L 10 LW 1294/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 LW 3724/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 1294/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.02.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin als Ehegattin eines landwirtschaftlichen Unternehmers in der Zeit vom 06.01.2013 bis 11.11.2014 nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) bzw. die Befreiung von dieser Versicherungspflicht.

Bis zum 31.12.2013 betrug die Mindestgröße für die Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse nach der Satzung der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) für landwirtschaftliche Unternehmen bei einem Hektarwert bis 300,00 DM 16 Hektar und bei einem Hektarwert ab 300,01 DM acht Hektar. Dabei betrug der Hektarwert für landwirtschaftliche Flächen am Ort des landwirtschaftlichen Unternehmens des Ehemannes der Klägerin 1.260,00 DM. Zum 01.01.2014 setzte die Beklagte mit Wirkung ab dem 01.01.2014 die Mindestgröße für eine Landwirtschaft einschließlich Grünland auf 8,00 Hektar und u.a. für Almen, Alpen, Hutungen und Schafweiden auf 16,00 Hektar fest.

Der am 1985 geborene Ehemann der am 1987 geborenen Klägerin, mit dem sie seit Dezember 2007 verheiratet ist, übernahm zusätzlich zu einem durch Erbschaft erworbenen Bestand von - so die Angaben des Ehemannes in seinem gleich gelagerten Parallelverfahren (Bl. 18 der dortigen SG-Akte S 12 LW 3786/15, der Rechtsstreit ist beim Senat unter dem Aktenzeichen L 10 LW 1293/17 anhängig) - sieben Schafen zum 06.01.2013 das landwirtschaftliche Unternehmen des J. L. (L) mit rund zwölf Hektar Grünland (eigentliches Grünland 0,95 Hektar; Almen, Alpen, Hutungen mit 11,58 Hektar) sowie - so die weiteren Angaben des Ehemannes der Klägerin (a.a.O.) - 30 Schafen. Hiervon erfuhr die Beklagte im April 2014.

Unter anderem in den Jahren 2013 und 2014 beantragte der Ehemann der Klägerin Fördergelder für die Produktionsverfahren Dauergrünland als Wiesen, Weiden und Mähweiden außerhalb von Almen, Alpen, Hutungen und nicht umzäunte oder mobil umzäunte Schaf- und Ziegenweiden sowie für die Produktionsverfahren Almen, Alpen, Hutungen, nicht oder mobil umzäunte Schaf- und Ziegenweiden. Bis zum Jahre 2015 wuchs der gemeldete Tierbestand auf 44 Schafe und zwölf Rinder an.

Die Klägerin ist nach eigenen Angaben seit Jahren versicherungspflichtig erwerbstätig und gebar am 23.12.2012 den gemeinsamen Sohn. Der Erziehungsurlaub endete im Dezember 2015.

Nach im Juli 2014 erfolgter Nachfrage und Information der Klägerin über die Versicherungspflicht als Ehegattin eines Landwirts sowie Möglichkeiten der Befreiung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 05.08.2014 Versicherungspflicht der Klägerin zur landwirtschaftlichen Alterskasse ab dem 06.01.2013 fest (monatliche Beitragslast 222,00 EUR, ab 01.01.2014 monatlich 227,00 EUR).

