Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 23 SB 180/11
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 SB 31/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Februar 2017 wird aufgehoben.
Die Kosten für das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz eingeholte Gutachten des Dr. K. vom 26. November 2014 werden von der Staatskasse übernommen.
Die Staatskasse hat dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer (nachfolgend Kläger) begehrt die Erstattung von Kosten für ein nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Gutachten.
Im Verwaltungsverfahren wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt, dem u.a. ein Einzel-GdB von 20 für die Hörminderung zugrunde lag. Der Kläger hat am 27. Mai 2011 Klage beim Sozialgericht M. (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, aufgrund der Schwerhörigkeit sei ein GdB von 50 festzustellen. Zur Sachaufklärung sei insbesondere ein Sachverständigengutachten notwendig.
Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Nach dem Bericht des Facharztes für HNO Dr. S. über die Behandlung von 2006 bis 2009 liege beim Kläger eine Hörminderung mit Progredienz vor. Außerdem hat das SG die Epikrise vom stationären Aufenthalt des Klägers von Mai bis Juni 2010 in der Tinnitus-Klinik B. A. eingeholt. Dort ist über eine zunehmende Verschlechterung der Innenohrschwerhörigkeit beidseits und einen Tinnitus berichtet worden. Dazu sind entsprechende Audiogramme übersandt worden. Schließlich hat der Befundbericht der Fachärztin für HNO Dr. W. vom 20. Juni 2013 vorlegen. Danach habe ein Hörverlust nach dem Tonaudiogramm von rechts 75% und links 55 % und nach dem Sprachaudiogramm von rechts 60% und links 50 % bestanden. Dabei sei das gewichtete Gesamtwortverstehen zugrunde gelegt worden. Der Tinnitus sei mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen verbunden.
In Auswertung der Befunde hat der Beklagte auf die prüfärztliche Stellungnahme seiner Gutachterin Dr. W. vom 1. August 2013 verwiesen, wonach die Hörminderung unter Zugrundelegung des gewichteten Gesamtwortverstehens mit einem GdB von 20 und der Tinnitus mit psychovegetativen Begleiterscheinungen ebenfalls mit einem GdB von 20 zu bewerten sei. Das SG hat dem Kläger mit Schreiben vom 13. August 2013 mitgeteilt: Da aussagefähige Befunde vorlägen und für die Hörminderung nach dem Bericht vom 20. Juni 2013 maximal ein GdB von 30 angenommen werden könne, sehe sich das Gericht nicht veranlasst, ein Gutachten nach § 106 SGG einzuholen.
Der Kläger hat daraufhin eine weitere Epikrise der Tinnitus-Klinik B. A. vom 10. Oktober 2013 mit Audiogrammen übersandt. Danach liege beim ihm mittlerweile eine beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit vor. Die ärztliche Gutachterin des Beklagten Dr. W. hat in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 14. November 2013 mitgeteilt, anhand der Befunde von Oktober 2013 seien eine Verschlechterung des Hörvermögens und eine Besserung des Tinnitus festzustellen. Aus dem Sprachaudiogramm sei nunmehr ein GdB von 30 für die Hörminderung abzuleiten. Der Kläger hat sodann einen weiteren Bericht der Tinnitus-Klinik B. A. vom 11. Dezember 2013 vorgelegt.
Schließlich hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG der Chefarzt des Klinikums M., Klinik für HNO-Heilkunde, Dr. K. das Gutachten vom 26. November 2014 erstattet. Der Sachverständige hat die Auffassung vertreten, dass die Einschätzung durch die Prüfärztin Dr. W. nicht korrekt erfolgt sei. Nach dem gewichteten Gesamtwortverstehen schätze er den GdB auf 50 ein. Der Beklagte ist dem Gutachten entgegengetreten und hat vorgetragen, der Sachverständige habe nicht die Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beachtet. Die Hörminderung sei mit einem GdB von 30 zu bewerten. Mit den darüber hinaus bestehenden Beeinträchtigungen könne kein höherer GdB als 40 zur Vergabe gebracht werden.
