L 9 AS 3390/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 3240/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3390/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Juli 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Auszahlung ungekürzter Leistungen zur Grundsicherung für den Zeitraum April bis September 2014 in Höhe von 531,- Euro monatlich.

Der 1956 geborene Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nachdem er in der Vergangenheit mehrfach Meldeaufforderungen des Beklagten nicht nachgekommen war und eine von diesem übersandte Eingliederungsvereinbarung vom 04.04.2011 nicht zurückgesandt hatte, erließ der Beklagte mit Bescheid vom 06.02.2013 einen Eingliederungsverwaltungsakt mit einer Gültigkeitsdauer von 06.02.2013 bis 31.07.2013. Darin verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, sein Bewerberprofil unter www.arbeitsagentur.de aufzunehmen und angemessene Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie Fahrtkosten nach vorherigem gesondertem Antrag entsprechend den gesetzlichen Regelungen zu übernehmen. Dem Kläger wurde aufgegeben, Veränderungen unverzüglich mitzuteilen, Vermittlungsvorschlägen innerhalb von drei Tagen nachzukommen, sich auf monatlich fünf sozialversicherungspflichtige Stellenangebote zu bewerben und monatlich eine Initiativbewerbung zu unternehmen und diese Bewerbungen jeweils nachzuweisen. Beigefügt war eine Rechtsfolgenbelehrung, in der Sanktionen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung genannten Pflichten dargestellt wurden, sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Gegen diesen Eingliederungsverwaltungsakt legte der Kläger am 06.03.2013 Widerspruch ein. Nachdem bei dem Beklagten keine Nachweise zu Bewerbungen des Klägers eingingen, hörte dieser den Kläger mit Schreiben vom 18.03.2013 zum möglichen Eintritt einer Sanktion an und stellte mit Bescheid vom 16.04.2013 den Eintritt einer Sanktion für die Zeit vom 01.05.2013 bis 31.07.2013 um monatlich 30% des maßgeblichen Regelbedarfs, d.h. in Höhe 114,60 Euro monatlich, fest. Zur Begründung führte der Beklagte aus, mit Bescheid vom 06.02.1013 sei festgelegt worden, dass der Kläger eigenständig Stellenangebote sichten und sich auf diese schriftlich bewerben müsse. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen. Hiergegen legte der Kläger am 22.04.2013 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2013 zurückwies. Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) und stellte einen Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz (S 3 AS 1318/13 ER), den das SG mit Beschluss vom 05.06.2013 ablehnte. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 27.08.2013 (L 12 AS 2486/13 ER-B) zurückgewiesen.

Durch Bescheid vom 14.03.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II vom 01.04.2013 bis 30.09.2013 in Höhe von 522 Euro monatlich. Mit Sanktionsbescheid vom 22.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2013 erfolgte eine Absenkung um 60% für die Zeit vom 01.08. bis 31.10.2013 wegen einer wiederholten Pflichtverletzung. Mit Bescheid vom 30.09.2013 wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2013 bis 31.03.2014 Leistungen nach dem SGB II bewilligt.

