Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 16 SO 80/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 46/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. August 2017 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, die Kosten des Schulbegleiters für den täglichen Schulweg vom Wohnort des Antragstellers zur "L.-U.-Schule" und zurück bis zum 27. Juni 2018 zu übernehmen. Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die für die Schulwegbegleitung des Antragstellers aufzuwendenden Kosten vom Antragsgegner zu übernehmen sind.
Der am ... 2002 geborene Antragsteller leidet an einem schwerwiegenden frühkindlichen Autismus, einer beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit mit Cochlea Implantat rechts und kombinierten Entwicklungsstörungen. Es bestehen erhebliche Stimmungsschwankungen und Phobien. Der Antragsteller reagiert deshalb häufig mit aggressivem und autoaggressivem Verhalten. Zur Vermeidung von Verletzungen trägt er ständig einen Helm. Sein Sprachverständnis ist erheblich eingeschränkt. Er hat keine verbale Sprache entwickelt. Bei ihm sind seit 2009 ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "B", "H", "GL" und "RF" anerkannt.
Der Antragsteller, der bei seinen Eltern lebt, besucht die Förderschule für geistig behinderte Menschen "L.-U.-Schule" in W ... Von Beginn an ist der Einsatz eines Schulbegleiters aus rehabilitationspädagogischer Sicht befürwortet worden. Zuletzt hat die Gutachterin des Reha-pädagogischen Fachdienstes (im Weiteren: RFD) Dipl.-Soz.-Arb. (FH) S. in ihrer Stellungnahme vom 29. Juli 2015 ausgeführt, infolge des Behinderungsbildes des Antragstellers sei in nächster Zeit nicht davon auszugehen, dass sich sein Hilfebedarf während des Schulbesuchs wesentlich ändern werde. Sofern keine entscheidenden Veränderungen im Krankheitsbild und in den Verhaltensweisen bei ihm einträten, könnte zukünftig bei Folgeanträgen eine erneute Beteiligung des RFD entfallen.
Der Landkreis Harz (im Weiteren: Landkreis) bewilligte dem Antragsteller fortlaufend im Namen des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, des Antragsgegners, Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gemäß §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) u.a. in der Form der Übernahme der Kosten für einen Schulbegleiter. Mit Bescheid vom 4. August 2015 bewilligte er diese Leistung für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016. Er anerkannte u.a. die Übernahme von Kosten gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII für den Zeitraum vom 27. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 in Höhe von 15,06 EUR für 35 Wochenstunden für die Zeit des Unterrichts und die lerntherapeutischen Angebote nach dem Unterricht und in der Ferienzeit.
Nach den unwidersprochenen Angaben des Antragstellers, wonach die Schulbegleitung zunächst auch die Wege zur Schule und nach Hause mitumfasst habe, wies der Landkreis anlässlich des Abschlusses des Dienstleistungsvertrages vom 14. August 2015 zwischen der AWZ-Aus- und Weiterbildungszentrum GmbH H. (im weiteren AWZ) und dem Antragsteller darauf hin, dass die Schulwegbegleitung nicht Bestandteil der Gewährung der Leistung der Eingliederungshilfe sei.
Das Schulverwaltungsamt des Landkreises lehnte den Antrag auf Gestellung und Organisation eines Schulbusbegleiters für den Antragsteller ab. Die Schülerbeförderung zur "L.-U.-Schule" sei durch den Landkreis zu organisieren. Für den Einsatz eines Schulbusbegleiters fehle es jedoch an einer rechtlichen Grundlage (Bescheid vom 26. Mai 2016).
Den am 21. März 2016 gestellten Antrag auf Kostenübernahme einer Schulwegbegleitung für den Transport lehnte der Landkreis im Namen des Antragsgegners ebenfalls ab (Bescheid vom 7. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2016). Im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bewilligte das Sozialgericht Magdeburg dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung der Kosten eines Schulwegbegleiters bis zum 25. Juni 2017 (Beschluss vom 10. März 2017; S 16 SO 106/16 ER). Auf den Ausführungsbescheid vom 10. April 2017, wonach Kosten für die Schulwegbegleitung aufgrund der Entscheidung des Sozialgerichts nach entsprechender Aufstellung der Kosten übernommen würden, machte der Antragsteller keine Kostenübernahme geltend. Zur Begründung hat er angegeben, es sei ihm für den vom Beschluss erfassten Zeitraum von wenigen Wochen nicht möglich gewesen, eine geeignete Schulwegbegleitung zu organisieren. Seine Schulbegleiterin im Schuljahr 2016/2017 habe es abgelehnt, ihn auf dem Schulweg zu begleiten.