Im weiteren Verfahrensverlauf hat der Kläger weitere HNO-Berichte vorgelegt und das SG nochmals Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. W. hat am 30. September 2016 Audiogramme vom 18. Juli 2016 vorgelegt und eine kontinuierliche Verschlechterung des Hörvermögens mitgeteilt. Daraufhin hat sich der Beklagte mit Schreiben vom 4. November 2016 vergleichsweise bereit erklärt, die Hörbehinderung mit Tinnitus ab Juli 2016 mit einem GdB von 50 zu bewerten. Der Kläger hat diesen Vergleichsvorschlag am 25. November 2016 angenommen und beantragt, die Kosten für das Gutachten gemäß § 109 SGG der Staatskasse aufzuerlegen, da das Gutachten zum Vergleich geführt habe.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2017 hat das SG die Übernahme der Kosten für das Gutachten von Dr. K. abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts sei durch das Gutachten nicht wesentlich gefördert worden. Dieses habe keine nachvollziehbare und schlüssige Grundlage für die Bewertung des GdB im vorliegenden Verfahren gebildet. So hätten auch die durch den Gutachter mitgeteilten Messwerte keine andere Beurteilung gerechtfertigt als die zuvor in den eingeholten Befundberichten bekannten Bewertungsgrundlagen. Das Verfahren habe sich durch spätere Befunde erledigt, die eine Verschlechterung der Messwerte belegten.
Gegen den ihm am 24. Februar 2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 24. März 2017 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Der Sachverständige Dr. K. habe seine Schwerhörigkeit richtig eingeschätzt. Hätte sich das Gericht dem Gutachten bereits zum damaligen Zeitpunkt angeschlossen, wäre das Verfahren mit demselben Ergebnis bereits zu diesem Zeitpunkt beendet worden.
Der Beschwerdegegner vertritt die Auffassung, dass der Vergleichsvorschlag des Beklagten sich auf die vom Gericht eingeholten Befunde gestützt habe und nicht, wie der Kläger meint, auf das Gutachten nach § 109 SGG.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Kosten für das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. K. sind auf die Staatskasse zu übernehmen.
Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die beantragte Anhörung eines Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über die endgültige Kostentragungspflicht nach § 109 SGG entscheidet das Gericht nach Ermessen durch Beschluss. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Ermessensentscheidung über die Kostenübernahme auf die Staatskasse, ob das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 109 RdNr. 16a). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Sachverständige wesentliche, bisher noch nicht bekannte rechtserhebliche Tatsachen feststellt und sich zu deren Bedeutung für den zu entscheidenden Rechtsstreit äußert. Dies gilt auch, wenn anstelle einer von Amts wegen gebotenen Sachaufklärung ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt wird oder in Fällen, in denen wegen des § 109 SGG-Gutachtens ein Anerkenntnis abgegeben oder ein Vergleich geschlossen wird (Keller, a.a.O.). Von objektiv wesentlichen Gesichtspunkten zur Sachverhaltsaufklärung kann nur dann gesprochen werden, wenn zusätzliche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Entscheidung geführt haben, die auf der Grundlage des bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisses nicht möglich gewesen wäre.
Danach waren die Kosten für das Gutachten von Dr. K. durch die Staatskasse zu tragen, denn es hat die von Amts wegen erforderliche Sachaufklärung übernommen.
Nach dem Bericht der Tinnitus-Klinik B. A. vom 10. Oktober 2013 hat der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer weiteren Verschlechterung an einer beidseitigen hochgradigen Schwerhörigkeit gelitten. Diese verbale Einschätzung rechtfertigt nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 5.2.4) einen GdB von 50. Da der Beklagte zwar ebenfalls eine Verschlechterung gesehen, diese aber noch nicht als beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit mit einem GdB von 50, sondern nur mit einem GdB von 30 bewertet hat, wäre eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen angezeigt gewesen. Weder auf der Grundlage der Einschätzung der behandelnden Klinik noch auf der Grundlage der prüfärztlichen Stellungnahme hätte eine sachgerechte Bewertung erfolgen können.
