L 9 R 1736/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3945/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1736/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. April 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer zweijährigen Umschulung zum Technischen Produktdesigner streitig.

Der 1963 geborene Kläger hat in den Jahren 1986 bis 1990 eine Ausbildung zum Zahntechniker absolviert. Von Januar bis Juni 1999 wurde er zum Facharbeiter für den Bereich Zerspanung (CNC) bei der Industrie- und Handelskammer angelernt; zuletzt war der Kläger bis Juli 2007 als Einrichter im Bereich CNC tätig. Im Jahr 2007 absolvierte er außerdem eine Weiterbildung im Bereich Webdesign und visuelle Kommunikation. Seither ist er arbeitslos; derzeit bezieht er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Am 09.02.2009 stellte der Kläger erstmals bei der Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zur Begründung trug er vor, er könne seine bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen wegen Bandscheibendegenerationen nicht mehr ausüben, weshalb er eine Umschulung im Bereich der Medienbranche begehre. Der behandelnde Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. O. bestätigte in dem ärztlichen Bericht zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe vom 02.02.2009, dass bei dem Kläger eine Bandscheibendegeneration L4/5 mit Prolaps links, eine Spondylarthrose L4/5 beidseits, eine Bandscheibenprotrusion L5/S1, eine beginnende Spondylarthrose, eine Spondylolisthesis L5/S1 sowie eine Innenmeniskusruptur links bestünden. Daraus ergäben sich eine Minderung der Belastbarkeit sowie Einschränkungen bei schwerem Tragen und Heben und bei Arbeiten in Zwangshaltungen. Die bisherige berufliche Tätigkeit könne nicht weitergeführt werden.

Nachdem die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26.02.2009 mit der Begründung abgelehnt hatte, nach ihren Feststellungen sei der Kläger im maßgeblichen Bezugsberuf als Einrichter im CNC-Bereich nicht erheblich gefährdet oder gemindert, bewilligte sie im Widerspruchsverfahren mit Bescheid vom 02.04.2009 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Den hiergegen am 08.04.2009 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2009 zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 22.06.2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe (S 12 R 2691/09), die mit Urteil vom 12.04.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 07.05.2014 (L 4 R 2037/12) mit der Maßgabe zurück, dass die Beklagte dem Kläger ein Drittel der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens wegen des Bescheids vom 26.02.2009 zu erstatten hat. Zur Begründung führte das LSG aus, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte eine zweijährige Leistung zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung zum Technischen Produktdesigner bewillige oder über seinen Antrag vom 09.02.2209 auf diese Leistung erneut entscheide. Es fehle bereits an der Entscheidung der Beklagten, da eine Leistung zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung zum Technischen Produktdesigner zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen sei. Selbst wenn man der Auffassung wäre, die Beklagte habe sinngemäß jegliche Leistung zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung mit Bescheid vom 02.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.05.2009 abgelehnt, habe der Kläger keinen Anspruch, dass ihm die Beklagte eine zweijährige Leistung zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung zum Technischen Produktdesigner bewillige. Die Entscheidung der Beklagten sei nicht ermessensfehlerhaft; insbesondere liege eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor. Den Antrag, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Prozesskostenhilfe zu bewilligen, lehnte das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 29.10.2014 (B 5 R 26/14 BH) ab.

Am 13.04.2012 und am 05.08.2015 beantragte der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer qualifizierten Umschulung zum Technischen Produktdesigner.

