Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 19 KR 4164/10
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 154/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Versorgung Versicherter mit dendritischen Zellen zur Therapie von Oligoastrozytom nach Rezidiv ist weder nach allgemeinen Grundsätzen noch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten vom GKV-Leistungskatalog erfasst.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 20. November 2013 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist eine Kostenübernahme und der Anspruch des im Dezember 2014 verstorbenen und bei der Beklagten versicherten Ehemanns der Klägerin (im Folgenden: Ver-sicherter) für eine Krebsbehandlung (Immuntherapie mit dendritischen Zellen - 1. Behand-lungszyklus vom 31. März bis 17. August 2010) bei Oligoastrozytom streitig.
Bei dem 1956 geborenen Versicherten wurde im Februar 1993 ein intrazerebraler Tumor links frontal diagnostiziert. Er konnte teilweise operativ entfernt werden. Im Dezember 2002 zeigte sich ein Residualtumor links frontal (Diagnose: Oligoastrozytom WHO Grad III). Er wurde im November 2003 teilweise entfernt und mit Chemotherapie mit drei Zyklen ACNU im Jahr 2004 behandelt. Ab September 2007 stellte sich ein langsam wachsender Rezidivtumor ein. Im Dezember 2009 zeigte sich im Vergleich zu August 2008 eine deutliche Tumorprogredienz links (Bericht der Z. B. B. vom 9. Dezember 2009).
Am 11. Februar 2010 beantragte der Versicherte die Kostenübernahme für eine Immuntherapie mit dendritischen Zellen in Kombination mit einer Hyperthermie, die ambulant in der Praxis des Dr. N. erfolgen sollte. Seine Erkrankung zeige ein neues Tumorwachstum und erfordere eine weitere Operation, für die er sich nicht habe entscheiden können. Bei der letzten Operation sei ein Resttumor verblieben, der sich in der Nähe des Sprachzentrums befinde. Die Chemotherapie habe schon nach drei Zyklen aufgrund des schlechten Blutbildes abgebrochen werden müssen. Nach den Arztbriefen der B. B. - Prof. Dr. B.-M. - vom 17. Juni und 9. Dezember 2009 bestand unverändert eine OP-Indikation; die Prognose werde sich bei weiterem Zuwarten sicherlich ungünstig verändern. Die Beklagte teilte ihm im Februar 2010 mit, dass es sich bei der ambulant durchgeführten Hyperthermie um eine Behandlungsmethode handle, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) abgelehnt worden und daher keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei. Der Versicherte reichte einen Arztbrief des Dr. N. vom 17. Februar 2010 mit Ausführungen zur dendritischen Zelltherapie und lokaler Hyperthermie ein. Geplant seien zunächst vier Behandlungen mit dendritischen Zellen in regelmäßigen Abständen von vier bis fünf Wochen. Die Beklagte holte ein Gutachten des M. D. der Krankenversicherung (MDK) Th. vom 16. März 2010 ein, wonach die beantragten Behandlungen noch nicht zum Standard der Behandlung eines Hirntumors gehörten. Für die Bestandteile der beantragten Therapie sei vom G-BA bzw. in systematischen Nutzenbewertungen festgestellt worden, dass medizinische Notwendigkeit, therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit bislang nicht erwiesen seien. Somit gelte dasselbe auch für die Kombinationsbehandlung aus diesen Methoden, für die eine zusätzliche Literaturrecherche ebenfalls keinen Nutzenbeleg ergeben habe. Insoweit und auch weil vertragliche Therapiemaßnahmen (erneute Operation) zur Verfügung stünden, seien die Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts hier nicht erfüllt. Mit Bescheid vom 23. März 2010 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Hiergegen erhob der Versicherte am 30. März 2010 Widerspruch.
Am 31. März 2010 beantragte er beim Sozialgericht (SG) den Erlass einer einstweiligen An-ordnung. Mit Beschluss vom 28. Mai 2010 verpflichtete dieses die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, die Kosten für insgesamt vier Vakzinierungen der Immuntherapie-Behandlung mit dendritischen Zellen durch Dr. N. zu übernehmen (Az.: S 19 KR 1919/10 ER). Die hiergegen erhobene Beschwerde nahm die Beklagte am 17. August 2010 zurück (Az.: L 6 KR 577/10 B ER).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat das SG verschiedene Befundberichte mit entsprechenden Anlagen, u.a. einen Arztbrief des Dr. H. - M. V. B. B. - vom 30. November 2010, der die operative Resektion des Befundes empfiehlt, beigezogen und ein fachonkologisches Gutachten des Prof. Dr. B. (Universitätsklinikum B.) vom 8. Juli 2011 nebst ergänzender Stellungnahme (Eingang beim SG am 11. November 2011) eingeholt. Dort wird als leitlinienkonforme Therapie eine erneute operative Behandlung mit anschließender kombinierter Radio/Chemotherapie in der Rezidivsituation angesehen, was der Kläger aufgrund Unsicherheiten des Therapieerfolges jedoch abgelehnt habe. Aufgrund der einstweiligen Verfügung seien vier Vakzinierungssitzungen mit dendritischen Zellen durchgeführt worden. Im Verlaufsstaging nach der Therapie habe jedoch ein weiterer Progress festgestellt werden müssen, sodass zum aktuellen Zeitpunkt keine kausale Therapie mehr vorhanden sei. Eine palliativ, symptomlindernde Operation er-scheine jedoch möglich, wenn auch eine Totalresektion des Tumors nicht möglich erscheine. In Zusammenschau der Studien und Review-Artikel zeige sich, dass es sich bei der dendritischen Vakzinierung nach wie vor um ein experimentelles Verfahren handle.
