.2016, der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie des Klinikums C. vom 21.12.2016, der psychologischen Psychotherapeutin B. vom 16.12.2016 und der M.-Klinik S ... G. vom 28.12.2016 für Zeiträume deutlich nach dem 21./22.03.2007 die Einschätzung vertreten worden ist, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen, mag dies eine Verhandlungsunfähigkeit belegen, keineswegs aber eine Prozessunfähigkeit. Es bestand für den Kläger die Möglichkeit, sich bei etwaigen Verhandlungen im Verfahren S 6 U 611/07 durch einen Rechtsanwalt oder nahen Angehörigen, etwa seine Ehefrau, vertreten zu lassen (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG in der Fassung vom 02.12.2006, aktuell § 73 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 SGG in der Fassung vom 12.05.2017) oder sogar die Verhandlungsführung gänzlich einem Bevollmächtigten zu überlassen. Außerdem lassen sich Rückschlüsse für den hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bereits deshalb nicht ziehen, weil die Behandlungszeiträume, die diesen Einschätzungen zugrunde lagen, sich nicht auf den hier entscheidungserheblichen Zeitraum bezogen haben, sondern auf spätere Behandlungszeiträume. Das gilt ebenso für die ärztliche Bescheinigung von Dr. S. vom 20.12.2016, die sich zur Frage einer Prozess- oder Verhandlungsfähigkeit nicht geäußert hat und für die Bescheinigung von Prof. Dr. E. vom 18.04.2017, soweit dieser dem Kläger im Zeitraum zwischen dem 22.04.2007 und 06.07.2007 Verhandlungsunfähigkeit attestiert hat. Eine Befragung der den Kläger nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des Klinikums L. am 06.07.2007 behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen war hiernach nicht veranlasst. Nachdem dem Senat durch den Kläger eine ausführliche schriftliche Äußerung des Prof. E. vom 18.04.2017 zur Frage seiner Prozessfähigkeit bereits vorgelegt worden ist, hat es auch dessen Befragung als sachverständiger Zeuge nicht mehr bedurft.
Aufgrund des Hinweises des Klägers, dass bei seiner Hausärztin K. die Daten seiner Erkrankung in einer Patientendokumentation vorliegen, hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, diese als sachverständige Zeugin zu hören. Aus dem Schriftsatz des Klägers vom 03.10.2017 ergibt sich, dass vor der Behandlung durch Prof. Dr. E. im Klinikum L. eine fachärztliche Behandlung nicht stattgefunden hat. Seine Angabe, bereits seit Frühjahr 2005 psychisch erkrankt gewesen zu sein, ist belegt durch den Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik des Klinikums L. vom 25.07.2005, in dem u.a. die Diagnose einer depressiven Störung genannt worden ist. Substantiierte Angaben zu seinem Gesundheitszustand oder der Art der Behandlung vor dem 22.04.2007 hat der Kläger nicht gemacht. Ob die Allgemeinmedizinerin K. den Kläger im hier interessierenden Zeitraum vom 15.02.2007 (Klageerhebung beim SG) bis zum 22.03.2007 (Eingang der Rücknahmeerklärung beim SG) überhaupt selbst behandelt hat, lässt sich weder seinen mündlichen Äußerungen im Erörterungstermin vom 21.09.2017 noch den nachfolgend eingegangenen schriftlichen Äußerungen entnehmen. Der Senat sieht hiernach die Anregung des Klägers, seine Hausärztin K. noch als sachverständige Zeugin zu hören, als eine Beweisausforschungs- bzw. Beweisermittlungsanregung an, der nachzugehen er sich auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren nicht gedrängt gesehen hat (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R, a.a.O.; BVerfG vom 18.06.1993 - 2 BvR 1815/92 = DVBl 1993, 1002).
Eine wirksam abgegebene Rücknahmeerklärung ist als Prozesserklärung grundsätzlich unwiderruflich und wegen Willensmängeln nicht anfechtbar (vgl. Lutz Wehrhahn in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 102, Rn. 6). Die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums und anderer Willensmängel nach den §§ 119 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind auf Prozesshandlungen im gerichtlichen Verfahren nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1961 - 2 RU 204/56 -, BSGE 14, 138, SozR Nr. 3 zu § 156 SGG; LSG Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.03.2000 - L 16 P 53/99 -, juris.; Thüringer LSG, Urteil vom 16.01.2002 - L 6 RJ 596/01 -, juris, jeweils m.w.N.).
Eine Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 102, Rn. 7c m.w.N.). Die Voraussetzungen, unter denen ein Verfahren wieder aufgenommen werden kann, sind in den §§ 179 und 180 SGG sowie über § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es ist jedoch weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich, dass einer der darin genannten Fälle hier vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob das am 15.02.2007 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) anhängig gewordene Klageverfahren (Aktenzeichen: S 6 U 611/07) durch Rücknahme erledigt ist.
Am 06.10.2005 ging bei der Beklagten eine Unfallanzeige der E. H. (R.-B.-S.), B., wo der am 1944 geborene Kläger seit Januar 2003 als Altenpfleger versicherungspflichtig beschäftigt gewesen war, ein. Als Unfallzeitpunkt wurde darin der 21.06.2005, 11.30 Uhr, angegeben. Ausweislich der vom Kläger selbst stammenden, von ihm unterschriebenen, Unfallschilderung habe er einen Bewohner in sein Zimmer geführt. Dieser sei gestolpert und habe gedroht, zu stürzen. Mit aller Kraft habe er den Bewohner festgehalten und den Sturz verhindert. Im selben Moment habe er starke Schmerzen im Lendenwirbelbereich rechts verspürt. Er habe einen breitbasigen Bandscheibenvorfall LW4/5 erlitten.
