S 28 SO 540/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 SO 540/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 15/16
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme ungedeckter Heimkosten durch die Beklagte.

Die Klägerin hat eine GdB von 100 mit Merkzeichen G. Ihr wurde Pflegestufe 2 anerkannt. Mit Beschluss vom 06.01.2012 wurde der Sohn der Klägerin, Herr V H, zum Betreuer bestellt. Sein Aufgabenkreis umfasst die Aufenthaltsbestimmung, Behördenangelegenheiten sowie die Gesundheitsfürsorge. Die Betreuungsurkunde sieht den Bereich der Vermögenssorge nicht vor. Seinen eigenen Angaben zu Folge hat der Sohn der Klägerin General – und Bankvollmachten. Ausweislich dieses Beschlusses leidet die Klägerin an Demenz mit degenerativen und vaskulären Anteilen im mittleren Krankheitsstadium und an einer hirnorganischen depressiven Störung. Sie ist geschäftsunfähig. Der Sohn der Klägerin schloss für seine Mutter und der Ehemann der Klägerin für sich selbst am 02.05.2012 jeweils einen Bestattungsvorsorgevertrag mit dem Bestattungshaus I2 in N1 ab. In beiden Verträgen verpflichtete sich der Bestatter zur ordnungsgemäßen und würdevollen Ausführung der dereinstigen Bestattung des Vertragspartners entsprechend der sich aus der Anlage ergebenden vertraglichen Leistungen zu einem Preis von 7.900,- EUR. Unter Ziff III räumt die Klägerin dem Bestatter ein unwiderrufliches Bezugsrecht an einer Sterbegeld- bzw Lebensversicherung bei der O ein. Die Klägerin tritt ihre Ansprüche aus der og. Versicherung für den Todes- und Erlebensfall an den AN unwiderruflich ab. Unter Ziffer IV sieht der Bestattungsvorsorgevertrag vor: Soweit die zur Verfügung stehenden Gelder und Sicherheiten nicht zur Deckung des Auftrages ausreichen und auch keine Zahlungsbereitschaft Dritter besteht, ist der AN verpflichtet und auch berechtigt, eine würdige Bestattung mit verringertem Leistungsumfang vorzunehmen, die dabei aber den vereinbarten Bedingungen möglichst nahe kommen soll. Unter Ziff V ist festgehalten, dass im Falle der Kündigung des Vertrages durch die Klägerin der Bestatter berechtigt ist, eine Entschädigung in Höhe von 10 % des Wertes seiner Eigenleistung geltend zu machen, mindestens jedoch 100,- EUR (Abschluss- und Verwaltungskosten). In der Anlage des Bestattungsvorsorgevertrages der Klägerin ist angekreuzt Angebot/ Kostenaufstellung vom 02.05.2012 mit genauen Bestattungsmodalitäten, Bestattungsvorsorgevertrag mit der Deutschen Bestattungsvorsorge Treuhand AG und Abtretungserklärung gegenüber der Sterbegeldversicherung.

Des Weiteren wurde eine Bestattungsvorsorgeversicherung für die Klägerin und ihren Ehemann bei der O Versicherungsgruppe abgeschlossen. Versicherungsnehmerin ist ausschließlich die Klägerin, versicherte Person sind sie und ihr Ehemann. Die Versicherung ist ausweislich des Versicherungsscheines eine Kapital-Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall. Die Versicherungssumme beläuft sich im Erlebensfall, falls beide versicherten Personen noch leben auf 14.000,-EUR, falls nur noch eine versicherte Person lebt 4.200,- EUR, im Todesfall der zuerst sterbenden versicherten Person 9.800,- EUR, der zuletzt sterbenden versicherten Person 4.200,- EUR. Der vereinbarte einmalige Tarifbeitrag in Höhe von 12.643,86 EUR war fällig am 01.06.2012. Am 07.05.2012 beantragte das Pflegewohnheim bei der Beklagten für die Klägerin Pflegewohngeld. Der Sohn der Klägerin sprach am 08.05.2012 bei der Beklagten vor, um sich über die Übernahme ungedeckter Heimkosten zu informieren. Die Beklagte teilte dem Sohn der Klägerin mit, dass zu dem Vermögensfreibetrag eine Bestattungsvorsorge in Höhe von 3.500,- EUR für jeden Ehepartner anerkannt werde. Am 14.05.2012 wurde die Klägerin tatsächlich ins Pflegeheim aufgenommen. Am 23.05.2012 wurde der Formantrag für die Übernahme der ungedeckten Heimkosten für seine Mutter aufgenommen. Am 01.06.2012 wurde der fällige Versicherungsbeitrag vom Konto der Klägerin und ihres Ehemannes abgebucht.

Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 27.06.2012 dazu angehört, dass die Sozialhilfe verweigert werde, weil der Bestattungsvorsorgevertrag unmittelbar vor der Heimaufnahme abgeschlossen worden sei in der Absicht, die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen. Dazu führte die Klägerin aus, dass ihr Wunsch, für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, zu respektieren sei. Es sei eine unzumutbare Härte, wenn der Vorsorgevertrag auf ihre Veranlassung aufgekündigt oder reduziert werden solle.

Mit Bescheid vom 02.08.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung von einem Vermögen in Höhe von 19.476,90 EUR ausgegangen werden müsse, das die Klägerin abzüglich des Vermögensfreibetrages einzusetzen habe. Der Bestattungsvorsorgevertrag könne nicht vermögensmindernd berücksichtigt werden, da durch seinen Abschluss das Vermögen in der Absicht gemindert worden sei, die Voraussetzungen der Leistung herbeizuführen. Außerdem seien in den Monaten Januar bis Mai vor der Antragstellung 6.300,- EUR abgehoben worden, deren Verwendung nicht nachvollziehbar sei, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass das Geld noch vorhanden sei. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, dass die von den Eheleuten angelegte Bestattungsvorsorge in Höhe von 6.321,93 EUR pro Person angemessen sei.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 zurückgewiesen.

Am 26.11.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie legt Belege vor, aus denen sich Ausgaben für Damenoberbekleidung und ein Blutdruckmessgerät ergeben. Darüber hinaus legt sie eine Erklärung ihres Mannes vor, in der dieser angibt, die Barabhebungen getätigt zu haben, sich aber nicht mehr erinnern könne, wofür der das Geld ausgegeben habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 zu verurteilen, die ungedeckten Heimkosten für die Unterbringung und Pflege der Klägerin in der Einrichtung Seniorenhaus N2 in N1 unter Außerachtlassung der bei der O Lebensversicherung AG bestehenden Bestattungsvorsorgeversicherung (Versicherungsscheinnummer M 000000000000) zuschussweise anstelle in Form eines Darlehns vom 01.08.2012 bis 31.05.2013 zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt die Beklagte aus, dass die abgeschlossene Kapitallebensversicherung nicht geschützt werde, da sie auch auf den Erlebnisfall abgeschlossen worden sei. Nicht zuletzt sei eine Bestattungsvorsorge in der vorgenommenen Höhe unangemessen.

Die Klägerin legte einen Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 14.05.2013 vor, wonach der Aufgabenkreis des Betreuers nunmehr auch die Vermögenssorge mit Ausnahme der durch Vollmacht geregelten Verwaltung des Kontos der Klägerin bei der Stadtsparkasse N1 mit der Nummer 000000 erfasst. Den Angaben der Klägerin zufolge hat der Betreuer den Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrages und den Abschluss der Kapitallebensversicherung genehmigt.

Auf Veranlassung des Gerichts legte der Klägervertreter die Kostenvoranschläge des Bestattungsinstituts I vom 15.05.2012 vor. Auf Bl 183 ff der Gerichtsakte wird verwiesen.

Ab dem 13.06.2013 wurden die ungedeckten Heimkosten im Rahmen der Sozialhilfe als Zuschuss übernommen. Vom 01.08.2012 bis 31.05.2013 wurden die ungedeckten Heimkosten als Darlehn übernommen. Als Sicherheit wurde auf Wunsch der Klägerin die als Bestattungsvorsorge vorgesehene Kapitallebensversicherung in Höhe von 12.643,86 EUR eingesetzt. In der Zeit vom 01.06.2013 bis 12.06.2013 bestand aufgrund eines Heimwechsels kein Anspruch auf Sozialhilfe. Die ungeklärten Barabhebungen wurden nicht weiter verfolgt und sind damit nicht weiter streitgegenständlich.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat im Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.05.2013 keinen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach §§ 19 Abs 3, 61 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Form eines Zuschusses anstelle des geleisteten Darlehns.

