Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 1711/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2789/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.05.2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 86.970,47 EUR endgültig festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialabgaben für Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009 i.H.v. 86.970,47 EUR.
Die Klägerin betreibt als eingetragene Kauffrau (e.K.) ein (Einzel-)Unternehmen, das die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung zum Gegenstand hat (Personalservice-Agentur). Grundlage der Arbeitsverträge zwischen der Klägerin und den bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmern waren während der (streitigen) Zeit zwischen dem 26.02.2007 und dem 31.12.2009 die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft CGZP und des Arbeitgeberverbandes AMP. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte mit Beschluss vom 14.12.2010 (- 1 ABR 19/10 -, in juris) die Tarifunfähigkeit der CGZP fest.
Mit Schreiben vom 23.12.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da unklar sei, wie sich der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) auf die seit Januar 2006 fällig gewordenen Beitragsansprüche auswirke, müsse sie die Ansprüche vorsorglich fristwahrend geltend machen; sie beabsichtige, im Jahr 2011 eine Betriebsprüfung durchzuführen.
Vom 08.07.2011 bis 18.05.2012 führte die Beklagte bei der Klägerin die angekündigte Betriebsprüfung durch.
Mit Schreiben vom 05.01.2011 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie wende seit dem 26.01.2007 die Tarifverträge der CGZP an. Sie sei bereit, der Beklagten Zugang zu allen Arbeitnehmerüberlassungsverträgen der Jahre 2007 bis 2009 zu verschaffen. Im Schreiben vom 21.07.2011 führte die Klägerin aus, sie stelle sich der Betriebsprüfung nicht entgegen, lehne aber weitergehende Prüfhilfe ebenso ab wie die Nachzahlung von Sozialabgaben, die Abgabe von Entgeltmeldungen und die Einreichung korrigierter Lohnnachweise. Im Schreiben vom 19.10.2011 bekräftigte die Klägerin, sie wolle der Betriebsprüfung nicht entgegentreten, verwehre der Beklagten aber den Zugang zu allen Verträgen zwischen ihr und den Entleihunternehmen.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage der Unterlagen ihrer Leiharbeitnehmer einschließlich der Arbeitsverträge, der Unterlagen über die Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere der Nachweise und Belege über gezahlte Arbeitsentgelte vergleichbarer Stammarbeitnehmer der Entleihunternehmen, einer Liste aller Entleihunternehmen mit vollständiger Anschrift sowie einer Debitorenliste einschließlich der Rechnungsbelege auf.
Mit Schreiben vom 11.11.2011 lehnte die Klägerin die Vorlage der Unterlagen ihrer Leiharbeitnehmer ab.
Mit Schreiben vom 25.11.2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, bei unzureichender Mitwirkung müssten die Arbeitsentgelte der Leiharbeitnehmer ggf. geschätzt bzw. es müsse ein Schätzbescheid nach Maßgabe des § 28f Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) erlassen werden; außerdem könnten Säumniszuschläge erhoben werden.
Mit Schreiben vom 07.05.2012 lehnte die Klägerin die Durchführung der Betriebsprüfung ab; sie sehe keinen Anlass für eine so genannte CGZP-Prüfung und auch keine Anhaltspunkte für Abgabennachforderungen.
Mit Bescheid vom 19.06.2012 (nach am 18.05.2012 erfolgter Anhörung) gab die Beklagte der Klägerin auf, für die Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009 Sozialabgaben für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer i.H.v. 86.970,47 EUR (darin enthalten Säumniszuschläge für die Zeit vom 01.02.2011 bis 30.04.2012 i.H.v. 11.280,00 EUR) nachzuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, die Tarifunfähigkeit der CGZP führe zur Unwirksamkeit der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge. Nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (in der seinerzeit geltenden Fassung, im Folgenden nur: AÜG) seien Sozialabgaben auf die Differenz zwischen dem gemeldeten Arbeitsentgelt des jeweiligen Leiharbeitnehmers und dem Arbeitsentgelt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers des Entleihunternehmens nachzuerheben. Gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV dürfe das Arbeitsentgelt geschätzt werden, wenn es nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könne; das sei hier der Fall. Der Lohnabstand zwischen den Arbeitsentgelten der Leiharbeitnehmer der Klägerin und dem Equal-Pay-Anspruch betrage 24%.
Am 28.06.2012 erhob die Klägerin Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013 zurückwies.
Am 13.05.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zuvor hatte sie (vergeblich) um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 19.10.2012 (- S 2 R 2711/12 ER -) hatte das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Nachforderungsbescheid vom 19.06.2012 eingelegten Widerspruchs abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin hatte das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 22.01.2013 (- L 11 R 4869/12 ER-B -) zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, die Nachforderung von Sozialabgaben sei im Hinblick auf den ihr zukommenden Vertrauensschutz und das Rückwirkungsverbot unzulässig. Sie habe für die streitige Zeit von der Tariffähigkeit der CGZP ausgehen dürfen. Die Rechtslage habe sich erst mit dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) zur Tarifunfähigkeit der CGZP - mit konstitutiver Wirkung - geändert. Bis dahin sei die Anwendung der Tarifverträge der CGZP behördlich geduldet und teils sogar empfohlen worden. Auch die Beklagte habe Einwendungen nicht geltend gemacht und dadurch einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Etwaige Equal-Pay-Ansprüche von Leiharbeitnehmern könnten erst ab dem (konstitutiv wirkenden) Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) entstehen. Sie habe weitere Lohnzahlungen nicht vorgenommen, weshalb auch Ansprüche auf weitere Sozialabgaben gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht entstanden seien. Tarifverträge könnten nicht rückwirkend unwirksam werden; das folge aus den für den fehlerhaften Arbeitsvertrag geltenden Rechtsgrundsätzen, die für Tarifverträge entsprechend gälten. Die Beklagte sei zum Erlass eines Schätzbescheids nicht berechtigt gewesen, weil sie ihre Aufzeichnungspflicht nicht verletzt habe. Sie habe der Beklagten alle Unterlagen vorgelegt. Nur Unterlagen zur Arbeitnehmerüberlassung, eine Liste der Entleihunternehmen, eine Debitorenliste und Unterlagen über durchgeführte Beitragskorrekturen und korrigierte Lohnnachweise habe sie für die CGZP-Prüfung nicht vorgelegt, da sie diese Unterlagen nach der seinerzeit geltenden Rechtslage nicht habe erstellen müssen. Aus § 8 Abs. 1 Nr. 11 Beitragsverfahrensordnung (BVV) folge nichts anderes. Davon abgesehen würde es am Erfordernis unverhältnismäßigen Aufwands zur Ermittlung der Beitragshöhe fehlen. Der festgesetzte Nachforderungsbetrag sei auch überhöht. Der von der Beklagten angenommene Lohnabstand von 24% sei nicht ausreichend belegt. Außerdem habe die Beklagte Abgaben für Arbeitnehmer nachgefordert, die bei ihr unmittelbar beschäftigt gewesen seien. Säumniszuschläge dürften nicht erhoben werden. Die Nachforderungsansprüche für die Zeit vom 26.02.2007 bis 21.12.2007 seien verjährt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das BAG habe die Tarifunfähigkeit der CGZP im Beschluss vom 14.12.2010 (a.a.O.) deklaratorisch (und nicht konstitutiv) festgestellt. Die Tariffähigkeit der CGZP sei seit langem umstritten und seit dem Jahr 2003 Gegenstand einer Vielzahl arbeitsgerichtlicher Klagen gewesen. Den Arbeitgebern, die Tarifverträge der CGZP angewendet hätten, hätten sich daher entsprechende Zweifel aufdrängen müssen. Vertrauensschutz könnten sie der Nachforderung von Sozialabgaben nicht entgegenhalten; vertrauensschutzbegründendes Verhalten der Rentenversicherungsträger habe nicht stattgefunden. Der Arbeitgeber, der von einer ihm günstigen (tarifrechtlichen) Regelung Gebrauch machen wolle, müsse auch die damit verbundenen Risiken tragen. Vor unzumutbaren Belastungen sei er durch die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geschützt. Man habe den Nachforderungsbetrag nicht personenbezogen berechnen können, weil die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Die Anwendung eines pauschalen Lohnabstands von 24% sei gerechtfertigt. Aus der vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) angefertigten Studie "Lohndifferenzial Zeitarbeit" vom 14.04.2011 ergebe sich ein durchschnittlicher Lohnabstand der Leiharbeitnehmer von den vergleichbaren Stammarbeitnehmern der Entleihunternehmen von 22%. Da die dem Gutachten zugrundeliegenden Bedingungen die vorliegende Fallgestaltung nicht exakt beschrieben, sei ein Aufschlag von 2% gerechtfertigt. Auf unverschuldete Unkenntnis der Verhältnisse könne sich die Klägerin nicht berufen. Öffentlichkeit und Arbeitgeber seien durch ihre (der Beklagten) Pressemitteilungen vom 21.12.2010 und durch die gemeinsame Pressemitteilung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 18.03.2011 über die Tarifunfähigkeit der CGZP und die Folgen des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) unterrichtet worden. Verjährung sei nicht eingetreten.