Bereits am 14. März 2017 hatte der Antragsteller die Weiterbewilligung des Integrationshelfers für das Schuljahr und die Ferien 2017/2018 an der "L.-U.-Schule" beantragt. Er übersandte den Dienstleistungsvertrag zwischen ihm und dem Therapiezentrum E. vom 10. März 2017 über die Schulbegleitung bis zu 40 Stunden wöchentlich während der Schulzeit sowie für die Hortbetreuung/lerntherapeutische Angebote bis zu 40 Stunden wöchentlich auch während der gesetzlichen Ferienzeit für den Zeitraum vom 1. bis zum 8. August 2017. Leistungen für Klassenfahrten seien gesondert zu vereinbaren. Die Schulwegbegleitung sei nicht mitumfasst. Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 bewilligte der Landkreis im Namen des Antragsgegners dem Antragsteller Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII in Form von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung durch die Übernahme der Kosten für die durch das Therapiezentrum E. gestellte Begleitperson während des Besuchs der Förderschule "L.-U.-Schule" für den Zeitraum vom 10. August 2017 bis zum 27. Juni 2018. Die Kosten würden entsprechend der zum Zeitpunkt der Bewilligung gültigen Vereinbarung zwischen dem Therapiezentrum E. und der Sozialagentur Sachsen-Anhalt für die Schulstunden und die lerntherapeutischen Angebote laut Stundenplan im Rahmen einer Kostenübernahmeerklärung gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII, maximal für 40 Stunden, übernommen. Die Bewilligung erfolge für die Zeit des Aufenthaltes in der Schule von 7.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Nicht abgedeckt seien die Zeiten der Transportbegleitung. Dem Therapiezentrum E. reichte der Landkreis den Dienstleistungsvertrag zurück und wies darauf hin, dass die Bewilligung der Leistung für ein Schuljahr erfolge, d.h. bis zum 31. Juli 2018. Unter dem 26. Juni 2017 schloss der Antragsteller mit dem Therapiezentrum E. einen weiteren Dienstleistungsvertrag für die individuelle Schulbegleitung für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 1. August 2018 ab.
Unter dem 15. Juni 2017 teilte die Sozialagentur Sachsen-Anhalt dem Landkreis mit, die Vergütung für den Antragsteller für das vom Leitungserbringer Therapiezentrum E. erbrachte Leistungsangebot "Integrationshelfer im Rahmen der lerntherapeutischen Angebote während der Schulferien im Schuljahr 2017/2018" sei aufgrund der vorliegenden Leistungsbeschreibung und Verpflichtungserklärung mit 17,58 EUR/Stunde ermittelt worden.
Mit weiterem Bescheid vom 21. Juni 2017 gewährte der Landkreis im Namen des Antragsgegners die vorgenannten Leistungen für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 31. Juli 2018. Gegen die Bescheide vom 7. und 21. Juni 2017 legte der Antragsteller am 3. Juli 2017 Widerspruch ein. Aufgrund seiner schweren Behinderungen sei er während der Beförderung zu begleiten.
Am 3. Juli 2017 hat der Antragsteller zudem beim Sozialgericht Magdeburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab sofort für die Zeit des Schuljahres 2017/2018 sowie für die Ferienzeiten während der lerntherapeutischen Angebote eine Begleitperson während des Transportes auf dem Schulweg zu stellen und eine diesbezügliche Kostenübernahmeerklärung abzugeben. Er müsse während des Transports auf dem Schulweg zwingend begleitet werden. Denn er verhalte sich während der Fahrt unruhig, schnalle sich selbstständig ab, ziehe teilweise seine Schuhe und die Kleidung aus und klettere über die Sitze. Er schreie plötzlich laut auf oder greife dem Fahrer ins Lenkrad. Aufgrund des Streits mit dem Antragsgegner sei die Schulwegbegleitung in den Dienstleistungsvertrag mit dem Therapiezentrum E. nicht mit eingeflossen. Es bestehe aber dort grundsätzlich die Bereitschaft, die Begleitung des Antragstellers auf dem Schulweg durch seine neue Schulbegleiterin ... zu gewährleisten. In eidesstattlichen Erklärungen vom 1. August 2017 haben die Eltern des Antragstellers dargelegt, diesen zurzeit ausschließlich selbst zu befördern, da der Antragsteller bei jeglichen Veränderungen mit unvorhergesehenen Ausbrüchen gegen sich und andere reagiere. Der Antragsteller sei zwischenzeitlich 1,72 m groß und wiege 101 kg. Es werde zunehmend schwieriger, ihn bei etwaigen Ausbrüchen unter Kontrolle zu halten. Sie - die Eltern - seien am Ende ihrer Kräfte angelangt und gingen "schlichtweg kaputt", wenn sie keine Hilfe von außen bekämen. Die Mutter des Antragstellers habe sich inzwischen selbst in ärztliche Behandlung begeben müssen. Zur Stützung ihres Vorbringens haben sie auf Bescheinigungen u.a. der Schulleiterin der "L.-U.-Schule" C. vom 21. März 2016, der Leiterin des Autismuszentrums Schellbach vom 6. April 2016 und der Firma D. S. - Taxi P. - vom 17. Juni 2016 verwiesen; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 36 bis 40 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 8. August 2017 hat das Sozialgericht Magdeburg dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung der Kosten eines Schulwegbegleiters für den täglichen Weg zur Schule und nach Hause für den Zeitraum bis zum 27. Juli 2018, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache, bewilligt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig und begründet. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund seien glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich seien. Ein Zuwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren sei unzumutbar. Die Kosten eines Begleiters auf dem Weg von und zur Schule seien Leistungen der Eingliederungshilfe. Dies sei unabhängig von der Frage zu beurteilen, welcher Leistungsträger grundsätzlich für den Transport von Schülern zuständig sei (Hinweis auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vom 20. April 2015 - L 8 SO 49/14 B ER -, juris). Im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sei nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO) zur Gewährleistung der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht auch das Erreichen der Schule zu ermöglichen (Hinweis zur Abgrenzung der ergänzenden Leistungen zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris RdNr. 16). Der Antragsteller erhalte vom zuständigen Landkreis Leistungen des Schülertransports. Hier komme es jedoch ausschließlich darauf an, dass dem Antragsteller ohne die Begleitung auf dem Schulweg ein Schulbesuch und damit eine angemessene Schulbildung nicht möglich seien. Der Antragsteller habe glaubhaft gemacht, dass ein Schulweg ohne Begleitung für ihn zur Selbst- und zur Fremdschädigung führen könne. Ein Anspruch auf Schulwegbegleitung stehe dem Antragsteller zu. Insoweit sei nicht auf die Möglichkeit abzustellen, ob gegebenenfalls die Eltern in der Lage seien, den Transport selbst zu übernehmen.