Am 12.11.2014 ging ein - mit einer Unterschrift unter dem Datum des 24.08.2014 versehener - Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen ein. Nach Klärung, dass die Kindererziehungszeiten in der deutschen Rentenversicherung der Klägerin zugerechnet werden, befreite die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 12.01.2015 wegen der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung ab dem 12.11.2014 von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Alterskasse. Einen Rückbezug des Befreiungsantrages lehnte die Beklagte ab, weil der Antrag erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist eingegangen sei, sodass erst ab Eingangsdatum die Befreiungsvoraussetzungen vorlägen. Zugleich stellte sie die "Wirkung" der Befreiung (= Wegfall der Beitragspflicht) wegen der Monatsbezogenheit der Beiträge zum 01.12.2014 fest. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und sie beantragte zugleich die Überprüfung des Bescheides vom 05.08.2014 nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Mit Bescheid vom 24.02.2015 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 05.08.2014 ab, wogegen die Klägerin wiederum Widerspruch einlegte. Mit Bescheid vom 17.03.2015 nahm die Beklagte den Bescheid vom 12.01.2015 zurück und ersetzte ihn. Die Befreiung erfolgte wiederum - inhaltsgleich und mit derselben Begründung - ab dem 12.11.2014, der Wegfall der Beitragspflicht erfolge zum 01.12.2014. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und sie beantragte die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil sie keine Kenntnis von der Versicherungspflicht ab dem 06.01.2013 bzw. der ab dem 01.01.2014 weitergeltenden Versicherungspflicht gehabt habe. Es sei ihr nicht möglich gewesen, einen fristgerechten Befreiungsantrag zu stellen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Befreiungsantrag bereits "am 31.07.2014" gefertigt und vom Ehemann zeitnah zur Post gebracht worden sei, sodass ein Eingang erst am 12.11.2014 nicht nachvollziehbar sei. Mit Bescheid vom 21.04.2015 hielt die Beklagte an ihrer Auffassung fest, dass die Befreiung erst ab Antragseingang, also ab 12.11.2014, bewilligt werden könne. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2015 wies die Beklagte sämtliche Widersprüche als unbegründet zurück. Sie legte ausführlich dar, dass der Ehemann der Klägerin mit seinem landwirtschaftlichen Unternehmen die Mindestgröße ab dem 06.01.2013 überschreite bzw. zwar ab dem 01.01.2014 wegen geänderter Mindestgröße unterschreite, jedoch die Versicherungspflicht nach § 84 Abs. 1b ALG weiter bestehen bleibe. Die dort vorgesehene Befreiungsmöglichkeit sei nicht auf Personen anwendbar, die aus anderen Gründen von der Versicherungspflicht befreit seien, was auf die Klägerin für die Zeit ab dem 12.11.2014 zuträfe. Eine früherer Befreiungszeitpunkt komme wegen der versäumten Dreimonatsfrist nicht in Betracht.

Hiergegen hat die Klägerin am 16.11.2015 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und geltend gemacht, die Haltung der Tiere sei reines Hobby ihres Ehemannes und durch die Beweidung würde er nur Landschaftspflege betreiben, er habe somit keine Absicht der Gewinnerzielung und unterfalle deshalb nicht der Versicherungspflicht. Sie hat auf den entsprechenden Vortrag ihres Ehemannes im Parallelverfahren Bezug genommen. Dort hat ihr Ehemann in diesem Zusammenhang auf allgemeine statistische Erwägungen sowie die Erfahrungen des L. hingewiesen. Im Übrigen hat sie weiterhin die Auffassung vertreten, der Befreiungsantrag sei bereits im August 2014 unterzeichnet und zeitnah vom Ehemann zur Post gebracht worden.

Mit Urteil vom 22.02.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und sich der Argumentation der Beklagten im Widerspruchsbescheid sowie den Schriftsätzen im Klageverfahren, auch des Ehemannes, angeschlossen. Es hat insbesondere ausgeführt, dass der Ehemann der Klägerin zum 06.01.2013 versicherungspflichtig nach dem ALG und sie dementsprechend als Ehegattin ebenfalls versicherungspflichtig geworden sei, weil der Ehemann damals mit seinem landwirtschaftlichen Unternehmen die damals maßgebende Mindestgröße überschritten habe. Dies sei - so das Sozialgericht weiter - zwar zum 01.01.2014 nicht mehr der Fall gewesen, doch sei die Klägerin wegen der Übergangsvorschrift des § 84 Abs. 1b ALG weiter versicherungspflichtig geblieben. Eine frühere Befreiung nach § 3 Abs. 1 ALG sei nicht möglich, weil dieser Antrag erst im November 2014 gestellt worden sei. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor, weil die Klägerin bereits im Juli 2014 über alle Umstände informiert und um Mitteilung ihrer Verhältnisse gebeten worden sei, was sie nicht gemacht habe. Der Ehemann der Klägerin betreibe das landwirtschaftliche Unternehmen auch nicht ohne Gewinnerzielungsabsicht. Hiergegen spräche bereits die Nutzfläche von mehr als zehn Hektar (Bezug auf LSG Brandenburg, Urteil vom 13.03.2001, L 2 LW 71/00) sowie die Inanspruchnahme von Fördergeldern (Bezug auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.01.2004, L 8 LW 15/02).