Am 08.08.2013 erließ der Beklagte, ohne dem Kläger zuvor eine Eingliederungsvereinbarung zu unterbreiten, erneut einen - inhaltlich dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 06.02.2013 entsprechenden - Eingliederungsverwaltungsakt mit einer Gültigkeitsdauer von 08.08.2013 bis 28.02.2014. Darin verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger Vermittlungsvorschläge zu unter-breiten, sein Bewerberprofil unter www.arbeitsagentur.de aufzunehmen und angemessene Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie Fahrtkosten nach vorherigem gesondertem Antrag entsprechend den gesetzlichen Regelungen zu übernehmen. Der Kläger wurde verpflichtet, Veränderungen unverzüglich mitzuteilen, Vermittlungsvorschlägen innerhalb von drei Tagen nachzukommen, sich auf monatlich fünf sozialversicherungspflichtige Stellenangebote zu bewerben und monatlich eine Initiativbewerbung zu unternehmen und diese Bewerbungen jeweils nachzuweisen. Beigefügt war eine Rechtsfolgenbelehrung, in der Sanktionen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung genannten Pflichten dargestellt wurden, sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung. Hiergegen legte der Kläger am 20.08.2013 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2013 zurückgewiesen wurde. Am 17.09.2013 stellte der Kläger beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (S 3 AS 3244/13 ER) und erhob Klage gegen den Bescheid vom 08.08.2013 (S 3 AS 3245/13). Das SG lehnte den Antrag mit Beschluss vom 01.10.2013 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom LSG mit Beschluss vom 29.10.2013 zurückgewiesen (L 3 AS 4449/13 ER-B). Die Klage wurde vom SG mit Urteil vom 14.11.2013 abgewiesen und die dagegen erhobene Berufung vom LSG mit Urteil vom 27.03.2014 (L 7 AS 5310/13) zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 23.01.2014 lud der Beklagte den Kläger zu einem Gespräch am 03.02.2014 mit dem zuständigen Arbeitsvermittler ein, um über seine aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Der Kläger erschien zu diesem Termin unentschuldigt nicht.

Durch Bescheid vom 20.02.2014 stellte der Beklagte den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengelds II (Alg II) für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.05.2014 fest und führte zur Begründung aus, der Kläger sei den mit Bescheid vom 08.08.2013 festgelegten Pflichten - die selbständigen Bemühungen zur Aufnahme einer Arbeit nachzuweisen - wiederholt nicht nachgekommen. Er habe keine Eigenbemühungen nachgewiesen und keine Gründe hierfür angegeben. Da sich der Kläger noch nicht bereit erklärt habe, zukünftig seinen Pflichten nachzukommen, sei eine Begrenzung des Wegfalls des Alg II auf eine Minderung um 60% des maßgeblichen Regelbedarfs nicht gerechtfertigt. Hiergegen legte der Kläger am 27.02.2014 Widerspruch ein. Ebenfalls mit Bescheid vom 20.02.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.05.2014 ergänzende Sachleistungen in Form von Lebensmittelgutscheinen. Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Sanktionsbescheid vom 20.02.2014 durch Widerspruchsbescheid vom 06.03.2014 zurück. Am 18.03.2014 erhob der Kläger hiergegen Klage zum SG, die mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 24.06.2014 (S 3 AS 1017/14) abgewiesen wurde.

Am 04.03.2014 erließ der Beklagte, ohne dem Kläger zuvor eine Eingliederungsvereinbarung zu unterbreiten, erneut einen den Eingliederungsverwaltungsakten vom 06.02.2013 und 08.08.2013 inhaltlich entsprechenden Eingliederungsverwaltungsakt mit einer Gültigkeitsdauer von 04.03.2014 bis 31.08.2014. Darin verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten, sein Bewerberprofil unter www.arbeitsagentur.de aufzunehmen und angemessene Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie Fahrtkosten nach vorherigem gesondertem Antrag entsprechend den gesetzlichen Regelungen zu übernehmen. Dem Kläger wurde aufgegeben, Veränderungen unverzüglich mitzuteilen, Vermittlungsvorschlägen innerhalb von drei Tagen nachzukommen, sich auf monatlich fünf sozialversicherungspflichtige Stellenangebote zu bewerben und monatlich eine Initiativbewerbung zu unternehmen und diese Bewerbungen jeweils nachzuweisen. Beigefügt war eine Rechtsfolgenbelehrung, in der Sanktionen bei Verstößen gegen die in der Eingliederungsvereinbarung genannten Pflichten dargestellt wurden, sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung. Hiergegen legte der Kläger am 26.03.2014 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 01.04.2014 zurückgewiesen wurde. Die dagegen gerichtete Klage wurde vom SG mit rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 25.06.2014 (S 3 AS 1522/14) abgewiesen.