Gegen den ihm am 8. August 2017 zugestellten Beschluss hat (nur) der Antragsgegner am 7. September 2017 Beschwerde beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Beschluss stelle zum einen eine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Zum anderen enthalte der Beschluss jedoch keine Regelung zur Höhe der Leistungen und es fehle an der Festlegung eines Datums für den Beginn. Auch das Enddatum sei unzutreffend, da das Schuljahr am 27. Juni 2018 ende. Ferner sei mit einer Entscheidung in der Hauptsache nicht bis zum Ende des Schuljahres 2017/2018 zu rechnen. Schließlich sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da die dem Antrag beigefügten Stellungnahmen über ein Jahr alt gewesen seien.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. August 2017 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei vom Sozialgericht nicht vorgenommen worden, da bezüglich des Schulwegbegleiters für das Schuljahr 2017/2018 ein Hauptsacheverfahren beim Sozialgericht Magdeburg anhängig sei. Soweit der Antragsgegner bemängele, dass der Beschluss keine Angaben zur Höhe der ihm zu gewährenden Leistungen enthalte, sei dies unzutreffend. Der Antragsgegner kenne aufgrund der ihm vorliegenden Dienstleistungsvereinbarungen die entstehenden Kosten, zumal er im Endeffekt die Höhe der Stundensätze der erbrachten Leistungen selbst festsetze. Auch sei der Zeitrahmen keineswegs unklar, da offenkundig sei, wann das Schuljahr 2017/2018 beginne und wann es ende. Schließlich hätten sich in den tatsächlichen Verhältnissen keinerlei Änderungen ergeben. Seine Eltern hätten eidesstattlich versichert, dass die Verhältnisse noch genau so wären wie vor einem Jahr, nämlich noch genauso schlimm. Er hat ferner eidesstattliche Versicherungen seiner Eltern - jeweils vom 8. Dezember 2017 - vorgelegt, wonach nach wie vor seine Begleitung notwendig sei, um Gefahren während des Transports für ihn selbst und für andere zu verhindern. Da er - der Antragsteller -sich nicht auf fremde Personen einstellen könne, werde er derzeit von seinen Eltern entweder gemeinsam, oder von einem Elternteil und jeweils in Begleitung der Großmutter ... oder eines Bekannten, ..., begleitet. Nach wie vor stehe seine jetzige Integrationshelferin, ..., als Begleitperson zur Verfügung. Diese sei inzwischen in der Lage, mit ihm - dem Antragsteller - umzugehen und gegebenenfalls beruhigend auf ihn einzuwirken. Die vorherige Integrationshelferin habe es seinerzeit abgelehnt, seine Transporte zu begleiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der in Auszügen vorliegenden Verwaltungsakten des Landkreises und des Antragsgegners, der sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen ist, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist insbesondere nicht § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die vom Sozialgericht zugesprochenen Leistungen, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, beziehen sich (nur) auf die Kosten der Begleitung des Antragstellers auf dem täglichen Weg vom Wohnort zur Schule und zurück für den Zeitraum vom 3. Juli 2017 bis zum 27. Juli 2018. Hiervon sind - nach den Ausführungen des Sozialgerichts zur Höhe des Beschwerdewertes - die Ferien und damit im vorgenannten Zeitraum sieben Wochen nicht erfasst. Ausgehend von einem Zeitaufwand von jeweils 15 Minuten pro Wegstrecke (1,5 km) für zehn Begleitungen pro Woche ergibt sich unter Ansatz des von der Sozialagentur ermittelten Stundensatzes in Höhe von 17,58 EUR für 49 Wochen ein Gesamtbetrag in Höhe von 2.153,55 EUR, der die maßgebende Grenze für eine zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache überschreitet. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit seinem Beschluss vom 8. August 2017 zu Recht verpflichtet, dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung der Kosten eines Schulwegbegleiters für den täglichen Weg zur Schule und nach Hause zu bewilligen. Allerdings war der Tenor insoweit klarzustellen, als der Zeitraum der Bewilligung mit dem Schuljahr 2017/2018 und damit am 27. Juni 2018 endet und sich der Anspruch auf Kostenübernahme nur auf die Begleitung auf dem täglichen Schulweg bezieht.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.
Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist nur in besonderen Einzelfällen im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -, juris).
Sowohl Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar SGG, 12. Auflage, § 86b RdNrn. 16a bis 16c).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind hier Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Senat geht davon aus, dass eine überwiegende Erfolgsaussicht der Klage im Hauptsacheverfahren besteht. Ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung würde dem Antragsteller zudem ein gegenwärtiger erheblicher Nachteil drohen, der nicht hinzunehmen ist.
Der Antragsgegner ist sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII (§ 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Im Rahmen der hier streitigen Hilfe zur angemessenen Schulbildung ist ein Einsatz von Einkommen und Vermögen der Eltern nicht zu prüfen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII).