Mit Beschluss vom 09.01.2015 lud das SG die Beigeladenen zu 1) bis 19) zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 28.05.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Leiharbeitnehmer der Klägerin hätten infolge der Unwirksamkeit der Tarifverträge der (tarifunfähigen) CGZP Equal-Pay-Ansprüche nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 AÜG, aus denen für den Prüfzeitraum (26.02.2007 bis 31.12.2009) Sozialabgaben gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV nachzuerheben seien. Der Entscheidung zur Tarifunfähigkeit der CGZP habe - deklaratorische (BAG, Urteil vom 15.11.2006, - 10 AZR 665/05 -, in juris; vgl. auch § 97 Abs. 5 Arbeitsgerichtsgesetz, ArbGG) - Wirkung auch für die Vergangenheit (LSG Sachsen, Beschluss vom 22.03.2013, - L 1 KR 14/13 B ER -, in juris). Tarifverträge einer nicht tariffähigen Gewerkschaft seien von Anfang an unwirksam (BAG, Urteil vom 13.03.2013, - 5 AZR 954/11 -, in juris). Da sich die Sozialabgaben nach dem geschuldeten und nicht nach dem gezahlten Arbeitsentgelt richteten (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV: beitragsrechtliches Entstehungsprinzip), komme es nicht darauf an, ob die Leiharbeitnehmer der Klägerin die Equal-Pay-Ansprüche geltend machten oder geltend machen könnten oder ob die Klägerin noch zu einem entsprechenden Beitragsabzug berechtigt sei (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O. sowie § 28g Satz 2 und 3 SGB IV). Der Zufluss des Arbeitsentgelts (Equal-Pay-Entgelt) an den (Leih-)Arbeitnehmer sei nicht notwendig. Die Rechtsgrundsätze des fehlerhaften Arbeitsvertrags seien nicht anwendbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O. m.w.N.). Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Das BAG habe mit dem Beschluss vom 14.12.2010 (a.a.O.) seine Rechtsprechung nicht geändert; bis dahin habe es höchstrichterliche Entscheidungen zur Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation auf Arbeitnehmerseite nicht gegeben (BAG, Urteil vom 13.03.2013, a.a.O.; LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.03.2013, - 9 Sa 1585/12 -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.10.2012, - L 4 KR 316/12 B ER -, alle in juris). Davon abgesehen sei der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrags, insbesondere an die Tariffähigkeit von Vereinigungen, nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006, - 10 AZR 665/05 -, in juris). Der Nachforderungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Dafür genügten beanstandungsfreie Betriebsprüfungen nicht, da Betriebsprüfungen nicht der Entlastung des Arbeitgebers, sondern in erster Linie den Interessen der Versicherungsträger dienten (BSG, Urteil vom 14.07.2004, - B 12 KR 7/04 -, in juris). Verjährung sei nicht eingetreten. Der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist der § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sei durch die vom 08.07.2011 bis 19.06.2012 dauernde Betriebsprüfung gehemmt worden (§ 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV; LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O.). Im Übrigen wäre (sogar) die 30jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuwenden. Die Klägerin habe die rechtswidrige Nichtabführung der Abgaben aus den Equal-Pay-Ansprüchen ihrer Leiharbeitnehmer billigend in Kauf genommen und daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Seit Verkündung des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) - mit erheblicher Öffentlichkeitswirkung -, spätestens aber seit dem Schreiben der Beklagten vom 23.12.2010 (fristwahrende Geltendmachung der Abgabenansprüche) habe die Klägerin nicht mehr vom Nichtbestehen der streitigen Abgabenpflicht ausgehen dürfen; bis dahin seien die Beiträge für 2007 noch nicht verjährt gewesen (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 22.03.2013, - L 1 KR 14/13 B ER -, in juris). Die Beklagte habe einen Schätzbescheid gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV erlassen dürfen, da die Klägerin ihre Aufzeichnungspflicht verletzt habe und die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand hätten ermittelt werden können; das LSG Baden-Württemberg habe dies im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Klägerin entschieden (Beschluss 22.01.2013, a.a.O.) und zu Recht auf die Weigerung der Klägerin zur Vorlage entsprechender Unterlagen abgestellt. Das Vorbringen der Klägerin, sie habe diejenigen Unterlagen vorgelegt, die sie nach Maßgabe der damaligen Rechtslage geführt habe, ändere nichts. Die Klägerin habe eingeräumt, das nach dem Equal-Pay-Grundsatz beitragspflichtige Arbeitsentgelt der Leiharbeitnehmer nicht aufgezeichnet zu haben. Die fehlerhafte Annahme, die in Rede stehenden Tarifverträge (der CGZP) seien gültig gewesen, stelle einen unbeachtlichen Rechtsirrtum, jedoch keinen zur Unkenntnis der Aufzeichnungspflicht führenden Tatsachenirrtum dar. Der Klägerin stehe es auch nicht frei, die für eine Betriebsprüfung notwendigen Unterlagen je nach Verfahrensstand selektiv vorzulegen. Da sie ihrer Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nur zögerlich nachgekommen sei, könne sie sich nicht auf die Amtsermittlungspflicht der Beklagten berufen und einwenden, die Equal-Pay-Ansprüche könnten ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand ermittelt werden. Die Regelung des § 28f Abs. 2 SGB IV diene der Sicherung des Beitragsaufkommens. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn ein Arbeitgeber auch bei gröbster Verletzung der Aufzeichnungspflichten die Beitragszahlung durch das Einfordern langwieriger Ermittlungen aufschieben könnte. Er müsse bei nicht ordnungsgemäßer Aufzeichnung schon im Verwaltungsverfahren darlegen, dass bestimmte aufzeichnungspflichtige Tatsachen anderen - vorgelegten - Unterlagen entnommen werden könnten oder bestimmte weitere Ermittlungen noch möglich seien (jurisPK-SGB IV/Werner § 28f Rdnr. 57). Die Beklagte habe sich für ihre Schätzung auch auf die Studie des IAB "Lohndifferenzial Zeitarbeit" stützen und die darin festgestellte Lohndifferenz von 22% unter Berücksichtigung individueller Umstände des Betriebs der Klägerin rechtsfehlerfrei auf 24% anheben dürfen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O.). Mit der Rüge der Berücksichtigung auch einzelner fest angestellter Arbeitnehmer könne die Schätzung nicht entkräftet werden; (Schätzungs-)Willkür liege nicht vor. Schließlich habe die Beklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu Recht Säumniszuschläge für die Vergangenheit erhoben; der Klägerin sei zumindest Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar bedingter Vorsatz vorzuwerfen, so dass unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht vorliege.
Gegen das ihr am 05.06.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.07.2015 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie sei der Pflicht zur Entrichtung der Sozialabgaben für die Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009 in vollem Umfang nachgekommen. Das Arbeitsentgelt ihrer Leiharbeitnehmer sei nach Maßgabe der Tarifverträge der AMP und der CGZP festgelegt worden. Dieses Arbeitsentgelt sei der Bemessung der Sozialabgaben zugrunde zu legen. Aus § 10 Abs. 4 AÜG folge nichts anderes. Danach könne ein Leiharbeitnehmer bei Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts (Equal-Pay-Anspruch) verlangen. Der mit § 10 Abs. 4 AÜG festgelegte Equal-Pay-Anspruch setze ein darauf gerichtetes Verlangen des Leiharbeitnehmers voraus (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 15.09.2014, - L 3 R 48/14 B ER -, nicht veröffentlicht); andernfalls entstehe der Anspruch auf (regelmäßig) höheres Arbeitsentgelt nicht (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) und das höhere Arbeitsentgelt sei vom Arbeitgeber nicht geschuldet und auch nicht Bemessungsgrundlage der Sozialabgaben. Den Equal-Pay-Anspruch hätten nur zwei ihrer Leiharbeitnehmer arbeitsgerichtlich geltend gemacht. Das Urteil des BAG vom 13.03.2013 (- 5 AZR 954/11 -, in juris) habe ebenfalls einen Sachverhalt zum Gegenstand, bei dem der Leiharbeitnehmer den Equal-Pay-Anspruch geltend gemacht habe. Die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP wirke nicht für die Vergangenheit. Außerdem sei das Recht der Beklagten zur Nachforderung der Sozialabgaben verwirkt. Auch die vierjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) sei hinsichtlich der Beiträge bis 31.12.2007 verstrichen. Die 30jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) sei nicht einschlägig. Sie habe die Vorenthaltung von Sozialabgaben nicht billigend in Kauf genommen. Der Beschluss des BAG zur Tarifunfähigkeit der CGZP vom 14.12.2010 (a.a.O.) sei nach der streitigen Zeit ergangen. Für die Vergangenheit habe das BAG die Tarifunfähigkeit der CGZP erst mit Beschluss vom 23.05.2012 (- 1 AZB 58/11 -, in juris) endgültig geklärt (dazu auch LSG Niedersachsen, Beschluss vom 21.02.2013, - L 1 KR 441/12 B ER -, in juris). Die Beklagte habe einen Schätzbescheid nicht erlassen dürfen, da dafür gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers notwendig sei; daran fehle es hier. Wie aus einem nach der Betriebsprüfung für die Zeit vom 10.03.2007 bis 31.12.2010 ergangenen Bescheid vom 28.12.2011 hervorgehe, habe sie das Arbeitsentgelt ihrer Leiharbeitnehmer im Wesentlichen zutreffend angegeben und die Beklagte habe das Arbeitsentgelt auch ermitteln können. Streit habe nur über einen etwaigen Equal-Pay-Zuschlag geherrscht. Die CGZP-Prüfung der Beklagten habe aber nur die Zeit bis 31.12.2009 zum Gegenstand gehabt, während der ein Equal-Pay-Anspruch des Leiharbeitnehmers ein darauf gerichtetes Verlangen vorausgesetzt habe; ein solches Verlangen sei bis 31.12.2009 an sie nicht herangetragen worden (zum Fehlen einer Aufzeichnungspflichtverletzung auch LSG Hamburg, Beschluss vom 15.09.2014, - L 3 R 48/14 B ER -, nicht veröffentlicht). Für die Zeit bis 31.12.2009 habe sie ihren Meldungen das (höhere) Equal-Pay-Arbeitsentgelt nicht zugrunde legen müssen. Einen Schätzbescheid dürfe die Beklagte nur dann erlassen, wenn eine etwaige Aufzeichnungspflichtverletzung ursächlich dafür sei, dass die Höhe des Arbeitsentgelts nicht festgestellt werden könne. Sie habe seinerzeit aber alle verfügbaren Unterlagen vorgelegt. Eine Liste der Entleihunternehmen, eine Debitorenliste und Unterlagen über durchgeführte Beitragskorrekturen sowie korrigierte Lohnnachweise habe sie nicht vorlegen können, da Unterlagen dieser Art nach Maßgabe der Rechtslage bis 31.12.2009 gar nicht hätten angefertigt werden müssen. Schließlich fehle es an einer geeigneten Schätzgrundlage. Die Studie des IAB "Lohndifferential Zeitarbeit" genüge hierfür, jedenfalls bei substantiierten Einwendungen, nicht. Im Hinblick auf das (zwischenzeitlich ergangene) Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.12.2015 (- B 12 R 11/14 R -, in juris) werde Vertrauensschutz indessen nicht mehr geltend gemacht. Das SG hätte aber die betroffenen Leiharbeitnehmer und die Bundesagentur für Arbeit beiladen müssen. Hinsichtlich einzelner Leiharbeitnehmer seien überhöhte Sozialabgaben festgesetzt worden bzw. es habe teilweise gar keine Arbeitnehmerüberlassung stattgefunden. Das SG habe auch nicht hinreichend geprüft, ob die Ermittlung der Arbeitsentgelte mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden gewesen wäre. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2015, a.a.O.) aber Voraussetzung für den Erlass eines Schätzbescheids; die Verletzung von Aufzeichnungspflichten für sich allein genüge hierfür nicht. Die Beklagte hätte die Vergleichslöhne ermitteln können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.05.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.04.2013 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Entstehung des Equal-Pay-Anspruchs hänge von einem Verlangen des Leiharbeitnehmers nicht ab. Stichhaltige Gründe dafür, weshalb die CGZP vor Ergehen des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) hätte tariffähig sein sollen, gebe es nicht (vgl. auch BAG, Beschluss vom 22.05.2012, - 1 ABN 27/12 - und Beschlüsse vom 23.05.2012 - 1 AZB 58/11 - und - 1 AZB 67/11 -, alle in juris). Die (von Anfang an bestehende) Tarifunfähigkeit der CGZP sei vom BAG (nur) festgestellt worden. Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot sei nicht verletzt. Verwirkung sei nicht eingetreten. Aufgrund der am 08.07.2011 aufgenommenen Betriebsprüfung sei die vierjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) noch nicht verstrichen gewesen. Auf die 30jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) komme es daher nicht an. Sie habe die Arbeitsentgelte der Leiharbeitnehmer nicht nur wegen unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwands, sondern auch deshalb geschätzt, weil die Klägerin Unterlagen, wie Arbeitsverträge und Stundenaufzeichnungen, trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgelegt habe. Sie habe die Betriebsprüfung daher nur auf der Grundlage der bei der Abrechnungsstelle der Klägerin befindlichen Lohnunterlagen durchführen können. Die Übersendung von Arbeitsverträgen, Stundenaufzeichnungen, Personalakten u.a. habe die Klägerin verweigert. Die pauschale Erhöhung der Arbeitsentgelte (in Equal-Pay-Fällen) sei zulässig (zur Zulässigkeit einer Schätzung etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.11.2012, - L 11 R 3954/12 ER-B -, in juris, und vom 22.01.2013, a.a.O.). Der Erlass eines Schätzbescheids sei bereits bei einem objektiven Verstoß des Arbeitgebers gegen die Pflicht zur Vorlage von Aufzeichnungen zulässig (vgl. § 8 BVV). Die Anwendung des § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG hänge weder von der Kenntnis des Arbeitgebers hinsichtlich der Unwirksamkeit eines von ihm angewandten Tarifvertrags noch von einem Verschulden des Arbeitgebers ab. Die Folgen der Unwirksamkeit des in Rede stehenden Tarifvertrags und der darauf beruhenden Unterlassung von Aufzeichnungen gingen zu Lasten der Klägerin. Außerdem wäre die Ermittlung der Arbeitsentgelte, auch wegen des Verhaltens der Klägerin, mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden gewesen.
Mit Beschluss vom 26.07.2017 hat der Senat die bei den beigeladenen Krankenkassen errichteten Pflegekassen und die B. f. A. zum Verfahren beigeladen. Am 26.07.2017 hat der Senat außerdem beschlossen, dass zum Verfahren gemäß § 75 Abs. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur solche Personen noch beigeladen werden, die ihre Beiladung bis zum 30.11.2017 beim Landessozialgericht (LSG) beantragen. Beiladungsanträge sind nicht gestellt worden; weitere Beiladungen haben nicht stattgefunden.
Die Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Nach Durchführung einer weiteren Betriebsprüfung hatte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14.04.2015 aufgegeben, für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.12.2013 Sozialabgaben für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer i.H.v. 222.029,64 EUR (einschließlich Säumniszuschläge i.H.v. 56.569,50 EUR) nachzuzahlen. Die Klägerin suchte auch insoweit um vorläufigen Rechtsschutz nach. Mit Beschluss vom 02.06.2015 (- S 17 R 1478/15 ER -) ordnete das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Nachforderungsbescheid vom 14.04.2015 an, soweit er die Nachforderung von Sozialabgaben ab dem 01.05.2011 zum Gegenstand hat. Im Übrigen (Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.04.2011) wies das SG den vorläufigen Rechtsschutzantrag zurück. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin wies das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 27.07.2015 (- L 11 R 2772/15 ER-B -) zurück. Nach Vorlage weiterer Unterlagen (Schreiben der Klägerin vom 10.08.2015: Vorlage u.a. der Arbeitsverträge von Leiharbeitnehmern sowie einer Liste von Entleihunternehmen) suchte die Klägerin am 25.09.2015 erneut beim SG um vorläufigen Rechtsschutz nach, was das SG mit Beschluss vom 16.10.2015 (- S 17 R 3071/15 ER -) zurückwies. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin wies der Senat mit Beschluss vom 13.12.2016 (- L 5 R 4744/15 ER-B -) zurück. Zuvor hatte die Beklagte den Nachforderungsbetrag für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.04.2011 mit Bescheid vom 27.07.2016 (unter Auflösung der Schätzung) auf 106.374,55 EUR herabgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats bzw. die beigezogenen SG- und LSG-Akten (des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 (Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013) über die Nachforderung von Sozialabgaben für die Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009. Die Nachforderung von Sozialabgaben für die Folgezeit (ab 01.01.2010) bzw. die hierzu ergangenen Bescheide sind nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens. Der (hier streitige) Nachforderungsbetrag von 86.970,47 EUR übersteigt den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR). Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ergänzend auf den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Klägerin ergangenen Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 22.01.2013 (- L 11 R 4869/12 ER-B -) Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das LSG Baden-Württemberg hat in dem genannten Beschluss u.a. ausgeführt:
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs. 1 und 5 (richtig § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5) SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 SGB V, § 174 Abs. 1 SGB VI sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 2 SGB III auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Um das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht sowie ggf. die Höhe der zu entrichtenden Beiträge feststellen zu können, war es schon immer eine selbstverständliche Pflicht des Arbeitgebers, hierüber geeignete Aufzeichnungen anzufertigen. Diese Pflicht ist seit 1989 ausdrücklich in § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB V normiert (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28f SGB IV RdNr 3).
Seit 01.01.2003 haben Leiharbeitnehmer Anspruch auf Arbeitsentgelt in gleicher Höhe wie vergleichbare Stammarbeitnehmer der Entleihbetriebe. Dies folgt aus §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG. Abweichende Regelungen können nur in einem Tarifvertrag getroffen werden. Ist ein solcher Tarifvertrag jedoch unwirksam, kann der Leiharbeitnehmer nach § 10 Abs. 4 AÜG vom Verleiher die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 AÜG sind hier erfüllt. Mitglieder des CGB gründeten im Dezember 2002 die CGZP. Diese schloss im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung zahlreiche Haus- und Flächentarifverträge ab, die eine Abweichung vom Grundsatz des "equal pay" ermöglichten (Segebrecht in jurisPR-SozR 13/2011 Anm 1). Mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, BAGE 136,302) stellte das BAG jedoch fest, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies gilt auch für den vorliegend streitigen Zeitraum (BAG 23.05.2012, 1 AZB 58/11, das den Geltungszeitraum der Tarifverträge vom 11.12.2002 und vom 05.12.2005 zu beurteilen hatte) und hat zur Folge, dass die Antragstellerin den betroffenen Arbeitnehmern noch die Differenz des im (unwirksamen) Tarifvertrag vereinbarten Entgelts und dem Entgelt, auf das ein vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleihbetriebe Anspruch hatte, schuldete bzw. soweit sie diese Ansprüche noch nicht erfüllt hat, noch schuldet (dazu vgl. den Beschluss des Senats vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, juris). Auch kann nicht mittels des Rechtsgedankens des fehlerhaften Arbeitsvertrag angenommen werden, dass vom Bestand des Tarifvertrages für die Vergangenheit auszugehen wäre (so aber LSG Schleswig-Holstein 20.04.2012, L 5 KR 9/12 B ER, juris), denn die dort zugrunde liegende Situation eines (Entgelt)Ausgleichs innerhalb eines rechtlich unwirksamen, faktisch bestehenden Dauerschuldverhältnisses ist mit der vorliegend bedeutsamen Frage, ob Beitragsansprüche entstanden sind, nicht vergleichbar (so auch LSG Niedersachsen-Bremen 22.10.2012, L 4 KR 316/12 B ER, juris).
Diese Entgeltansprüche wiederum begründen auch Beitragsansprüche der Antragsgegnerin (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, aaO). Denn die Beitragsansprüche bemessen sich gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nach dem geschuldeten und nicht nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt, da es sich um Ansprüche auf laufend gezahltes Entgelt handelt (Senatsbeschluss vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, aaO, Segebrecht aaO). Deshalb ist unerheblich, ob die Leiharbeitnehmer diese Entgeltansprüche geltend machen oder geltend machen können. Auch ist insoweit unerheblich, ob der Arbeitgeber noch zu einem Beitragsabzug vom Entgelt des Beschäftigten befugt ist (dazu vgl. § 28g Satz 2 und 3 SGB IV). Im Beitragsrecht des Sozialgesetzbuches gilt grundsätzlich das sogenannte Entstehungsprinzip und - anders als im Steuerrecht - nicht das Zuflussprinzip (ständige Rspr., zB BSG 30.08.1994, 12 RK 59/92, juris; Urteil des Senats vom 16.08.2011, L 11 R 6067/09, juris; LSG Baden-Württemberg 27.03.2009, L 4 KR 1833/07, juris).
Der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 ist auch nicht schon deswegen offensichtlich rechtswidrig, weil die Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, die Höhe des Arbeitsentgelts zu schätzen. Nach § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Betriebsprüfung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Entgelte geltend machen. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Zwar ist Grundvoraussetzung eines Vorgehens nach § 28f Abs. 2 SGB IV, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann. Diese Voraussetzung der Verletzung der Aufzeichnungspflicht gilt nicht nur für den in Satz 1 der Vorschrift geregelten so genannten Lohnsummenbescheid, sondern ist auch Voraussetzung für die Schätzungsbefugnis des Satzes 3 (Senatsbeschluss vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, aaO; LSG Rheinland-Pfalz 14.08.2012, L 6 R 223/12 B ER; LSG Schleswig - Holstein, 20.4.2012, L 5 KR 9/12 B ER mwN - beide veröffentlicht in juris).