Gemäß Entlassungsbericht vom 25.07.2005 der neurologischen Klinik des Klinikums L.habe sich der Kläger dort vom 11.07.2005 bis zum 21.07.2005 in stationärer Behandlung befunden. Als Diagnosen genannt wurden "Wurzelreizsyndrom L5 rechts bei breitbasigem Bandscheibenvorfall LW4/5 (M51.1), depressive Störung, arterielle Hypertonie". Der Kläger habe berichtet, seit einem Verhebetrauma vor drei Wochen Schmerzen in der rechten Gesäßhälfte zu haben, seit zwei Tagen mit Ausstrahlung über die rechte Beinaußenseite bis zum Knöchel. Sensibilitätsstörungen, Paresen oder Blasen-/Mastdarmstörungen habe er nicht. Ein Röntgen der LWS vor drei Wochen sei unauffällig gewesen. Im neurologischen Befund wurde der Kläger unter anderem als "wach, orientiert, kooperativ" beschrieben. Gemäß dem psychischen Befund sei er freundlich zugewandt gewesen. Ein Anhalt für eine Denk-, Wahrnehmungs- oder Affektstörung habe nicht bestanden.
Mit Bescheid vom 21.12.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.06.2005 als Arbeitsunfall ab.
Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 15.02.2007 persönlich zur Niederschrift Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren bezogen. Die Beklagte ist der Klage unter Berufung auf die angefochtenen Bescheide entgegen getreten.
Mit Schreiben vom 21.03.2007, welches am 22.03.2007 vorab per Telefax beim SG einging und in welchem er sich persönlich an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG wandte, führte er aus: " ... nach reiflicher Überlegung möchte ich Sie bitten, meine Klage zurückzunehmen bzw. zu beenden und damit als erledigt zu betrachten." Der Kammervorsitzende veranlasste hierauf den Austrag der Sache aus dem Prozessregister des SG wegen Rücknahme.
Mit Schreiben an das SG vom 29.12.2016 teilte der Kläger mit, er sei seit April 2005 mit zunehmender Schwere psychisch erkrankt gewesen, zum Zeitpunkt seines Schreibens vom 21.03.2007 bereits derart schwer, dass er am 22.04.2007 als Notfall in die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des K. L. habe eingeliefert werden müssen, sodass er in diesem Zeitraum nicht in der Lage gewesen sei, Gerichtsverhandlungen durchzuführen. In der Folge sei er langjährig mittelschwer bis schwer psychisch erkrankt gewesen, teilweise mit psychotischen Symptomen. Erfreulicherweise sei er seit kurzem genesen und bitte darum, die Rechtssache wieder aufnehmen oder fortführen zu dürfen. Arztberichte zur psychischen und physischen Erkrankung lasse er dem SG per Post zukommen.
In seinem weiteren Schreiben vom 23.01.2017 hat der Kläger nochmals aus seiner Sicht den Unfallhergang geschildert und sich mit den Bescheiden der Beklagten sowie den vorliegenden Arztberichten auseinander gesetzt. Als Anlage zu dem Schreiben hat er eine Vielzahl von Arztberichten vorgelegt.
Gemäß einem von Prof. Dr. E., Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des K. L., Dr. K. und Dr. G. verfassten Entlassungsbericht vom 10.07.2007 sei der Kläger vom 22.04.2007 bis zum 06.07.2007 dort unter den Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode, einer Anpassungsstörung, einer Panikstörung und eines Verdachts auf generalisierte Angststörung in stationärer Behandlung gewesen. Er sei in Begleitung der Ehefrau am späten Abend des 22.04.2007 notfallmäßig stationär aufgenommen worden und habe angegeben, dass er seit sechs bis acht Wochen unter Ein- und Durchschlafschwierigkeiten leide mit innerer Unruhe, Grübelneigung und zeitweise auch Herzrasen sowie Kribbeln an den Fußsohlen, das bis zu den Knien aufsteige, unter Heiserkeit, einem pulsierenden Ohrgeräusch, manchmal auch Muskelverspannungen. Beim Auftreten dieser Beschwerden entwickle er auch eine Angst, dass er eine schwere Krankheit habe, zum Beispiel einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Als möglichen Hintergrund seiner Beschwerdesymptomatik habe er zum Aufnahmezeitpunkt angegeben, dass er sich seit 2004 in einem juristischen Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder befinde. Nach dem Tod seines Vaters sei ihm das Erbe noch nicht ausgezahlt worden. Bisher sei er noch nicht erfolgreich vor Gericht gewesen. Ausweislich der biographischen Anamnese habe der Kläger im Jahr 2004 (richtig wohl: 2005) einen Arbeitsunfall gehabt. Er habe den Sturz eines älteren Bewohners im Altenheim verhindert und sich dabei einen Bandscheibenvorfall zugezogen. Damals sei er kurzfristig stationär im Krankenhaus L. behandelt worden, danach habe er eine Rehamaßnahme in B. U. als Anschlussheilbehandlung absolviert. Danach sei er noch bis zum 31.12.2006 krankgeschrieben gewesen. Von der BfA sei ab dem 18.12.2006 rückwirkend zum 01.08.2006 eine Altersrente gewährt worden. Vorübergehend habe es ein Gutachtenverfahren durch die Berufsgenossenschaft (BG) gegeben, da er eine BG-Rente auf Grund des Arbeitsunfalls angestrebt habe. Die BG habe den Bandscheibenvorfall jedoch nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Auf weitere juristische Auseinandersetzungen mit der BG habe er damals verzichtet. Unter der Überschrift "psychischer Befund bei Aufnahme" enthält der Entlassungsbericht folgende Angaben: "Wacher, gepflegter, 63-jähriger vollständig orientierter Patient, freundlich, zurückhaltend, Auffassungsgabe erhalten, gut konzentriert, Merkfähigkeit und Gedächtnis unauffällig, herabgestimmt, bedrückt, besorgt, hilfesuchend, ängstlich, klagsam, Schwingungsfähigkeit deutlich reduziert, verminderter Antrieb, psychomotorisch ruhig, im formalen Denken geordnet, keine Wahninhalte, keine psychotischen Ich-Störungen, keine