Der Antragsteller erfüllt auf Grund seiner wesentlichen körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Nrn. 5 und 6, 2, 3 Nrn. 2 und 4 Eingliederungshilfe-VO.
Im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO zur Gewährleistung der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht auch das Erreichen der Schule zu ermöglichen (vgl. zur Abgrenzung der ergänzenden Leistungen zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit: BSG, Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris, RdNr. 16).
Bei der Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe für die Schulwege handelt es sich um eine eigenständige Leistung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. April 2015 - L 8 SO 49/14 B ER -, juris, RdNr. 30).
Hier ist nach den zur Verfügung stehenden und vom Senat zu berücksichtigenden Unterlagen die Begleitung des Antragstellers auf seinem Weg von zu Hause zur Schule und von der Schule nach Hause notwendig, um den Schulbesuch zu ermöglichen. Ausweislich der Anfrage an den RFD vom 26. Juni 2014 wurde dem Antragsteller bereits von November 2011 bis zum 28. Februar 2014 Eingliederungshilfe in Form eines begleiteten Transports vom Hort nach Hause und vom 1. März bis zum 31. Juli 2014 ein ganztägiger Schulbegleiter bewilligt. Die Gutachterin des RFD ist bereits in ihrer Stellungnahme vom 29. Juli 2015 von einem dauerhaft bestehenden Hilfebedarf des wesentlich geistig und mehrfach körperlich und seelisch behinderten Antragstellers ausgegangen. Die aktenkundigen heilpädagogischen Berichte, die Entwicklungsberichte der "L.-U.-Schule" sowie die Berichterstattungen des AMZ über beobachtete Auffälligkeiten lassen keinen Zweifel an dem aggressiven und autoaggressiven behinderungsbedingten Verhalten des Antragstellers. Schließlich hat die Schulleiterin der "L.-U.-Schule" C. unter dem 30. März 2017 dargelegt, dass sich das Verhalten des Antragstellers aufgrund seiner Behinderung keinesfalls gebessert habe. Vielmehr sei aufgrund der fortgeschrittenen körperlichen Entwicklung des Antragstellers zukünftig ein männlicher Integrationshelfer notwendig, um den starken Kräften bei Wutanfällen und Abwehrreaktionen begegnen zu können. Aufgrund dessen erscheinen die Angaben der Eltern des Antragstellers in den eidesstattlichen Versicherungen im Antrags- und Beschwerdeverfahren in vollem Umfang glaubhaft und nachvollziehbar.
Auch ist von einer Eilbedürftigkeit auszugehen, da die ständige Notwendigkeit, zwei Personen aus dem persönlichen Umfeld des Antragstellers für dessen Weg zur Schule und nach Hause zu verpflichten, zu einer Überlastung der Familienangehörigen führt, die den Schulbesuch des Antragstellers vom Elternhaus aus grundsätzlich gefährden kann.
Die Einwände des Antragsgegners, der Tenor des angefochtenen Beschlusses sei nicht hinreichend bestimmt, können nicht in vollem Umfang nachvollzogen werden.
Wie der Antragsteller zutreffend dargelegt hat, ist dem Antragsgegner aufgrund der Abgabe des Kostenanerkenntnisses an das Therapiezentrum E. gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII ohne weiteres möglich, den abzurechnenden Stundensatz festzustellen. Denn es ist bereits im Verwaltungsverfahren der Stundensatz für das vom Leitungserbringer Therapiezentrum E. erbrachte Leistungsangebot "Integrationshelfer im Rahmen der lerntherapeutischen Angebote während der Schulferien im Schuljahr 2017/2018" mit 17,58 EUR/Stunde ermittelt worden. Dieser Stundensatz war jedenfalls nach den Festlegungen im Bescheid vom 4. August 2015 für die Unterrichtszeit sowie für die lerntherapeutischen Angebote nach dem Unterricht und in der Ferienzeit identisch.
Da der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. Juni 2017 Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für eine Begleitperson während des Schulbesuchs für den Zeitraum vom 1. August 2017 zum 31. Juli 2018 übernommen hat, steht dem Antragsteller jedenfalls bis zum Schuljahresende am 27. Juni 2018 - sofern das Hauptsacheverfahren bis dahin nicht beendet ist - auch ein Schulwegbegleiter zu. Ein Anspruch auf Abänderung des Tenors des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf ein Beginndatum besteht nicht. Der vom Antragsteller am 3. Juli 2017 verfolgte Anspruch auf sofortige Übernahme der Kosten eines Schulwegbegleiters hätte diesem im einstweiligen Rechtsschutz zwar erst mit Schuljahresbeginn ab dem 10. August 2017 zuerkannt werden können. Tatsächlich konnte der Antragsteller jedoch erst mit der Zustellung des Beschlusses vom 8. August 2017 die Schulwegbegleitung organisieren, so dass eine Beschwer für den Antragsgegner insoweit von vornherein nicht gegeben ist.
Da die Dauer des täglichen Schulwegs nicht von vornherein feststeht, sondern witterungs- und verkehrsbedingt ist sowie von der jeweiligen Verfassung des Antragstellers abhängt, reicht die Festlegung der Verpflichtung zur Kostenübernahme eines Begleiters für den Weg vom Wohnort zur Schule und zurück aus.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
gez. Klamann gez. Dr. Fischer gez. Hüntemeyer
.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die für die Schulwegbegleitung des Antragstellers aufzuwendenden Kosten vom Antragsgegner zu übernehmen sind.