Diese von Amts wegen angezeigte Sachaufklärung ist nach § 109 SGG durch das Gutachten des Dr. K. am 26. November 2014 erfolgt. Dr. K. hat auf der Grundlage des gewichteten Gesamtwortverstehens nach seiner Untersuchung einen GdB von 50 vorgeschlagen (und damit eine Einschätzung der Tinnitus-Klinik B. A. bestätigt) und auf Fehler in den prüfärztlichen Stellungnahmen hingewiesen. Die Prüfärztin wiederum hat auf die aus ihrer Sicht nicht mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen vereinbare Bewertung des Gutachters aufmerksam gemacht. Durch die dargelegten Zweifel an den prüfärztlichen Bewertungen hat das Gutachten nicht nur die erforderliche Sachaufklärung von Amts wegen übernommen, sondern überdies neue rechtserhebliche Gesichtspunkte dargelegt und auch insoweit die Sachaufklärung objektiv wesentlich gefördert. Ob bereits im Jahr 2014 die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung der Hörminderung vorgelegen haben, ist auch nach Abschluss des Verfahrens offen geblieben. Nur durch die unstreitige weitere Verschlechterung des Hörvermögens, die zum Vergleichsvorschlag des Beklagten geführt hat, ist eine weitere Sachaufklärung nicht mehr erforderlich gewesen. Ob das Gericht schließlich (ggf. nach einer weiteren ergänzenden Sachaufklärung) dem Gutachten von Dr. K. gefolgt wäre, ist für die Kostenübernahme nicht entscheidend. Denn ein wesentliches Fördern hängt nicht davon ab, ob der Kläger auch letztendlich auf Grundlage des Gutachtens obsiegt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Ersatzpflichtig ist im Falle der erfolgreichen Beschwerde die Staatskasse.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Die Kosten für das gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz eingeholte Gutachten des Dr. K. vom 26. November 2014 werden von der Staatskasse übernommen.
Die Staatskasse hat dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer (nachfolgend Kläger) begehrt die Erstattung von Kosten für ein nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholtes Gutachten.
Im Verwaltungsverfahren wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 festgestellt, dem u.a. ein Einzel-GdB von 20 für die Hörminderung zugrunde lag. Der Kläger hat am 27. Mai 2011 Klage beim Sozialgericht M. (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, aufgrund der Schwerhörigkeit sei ein GdB von 50 festzustellen. Zur Sachaufklärung sei insbesondere ein Sachverständigengutachten notwendig.
Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Nach dem Bericht des Facharztes für HNO Dr. S. über die Behandlung von 2006 bis 2009 liege beim Kläger eine Hörminderung mit Progredienz vor. Außerdem hat das SG die Epikrise vom stationären Aufenthalt des Klägers von Mai bis Juni 2010 in der Tinnitus-Klinik B. A. eingeholt. Dort ist über eine zunehmende Verschlechterung der Innenohrschwerhörigkeit beidseits und einen Tinnitus berichtet worden. Dazu sind entsprechende Audiogramme übersandt worden. Schließlich hat der Befundbericht der Fachärztin für HNO Dr. W. vom 20. Juni 2013 vorlegen. Danach habe ein Hörverlust nach dem Tonaudiogramm von rechts 75% und links 55 % und nach dem Sprachaudiogramm von rechts 60% und links 50 % bestanden. Dabei sei das gewichtete Gesamtwortverstehen zugrunde gelegt worden. Der Tinnitus sei mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen verbunden.
