Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 375/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 66/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1971 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und Ehegattin eines Spätaussiedlers (§ 7 Abs. 2 Bundesvertriebenengesetz - BVFG). Sie ist am 17.09.1994 aus Kirgisistan nach Deutschland zugezogen und hatte dort ein Hochschulstudium als Wirtschaftswissenschaftlerin absolviert. In Deutschland war sie in den Jahren 1995 bis 1997 zeitweilig mit befristeten Verträgen als Arbeiterin in einer Süßwarenfabrik, in einem Automobilzulieferbetrieb und in einem Winzereibetrieb beschäftigt gewesen. Später bezog die Klägerin ab 2005 bis 2011 und nochmals von März 2015 bis September 2016 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wobei bis Ende 2010 daraus auch Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden waren.
Am 14.11.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie gab hierbei an, seit etwa 1998 an Depressionen und körperlichen Schmerzen mit Muskelschmerzen und Kopfschmerzen sowie schneller Erschöpfung und Schlafstörungen zu leiden. Stationäre Behandlungen hätten im August/September 2013 und erneut ab November 2013 stattgefunden.
Am 31.01.2014 wurde die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten durch den Psychiater und Sozialmediziner Dr. M. untersucht. Dieser stellte folgende Diagnosen: 1. Verdacht auf Persönlichkeitsstörung mit Übernachhaltigkeit und überdauernder depressiver Symptomatik. 2. Verdacht auf Somatisierungsstörung. 3. COPD II. Grades. 4. Adipositas. Die Klägerin habe angegeben, es würden familiäre Belastungen vorliegen. Bei der körperlich-neurologischen Untersuchung hätte sich eine erhöhte Schmerzhaftigkeit nicht objektivieren lassen. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten ohne erhöhte psychische Belastungen im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr ausüben. Der Schweregrad dürfe mittelschwere Tätigkeiten nicht überschreiten; Nachtschicht sei nicht möglich.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 04.02.2014 ab. Die medizinischen Ermittlungen hätten ergeben, dass ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, da die Klägerin täglich noch mindestens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.02.2014 Widerspruch ein und machte geltend, dass sie bereits seit Jahren an einem depressiven Syndrom mit ausgeprägter Antriebsschwäche leide. Hinzu kämen multiple körperliche Beschwerden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2014 zurück; im Widerspruchsverfahren hätten sich keine neuen medizinischen Erkenntnisse ergeben.
Ab 04.03.2014 befand sich die Klägerin zur stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Bad N., aus der sie am 10.04.2014 arbeitsunfähig entlassen wurde.
Am 23.04.2014 hat die Klägerin per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Sie hat auf ihre psychischen Beschwerden hingewiesen, die stationäre Behandlungen erforderlich gemacht hätten. Wegen zusätzlicher körperlicher Beschwerden sei eine psychosomatische Leistungsbeurteilung erforderlich.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten eingeholt und zwar bei Dr. H., Allgemeinmediziner, am 22.07.2014 und bei Dr. R., Facharzt für Psychosomatische Medizin, am 01.09.2014. Dr. S. hat von einem einmaligen ambulanten Kontakt am 27.05.2013 berichtet. Eine psychosomatische Krankenhausbehandlung sei vom 13.08.2014 bis 27.08.2014 in der H. Klinik U-Stadt erfolgt.
Das Sozialgericht hat sodann die Fachärztin für Neurologie und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Diese hat ihre gutachterliche neurologisch-psychosomatische Äußerung am 05.11.2014 abgegeben, nachdem sie die Klägerin am 30.10.2014 untersucht hatte. Als Diagnosen sind - eine depressive und histrionische Persönlichkeitsstruktur mit Übernachhaltigkeit und überdauernder depressiver Symptomatik, - eine Somatisierungsstörung mit chronischen orthopädischen Beschwerden ohne radikuläres Defizit, - COPD II. Grades und - Adipositas genannt worden. Der Leidensdruck, der im Zusammenhang mit einem Ganzkörper-schmerz angegeben werde, kontrastiere mit der Tatsache, dass die Klägerin noch nie eine Psychotherapie gemacht habe und praktisch gar nicht von der stationären psychosomatischen Behandlung im Frühjahr profitiert habe. Die Klägerin sei in psychischer Hinsicht in erster Linie klagsam, nicht vital depressiv verstimmt. Augenblicklich sei von einem positiven Leistungsbild für leichte bis mittelschwere vollschichtige Arbeit auszugehen. Es solle sich um Tätigkeiten in wechselnder Stellung handeln. Arbeiten unter Zeitdruck, Wochenendarbeit, Arbeiten mit erheblicher Eigenverantwortung und unter Lärm kämen nicht in Frage. Ebenso dürften Zwangshaltungen, Bücken, Überkopfarbeit und Tragen von Lasten nicht abverlangt werden.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 18.12.2014 durch Gerichtsbescheid entschieden und die Klage abgewiesen: Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen würden keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bedingen. Im überzeugenden gerichtsärztlichen Sachverständigengutachten würden die bestehenden Gesundheitsstörungen dargestellt und schlüssig und hinreichend begründet, dass weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Stellung ausgeführt werden könnten.
Hiergegen hat die Klägerin mit Telefax-Schreiben am 21.01.2015 über das Sozialgericht Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat auf die stattgehabten stationären Behandlungen hingewiesen und vorgetragen, dass sie nunmehr bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. in Behandlung stehe. Von dieser sei eine schwere Somatisierungsstörung bei schwerer depressiver Erkrankung diagnostiziert worden, die einer psychotherapeutischen oder psychosomatischen Behandlung nicht mehr zugänglich sei. Die Klägerin hat zu ihrer aktuellen gesundheitlichen Situation verschiedene Arztbriefe vorgelegt, zu denen Dr. M. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten am 02.10.2015 Stellung genommen hat: In den aktuellen ärztlichen Unterlagen sei kein ausreichender psychischer oder körperlicher Untersuchungsbefund erhoben worden, der relevante Aussagen bezüglich des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich mache. Zudem sei bereits bei Frau Dr. B. der Eindruck einer durchgehenden Aggravation bei der Klägerin beschrieben worden. Insofern seien auch die aktuellen Beschwerdeäußerungen der Klägerin nicht mit einem objektiven Befund gleichzusetzen. Der sozialmedizinischen Beurteilung der Dr. B. sei weiter zu folgen.
Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Fachärzten Ch. W. am 18.01.2016 und Dr. E. am 10.02.2016 sowie bei der Allgemeinmedizinerin Dr. D. am 26.02.2016 eingeholt. Die Beklagte hat unter Berufung auf Frau Dr. H. von ihrem Ärztlichen Prüfdienst ausgeführt, dass aufgrund der aktuellen ärztlichen Unterlagen eine Verschlechterung der Gesundheit der Klägerin seit der Begutachtung durch Frau Dr. B. im November 2014 nicht auszuschließen sei.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten bei der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. F. eingeholt, die die Klägerin am 01.04.2016 untersucht hat. In ihrem Gutachten vom 03.05.2016 sind folgende Angaben der Klägerin festgehalten: Sie fühle sich von den behandelnden Ärzten unverstanden und auch die stationären Behandlungen hätten ihr nichts gebracht. Sie habe das Gefühl, niemand könne ihr helfen. Sie habe zwar immer wieder verschiedene Psychotherapeuten besucht, sei aber davon überzeugt, dass ihre Beschwerden körperlich seien. Die Sachverständige Dr. F. hat dargelegt: Bei der psychopathologischen Befundung hätten sich bei der Klägerin weder eine vital depressive Herabsenkung, noch die beklagte Einschränkung der Aufmerksamkeit oder der Auffassung feststellen lassen. Diagnostisch sei von - einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode und - einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bei narzisstisch-histrionischer Persönlichkeitsstörung und Migräne auszugehen. Die Klägerin sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6-stündig erwerbstätig zu sein, wobei es sich um leichte bis mittelschwere Arbeiten handeln sollte. Vermieden werden sollten Tätigkeiten besonderer nervlicher Belastung, wie Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschicht sowie Arbeiten an laufenden Maschinen und unter Lärm. Trotz der skeptischen Einschätzung seitens der Psychotherapeuten hat die Gutachterin erneut eine Psychotherapie empfohlen.
Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, dass im Gutachten die allgemeinärztliche Befundung der Dr. D. nicht erwähnt und nicht berücksichtigt worden sei. Weiterhin hat die Klägerin geltend gemacht, es solle noch eine Abklärung abgewartet werden, ob bei ihr eine Autoimmunerkrankung vorliege.
Der Senat hat im Folgenden den Untersuchungsbefund bei der C. Centrum für Innere Medizin und Dermatologie in G-Stadt vom 17.08.2016 angefordert. Hierin ist über eine Autoimmunerkrankung nichts berichtet worden. Stattdessen ist davon die Rede, dass die Klägerin eine schwere Fatigue-Symptomatik mit Beginn in der Kindheit vorbringe. Die Klägerin stehe unter hohem Leidensdruck und sei glaubhaft nicht arbeitsfähig. Eine ambulante Behandlung der Fatigue-Erkrankung werde empfohlen.
Vorgelegt worden ist eine Bescheinigung der behandelnden Hausärztin Dr. D. vom 24.01.2017, wonach sich in der Diagnostik zwar keine immunologischen Auffälligkeiten gefunden hätten, jedoch bei durchaus auffälliger Schilderung der Krankheitssymptome sich nicht immer eindeutig zwischen somatischen und psychischen Ursachen der Erkrankung differenzieren lasse.
Dr. M. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten hat in seiner Stellungnahme vom 02.02.2017 darauf hingewiesen, dass sich in der Diagnostik der C. in G-Stadt keine "nicht erklärbare andauernde Erschöpfung" im Sinne eines Fatigue-Syndroms habe feststellen lassen. Die C. habe aber eingeräumt, dass eine Beurteilung bezüglich der psychiatrischen und psychosomatischen Diagnosen nicht in ihr Fachgebiet falle. Hingewiesen wurde erneut auf die Aggravationsneigungen und das Rentenbegehren der Klägerin. Eine Änderung der sozialmedizinischen Beurteilung sei nicht angezeigt.
In gleichem Sinne hat sich die Prüfärztin Dr. H. am 14.02.2017 zu dem ergänzend vorgelegten nervenärztlichen Bericht von Frau Dr. H. vom 12.01.2017 geäußert. Dieser dokumentiere keine schwerwiegenden neurokognitiven Beeinträchtigungen.
Eine Untersuchung in der Klinik und Poliklinik für Neurologie am 21.06.2017 hat keine Hinweise für eine Muskelerkrankung oder eine chronisch-entzündliche Zentralnervensystem-Erkrankung erbracht. Wegen der psychiatrischen Erkrankung sei eine entsprechende Behandlung empfohlen worden, die die Klägerin aber derzeit nicht annehmen könne.