Halluzinationen, Eigen- und Fremdgefährdung nicht gegeben, zum Aufnahmezeitpunkt klare Distanzierung von suizidalen Gedanken, Absichten oder Plänen. Krankheits- und Behandlungseinsicht gegeben." Ausweislich der Schilderung von Therapie und Verlauf im Entlassungsbericht habe der Kläger vor Aufnahme eine erneute Panikattacke mit Herzrasen, Atemnot, Hyperventilation und aufsteigendem Kribbelparästhesien von den Füßen in die Beine erlitten bei gleichzeitig bestehender Todesangst und Befürchtungen, unmittelbar eine tödliche Erkrankung wie z. B. einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden. Die Panikattacken seien in den vergangenen sechs bis acht Wochen in zunehmender Intensität und höherer Frequenz aufgetreten und zuletzt immer wieder von suizidalen Gedanken begleitet gewesen. Der Kläger habe sich zu Beginn immer wieder psychovegetativ erregt gezeigt, unruhig und auch reizbar im Rahmen von Panikattacken, die jeweils mit Befürchtungen einer tödlichen Erkrankung einher gegangen seien. In diesen Krisen habe er rezidivierend suizidale Gedanken im Rahmen einer pessimistisch-resignativen, fatalistischen Zukunftssicht entwickelt. Nach Abklingen der Panikattacken habe er sich affektstarr, in sich gekehrt und zurückgezogen gezeigt. Nachdem nach Eindosierung von Lyrica die Panikattacken zunächst deutlich abgemildert aufgetreten seien und schließlich komplett sistiert hätten, sei Anfang Juni 2007 beim Kläger ein ausgeprägtes depressives Syndrom mit neuerlichen suizidalen Gedankeninhalten aufgetreten. Es sei hierauf eine antidepressive Medikation mit Citalopram begonnen worden. Allmählich sei die Rückbildung des depressiven Syndroms gelungen, zu massiven Panikattacken sei es nicht mehr gekommen. Auch die zu Beginn geklagten multiplen körperlichen Beschwerden hätten sich deutlich und zuletzt auch dauerhaft zurückgebildet. Diagnostisch habe man den Krankheitsverlauf als mittelgradige depressive Episode auf der Grundlage einer generalisierten Angststörung mit rezidivierend auftretenden Panikattacken bewertet. Auch das Vorliegen einer möglicherweise wahnhaften Störung oder substanzgebundenen Abhängigkeitsproblematik sei differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen worden, insbesondere im Hinblick auf entsprechendes Stigmata bei der körperlichen Untersuchung und der Makrozytose im Blutbild. Die ausführliche psychiatrische Anamneseerhebung einschließlich fremdanamnestischer Angaben, insbesondere auch der Ehefrau, hätte keine Hinweise ergeben, die diese Differenzialdiagnosen eindeutig hätten bestätigen können. Nach ausreichender Stabilisierung und erfolgreich verlaufender Belastungserprobung sei der Kläger in die ambulante Behandlung entlassen worden.
Der Kläger hat darüber hinaus dem SG einen handschriftlichen Entlassungsbericht der Praxis und Fachklinik Dr. D. vom 23.01.2008 über einen stationären Aufenthalt dort vom 29.11.2007 bis 23.01.2008 vorgelegt. Darin wurden als Diagnosen eine schwere depressive Episode mit zum Teil psychotischen Symptomen, erhebliche lebenssituative (Anpassungsstörungs-) Anteile und erhebliche lebensgeschichtliche Anteile genannt. Es bestehe ein gut gebesserter Befund. Weitere ambulante psychiatrische Behandlung sei notwendig, ebenso weitere ambulante Psychotherapie.
Zur Akte gereicht hat der Kläger auch eine Bescheinigung der Fachärztin für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie Dr ...-W. vom 20.12.2016, wonach er sich von Mitte 2007 bis Herbst 2009 dort wegen einer schweren depressiven Erkrankung mit Rezidiv in psychotherapeutischer Behandlung befunden habe. Im Verlauf der Erkrankung, vor allem zu Beginn, aber auch zwischendurch, sei der Kläger immer wieder in seiner Leistungs- und Entscheidungsfähigkeit sehr eingeschränkt gewesen. Auf Grund der depressiven Denkstörung mit Ängsten, negativer Erwartungshaltung und grüblerischem Gedankenkreisen sei seine Urteilsfähigkeit deutlich beeinträchtigt gewesen und zukunftsweisende Entscheidungen seien sehr schwer gefallen, sodass er damals auch nicht in der Lage gewesen sei, eine Gerichtsverhandlung durchzustehen.
Aktenkundig ist auch ein Entlassungsbericht der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie C. G. vom 09.10.2009, wonach sich der Kläger dort vom 29.07.2009 bis 30.09.2009 in stationärer Behandlung befunden habe unter den Diagnosen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome, einer generalisierten Angststörung und Anpassungsstörungen. Der Kläger habe berichtet, seit drei Jahren zunehmend unter Ängsten und Depressionen zu leiden. Auslöser sei ein Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder gewesen. Er habe in dieser Sache mehrere Prozesse geführt, die aber durch anwaltliche Fehler nicht zum Erfolg geführt hätten, weswegen er jetzt Klage gegen einen der Anwälte führe. Während des stationären Aufenthalts habe die Gerichtsverhandlung bezüglich des anwaltlichen Fehlers stattgefunden. Der Kläger sei bei der Verhandlung durch seine Frau vertreten worden, da er auf Grund der psychischen Situation nicht verhandlungsfähig gewesen sei. Das Gerichtsverfahren habe mit einem positiven Urteil für den Kläger geendet. Dies habe zumindest kurzfristig eine Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit bewirkt. Der Kläger legte ergänzend eine Bescheinigung der Klinik vom 21.12.2016 vor, wonach der Kläger während der stationären Behandlung vom 29.07.2009 bis zum 30.09.2009 auf Grund seiner psychischen Situation nicht in der Lage gewesen sei, an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen.