Anders als in dem vom Senat mit Beschluss vom 19.11.2012 (L 11 R 3954/12 ER-B, aaO) entschiedenen Fall, in dem die Antragsgegnerin das beitragspflichtige Arbeitsentgelt nur deshalb nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln konnte, weil aus den dort vorgelegten Unterlagen (Verträge zwischen der dortigen Antragstellerin und den Entleihunternehmen) nicht ersichtlich war, welche im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts galten, hat die Antragstellerin vorliegend schon die Einsicht in diese Unterlagen verweigert, obwohl sie dazu verpflichtet ist. Auch in der Weigerung, die für eine Betriebsprüfung notwendigen Unterlagen vorzulegen, liegt eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht des § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die Aufzeichnungspflicht soll sicherstellen, dass sowohl die Versicherungs- und Beitragspflicht als auch die Beitragshöhe nachträglich geprüft werden können. Es macht für die Durchführung einer nachträglichen Prüfung keinen Unterschied, ob Entgeltunterlagen gar nicht geführt werden oder die geführten Unterlagen nicht vorgelegt werden. In beiden Fällen ist eine vollständige Prüfung nicht möglich.
Rechtsgrundlage für Verpflichtungen der Antragstellerin ist § 28p Abs. 1 SGB IV, der die Ausformung des in § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X enthaltenen Grundsatzes der Pflicht zur Vorlage von Unterlagen durch den Arbeitgeber und die Duldung von Prüfungen enthält. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und die Meldungen (§ 28a SGB IV). Die Arbeitgeber sind verpflichtet, dabei angemessene Prüfhilfen zu leisten. Der Begriff der Angemessenheit wird in der nach § 28p Abs. 9 SGB IV ergangenen Beitragsverfahrensordnung (BVV) konkretisiert. Danach hat der Arbeitgeber zB zur Prüfung der Vollständigkeit der Entgeltabrechnung für jeden Abrechnungszeitraum ein Verzeichnis aller Beschäftigten in der Sortierfolge der Entgeltunterlagen mit im Einzelnen benannten Angaben und nach Einzugsstellen getrennt zu erfassen und lesbar zur Verfügung zu stellen (§ 9 BVV; vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 20.09.2012, L 11 R 2785/12 ER-B, juris).
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundlage ist die Antragstellerin im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV verpflichtet, angemessene Hilfe zur Durchführung der Prüfung zu leisten. Die Antragsgegnerin hat dabei den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit in zulässiger Weise konkretisiert. Die geforderte Prüfhilfe durch Einsicht bzw. Vorlage von Unterlagen über alle Leiharbeitnehmer inklusive der Arbeitsverträge, Unterlagen der Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere Nachweise und Belege über die gezahlten Arbeitsentgelte vergleichbarer Stammarbeitnehmer bei den Entleihern, eine Liste aller Entleihfirmen inklusive vollständiger Anschrift, Debitorenliste inklusive der Rechnungsbelege dient der Überprüfung der Beitragspflichten der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Feststellung der beitragsrechtlichen Folgen der Rechtsprechung des BAG zu den Tarifverträgen der CGZP und damit dem Zweck der Betriebsprüfung. Der Antragstellerin ist es auch möglich und zumutbar, die geforderten Unterlagen vorzulegen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob sich aus den Angaben der Antragstellerin eine Beitragspflicht im Ergebnis ergeben wird.
Der Vortrag der Antragstellerin, dass einzelne Beschäftigte nicht entliehen, sondern in ihrem Betrieb selbst beschäftigt worden seien, begründet noch keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides. Der Antragstellerin steht es nicht frei, die für eine Betriebsprüfung notwendigen Unterlagen zurückzuhalten und sie je nach der aktuellen prozessualen Situation nur selektiv vorzulegen. Im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung genügt zunächst die Feststellung, dass die Antragstellerin bei der Betriebsprüfung nicht alle von der Antragsgegnerin geforderten Entgeltunterlagen vorgelegt hat. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Antragstellerin für die von ihr erwähnten Arbeitnehmer Angaben macht, wie sie von § 28a SGB IV für eine Meldung verlangt werden.
Mangels anderweitiger Grundlagen und Anhaltspunkte durfte die Antragsgegnerin die Entgelte der Beschäftigten der Antragstellerin im streitigen Zeitraum auf Basis der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschungen (IAB) "Lohndifferenzial-Zeitarbeit" schätzen, in der aufgrund allgemeiner Ermittlungen festgestellt worden ist, dass die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Leiharbeitnehmern und vergleichbaren Stammarbeitnehmern in Entleihbetrieben 22 % beträgt. Die Antragsgegnerin ist unter Berücksichtigung individueller Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass, bezogen auf den Betrieb der Antragstellerin, von einer durchschnittlichen Differenz zwischen den gezahlten Arbeitsentgelten und den Ansprüchen der Stammarbeitnehmer in den Entleihbetrieben iHv insgesamt 24 % auszugehen sei. Dabei hat die Antragsgegnerin individuelle Besonderheiten der Antragstellerin berücksichtigt. Dass die Antragstellerin überdurchschnittlich bzw. übertariflich entlohnt hat, konnte nicht festgestellt werden.
Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin nicht entgegen. Der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrages, namentlich an die Tariffähigkeit einer Vereinigung, wird grundsätzlich nicht geschützt (BAG 15.11.2006, 10 AZR 665/05, NZA 2007, 448 = juris RdNr 23). Der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zu in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen steht auch nicht das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt bzw. das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes entgegen. Die Rechtsprechung, wonach ein Arbeitgeber sich bis zur Mitteilung einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Einzugsstelle auf die bisherige Rechtsprechung verlassen darf (BSG 18.11.1980, 12 RK 59/79, SozR 2200 § 1399 Nr 13), lässt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Denn es gab vor dem 14.12.2010 weder eine sozial- noch eine arbeitsgerichtliche höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die CGZP als tariffähig anzusehen war (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 25.06.2012, L 8 R 382/12 B ER, juris mwN).
Die Beitragsnachforderung ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Der Lauf der Verjährungsfrist für die im Jahr 2007 fällig gewordenen Beitragsansprüche (§ 23 SGB IV) wurde durch die vom 08.07.2011 bis zum 19.06.2012 dauernde Betriebsprüfung gehemmt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV), so dass bei Erlass des Beitragsbescheides am 19.06.2012 noch keine Verjährung eingetreten war.
Auch die aus den geschätzten Entgelten abgeleitete Festsetzung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge erscheint nach derzeitigem Stand nicht als offensichtlich rechtswidrig.
Damit ist nach derzeitigem Stand ein Obsiegen der Antragstellerin nicht wahrscheinlicher als ein Unterliegen; ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen nicht.
Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dessen Beschluss vom 22.01.2013 (a.a.O.) an. Er erachtet die angefochtenen Bescheide (Bescheid vom 19.06.2012/Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013) nach erneuter und abschließender Prüfung als rechtmäßig. Ergänzend sei angemerkt:
Die Beklagte hat einen Summenbescheid i.S.d. § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht erlassen, weshalb der Senat, da mehr als 20 Personen beizuladen waren, nach Maßgabe des § 75 Abs. 2a SGG (Massenbeiladung) verfahren ist (Senatsbeschluss vom 26.07.2017; vgl. dazu auch Senatsurteil vom 17.05.2017, - L 5 R 1109/14 -, in juris Rdnr. 32 ff.). Das SG ist den Einwendungen der Klägerin (insbesondere hinsichtlich der rückwirkenden Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP und des daran anknüpfenden Vertrauensschutzes und der Entstehung der Abgabenansprüche) zu Recht nicht gefolgt (dazu ebenfalls Senatsurteil vom 17.05.2017, a.a.O. Rdnr. 38 ff. m.w.N., u.a. auf das Urteil des BSG vom 16.12.2015, - B 12 R 11/14 R -, in juris); der von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2015, a.a.O.) abweichenden Rechtsauffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dessen Urteil vom 27.06.2017 (- L 11 R 643/17 -, in juris (Revision beim BSG anhängig unter dem Aktenzeichen B 12 R 4/17 R): Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG als Anspruch auf einmalig zu zahlendes Arbeitsentgelt mit Anwendung des Zuflussprinzips) kann sich der Senat nicht anschließen. Die Beklagte war auch zum Erlass eines Schätzbescheids befugt (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg hat das in seinem Beschluss vom 22.01.2013 (a.a.O.) im Einzelnen näher dargelegt. Stichhaltige Einwendungen sind im Berufungsverfahren nicht erhoben worden. Das Vorbringen der Klägerin, das SG hätte näher prüfen müssen, ob die Ermittlung der Arbeitsentgelte, wie von der Beklagten dargetan, mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden gewesen wäre, genügt dafür nicht. Die Klägerin hat die Auflösung der Schätzung durch Nachreichung von Unterlagen erst für die - hier nicht streitgegenständliche - Zeit ab 01.01.2010 ermöglicht. Da Verjährung für die im Jahr 2007 fällig gewordenen Beitragsansprüche unter Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nicht eingetreten ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O.), kommt es auf die Voraussetzungen für die Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (30jährige Verjährungsfrist) nicht an (dazu etwa Senatsurteil vom 17.05.2017 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin außergerichtliche Kosten von Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
Die Revision wird im Hinblick auf die (Grundsatz-)Frage der Anwendung des Zuflussprinzips, die bereits Gegenstand des beim BSG anhängigen Revisionsverfahrens B 12 R 4/17 R ist, zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 86.970,47 EUR endgültig festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialabgaben für Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009 i.H.v. 86.970,47 EUR.
Die Klägerin betreibt als eingetragene Kauffrau (e.K.) ein (Einzel-)Unternehmen, das die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung zum Gegenstand hat (Personalservice-Agentur). Grundlage der Arbeitsverträge zwischen der Klägerin und den bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmern waren während der (streitigen) Zeit zwischen dem 26.02.2007 und dem 31.12.2009 die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft CGZP und des Arbeitgeberverbandes AMP. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte mit Beschluss vom 14.12.2010 (- 1 ABR 19/10 -, in juris) die Tarifunfähigkeit der CGZP fest.