Der Senat hat ein weiteres Gutachten, nunmehr beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. C., eingeholt, der die Klägerin am 25.07.2017 untersucht hat. Nach der eigenen Untersuchung und in Auswertung der vorliegenden Unterlagen sind als Diagnosen - eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, - ein chronisches Müdigkeitssyndrom sowie - eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert) und - eine kombinierte Persönlichkeitsstörung festgestellt worden. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung und chronisches Müdigkeitssyndrom seien dabei funktionell eng miteinander verknüpft. Der Zusammenhang dieser beiden Symptomebenen bestehe darin, dass die Klägerin auf Stress, psychische und auch auf körperliche Belastungen nicht nur mit depressiven Verstimmungen reagiere, sondern auch mit organmedizinisch nicht begründbaren Schmerzen sowie in letzter Zeit auch mit Müdigkeit. Beide Erkrankungen beruhten ganz wesentlich auf dysfunktionalen intrapsychischen Verarbeitungsmechanismen und unterdurchschnittlicher Stresstoleranz. Sie könnten nicht zielführend mit organmedizinischen Mittel behandelt werden. Notwendig sei vielmehr eine Kombination von ambulanten und stationären psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen und psychosomatischen Behandlungsmaßnahmen. Auch wenn die in den Akten wiederholt geschilderte Reserviertheit der Klägerin gegenüber derartigen Behandlungsansätzen die Therapiemotivation und die Therapieaussichten eintrüben würden, so könne man der Klägerin dennoch keine unzureichende Mitwirkungsbereitschaft zuordnen. Problematisch sei ihr subjektives, wahrscheinlich auch durch ihre soziokulturelle Prägung bedingtes Empfinden, dass psychische und psychosomatische Gesundheitsstörungen keine richtigen Krankheiten darstellten und affektive Verstimmungen mit Charakterfehlern wie Faulheit gleichzusetzen seien. Eine derartige Haltung stelle zwar eine Erschwernis dar. Ein Endzustand der Erkrankung sei aber noch nicht gegeben. Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens durch die Persönlichkeitsstörung lasse sich in Anbetracht der Vorgeschichte und der tatsächlich erfolgten Tätigkeiten nicht nachweisen. Aufgrund der funktionellen Auswirkungen der Persönlichkeitsstörungen würden zwar keine quantitativen, jedoch qualitative Leistungsminderungen vorliegen und zwar für alle Tätigkeiten, die ein besonderes Anpassungs- und Umstellungsvermögen erforderten. Sozialmedizinisch sei von einem Leistungsvermögen für mindestens sechs Stunden auszugehen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte körperliche Arbeiten vorwiegend im Sitzen und in wechselnder Stellung ausgeübt werden. Diese müssten ohne besondere nervliche Belastung wie Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Wechselschicht, Nachtschicht und ohne besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems sowie ohne unfallgefährdete Tätigkeiten und ohne ungünstige äußere Bedingungen möglich sein.
Die Klägerin hat als Reaktion auf das Gutachten ein weiteres fachärztliches Attest der behandelnden Nervenärztin Dr. H. vom 22.08.2017 übersandt, die ausgeführt hat, dass aufgrund der Schwere der Erkrankungen und des langjährig bestehenden Krankheitsbildes auch in Zukunft von keiner Besserung und damit Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Der Senat hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C. eingeholt, die dieser am 27.09.2017 vorgelegt hat: Das vorgelegte Attest bringe keine neuen Erkenntnisse und führe zu keiner Abänderung der sozialmedizinischen Beurteilung. Auch sei darin nur von mehrfachen Therapieansätzen und nicht von einer abgeschlossenen Therapie die Rede. Dies sei aber noch keine nach den maßgeblichen Leitlinien erschöpfende Behandlung gewesen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat die Klägerin bei Rentenantragstellung erfüllt gehabt. Sie kann aus ihren Beschäftigungen und mit Kindererziehungszeiten die erforderliche Mindestanzahl an Pflichtbeitragszeiten, die sog. allgemeine Wartezeit von 5 Jahren d.h. 60 Beitragsmonaten nach § 50 Abs. 1 SGB VI, vorweisen bzw. überschreiten. Dies ist allerdings erst ab September 2000 der Fall gewesen, d.h. dass für den von der Klägerin auch vorgebrachten Zeitpunkt der gesundheitlichen Einschränkungen ab 1998 diese Voraussetzung nicht erfüllt gewesen wäre. Soweit die Klägerin an anderer Stelle davon spricht, dass sie bereits als Jugendliche entsprechende Einschränkungen gehabt hätte, wären diese in das Erwerbsleben mit eingebracht und würden von vornherein keine Rente wegen Erwerbsminderung zulassen, da die Voraussetzungen des § 43 Abs. 6 SGB VI offensichtlich nicht erfüllt sind.
In dem nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zu prüfenden Fünfjahreszeitraum, der bei einem mit der Rentenantragstellung angenommenen Leistungsfall von November 2008 bis November 2013 laufen würde, hat die Klägerin zwar nur 26 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Der Zeitraum verlängert sich nach § 43 Abs. 4 Nr. 6 SGB VI jedoch um Anrechnungszeiten wegen Bezugs von SGB II-Leistungen um 35 Monate, so dass im verlängerten Zeitraum 61 Monate Pflichtbeitragszeiten vorliegen und die erforderliche Zahl an Beitragsmonaten damit überschritten ist.
Allerdings bezieht die Klägerin aktuell nach ihren Angaben keine Leistungen nach dem SGB II mehr und hat solche auch im Zeitraum von Januar 2014 bis Februar 2015 nicht bezogen. In dieser Zeit ist sie auch nicht arbeitsuchend ohne Leistungsbezug gemeldet gewesen und es hat auch sonst keine Anrechnungszeit vorgelegen. Zwar sind die erneuten Zeiten des Bezuges von SGB II-Leistungen nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI unabhängig von einer vorherigen Unterbrechung wieder Anrechnungszeiten. Im Anschluss daran sind aber erneut Zeiten vorhanden, die weder Anrechnungszeiten sind, noch nach § 43 Abs. 4 SGB VI berücksichtigt werden können. Für eventuelle medizinische Leistungsfälle, die nach Juli 2017 eingetreten wären, wären von der Klägerin somit bereits die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Eine derartige zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens aufgrund von dauerhaften Gesundheitsstörungen ist bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Äußerungen sämtlicher Gutachter. Danach sind bei der Klägerin rein somatische Erkrankungen von absolut untergeordneter Bedeutung. Die psychisch bedingten Schmerzen und die psychisch bedingte Ermüdung lassen sich zwar eindeutig feststellen. Sie liegen auch bereits seit langem vor und sind chronifiziert. In ihrem Schweregrad führen sie aber weder allein noch in Kombination dazu, dass eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens der Klägerin an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes vorliegen würde.
