S 13 KR 67/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 13 KR 67/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 166/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Streitwert wird auf 7719,37 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine Restvergütung wegen der stationären Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 3. Juli 2011 bis 7. September 2011 in Höhe von 7.719,37 EUR.

Die Klägerin betreibt in B-Stadt ein in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommenes Belegkrankenhaus im Sinne des § 107 Abs. 1, 108 Nr. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V).

Die Versicherte wurde am 3. Juli 2011 als zweiter Drilling in der 29. + 3 Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht von 1200 g geboren. Unmittelbar nach der Geburt wurde sie in der neonatologischen Intensivstation der Klägerin aufgenommen und dort bis 7. September 2011 stationär behandelt. Unmittelbar nach Aufnahme wurde der Säugling intubiert und mit SIMV beatmet. Nach 7 Stunden konnte die Extubation erfolgen und es folgte eine Therapie mittels CPAP über einen mononasalen Tubus. In der Zeit vom 8. Juli 2011 um 3.30 Uhr bis 25. Juli 2011 um 8.00 Uhr – mit einem therapiefreien Intervall zwischen dem 21. Juli 8.00 Uhr bis 23. Juli 16.30 Uhr – wurde das Kind mittels HNFC über eine Nasenbrille in Bezug auf die Atmung therapiert.

Nachdem die Klägerin zunächst am 5. Oktober 2011 die DRG P03A mit einem Betrag von 68.153,43 EUR abgerechnet hatte, wurde diese Rechnung am 3. Januar 2013 korrigiert, dass nunmehr die DRG P03B (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1000 – 1499 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung ) 95 Stunden, mit mehreren schweren Problemen, mit Beatmung ) 120 und ( 480 Stunden oder mit mehreren komplexen OR-Prozeduren, ohne Beatmung) und ein Betrag von 45.733,35 EUR in Rechnung gestellt wurde.

Die Beklagte erteilte zunächst die Ausgangsrechnung in voller Höhe. Der MDK wurde mit der Rechnungsprüfung beauftragt. Am 10. April 2012 erstattete Dr. K. ein sozialmedizinisches Gutachten, worin sie zu dem Ergebnis kam, dass die Beatmungsstunden nur bis 8. Juli 2011 berücksichtigt werden können, nicht jedoch eine Beatmung mittels HNFC. Richtigerweise sei die DRG P03 C abzurechnen.

Dagegen wandte sich die Klägerin. Am 6. September 2012 fand eine Fallbesprechung statt. Im weiteren Verlauf erstellte Frau L. ein weiteres MDK-Gutachten vom 13. September 2012, worin diese erneut die Auffassung vertrat, dass die Therapie mit HNFC nicht als Beatmung berücksichtigt werden könne. Am 24. November 2012 verrechnete die Beklagte die Differenz mit anderen Forderungen.