Im Januar 2012 ist eine mikrochirurgische Resektion des Oligoastrozytom-Rezidivs links im Zentrum Neurologische Medizin Klinik für Neurochirurgie G. erfolgt. Auf Antrag des Klägers hat das SG nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten des Dr. H. (Klinik für Tumorbiologie F.) vom 16. Mai 2012 eingeholt. Dieser hat zusammenfassend ausgeführt, der Versicherte leide an einem lebensbedrohlich, regelmäßig tödlich verlaufenden bösartigen Gehirntumor. Eine Verlängerung der Lebenszeit sei bei dem fortgeschrittenen Krankheitsverlauf und nach den stattgehabten Therapien mit konventionellen Therapieoptionen, wie Operation, Strahlentherapie oder Chemotherapie - wenn überhaupt - nur sehr begrenzt möglich. Entsprechend stünden in dieser palliativen Situation die Erhaltung günstiger Prognosefaktoren wie ein guter Allgemeinzustand, die Vermeidung neurologischer Defizite, psychische Stabilität etc. im Vordergrund. Oberste Priorität habe ein symptomorientiertes therapeutisches Vorgehen zur möglichst langzeitigen Erhaltung der Lebensqualität. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse zahlreicher Phase I/II Studien ließe sich trotz der in Kapitel III benannten zahlreichen methodischen Defizite zusammenfassend festhalten, dass die Immuntherapie mit aus dem Eigenblut gewonnenen und mit Tumorantigen beladenen dendritischen Zellen bei Patienten mit malignen Gehirntumoren in aller Regel gut toleriert werde und in Einzelfällen offenbar auch zu Tumorrückbildungen führen könne. Allerdings weiche der durch Dr. N. durchgeführte individuelle Heilversuch in Form der kombinierten Anwendung einer viralen Therapie mit New castle desease virus (NDV) gefolgt von einer Impfung mit NDV-aktivierten dentritischen Zellen in wesentlichen Punkten von den in den genannten klinischen Studien geprüften immunologischen Therapieansätzen ab. Die bisherigen Studienergebnisse seien daher auf die stattgehabte Therapie nicht übertragbar. Der Versicherte habe die Therapie gut toleriert, allerdings werde die experimentelle Therapie nur für vertretbar gehalten, wenn sie in den gesetzlich vorgeschriebenen und von allen Fachgesellschaften und Verbänden unterstützten Rahmenbedingungen durchgeführt würde.
Laut Niederschrift vom 20. November 2013 (Dauer des Termins: 13:00 Uhr bis 14:05 Uhr) ist im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Veranlassung des Versicherten Dr. H. erschienen, hat dort Bezug auf sein Gutachten vom 16. Mai 2012 genommen und hierzu sowie zu Art und Ausgestaltung der dendritischen Zelltherapie ausgeführt. Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, der Versicherte habe einen Anspruch auf die Durchführung der Therapie gehabt. Die anzuwendende Methode der dendritischen Zelltherapie wirke im Allgemeinen als auch im konkreten Fall überwiegend positiv und nütze mehr als sie schade.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 20. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2010 zu verurteilen, ihr die dem Versicherten entstandenen Kosten für die durchgeführte Immuntherapie mit dendritischen Zellen in Höhe von 4.342,54 Euro (Zeitraum vom 7. April bis 13. Juli 2010) zu erstatten und festzustellen, dass der Versicherte Anspruch auf die aufgrund der einstweiligen Verfügungen des Sozialgerichts vom 28. Mai 2010 und 30. März 2011 durchgeführten Therapien hatte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Diese ist Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten nach § 56 Abs. 1 Nr. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I).
Statthafte Klageart für das Begehren ist für vergangene Zeiträume, soweit die Leistungen aufgrund der einstweiligen Anordnungen des SG bereits erbracht wurden, die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ziel der Klägerin ist letztendlich nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der aufgrund einstweiliger Verfügung vorläufig erbrachten Sachleistungen feststellen lassen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, Rn. 8 m.w.N. und Az.: B 1 KR 10/16 R, Rn. 9, nach juris). Das Feststel-lungsinteresse liegt darin, dass gegen die Klägerin seitens der Beklagten aufgrund der vorläufig erbrachten Leistungen Erstattungsansprüche nach § 50 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht kommen. Hat die Klage Erfolg, steht fest, dass die Beklagte die Therapie mit dendritischen Zellen zu Recht leistete. Eine Erstattung "zu Unrecht" erbrachter Leistungen nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 945 ZPO/ggf. § 50 SGB X scheidet dann aus (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 10/16 R, nach juris).
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Klägerin durch die gegenüber dem Versicherten ergangene ablehnende Entscheidung weiterhin beschwert (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 10/16 R, Rn. 10, nach juris). Soweit sie Kostenübernahme begehrt, ist die (kombinierte) Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (dazu unter 2) bzw. Anfechtungs- und Leistungsklage (dazu unter 1) ist unbegründet.
(1) Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten der Behandlung des Versicherten mit dendritischen Zellen zu übernehmen. Die Versorgung Versicherter mit dendritischen Zellen zur Therapie von Oligoastrozytom nach Rezidiv ist nicht vom GKV-Leistungskatalog umfasst und zwar weder nach allgemeinen Grundsätzen (dazu a) noch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (dazu b).
Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs. 3 Alternative 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach ist eine Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - Az.: B 1 KR 7/05 R m.w.N., nach juris). Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1, 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben.
(a) Die dendritische Zelltherapie gehört nicht zu den Leistungen, die die GKV als Sachleistung zu erbringen hat. Nach § 27 Abs. 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Immuntherapie mit dendritischen Zellen war (und ist) als nicht anerkannte Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung; eine Abrechnung nach dem EBM-Ä war (und ist) nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 3/06 R m.w.N., nach juris). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) sind nur dann Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V i.V.m. mit § 135 Abs. 5 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) NUB zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Verwaltung und Gerichte sind an die Entscheidungen des G-BA über bestimmte Methoden im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn der Gesetzgeber die Entscheidung selbst getroffen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 3/06 R).
(b) Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des G-BA bedarf, liegt nicht vor.
Auf § 2 Abs. 1a) SGB V kann die Klägerin einen Anspruch schon deshalb nicht stützen, weil die Regelung erst mit Wirkung vom 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, erfasst also zeitlich die hier im Jahr 2010 durchgeführte Immuntherapie mit dendritischen Zellen nicht.
Auch liegen die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 (nach juris) nicht vor. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte und dem medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Mit Beschluss vom 10. November 2015 - Az.: 1 BvR 2056/12 (nach juris) hat das BVerfG die enge Begrenzung dieses verfassungsunmittelbaren Anspruchs betont. Die notwendige Gefährdungslage liegt danach erst in einer notstandsähnlichen Situation vor, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Handlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen verfassungsrechtlich gebotenen Anspruchs ist deswegen allein das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 - Az.: 1 BvR 452/17, Rn. 22 m.w.N., nach juris). Nach dem Beschluss vom 6. Dezember 2005 ist für einen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Anspruch weiter erforderlich, dass bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte "nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" besteht.
Hier bestehen bereits Zweifel daran, dass sich der Versicherte im Jahr 2010 in einer not-standsähnlichen Situation, wie im o.g. Beschluss des BVerfG vom 10. November 2015 klar-stellend ausgeführt, befand. Eine unmittelbare individuelle Notlage in diesem Sinne ist damals nicht ersichtlich. Zudem stand eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard ent-sprechende Behandlung zur Verfügung, die der Versicherte in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht in Anspruch nehmen wollte. Nach den Berichten der B. B. vom 9. September 2009, 9. Dezember 2009, vom 10. März 2010 und dem Arztbrief des Dr. H. vom 15. September 2010 bestand unverändert eine Indikation zur Operation, bei einem weiteren Zuwarten sinke die Möglichkeit einer vollständigen Resektabilität unter funktionellen Gesichts-punkten und steige das operative Risiko. Insoweit verweisen auch die Gutachten des MDK vom 16. März und 7. Oktober 2010 auf die Möglichkeit eines leitliniengerechten operativen Eingriffs. Im Gutachten vom 7. Oktober 2010 führt Dr. W. nachvollziehbar aus, auch wenn eine Heilung aufgrund des infiltrativen Wachstumscharakters von Astrozytomen durch eine Operation kaum möglich sei, werde durch eine Resektion das Tumorvolumen reduziert, sodass u.a. die Hirndruckproblematik entschärft werde und weniger Zellmasse vorhanden sei, die weiter entdifferenzieren könne. Bei anaplastischen Oligoastrozytomen WHO Grad III werde zudem eine Strahlentherapie von 50-60 Gy oder eine Chemotherapie empfohlen. Als Standardtherapie wäre im vorliegenden Einzelfall leitliniengerecht die nochmalige Resektion des Tumors und Chemotherapie oder Strahlentherapie anzusehen. Dies haben die Gutachten des Prof. Dr. B. vom 8. Juli 2011 und das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Dr. H. vom 16. Mai 2012 bestätigt. Es wäre dem Versicherten auch nicht unzumutbar gewesen, die Möglichkeit der operativen (Teil-) Entfernung des Tumors in Anspruch zu nehmen. Hierfür spricht, dass er diese Operation im Januar 2012 tatsächlich in Anspruch genommen hat. Soweit er ausgeführt hat, die Chemotherapie sei im Jahr 2004 wegen Unverträglichkeit abgebrochen worden, wird dies durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht belegt. Nach dem Arztbrief der Dr. B. vom 26. August 2004 (Blatt 37 der Gerichtsakte) wurden drei Zyklen einer Chemotherapie mit ACNU durchgeführt, wobei sich nach der letzten Kon-trolle des MRT in B. B. eine stabile Situation zeigte, sodass entsprechend der Empfehlung die Chemotherapie beendet wurde. Dass es sich bei der Standardtherapie - der operativen Resek-tion des Tumors - von vornherein nur um eine Palliativtherapie handelte, weil jede Möglichkeit des kurativen Behandlungserfolges als aussichtslos erachtet wurde, lässt sich den Indika-tionsstellungen durch die behandelnden Ärzte für eine operative Behandlung so nicht entnehmen. Dies bedarf hier letztendlich aber keiner Entscheidung, weil bezüglich der Immuntherapie mit dendritischen Zellen keine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliativen Standardtherapie hinausreichenden Erfolg im Sinne einer Heilung der Erkrankung bestand (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 - Az.: 1 BvR 2045/12, nach juris).