Für den Senat ergibt sich für die Klägerin auf Grund der gutachterlichen Feststellungen seit der Rentenantragstellung bis heute folgendes unverändertes Leistungsbild: Die Klägerin kann auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung der entsprechenden Arbeitsbedingungen täglich 6 Stunden oder mehr leichte körperliche Arbeit im Sitzen oder im Wechselrhythmus mit zeitweise bis zu mittelschweren Belastungsanteilen verrichten. Ausgeschlossen sind besondere Schichtformen, besondere Stressbelastung, ungünstige äußere Arbeitsbedingungen, besondere Unfallgefährdung sowie wegen der Schmerzneigung generell auch besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems.
Im aktuellen Gutachten des Dr. C. wird näher beschrieben, dass rezidivierende depressive Störungen affektive Erkrankungen sind, die von episodenhaften depressiven Verstimmungen durchaus unterschiedlichen Schweregrades bestimmt sind und in Remissionsphasen bzw. kompensiert durch eine geeignete Behandlung erscheinungsfrei sind. Bei der Klägerin hätten sich solche in Bezug auf das Vorliegen einer Depression unauffälligen Befunde bei seiner eigenen Untersuchung und bei der Untersuchung durch Dr. B. gefunden. Episoden der depressiven Verstimmung würden vorübergehende Phasen der Arbeitsunfähigkeit und noch keine dauerhafte Erwerbsminderung darstellen. Eine dauerhafte zeitliche Einschränkung hat sich aber - unabhängig davon, ob entsprechend der Annahme des Sachverständigen Besserungsaussichten bestehen oder nicht - bisher nicht nachweisen lassen. Die Ausführungen der Dr. A. und der Dr. H. stützen sich zentral auf Angaben der Klägerin, ohne dass ein Objektivieren der Befunde gelungen wäre. Dr. C. legt zwar weiter dar, dass die Verknüpfung von somatoformer Schmerzstörung und chronischem Müdigkeitssyndrom bei der Klägerin sich darin zeige, dass sie auf Stress mit depressiven Verstimmungen, organmedizinisch nicht begründbaren Schmerzen und in letzter Zeit mit Müdigkeit reagiere. Im Extremfall könne dies zwar zu einem aufgehobenen Anpassungs- und Umstellungsvermögen führen. Ein solcher Schweregrad sei aber weder in der eigenen Untersuchung, noch in den testpsychologischen Erhebungen ersichtlich gewesen. Die medizinischen Voraussetzungen einer vollen Erwerbsminderung sind nicht nachgewiesen.
Zusätzlich kommt hinzu, dass die Sachverständigen noch ein Behandlungspotential erkennen. Sie räumen zwar ein, dass die Therapie durch das verfestigte Krankheitsverständnis der Klägerin, in dem psychische Ursachen keinen Raum haben, erschwert ist. Ein der Behandlung nicht mehr zugänglicher Endzustand wird aber noch nicht gesehen. Für die Frage einer Rentengewährung ist allgemein zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08). Trotz erfolgter ambulanter Psychotherapieansätze ist es aus Sicht des Senates zumindest höchst fraglich, ob man von einer Ausschöpfung der Behandlungsoptionen auf psychischem Gebiet ausgehen kann. Die Gutachter sehen eine leitliniengerechte Behandlung hier noch nicht durchgeführt. Soweit die behandelnden Ärzte die Prognosen für einen Behandlungserfolg negativer einschätzen, vermag dies mangels vertiefter Begründung nicht zu überzeugen. Für die Frage des Rentenanspruchs kann dies aber dahingestellt bleiben, da bereits das aktuelle Leistungsbild einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes entgegensteht.
Auch wenn in bestimmten Ausnahmefällen eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung auch dann erfolgen kann, wenn die in § 43 Abs. 2 SGB VI geforderte quantitative Einschränkung nicht besteht, führt dies bei der Klägerin nicht zur Rentengewährung, da kein derartiger Ausnahmefall vorliegt. Die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten sog. Katalogfall sind nicht erfüllt. Für die Prüfung ist nach dem BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R - zitiert nach juris) mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn 37 mwN).
Für den Senat ergeben sich bereits keine ernsthaften Zweifel an der Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da fast alle Arbeitsfelder als grundsätzlich geeignet anzuführen wären. Zwar kommen zu den Einschränkungen der psychischen Leistungskapazität noch Beschränkungen einiger körperlicher Funktionen hinzu. Aber selbst wenn man zur Annahme von ernstlichen Zweifeln gelangen würde, so stellen jedenfalls die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen sich nicht als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit und auch nicht als Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen dar. Eine solche Summierung würde voraussetzen, dass zu den Einschränkungen der Belastbarkeit, wie sie üblicherweise bei physisch und teilweise psychisch geschwächten Erwerbsfähigen zu beobachten sind, besondere weiter reichende Einschränkungen hinzutreten. Die bei der Klägerin festgestellten Einschränkungen waren dagegen gerade nicht so weitgehend, insbesondere sind die Einschränkungen der Sinneswahrnehmung moderat gewesen. Der ärztliche Sachverständige Dr. C. geht ausführlich darauf ein, dass die Erkrankung der Klägerin nicht den erforderlichen Schweregrad aufweist, um das Anpassungs- und Umstellungsvermögen im Sinne einer schweren spezifischen Behinderung aufzuheben.
Bei der Klägerin ist zur Überzeugung des Senats auch das Vorliegen der hilfsweise geltend gemachten teilweisen Erwerbsminderung nicht nachgewiesen. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ein solches Leistungsbild wird für den genannten Zeitraum ebenfalls von keinem der Gutachter als vorliegend angenommen. Das Vorliegen einer quantitativen Einschränkung des Einsatzvermögens ist wie bereits beschrieben bei der Klägerin nicht nachgewiesen.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI ist nicht geltend gemacht worden. Die Klägerin hätte auch keinen Anspruch darauf, da sie auf Grund ihres Geburtsjahrganges nicht zu dem von dieser Vorschrift grundsätzlich erfassten Personenkreis gehört.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1971 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und Ehegattin eines Spätaussiedlers (§ 7 Abs. 2 Bundesvertriebenengesetz - BVFG). Sie ist am 17.09.1994 aus Kirgisistan nach Deutschland zugezogen und hatte dort ein Hochschulstudium als Wirtschaftswissenschaftlerin absolviert. In Deutschland war sie in den Jahren 1995 bis 1997 zeitweilig mit befristeten Verträgen als Arbeiterin in einer Süßwarenfabrik, in einem Automobilzulieferbetrieb und in einem Winzereibetrieb beschäftigt gewesen. Später bezog die Klägerin ab 2005 bis 2011 und nochmals von März 2015 bis September 2016 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), wobei bis Ende 2010 daraus auch Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden waren.