Durch Bescheid vom 04.04.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.09.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Für die Monate April und Mai wurde unter Berücksichtigung der Sanktion aus dem Bescheid vom 20.02.2014 ein Betrag von 0 Euro bewilligt. Für die Monate Juni bis September wurden Leistungen in Höhe von 531,- Euro pro Monat bewilligt. Gegen die gekürzte Leistungsbewilligung in den Monaten April und Mai 2014 legte der Kläger mit Schreiben vom 14.04.2014 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 24.04.2014 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom SG mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 12.08.2015 (S 3 AS 1597/14) abgewiesen.

Durch Bescheid vom 22.05.2014 stellte der Beklagte den vollständigen Wegfall des Alg II für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.08.2014 fest und führte zur Begründung aus, der Kläger sei den mit Bescheid vom 04.03.2014 festgelegten Pflichten - die selbständigen Bemühungen zur Aufnahme einer Arbeit nachzuweisen - wiederholt nicht nachgekommen. Er habe keine Eigen-bemühungen vorgelegt und keine Gründe hierfür angegeben. Da sich der Kläger noch nicht bereit erklärt habe, zukünftig seinen Pflichten nachzukommen, sei eine Begrenzung des Wegfalls des Alg II auf eine Minderung um 60% des maßgeblichen Regelbedarfs nicht gerechtfertigt. Im Bescheid wird weiter ausgeführt: "Der vorangegangene Bescheid vom 04. April 2014 wird insoweit für den Leistungsanspruch für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 31.08.2014 in Höhe der oben genannten Minderung aufgehoben, § 48 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X." Ebenfalls mit Bescheid vom 22.05.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit 01.06.2014 bis 31.08.2014 ergänzende Sachleistungen in Form von Lebensmittelgutscheinen. Gegen den Sanktionsbescheid vom 22.05.2014 legte der Kläger am 10.06.2014 Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014 zurückgewiesen wurde. Die dagegen am 21.07.2014 erhobene Klage, mit der der Kläger die Auszahlung ungekürzter Leistungen für die Monate Juni bis August 2014 begehrte, wurde vom SG mit rechtskräftigem Urteil vom 20.08.2015 (S 3 AS 2458/14) abgewiesen.

Durch Bescheid vom 05.08.2014 stellte der Beklagte den vollständigen Wegfall des Alg II für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.11.2014 fest und führte zur Begründung aus, der Kläger sei den mit Bescheid vom 04.03.2014 festgelegten Pflichten - die selbständigen Bemühungen zur Aufnahme einer Arbeit nachzuweisen - wiederholt nicht nachgekommen. Er habe keine Eigenbemühungen vorgelegt und keine Gründe hierfür angegeben. Da sich der Kläger noch nicht bereit erklärt habe, zukünftig seinen Pflichten nachzukommen, sei eine Begrenzung des Wegfalls des Alg II auf eine Minderung um 60% des maßgeblichen Regelbedarfs nicht gerechtfertigt. Weiter wurde ausgeführt: "Der vorangegangene Bescheid vom 04. April 2014 wird insoweit für Ihren Leistungsanspruch für die Zeit vom 1. September 2014 bis 30. September 2014 in Höhe der oben genannten Minderung aufgehoben, § 48 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X." Auf dem Sanktionsbescheid ist handschriftlich vermerkt: "persönlich eingeworfen 05.08.2014". Der Vermerk ist mit einem Handzeichen unterzeichnet. Ebenfalls durch Bescheid vom 05.08.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.09.2014 ergänzende Sachleistungen in Form von Lebensmittelgutscheinen.

Am 24.09.2015 hat der Kläger die vorliegende Klage beim SG erhoben mit dem Begehren, im Zeitraum 01.04.2014 bis 30.09.2014 ungekürzte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgezahlt zu bekommen. Er trägt vor, die Sanktionsbescheide vom 20.02.2014 und 22.05.2014 würden seinem Auszahlungsanspruch aus dem Bescheid vom 04.04.2014 nicht entgegenstehen. Den Sanktionsbescheid für den Monat September 2014 habe er nicht erhalten.