Mit Schreiben vom 23.12.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da unklar sei, wie sich der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) auf die seit Januar 2006 fällig gewordenen Beitragsansprüche auswirke, müsse sie die Ansprüche vorsorglich fristwahrend geltend machen; sie beabsichtige, im Jahr 2011 eine Betriebsprüfung durchzuführen.
Vom 08.07.2011 bis 18.05.2012 führte die Beklagte bei der Klägerin die angekündigte Betriebsprüfung durch.
Mit Schreiben vom 05.01.2011 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie wende seit dem 26.01.2007 die Tarifverträge der CGZP an. Sie sei bereit, der Beklagten Zugang zu allen Arbeitnehmerüberlassungsverträgen der Jahre 2007 bis 2009 zu verschaffen. Im Schreiben vom 21.07.2011 führte die Klägerin aus, sie stelle sich der Betriebsprüfung nicht entgegen, lehne aber weitergehende Prüfhilfe ebenso ab wie die Nachzahlung von Sozialabgaben, die Abgabe von Entgeltmeldungen und die Einreichung korrigierter Lohnnachweise. Im Schreiben vom 19.10.2011 bekräftigte die Klägerin, sie wolle der Betriebsprüfung nicht entgegentreten, verwehre der Beklagten aber den Zugang zu allen Verträgen zwischen ihr und den Entleihunternehmen.
Mit Schreiben vom 28.10.2011 forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage der Unterlagen ihrer Leiharbeitnehmer einschließlich der Arbeitsverträge, der Unterlagen über die Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere der Nachweise und Belege über gezahlte Arbeitsentgelte vergleichbarer Stammarbeitnehmer der Entleihunternehmen, einer Liste aller Entleihunternehmen mit vollständiger Anschrift sowie einer Debitorenliste einschließlich der Rechnungsbelege auf.
Mit Schreiben vom 11.11.2011 lehnte die Klägerin die Vorlage der Unterlagen ihrer Leiharbeitnehmer ab.
Mit Schreiben vom 25.11.2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, bei unzureichender Mitwirkung müssten die Arbeitsentgelte der Leiharbeitnehmer ggf. geschätzt bzw. es müsse ein Schätzbescheid nach Maßgabe des § 28f Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) erlassen werden; außerdem könnten Säumniszuschläge erhoben werden.
Mit Schreiben vom 07.05.2012 lehnte die Klägerin die Durchführung der Betriebsprüfung ab; sie sehe keinen Anlass für eine so genannte CGZP-Prüfung und auch keine Anhaltspunkte für Abgabennachforderungen.
Mit Bescheid vom 19.06.2012 (nach am 18.05.2012 erfolgter Anhörung) gab die Beklagte der Klägerin auf, für die Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009 Sozialabgaben für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer i.H.v. 86.970,47 EUR (darin enthalten Säumniszuschläge für die Zeit vom 01.02.2011 bis 30.04.2012 i.H.v. 11.280,00 EUR) nachzuzahlen. Zur Begründung führte sie aus, die Tarifunfähigkeit der CGZP führe zur Unwirksamkeit der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge. Nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (in der seinerzeit geltenden Fassung, im Folgenden nur: AÜG) seien Sozialabgaben auf die Differenz zwischen dem gemeldeten Arbeitsentgelt des jeweiligen Leiharbeitnehmers und dem Arbeitsentgelt eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers des Entleihunternehmens nachzuerheben. Gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV dürfe das Arbeitsentgelt geschätzt werden, wenn es nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könne; das sei hier der Fall. Der Lohnabstand zwischen den Arbeitsentgelten der Leiharbeitnehmer der Klägerin und dem Equal-Pay-Anspruch betrage 24%.
Am 28.06.2012 erhob die Klägerin Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013 zurückwies.
Am 13.05.2013 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zuvor hatte sie (vergeblich) um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 19.10.2012 (- S 2 R 2711/12 ER -) hatte das SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Nachforderungsbescheid vom 19.06.2012 eingelegten Widerspruchs abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin hatte das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 22.01.2013 (- L 11 R 4869/12 ER-B -) zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, die Nachforderung von Sozialabgaben sei im Hinblick auf den ihr zukommenden Vertrauensschutz und das Rückwirkungsverbot unzulässig. Sie habe für die streitige Zeit von der Tariffähigkeit der CGZP ausgehen dürfen. Die Rechtslage habe sich erst mit dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) zur Tarifunfähigkeit der CGZP - mit konstitutiver Wirkung - geändert. Bis dahin sei die Anwendung der Tarifverträge der CGZP behördlich geduldet und teils sogar empfohlen worden. Auch die Beklagte habe Einwendungen nicht geltend gemacht und dadurch einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Etwaige Equal-Pay-Ansprüche von Leiharbeitnehmern könnten erst ab dem (konstitutiv wirkenden) Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) entstehen. Sie habe weitere Lohnzahlungen nicht vorgenommen, weshalb auch Ansprüche auf weitere Sozialabgaben gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht entstanden seien. Tarifverträge könnten nicht rückwirkend unwirksam werden; das folge aus den für den fehlerhaften Arbeitsvertrag geltenden Rechtsgrundsätzen, die für Tarifverträge entsprechend gälten. Die Beklagte sei zum Erlass eines Schätzbescheids nicht berechtigt gewesen, weil sie ihre Aufzeichnungspflicht nicht verletzt habe. Sie habe der Beklagten alle Unterlagen vorgelegt. Nur Unterlagen zur Arbeitnehmerüberlassung, eine Liste der Entleihunternehmen, eine Debitorenliste und Unterlagen über durchgeführte Beitragskorrekturen und korrigierte Lohnnachweise habe sie für die CGZP-Prüfung nicht vorgelegt, da sie diese Unterlagen nach der seinerzeit geltenden Rechtslage nicht habe erstellen müssen. Aus § 8 Abs. 1 Nr. 11 Beitragsverfahrensordnung (BVV) folge nichts anderes. Davon abgesehen würde es am Erfordernis unverhältnismäßigen Aufwands zur Ermittlung der Beitragshöhe fehlen. Der festgesetzte Nachforderungsbetrag sei auch überhöht. Der von der Beklagten angenommene Lohnabstand von 24% sei nicht ausreichend belegt. Außerdem habe die Beklagte Abgaben für Arbeitnehmer nachgefordert, die bei ihr unmittelbar beschäftigt gewesen seien. Säumniszuschläge dürften nicht erhoben werden. Die Nachforderungsansprüche für die Zeit vom 26.02.2007 bis 21.12.2007 seien verjährt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Das BAG habe die Tarifunfähigkeit der CGZP im Beschluss vom 14.12.2010 (a.a.O.) deklaratorisch (und nicht konstitutiv) festgestellt. Die Tariffähigkeit der CGZP sei seit langem umstritten und seit dem Jahr 2003 Gegenstand einer Vielzahl arbeitsgerichtlicher Klagen gewesen. Den Arbeitgebern, die Tarifverträge der CGZP angewendet hätten, hätten sich daher entsprechende Zweifel aufdrängen müssen. Vertrauensschutz könnten sie der Nachforderung von Sozialabgaben nicht entgegenhalten; vertrauensschutzbegründendes Verhalten der Rentenversicherungsträger habe nicht stattgefunden. Der Arbeitgeber, der von einer ihm günstigen (tarifrechtlichen) Regelung Gebrauch machen wolle, müsse auch die damit verbundenen Risiken tragen. Vor unzumutbaren Belastungen sei er durch die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV geschützt. Man habe den Nachforderungsbetrag nicht personenbezogen berechnen können, weil die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung die notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Die Anwendung eines pauschalen Lohnabstands von 24% sei gerechtfertigt. Aus der vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) angefertigten Studie "Lohndifferenzial Zeitarbeit" vom 14.04.2011 ergebe sich ein durchschnittlicher Lohnabstand der Leiharbeitnehmer von den vergleichbaren Stammarbeitnehmern der Entleihunternehmen von 22%. Da die dem Gutachten zugrundeliegenden Bedingungen die vorliegende Fallgestaltung nicht exakt beschrieben, sei ein Aufschlag von 2% gerechtfertigt. Auf unverschuldete Unkenntnis der Verhältnisse könne sich die Klägerin nicht berufen. Öffentlichkeit und Arbeitgeber seien durch ihre (der Beklagten) Pressemitteilungen vom 21.12.2010 und durch die gemeinsame Pressemitteilung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 18.03.2011 über die Tarifunfähigkeit der CGZP und die Folgen des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) unterrichtet worden. Verjährung sei nicht eingetreten.
Mit Beschluss vom 09.01.2015 lud das SG die Beigeladenen zu 1) bis 19) zum Verfahren bei.