Mit Bescheid vom 17.08.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Förderung einer Umschulungsmaßnahme zum Technischen Produktdesigner oder Mediengestalter im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Unter Berücksichtigung der festgestellten Art und Schwere der Behinderung sowie des beruflichen Werdegangs des Klägers sei eine überbetriebliche Umschulung zum Technischen Produktdesigner oder Mediengestalter nicht zwingend erforderlich, um eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erreichen. Auch im Rahmen der Ermessensausübung ergebe sich keine andere Betrachtungsweise. Es gebe andere Maßnahmen, die als geeignet und ausreichend angesehen würden, um eine Wiedereingliederung ins Arbeitsleben zu erreichen. In Betracht komme die Teilnahme an einer Qualifizierung "Industriefachkraft für CAD-Technik" im B. S., die Teilnahme an einer Qualifizierung "Qualitätsprüfer Längenprüftechnik" im B. S., die Teilnahme an einer 4-tägigen Testung "JobFit-Check" im B. S., die Teilnahme an der Maßnahme "Reha-Step" und die Teilnahme an der Weiterbildung "Industriefachkraft für Technisches Produktdesign (IHK)" im B. Bad W ... Darüber hinaus könnte im Einzelfall eine Förderung von innerbetrieblichen Qualifizierungen in Betracht kommen.

Zur Begründung seines hiergegen am 03.09.2015 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, die Beklagte sei verpflichtet, ihm die begehrte Umschulungsmaßnahme zu gewähren. Sie gewähre Teilhabeleistungen in Form einer qualifizierten Umschulung anderen Rehabilitanden, die die gleichen gesundheitlichen Einschränkungen aufwiesen wie er. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergebe sich hier aus der Selbstbindung der Verwaltung, die wiederum aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) folge.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2015 zurück; der Kläger habe keinen Anspruch auf die Durchführung einer qualifizierten zweijährigen Umschulung. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem einzelnen Versicherten eine beruflich möglichst hohe Qualifikation zu finanzieren.

Hiergegen hat der Kläger am 02.12.2015 Klage beim SG erhoben und die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte sei mit keinem Wort auf seine Widerspruchsbegründung eingegangen. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergebe sich hier aus der Selbstbindung der Verwaltung, die sich aus dem Gleichheitssatz ergebe. Weil sie das ihr zustehende Ermessen in rechtlich einwandfreier Weise in einer bestimmten Fallgestaltung ausgeübt habe, müsse sie es bei ihm in gleicher Weise ausüben. Zur fehlerfreien Ermessensausübung gehöre auch deren Rechtzeitigkeit. Rehabilitation müsse zeitnah erfolgen. Auf dem Arbeitsmarkt würden Arbeitskräfte mit der Berufsausbildung zum Technischen Produktdesigner gesucht. Bislang seien von der Beklagten keine geeigneten Vorschläge als gleichwertige Alternative für ihn genannt worden. Die in Aussicht gestellte Fortbildungsmaßnahme stelle keine Alternative dar, weil das von ihm ins Auge gefasste Bildungsziel sich bereits als geeignet erwiesen habe. Darüber hinaus verfüge er auch über keine entsprechende Berufsausbildung, an die eine Fortbildung anknüpfen könne. Hinzu komme, dass aufgrund der Untätigkeit der Beklagten die andauernde Arbeitslosigkeit von sieben Jahren dazu geführt habe, dass von beruflichen Kenntnissen nicht mehr die Rede sein könne.

Mit Beschluss vom 02.03.2016 hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt; hiergegen hat der Kläger am 11.03.2016 Beschwerde beim LSG eingelegt.

Unter dem 02.03.2016 hat die Vorsitzende verfügt, dass ein Schreiben an den Kläger versandt wird, in dem unter Hinweis auf die Ablehnung von PKH angefragt wird, ob an der Klage festgehalten werde. Falls an der Klage festgehalten werde, werde bereits jetzt mitgeteilt, dass die Absicht bestehe, durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Gelegenheit zur Stellungnahme werde eingeräumt. Eine Zustellung des Schreibens wurde nicht verfügt. Das Schreiben ist ausweislich des Vermerks der Urkundsbeamtin am 02.03.2016 zur Post gegeben worden.