Der am ... 2002 geborene Antragsteller leidet an einem schwerwiegenden frühkindlichen Autismus, einer beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit mit Cochlea Implantat rechts und kombinierten Entwicklungsstörungen. Es bestehen erhebliche Stimmungsschwankungen und Phobien. Der Antragsteller reagiert deshalb häufig mit aggressivem und autoaggressivem Verhalten. Zur Vermeidung von Verletzungen trägt er ständig einen Helm. Sein Sprachverständnis ist erheblich eingeschränkt. Er hat keine verbale Sprache entwickelt. Bei ihm sind seit 2009 ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "B", "H", "GL" und "RF" anerkannt.
Der Antragsteller, der bei seinen Eltern lebt, besucht die Förderschule für geistig behinderte Menschen "L.-U.-Schule" in W ... Von Beginn an ist der Einsatz eines Schulbegleiters aus rehabilitationspädagogischer Sicht befürwortet worden. Zuletzt hat die Gutachterin des Reha-pädagogischen Fachdienstes (im Weiteren: RFD) Dipl.-Soz.-Arb. (FH) S. in ihrer Stellungnahme vom 29. Juli 2015 ausgeführt, infolge des Behinderungsbildes des Antragstellers sei in nächster Zeit nicht davon auszugehen, dass sich sein Hilfebedarf während des Schulbesuchs wesentlich ändern werde. Sofern keine entscheidenden Veränderungen im Krankheitsbild und in den Verhaltensweisen bei ihm einträten, könnte zukünftig bei Folgeanträgen eine erneute Beteiligung des RFD entfallen.
Der Landkreis Harz (im Weiteren: Landkreis) bewilligte dem Antragsteller fortlaufend im Namen des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, des Antragsgegners, Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gemäß §§ 53, 54 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe - SGB XII) u.a. in der Form der Übernahme der Kosten für einen Schulbegleiter. Mit Bescheid vom 4. August 2015 bewilligte er diese Leistung für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016. Er anerkannte u.a. die Übernahme von Kosten gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII für den Zeitraum vom 27. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 in Höhe von 15,06 EUR für 35 Wochenstunden für die Zeit des Unterrichts und die lerntherapeutischen Angebote nach dem Unterricht und in der Ferienzeit.
Nach den unwidersprochenen Angaben des Antragstellers, wonach die Schulbegleitung zunächst auch die Wege zur Schule und nach Hause mitumfasst habe, wies der Landkreis anlässlich des Abschlusses des Dienstleistungsvertrages vom 14. August 2015 zwischen der AWZ-Aus- und Weiterbildungszentrum GmbH H. (im weiteren AWZ) und dem Antragsteller darauf hin, dass die Schulwegbegleitung nicht Bestandteil der Gewährung der Leistung der Eingliederungshilfe sei.
Das Schulverwaltungsamt des Landkreises lehnte den Antrag auf Gestellung und Organisation eines Schulbusbegleiters für den Antragsteller ab. Die Schülerbeförderung zur "L.-U.-Schule" sei durch den Landkreis zu organisieren. Für den Einsatz eines Schulbusbegleiters fehle es jedoch an einer rechtlichen Grundlage (Bescheid vom 26. Mai 2016).
Den am 21. März 2016 gestellten Antrag auf Kostenübernahme einer Schulwegbegleitung für den Transport lehnte der Landkreis im Namen des Antragsgegners ebenfalls ab (Bescheid vom 7. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2016). Im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bewilligte das Sozialgericht Magdeburg dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung der Kosten eines Schulwegbegleiters bis zum 25. Juni 2017 (Beschluss vom 10. März 2017; S 16 SO 106/16 ER). Auf den Ausführungsbescheid vom 10. April 2017, wonach Kosten für die Schulwegbegleitung aufgrund der Entscheidung des Sozialgerichts nach entsprechender Aufstellung der Kosten übernommen würden, machte der Antragsteller keine Kostenübernahme geltend. Zur Begründung hat er angegeben, es sei ihm für den vom Beschluss erfassten Zeitraum von wenigen Wochen nicht möglich gewesen, eine geeignete Schulwegbegleitung zu organisieren. Seine Schulbegleiterin im Schuljahr 2016/2017 habe es abgelehnt, ihn auf dem Schulweg zu begleiten.