Am 14.11.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie gab hierbei an, seit etwa 1998 an Depressionen und körperlichen Schmerzen mit Muskelschmerzen und Kopfschmerzen sowie schneller Erschöpfung und Schlafstörungen zu leiden. Stationäre Behandlungen hätten im August/September 2013 und erneut ab November 2013 stattgefunden.
Am 31.01.2014 wurde die Klägerin auf Veranlassung der Beklagten durch den Psychiater und Sozialmediziner Dr. M. untersucht. Dieser stellte folgende Diagnosen: 1. Verdacht auf Persönlichkeitsstörung mit Übernachhaltigkeit und überdauernder depressiver Symptomatik. 2. Verdacht auf Somatisierungsstörung. 3. COPD II. Grades. 4. Adipositas. Die Klägerin habe angegeben, es würden familiäre Belastungen vorliegen. Bei der körperlich-neurologischen Untersuchung hätte sich eine erhöhte Schmerzhaftigkeit nicht objektivieren lassen. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten ohne erhöhte psychische Belastungen im Umfang von täglich sechs Stunden und mehr ausüben. Der Schweregrad dürfe mittelschwere Tätigkeiten nicht überschreiten; Nachtschicht sei nicht möglich.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 04.02.2014 ab. Die medizinischen Ermittlungen hätten ergeben, dass ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe, da die Klägerin täglich noch mindestens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 28.02.2014 Widerspruch ein und machte geltend, dass sie bereits seit Jahren an einem depressiven Syndrom mit ausgeprägter Antriebsschwäche leide. Hinzu kämen multiple körperliche Beschwerden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2014 zurück; im Widerspruchsverfahren hätten sich keine neuen medizinischen Erkenntnisse ergeben.
Ab 04.03.2014 befand sich die Klägerin zur stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik Bad N., aus der sie am 10.04.2014 arbeitsunfähig entlassen wurde.
Am 23.04.2014 hat die Klägerin per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Sie hat auf ihre psychischen Beschwerden hingewiesen, die stationäre Behandlungen erforderlich gemacht hätten. Wegen zusätzlicher körperlicher Beschwerden sei eine psychosomatische Leistungsbeurteilung erforderlich.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten eingeholt und zwar bei Dr. H., Allgemeinmediziner, am 22.07.2014 und bei Dr. R., Facharzt für Psychosomatische Medizin, am 01.09.2014. Dr. S. hat von einem einmaligen ambulanten Kontakt am 27.05.2013 berichtet. Eine psychosomatische Krankenhausbehandlung sei vom 13.08.2014 bis 27.08.2014 in der H. Klinik U-Stadt erfolgt.
Das Sozialgericht hat sodann die Fachärztin für Neurologie und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Diese hat ihre gutachterliche neurologisch-psychosomatische Äußerung am 05.11.2014 abgegeben, nachdem sie die Klägerin am 30.10.2014 untersucht hatte. Als Diagnosen sind - eine depressive und histrionische Persönlichkeitsstruktur mit Übernachhaltigkeit und überdauernder depressiver Symptomatik, - eine Somatisierungsstörung mit chronischen orthopädischen Beschwerden ohne radikuläres Defizit, - COPD II. Grades und - Adipositas genannt worden. Der Leidensdruck, der im Zusammenhang mit einem Ganzkörper-schmerz angegeben werde, kontrastiere mit der Tatsache, dass die Klägerin noch nie eine Psychotherapie gemacht habe und praktisch gar nicht von der stationären psychosomatischen Behandlung im Frühjahr profitiert habe. Die Klägerin sei in psychischer Hinsicht in erster Linie klagsam, nicht vital depressiv verstimmt. Augenblicklich sei von einem positiven Leistungsbild für leichte bis mittelschwere vollschichtige Arbeit auszugehen. Es solle sich um Tätigkeiten in wechselnder Stellung handeln. Arbeiten unter Zeitdruck, Wochenendarbeit, Arbeiten mit erheblicher Eigenverantwortung und unter Lärm kämen nicht in Frage. Ebenso dürften Zwangshaltungen, Bücken, Überkopfarbeit und Tragen von Lasten nicht abverlangt werden.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 18.12.2014 durch Gerichtsbescheid entschieden und die Klage abgewiesen: Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen würden keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bedingen. Im überzeugenden gerichtsärztlichen Sachverständigengutachten würden die bestehenden Gesundheitsstörungen dargestellt und schlüssig und hinreichend begründet, dass weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Stellung ausgeführt werden könnten.
Hiergegen hat die Klägerin mit Telefax-Schreiben am 21.01.2015 über das Sozialgericht Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat auf die stattgehabten stationären Behandlungen hingewiesen und vorgetragen, dass sie nunmehr bei der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. in Behandlung stehe. Von dieser sei eine schwere Somatisierungsstörung bei schwerer depressiver Erkrankung diagnostiziert worden, die einer psychotherapeutischen oder psychosomatischen Behandlung nicht mehr zugänglich sei. Die Klägerin hat zu ihrer aktuellen gesundheitlichen Situation verschiedene Arztbriefe vorgelegt, zu denen Dr. M. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten am 02.10.2015 Stellung genommen hat: In den aktuellen ärztlichen Unterlagen sei kein ausreichender psychischer oder körperlicher Untersuchungsbefund erhoben worden, der relevante Aussagen bezüglich des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich mache. Zudem sei bereits bei Frau Dr. B. der Eindruck einer durchgehenden Aggravation bei der Klägerin beschrieben worden. Insofern seien auch die aktuellen Beschwerdeäußerungen der Klägerin nicht mit einem objektiven Befund gleichzusetzen. Der sozialmedizinischen Beurteilung der Dr. B. sei weiter zu folgen.
Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Fachärzten Ch. W. am 18.01.2016 und Dr. E. am 10.02.2016 sowie bei der Allgemeinmedizinerin Dr. D. am 26.02.2016 eingeholt. Die Beklagte hat unter Berufung auf Frau Dr. H. von ihrem Ärztlichen Prüfdienst ausgeführt, dass aufgrund der aktuellen ärztlichen Unterlagen eine Verschlechterung der Gesundheit der Klägerin seit der Begutachtung durch Frau Dr. B. im November 2014 nicht auszuschließen sei.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten bei der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. F. eingeholt, die die Klägerin am 01.04.2016 untersucht hat. In ihrem Gutachten vom 03.05.2016 sind folgende Angaben der Klägerin festgehalten: Sie fühle sich von den behandelnden Ärzten unverstanden und auch die stationären Behandlungen hätten ihr nichts gebracht. Sie habe das Gefühl, niemand könne ihr helfen. Sie habe zwar immer wieder verschiedene Psychotherapeuten besucht, sei aber davon überzeugt, dass ihre Beschwerden körperlich seien. Die Sachverständige Dr. F. hat dargelegt: Bei der psychopathologischen Befundung hätten sich bei der Klägerin weder eine vital depressive Herabsenkung, noch die beklagte Einschränkung der Aufmerksamkeit oder der Auffassung feststellen lassen. Diagnostisch sei von - einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode und - einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bei narzisstisch-histrionischer Persönlichkeitsstörung und Migräne auszugehen. Die Klägerin sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6-stündig erwerbstätig zu sein, wobei es sich um leichte bis mittelschwere Arbeiten handeln sollte. Vermieden werden sollten Tätigkeiten besonderer nervlicher Belastung, wie Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechsel- und Nachtschicht sowie Arbeiten an laufenden Maschinen und unter Lärm. Trotz der skeptischen Einschätzung seitens der Psychotherapeuten hat die Gutachterin erneut eine Psychotherapie empfohlen.
Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, dass im Gutachten die allgemeinärztliche Befundung der Dr. D. nicht erwähnt und nicht berücksichtigt worden sei. Weiterhin hat die Klägerin geltend gemacht, es solle noch eine Abklärung abgewartet werden, ob bei ihr eine Autoimmunerkrankung vorliege.
Der Senat hat im Folgenden den Untersuchungsbefund bei der C. Centrum für Innere Medizin und Dermatologie in G-Stadt vom 17.08.2016 angefordert. Hierin ist über eine Autoimmunerkrankung nichts berichtet worden. Stattdessen ist davon die Rede, dass die Klägerin eine schwere Fatigue-Symptomatik mit Beginn in der Kindheit vorbringe. Die Klägerin stehe unter hohem Leidensdruck und sei glaubhaft nicht arbeitsfähig. Eine ambulante Behandlung der Fatigue-Erkrankung werde empfohlen.
Vorgelegt worden ist eine Bescheinigung der behandelnden Hausärztin Dr. D. vom 24.01.2017, wonach sich in der Diagnostik zwar keine immunologischen Auffälligkeiten gefunden hätten, jedoch bei durchaus auffälliger Schilderung der Krankheitssymptome sich nicht immer eindeutig zwischen somatischen und psychischen Ursachen der Erkrankung differenzieren lasse.
Dr. M. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten hat in seiner Stellungnahme vom 02.02.2017 darauf hingewiesen, dass sich in der Diagnostik der C. in G-Stadt keine "nicht erklärbare andauernde Erschöpfung" im Sinne eines Fatigue-Syndroms habe feststellen lassen. Die C. habe aber eingeräumt, dass eine Beurteilung bezüglich der psychiatrischen und psychosomatischen Diagnosen nicht in ihr Fachgebiet falle. Hingewiesen wurde erneut auf die Aggravationsneigungen und das Rentenbegehren der Klägerin. Eine Änderung der sozialmedizinischen Beurteilung sei nicht angezeigt.
In gleichem Sinne hat sich die Prüfärztin Dr. H. am 14.02.2017 zu dem ergänzend vorgelegten nervenärztlichen Bericht von Frau Dr. H. vom 12.01.2017 geäußert. Dieser dokumentiere keine schwerwiegenden neurokognitiven Beeinträchtigungen.
Eine Untersuchung in der Klinik und Poliklinik für Neurologie am 21.06.2017 hat keine Hinweise für eine Muskelerkrankung oder eine chronisch-entzündliche Zentralnervensystem-Erkrankung erbracht. Wegen der psychiatrischen Erkrankung sei eine entsprechende Behandlung empfohlen worden, die die Klägerin aber derzeit nicht annehmen könne.