Hilfe zur Pflege wird geleistet, soweit den Leistungsberechtigten und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs 3 SGB XII). Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 23.05.2012 hatte die Klägerin hinreichend Vermögen zur Verfügung (19.476,90 EUR), um die offenen Heimkosten selbst zu tragen.

Ab 01.06.2012 verminderte sich das Geldvermögen der Klägerin durch die Abbuchung der Versicherungssumme um 12.643,86 EUR. Aber auch in der Folgezeit hatte sie hinreichend realisierbares Vermögen, um die offenen Heimkosten selbst zu tragen.

Vom Vermögen umfasst werden neben allen beweglichen und unbeweglichen Gütern und Rechten in Geld oder Geldeswert auch Forderungen bzw Ansprüche gegen Dritte (vgl nur Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl, § 90 SGB XII RdNr 5 f und 10)

Das Gericht geht davon aus, dass sowohl der von dem Sohn der Klägerin abgeschlossene Bestattungsvorsorgevertrag bzw die sich daraus ergebenden Rechte und auch die abgeschlossene Lebensversicherung rechtmäßig zustande gekommen sind. Zwar umfasste sein Betreuer-Aufgabenkreis zum damaligen Zeitpunkt noch nicht die Vermögenssorge, was der Abschluss der Verträge erfordert hätte, das Betreuungsgericht hat jedoch auf entsprechenden Antrag den Aufgabenbereich entsprechend erweitert und der Sohn hat die Verträge – soweit überhaupt erforderlich – im Nachhinein genehmigt. Das Gericht sieht dafür schon keine Notwendigkeit, denn wie sich aus seiner glaubhaften Darstellung ergibt, hatte er noch zu Zeiten der Geschäftsfähigkeit seiner Mutter von dieser den Auftrag erhalten, entsprechend für ihre dereinstige Bestattung zu sorgen.

Vermögen der Klägerin ist damit zum einen deren Hauptleistungsanspruch gegen den Unternehmer aus dem Bestattungsvorsorgevertrag und gegen das Versicherungsunternehmen aus der Kapitallebensversicherung zum Zeitpunkt ihres Ablaufs, zum anderen sind Vermögen aber auch alle aus diesen vertraglichen Beziehung resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach Auflösung des Vertrags, etwa durch eine Kündigung.

Ob diese Ansprüche iS der gesetzlichen Regelung verwertbar sind, beurteilt sich unter rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten. Der Vermögensinhaber muss über das Vermögen verfügen dürfen, aber auch verfügen können. Beide Aspekte verlangen darüber hinaus eine Berücksichtigung der zeitlichen Dimension, innerhalb der das Vermögen (voraussichtlich) verwertet werden kann (vgl. BSG vom 18.03.2008 Az B 8/9 SO 9/06 R). Kann der Vermögensinhaber das Vermögen nicht in angemessener Zeit verwerten, verfügt er nicht über bereite Mittel (vgl auch zum SGB 2 BSG vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R). Vermögen ist auch dann verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (vgl BSG vom 27.01.2009 – B 14 AS 42/07 R, Rn 14, 17, 20).

Soweit es den vertraglichen Hauptleistungsanspruch der Klägerin gegen den Bestattungsunternehmer aus dem Bestattungsvorsorgevertrag betrifft, dürfte davon auszugehen sein, dass dieser Anspruch, selbst wenn die Klägerin darüber verfügen darf, jedenfalls faktisch nicht verwertbar ist. Der von der Klägerin abgeschlossene Bestattungsvorsorgevertrag ist ein sog gemischter, überwiegend dem Werkvertragsrecht unterliegender Vertragstyp.

Dieser ist jedoch kündbar, wie sich aus Ziffer V ergibt. Danach ist der Bestatter nämlich im Falle der Kündigung des Vertrages berechtigt eine Entschädigung in Höhe von 10 % der Eigenleistung geltend zu machen.

Gleiches gilt grundsätzlich für die Kapitallebensversicherung. Auch diese ist grundsätzlich kündbar, wie sich aus der Auskunft des Versicherers ergibt. Zwar ist der Vertrag bereits erfüllt worden, da die Tarifsumme bereits bezahlt worden ist. Bei entsprechender Kündigung der Versicherung hätte die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlage.