Nach den Gutachten des MDK und den Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. und des Gutachtens des Dr. H. handelt es sich bei der Immuntherapie mit dendritischen Zellen, insbe-sondere bei der durch Dr. N. durchgeführten Variante, um eine rein experimentelle Therapie. Dem schließt sich der Senat an. Darauf verweist bereits Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 8. Juli 2011. Dr. H. führt in seinem Gutachten vom 16. Mai 2012 aus, auf der Grundlage umfassender klinischer Untersuchungen seien in den letzten Jahren eine ganze Reihe klinischer Studien mit antigenbeladenen dendritischen Zellen bei unterschiedlichsten Tumorentitäten durchgeführt worden; am weitesten fortgeschritten seien die Untersuchungen bei malignen Melanomen, Nierenzell- und Prostatakarzinomen. Bei allen bisherigen Studien (vor allem Phase I und Phase II) wurden mit Ausnahme einer Phase III Studie bei Patienten mit hormon-refraktärem Prostatakarzinomen jeweils nur eine begrenzte Anzahl von Patienten mit einem identischen Therapieschema behandelt. Außerdem sei die Methodik der Herstellung, Reifung und Beladung der dendritischen Zellen mit Tumorantigenen sehr divergent. Obgleich bisher keine Phase III Studien durchgeführt wurden, deuteten die Ergebnisse der aktuellen Phase I/II Studien darauf hin, dass das Prinzip der Immuntherapie mit Tumorantigenen auch bei Patienten mit malignen Hirntumoren grundsätzlich funktionieren könne. Viele wichtige Fragestellungen bei der Impfung mit dendritischen Zellen könnten allerdings nach wie vor nicht beantwortet werden. Insbesondere seien die Methoden der Antigenbeladung und das genaue Procedere bei der Vakzinierung, z.B. die Anzahl der zur Impfung verwendeten dendritischen Zellen, die Impfabstände, die Art und der Ort der Applikation oder die Behandlungsdauer nicht standardisiert. Entsprechend gebe es keine einheitlichen Impfprotokolle und Herstellungsprozeduren sowie Anwendungsrichtlinien. Darüber hinaus weiche die durch Dr. N. durchgeführte Immuntherapie mit antigenbeladenen dendritischen Zellen und das dabei verwendete Impfprotokoll in wesentlichen Punkten von den genannten klinischen Studien ab. Die von ihm durchgeführte kombinierte Applikation von New castle desease virus (NDV) gefolgt von einer Impfung mit NDV-aktivierten dendritischen Zellen sei unter Annahme, dass der RNA-Virus Glioblastomzellen selektiv infiziere, als rein experimenteller Ansatz einzustufen. Zudem lägen hierfür allenfalls wenige Einzelfallberichte, jedoch keine belastbaren Untersuchungen zum Glioblastom im Rahmen national oder international anerkannter klinischer Studien vor. Damit besteht auch keine Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. März 2014 - Az.: L 5 KR 95/10, nach juris).
Dementsprechend weist die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) in ihrer Stellungnahme vom 5. April 2011 "Impfung mit Dendritischen Zellen sollte nur im Rahmen Klinischer Studien erfolgen" darauf hin, obwohl schon eine Vielzahl verschiedenster Impfstoffe mit Dendritischen Zellen (DZ) im frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichsten Tumorarten erprobt worden sei, seien die erzielten Erfolge bisher noch ernüchternd und träten nur bei einer kleinen Zahl von behandelten Patienten auf. Sipuleucel-T ist danach der bisher weltweit am weitesten entwickelte DZ- Impfstoff, der zu Beginn dieses Jahres, nach etwa zehn Jahren der klinischen Entwicklung in mehreren Studien, in den USA eine Zulassung zur Behandlung bei Patienten mit bestimmten Verlaufsform des Prostatakarzinoms erhielt. Die Therapie mit Tumorimpfstoffen und dendritischen Zellen befindet sich in der wissenschaftlichen Entwicklung. Die aktuellen Therapieergebnisse sprechen gegen einen Einsatz außerhalb von wissenschaftlichen Studien. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass negative Auswirkungen auf den Patienten und die Tumorerkrankungen auftreten (vgl. http://www.krebsgesellschaft.de).
Eine nochmalige mündliche Befragung des Dr. H. zu seinem Gutachten vom 16. Mai 2012 ist in der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2017 nicht beantragt worden und auch nicht erforderlich. Seine Ausführungen sind eindeutig und bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 11. April 2014 vorgetragen hat, er sei in der mündlichen Verhandlung fast zwei Stunden angehört worden und habe die Durchführung der Immuntherapie mit dendritischen Zellen bei dem Versicherten befürwortet, ergibt sich dies aus der Niederschrift gerade nicht. Tatsächlich hat der Termin danach von 13:00 bis 14:05 Uhr gedauert und der Sachverständige hat zu seinem Gutachten und zu Art und Ausgestaltung der dendritischen Zelltherapie ausgeführt. Um 13:40 Uhr ist die mündliche Verhandlung unterbrochen und um 14:00 Uhr fortgesetzt worden. Die Aufnahme der behaupteten Äußerungen des Sachverständigen in die Niederschrift (§ 160 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO)) hat die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz nicht beantragt. Dass der Sachverständige seinen Ausführungen im Gutachten widersprochen hat, behauptet auch die Klägerin nicht.