Vorgelegt hat der Kläger darüber hinaus eine Bescheinigung der psychologischen Psychotherapeutin B. vom 11.07.2011, wonach sich der Kläger seit dem 20.12.2010 bei ihr in ambulanter Behandlung befinde und die aktuell mittelgradige depressive Episode gegen Ende 2010 begonnen habe. In einer ergänzenden psychologischen Stellungnahme vom 16.12.2016 hat sie ausgeführt, der Kläger habe sich vom 20.12.2010 bis zum 16.11.2011 in ihrer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung befunden. Er habe an einer rezidivierten Depression gelitten. Die Symptomatik habe mindestens einer mittelschweren depressiven Episode entsprochen. Auf Grund der psychischen Störung sei der Kläger damals in seinem Alltag deutlich eingeschränkt und überfordert gewesen. Rückblickend erscheine es schwer vorstellbar, dass der Kläger zu dem angegebenen Zeitpunkt Gerichtsverhandlungen problemlos hätte bewältigen können.
Der Kläger hat auch eine ärztliche Bescheinigung der M.-Klinik S ... G. vom 28.12.2016 vorgelegt, wonach sich der Kläger dort vom 04.01.2012 bis zum 05.04.2012 in akutstationärer Behandlung befunden habe. Die Dauer des stationären Aufenthalts zeige, in welch schwer depressivem Zustand der Kläger gewesen sei. Auch bei Entlassung am 05.04.2012 habe er noch depressive Symptomatik gezeigt. Im Entlassbrief hätten sie von einer stark eingeschränkten geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit gesprochen, d. h., sie seien von einer Chronifizierung ausgegangen auf Grund der Schwere der Erkrankung, des Alters (damals 67 Jahre alt), der ungerechten Verweigerung von (hohen) Erbansprüchen und der schwierigen finanziellen familiären Situation. Auf Grund der Depression und der stark eingeschränkten geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit bei Entlassung sei der Kläger auch in der Folgezeit einer Gerichtsverhandlung bzw. juristischen Auseinandersetzung (mit dem Bruder) nicht gewachsen gewesen. Er hätte diese nicht in geeigneter Weise durchführen können.
Mit Schriftsatz vom 13.03.2017 hat der Kläger nochmals darauf hingewiesen, dass er in Folge einer massiven psychischen Erkrankung damals prozessunfähig gewesen sei, was einer Geschäftsunfähigkeit entspreche.
Nach Anhörung der Beteiligten, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 18.04.2017 festgestellt, dass der Rechtsstreit S 6 U 611/07 durch Rücknahme der Klage vom 21.03.2007 erledigt worden ist. In den Gründen hat es ausgeführt, die Auslegung des Schreibens vom 21.03.2007 ergebe eindeutig, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt das Verfahren habe beenden wollen. Die Willenserklärung des Klägers sei auch wirksam gewesen. Das SG habe in Anbetracht der vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Klägers. Dieser habe sich vom 22.04.2007 bis zum 06.07.2007 in Behandlung des Klinikums L. begeben, wo eine mittelgradige depressive Episode, Anpassungsstörung, Panikstörung und ein Verdacht auf generalisierte Angststörung diagnostiziert worden seien. Auch wenn die Behandlung erst nach Abgabe der Willenserklärung eingesetzt habe, gehe das SG davon aus, dass der Kläger auch schon am 21.03.2007 psychisch erkrankt gewesen sei. Aus den getroffenen Diagnosen ergebe sich aber nicht im Ansatz, dass der Kläger geschäftsunfähig gewesen sei. Eine psychische Erkrankung stehe regelmäßig der Geschäftsfähigkeit nicht entgegen. Auf die beim Kläger damals vorliegenden Diagnosen treffe dies ebenfalls zu. Selbst wenn der Kläger am 21.03.2007 nicht in der Lage gewesen wäre, an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen, resultiere daraus nicht seine Geschäftsunfähigkeit. Dies würde erfordern, dass er sich nicht vorübergehend in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Die Erkrankung des Klägers hätten zwar möglich vorübergehend der Teilnahme einer Gerichtsverhandlung entgegen gestanden, nicht aber der freien Willensbildung. Dies zeige gerade, dass der Kläger damals die Entscheidung getroffen habe, das Gerichtsverfahren nicht fortführen zu wollen, was seinem freien Willen entsprochen habe.