Den Antrag des Klägers vom 11.03.2016, die Richterin am Sozialgericht A. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat das SG (S 13 SF 856/16 AB) mit Beschluss vom 07.04.2016 zurückgewiesen; einen erneuten Antrag auf Ablehnung der Richterin am Sozialgericht A. vom 19.04.2016 hat das SG (S 13 SF 1284/16 AB) mit Beschluss vom 19.04.2016 als unzulässig verworfen.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Umschulungsmaßnahme zum Technischen Produktdesigner. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall ihr Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt; eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Die Beklagte habe festgestellt, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben grundsätzlich erforderlich seien, da aufgrund der vorhandenen Einschränkungen die maßgebliche Tätigkeit als CNC-Einrichter nicht mehr ausgeübt werden könne. Bereits mehrfach seien dem Kläger Maßnahmen zur Abklärung der beruflichen Eignung und Arbeitserprobung angeboten worden, die der Kläger nicht habe annehmen wollen. Demgegenüber seien die qualitativen Einschränkungen nicht so gravierend, als dass wegen Art oder Schwere der Behinderung eine Eingliederung in das Erwerbsleben nur mittels einer qualifizierten Umschulung zum Technischen Produktdesigner möglich wäre. Im Rahmen der Ermessensausübung, auch im Hinblick auf die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe bei Betrachtung des verbliebenen Leistungsvermögens Alternativen suche. Dies könnten Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes im Sinne von § 33 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sein. Demgegenüber müssten nicht von vornherein sämtliche Bemühungen darauf abzielen, Leistungen zur beruflichen Anpassung und Weiterbildung nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX durchzuführen. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erforderten, bei allen Leistungen die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den einzusetzenden Mitteln anzustreben und die einzusetzenden Mittel zwecks Vermeidung unnötiger Ausgaben auf den zur Erfüllung unbedingt notwendigen Umfang zu beschränken. Aus alledem ergebe sich, dass eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vorliege. Das Ermessen sei auch nicht deswegen eingeschränkt, weil der Kläger aufgrund einer bereits im Jahr 2007 durchgeführten Fortbildung und selbst durchgeführter Bemühungen über Kenntnisse im Bereich Medientechnik verfüge. Der Leistungsträger habe zwar Eignung und Neigung des Berechtigten zu berücksichtigen. Dies bedeute nicht, dass der Versicherte von dem Leistungsträger verlangen könne, dass ausschließlich Maßnahmen ergriffen werden, die seinen konkreten Wünschen entsprechen. Der Kläger sei schon bei Antragstellung auf die von ihm angestrebte Umschulung festgelegt gewesen und für andere Berufsrichtungen nicht offen. Es sei aber davon auszugehen, dass der Kläger über die erforderlichen kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten verfüge, im Rahmen auch vorbereitender Maßnahmen eine Eingliederung in das Berufsleben zu erreichen.