Dagegen hat die Klägerin am 22. Februar 2013 Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Im Rahmen der Sachermittlungen von Amts wegen hat die Kammer ein Gutachten bei Dr. A. (Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizin; S-Stadt) vom 21. Juli 2013 nebst ergänzender Stellungnahme vom 30. Oktober 2013 eingeholt. Die Sachverständige ist zu der Einschätzung gekommen, dass die High-Flow-Therapie über Nasenbrille nicht als maschinelle Beatmung im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinien 2011, Ziff. 1001h, bewertet werden könne. Es handele sich hierbei lediglich um eine atmungunterstützende Maßnahme, die mit den entsprechenden OPS-Kodes zu verschlüsseln sei, nicht jedoch um eine maschinelle Beatmung. Bei der Therapie handele es sich auch nicht um eine CPAP-Therapie, die nach richtiger Auffassung bereits im Jahr 2011 als Beatmung im Sinne der Kodierrichtlinien anzuerkennen sei. Bei der HFNC handele es sich um ein vergleichsweise junges Verfahren, das sich jedoch zunehmend etabliere. Es würden derzeit etliche Studien laufen, um die CPAP-Therapie und die HFNC hinsichtlich Effektivität und Sicherheit miteinander zu vergleichen. Einen eindeutigen und unmissverständlichen Hinweis in den Kodierrichtlinien zur Beurteilung der HFNC-Therapie gebe es nicht. Ein entsprechender Änderungsvorschlag der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser in Deutschland dahingehend, dass die Atemunterstützung mittels HFNC bei Neugeborenen und Säuglingen bei der Ermittlung der Beatmungsstunden zu berücksichtigen sei, sei bislang nicht umgesetzt worden. Es sei sicher korrekt, dass die HFNC-Therapie einen höheren Aufwand bedeute als die reine (low-flow) Sauerstoffgabe über eine Maske oder Sauerstoffbrille. Es fehle jedoch die mechanisch verursachte Bewegung von Gasen in die Lunge, außerdem diene die Therapie lediglich der Atemunterstützung. Da die Therapie der Sauerstofftherapie eher ähnele als der Beatmung und auch nicht mit der herkömmlichen CPAP-Therapie gleichzusetzen sei, könne die Behandlung nicht als maschinelle Beatmung berücksichtigt werden. Wegen der Einzelheiten der Ausführungen der Sachverständigen Dr. A. wird auf die Blätter 42-64, 89-107 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Klägerin äußert Zweifel an der Befähigung und der Unbefangenheit der Sachverständigen Dr. A. Sie ist der Auffassung, die Atemunterstützung durch das HNFC-System werde in der OPS-Version 2012 in Kapitel 8 unter der Überschrift "Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen" aufgeführt. Damit sei sie als maschinelle Beatmung zu qualifizieren. Dem stehe auch nicht die Definition der maschinellen Beatmung in Ziff. 1001h der Deutschen Kodierrichtlinien entgegen. Sie hat eine ärztliche Stellungnahme von Dr. K. (Facharzt für Kinderheilkunde, Neonatologie, pädiatrische Pulomologie, zugleich Oberarzt und ärztlicher Leiter der akutmedizinischen Station der Klägerin - Eingang bei Gericht am 30. September 2013 vorgelegt -). Darin vertritt er die Auffassung, bei der HFNC handele sich um ein CPAP-Verfahren. Dies sei eindeutig eine Beatmung im Sinne der Definition in den Deutschen Kodierrichtlinien. Daher seien die Beatmungsstunden abrechnungsfähig. Bei der HFNC handele es sich um ein anspruchsvolles, seit Mitte 2000 zunehmend eingesetztes Verfahren, welches häufig besser toleriert werde als ein rein nasales bzw. eine Masken-CPAP. Bei vielen Patienten würden sich u.a. ruhigere Atemmuster zeigen. Wegen der Einzelheiten der Stellungnahme des Dr. K. wird auf die Blätter 71-77 der Gerichtsakte Bezug genommen. Weiter hat sie ein in einem Rechtsstreit am Landgericht München I erstattetes Gutachten des Dr. M. (Universitätsklinikum Freiburg) vom 12. August 2013 vorgelegt, der ebenfalls die Auffassung vertritt, die HFNC-Beatmung sei als eine Form der CPAP-Beatmung anzuerkennen. der wegen der Einzelheiten dieses Gutachtens wird auf die Blätter 136 147 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie die restliche Vergütung für die stationäre Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 3. Juli 2011 bis 7. September 2011 in Höhe von 7719,37 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. November 2012 zu zahlen.

Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, vorliegend werde ihr Standpunkt durch das Gutachten von Dr. A. bestätigt. Sie hat außerdem ein sozialmedizinisches Gutachten von Dr. K. vom 27. August 2014 vorgelegt. Darin vertritt die Gutachterin die Auffassung, die Definition einer maschinellen Beatmung treffe für die nasale Applikation von Atemgas über eine Nasenbrille mit hohem Fluss nicht zu. Bei dem HFNC-System handele es sich um eine rein atemunterstützende Maßnahme, mit der keine Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt würden. Gestützt werde diese Auffassung durch die SEG-Empfehlungen Nummern 317 und 524. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens der Dr. K. wird auf die Blätter 150-153 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2015 hat Dr. K. die Wirkweise der einzelnen Therapien erläutert und unterschiedliche technische Apparaturen vorgeführt.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen der Versicherten J. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung der Restvergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten gegen die Beklagte zu Recht mit der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers, wie der Klägerin, auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen ist und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KN 3/08 KR R; BSG Urteil vom 28.09.2006, Az.: B 3 KR 23/05 R, st. Rspr.).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf (Rest)-Zahlung von 7719,37 EUR nebst Zinsen. Rechtsgrundlage des streitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 1 Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen, Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen bestehenden Krankenhausbehandlungsvertrag.

Die unstreitig notwenige vollstationäre Behandlung der Versicherten war nach dem Fallpauschalenkatalog 2011 (G-DRG-Version 2011) mit der Fallpauschale P03C (Neugeborenes, Aufnahmegewicht 1000-1499 g mit signifikanter OR-Prozedur oder Beatmung ) 95 Stunden, ohne Beatmung ) 120 Stunden oder ohne mehrere schwere Probleme, ohne mehrzeitige komplexe OR-Prozeduren) mit einem Entgelt von 38.015,42 EUR abzurechnen.

Streitig ist zwischen den Beteiligten ausschließlich, ob die in der Zeit zwischen dem 8. Juli 2011 um 3.30 Uhr eingeleitete und bis 25. Juli 2011 um 8.00 Uhr durchgeführte Therapie (ausschließlich eines therapiefreien Intervalls zwischen dem 21. Juli um 8.00 Uhr bis 23. Juli um 16.30 Uhr) mit dem High-Flow-Nasenkanülensystem (HFNC) als maschinelle Beatmung zu berücksichtigen ist. Dies war von der Kammer zu verneinen.

Ausgangspunkt hierbei ist Ziff. 1001h der Deutschen Kodierrichtlinien, Version 2011. Dort ist die maschinelle Beatmung wie folgt definiert: "Maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung") ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten. Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensystem erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden." Im darauf folgenden Abschnitt werden zur Kodierung folgende Voraussetzungen genannt. Wenn eine maschinelle Beatmung die obige Definition erfüllt, ist gem. Ziff. 1) zunächst die Dauer der künstlichen Beatmung zu erfassen. Dann ist gem. Ziff. 2) zusätzlich festzustellen: 2a) einer der folgenden Kodes 8 701 (einfache endotracheale Intubation), 8-704 (Intubation mit Doppellumentubus), 8-706 (Anlegen einer Maske zur maschinellen Beatmung) und/oder 2b) der zutreffende Kode aus 5-311 (temporärer Tracheostomie) oder 5-312 (permanente Trachesotomie), wenn zur Durchführung der künstlichen Beatmung ein Tracheostoma angelegt wurde. Unter 3) heißt es dann: "Bei Neugeborenen und Säuglingen ist zusätzlich ein Kode aus 8-711 (Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen) anzugeben. Anmerkung: Bei Neugeborenen sind darüber hinaus auch andere atmungsunterstützende Maßnahmen wie z.B. Sauerstoffzufuhr (8-720) zu verschlüsseln, soweit nicht eine maschinelle Beatmung erfolgt. Hier ist die Beatmungsdauer nicht zu kodieren." Im Abschnitt "Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP)" ist wie folgt formuliert: "Kodes aus 8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (CPAP) sind nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren, unabhängig von der Behandlungsdauer (also auch unter 24 Stunden; bei OPS-Kode 8-711.00 mindestens aber 30 Minuten) ..."