Mit Urteil vom 28.05.2015 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Die Leiharbeitnehmer der Klägerin hätten infolge der Unwirksamkeit der Tarifverträge der (tarifunfähigen) CGZP Equal-Pay-Ansprüche nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 AÜG, aus denen für den Prüfzeitraum (26.02.2007 bis 31.12.2009) Sozialabgaben gemäß § 28p Abs. 1 SGB IV nachzuerheben seien. Der Entscheidung zur Tarifunfähigkeit der CGZP habe - deklaratorische (BAG, Urteil vom 15.11.2006, - 10 AZR 665/05 -, in juris; vgl. auch § 97 Abs. 5 Arbeitsgerichtsgesetz, ArbGG) - Wirkung auch für die Vergangenheit (LSG Sachsen, Beschluss vom 22.03.2013, - L 1 KR 14/13 B ER -, in juris). Tarifverträge einer nicht tariffähigen Gewerkschaft seien von Anfang an unwirksam (BAG, Urteil vom 13.03.2013, - 5 AZR 954/11 -, in juris). Da sich die Sozialabgaben nach dem geschuldeten und nicht nach dem gezahlten Arbeitsentgelt richteten (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV: beitragsrechtliches Entstehungsprinzip), komme es nicht darauf an, ob die Leiharbeitnehmer der Klägerin die Equal-Pay-Ansprüche geltend machten oder geltend machen könnten oder ob die Klägerin noch zu einem entsprechenden Beitragsabzug berechtigt sei (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O. sowie § 28g Satz 2 und 3 SGB IV). Der Zufluss des Arbeitsentgelts (Equal-Pay-Entgelt) an den (Leih-)Arbeitnehmer sei nicht notwendig. Die Rechtsgrundsätze des fehlerhaften Arbeitsvertrags seien nicht anwendbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O. m.w.N.). Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Das BAG habe mit dem Beschluss vom 14.12.2010 (a.a.O.) seine Rechtsprechung nicht geändert; bis dahin habe es höchstrichterliche Entscheidungen zur Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation auf Arbeitnehmerseite nicht gegeben (BAG, Urteil vom 13.03.2013, a.a.O.; LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.03.2013, - 9 Sa 1585/12 -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.10.2012, - L 4 KR 316/12 B ER -, alle in juris). Davon abgesehen sei der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrags, insbesondere an die Tariffähigkeit von Vereinigungen, nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006, - 10 AZR 665/05 -, in juris). Der Nachforderungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Dafür genügten beanstandungsfreie Betriebsprüfungen nicht, da Betriebsprüfungen nicht der Entlastung des Arbeitgebers, sondern in erster Linie den Interessen der Versicherungsträger dienten (BSG, Urteil vom 14.07.2004, - B 12 KR 7/04 -, in juris). Verjährung sei nicht eingetreten. Der Lauf der vierjährigen Verjährungsfrist der § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sei durch die vom 08.07.2011 bis 19.06.2012 dauernde Betriebsprüfung gehemmt worden (§ 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV; LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O.). Im Übrigen wäre (sogar) die 30jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzuwenden. Die Klägerin habe die rechtswidrige Nichtabführung der Abgaben aus den Equal-Pay-Ansprüchen ihrer Leiharbeitnehmer billigend in Kauf genommen und daher mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Seit Verkündung des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) - mit erheblicher Öffentlichkeitswirkung -, spätestens aber seit dem Schreiben der Beklagten vom 23.12.2010 (fristwahrende Geltendmachung der Abgabenansprüche) habe die Klägerin nicht mehr vom Nichtbestehen der streitigen Abgabenpflicht ausgehen dürfen; bis dahin seien die Beiträge für 2007 noch nicht verjährt gewesen (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 22.03.2013, - L 1 KR 14/13 B ER -, in juris). Die Beklagte habe einen Schätzbescheid gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV erlassen dürfen, da die Klägerin ihre Aufzeichnungspflicht verletzt habe und die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand hätten ermittelt werden können; das LSG Baden-Württemberg habe dies im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Klägerin entschieden (Beschluss 22.01.2013, a.a.O.) und zu Recht auf die Weigerung der Klägerin zur Vorlage entsprechender Unterlagen abgestellt. Das Vorbringen der Klägerin, sie habe diejenigen Unterlagen vorgelegt, die sie nach Maßgabe der damaligen Rechtslage geführt habe, ändere nichts. Die Klägerin habe eingeräumt, das nach dem Equal-Pay-Grundsatz beitragspflichtige Arbeitsentgelt der Leiharbeitnehmer nicht aufgezeichnet zu haben. Die fehlerhafte Annahme, die in Rede stehenden Tarifverträge (der CGZP) seien gültig gewesen, stelle einen unbeachtlichen Rechtsirrtum, jedoch keinen zur Unkenntnis der Aufzeichnungspflicht führenden Tatsachenirrtum dar. Der Klägerin stehe es auch nicht frei, die für eine Betriebsprüfung notwendigen Unterlagen je nach Verfahrensstand selektiv vorzulegen. Da sie ihrer Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren nur zögerlich nachgekommen sei, könne sie sich nicht auf die Amtsermittlungspflicht der Beklagten berufen und einwenden, die Equal-Pay-Ansprüche könnten ohne unzumutbaren Verwaltungsaufwand ermittelt werden. Die Regelung des § 28f Abs. 2 SGB IV diene der Sicherung des Beitragsaufkommens. Dem würde es zuwiderlaufen, wenn ein Arbeitgeber auch bei gröbster Verletzung der Aufzeichnungspflichten die Beitragszahlung durch das Einfordern langwieriger Ermittlungen aufschieben könnte. Er müsse bei nicht ordnungsgemäßer Aufzeichnung schon im Verwaltungsverfahren darlegen, dass bestimmte aufzeichnungspflichtige Tatsachen anderen - vorgelegten - Unterlagen entnommen werden könnten oder bestimmte weitere Ermittlungen noch möglich seien (jurisPK-SGB IV/Werner § 28f Rdnr. 57). Die Beklagte habe sich für ihre Schätzung auch auf die Studie des IAB "Lohndifferenzial Zeitarbeit" stützen und die darin festgestellte Lohndifferenz von 22% unter Berücksichtigung individueller Umstände des Betriebs der Klägerin rechtsfehlerfrei auf 24% anheben dürfen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O.). Mit der Rüge der Berücksichtigung auch einzelner fest angestellter Arbeitnehmer könne die Schätzung nicht entkräftet werden; (Schätzungs-)Willkür liege nicht vor. Schließlich habe die Beklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu Recht Säumniszuschläge für die Vergangenheit erhoben; der Klägerin sei zumindest Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar bedingter Vorsatz vorzuwerfen, so dass unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht vorliege.
Gegen das ihr am 05.06.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.07.2015 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie sei der Pflicht zur Entrichtung der Sozialabgaben für die Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009 in vollem Umfang nachgekommen. Das Arbeitsentgelt ihrer Leiharbeitnehmer sei nach Maßgabe der Tarifverträge der AMP und der CGZP festgelegt worden. Dieses Arbeitsentgelt sei der Bemessung der Sozialabgaben zugrunde zu legen. Aus § 10 Abs. 4 AÜG folge nichts anderes. Danach könne ein Leiharbeitnehmer bei Unwirksamkeit der Vereinbarung mit dem Verleiher von diesem die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts (Equal-Pay-Anspruch) verlangen. Der mit § 10 Abs. 4 AÜG festgelegte Equal-Pay-Anspruch setze ein darauf gerichtetes Verlangen des Leiharbeitnehmers voraus (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 15.09.2014, - L 3 R 48/14 B ER -, nicht veröffentlicht); andernfalls entstehe der Anspruch auf (regelmäßig) höheres Arbeitsentgelt nicht (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) und das höhere Arbeitsentgelt sei vom Arbeitgeber nicht geschuldet und auch nicht Bemessungsgrundlage der Sozialabgaben. Den Equal-Pay-Anspruch hätten nur zwei ihrer Leiharbeitnehmer arbeitsgerichtlich geltend gemacht. Das Urteil des BAG vom 13.03.2013 (- 5 AZR 954/11 -, in juris) habe ebenfalls einen Sachverhalt zum Gegenstand, bei dem der Leiharbeitnehmer den Equal-Pay-Anspruch geltend gemacht habe. Die Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP wirke nicht für die Vergangenheit. Außerdem sei das Recht der Beklagten zur Nachforderung der Sozialabgaben verwirkt. Auch die vierjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) sei hinsichtlich der Beiträge bis 31.12.2007 verstrichen. Die 30jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) sei nicht einschlägig. Sie habe die Vorenthaltung von Sozialabgaben nicht billigend in Kauf genommen. Der Beschluss des BAG zur Tarifunfähigkeit der CGZP vom 14.12.2010 (a.a.O.) sei nach der streitigen Zeit ergangen. Für die Vergangenheit habe das BAG die Tarifunfähigkeit der CGZP erst mit Beschluss vom 23.05.2012 (- 1 AZB 58/11 -, in juris) endgültig geklärt (dazu auch LSG Niedersachsen, Beschluss vom 21.02.2013, - L 1 KR 441/12 B ER -, in juris). Die Beklagte habe einen Schätzbescheid nicht erlassen dürfen, da dafür gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers notwendig sei; daran fehle es hier. Wie aus einem nach der Betriebsprüfung für die Zeit vom 10.03.2007 bis 31.12.2010 ergangenen Bescheid vom 28.12.2011 hervorgehe, habe sie das Arbeitsentgelt ihrer Leiharbeitnehmer im Wesentlichen zutreffend angegeben und die Beklagte habe das Arbeitsentgelt auch ermitteln können. Streit habe nur über einen etwaigen Equal-Pay-Zuschlag geherrscht. Die CGZP-Prüfung der Beklagten habe aber nur die Zeit bis 31.12.2009 zum Gegenstand gehabt, während der ein Equal-Pay-Anspruch des Leiharbeitnehmers ein darauf gerichtetes Verlangen vorausgesetzt habe; ein solches Verlangen sei bis 31.12.2009 an sie nicht herangetragen worden (zum Fehlen einer Aufzeichnungspflichtverletzung auch LSG Hamburg, Beschluss vom 15.09.2014, - L 3 R 48/14 B ER -, nicht veröffentlicht). Für die Zeit bis 31.12.2009 habe sie ihren Meldungen das (höhere) Equal-Pay-Arbeitsentgelt nicht zugrunde legen müssen. Einen Schätzbescheid dürfe die Beklagte nur dann erlassen, wenn eine etwaige Aufzeichnungspflichtverletzung ursächlich dafür sei, dass die Höhe des Arbeitsentgelts nicht festgestellt werden könne. Sie habe seinerzeit aber alle verfügbaren Unterlagen vorgelegt. Eine Liste der Entleihunternehmen, eine Debitorenliste und Unterlagen über durchgeführte Beitragskorrekturen sowie korrigierte Lohnnachweise habe sie nicht vorlegen können, da Unterlagen dieser Art nach Maßgabe der Rechtslage bis 31.12.2009 gar nicht hätten angefertigt werden müssen. Schließlich fehle es an einer geeigneten Schätzgrundlage. Die Studie des IAB "Lohndifferential Zeitarbeit" genüge hierfür, jedenfalls bei substantiierten Einwendungen, nicht. Im Hinblick auf das (zwischenzeitlich ergangene) Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.12.2015 (- B 12 R 11/14 R -, in juris) werde Vertrauensschutz indessen nicht mehr geltend gemacht. Das SG hätte aber die betroffenen Leiharbeitnehmer und die Bundesagentur für Arbeit beiladen müssen. Hinsichtlich einzelner Leiharbeitnehmer seien überhöhte Sozialabgaben festgesetzt worden bzw. es habe teilweise gar keine Arbeitnehmerüberlassung stattgefunden. Das SG habe auch nicht hinreichend geprüft, ob die Ermittlung der Arbeitsentgelte mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden gewesen wäre. Dies sei nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2015, a.a.O.) aber Voraussetzung für den Erlass eines Schätzbescheids; die Verletzung von Aufzeichnungspflichten für sich allein genüge hierfür nicht. Die Beklagte hätte die Vergleichslöhne ermitteln können.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.05.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.04.2013 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Entstehung des Equal-Pay-Anspruchs hänge von einem Verlangen des Leiharbeitnehmers nicht ab. Stichhaltige Gründe dafür, weshalb die CGZP vor Ergehen des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (a.a.O.) hätte tariffähig sein sollen, gebe es nicht (vgl. auch BAG, Beschluss vom 22.05.2012, - 1 ABN 27/12 - und Beschlüsse vom 23.05.2012 - 1 AZB 58/11 - und - 1 AZB 67/11 -, alle in juris). Die (von Anfang an bestehende) Tarifunfähigkeit der CGZP sei vom BAG (nur) festgestellt worden. Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot sei nicht verletzt. Verwirkung sei nicht eingetreten. Aufgrund der am 08.07.2011 aufgenommenen Betriebsprüfung sei die vierjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) noch nicht verstrichen gewesen. Auf die 30jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) komme es daher nicht an. Sie habe die Arbeitsentgelte der Leiharbeitnehmer nicht nur wegen unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwands, sondern auch deshalb geschätzt, weil die Klägerin Unterlagen, wie Arbeitsverträge und Stundenaufzeichnungen, trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgelegt habe. Sie habe die Betriebsprüfung daher nur auf der Grundlage der bei der Abrechnungsstelle der Klägerin befindlichen Lohnunterlagen durchführen können. Die Übersendung von Arbeitsverträgen, Stundenaufzeichnungen, Personalakten u.a. habe die Klägerin verweigert. Die pauschale Erhöhung der Arbeitsentgelte (in Equal-Pay-Fällen) sei zulässig (zur Zulässigkeit einer Schätzung etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.11.2012, - L 11 R 3954/12 ER-B -, in juris, und vom 22.01.2013, a.a.O.). Der Erlass eines Schätzbescheids sei bereits bei einem objektiven Verstoß des Arbeitgebers gegen die Pflicht zur Vorlage von Aufzeichnungen zulässig (vgl. § 8 BVV). Die Anwendung des § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG hänge weder von der Kenntnis des Arbeitgebers hinsichtlich der Unwirksamkeit eines von ihm angewandten Tarifvertrags noch von einem Verschulden des Arbeitgebers ab. Die Folgen der Unwirksamkeit des in Rede stehenden Tarifvertrags und der darauf beruhenden Unterlassung von Aufzeichnungen gingen zu Lasten der Klägerin. Außerdem wäre die Ermittlung der Arbeitsentgelte, auch wegen des Verhaltens der Klägerin, mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden gewesen.