In Auswertung der Befunde hat der Beklagte auf die prüfärztliche Stellungnahme seiner Gutachterin Dr. W. vom 1. August 2013 verwiesen, wonach die Hörminderung unter Zugrundelegung des gewichteten Gesamtwortverstehens mit einem GdB von 20 und der Tinnitus mit psychovegetativen Begleiterscheinungen ebenfalls mit einem GdB von 20 zu bewerten sei. Das SG hat dem Kläger mit Schreiben vom 13. August 2013 mitgeteilt: Da aussagefähige Befunde vorlägen und für die Hörminderung nach dem Bericht vom 20. Juni 2013 maximal ein GdB von 30 angenommen werden könne, sehe sich das Gericht nicht veranlasst, ein Gutachten nach § 106 SGG einzuholen.
Der Kläger hat daraufhin eine weitere Epikrise der Tinnitus-Klinik B. A. vom 10. Oktober 2013 mit Audiogrammen übersandt. Danach liege beim ihm mittlerweile eine beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit vor. Die ärztliche Gutachterin des Beklagten Dr. W. hat in ihrer prüfärztlichen Stellungnahme vom 14. November 2013 mitgeteilt, anhand der Befunde von Oktober 2013 seien eine Verschlechterung des Hörvermögens und eine Besserung des Tinnitus festzustellen. Aus dem Sprachaudiogramm sei nunmehr ein GdB von 30 für die Hörminderung abzuleiten. Der Kläger hat sodann einen weiteren Bericht der Tinnitus-Klinik B. A. vom 11. Dezember 2013 vorgelegt.
Schließlich hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG der Chefarzt des Klinikums M., Klinik für HNO-Heilkunde, Dr. K. das Gutachten vom 26. November 2014 erstattet. Der Sachverständige hat die Auffassung vertreten, dass die Einschätzung durch die Prüfärztin Dr. W. nicht korrekt erfolgt sei. Nach dem gewichteten Gesamtwortverstehen schätze er den GdB auf 50 ein. Der Beklagte ist dem Gutachten entgegengetreten und hat vorgetragen, der Sachverständige habe nicht die Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beachtet. Die Hörminderung sei mit einem GdB von 30 zu bewerten. Mit den darüber hinaus bestehenden Beeinträchtigungen könne kein höherer GdB als 40 zur Vergabe gebracht werden.
Im weiteren Verfahrensverlauf hat der Kläger weitere HNO-Berichte vorgelegt und das SG nochmals Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Dr. W. hat am 30. September 2016 Audiogramme vom 18. Juli 2016 vorgelegt und eine kontinuierliche Verschlechterung des Hörvermögens mitgeteilt. Daraufhin hat sich der Beklagte mit Schreiben vom 4. November 2016 vergleichsweise bereit erklärt, die Hörbehinderung mit Tinnitus ab Juli 2016 mit einem GdB von 50 zu bewerten. Der Kläger hat diesen Vergleichsvorschlag am 25. November 2016 angenommen und beantragt, die Kosten für das Gutachten gemäß § 109 SGG der Staatskasse aufzuerlegen, da das Gutachten zum Vergleich geführt habe.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2017 hat das SG die Übernahme der Kosten für das Gutachten von Dr. K. abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts sei durch das Gutachten nicht wesentlich gefördert worden. Dieses habe keine nachvollziehbare und schlüssige Grundlage für die Bewertung des GdB im vorliegenden Verfahren gebildet. So hätten auch die durch den Gutachter mitgeteilten Messwerte keine andere Beurteilung gerechtfertigt als die zuvor in den eingeholten Befundberichten bekannten Bewertungsgrundlagen. Das Verfahren habe sich durch spätere Befunde erledigt, die eine Verschlechterung der Messwerte belegten.
Gegen den ihm am 24. Februar 2017 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 24. März 2017 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Der Sachverständige Dr. K. habe seine Schwerhörigkeit richtig eingeschätzt. Hätte sich das Gericht dem Gutachten bereits zum damaligen Zeitpunkt angeschlossen, wäre das Verfahren mit demselben Ergebnis bereits zu diesem Zeitpunkt beendet worden.
Der Beschwerdegegner vertritt die Auffassung, dass der Vergleichsvorschlag des Beklagten sich auf die vom Gericht eingeholten Befunde gestützt habe und nicht, wie der Kläger meint, auf das Gutachten nach § 109 SGG.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Kosten für das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. K. sind auf die Staatskasse zu übernehmen.
Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG kann die beantragte Anhörung eines Arztes davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Über die endgültige Kostentragungspflicht nach § 109 SGG entscheidet das Gericht nach Ermessen durch Beschluss. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Ermessensentscheidung über die Kostenübernahme auf die Staatskasse, ob das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 109 RdNr. 16a). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Sachverständige wesentliche, bisher noch nicht bekannte rechtserhebliche Tatsachen feststellt und sich zu deren Bedeutung für den zu entscheidenden Rechtsstreit äußert. Dies gilt auch, wenn anstelle einer von Amts wegen gebotenen Sachaufklärung ein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt wird oder in Fällen, in denen wegen des § 109 SGG-Gutachtens ein Anerkenntnis abgegeben oder ein Vergleich geschlossen wird (Keller, a.a.O.). Von objektiv wesentlichen Gesichtspunkten zur Sachverhaltsaufklärung kann nur dann gesprochen werden, wenn zusätzliche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Entscheidung geführt haben, die auf der Grundlage des bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisses nicht möglich gewesen wäre.
Danach waren die Kosten für das Gutachten von Dr. K. durch die Staatskasse zu tragen, denn es hat die von Amts wegen erforderliche Sachaufklärung übernommen.
Nach dem Bericht der Tinnitus-Klinik B. A. vom 10. Oktober 2013 hat der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer weiteren Verschlechterung an einer beidseitigen hochgradigen Schwerhörigkeit gelitten. Diese verbale Einschätzung rechtfertigt nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 5.2.4) einen GdB von 50. Da der Beklagte zwar ebenfalls eine Verschlechterung gesehen, diese aber noch nicht als beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit mit einem GdB von 50, sondern nur mit einem GdB von 30 bewertet hat, wäre eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen angezeigt gewesen. Weder auf der Grundlage der Einschätzung der behandelnden Klinik noch auf der Grundlage der prüfärztlichen Stellungnahme hätte eine sachgerechte Bewertung erfolgen können.
Diese von Amts wegen angezeigte Sachaufklärung ist nach § 109 SGG durch das Gutachten des Dr. K. am 26. November 2014 erfolgt. Dr. K. hat auf der Grundlage des gewichteten Gesamtwortverstehens nach seiner Untersuchung einen GdB von 50 vorgeschlagen (und damit eine Einschätzung der Tinnitus-Klinik B. A. bestätigt) und auf Fehler in den prüfärztlichen Stellungnahmen hingewiesen. Die Prüfärztin wiederum hat auf die aus ihrer Sicht nicht mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen vereinbare Bewertung des Gutachters aufmerksam gemacht. Durch die dargelegten Zweifel an den prüfärztlichen Bewertungen hat das Gutachten nicht nur die erforderliche Sachaufklärung von Amts wegen übernommen, sondern überdies neue rechtserhebliche Gesichtspunkte dargelegt und auch insoweit die Sachaufklärung objektiv wesentlich gefördert. Ob bereits im Jahr 2014 die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung der Hörminderung vorgelegen haben, ist auch nach Abschluss des Verfahrens offen geblieben. Nur durch die unstreitige weitere Verschlechterung des Hörvermögens, die zum Vergleichsvorschlag des Beklagten geführt hat, ist eine weitere Sachaufklärung nicht mehr erforderlich gewesen. Ob das Gericht schließlich (ggf. nach einer weiteren ergänzenden Sachaufklärung) dem Gutachten von Dr. K. gefolgt wäre, ist für die Kostenübernahme nicht entscheidend. Denn ein wesentliches Fördern hängt nicht davon ab, ob der Kläger auch letztendlich auf Grundlage des Gutachtens obsiegt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Ersatzpflichtig ist im Falle der erfolgreichen Beschwerde die Staatskasse.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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