Der Auffassung der Klägerin, wonach sich aus dem Abschnitt "Kodierung" Nr. 3), insbesondere S. 2 der Anmerkung, ergebe, dass die Beatmungsdauer auch in den Fällen der HFNC zu kodieren sei, weil in dieser OPS-Ziffer 8-711 auch die HFNC als Unterpunkt in 8.711.4 (Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System)) genannt sei, folgt die Kammer nicht. Nach Auffassung der Kammer ist insbesondere S. 2 der Anmerkung nur klarstellend zu verstehen, dass eben bei sonstiger Sauerstoffzufuhr (Nr. 8.720) auf keinen Fall die Beatmungsdauer zu kodieren ist, weil die Ziff. 8-711 in den Unterziffern 1, 2 und 3 gerade auch maschinelle Beatmungstechniken beschreiben. Gegen die Auslegung der Beklagten spricht insbesondere der Abschnitt zum "Kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck (CPAP)". Dort wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Kode 8-711.0 - Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (CPAP) - nur bei Neugeborenen und Säuglingen zu kodieren ist. Daraus schlussfolgert die Kammer, dass allein die CPAP mit der OPS 8-711.0, die ja als Atemunterstützung und nicht als Beatmung beschrieben ist, von den Deutschen Kodierrichtlinien "wie" eine maschinelle Beatmung behandelt wird. Wegen des alleinigen Verweises auf die OPS 8.711.0 wird diese Privilegierung aber auf die CPAP begrenzt. Da die weiteren Unterziffern 8-711.1, 8.711.2 und 7-711.3 klassische Beatmungen darstellen, wird insbesondere und ausschließlich die HFNC nicht erfasst. Hätte man dagegen auch die HFNC erfassen wollen, hätte es nahegelegen, entweder auch die sie betreffende OPS. 8.711.4 dort zu erwähnen oder auf die Nennung der Unterziffer ".0" zu verzichten und dort die Kodierung mit "Kodes aus 8-711" zu bezeichnen. Dieser Abschnitt zu dem "kontinuierlichen Atemwegsdruck (CPAP)" wäre sinnlos, wenn sich aus den Ausführungen im Abschnitt Kodierung unter Ziff. 3) das Gegenteil ergeben würde. In den Deutschen Kodierrichtlinien 2013 ist diese Ziff. 3) auch klarer gefasst worden, wenn dort der Kode aus 8-711 als "Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen" bezeichnet wird.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Abschnitt "Verlegte Patienten" in Ziff. 1001h der Deutschen Kodierrichtlinien verweist, gilt nichts anderes. Dort wird differenziert zwischen der Erfassung der "dort durchgeführten Beatmung" und der Erfassung der OPS-Codes für maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen (8-711). Das bedeutet aber, dass einerseits eine Beatmung stattgefunden haben muss und andererseits lediglich zusätzlich die genannten OPS-Ziffern zu erfassen sind.

Schließlich kann zur Überzeugung der Kammer entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem Abschlussbericht G-DRG-System 2014 der InEK, Seite 85, geschlussfolgert werden, dort sei nunmehr klargestellt worden, dass es sich bei der HFNC um ein Beatmungsverfahren handele. Vielmehr wird dort festgehalten, dass die Atemunterstützung durch HFNC streitig diskutiert wird und dass man lediglich aufgrund der Kostenstruktur den Gruppierungsalgorithmus angepasst hat. Eine Anerkennung der HFNC als Beatmung kann daraus nicht geschlossen werden.