Mit Beschluss vom 26.07.2017 hat der Senat die bei den beigeladenen Krankenkassen errichteten Pflegekassen und die B. f. A. zum Verfahren beigeladen. Am 26.07.2017 hat der Senat außerdem beschlossen, dass zum Verfahren gemäß § 75 Abs. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur solche Personen noch beigeladen werden, die ihre Beiladung bis zum 30.11.2017 beim Landessozialgericht (LSG) beantragen. Beiladungsanträge sind nicht gestellt worden; weitere Beiladungen haben nicht stattgefunden.
Die Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Nach Durchführung einer weiteren Betriebsprüfung hatte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14.04.2015 aufgegeben, für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.12.2013 Sozialabgaben für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer i.H.v. 222.029,64 EUR (einschließlich Säumniszuschläge i.H.v. 56.569,50 EUR) nachzuzahlen. Die Klägerin suchte auch insoweit um vorläufigen Rechtsschutz nach. Mit Beschluss vom 02.06.2015 (- S 17 R 1478/15 ER -) ordnete das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Nachforderungsbescheid vom 14.04.2015 an, soweit er die Nachforderung von Sozialabgaben ab dem 01.05.2011 zum Gegenstand hat. Im Übrigen (Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.04.2011) wies das SG den vorläufigen Rechtsschutzantrag zurück. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin wies das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 27.07.2015 (- L 11 R 2772/15 ER-B -) zurück. Nach Vorlage weiterer Unterlagen (Schreiben der Klägerin vom 10.08.2015: Vorlage u.a. der Arbeitsverträge von Leiharbeitnehmern sowie einer Liste von Entleihunternehmen) suchte die Klägerin am 25.09.2015 erneut beim SG um vorläufigen Rechtsschutz nach, was das SG mit Beschluss vom 16.10.2015 (- S 17 R 3071/15 ER -) zurückwies. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin wies der Senat mit Beschluss vom 13.12.2016 (- L 5 R 4744/15 ER-B -) zurück. Zuvor hatte die Beklagte den Nachforderungsbetrag für die Zeit vom 01.01.2010 bis 30.04.2011 mit Bescheid vom 27.07.2016 (unter Auflösung der Schätzung) auf 106.374,55 EUR herabgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats bzw. die beigezogenen SG- und LSG-Akten (des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 (Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013) über die Nachforderung von Sozialabgaben für die Zeit vom 26.02.2007 bis 31.12.2009. Die Nachforderung von Sozialabgaben für die Folgezeit (ab 01.01.2010) bzw. die hierzu ergangenen Bescheide sind nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens. Der (hier streitige) Nachforderungsbetrag von 86.970,47 EUR übersteigt den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR). Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und ergänzend auf den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Klägerin ergangenen Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 22.01.2013 (- L 11 R 4869/12 ER-B -) Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das LSG Baden-Württemberg hat in dem genannten Beschluss u.a. ausgeführt:
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides ist § 28p Abs. 1 und 5 (richtig § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5) SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 SGB V, § 174 Abs. 1 SGB VI sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach §§ 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 2 SGB III auch für die Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Arbeitsentgelt gelten gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Um das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht sowie ggf. die Höhe der zu entrichtenden Beiträge feststellen zu können, war es schon immer eine selbstverständliche Pflicht des Arbeitgebers, hierüber geeignete Aufzeichnungen anzufertigen. Diese Pflicht ist seit 1989 ausdrücklich in § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB V normiert (Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28f SGB IV RdNr 3).
Seit 01.01.2003 haben Leiharbeitnehmer Anspruch auf Arbeitsentgelt in gleicher Höhe wie vergleichbare Stammarbeitnehmer der Entleihbetriebe. Dies folgt aus §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG. Abweichende Regelungen können nur in einem Tarifvertrag getroffen werden. Ist ein solcher Tarifvertrag jedoch unwirksam, kann der Leiharbeitnehmer nach § 10 Abs. 4 AÜG vom Verleiher die Gewährung der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts verlangen. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 AÜG sind hier erfüllt. Mitglieder des CGB gründeten im Dezember 2002 die CGZP. Diese schloss im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung zahlreiche Haus- und Flächentarifverträge ab, die eine Abweichung vom Grundsatz des "equal pay" ermöglichten (Segebrecht in jurisPR-SozR 13/2011 Anm 1). Mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10, BAGE 136,302) stellte das BAG jedoch fest, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Dies gilt auch für den vorliegend streitigen Zeitraum (BAG 23.05.2012, 1 AZB 58/11, das den Geltungszeitraum der Tarifverträge vom 11.12.2002 und vom 05.12.2005 zu beurteilen hatte) und hat zur Folge, dass die Antragstellerin den betroffenen Arbeitnehmern noch die Differenz des im (unwirksamen) Tarifvertrag vereinbarten Entgelts und dem Entgelt, auf das ein vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleihbetriebe Anspruch hatte, schuldete bzw. soweit sie diese Ansprüche noch nicht erfüllt hat, noch schuldet (dazu vgl. den Beschluss des Senats vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, juris). Auch kann nicht mittels des Rechtsgedankens des fehlerhaften Arbeitsvertrag angenommen werden, dass vom Bestand des Tarifvertrages für die Vergangenheit auszugehen wäre (so aber LSG Schleswig-Holstein 20.04.2012, L 5 KR 9/12 B ER, juris), denn die dort zugrunde liegende Situation eines (Entgelt)Ausgleichs innerhalb eines rechtlich unwirksamen, faktisch bestehenden Dauerschuldverhältnisses ist mit der vorliegend bedeutsamen Frage, ob Beitragsansprüche entstanden sind, nicht vergleichbar (so auch LSG Niedersachsen-Bremen 22.10.2012, L 4 KR 316/12 B ER, juris).
Diese Entgeltansprüche wiederum begründen auch Beitragsansprüche der Antragsgegnerin (dazu vgl. Senatsbeschluss vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, aaO). Denn die Beitragsansprüche bemessen sich gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nach dem geschuldeten und nicht nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt, da es sich um Ansprüche auf laufend gezahltes Entgelt handelt (Senatsbeschluss vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, aaO, Segebrecht aaO). Deshalb ist unerheblich, ob die Leiharbeitnehmer diese Entgeltansprüche geltend machen oder geltend machen können. Auch ist insoweit unerheblich, ob der Arbeitgeber noch zu einem Beitragsabzug vom Entgelt des Beschäftigten befugt ist (dazu vgl. § 28g Satz 2 und 3 SGB IV). Im Beitragsrecht des Sozialgesetzbuches gilt grundsätzlich das sogenannte Entstehungsprinzip und - anders als im Steuerrecht - nicht das Zuflussprinzip (ständige Rspr., zB BSG 30.08.1994, 12 RK 59/92, juris; Urteil des Senats vom 16.08.2011, L 11 R 6067/09, juris; LSG Baden-Württemberg 27.03.2009, L 4 KR 1833/07, juris).