Mit Urteil vom 27.07.2017, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 02.08.2017, hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bezüglich der Monate April und Mai 2014 sei die erhobene Leistungsklage wegen der entgegenstehenden Rechtskraft des Gerichtsbescheids vom 12.08.2015 im Verfahren S 3 AS 1597/14 bereits unzulässig. Auch in diesem Verfahren habe der Kläger in einer (kombinierten Anfechtungs- und) Leistungsklage die Auszahlung ungekürzter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate April und Mai 2014 begehrt. Die Klage sei durch rechtskräftigen Gerichtsbescheid vom 12.08.2015 abgewiesen worden. Diese Rechtskraft binde bezüglich des Streitgegenstandes die Beteiligten nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Bezüglich der Monate Juni bis August 2014 sei die Leistungsklage aufgrund der entgegenstehenden Rechtskraft des Urteils vom 20.08.2015 im Verfahren S 3 AS 2458/14 ebenfalls bereits unzulässig. Auch in diesem Verfahren habe der Kläger in einer (kombinierten Anfechtungs- und) Leistungsklage die Auszahlung der mit Bewilligungsbescheid vom 04.04.2014 bewilligten ungekürzten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 531,- Euro pro Monat für die Monate Juni bis August 2014 begehrt. Die Klage sei durch rechtskräftiges Urteil vom 20.08.2015 abgewiesen worden. Diese Rechtskraft binde bezüglich des Streitgegenstandes die Beteiligten, § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG.

Bezüglich des Monats September 2014 sei die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Auszahlung der durch Bescheid vom 04.04.2014 bewilligten 531,- Euro für den Monat September 2014. Denn dieser Bescheid sei durch den Bescheid vom 05.08.2014 bezüglich des Monats September 2014 gemäß § 48 SGB X aufgehoben worden. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Durch den Eintritt der mit Bescheid vom 05.08.2014 festgestellten Sanktion ergebe sich eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse vom 01.09.2014 bis 30.09.2014. Der Kläger habe den Sanktionsbescheid vom 05.08.2014 auch erhalten. Die Kammer sei hiervon im Sinne des § 128 Abs. 1 SGG überzeugt aufgrund des handschriftlichen, unterzeichneten Vermerks auf dem Bescheid "persönlich eingeworfen". Die Kammer sei bereits aufgrund dieses Vermerks davon überzeugt, dass der Kläger den Vortrag, er habe den Bescheid nicht erhalten, lediglich als Schutzbehauptung aufstelle. Hinzu komme, dass im streitgegenständlichen Zeitraum sämtliche Bescheide an den Kläger nur noch persönlich in den Briefkasten eingeworfen worden seien, nachdem er wiederholt vorgetragen hatte, diese nicht erhalten zu haben. Eine Vernehmung der Mitarbeiterin im Rahmen der Amtsermittlungspflicht sei daher nicht erforderlich. Der Sanktionsbescheid vom 05.08.2014 sei somit bestandskräftig geworden und auch nicht nichtig. Durch diese bestandskräftige Entscheidung sei der Bescheid vom 04.04.2014 hinsichtlich des Monats September aufgehoben worden, so dass sich ein Leistungsanspruch des Klägers auch für diesen Monat nicht feststellen lasse.

Am 29.08.2017 hat der Kläger Berufung beim LSG einlegen und diese damit begründen lassen, gegen die Minderung seines Alg II-Anspruchs bestünden verfassungsrechtliche Bedenken. Auf eine Vorlage des SG Gotha seien die Sanktionsvorschriften des SGB II derzeit auch auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts (1 BvL 7/16). Es werde angeregt, das vorliegende Verfahren auszusetzen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27. Juli 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum 1. April 2014 bis 30. September 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 531,- EUR, insgesamt 3186,- EUR, auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit den Beteiligten ist am 07.11.2017 ein Erörterungstermin durchgeführt worden, zu dem der Kläger trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens unentschuldigt nicht erschienen ist.

Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden.

Beim SG ist eine weitere Klage des Klägers anhängig (S 3 AS 3756/15). Diese richtet sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 29.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2015, mit dem dieser einen Überprüfungsantrag des Klägers nach § 44 SGB X in Bezug auf die Bescheide vom 20.02.2014, 22.05.2014 und 05.08.2014 abgelehnt hat. Das Klageverfahren ruht aufgrund Beschlusses des SG vom 28.12.2015.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des SG und des Senats verwiesen. II.

Die form- und fristgerechte erhobene Berufung ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das angefochtene Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist (lediglich) auszuführen, dass auch nach Auffassung des Senats die in Bezug auf die Leistungsmonate April bis August 2014 erhobene (reine) Leistungsklage im Kern mit dem Streitgegenstand der rechtskräftigen Entscheidungen des SG vom 24.06.2014 (S 3 AS 1017/14) und vom 12.08.2015 (S 3 AS 1597/14), betreffend die Monate April bis Mai 2014, bzw. vom 20.08.2015 (S 3 AS 2458/14), betreffend die Antragsmonate Juni bis August 2014, identisch und die Klage daher insoweit unzulässig ist (§ 141 SGG).

In Bezug auf den Leistungsmonat September 2014 liegt zwar keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vor, dafür ein bestandskräftiger Bescheid vom 05.08.2014, der ebenfalls Bindungswirkung entfaltet (§ 77 SGG). Mit diesem Bescheid wurde das vollständige Entfallen des Leistungsanspruchs (auch) für den Monat September 2014 festgestellt und zugleich der hierauf bezogene Bewilligungsbescheid vom 04.04.2014 aufgehoben. Dieser Bescheid ist dem Kläger noch am 05.08.2014 zugegangen durch persönlichen Einwurf in seinen Briefkasten durch eine Mitarbeiterin des Beklagten, was diese auf der Rückseite des Bescheidsvordrucks entsprechend vermerkt hat. Hierin liegt die Bekanntgabe des Bescheids (§ 37 SGB X), der mangels Einlegung eines Widerspruchs auch nach Auffassung des Senats (formell und materiell) bestandskräftig geworden ist und damit Bindungswirkung zwischen den Beteiligten entfaltet. Mit Blick auf den genannten Vermerk, an dessen Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat und der belegt, dass der Bescheid noch am 05.08.2014 jedenfalls in den Machtbereich des Klägers, nämlich seinen Hausbriefkasten, gelangt ist, reicht das "einfache" Bestreiten des Klägers, den Bescheid (gleichwohl) nicht erhalten zu haben, nicht aus. Das unsubstantiierte Bestreiten reicht dann nicht aus, wenn - wie hier - Umstände vorliegen, die den Schluss zulassen, dass der Adressat den Bescheid doch erhalten hat (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.06.2012, 12 A 828/12, Juris; Beschluss des erkennenden Senats vom 11.08.2017, L 9 AS 2879/17 ER-B).

Liegen somit für die Monate April bis August 2014 rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidungen mit Bindungswirkung (§ 141 SGG) und für den Monat September 2014 ein bestandskräftiger und damit ebenfalls bindender Verwaltungsakt vor, bleibt die auf diese Monate bezogene Leistungsklage schon aus diesem Grund erfolglos, ohne dass es auf die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen des SGB II, die Grundlage der ergangenen Leistungsabsenkungen sind, ankommt. Der Senat sieht daher keine Veranlassung für eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens mit Blick auf den von der Kläger-Seite in Bezug genommenen Vorlagebeschluss des SG Gotha an das Bundesverfassungsgericht.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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