Bereits am 14. März 2017 hatte der Antragsteller die Weiterbewilligung des Integrationshelfers für das Schuljahr und die Ferien 2017/2018 an der "L.-U.-Schule" beantragt. Er übersandte den Dienstleistungsvertrag zwischen ihm und dem Therapiezentrum E. vom 10. März 2017 über die Schulbegleitung bis zu 40 Stunden wöchentlich während der Schulzeit sowie für die Hortbetreuung/lerntherapeutische Angebote bis zu 40 Stunden wöchentlich auch während der gesetzlichen Ferienzeit für den Zeitraum vom 1. bis zum 8. August 2017. Leistungen für Klassenfahrten seien gesondert zu vereinbaren. Die Schulwegbegleitung sei nicht mitumfasst. Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 bewilligte der Landkreis im Namen des Antragsgegners dem Antragsteller Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII in Form von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung durch die Übernahme der Kosten für die durch das Therapiezentrum E. gestellte Begleitperson während des Besuchs der Förderschule "L.-U.-Schule" für den Zeitraum vom 10. August 2017 bis zum 27. Juni 2018. Die Kosten würden entsprechend der zum Zeitpunkt der Bewilligung gültigen Vereinbarung zwischen dem Therapiezentrum E. und der Sozialagentur Sachsen-Anhalt für die Schulstunden und die lerntherapeutischen Angebote laut Stundenplan im Rahmen einer Kostenübernahmeerklärung gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII, maximal für 40 Stunden, übernommen. Die Bewilligung erfolge für die Zeit des Aufenthaltes in der Schule von 7.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Nicht abgedeckt seien die Zeiten der Transportbegleitung. Dem Therapiezentrum E. reichte der Landkreis den Dienstleistungsvertrag zurück und wies darauf hin, dass die Bewilligung der Leistung für ein Schuljahr erfolge, d.h. bis zum 31. Juli 2018. Unter dem 26. Juni 2017 schloss der Antragsteller mit dem Therapiezentrum E. einen weiteren Dienstleistungsvertrag für die individuelle Schulbegleitung für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 1. August 2018 ab.
Unter dem 15. Juni 2017 teilte die Sozialagentur Sachsen-Anhalt dem Landkreis mit, die Vergütung für den Antragsteller für das vom Leitungserbringer Therapiezentrum E. erbrachte Leistungsangebot "Integrationshelfer im Rahmen der lerntherapeutischen Angebote während der Schulferien im Schuljahr 2017/2018" sei aufgrund der vorliegenden Leistungsbeschreibung und Verpflichtungserklärung mit 17,58 EUR/Stunde ermittelt worden.
Mit weiterem Bescheid vom 21. Juni 2017 gewährte der Landkreis im Namen des Antragsgegners die vorgenannten Leistungen für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 31. Juli 2018. Gegen die Bescheide vom 7. und 21. Juni 2017 legte der Antragsteller am 3. Juli 2017 Widerspruch ein. Aufgrund seiner schweren Behinderungen sei er während der Beförderung zu begleiten.
Am 3. Juli 2017 hat der Antragsteller zudem beim Sozialgericht Magdeburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab sofort für die Zeit des Schuljahres 2017/2018 sowie für die Ferienzeiten während der lerntherapeutischen Angebote eine Begleitperson während des Transportes auf dem Schulweg zu stellen und eine diesbezügliche Kostenübernahmeerklärung abzugeben. Er müsse während des Transports auf dem Schulweg zwingend begleitet werden. Denn er verhalte sich während der Fahrt unruhig, schnalle sich selbstständig ab, ziehe teilweise seine Schuhe und die Kleidung aus und klettere über die Sitze. Er schreie plötzlich laut auf oder greife dem Fahrer ins Lenkrad. Aufgrund des Streits mit dem Antragsgegner sei die Schulwegbegleitung in den Dienstleistungsvertrag mit dem Therapiezentrum E. nicht mit eingeflossen. Es bestehe aber dort grundsätzlich die Bereitschaft, die Begleitung des Antragstellers auf dem Schulweg durch seine neue Schulbegleiterin ... zu gewährleisten. In eidesstattlichen Erklärungen vom 1. August 2017 haben die Eltern des Antragstellers dargelegt, diesen zurzeit ausschließlich selbst zu befördern, da der Antragsteller bei jeglichen Veränderungen mit unvorhergesehenen Ausbrüchen gegen sich und andere reagiere. Der Antragsteller sei zwischenzeitlich 1,72 m groß und wiege 101 kg. Es werde zunehmend schwieriger, ihn bei etwaigen Ausbrüchen unter Kontrolle zu halten. Sie - die Eltern - seien am Ende ihrer Kräfte angelangt und gingen "schlichtweg kaputt", wenn sie keine Hilfe von außen bekämen. Die Mutter des Antragstellers habe sich inzwischen selbst in ärztliche Behandlung begeben müssen. Zur Stützung ihres Vorbringens haben sie auf Bescheinigungen u.a. der Schulleiterin der "L.-U.-Schule" C. vom 21. März 2016, der Leiterin des Autismuszentrums Schellbach vom 6. April 2016 und der Firma D. S. - Taxi P. - vom 17. Juni 2016 verwiesen; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 36 bis 40 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 8. August 2017 hat das Sozialgericht Magdeburg dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung der Kosten eines Schulwegbegleiters für den täglichen Weg zur Schule und nach Hause für den Zeitraum bis zum 27. Juli 2018, längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache, bewilligt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei zulässig und begründet. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund seien glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich seien. Ein Zuwarten auf eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren sei unzumutbar. Die Kosten eines Begleiters auf dem Weg von und zur Schule seien Leistungen der Eingliederungshilfe. Dies sei unabhängig von der Frage zu beurteilen, welcher Leistungsträger grundsätzlich für den Transport von Schülern zuständig sei (Hinweis auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt vom 20. April 2015 - L 8 SO 49/14 B ER -, juris). Im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sei nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO) zur Gewährleistung der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht auch das Erreichen der Schule zu ermöglichen (Hinweis zur Abgrenzung der ergänzenden Leistungen zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris RdNr. 16). Der Antragsteller erhalte vom zuständigen Landkreis Leistungen des Schülertransports. Hier komme es jedoch ausschließlich darauf an, dass dem Antragsteller ohne die Begleitung auf dem Schulweg ein Schulbesuch und damit eine angemessene Schulbildung nicht möglich seien. Der Antragsteller habe glaubhaft gemacht, dass ein Schulweg ohne Begleitung für ihn zur Selbst- und zur Fremdschädigung führen könne. Ein Anspruch auf Schulwegbegleitung stehe dem Antragsteller zu. Insoweit sei nicht auf die Möglichkeit abzustellen, ob gegebenenfalls die Eltern in der Lage seien, den Transport selbst zu übernehmen.