(2) Aus den unter (1) genannten Gründen ist auch die Anfechtungs- und Feststellungsklage unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist eine Kostenübernahme und der Anspruch des im Dezember 2014 verstorbenen und bei der Beklagten versicherten Ehemanns der Klägerin (im Folgenden: Ver-sicherter) für eine Krebsbehandlung (Immuntherapie mit dendritischen Zellen - 1. Behand-lungszyklus vom 31. März bis 17. August 2010) bei Oligoastrozytom streitig.
Bei dem 1956 geborenen Versicherten wurde im Februar 1993 ein intrazerebraler Tumor links frontal diagnostiziert. Er konnte teilweise operativ entfernt werden. Im Dezember 2002 zeigte sich ein Residualtumor links frontal (Diagnose: Oligoastrozytom WHO Grad III). Er wurde im November 2003 teilweise entfernt und mit Chemotherapie mit drei Zyklen ACNU im Jahr 2004 behandelt. Ab September 2007 stellte sich ein langsam wachsender Rezidivtumor ein. Im Dezember 2009 zeigte sich im Vergleich zu August 2008 eine deutliche Tumorprogredienz links (Bericht der Z. B. B. vom 9. Dezember 2009).
Am 11. Februar 2010 beantragte der Versicherte die Kostenübernahme für eine Immuntherapie mit dendritischen Zellen in Kombination mit einer Hyperthermie, die ambulant in der Praxis des Dr. N. erfolgen sollte. Seine Erkrankung zeige ein neues Tumorwachstum und erfordere eine weitere Operation, für die er sich nicht habe entscheiden können. Bei der letzten Operation sei ein Resttumor verblieben, der sich in der Nähe des Sprachzentrums befinde. Die Chemotherapie habe schon nach drei Zyklen aufgrund des schlechten Blutbildes abgebrochen werden müssen. Nach den Arztbriefen der B. B. - Prof. Dr. B.-M. - vom 17. Juni und 9. Dezember 2009 bestand unverändert eine OP-Indikation; die Prognose werde sich bei weiterem Zuwarten sicherlich ungünstig verändern. Die Beklagte teilte ihm im Februar 2010 mit, dass es sich bei der ambulant durchgeführten Hyperthermie um eine Behandlungsmethode handle, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) abgelehnt worden und daher keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei. Der Versicherte reichte einen Arztbrief des Dr. N. vom 17. Februar 2010 mit Ausführungen zur dendritischen Zelltherapie und lokaler Hyperthermie ein. Geplant seien zunächst vier Behandlungen mit dendritischen Zellen in regelmäßigen Abständen von vier bis fünf Wochen. Die Beklagte holte ein Gutachten des M. D. der Krankenversicherung (MDK) Th. vom 16. März 2010 ein, wonach die beantragten Behandlungen noch nicht zum Standard der Behandlung eines Hirntumors gehörten. Für die Bestandteile der beantragten Therapie sei vom G-BA bzw. in systematischen Nutzenbewertungen festgestellt worden, dass medizinische Notwendigkeit, therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit bislang nicht erwiesen seien. Somit gelte dasselbe auch für die Kombinationsbehandlung aus diesen Methoden, für die eine zusätzliche Literaturrecherche ebenfalls keinen Nutzenbeleg ergeben habe. Insoweit und auch weil vertragliche Therapiemaßnahmen (erneute Operation) zur Verfügung stünden, seien die Voraussetzungen des Bundesverfassungsgerichts hier nicht erfüllt. Mit Bescheid vom 23. März 2010 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Hiergegen erhob der Versicherte am 30. März 2010 Widerspruch.
Am 31. März 2010 beantragte er beim Sozialgericht (SG) den Erlass einer einstweiligen An-ordnung. Mit Beschluss vom 28. Mai 2010 verpflichtete dieses die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, die Kosten für insgesamt vier Vakzinierungen der Immuntherapie-Behandlung mit dendritischen Zellen durch Dr. N. zu übernehmen (Az.: S 19 KR 1919/10 ER). Die hiergegen erhobene Beschwerde nahm die Beklagte am 17. August 2010 zurück (Az.: L 6 KR 577/10 B ER).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat das SG verschiedene Befundberichte mit entsprechenden Anlagen, u.a. einen Arztbrief des Dr. H. - M. V. B. B. - vom 30. November 2010, der die operative Resektion des Befundes empfiehlt, beigezogen und ein fachonkologisches Gutachten des Prof. Dr. B. (Universitätsklinikum B.) vom 8. Juli 2011 nebst ergänzender Stellungnahme (Eingang beim SG am 11. November 2011) eingeholt. Dort wird als leitlinienkonforme Therapie eine erneute operative Behandlung mit anschließender kombinierter Radio/Chemotherapie in der Rezidivsituation angesehen, was der Kläger aufgrund Unsicherheiten des Therapieerfolges jedoch abgelehnt habe. Aufgrund der einstweiligen Verfügung seien vier Vakzinierungssitzungen mit dendritischen Zellen durchgeführt worden. Im Verlaufsstaging nach der Therapie habe jedoch ein weiterer Progress festgestellt werden müssen, sodass zum aktuellen Zeitpunkt keine kausale Therapie mehr vorhanden sei. Eine palliativ, symptomlindernde Operation er-scheine jedoch möglich, wenn auch eine Totalresektion des Tumors nicht möglich erscheine. In Zusammenschau der Studien und Review-Artikel zeige sich, dass es sich bei der dendritischen Vakzinierung nach wie vor um ein experimentelles Verfahren handle.