Gegen das am 01.03.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, den 03.04.2017, Berufung eingelegt, diese jedoch nicht begründet.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.02.2017 und den Bescheid vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 05.08.2014 zurückzunehmen, hilfsweise die Bescheide vom 12.01.2015, 17.03.2015 und vom 21.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie bereits ab dem 06.01.2013 von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Klägerin hat sich hiermit einverstanden erklärt.

Gegenstand des Rechtsstreits ist zunächst der Bescheid vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 05.08.2014 ablehnte. Hiergegen wendet sich die Klägerin zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Das Sozialgericht hat diese Klage zu Recht abgewiesen, sodass die Berufung zurückzuweisen ist.

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn der Bescheid vom 05.08.2014, dessen Rücknahme die Klägerin begehrt, ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht rechtmäßig.

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Versicherungspflicht der Klägerin als Ehegattin eines Landwirtes ab dem 06.01.2013 (§ 1 Abs. 3 ALG) und zur Mindestgröße dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass bei einem Hektarwert für landwirtschaftliche Flächen in G. , am Ort des landwirtschaftlichen Unternehmens des Ehemannes der Klägerin, von 1.260,00 DM der Ehemann der Klägerin mit seiner landwirtschaftlichen Fläche diese Mindestgröße überschritt. Es hat weiter zutreffend ausgeführt, dass sich dies zwar zum 01.01.2014 durch die Festsetzung einer einheitlichen Mindestgröße von 16,00 Hektar für Flächen der vom Kläger bewirtschafteten Art änderte, aber gleichwohl nach § 84 Abs. 1b ALG diese Versicherung fortbestand. Dem Einwand der Klägerin, ihr Ehemann betreibe das landwirtschaftliche Unternehmen aus Liebhaberei und somit nicht mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. § 1 Abs.7 ALG), ist es unter Bezugnahme auf Rechtsprechung zu Recht nicht gefolgt, weil hiergegen nicht nur die Größe der landwirtschaftlichen Flächen, sondern insbesondere die Inanspruchnahme von Fördermitteln spricht. Der Senat sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bereits die Angaben des Ehemannes der Klägerin in dem von ihm u.a. gegen seine Versicherungspflicht gerichteten Klageverfahren S 12 LW 3786/15 nicht für eine bloße Liebhaberei sprechen. Er hat lediglich allgemeine statistische Erkenntnisse sowie eine Einschätzung seines Vorgängers L vorgelegt, nicht jedoch die tatsächlichen Umstände des von ihm bewirtschafteten Betriebes im streitigen Zeitraum. Tatsächlich weitete der Ehemann der Klägerin - hierauf hat die Beklagte hingewiesen - seinen Tierbestand aus und die Klägerin und er verfügten über einen Viehtransporter. Diese strukturellen Veränderungen deuten darauf hin, dass tatsächlich das Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde. Ob der Ehemann der Klägerin tatsächlich Gewinn erzielte, ist dabei ohne Bedeutung.

Da somit das Begehren der Klägerin im Hauptantrag erfolglos bleibt, ist auf den Hilfsantrag die Frage des Beginns der Befreiung von der nun feststehenden Versicherungspflicht zu prüfen.