Gegen diesen ihm am 20.04.2017 per Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.05.2017 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Die Zielsetzung seiner Klage sei die richterliche Feststellung, dass seine Willenserklärung mit Schreiben vom 21.03.2007 an das Sozialgericht nichtig und sein dies bezügliches Schreiben unwirksam sei, weil er nicht geschäftsfähig bzw. nicht prozessfähig gewesen sei. Dies ergebe sich aus den dem Berufungsschreiben als Anlage beigefügten ärztlichen Attesten. Auch habe das Sozialgericht seine gemäß § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgetragene Bitte bezüglich der Prüfung des Sachverhalts nicht durchgeführt. Eine Heranziehung der "beteiligten Fachkreise bzw. Zeugen" habe nicht stattgefunden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.04.2017 aufzuheben und das Verfahren S 6 U 611/07 fortzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
In einer Bescheinigung vom 18.04.2017 hat der Ärztliche Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin des Klinikums L., Prof. Dr. E., ausgeführt, dass der Kläger auf Grund der generalisierten Angststörung mit rezidivierenden auftretenden Panikattacken, die sich schon im Winter 2007 manifestiert und auch noch bei der Aufnahme am 22.04.2007 bestanden habe, sowie des sich im Behandlungsverlauf während des Juni 2007 entwickelnden und erst gegen Ende Juni/Anfang Juli 2007 abklingenden depressiven Syndroms aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Lage gewesen sei, Gerichts- bzw. Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen. Denn ihm seien damals die dafür notwendigen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Konzentration, intellektueller Verarbeitung und psychischer Belastbarkeit nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestanden, um seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und Prozesserklärungen abzugeben und entgegen zu nehmen. Befürchtet hätte außerdem werden müssen, dass aus einer Gerichtsverhandlung während des Zeitraums zwischen dem 22.04. und 06.07.2007 eine ernste Gefahr für das Leben oder schwerwiegende Gesundheitsstörungen hätten resultieren können.
Der Kläger hat ergänzend eine Bescheinigung der Ärztin für Psychiatrie und Psychologie Dr. S. vom 20.12.2016 zu den Akten des Senats gereicht, in welcher diese über die Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 15.02.2008 bis zum 22.12.2011 berichtet hat. Hiernach sei erstmalig am 29.01.2008 ein ambulantes Gespräch zur weiteren psychiatrischen Behandlung geführt und Trevilor zur weiteren Behandlung der depressiven Symptomatik rezeptiert worden.
Der Kläger hat ferner die Bescheinigung von Dr. K.-W. vom 20.12.2016, der Praxis und Fachklinik Dr. D. vom 23.01.2008, der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie des Klinikums C. vom 21.12.2016, der psychologischen Psychotherapeutin B. vom 16.12.2016 und der M.-Klinik S ... G. vom 28.12.2016 nochmals in Kopie vorgelegt.
Die Beklagte hat Ausfertigungen zweier Bescheide vom 07.06.2017 zur Senatsakte gereicht, mit welchem Anträge nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf Überprüfung des Bescheides vom 21.12.2006 über die Ablehnung des Ereignisses vom 21.06.2005 als Arbeitsunfall und des Bescheides vom 23.11.2006 über die Ablehnung der Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheiten Nr. 2108 der Anlage zur BKV abgelehnt worden sind. Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, dass diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden sind.
In einem Erörterungstermin vom 21.09.2017 wurde der Kläger in nichtöffentlicher Sitzung angehört. Er hat eine Prüfung seiner Prozessfähigkeit zum Zeitpunkt der Klagerücknahme von Amts wegen beantragt. Zu der Frage, ob er sich im März 2007 bereits bei Prof. Dr. E. in ärztlicher Behandlung befunden habe, hat der Kläger keine Angaben gemacht. Er hat auf seine Hausärztin, die Ärztin für Allgemeinmedizin K., verwiesen, in deren Akten stehe, dass er seit April 2005 mit zunehmender Schwere psychisch erkrankt gewesen sei. Hieraus ergebe sich nach seiner Auffassung die Prozessunfähigkeit zum Zeitpunkt der Klagerücknahme.
Mit Schreiben vom 02.10.2017 hat der Kläger den Verlauf des Erörterungstermins aus seiner Sicht geschildert. Auf den Inhalt wird Bezug genommen. Mit weiterem Schreiben vom 03.10.2017 hat der Kläger ausgeführt, er sei vor der Behandlung durch Prof. Dr. E. und zum Zeitpunkt der Klageerhebung erwiesenermaßen insofern prozessfähig gewesen, als er mit dem Klageantrag die Prozesshandlung wirksam vorgenommen habe, als dieser zutreffend gewesen sei und das Sozialgericht Heilbronn den Klageantrag voll umfänglich angenommen habe. Somit werde mehrfach bewiesen, dass er vor der Behandlung bei Herrn Prof. Dr. E. und zum Zeitpunkt der Klageerhebung beim SG Heilbronn absolut prozessfähig gewesen sei. Im Schreiben vom 07.11.2017 hat der Kläger u.a. ausgeführt, das SG wäre bei Durchführung seiner Verpflichtung zur Prüfung des Sachverhalts von Amts wegen einschließlich der Befragung sämtlicher gegebener Zeugen zu einer anderen Entscheidung gelangt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Absatz 1 Nummer 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat zutreffend festgestellt, dass das Verfahren S 6 U 611/07 durch Klagerücknahme beendet wurde. Das Verfahren S 6 U 611/07 ist durch die ausdrückliche schriftliche Erklärung des Klägers vom 21.03.2007 durch Rücknahme erledigt worden (§ 102 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Es besteht keine Möglichkeit, dieses Verfahren wieder aufzunehmen.
Die im Schriftsatz vom 21.03.2007 enthaltene und mit ihrem Zugang beim SG per Fax am 22.03.2007 wirksam gewordene, vom Kläger selbst klar und eindeutig formulierte schriftliche Rücknahmeerklärung war nicht wegen Prozessunfähigkeit des Klägers unwirksam, wie er geltend gemacht hat. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger sowohl am 21.03.2007, als er die Rücknahmeerklärung verfasst hat, als auch am 22.03.2007, als er sie dem SG um 13:45 Uhr per Fax übermittelt hat, prozessfähig gewesen ist.