Im Januar 2012 ist eine mikrochirurgische Resektion des Oligoastrozytom-Rezidivs links im Zentrum Neurologische Medizin Klinik für Neurochirurgie G. erfolgt. Auf Antrag des Klägers hat das SG nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Gutachten des Dr. H. (Klinik für Tumorbiologie F.) vom 16. Mai 2012 eingeholt. Dieser hat zusammenfassend ausgeführt, der Versicherte leide an einem lebensbedrohlich, regelmäßig tödlich verlaufenden bösartigen Gehirntumor. Eine Verlängerung der Lebenszeit sei bei dem fortgeschrittenen Krankheitsverlauf und nach den stattgehabten Therapien mit konventionellen Therapieoptionen, wie Operation, Strahlentherapie oder Chemotherapie - wenn überhaupt - nur sehr begrenzt möglich. Entsprechend stünden in dieser palliativen Situation die Erhaltung günstiger Prognosefaktoren wie ein guter Allgemeinzustand, die Vermeidung neurologischer Defizite, psychische Stabilität etc. im Vordergrund. Oberste Priorität habe ein symptomorientiertes therapeutisches Vorgehen zur möglichst langzeitigen Erhaltung der Lebensqualität. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse zahlreicher Phase I/II Studien ließe sich trotz der in Kapitel III benannten zahlreichen methodischen Defizite zusammenfassend festhalten, dass die Immuntherapie mit aus dem Eigenblut gewonnenen und mit Tumorantigen beladenen dendritischen Zellen bei Patienten mit malignen Gehirntumoren in aller Regel gut toleriert werde und in Einzelfällen offenbar auch zu Tumorrückbildungen führen könne. Allerdings weiche der durch Dr. N. durchgeführte individuelle Heilversuch in Form der kombinierten Anwendung einer viralen Therapie mit New castle desease virus (NDV) gefolgt von einer Impfung mit NDV-aktivierten dentritischen Zellen in wesentlichen Punkten von den in den genannten klinischen Studien geprüften immunologischen Therapieansätzen ab. Die bisherigen Studienergebnisse seien daher auf die stattgehabte Therapie nicht übertragbar. Der Versicherte habe die Therapie gut toleriert, allerdings werde die experimentelle Therapie nur für vertretbar gehalten, wenn sie in den gesetzlich vorgeschriebenen und von allen Fachgesellschaften und Verbänden unterstützten Rahmenbedingungen durchgeführt würde.
Laut Niederschrift vom 20. November 2013 (Dauer des Termins: 13:00 Uhr bis 14:05 Uhr) ist im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Veranlassung des Versicherten Dr. H. erschienen, hat dort Bezug auf sein Gutachten vom 16. Mai 2012 genommen und hierzu sowie zu Art und Ausgestaltung der dendritischen Zelltherapie ausgeführt. Mit Urteil vom gleichen Tag hat das SG die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, der Versicherte habe einen Anspruch auf die Durchführung der Therapie gehabt. Die anzuwendende Methode der dendritischen Zelltherapie wirke im Allgemeinen als auch im konkreten Fall überwiegend positiv und nütze mehr als sie schade.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 20. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2010 zu verurteilen, ihr die dem Versicherten entstandenen Kosten für die durchgeführte Immuntherapie mit dendritischen Zellen in Höhe von 4.342,54 Euro (Zeitraum vom 7. April bis 13. Juli 2010) zu erstatten und festzustellen, dass der Versicherte Anspruch auf die aufgrund der einstweiligen Verfügungen des Sozialgerichts vom 28. Mai 2010 und 30. März 2011 durchgeführten Therapien hatte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Diese ist Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten nach § 56 Abs. 1 Nr. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I).
Statthafte Klageart für das Begehren ist für vergangene Zeiträume, soweit die Leistungen aufgrund der einstweiligen Anordnungen des SG bereits erbracht wurden, die (kombinierte) Anfechtungs- und Feststellungsklage. Ziel der Klägerin ist letztendlich nicht nur die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten in der Hauptsache. Vielmehr will sie den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der aufgrund einstweiliger Verfügung vorläufig erbrachten Sachleistungen feststellen lassen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 1/16 R, Rn. 8 m.w.N. und Az.: B 1 KR 10/16 R, Rn. 9, nach juris). Das Feststel-lungsinteresse liegt darin, dass gegen die Klägerin seitens der Beklagten aufgrund der vorläufig erbrachten Leistungen Erstattungsansprüche nach § 50 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in Betracht kommen. Hat die Klage Erfolg, steht fest, dass die Beklagte die Therapie mit dendritischen Zellen zu Recht leistete. Eine Erstattung "zu Unrecht" erbrachter Leistungen nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 945 ZPO/ggf. § 50 SGB X scheidet dann aus (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 10/16 R, nach juris).
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Klägerin durch die gegenüber dem Versicherten ergangene ablehnende Entscheidung weiterhin beschwert (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 - Az.: B 1 KR 10/16 R, Rn. 10, nach juris). Soweit sie Kostenübernahme begehrt, ist die (kombinierte) Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (dazu unter 2) bzw. Anfechtungs- und Leistungsklage (dazu unter 1) ist unbegründet.
(1) Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten der Behandlung des Versicherten mit dendritischen Zellen zu übernehmen. Die Versorgung Versicherter mit dendritischen Zellen zur Therapie von Oligoastrozytom nach Rezidiv ist nicht vom GKV-Leistungskatalog umfasst und zwar weder nach allgemeinen Grundsätzen (dazu a) noch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (dazu b).
Rechtsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs. 3 Alternative 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach ist eine Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - Az.: B 1 KR 7/05 R m.w.N., nach juris). Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1, 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben.