Gegenstand des Rechtsstreits ist insoweit zunächst - da formell von der Klägerin in ihren Antrag aufgenommen - der Bescheid vom 01.12.2014 in Gestalt des den Widerspruch gegen diesen Bescheid als unbegründet zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015. Indessen ist die hiergegen erhobene Anfechtungsklage bereits aus formellen Gründen abzuweisen. Im Ergebnis zu Recht wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.12.2014 zurück. Denn der Widerspruch war unzulässig. Der Bescheid vom 01.12.2014 wurde von der Beklagten - ausdrücklich - durch den Bescheid vom 17.03.2015 ersetzt, so dass der Bescheid vom 01.12.2014 im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch keine Wirkung mehr entfaltete (§ 39 Abs. 2 SGB X). Damit wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.12.2014 - mangels Verwaltungsaktes - insoweit unzulässig. Es bedarf keiner Diskussion, welchen Sinn die Beklagte in dieser Ersetzung sah. Der streitige Beginn der Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgte - inhaltsgleich und mit identischer Begründung - wiederum ab dem 12.11.2014, ebenso wie die Feststellung des Wegfalls der Beitragspflicht zum 01.12.2014. Für die Frage des Vorliegens eines Verwaltungsaktes - hier jenes vom 01.12.2014 - kommt es allein auf dessen Wirksamkeit an, und die wurde durch die formelle Ersetzung beseitigt. Gegen diese Ersetzung wandte sich die Klägerin auch nicht. Sie griff den Bescheid vom 17.03.2015 vielmehr in der Sache an, so dass der Senat deshalb auch in der Sache zu entscheiden hat (hierzu sogleich). Die vorbeschriebenen formellen Probleme wirken sich daher im Ergebnis auf die von der Klägerin begehrte materielle Prüfung nicht aus. Es wäre allerdings wünschenswert, wenn die Beklagte beim Erlass von Bescheiden deren Sinnhaftigkeit bedenken könnte, um solch und nachfolgend beschriebene vermeidbare Probleme auszuschließen.

Gegenstand des Rechtsstreits ist auch der ersetzende Bescheid vom 17.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015. Es bedarf hier keiner näheren Darlegung, dass der ausdrücklich gegen diesen Bescheid von der Klägerin eingelegte Widerspruch als solcher wiederum unzulässig war, weil dieser Bescheid auf Grund seiner den bereits mit Widerspruch angegriffenen Bescheid vom 01.12.2014 ersetzenden Wirkung gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 01.12.2014 wurde (zur Anwendbarkeit des § 86 SGG bei ersetzenden Bescheiden vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2017, B 14 AS 36/16 R). Dem entsprechend war ein gesonderter Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.03.2015 unzulässig (BSG, a.a.O.), so dass die Zurückweisung des gegen diesen Bescheid gesondert eingelegten Widerspruches auch insoweit bereits aus formellen Gründen rechtmäßig war. Da die Beklagte aber sämtliche Widersprüche - also auch jenen, der sich ursprünglich gegen den Bescheid vom 01.12.2014 richtete und nach Ersetzung den Bescheid vom 17.03.2015 erfasste - durch den Widerspruchsbescheid vom 14.10.2015 zurückwies, ist der Bescheid vom 17.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015 im Ergebnis zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits. Dies gilt auch in Bezug auf den Bescheid vom 21.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015, mit dem die Beklagte an dem festgesetzten Beginn der Befreiung festhielt und die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ablehnte. Mit diesen Bescheiden vom 17.03.2015 und 21.04.2015 traf die Beklagte eine einheitliche Entscheidung über den Befreiungsantrag der Klägerin, und zwar auch und gerade in Bezug auf den Beginn des Befreiungszeitraumes ab 12.11.2014. Soweit die Beklagte wegen der Monatsbezogenheit der Beiträge den Wegfall der Beitragspflicht auf den 01.12.2014 festsetzte, zieht die Klägerin dies als solches nicht in Zweifel. Zu Unrecht hat das Sozialgericht daher den streitigen Zeitraum bis zum 30.11.2014 erstreckt. Tatsächlich ist die Klägerin - insoweit bestandskräftig - bereits seit dem 12.11.2014 von der Versicherungspflicht zur Beklagten befreit.