Der Senat hat ein weiteres Gutachten, nunmehr beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. C., eingeholt, der die Klägerin am 25.07.2017 untersucht hat. Nach der eigenen Untersuchung und in Auswertung der vorliegenden Unterlagen sind als Diagnosen - eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, - ein chronisches Müdigkeitssyndrom sowie - eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert) und - eine kombinierte Persönlichkeitsstörung festgestellt worden. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung und chronisches Müdigkeitssyndrom seien dabei funktionell eng miteinander verknüpft. Der Zusammenhang dieser beiden Symptomebenen bestehe darin, dass die Klägerin auf Stress, psychische und auch auf körperliche Belastungen nicht nur mit depressiven Verstimmungen reagiere, sondern auch mit organmedizinisch nicht begründbaren Schmerzen sowie in letzter Zeit auch mit Müdigkeit. Beide Erkrankungen beruhten ganz wesentlich auf dysfunktionalen intrapsychischen Verarbeitungsmechanismen und unterdurchschnittlicher Stresstoleranz. Sie könnten nicht zielführend mit organmedizinischen Mittel behandelt werden. Notwendig sei vielmehr eine Kombination von ambulanten und stationären psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen und psychosomatischen Behandlungsmaßnahmen. Auch wenn die in den Akten wiederholt geschilderte Reserviertheit der Klägerin gegenüber derartigen Behandlungsansätzen die Therapiemotivation und die Therapieaussichten eintrüben würden, so könne man der Klägerin dennoch keine unzureichende Mitwirkungsbereitschaft zuordnen. Problematisch sei ihr subjektives, wahrscheinlich auch durch ihre soziokulturelle Prägung bedingtes Empfinden, dass psychische und psychosomatische Gesundheitsstörungen keine richtigen Krankheiten darstellten und affektive Verstimmungen mit Charakterfehlern wie Faulheit gleichzusetzen seien. Eine derartige Haltung stelle zwar eine Erschwernis dar. Ein Endzustand der Erkrankung sei aber noch nicht gegeben. Eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens durch die Persönlichkeitsstörung lasse sich in Anbetracht der Vorgeschichte und der tatsächlich erfolgten Tätigkeiten nicht nachweisen. Aufgrund der funktionellen Auswirkungen der Persönlichkeitsstörungen würden zwar keine quantitativen, jedoch qualitative Leistungsminderungen vorliegen und zwar für alle Tätigkeiten, die ein besonderes Anpassungs- und Umstellungsvermögen erforderten. Sozialmedizinisch sei von einem Leistungsvermögen für mindestens sechs Stunden auszugehen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte körperliche Arbeiten vorwiegend im Sitzen und in wechselnder Stellung ausgeübt werden. Diese müssten ohne besondere nervliche Belastung wie Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Wechselschicht, Nachtschicht und ohne besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems sowie ohne unfallgefährdete Tätigkeiten und ohne ungünstige äußere Bedingungen möglich sein.
Die Klägerin hat als Reaktion auf das Gutachten ein weiteres fachärztliches Attest der behandelnden Nervenärztin Dr. H. vom 22.08.2017 übersandt, die ausgeführt hat, dass aufgrund der Schwere der Erkrankungen und des langjährig bestehenden Krankheitsbildes auch in Zukunft von keiner Besserung und damit Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Der Senat hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C. eingeholt, die dieser am 27.09.2017 vorgelegt hat: Das vorgelegte Attest bringe keine neuen Erkenntnisse und führe zu keiner Abänderung der sozialmedizinischen Beurteilung. Auch sei darin nur von mehrfachen Therapieansätzen und nicht von einer abgeschlossenen Therapie die Rede. Dies sei aber noch keine nach den maßgeblichen Leitlinien erschöpfende Behandlung gewesen.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat die Klägerin bei Rentenantragstellung erfüllt gehabt. Sie kann aus ihren Beschäftigungen und mit Kindererziehungszeiten die erforderliche Mindestanzahl an Pflichtbeitragszeiten, die sog. allgemeine Wartezeit von 5 Jahren d.h. 60 Beitragsmonaten nach § 50 Abs. 1 SGB VI, vorweisen bzw. überschreiten. Dies ist allerdings erst ab September 2000 der Fall gewesen, d.h. dass für den von der Klägerin auch vorgebrachten Zeitpunkt der gesundheitlichen Einschränkungen ab 1998 diese Voraussetzung nicht erfüllt gewesen wäre. Soweit die Klägerin an anderer Stelle davon spricht, dass sie bereits als Jugendliche entsprechende Einschränkungen gehabt hätte, wären diese in das Erwerbsleben mit eingebracht und würden von vornherein keine Rente wegen Erwerbsminderung zulassen, da die Voraussetzungen des § 43 Abs. 6 SGB VI offensichtlich nicht erfüllt sind.
In dem nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI zu prüfenden Fünfjahreszeitraum, der bei einem mit der Rentenantragstellung angenommenen Leistungsfall von November 2008 bis November 2013 laufen würde, hat die Klägerin zwar nur 26 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Der Zeitraum verlängert sich nach § 43 Abs. 4 Nr. 6 SGB VI jedoch um Anrechnungszeiten wegen Bezugs von SGB II-Leistungen um 35 Monate, so dass im verlängerten Zeitraum 61 Monate Pflichtbeitragszeiten vorliegen und die erforderliche Zahl an Beitragsmonaten damit überschritten ist.
Allerdings bezieht die Klägerin aktuell nach ihren Angaben keine Leistungen nach dem SGB II mehr und hat solche auch im Zeitraum von Januar 2014 bis Februar 2015 nicht bezogen. In dieser Zeit ist sie auch nicht arbeitsuchend ohne Leistungsbezug gemeldet gewesen und es hat auch sonst keine Anrechnungszeit vorgelegen. Zwar sind die erneuten Zeiten des Bezuges von SGB II-Leistungen nach § 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI unabhängig von einer vorherigen Unterbrechung wieder Anrechnungszeiten. Im Anschluss daran sind aber erneut Zeiten vorhanden, die weder Anrechnungszeiten sind, noch nach § 43 Abs. 4 SGB VI berücksichtigt werden können. Für eventuelle medizinische Leistungsfälle, die nach Juli 2017 eingetreten wären, wären von der Klägerin somit bereits die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Eine derartige zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens aufgrund von dauerhaften Gesundheitsstörungen ist bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich für den Senat aus den übereinstimmenden Äußerungen sämtlicher Gutachter. Danach sind bei der Klägerin rein somatische Erkrankungen von absolut untergeordneter Bedeutung. Die psychisch bedingten Schmerzen und die psychisch bedingte Ermüdung lassen sich zwar eindeutig feststellen. Sie liegen auch bereits seit langem vor und sind chronifiziert. In ihrem Schweregrad führen sie aber weder allein noch in Kombination dazu, dass eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens der Klägerin an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes vorliegen würde.
Für den Senat ergibt sich für die Klägerin auf Grund der gutachterlichen Feststellungen seit der Rentenantragstellung bis heute folgendes unverändertes Leistungsbild: Die Klägerin kann auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei Beachtung der entsprechenden Arbeitsbedingungen täglich 6 Stunden oder mehr leichte körperliche Arbeit im Sitzen oder im Wechselrhythmus mit zeitweise bis zu mittelschweren Belastungsanteilen verrichten. Ausgeschlossen sind besondere Schichtformen, besondere Stressbelastung, ungünstige äußere Arbeitsbedingungen, besondere Unfallgefährdung sowie wegen der Schmerzneigung generell auch besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems.
Im aktuellen Gutachten des Dr. C. wird näher beschrieben, dass rezidivierende depressive Störungen affektive Erkrankungen sind, die von episodenhaften depressiven Verstimmungen durchaus unterschiedlichen Schweregrades bestimmt sind und in Remissionsphasen bzw. kompensiert durch eine geeignete Behandlung erscheinungsfrei sind. Bei der Klägerin hätten sich solche in Bezug auf das Vorliegen einer Depression unauffälligen Befunde bei seiner eigenen Untersuchung und bei der Untersuchung durch Dr. B. gefunden. Episoden der depressiven Verstimmung würden vorübergehende Phasen der Arbeitsunfähigkeit und noch keine dauerhafte Erwerbsminderung darstellen. Eine dauerhafte zeitliche Einschränkung hat sich aber - unabhängig davon, ob entsprechend der Annahme des Sachverständigen Besserungsaussichten bestehen oder nicht - bisher nicht nachweisen lassen. Die Ausführungen der Dr. A. und der Dr. H. stützen sich zentral auf Angaben der Klägerin, ohne dass ein Objektivieren der Befunde gelungen wäre. Dr. C. legt zwar weiter dar, dass die Verknüpfung von somatoformer Schmerzstörung und chronischem Müdigkeitssyndrom bei der Klägerin sich darin zeige, dass sie auf Stress mit depressiven Verstimmungen, organmedizinisch nicht begründbaren Schmerzen und in letzter Zeit mit Müdigkeit reagiere. Im Extremfall könne dies zwar zu einem aufgehobenen Anpassungs- und Umstellungsvermögen führen. Ein solcher Schweregrad sei aber weder in der eigenen Untersuchung, noch in den testpsychologischen Erhebungen ersichtlich gewesen. Die medizinischen Voraussetzungen einer vollen Erwerbsminderung sind nicht nachgewiesen.
Zusätzlich kommt hinzu, dass die Sachverständigen noch ein Behandlungspotential erkennen. Sie räumen zwar ein, dass die Therapie durch das verfestigte Krankheitsverständnis der Klägerin, in dem psychische Ursachen keinen Raum haben, erschwert ist. Ein der Behandlung nicht mehr zugänglicher Endzustand wird aber noch nicht gesehen. Für die Frage einer Rentengewährung ist allgemein zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08). Trotz erfolgter ambulanter Psychotherapieansätze ist es aus Sicht des Senates zumindest höchst fraglich, ob man von einer Ausschöpfung der Behandlungsoptionen auf psychischem Gebiet ausgehen kann. Die Gutachter sehen eine leitliniengerechte Behandlung hier noch nicht durchgeführt. Soweit die behandelnden Ärzte die Prognosen für einen Behandlungserfolg negativer einschätzen, vermag dies mangels vertiefter Begründung nicht zu überzeugen. Für die Frage des Rentenanspruchs kann dies aber dahingestellt bleiben, da bereits das aktuelle Leistungsbild einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes entgegensteht.
Auch wenn in bestimmten Ausnahmefällen eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung auch dann erfolgen kann, wenn die in § 43 Abs. 2 SGB VI geforderte quantitative Einschränkung nicht besteht, führt dies bei der Klägerin nicht zur Rentengewährung, da kein derartiger Ausnahmefall vorliegt. Die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten sog. Katalogfall sind nicht erfüllt. Für die Prüfung ist nach dem BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R - zitiert nach juris) mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn 37 mwN).
Für den Senat ergeben sich bereits keine ernsthaften Zweifel an der Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da fast alle Arbeitsfelder als grundsätzlich geeignet anzuführen wären. Zwar kommen zu den Einschränkungen der psychischen Leistungskapazität noch Beschränkungen einiger körperlicher Funktionen hinzu. Aber selbst wenn man zur Annahme von ernstlichen Zweifeln gelangen würde, so stellen jedenfalls die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen sich nicht als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit und auch nicht als Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen dar. Eine solche Summierung würde voraussetzen, dass zu den Einschränkungen der Belastbarkeit, wie sie üblicherweise bei physisch und teilweise psychisch geschwächten Erwerbsfähigen zu beobachten sind, besondere weiter reichende Einschränkungen hinzutreten. Die bei der Klägerin festgestellten Einschränkungen waren dagegen gerade nicht so weitgehend, insbesondere sind die Einschränkungen der Sinneswahrnehmung moderat gewesen. Der ärztliche Sachverständige Dr. C. geht ausführlich darauf ein, dass die Erkrankung der Klägerin nicht den erforderlichen Schweregrad aufweist, um das Anpassungs- und Umstellungsvermögen im Sinne einer schweren spezifischen Behinderung aufzuheben.
Bei der Klägerin ist zur Überzeugung des Senats auch das Vorliegen der hilfsweise geltend gemachten teilweisen Erwerbsminderung nicht nachgewiesen. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ein solches Leistungsbild wird für den genannten Zeitraum ebenfalls von keinem der Gutachter als vorliegend angenommen. Das Vorliegen einer quantitativen Einschränkung des Einsatzvermögens ist wie bereits beschrieben bei der Klägerin nicht nachgewiesen.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI ist nicht geltend gemacht worden. Die Klägerin hätte auch keinen Anspruch darauf, da sie auf Grund ihres Geburtsjahrganges nicht zu dem von dieser Vorschrift grundsätzlich erfassten Personenkreis gehört.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.12.2014 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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