Nach § 102 Abs. 1 SGG kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (S. 2). Als Prozesshandlung (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 102 Rn. 7d) ist eine Klagerücknahme nur wirksam, wenn sie von einer prozessfähigen Partei erklärt wird, es sei denn, die Prozessunfähigkeit bestand bereits bei Klageerhebung, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte bestehen. Anders als der Kläger in seinem Schriftsatz vom 07.11.2017 gemeint hat, besteht bei der Beurteilung der Prozessfähigkeit kein Ermessen. Vielmehr entscheidet das Gericht über die Prozessfähigkeit im Wege des Freibeweises; die Entscheidung obliegt der tatrichterlichen Würdigung (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 71 Rn. 8a; Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.2010 – L 19 AL 30/10 –, Rn. 15, juris). Verbleiben nach Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen Zweifel an der Prozessfähigkeit, gehen diese zu Lasten des betroffenen Beteiligten; ihn trifft also grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit seiner Prozessfähigkeit i.S. einer objektiven Beweislast (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 71 Rn. 8b).
Prozessfähig ist ein Beteiligter, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann (§ 71 Abs. 1 SGG). Auch die vorübergehende, zeitweise Prozessunfähigkeit schließt eine wirksame Prozesserklärung aus (§ 105 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 71 Rn. 6, LSG Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.2010 – L 19 AL 30/10 –, a.a.O. Rn. 15). Prozessunfähig sind Personen, die nicht geschäftsfähig i.S. des § 104 BGB sind (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr. 32 S. 64). Das ist nach § 104 Nr. 2 BGB der Fall, wenn sich eine Person in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein Betroffener nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen; es reicht nicht aus, dass der Betroffene seit längerem an geistigen oder seelischen Störungen leidet (Ellenberger in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 104 Rn. 5 m.w.N., BSG, Beschluss vom 05. Mai 2010 – B 6 KA 49/09 B –, Rn. 7, juris).
Nach Würdigung sämtlicher vom Kläger vorgelegter medizinischer Atteste und Entlassungsberichte ist der Senat davon überzeugt, dass diese strengen Voraussetzungen für die Annahme von Geschäfts- und damit Prozessunfähigkeit zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Erklärung der Klagerücknahme durch den Kläger nicht vorgelegen haben. Der Kläger war bei Abgabe der Rücknahmeerklärung prozessfähig. Aus dem Entlassungsbericht von Prof. Dr. E., Dr. K. und Dr. G. vom 10.07.2007 geht hervor, dass sich der Kläger dort am 22.04.2007 vorgestellt hat und bei Aufnahme über seit sechs bis acht Wochen bestehende diverse Beschwerden (Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, innere Unruhe, Grübelneigung, zeitweise auch Herzrasen und Kribbeln an den Fußsohlen, Heiserkeit, ein pulsierendes Ohrgeräusch, manchmal Muskelverspannungen) geklagt sowie davon berichtet hat, bei deren Auftreten eine Angst vor einer schweren Krankheit wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu entwickeln. Aus den Ausführungen im Entlassungsbericht auf Seite 5, dass die Panikattacken in den sechs bis acht Wochen vor dem 22.04.2007 in zunehmender Intensität und mit höherer Frequenz aufgetreten und zuletzt auch immer von suizidalen Gedanken begleitet waren, lässt sich ableiten, dass die vom Kläger beschriebenen Symptome, die von den stationär behandelnden Ärzten diagnostisch als Angststörung mit rezidivierend auftretenden Panikattacken eingeordnet worden sind, zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung erst seit etwa zwei bis vier Wochen (frühester Beginn acht Wochen vor dem 22.04.2007, also am 25.02.2007) bestanden haben und noch nicht so stark ausgebildet waren wie am Tag der stationären Aufnahme des Klägers. Eine wahnhafte Störung wurde, ebenso wie eine substanzgebundene Abhängigkeit, von den damals behandelnden Ärzten differentialdiagnostisch in Betracht gezogen, letztlich aber eindeutig verworfen. Zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme am 22.04.2007 wurde der Kläger als wach, vollständig orientiert, gut konzentriert mit erhaltener Auffassungsgabe und unauffälliger Merkfähigkeit, im formalen Denken geordnet und von suizidalen Absichten klar distanziert beschrieben. Bis auf einen herabgestimmten, bedrückten, besorgten, hilfesuchenden, ängstlichen und klagsamen Eindruck, den der Kläger auf die behandelnden Ärzte bei Aufnahme gemacht hat, eine deutlich reduzierte Schwingungsfähigkeit und einen verminderten Antrieb lassen sich mithin dem Aufnahmebefund keine psychischen Auffälligkeiten entnehmen, so dass der Senat davon überzeugt ist, dass der Kläger jedenfalls einen Monat vor Beginn der stationären Behandlung bei noch deutlich milderer, sich bis zur stationären Aufnahme am 22.04.2007 dann verschlechternder, Symptomatik prozessfähig gewesen ist.
Der Umstand, dass sich der Zustand des Klägers nach Beginn der stationären Behandlung weiter verschlechtert hat, wie sowohl aus dem Entlassungsbericht vom 10.07.2007 als auch aus der beinahe zehn Jahre später von Prof. Dr. E. dem Kläger erteilten und von diesem im Verfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigung gleichermaßen hervorgeht, ist für die Beurteilung seiner Prozessfähigkeit einen Monat vor Beginn des stationären Aufenthalts nicht relevant. Hier liegt einer der Mängel der ärztlichen Bescheinigung des Prof. Dr. E. vom 18.04.2017, in welcher dieser ausgeführt hat, dass der Kläger "aller Wahrscheinlichkeit nach" – mit dieser Formulierung relativiert Prof. Dr. E. die von ihm vertretene Auffassung sogleich wieder – nicht in der Lage gewesen sei, Gerichts- bzw. Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen. Diese Einschätzung ist für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum (21./22.03.2007) nicht schlüssig begründet, denn Prof. Dr. E. hat sich auch auf das depressive Syndrom gestützt, das sich aber nach seinen Ausführungen erst im Behandlungsverlauf, im Juni 2007, entwickelt hat, weshalb es für die Einschätzung der Prozessfähigkeit einen Monat vor Beginn der stationären Behandlung außer Betracht zu bleiben hat. Wenn er dann weiter ausgeführt hat, dass dem Kläger damals die notwendigen Anforderungen an Aufmerksamkeit, Konzentration, intellektueller Verarbeitung und psychischer Belastbarkeit nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestanden hätten, um seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und Prozesserklärungen abzugeben und entgegen zu nehmen, mag dies vorübergehend im Juni 2007 zutreffend gewesen sein, widerspricht aber den Angaben im Aufnahmebefund des Entlassungsberichts vom 10.07.2007, in dem Mängel der Aufmerksamkeit, Konzentration und intellektuellen Verarbeitung gerade nicht beschrieben worden sind. Außerdem findet sich auch für die von Prof. Dr. E. in seiner ärztlichen Bescheinigung aufgestellte Behauptung, dass sich die generalisierte Angststörung mit rezidivierenden Panikattacken schon im Winter 2007 manifestiert hatte, im Entlassungsbericht vom 10.07.2007 kein Beleg.