Die Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages hätte als Rückabwicklung zur Folge, dass die Leistungen erstattet werden abzüglich eventueller Einbehalte. Zwar setzt ausweislich Ziffer III des Bestattungsvorsorgevertrages die Verpflichtung zur Bestattung voraus, dass ein unwiderrufliches Bezugsrecht an der abgeschlossenen Lebensversicherung bei der O Lebensversicherung AG durch die Klägerin vereinbart wird. Die Klägerin hat ihre Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag für den Todes- und Erlebensfall unwiderruflich an den Bestatter abgetreten. Dies schließt jedoch nach Überzeugung des Gerichts nicht die Rückabwicklung des Vertrages mit der Klägerin nach einer Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages durch die Klägerin aus. Die Abtretung ist nach Überzeugung des Gerichts nur für den (im Regelfall vorgesehen) Fall der Erfüllung des Vertrages als Gegenleistung vorgesehen. Die Verpflichtung zur Bestattung setzt die Abtretung voraus. Im Falle der Kündigung des Bestattungsvorsorgevertrages besteht jedoch keine Verpflichtung zur Bestattung mehr und die Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag ist nicht erforderlich. Ansonsten wäre Ziffer V des Vertrages auch entbehrlich. Mithin kann die Klägerin auch eigens den Versicherungsvertrag kündigen und hätte Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Einlage.

Wenn die Klägerin (durch ihren Sohn) also den Bestattungsvorsorgevertrag kündigen und die abgeschlossenen Versicherung aufkündigen würde, hätte sie gegenüber der Versicherung einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten 12.643,86 EUR davon wäre gem Ziff V des Bestattungsvorsorgevertrages der entgangene Gewinn des Bestatters zu bezahlen, der sich nach Berechnung der Kammer auf = maximal 264,- EUR belaufen dürfte (10 % des Wertes der Eigenleistungen).

Dem steht zur Überzeugung des Gerichts auch nicht Ziffer VI des Bestattungsvorsorge-Vertrages entgegen. Darin steht, dass dieser Vertrag dem höchstpersönlichen Willen des Auftraggebers entspricht und auch ein Betreuer nicht berechtigt sei, diesen Vertrag aufzuheben. Hier muss erwähnt werden, dass diese Regelung keine Gültigkeit haben kann, da zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Klägerin schon dement und geschäftsunfähig war und der Wille der Klägerin durch den des Betreuers ersetzt werden muss. Diesem kann daher auch nicht das Recht, den Vertrag aufzuheben oder zu kündigen, abgesprochen werden.

Die Verträge sind nicht nach § 90 Abs 3 SGB XII vor der Verwertung verschont. Nach diesen Vorschriften darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für denjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Dabei ist zum einen auf die Leitvorstellungen des Gesetzes für die Verschonungen zurückzugreifen, zum anderen sind auch Wertungen aus anderen Bestimmungen des SGB XII zu berücksichtigten. Es ist nämlich Sinn und Zweck des § 90 Abs 3 Satz 1 SGB XII, als Härtevorschrift für andere als die in § 90 Abs 2 SGB XII aufgeführten Verschonungsfälle zu dienen. In Ansehung dessen ist dem Wunsch der Menschen, für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen, in der Form Rechnung zu tragen, dass ihnen die Mittel für eine angemessene Bestattung und Grabpflege erhalten bleiben, die sie zu diesem Zweck zurückgelegt haben (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18.03.2008 B 8/9 b SO 9/06 R, BVerwG, Urteil vom 11.12.2003, 5 C 84/02). Hierfür spricht neben der Aufgabe der Sozialhilfe, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines menschenwürdigendes Leben zu würdigen, nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrates, mit der die ausdrückliche Privilegierung eines Bestattungsvorsorgevertrages im Gesetz vorgesehen war, mit der Begründung abgelehnt hat, die vorgesehene Regelung sei nicht erforderlich, weil bereits nach geltendem Recht mit der Härtefallregelung in § 90 Abs 3 SGB sowie der Vorschrift des § 74 SGB XII eine menschenwürdige Bestattung für Sozialhilfeempfänger sicher gestellt sei (vgl. BT-Drucksache 16/239, Art. 3 Nr. 4 S. 10, 15 und 17, Bundessozialgericht a.a.O.).