Gegen den ihm am 14.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.05.2016 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Bereits mit am 25.04.2016 eingegangenem Schreiben hatte er beantragt, ihm für die Durchführung des Berufungsverfahrens PKH zu gewähren. Zur Berufungsbegründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und darüber hinaus vorgetragen, es liege ein Verfahrensmangel vor, da das SG verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden habe. Er sei vor der Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht angehört worden; die im Gerichtsbescheid erwähnte Verfügung vom 02.03.2016 sei ihm nicht zugestellt worden und deshalb unbekannt. Das SG habe auch nicht dargelegt, weshalb es von dieser Entscheidungsform Gebrauch gemacht habe und aus welchen Gründen die Voraussetzungen für die Entscheidung durch Gerichtsbescheid vorlägen. Es liege ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei auch dadurch verletzt, weil der Gerichtsbescheid erlassen worden sei, bevor die ablehnende Entscheidung über PKH rechtskräftig geworden sei. Das SG habe außerdem ohne die erforderliche Sachverhaltsaufklärung über die tatsächlichen gesundheitlichen Einschränkungen entschieden. Ferner habe die Vorsitzende am 13.04.2016 entschieden, obwohl über sein Ablehnungsgesuch vom 10.03.2016 erst am 07.04.2016 entschieden worden sei und die Erledigung des Ablehnungsgesuchs im Sinne des § 47 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erst nach Ablauf der zweiwöchigen Notfrist zur Anhörungsrüge eintrete. Die Anhörungsrüge habe er am 19.04.2016 erhoben und damit die Notfrist gewahrt. Es habe daher nicht der gesetzliche Richter entschieden. Darüber hinaus seien die im Gerichtsbescheid vom 13.04.2016 aufgelisteten gesundheitlichen Einschränkungen überholt. Das SG habe gegen die Amtsermittlung verstoßen, indem es die behandelnden Ärzte nicht befragt habe. Obwohl eine Sachverhaltsaufklärung über die tatsächlichen gesundheitlichen Einschränkungen gar nicht durchgeführt worden sei, würden die qualitativen Einschränkungen als "nicht so gravierend" beurteilt, als dass wegen Art oder Schwere der Behinderung eine Eingliederung in das Erwerbsleben nur mittels einer qualifizierten Umschulung zum Technischen Produktdesigner möglich wäre. Woher das SG seine Fachkunde beziehe, sei nicht nachvollziehbar. Ohne eine Prüfung seiner gesundheitlichen Situation fehle es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergebe sich außerdem aus der Selbstbindung der Beklagten, die wiederum aus dem Gleichheitsgrundsatz folge. Da die Beklagte anderen Rehabilitanden, die die gleichen gesundheitlichen Befunde wie er aufwiesen, eine Leistung zur Teilhabe in Form einer qualifizierten Umschulung gewährt habe, sei sie grundsätzlich verpflichtet, in gleichgelagerten Fällen das Ermessen in gleicher Weise auszuüben, indem sie auch ihm eine Leistung zur Teilhabe in Form einer qualifizierten Umschulung gewähre. Zur fehlerfreien Ermessensausübung gehöre auch deren Rechtzeitigkeit; Rehabilitation müsse zeitnah erfolgen. Diesem Grundsatz sei die Beklagte in keiner Weise gerecht geworden. Die Beklagte habe bislang keine geeigneten Vorschläge unterbreitet und sei seinem Berufswunsch in keiner Weise entgegen gekommen. Die Chancen für seine berufliche Rehabilitation seien weiter erheblich gesunken.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. April 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2015 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der zweijährigen Umschulung zum Technischen Produktdesigner zu gewähren, hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2015 zu verurteilen, über seinen Antrag auf geeignete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Erlangung einer Beschäftigung in einem anerkannten Beruf unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Der Kläger habe bislang alle ihm angebotenen Maßnahmen abgelehnt.

Mit Beschlüssen vom 23.02.2017 hat der Senat die Anträge des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren (L 9 R 1571/16 PKH) und für das beabsichtigte Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (L 9 R 4518/16 PKH) abgelehnt.

Der Antrag des Klägers vom 13.03.2017, die an den Beschlüssen vom 23.02.2017 beteiligten Richter (Vorsitzender Richter am LSG Dr. S., Richterin am LSG D. und Richterin am LSG N.) wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, ist mit Beschluss vom 16.03.2017 durch den Richter am LSG K. als Vorsitzenden, die Richterin am LSG B. und die Richterin am SG E. abgelehnt worden.

Mit Schreiben vom 16.03.2017, eingegangen am 20.03.2017, hat der Kläger nochmals ausführlich vorgetragen und u.a. die Vernehmung von Zeugen, Kursleitern und Rehabilitanden aus den Berufsförderungswerken S. und Bad-W. sowie die Feststellung seiner gesundheitlichen Situation beantragt.

Mit am 20.03.2017 eingegangenen und dem Senat am 21.03.2017 vorgelegten Schreiben vom 17.03.2017 und 18.03.2017 hat der Kläger beantragt, für die mündliche Verhandlung am 21.03.2017 sein persönliches Erscheinen anzuordnen, da er ausweislich der Angaben im PKH-Verfahren und des beigefügten Kontoauszugs vermögenslos sei und deswegen nicht in der Lage, persönlich an dem Termin teilzunehmen. Ferner hat er beantragt, den Vorsitzenden Richter am LSG Dr. S., die Richterin am LSG D. und die Richterin am N. sowie den Richter am LSG K., die Richterin am LSG B. und die Richterin am SG E. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Soweit der Kläger am 20.03.2017 einen Befangenheitsantrag gegen die beteiligten Berufsrichter des Senats gestellt hat, liegt ein offensichtlicher Missbrauch vor, sodass eine Entscheidung über das Befangenheitsgesuch vorab durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich gewesen ist.

Nach § 60 SGG i.V.m. § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus nach vernünftiger Erwägung Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Richters haben kann; es muss ein objektiver, vernünftiger Grund vorliegen, der geeignet ist, den Antragsteller von seinem Standpunkt aus befürchten zu lassen, der abgelehnte Richter werde nicht unparteiisch sachlich entscheiden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 72. Aufl., § 42 Rdnr. 10, m.w.N; Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rdnr. 8 und 9, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 60 Rdnr. 7). Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählen etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte, die fehlende Benennung eines Ablehnungsgrundes, der die völlig ungeeignete Begründung gleichsteht, die pauschale Ablehnung aller Mitglieder eines Spruchkörpers oder Befangenheitsgesuche allein in Verschleppungsabsicht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 60 Rdnr. 10 b ff. m.w.N.). Bei offenbarem Missbrauch gilt die Wartepflicht aus § 47 ZPO nicht (BSG, Beschluss vom 31.08.2015, B 9 V 26/15 B, Juris) und ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 29.03.2007, B 9a SG 18/06 B, Juris).

Ein Fall offenbaren Missbrauchs ist im vorliegenden Fall gegeben. Soweit der Kläger zur Begründung seines Ablehnungsgesuchs auf die Fehlerhaftigkeit der Entscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren, welche die abgelehnten Richter mit Beschluss vom 23.02.2017 getroffen haben, verweist, ist das Ablehnungsgesuch bereits deshalb unzulässig, weil das Gericht mit Beschluss vom 16.03.2017 bereits unanfechtbar entschieden hat, dass der vorgebrachte Ablehnungsgrund keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 16 Rdnr. 10b, m.w.N.). Die unterbliebene Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Befangenheit der abgelehnten Richter begründen, so dass das Ablehnungsgesuch auch insoweit unzulässig ist. Die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten steht gemäß § 111 Abs. 1 SGG im Ermessen des Vorsitzenden; die Terminsbestimmung wurde vorliegend durch den Richter am LSG K., dem Stellvertreter des Vorsitzenden, unterzeichnet, so dass die Entscheidung hinsichtlich des Vorsitzenden Richters am LSG Dr. S., der Richterin am LSG N. und der Richterin am LSG D. schon offensichtlich keine Ablehnung rechtfertigen kann. Der Umstand, dass der Vorsitzende Richter am LSG Dr. S. das persönliche Erscheinen auch nicht nachträglich angeordnet hat, kann seine Ablehnung ebenfalls offensichtlich nicht rechtfertigen. Die Ablehnung kann nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder die Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden und damit grundsätzlich nicht auf den sachlichen Inhalt von Entscheidungen oder auf Verfahrensverstöße. Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit ist keine Fehlerkontrolle (BGH, Beschluss vom 14.05.2002, XI ZR 288/01, Juris). Denn im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit oder Voreingenommenheit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein den Rechtsmittelgerichten vorbehalten ist. Für die Prüfung ist nicht die subjektive Sicht des Ablehnenden maßgeblich. Vielmehr ist nach objektivem Maßstab zu beurteilen, ob die geltend gemachten Umstände geeignet sind, Zweifel an der Überparteilichkeit zu begründen (OLG München, Beschluss vom 09.01.2017, 34 SchH 13/16, Juris). Kriterium für die Unparteilichkeit des Richters ist die Gleichbehandlung der Parteien. Der Ablehnung setzt er sich aus, wenn er, ohne Stütze im Verfahrensrecht, eine gleich große Distanz zu den Parteien aufgibt und sich zum Berater einer Seite macht. Ein Befangenheitsgrund kann zudem bestehen, wenn das prozessuale Vorgehen des Richters einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden oder willkürlichen Benachteiligung aufdrängen muss (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29.08.2016, I-32 W 16/16, 32 W 16/16, Juris; Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rdnr. 24). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Befangenheitsantrag auch hinsichtlich des vorgebrachten Grundes der unterbliebenen Anordnung des persönlichen Erscheinens offensichtlich ungeeignet und damit unzulässig. Die Entscheidung über die Anordnung persönlichen Erscheinens hat ihre rechtliche Grundlage in § 111 Abs. 1 SGG; sie steht im Ermessen des Vorsitzenden. Eine Parteilichkeit oder Voreingenommenheit des Vorsitzenden, der im vorliegenden Fall das persönliche Erscheinen nicht als erforderlich angesehen hat, liegt ersichtlich nicht vor. Die unterbliebene Anordnung beruht auch weder auf einer unsachlichen Einstellung des Vorsitzenden noch auf Willkür.