Gegen den ihm am 8. August 2017 zugestellten Beschluss hat (nur) der Antragsgegner am 7. September 2017 Beschwerde beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Der Beschluss stelle zum einen eine Vorwegnahme der Hauptsache dar. Zum anderen enthalte der Beschluss jedoch keine Regelung zur Höhe der Leistungen und es fehle an der Festlegung eines Datums für den Beginn. Auch das Enddatum sei unzutreffend, da das Schuljahr am 27. Juni 2018 ende. Ferner sei mit einer Entscheidung in der Hauptsache nicht bis zum Ende des Schuljahres 2017/2018 zu rechnen. Schließlich sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, da die dem Antrag beigefügten Stellungnahmen über ein Jahr alt gewesen seien.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 8. August 2017 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei vom Sozialgericht nicht vorgenommen worden, da bezüglich des Schulwegbegleiters für das Schuljahr 2017/2018 ein Hauptsacheverfahren beim Sozialgericht Magdeburg anhängig sei. Soweit der Antragsgegner bemängele, dass der Beschluss keine Angaben zur Höhe der ihm zu gewährenden Leistungen enthalte, sei dies unzutreffend. Der Antragsgegner kenne aufgrund der ihm vorliegenden Dienstleistungsvereinbarungen die entstehenden Kosten, zumal er im Endeffekt die Höhe der Stundensätze der erbrachten Leistungen selbst festsetze. Auch sei der Zeitrahmen keineswegs unklar, da offenkundig sei, wann das Schuljahr 2017/2018 beginne und wann es ende. Schließlich hätten sich in den tatsächlichen Verhältnissen keinerlei Änderungen ergeben. Seine Eltern hätten eidesstattlich versichert, dass die Verhältnisse noch genau so wären wie vor einem Jahr, nämlich noch genauso schlimm. Er hat ferner eidesstattliche Versicherungen seiner Eltern - jeweils vom 8. Dezember 2017 - vorgelegt, wonach nach wie vor seine Begleitung notwendig sei, um Gefahren während des Transports für ihn selbst und für andere zu verhindern. Da er - der Antragsteller -sich nicht auf fremde Personen einstellen könne, werde er derzeit von seinen Eltern entweder gemeinsam, oder von einem Elternteil und jeweils in Begleitung der Großmutter ... oder eines Bekannten, ..., begleitet. Nach wie vor stehe seine jetzige Integrationshelferin, ..., als Begleitperson zur Verfügung. Diese sei inzwischen in der Lage, mit ihm - dem Antragsteller - umzugehen und gegebenenfalls beruhigend auf ihn einzuwirken. Die vorherige Integrationshelferin habe es seinerzeit abgelehnt, seine Transporte zu begleiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der in Auszügen vorliegenden Verwaltungsakten des Landkreises und des Antragsgegners, der sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen ist, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist insbesondere nicht § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die vom Sozialgericht zugesprochenen Leistungen, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, beziehen sich (nur) auf die Kosten der Begleitung des Antragstellers auf dem täglichen Weg vom Wohnort zur Schule und zurück für den Zeitraum vom 3. Juli 2017 bis zum 27. Juli 2018. Hiervon sind - nach den Ausführungen des Sozialgerichts zur Höhe des Beschwerdewertes - die Ferien und damit im vorgenannten Zeitraum sieben Wochen nicht erfasst. Ausgehend von einem Zeitaufwand von jeweils 15 Minuten pro Wegstrecke (1,5 km) für zehn Begleitungen pro Woche ergibt sich unter Ansatz des von der Sozialagentur ermittelten Stundensatzes in Höhe von 17,58 EUR für 49 Wochen ein Gesamtbetrag in Höhe von 2.153,55 EUR, der die maßgebende Grenze für eine zulassungsfreie Berufung in der Hauptsache überschreitet. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit seinem Beschluss vom 8. August 2017 zu Recht verpflichtet, dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung der Kosten eines Schulwegbegleiters für den täglichen Weg zur Schule und nach Hause zu bewilligen. Allerdings war der Tenor insoweit klarzustellen, als der Zeitraum der Bewilligung mit dem Schuljahr 2017/2018 und damit am 27. Juni 2018 endet und sich der Anspruch auf Kostenübernahme nur auf die Begleitung auf dem täglichen Schulweg bezieht.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.
Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist nur in besonderen Einzelfällen im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -, juris).
Sowohl Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar SGG, 12. Auflage, § 86b RdNrn. 16a bis 16c).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind hier Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Senat geht davon aus, dass eine überwiegende Erfolgsaussicht der Klage im Hauptsacheverfahren besteht. Ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung würde dem Antragsteller zudem ein gegenwärtiger erheblicher Nachteil drohen, der nicht hinzunehmen ist.
Der Antragsgegner ist sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII (§ 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - AG SGB XII - vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Im Rahmen der hier streitigen Hilfe zur angemessenen Schulbildung ist ein Einsatz von Einkommen und Vermögen der Eltern nicht zu prüfen (§ 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII).