Der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2012 ist auch nicht schon deswegen offensichtlich rechtswidrig, weil die Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, die Höhe des Arbeitsentgelts zu schätzen. Nach § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Betriebsprüfung den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Entgelte geltend machen. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Zwar ist Grundvoraussetzung eines Vorgehens nach § 28f Abs. 2 SGB IV, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden kann. Diese Voraussetzung der Verletzung der Aufzeichnungspflicht gilt nicht nur für den in Satz 1 der Vorschrift geregelten so genannten Lohnsummenbescheid, sondern ist auch Voraussetzung für die Schätzungsbefugnis des Satzes 3 (Senatsbeschluss vom 19.11.2012, L 11 R 3954/12 ER-B, aaO; LSG Rheinland-Pfalz 14.08.2012, L 6 R 223/12 B ER; LSG Schleswig - Holstein, 20.4.2012, L 5 KR 9/12 B ER mwN - beide veröffentlicht in juris).
Anders als in dem vom Senat mit Beschluss vom 19.11.2012 (L 11 R 3954/12 ER-B, aaO) entschiedenen Fall, in dem die Antragsgegnerin das beitragspflichtige Arbeitsentgelt nur deshalb nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln konnte, weil aus den dort vorgelegten Unterlagen (Verträge zwischen der dortigen Antragstellerin und den Entleihunternehmen) nicht ersichtlich war, welche im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts galten, hat die Antragstellerin vorliegend schon die Einsicht in diese Unterlagen verweigert, obwohl sie dazu verpflichtet ist. Auch in der Weigerung, die für eine Betriebsprüfung notwendigen Unterlagen vorzulegen, liegt eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht des § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die Aufzeichnungspflicht soll sicherstellen, dass sowohl die Versicherungs- und Beitragspflicht als auch die Beitragshöhe nachträglich geprüft werden können. Es macht für die Durchführung einer nachträglichen Prüfung keinen Unterschied, ob Entgeltunterlagen gar nicht geführt werden oder die geführten Unterlagen nicht vorgelegt werden. In beiden Fällen ist eine vollständige Prüfung nicht möglich.
Rechtsgrundlage für Verpflichtungen der Antragstellerin ist § 28p Abs. 1 SGB IV, der die Ausformung des in § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X enthaltenen Grundsatzes der Pflicht zur Vorlage von Unterlagen durch den Arbeitgeber und die Duldung von Prüfungen enthält. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und die Meldungen (§ 28a SGB IV). Die Arbeitgeber sind verpflichtet, dabei angemessene Prüfhilfen zu leisten. Der Begriff der Angemessenheit wird in der nach § 28p Abs. 9 SGB IV ergangenen Beitragsverfahrensordnung (BVV) konkretisiert. Danach hat der Arbeitgeber zB zur Prüfung der Vollständigkeit der Entgeltabrechnung für jeden Abrechnungszeitraum ein Verzeichnis aller Beschäftigten in der Sortierfolge der Entgeltunterlagen mit im Einzelnen benannten Angaben und nach Einzugsstellen getrennt zu erfassen und lesbar zur Verfügung zu stellen (§ 9 BVV; vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 20.09.2012, L 11 R 2785/12 ER-B, juris).
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundlage ist die Antragstellerin im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV verpflichtet, angemessene Hilfe zur Durchführung der Prüfung zu leisten. Die Antragsgegnerin hat dabei den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit in zulässiger Weise konkretisiert. Die geforderte Prüfhilfe durch Einsicht bzw. Vorlage von Unterlagen über alle Leiharbeitnehmer inklusive der Arbeitsverträge, Unterlagen der Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere Nachweise und Belege über die gezahlten Arbeitsentgelte vergleichbarer Stammarbeitnehmer bei den Entleihern, eine Liste aller Entleihfirmen inklusive vollständiger Anschrift, Debitorenliste inklusive der Rechnungsbelege dient der Überprüfung der Beitragspflichten der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Feststellung der beitragsrechtlichen Folgen der Rechtsprechung des BAG zu den Tarifverträgen der CGZP und damit dem Zweck der Betriebsprüfung. Der Antragstellerin ist es auch möglich und zumutbar, die geforderten Unterlagen vorzulegen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob sich aus den Angaben der Antragstellerin eine Beitragspflicht im Ergebnis ergeben wird.
Der Vortrag der Antragstellerin, dass einzelne Beschäftigte nicht entliehen, sondern in ihrem Betrieb selbst beschäftigt worden seien, begründet noch keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides. Der Antragstellerin steht es nicht frei, die für eine Betriebsprüfung notwendigen Unterlagen zurückzuhalten und sie je nach der aktuellen prozessualen Situation nur selektiv vorzulegen. Im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung genügt zunächst die Feststellung, dass die Antragstellerin bei der Betriebsprüfung nicht alle von der Antragsgegnerin geforderten Entgeltunterlagen vorgelegt hat. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Antragstellerin für die von ihr erwähnten Arbeitnehmer Angaben macht, wie sie von § 28a SGB IV für eine Meldung verlangt werden.
Mangels anderweitiger Grundlagen und Anhaltspunkte durfte die Antragsgegnerin die Entgelte der Beschäftigten der Antragstellerin im streitigen Zeitraum auf Basis der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschungen (IAB) "Lohndifferenzial-Zeitarbeit" schätzen, in der aufgrund allgemeiner Ermittlungen festgestellt worden ist, dass die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Leiharbeitnehmern und vergleichbaren Stammarbeitnehmern in Entleihbetrieben 22 % beträgt. Die Antragsgegnerin ist unter Berücksichtigung individueller Umstände zu dem Ergebnis gelangt, dass, bezogen auf den Betrieb der Antragstellerin, von einer durchschnittlichen Differenz zwischen den gezahlten Arbeitsentgelten und den Ansprüchen der Stammarbeitnehmer in den Entleihbetrieben iHv insgesamt 24 % auszugehen sei. Dabei hat die Antragsgegnerin individuelle Besonderheiten der Antragstellerin berücksichtigt. Dass die Antragstellerin überdurchschnittlich bzw. übertariflich entlohnt hat, konnte nicht festgestellt werden.
Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Beitragsnachforderung der Antragsgegnerin nicht entgegen. Der gute Glaube an die Wirksamkeit eines Tarifvertrages, namentlich an die Tariffähigkeit einer Vereinigung, wird grundsätzlich nicht geschützt (BAG 15.11.2006, 10 AZR 665/05, NZA 2007, 448 = juris RdNr 23). Der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zu in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen steht auch nicht das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt bzw. das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes entgegen. Die Rechtsprechung, wonach ein Arbeitgeber sich bis zur Mitteilung einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Einzugsstelle auf die bisherige Rechtsprechung verlassen darf (BSG 18.11.1980, 12 RK 59/79, SozR 2200 § 1399 Nr 13), lässt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Denn es gab vor dem 14.12.2010 weder eine sozial- noch eine arbeitsgerichtliche höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die CGZP als tariffähig anzusehen war (zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen 25.06.2012, L 8 R 382/12 B ER, juris mwN).
Die Beitragsnachforderung ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Der Lauf der Verjährungsfrist für die im Jahr 2007 fällig gewordenen Beitragsansprüche (§ 23 SGB IV) wurde durch die vom 08.07.2011 bis zum 19.06.2012 dauernde Betriebsprüfung gehemmt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV), so dass bei Erlass des Beitragsbescheides am 19.06.2012 noch keine Verjährung eingetreten war.
Auch die aus den geschätzten Entgelten abgeleitete Festsetzung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge erscheint nach derzeitigem Stand nicht als offensichtlich rechtswidrig.
Damit ist nach derzeitigem Stand ein Obsiegen der Antragstellerin nicht wahrscheinlicher als ein Unterliegen; ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen nicht.
Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dessen Beschluss vom 22.01.2013 (a.a.O.) an. Er erachtet die angefochtenen Bescheide (Bescheid vom 19.06.2012/Widerspruchsbescheid vom 08.04.2013) nach erneuter und abschließender Prüfung als rechtmäßig. Ergänzend sei angemerkt:
Die Beklagte hat einen Summenbescheid i.S.d. § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht erlassen, weshalb der Senat, da mehr als 20 Personen beizuladen waren, nach Maßgabe des § 75 Abs. 2a SGG (Massenbeiladung) verfahren ist (Senatsbeschluss vom 26.07.2017; vgl. dazu auch Senatsurteil vom 17.05.2017, - L 5 R 1109/14 -, in juris Rdnr. 32 ff.). Das SG ist den Einwendungen der Klägerin (insbesondere hinsichtlich der rückwirkenden Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP und des daran anknüpfenden Vertrauensschutzes und der Entstehung der Abgabenansprüche) zu Recht nicht gefolgt (dazu ebenfalls Senatsurteil vom 17.05.2017, a.a.O. Rdnr. 38 ff. m.w.N., u.a. auf das Urteil des BSG vom 16.12.2015, - B 12 R 11/14 R -, in juris); der von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.12.2015, a.a.O.) abweichenden Rechtsauffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg in dessen Urteil vom 27.06.2017 (- L 11 R 643/17 -, in juris (Revision beim BSG anhängig unter dem Aktenzeichen B 12 R 4/17 R): Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG als Anspruch auf einmalig zu zahlendes Arbeitsentgelt mit Anwendung des Zuflussprinzips) kann sich der Senat nicht anschließen. Die Beklagte war auch zum Erlass eines Schätzbescheids befugt (§ 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg hat das in seinem Beschluss vom 22.01.2013 (a.a.O.) im Einzelnen näher dargelegt. Stichhaltige Einwendungen sind im Berufungsverfahren nicht erhoben worden. Das Vorbringen der Klägerin, das SG hätte näher prüfen müssen, ob die Ermittlung der Arbeitsentgelte, wie von der Beklagten dargetan, mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand verbunden gewesen wäre, genügt dafür nicht. Die Klägerin hat die Auflösung der Schätzung durch Nachreichung von Unterlagen erst für die - hier nicht streitgegenständliche - Zeit ab 01.01.2010 ermöglicht. Da Verjährung für die im Jahr 2007 fällig gewordenen Beitragsansprüche unter Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nicht eingetreten ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.01.2013, a.a.O.), kommt es auf die Voraussetzungen für die Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (30jährige Verjährungsfrist) nicht an (dazu etwa Senatsurteil vom 17.05.2017 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin außergerichtliche Kosten von Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.
Die Revision wird im Hinblick auf die (Grundsatz-)Frage der Anwendung des Zuflussprinzips, die bereits Gegenstand des beim BSG anhängigen Revisionsverfahrens B 12 R 4/17 R ist, zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
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