(a) Die dendritische Zelltherapie gehört nicht zu den Leistungen, die die GKV als Sachleistung zu erbringen hat. Nach § 27 Abs. 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Immuntherapie mit dendritischen Zellen war (und ist) als nicht anerkannte Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung; eine Abrechnung nach dem EBM-Ä war (und ist) nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 3/06 R m.w.N., nach juris). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) sind nur dann Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V i.V.m. mit § 135 Abs. 5 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) NUB zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Verwaltung und Gerichte sind an die Entscheidungen des G-BA über bestimmte Methoden im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn der Gesetzgeber die Entscheidung selbst getroffen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 3/06 R).
(b) Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des G-BA bedarf, liegt nicht vor.
Auf § 2 Abs. 1a) SGB V kann die Klägerin einen Anspruch schon deshalb nicht stützen, weil die Regelung erst mit Wirkung vom 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, erfasst also zeitlich die hier im Jahr 2010 durchgeführte Immuntherapie mit dendritischen Zellen nicht.
Auch liegen die Voraussetzungen für eine grundrechtsorientierte Auslegung nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 (nach juris) nicht vor. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte und dem medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Mit Beschluss vom 10. November 2015 - Az.: 1 BvR 2056/12 (nach juris) hat das BVerfG die enge Begrenzung dieses verfassungsunmittelbaren Anspruchs betont. Die notwendige Gefährdungslage liegt danach erst in einer notstandsähnlichen Situation vor, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Handlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen verfassungsrechtlich gebotenen Anspruchs ist deswegen allein das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 - Az.: 1 BvR 452/17, Rn. 22 m.w.N., nach juris). Nach dem Beschluss vom 6. Dezember 2005 ist für einen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Anspruch weiter erforderlich, dass bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte "nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" besteht.
Hier bestehen bereits Zweifel daran, dass sich der Versicherte im Jahr 2010 in einer not-standsähnlichen Situation, wie im o.g. Beschluss des BVerfG vom 10. November 2015 klar-stellend ausgeführt, befand. Eine unmittelbare individuelle Notlage in diesem Sinne ist damals nicht ersichtlich. Zudem stand eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard ent-sprechende Behandlung zur Verfügung, die der Versicherte in dem hier maßgeblichen Zeitraum nicht in Anspruch nehmen wollte. Nach den Berichten der B. B. vom 9. September 2009, 9. Dezember 2009, vom 10. März 2010 und dem Arztbrief des Dr. H. vom 15. September 2010 bestand unverändert eine Indikation zur Operation, bei einem weiteren Zuwarten sinke die Möglichkeit einer vollständigen Resektabilität unter funktionellen Gesichts-punkten und steige das operative Risiko. Insoweit verweisen auch die Gutachten des MDK vom 16. März und 7. Oktober 2010 auf die Möglichkeit eines leitliniengerechten operativen Eingriffs. Im Gutachten vom 7. Oktober 2010 führt Dr. W. nachvollziehbar aus, auch wenn eine Heilung aufgrund des infiltrativen Wachstumscharakters von Astrozytomen durch eine Operation kaum möglich sei, werde durch eine Resektion das Tumorvolumen reduziert, sodass u.a. die Hirndruckproblematik entschärft werde und weniger Zellmasse vorhanden sei, die weiter entdifferenzieren könne. Bei anaplastischen Oligoastrozytomen WHO Grad III werde zudem eine Strahlentherapie von 50-60 Gy oder eine Chemotherapie empfohlen. Als Standardtherapie wäre im vorliegenden Einzelfall leitliniengerecht die nochmalige Resektion des Tumors und Chemotherapie oder Strahlentherapie anzusehen. Dies haben die Gutachten des Prof. Dr. B. vom 8. Juli 2011 und das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Dr. H. vom 16. Mai 2012 bestätigt. Es wäre dem Versicherten auch nicht unzumutbar gewesen, die Möglichkeit der operativen (Teil-) Entfernung des Tumors in Anspruch zu nehmen. Hierfür spricht, dass er diese Operation im Januar 2012 tatsächlich in Anspruch genommen hat. Soweit er ausgeführt hat, die Chemotherapie sei im Jahr 2004 wegen Unverträglichkeit abgebrochen worden, wird dies durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht belegt. Nach dem Arztbrief der Dr. B. vom 26. August 2004 (Blatt 37 der Gerichtsakte) wurden drei Zyklen einer Chemotherapie mit ACNU durchgeführt, wobei sich nach der letzten Kon-trolle des MRT in B. B. eine stabile Situation zeigte, sodass entsprechend der Empfehlung die Chemotherapie beendet wurde. Dass es sich bei der Standardtherapie - der operativen Resek-tion des Tumors - von vornherein nur um eine Palliativtherapie handelte, weil jede Möglichkeit des kurativen Behandlungserfolges als aussichtslos erachtet wurde, lässt sich den Indika-tionsstellungen durch die behandelnden Ärzte für eine operative Behandlung so nicht entnehmen. Dies bedarf hier letztendlich aber keiner Entscheidung, weil bezüglich der Immuntherapie mit dendritischen Zellen keine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliativen Standardtherapie hinausreichenden Erfolg im Sinne einer Heilung der Erkrankung bestand (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 - Az.: 1 BvR 2045/12, nach juris).