Der Antragsteller erfüllt auf Grund seiner wesentlichen körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Nrn. 5 und 6, 2, 3 Nrn. 2 und 4 Eingliederungshilfe-VO.
Im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung ist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO zur Gewährleistung der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht auch das Erreichen der Schule zu ermöglichen (vgl. zur Abgrenzung der ergänzenden Leistungen zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit: BSG, Urteil vom 15. November 2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris, RdNr. 16).
Bei der Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe für die Schulwege handelt es sich um eine eigenständige Leistung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. April 2015 - L 8 SO 49/14 B ER -, juris, RdNr. 30).
Hier ist nach den zur Verfügung stehenden und vom Senat zu berücksichtigenden Unterlagen die Begleitung des Antragstellers auf seinem Weg von zu Hause zur Schule und von der Schule nach Hause notwendig, um den Schulbesuch zu ermöglichen. Ausweislich der Anfrage an den RFD vom 26. Juni 2014 wurde dem Antragsteller bereits von November 2011 bis zum 28. Februar 2014 Eingliederungshilfe in Form eines begleiteten Transports vom Hort nach Hause und vom 1. März bis zum 31. Juli 2014 ein ganztägiger Schulbegleiter bewilligt. Die Gutachterin des RFD ist bereits in ihrer Stellungnahme vom 29. Juli 2015 von einem dauerhaft bestehenden Hilfebedarf des wesentlich geistig und mehrfach körperlich und seelisch behinderten Antragstellers ausgegangen. Die aktenkundigen heilpädagogischen Berichte, die Entwicklungsberichte der "L.-U.-Schule" sowie die Berichterstattungen des AMZ über beobachtete Auffälligkeiten lassen keinen Zweifel an dem aggressiven und autoaggressiven behinderungsbedingten Verhalten des Antragstellers. Schließlich hat die Schulleiterin der "L.-U.-Schule" C. unter dem 30. März 2017 dargelegt, dass sich das Verhalten des Antragstellers aufgrund seiner Behinderung keinesfalls gebessert habe. Vielmehr sei aufgrund der fortgeschrittenen körperlichen Entwicklung des Antragstellers zukünftig ein männlicher Integrationshelfer notwendig, um den starken Kräften bei Wutanfällen und Abwehrreaktionen begegnen zu können. Aufgrund dessen erscheinen die Angaben der Eltern des Antragstellers in den eidesstattlichen Versicherungen im Antrags- und Beschwerdeverfahren in vollem Umfang glaubhaft und nachvollziehbar.
Auch ist von einer Eilbedürftigkeit auszugehen, da die ständige Notwendigkeit, zwei Personen aus dem persönlichen Umfeld des Antragstellers für dessen Weg zur Schule und nach Hause zu verpflichten, zu einer Überlastung der Familienangehörigen führt, die den Schulbesuch des Antragstellers vom Elternhaus aus grundsätzlich gefährden kann.
Die Einwände des Antragsgegners, der Tenor des angefochtenen Beschlusses sei nicht hinreichend bestimmt, können nicht in vollem Umfang nachvollzogen werden.
Wie der Antragsteller zutreffend dargelegt hat, ist dem Antragsgegner aufgrund der Abgabe des Kostenanerkenntnisses an das Therapiezentrum E. gemäß § 75 Abs. 4 SGB XII ohne weiteres möglich, den abzurechnenden Stundensatz festzustellen. Denn es ist bereits im Verwaltungsverfahren der Stundensatz für das vom Leitungserbringer Therapiezentrum E. erbrachte Leistungsangebot "Integrationshelfer im Rahmen der lerntherapeutischen Angebote während der Schulferien im Schuljahr 2017/2018" mit 17,58 EUR/Stunde ermittelt worden. Dieser Stundensatz war jedenfalls nach den Festlegungen im Bescheid vom 4. August 2015 für die Unterrichtszeit sowie für die lerntherapeutischen Angebote nach dem Unterricht und in der Ferienzeit identisch.
Da der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. Juni 2017 Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für eine Begleitperson während des Schulbesuchs für den Zeitraum vom 1. August 2017 zum 31. Juli 2018 übernommen hat, steht dem Antragsteller jedenfalls bis zum Schuljahresende am 27. Juni 2018 - sofern das Hauptsacheverfahren bis dahin nicht beendet ist - auch ein Schulwegbegleiter zu. Ein Anspruch auf Abänderung des Tenors des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf ein Beginndatum besteht nicht. Der vom Antragsteller am 3. Juli 2017 verfolgte Anspruch auf sofortige Übernahme der Kosten eines Schulwegbegleiters hätte diesem im einstweiligen Rechtsschutz zwar erst mit Schuljahresbeginn ab dem 10. August 2017 zuerkannt werden können. Tatsächlich konnte der Antragsteller jedoch erst mit der Zustellung des Beschlusses vom 8. August 2017 die Schulwegbegleitung organisieren, so dass eine Beschwer für den Antragsgegner insoweit von vornherein nicht gegeben ist.
Da die Dauer des täglichen Schulwegs nicht von vornherein feststeht, sondern witterungs- und verkehrsbedingt ist sowie von der jeweiligen Verfassung des Antragstellers abhängt, reicht die Festlegung der Verpflichtung zur Kostenübernahme eines Begleiters für den Weg vom Wohnort zur Schule und zurück aus.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
gez. Klamann gez. Dr. Fischer gez. Hüntemeyer
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