In Anwendung dieser Maßstäbe sind jedoch nur die reinen Sterbeversicherungen geschütztes Vermögen (ebenso LSG NRW Urteil vom 19.03.2009, L 9 SO 5/07). Denn als Mindestvoraussetzung für die Bestattungsvorsorge, die durch Versicherungsverträge gewährleistet wird, ist zu verlangen, dass vertragliche Dispositionen getroffen worden sind, die sicherstellen, dass eine andere Zweckverwendung des Vermögens ausgeschlossen oder zumindest wesentliche erschwert ist (ebenso LSG NRW a.a.O.). Dies ist jedoch bei der Versicherung, die die Klägerin abgeschlossen hat, nicht der Fall, denn diese Versicherung ist letztlich von ihrem vertraglichen Zuschnitt her eine kapitalbildende Lebensversicherung, der eine besondere Zweckbestimmung in Richtung auf den Erlebensfall und den Todesfall innewohnt. Während nämlich bei reinen Sterbegeldversicherungen, auch wenn insoweit ebenfalls eine vorzeitige Kündigung und die Entgegennahme des Rückkaufwertes möglich ist, die auf die Zeit nach dem Tod gerichtete Zweckrichtung daraus hervorgeht, dass eine Fälligkeit zu Lebzeiten des Hilfebedürftigen bzw. seiner Ehefrau nicht eintreten kann, ist dies bei der o.g. Versicherung gerade nicht erkennbar. Vielmehr ist gerade eine Fälligkeit zu Lebzeiten vorgesehen. Die Versicherungssumme beläuft sich im Erlebensfall, falls beide versicherten Personen noch leben auf 14.000,-EUR, falls nur noch eine versicherte Person lebt 4.200,- EUR. Es ist in dem streitigen Zeitraum keineswegs ausgeschlossen gewesen, dass die Klägerin bzw ihr Ehemann nach Eintreten der Fälligkeit der Versicherung die Versicherungssumme mangels bestehender Zweckbindung anderweitig zur Bestreitung seines bzw. ihres Lebensunterhalts verwendete. Im Ergebnis ist sie, wie sich sogar aus dem Versicherungsschein explizit ergibt, lediglich eine Variante der kapitalbildenden Lebensversicherung, die jedoch nicht die Notwendigkeit einer von der sonstigen Kapitallebensversicherung abweichenden rechtlichen Behandlung mit sich bringt (ebenso LSG NRW a.a.O.). Die den entsprechenden Verträgen von den Versicherungsnehmern möglicherweise subjektiv beigemessene Bestimmung zur Bestattungs- und Grabpflegevorsorge ist bei einer Todesfallversicherung nicht zu objektivieren (vgl. LSG NRW a.a.O.).

Damit ist auch unerheblich, dass der Sohn der Klägerin den Bestattungsvorsorgevertrag nicht einmal zwei Wochen vor Aufnahme in das Alten- und Pflegeheim geschlossen hat. Insbesondere führt das vorsätzliche bzw grob fahrlässige Herbeiführen der Leistungsvoraussetzungen (§ 92 a ABs 1 BSHG, § 103 Abs 1 SGB XII) anders anders als bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht zu einem Entfallen des Leistungsanspruchs, sondern nur zu einer Erstattungspflicht (auf Grund eines Bescheids).

Dafür, dass die Klägerin den Bestattungsvorsorgevertrag mit der Absicht (direkter Vorsatz) geschlossen hat, die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen, mit der Folge, dass der Rechtsgedanke des § 25 Abs 2 Nr 1 BSHG bzw § 26 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII herangezogen werden müsste, besteht aber nach Überzeugung der Kammer auch kein Anhaltspunkt. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es nämlich nicht, wenn die Klägerin, wie dies für einen Kostenersatz nach § 92a BSHG bzw § 103 SGB XII vorgesehen ist, die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ohne dass es ihr zielgerichtet um den Erwerb eines Leistungsanspruchs ging. Beruht die Anerkennung eines angemessenen Bestattungsvorsorgevertrags als Schonvermögen auf dem Gedanken der Selbstbestimmung und Menschenwürde auch für die Zeit nach dem Ableben, so kann nicht bereits das Herbeiführen späterer Bedürftigkeit der Annahme eines Härtefalls entgegenstehen.

Die Rückabwicklungsansprüche aus dem Bestattungsvorsorgevertrag und aus der Lebensversicherung stehen als einzusetzendes Vermögen einer Umwandlung der darlehnsweise gewährten Leistung in einen Zuschuss für den streitigen Zeitraum entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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