Die Kammer folgt auch nicht der Auffassung der Klägerin, wonach die HNFC das Gleiche wie CPAP sei, quasi ein Unterfall oder eine Spielart dieser Therapie. Zumindest in der medizinischen Wissenschaft werden diese Therapien nicht als Synonyme verwendet. So benennt die Sachverständige Dr. A. in ihrer ergänzenden Stellungnahme eine Reihe von Forschungsergebnissen, worin diese beiden Therapien miteinander verglichen werden. Dr. A. weist für die Kammer in diesem Zusammenhang überzeugend darauf hin, dass es sich bei der HFNC um eine noch relativ junge Behandlungsmethode handelt, die sich wesentlich von der herkömmlichen CPAP-Therapie unterscheidet. Sie hat auf umfangreiche Studienergebnisse der Wirksamkeit, Vor- und Nachteilen der CPAP-Therapie vs. HFNC verwiesen, wobei die Ergebnisse noch inkongruent sind. Die Therapie mit HFNC stellt danach eine weniger invasive Atemunterstützung dar als die CPAP-Therapie. Vorteile sind nach der von Dr. A. zitierten Literatur der bessere Patientenkomfort, die geringere Traumatisierung der Nase, die einfachere Anwendung und damit bessere Akzeptanz nebst der geringeren Kosten. Dieser hatte zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht dazu geführt, dass diese Therapie der CPAP gleichgesetzt wird. Auch Dr. K. hat im Rahmen seiner informatorischen Befragung im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Rahmen der Therapie unterschiedliche Atemgeräte verwendet würden. Er hat weiter eingeräumt, dass in Behandlungsdokumentationen der einzelnen Versicherten bei der Klägerin diese Therapien unterschieden würden. Auch die OPS Version 2011 differenziert zwischen beiden Therapien.

Diese Sichtweise wird auch von dem Fachausschuss für ordnungsgemäße Kodierung und Abrechnung der Deutschen Gesellschaft für Medizincollntrolling e.V. (FoKA) vertreten. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die HFNC definitorisch und klassifikatorisch von der CPAP abzugrenzen sei, die Deutschen Kodierrichtlinien würden explizit die Erfassung von Beatmungsstunden von CPAP gestatten (www.foka.medizincontroller.de/index.php/KDE-524 vom 17.9.2014; Recherche vom 21.4.2015). Damit folgt die FoKA den Kodierempfehlungen der SEG IV der MDK-Gemeinschaft in KDE-317 und KDE-524, wonach die nasale Applikation von Atemgas (mit oder ohne zusätzliche Sauerstoffzugabe) über Nasenbrille mit hohem Fluss nicht der Definition einer maschinellen Beatmung in den DKR 1001 entspricht, weshalb das Kodieren der Beatmungsdauer nicht gerechtfertigt sei (Konsens der FoKA vom 28.1.2013). Zutreffend verweist die Sachverständige Dr. A. auf die Änderungsvorschläge der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen e.V., wonach für die Jahre 2013 und 2014 Änderungsvorschläge beim Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) eingegangen seien, worin die Klarstellung in der DKR 1001 beantragt worden sei, dass auch bei Atemunterstützung durch Anwendung von HFNC bei Neugeborenen und Säuglingen die Dauer der Atemunterstützung bei der Ermittlung der Beatmungsdauer zu berücksichtigen sei. Derartige Änderungen sind bislang nicht vollzogen worden. So heißt es im Jahresbericht 2014 der verbändeübergreifenden DRG-Arbeitsgruppe der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland, dass sich in den Kodierrichtlinien 2015 keine grundlegenden Neuerungen für die Pädiatrie befänden. Der Vorschlag zur Klarstellung in DKR 1001, dass auch bei Atemunterstützung durch Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System) bei Neugeborenen und Säuglingen die Dauer der Atemunterstützung bei der Ermittlung der Behandlungsdauer zu berücksichtigen sei, sei in der AG Klassifikation des Krankenhausentgeltausschusses der Selbstverwaltungspartner nach § 17b KHG als zuständigem Gremium auf Bundesebene eingebracht worden. Eine Änderung in der Kodierrichtlinie sei nicht vorgenommen worden, da diesbezüglich keine Einigkeit bestehe (www.dgkj.de/wissenschaft/kommissions und ag berichte/jahresbericht der dr ...; Recherche vom 21. April 2015).

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die endgültige Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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