L 2 SO 4529/17 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 2499/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4529/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes versagenden Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. November 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, nach § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 2. Mai 2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und v. 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 42).

Dies zu Grunde gelegt hat das SG im Ergebnis zutreffend den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Aus Sicht des Senates fehlt es schon an einem Anordnungsanspruch. Wie vom SG zutreffend dargestellt hat die Antragstellerin auch aus Sicht des Senates nicht glaubhaft gemacht, dass sie nicht über eigene bereite Mittel verfügt, mit denen Sie Ihren Lebensunterhalt bestreiten könnte. Zu diesen bereiten Mitteln können auch Ansprüche zählen, die ohne weiteres realisierbar sind, soweit sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt, diese durchzusetzen. Nach Überzeugung des Senates verfügt die Antragstellerin aufgrund der Regelung im Notarvertrag vom 17. Februar 2006, im Rahmen dessen Sie unter anderem die von ihr selbst bewohnte Wohnungsimmobilie sowie ein landwirtschaftliches Grundstück und eine Waldfläche an ihre drei Kinder übertragen hat, über einen unmittelbaren Unterhaltsanspruch gegen ihre drei Kinder. So ist dort geregelt, "Die Übernehmer (gemeint die drei Kinder der Antragstellerin) verpflichten sich weiter zur Tragung aller Unterhaltskosten der Übergeberin (gemeint die Antragstellerin), soweit diese Kosten nicht von Dritter Seite getragen werden und auch die Renteneinkünfte der Berechtigten hierzu nicht ausreichen." Dies stellt zur Überzeugung des Senates entgegen der Auffassung der Antragstellerin keinesfalls einen Anspruch lediglich auf Übernahme der "Unterhaltskosten für die Immobilie" dar. Die im Zusammenhang mit der Immobilie stehenden Kosten sind vielmehr in der im Weiteren unter Ziff. 2 (Seite 6 des Notarvertrags) genannten Regelung, wonach mit der Übergabe Nutzen, Lasten und Gefahr sowie die Verkehrssicherungspflicht auf die Übernehmer übergehen, erfasst. Darüber hinaus handelt es sich bei dem der Antragstellerin eingeräumten lebenslänglichen Wohnungsrecht an der Immobilie um einen Nießbrauch nach §§ 1030 ff. BGB, also die unentgeltliche Nutzung einer Sache durch den Inhaber des Nießbrauchs. Dies hat weiter zur Folge, dass der bzw. die Eigentümer (hier die 3 Kinder der Antragstellerin) damit aber die Lasten und Kosten unter anderem für die Wohnimmobilie zu tragen haben und es der oben zitierten Regelung zur Tragung aller Unterhaltskosten soweit diese nicht unter anderem durch die Renteneinkünfte der Antragstellerin gedeckt sind hierfür nicht bedarf. Da folglich die Antragstellerin bereits aus dem Notarvertrag einen Unterhaltsanspruch und zwar bezogen auf ihren Lebensunterhalt, ihren ungedeckten Bedarf gegenüber ihren Kindern hat, ist es zunächst der Antragstellerin zuzumuten, diesen Anspruch auch zu realisieren, was hier ohne weiteres möglich wäre. Dies hat die Antragstellerin bislang nicht getan. Nichts anderes gilt auch für den daneben grundsätzlich bestehenden familienrechtlichen Unterhaltsanspruch nach §§ 1601 ff. BGB. Hierzu hat die Antragstellerin nichts dargetan, was einer Inanspruchnahme entgegenstehen würde. Die Einlassung ihres Bevollmächtigten, ein solcher Anspruch sei "fragwürdig" genügt dem nicht. Damit ist nicht ansatzweise dargetan und glaubhaft gemacht, ob und gegebenenfalls welche Umstände einer Inanspruchnahme der Kinder entgegenstünden. Darüber hinaus besteht auch aus Sicht des Senates kein Anordnungsgrund, denn es ist - worauf bereits das SG hingewiesen hat – ebenso wenig glaubhaft dargetan, dass derzeit der Verlust des Pflegeplatzes droht.

Aus diesen Gründen ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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