Zum Zeitpunkt der Erklärung der Klagerücknahme, am 22.03.2007, war der Kläger auch nicht partiell prozessunfähig. Die Geschäftsunfähigkeit kann sich auch auf einen bestimmten, gegenständlich abgrenzbaren Kreis von Angelegenheiten beschränken, etwa bei Querulantenwahn für die Prozessführung oder bei krankhafter Eifersucht für Fragen der Ehe (Ellenberger in: Palandt, a.a.O., § 104 Rn. 6 m.w.N.). Eine partielle Prozessunfähigkeit im Sinne einer Unfähigkeit, Rechtsstreite zu führen, bestand beim Kläger weder zum Zeitpunkt der Abgabe und des Wirksamwerdens der Rücknahmeerklärung noch später. Zwar hat dieser die von ihm geschilderten körperlichen und psychischen Beschwerden im Aufnahmegespräch am 22.04.2007 selbst auf einen seit 2004 bestehenden und bis zu Beginn der stationären Behandlung im April 2007 erfolglosen juristischen Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder zurückgeführt und im Zusammenhang mit juristischen Niederlagen Beschwerdeverstärkungen mit Zukunftsängsten bis hin zum finanziellen Ruin beschrieben. Allerdings hat er im Aufnahmegespräch selbst als Hemmnis für eine Weiterführung der juristischen Auseinandersetzung einen Mangel an ausreichenden Finanzmitteln benannt, was darauf schließen lässt, dass er trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen beabsichtigte, die Prozesse im Erbschaftsstreit weiterzuführen, sobald seine finanzielle Situation ihm dies erlaubt. Ausweislich der weiteren vom Kläger vorgelegten Berichte und Atteste hat er Prozesse in der Erbschaftssache auch dann noch geführt, als sich sein Gesundheitszustand gegenüber dem im Entlassungsbericht vom 10.07.2007 beschriebenen Zustand weiter verschlechtert hatte. So haben PD Dr. H. und Dr. R. (C. G.) in ihrem Entlassungsbericht vom 09.10.2009, in dem u.a. die Diagnose einer schweren depressiven Episode gestellt worden ist, davon berichtet, dass der Kläger "in dieser Sache" (gemeint war der Erbstreit mit seiner Mutter und seinem Bruder) mehrere Prozesse geführt habe, die aber durch anwaltliche Fehler nicht zum Erfolg geführt hätten. Zum Zeitpunkt seines stationären Aufenthalts vom 29.07.2009 bis 30.09.2009 lief ein Prozess gegen einen seiner Anwälte. Ausweislich der Angaben von PD Dr. H. und Dr. R.ist der Kläger in der Verhandlung von seiner Ehefrau vertreten worden, da er aufgrund seiner psychischen Situation nicht verhandlungsfähig gewesen ist. Das positive Urteil in der Sache hat sogar kurzfristig zu einer Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit geführt.
Auch den Ausführungen im Entlassungsbericht vom 10.07.2007 zu dem durch Rücknahme erledigten Rechtsstreit gegen die Beklagte wegen des Ereignisses vom 21.06.2005 lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass der Kläger diesen Rechtsstreit, in welchem ebenfalls eine Vertretung durch seine Ehefrau oder einen Rechtsanwalt möglich gewesen wäre, nicht auf Grundlage einer autonomen inneren Entscheidung sondern im Zusammenhang mit einer Panikattacke oder aus innerem Zwang heraus beendet hat. In der biographischen Anamnese im Entlassungsbericht wurde, allerdings unter Nennung des Jahres 2004, der Geschehensablauf vom 21.06.2005 zunächst kurz wiedergegeben (der Kläger habe den Sturz eines älteren Bewohners im Altenheim verhindert und sich hierbei einen Bandscheibenvorfall zugezogen), verbunden mit dem Hinweis, dass der Kläger aufgrund dessen eine "BG-Rente" angestrebt habe. Weiter heißt es im Entlassungsbericht dann: "Die Berufsgenossenschaft anerkannte den Bandscheibenvorfall jedoch nicht als Arbeitsunfall. Auf weitere juristische Auseinandersetzungen mit der Berufsgenossenschaft habe er damals verzichtet." Während also sein Erbstreit und die damit verbundenen juristischen Auseinandersetzungen zumindest nach der eigenen Auffassung des Klägers mit seinen Beschwerden im Zusammenhang standen, lassen aus dem Entlassungsbericht vom 10.07.2007 keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass dies für die juristische Auseinandersetzung mit der Beklagten ebenfalls galt. Vielmehr zeugt die nüchterne und sachliche Beschreibung dieses Rechtsstreits ohne jegliche Inbezugsetzung zu gesundheitlichen Problemen des Klägers davon, dass die Rücknahmeentscheidung autonom und selbstbestimmt getroffen worden ist. Dafür spricht auch, dass er diese Erklärung nicht unter dem Druck einer Gerichtsverhandlung abgegeben hat, sondern im häuslichen Umfeld schriftlich verfasst hat. Die äußere Form des Rücknahmeschreibens ist ordentlich, die Diktion sachlich und klar. Ob der Kläger am 21./22.03.2007 möglicherweise verhandlungsunfähig gewesen ist, kann, da es sich beim Schreiben vom 22.03.2007 um eine schriftliche Rücknahmeerklärung handelt, offen bleiben. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Prozesserklärung ist in diesem Fall allein die Prozessfähigkeit, die der Senat für den 21./22.03.2007 als erwiesen ansieht.