Nach den Gutachten des MDK und den Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. und des Gutachtens des Dr. H. handelt es sich bei der Immuntherapie mit dendritischen Zellen, insbe-sondere bei der durch Dr. N. durchgeführten Variante, um eine rein experimentelle Therapie. Dem schließt sich der Senat an. Darauf verweist bereits Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 8. Juli 2011. Dr. H. führt in seinem Gutachten vom 16. Mai 2012 aus, auf der Grundlage umfassender klinischer Untersuchungen seien in den letzten Jahren eine ganze Reihe klinischer Studien mit antigenbeladenen dendritischen Zellen bei unterschiedlichsten Tumorentitäten durchgeführt worden; am weitesten fortgeschritten seien die Untersuchungen bei malignen Melanomen, Nierenzell- und Prostatakarzinomen. Bei allen bisherigen Studien (vor allem Phase I und Phase II) wurden mit Ausnahme einer Phase III Studie bei Patienten mit hormon-refraktärem Prostatakarzinomen jeweils nur eine begrenzte Anzahl von Patienten mit einem identischen Therapieschema behandelt. Außerdem sei die Methodik der Herstellung, Reifung und Beladung der dendritischen Zellen mit Tumorantigenen sehr divergent. Obgleich bisher keine Phase III Studien durchgeführt wurden, deuteten die Ergebnisse der aktuellen Phase I/II Studien darauf hin, dass das Prinzip der Immuntherapie mit Tumorantigenen auch bei Patienten mit malignen Hirntumoren grundsätzlich funktionieren könne. Viele wichtige Fragestellungen bei der Impfung mit dendritischen Zellen könnten allerdings nach wie vor nicht beantwortet werden. Insbesondere seien die Methoden der Antigenbeladung und das genaue Procedere bei der Vakzinierung, z.B. die Anzahl der zur Impfung verwendeten dendritischen Zellen, die Impfabstände, die Art und der Ort der Applikation oder die Behandlungsdauer nicht standardisiert. Entsprechend gebe es keine einheitlichen Impfprotokolle und Herstellungsprozeduren sowie Anwendungsrichtlinien. Darüber hinaus weiche die durch Dr. N. durchgeführte Immuntherapie mit antigenbeladenen dendritischen Zellen und das dabei verwendete Impfprotokoll in wesentlichen Punkten von den genannten klinischen Studien ab. Die von ihm durchgeführte kombinierte Applikation von New castle desease virus (NDV) gefolgt von einer Impfung mit NDV-aktivierten dendritischen Zellen sei unter Annahme, dass der RNA-Virus Glioblastomzellen selektiv infiziere, als rein experimenteller Ansatz einzustufen. Zudem lägen hierfür allenfalls wenige Einzelfallberichte, jedoch keine belastbaren Untersuchungen zum Glioblastom im Rahmen national oder international anerkannter klinischer Studien vor. Damit besteht auch keine Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. März 2014 - Az.: L 5 KR 95/10, nach juris).
Dementsprechend weist die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) in ihrer Stellungnahme vom 5. April 2011 "Impfung mit Dendritischen Zellen sollte nur im Rahmen Klinischer Studien erfolgen" darauf hin, obwohl schon eine Vielzahl verschiedenster Impfstoffe mit Dendritischen Zellen (DZ) im frühen und fortgeschrittenen Stadien der klinischen Testung an einer großen Anzahl von Patienten mit unterschiedlichsten Tumorarten erprobt worden sei, seien die erzielten Erfolge bisher noch ernüchternd und träten nur bei einer kleinen Zahl von behandelten Patienten auf. Sipuleucel-T ist danach der bisher weltweit am weitesten entwickelte DZ- Impfstoff, der zu Beginn dieses Jahres, nach etwa zehn Jahren der klinischen Entwicklung in mehreren Studien, in den USA eine Zulassung zur Behandlung bei Patienten mit bestimmten Verlaufsform des Prostatakarzinoms erhielt. Die Therapie mit Tumorimpfstoffen und dendritischen Zellen befindet sich in der wissenschaftlichen Entwicklung. Die aktuellen Therapieergebnisse sprechen gegen einen Einsatz außerhalb von wissenschaftlichen Studien. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass negative Auswirkungen auf den Patienten und die Tumorerkrankungen auftreten (vgl. http://www.krebsgesellschaft.de).
Eine nochmalige mündliche Befragung des Dr. H. zu seinem Gutachten vom 16. Mai 2012 ist in der mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2017 nicht beantragt worden und auch nicht erforderlich. Seine Ausführungen sind eindeutig und bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 11. April 2014 vorgetragen hat, er sei in der mündlichen Verhandlung fast zwei Stunden angehört worden und habe die Durchführung der Immuntherapie mit dendritischen Zellen bei dem Versicherten befürwortet, ergibt sich dies aus der Niederschrift gerade nicht. Tatsächlich hat der Termin danach von 13:00 bis 14:05 Uhr gedauert und der Sachverständige hat zu seinem Gutachten und zu Art und Ausgestaltung der dendritischen Zelltherapie ausgeführt. Um 13:40 Uhr ist die mündliche Verhandlung unterbrochen und um 14:00 Uhr fortgesetzt worden. Die Aufnahme der behaupteten Äußerungen des Sachverständigen in die Niederschrift (§ 160 Abs. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO)) hat die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz nicht beantragt. Dass der Sachverständige seinen Ausführungen im Gutachten widersprochen hat, behauptet auch die Klägerin nicht.
(2) Aus den unter (1) genannten Gründen ist auch die Anfechtungs- und Feststellungsklage unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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FST
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