Die von der Klägerin gegen die Bescheide vom 17.03.2015 und 21.04.2015, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2015, sinngemäß erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hat das Sozialgericht unter Darstellung der rechtlichen Grundlagen für die beantragte Befreiung wegen Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG) und des Beginns der Befreiung (§ 3 Abs. 2 ALG) zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin zwar die Befreiungsvoraussetzungen erfüllte, ihren Antrag jedoch erst im November 2014 stellte. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - einschlägig ist hier § 27 SGB X - hat es zu Recht abgelehnt, weil die Klägerin von der Beklagten im Juli 2014 hinreichend über die Befreiungsmöglichkeit informiert wurde, was die Klägerin nicht bestreitet. Die Klägerin stellte aber nicht innerhalb von drei Monaten nach - dies ist hier maßgebend (§ 3 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 2 und 4 ALG) - Feststellung dieser Versicherungspflicht mit Bescheid vom 09.07.2014 den Antrag auf Befreiung. Der Senat sieht auch insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Behauptung der Klägerin, der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht sei vom Ehemann zeitnah zum dokumentierten Datum der Unterschrift (24.08.2014) zur Post gebracht worden, nicht glaubhaft ist. Der Antrag ging am 12.11.2014 bei der Beklagten ein, kurz nachdem der Ehemann der Klägerin bei der Stadt G. telefonisch die Frage seiner Versicherungspflicht zur Beklagten thematisiert hatte, seine Fragen aber nicht beantwortet werden konnten und er diesbezüglich von der Stadt an die Beklagte verwiesen wurde (s. Bl. 20 der VA des Ehemannes). Zeitgleich mit dem Eingang des Befreiungsantrages legte der Ehemann der Klägerin auch (verspätet) Widerspruch gegen den Bescheid über die Feststellung seiner Versicherungspflicht zur Beklagten ein. Diese Umstände deuten darauf hin, dass der Ehemann der Klägerin und sie selbst zunächst der ganzen Angelegenheit keine Bedeutung beimaßen und sich die Eheleute erst im November 2014 entschieden, wegen der Versicherungspflicht zur Beklagten mit der Versendung des jeweiligen Befreiungsantrages aktiv zu werden. Hierfür spricht auch, dass im Verfahren des Ehemannes ein ähnlicher Sachverhalt (Eingang des Antrages auf Befreiung ebenfalls am 12.11.2014, dort dokumentiertes Datum der Unterschrift 31.07.2014) vorlag und der gleiche Vortrag erfolgt ist (zeitnah zur dokumentierten Unterschrift sei der Antrag zur Post gegeben worden). Es erschließt sich aber nicht, aus welchen Gründen bei verschiedenem Datum der Aufgabe zur Post - einmal zeitnah zum 31.07.2014, einmal zeitnah zum 24.08.2014 - der Eingang bei der Beklagten gleichzeitig am 14.11.2014 erfolgen sollte. Auch dies spricht dafür, dass die Eheleute erst im November 2014 aktiv wurden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Befreiung nach § 84 Abs. 1b Satz 2 ALG von vornherein nicht in Betracht kommt, weil die Klägerin einen solchen Antrag zu keinem Zeitpunkt stellte. Der im November 2014 bei der Beklagten eingegangene Befreiungsantrag bezog sich alleine und ausdrücklich auf die Befreiungstatbestände des § 3 Abs. 1 ALG. Ein Befreiungsantrag muss sich aber auf einen konkreten Befreiungstatbestand beziehen (BSG, Urteil vom 05.10.2006, B 10 LW 6/05 R, in SozR 4-5868 § 13 Nr. 3).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved