S 8 AS 118/12

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 8 AS 118/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 218/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 49/17 BH
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten durch den Beklagten für eine Einzugsrenovierung sowie die Verlegung von Fußbodenbelägen.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 02.11.2011 bei dem Beklagten eine Wohnungserstausstattung für die Wohnung unter der Adresse: B-Straße. Nach seiner Recherche würde in B-Stadt für Einpersonenhaushalte ein Betrag in Höhe von 1.073,00 EUR gezahlt. Hinzu kämen noch die Anschaffungskosten für einen Herd, einen Kühlschrank und eine Waschmaschine, sodass insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.898,00 EUR zur Verfügung gestellt würde. In diesem Betrag seien die Kosen für Bodenbeläge und Gardinen sowie die Liefer- und Verlegekosten noch nicht enthalten. Zudem beantragte er die Übernahme der Kosten einer privaten Haftpflichtversicherung, da das Bestehen einer solchen Versicherung für das Zustandekommen eines Mietvertrages erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 08.11.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger eine einmalige Leistung für die Wohnungserstausstattung in Höhe von 372,00 EUR und lehnte die Übernahme der Kosten für die private Haftpflichtversicherung ab.

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 13.11.2011 gegen den zuvor genannten Bescheid Widerspruch. Mit weiterem Schreiben vom 05.12.2011 nahm der Kläger auf seinen Antrag vom 02.11.2011 Bezug. Er habe in seinem Schreiben vom 02.11.2011 auch die Übernahme der Kosten für die Einzugsrenovierung beantragt, insbesondere fehlten in der Wohnung Bodenbeläge. Darüber sei der Beklagte bereits telefonisch in Kenntnis gesetzt worden. Der Kläger sei gesundheitlich weder in der Lage, die Verlegung von Fußböden in Eigenleistung zu erbringen noch Anstreich- und Tapezierarbeiten zu erledigen. Ferner verfüge er nicht über das entsprechende Werkzeug und könne sich dieses auch nicht beschaffen. Die Aufwendungen für die Einzugsrenovierung seien Bestandteil der Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II.

Der Beklagte nahm mit Schreiben vom 06.12.2011 auf das Schreiben des Klägers vom 05.12.2011 Bezug. Das Schreiben hatte folgenden Inhalt:

"Sehr geehrter Herr A., einem Vermieter obliegt die Pflicht, eine Wohnung im bewohnbaren Zustand an einen Mieter zu übergeben. Dazu gehört auch, dass die Wohnung zumindest mit einfachen Bodenbelägen ausgestattet ist. Sofern, wie von Ihnen hier telefonisch geschildert, der Boden in der Ihnen angebotenen Wohnung ohne jeglichen Belag versehen ist und der blanke Estrich die Oberfläche bildet, muss der Vermieter Abhilfe schaffen. Falls in einer von Ihnen neu angemieteten Wohnung eine Einzugsrenovierung zu erfolgen hat, kann auf Antrag eine einmalige Leistung für Renovierungskosten bewilligt werden. Diese deckt üblicherweise nur die Materialkosten, weil davon ausgegangen werden kann, dass ein Leistungsberechtigter im Stande und ihm auch zuzumuten ist, einfache Streich- oder Tapezierarbeiten selbst vorzunehmen.

Sollten Sie aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage sein, müsste dieses durch eine entsprechende ärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden. Es wäre dann zu prüfen, in welchem Umfang weitere Leistungen zu bewilligen sind, um die erforderliche Einzugsrenovierung zu realisieren.

Abschließend weisen wir noch darauf hin, dass eine Beauftragung des Betriebs "Die Werkstatt" zur Durchführung von Renovierungen in Wohnungen Leistungsberechtigter durch das KreisJobCenter nicht erfolgt".

Der Kläger erhob mit Schreiben vom 29.12.2011, eingegangen am 30.12.2011, Widerspruch gegen die mit Schreiben vom 06.12.2011 zum Ausdruck gebrachte Ablehnung der beantragten Kosten für die Einzugsrenovierung und Verlegung von Fußbodenbelägen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Das Schreiben vom 06.12.2011 sei kein Verwaltungsakt im Sinn des § 31 Satz 1 SGB X. Es enthalte lediglich Erläuterungen und Hinweise zu einer möglichen Gewährung von Leistungen für Renovierungskosten.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 30.04.2012 Klage erhoben.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, dass ihm der Widerspruchsbescheid am 28.03.2012 zugegangen sei und mit diesem das Vorverfahren beendet sei. Er sei nicht vor Erlass der Bescheide angehört worden.

Er beantragt,
den Bescheid vom 06.12.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die notwendigen Sozialleistungen zukünftig zu erbringen,
festzustellen, dass die Bescheide in Rechte des Klägers eingreifen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er nimmt Bezug auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 22.12.2015 zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden zuvor angehört.

Die Klage ist bereits unzulässig, da die Klage verfristet ist und keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgetragen oder ersichtlich sind. Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Nach § 87 Abs. 2 SGG beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat. Fristbeginn ist in den Fällen des § 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGG der Zeitpunkt der Bekanntgabe (Michael Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, § 87, Rn. 12). Eine nach Monaten berechnete Frist endet um 24:00 Uhr des Tages, der nach seiner Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (Michael Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, § 64, Rn. 22). Ausweislich des Vortrags in der Klageschrift ist der Widerspruchsbescheid vom 21.03.2012 dem Kläger am 28.03.2012 zugegangen. Demzufolge endete die Frist am Donnerstag, den 28.04.2011. Die Klage wurde mit Schriftsatz vom 30.04.2012 erhoben und ging bei Gericht am 30.04.2012 ein. Der Widerspruchsbescheid war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Die Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X greift im vorliegenden Fall hinsichtlich des Widerspruchsbescheids nicht ein, da der tatsächliche Zugang nach dem Vortrag des Klägers am 28.03.2011 nachgewiesen ist.

Darüber hinaus ist der Antrag des Klägers festzustellen, dass die Bescheide in die Rechte des Klägers eingreifen unzulässig. Allgemein ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn durch eine andere Klageart dasselbe oder meist sogar mehr erreicht werden könnte. Ist eine solche an sich statthafte vorrangige Klage aus prozessrechtlichen Gründen nicht erfolgversprechend, dann ist auch die Feststellungsklage unzulässig. Kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wo eine sachliche Prüfung des Begehrens bereits im Anfechtungs- und Leistungsverfahren erreicht wird (Dr. Tilman Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, § 55, Rn. 14). So liegt der Fall hier. Der Kläger begehrt von dem Beklagten einen Verwaltungsakt mit dem dieser die Kosten für die Einzugsrenovierung und die Bodenbeläge übernimmt. Dies kann der Kläger mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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