Soweit in den vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen von Dr. K.-W. vom 20.12.2016, der Klinik für psychosomatische Medizin und Fachpsychotherapie des Klinikums C. vom 21.12.2016, der psychologischen Psychotherapeutin B. vom 16.12.2016 und der M.-Klinik S ... G. vom 28.12.2016 für Zeiträume deutlich nach dem 21./22.03.2007 die Einschätzung vertreten worden ist, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen, mag dies eine Verhandlungsunfähigkeit belegen, keineswegs aber eine Prozessunfähigkeit. Es bestand für den Kläger die Möglichkeit, sich bei etwaigen Verhandlungen im Verfahren S 6 U 611/07 durch einen Rechtsanwalt oder nahen Angehörigen, etwa seine Ehefrau, vertreten zu lassen (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG in der Fassung vom 02.12.2006, aktuell § 73 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 SGG in der Fassung vom 12.05.2017) oder sogar die Verhandlungsführung gänzlich einem Bevollmächtigten zu überlassen. Außerdem lassen sich Rückschlüsse für den hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bereits deshalb nicht ziehen, weil die Behandlungszeiträume, die diesen Einschätzungen zugrunde lagen, sich nicht auf den hier entscheidungserheblichen Zeitraum bezogen haben, sondern auf spätere Behandlungszeiträume. Das gilt ebenso für die ärztliche Bescheinigung von Dr. S. vom 20.12.2016, die sich zur Frage einer Prozess- oder Verhandlungsfähigkeit nicht geäußert hat und für die Bescheinigung von Prof. Dr. E. vom 18.04.2017, soweit dieser dem Kläger im Zeitraum zwischen dem 22.04.2007 und 06.07.2007 Verhandlungsunfähigkeit attestiert hat. Eine Befragung der den Kläger nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/Psychosomatik des Klinikums L. am 06.07.2007 behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen war hiernach nicht veranlasst. Nachdem dem Senat durch den Kläger eine ausführliche schriftliche Äußerung des Prof. E. vom 18.04.2017 zur Frage seiner Prozessfähigkeit bereits vorgelegt worden ist, hat es auch dessen Befragung als sachverständiger Zeuge nicht mehr bedurft.
Aufgrund des Hinweises des Klägers, dass bei seiner Hausärztin K. die Daten seiner Erkrankung in einer Patientendokumentation vorliegen, hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, diese als sachverständige Zeugin zu hören. Aus dem Schriftsatz des Klägers vom 03.10.2017 ergibt sich, dass vor der Behandlung durch Prof. Dr. E. im Klinikum L. eine fachärztliche Behandlung nicht stattgefunden hat. Seine Angabe, bereits seit Frühjahr 2005 psychisch erkrankt gewesen zu sein, ist belegt durch den Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik des Klinikums L. vom 25.07.2005, in dem u.a. die Diagnose einer depressiven Störung genannt worden ist. Substantiierte Angaben zu seinem Gesundheitszustand oder der Art der Behandlung vor dem 22.04.2007 hat der Kläger nicht gemacht. Ob die Allgemeinmedizinerin K. den Kläger im hier interessierenden Zeitraum vom 15.02.2007 (Klageerhebung beim SG) bis zum 22.03.2007 (Eingang der Rücknahmeerklärung beim SG) überhaupt selbst behandelt hat, lässt sich weder seinen mündlichen Äußerungen im Erörterungstermin vom 21.09.2017 noch den nachfolgend eingegangenen schriftlichen Äußerungen entnehmen. Der Senat sieht hiernach die Anregung des Klägers, seine Hausärztin K. noch als sachverständige Zeugin zu hören, als eine Beweisausforschungs- bzw. Beweisermittlungsanregung an, der nachzugehen er sich auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren nicht gedrängt gesehen hat (BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R, a.a.O.; BVerfG vom 18.06.1993 - 2 BvR 1815/92 = DVBl 1993, 1002).
Eine wirksam abgegebene Rücknahmeerklärung ist als Prozesserklärung grundsätzlich unwiderruflich und wegen Willensmängeln nicht anfechtbar (vgl. Lutz Wehrhahn in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 102, Rn. 6). Die Grundsätze des materiellen Rechts über die Anfechtung wegen Irrtums und anderer Willensmängel nach den §§ 119 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind auf Prozesshandlungen im gerichtlichen Verfahren nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1961 - 2 RU 204/56 -, BSGE 14, 138, SozR Nr. 3 zu § 156 SGG; LSG Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.03.2000 - L 16 P 53/99 -, juris.; Thüringer LSG, Urteil vom 16.01.2002 - L 6 RJ 596/01 -, juris, jeweils m.w.N.).
Eine Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. (B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 102, Rn. 7c m.w.N.). Die Voraussetzungen, unter denen ein Verfahren wieder aufgenommen werden kann, sind in den §§ 179 und 180 SGG sowie über § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es ist jedoch weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich, dass einer der darin genannten Fälle hier vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
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