Das Ablehnungsgesuch hinsichtlich des Richters am LSG K., der Richterin am LSG B. und der Richterin am SG E. ist mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig, da die abgelehnten Richter für das Verfahren ohnehin nicht mehr zuständig sind (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 60 Rdnr. 10b).

Der Senat konnte auch entscheiden, obwohl der Kläger zu dem Verhandlungstermin am 21.03.2017 nicht erschienen war. Der Kläger war mit Schreiben vom 28.02.2017, zugestellt am 01.03.2017, zu dem Termin geladen und im Sinne des § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne. Dem Kläger war damit die Gelegenheit eingeräumt worden, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 111 Abs. 1 SGG war durch den Vorsitzenden mit Blick auf den umfangreichen schriftlichen Vortrag des Klägers und den aufgeklärten Sachverhalt nicht als erforderlich angesehen worden. Mit dem am 20.03.2017 eingegangenen Schreiben vom 17.03.2017 hat der Kläger nicht die Vertagung des Verhandlungstermins beantragt. In den Ausführungen, dass ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verwehrt bleibe, weil seine Fahrtkosten nicht übernommen werden und er die Fahrt zum LSG nicht selbst finanzieren könne, lag aber sinngemäß der Antrag auf Bewilligung eines Reisekostenvorschusses (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 11.02.2015, B 13 R 329/13 B, Juris). Diesem Antrag, der am 20.03.2017 beim LSG einging und dem Senat am 21.03.2017 vorgelegt wurde, konnte der Senat nicht mehr vor der mündlichen Verhandlung entsprechen. Auch bei einer zeitnahen Entscheidung wäre es dem Senat nicht mehr möglich gewesen, dem Kläger den Reisekostenvorschuss vor der Verhandlung zukommen zu lassen. Der Kläger hatte weder eine Telefax-/Telefonnummer noch eine E-Mail-Adresse angegeben, die eine kurzfristige Kontaktaufnahme ermöglicht hätten. Anders als bei dem der Entscheidung des BSG vom 11.02.2015 (a.a.O.) zugrunde liegenden Sachverhalt war eine rechtzeitige Entscheidung und Mitteilung an den Kläger vor der mündlichen Verhandlung nicht möglich. Unter Berücksichtigung von Postlaufzeiten konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass sein Schreiben vor dem 20.03.2017 und damit am Tag vor der mündlichen Verhandlung beim Senat eingeht. Nachdem ihm die Ladung, die den Hinweis enthielt, dass Reisekosten nicht übernommen werden, bereits am 01.03.2017 zuging, hatte der Kläger ausreichend Zeit, rechtzeitig einen Antrag auf einen Reisekostenvorschuss zu stellen. In den Schreiben vom 11.03.2017 und vom 16.03.2017 findet sich kein entsprechender Antrag; der späte Antrag diente ersichtlich der Verzögerung des Rechtsstreits. Auch lässt der Bezug von Leistungen nach dem SGB II keinen - zwingenden - Rückschluss darauf zu, dass es dem Kläger nicht möglich wäre, zumindest die Kosten für die Hinfahrt zur mündlichen Verhandlung vorzustrecken. Die Kosten für die einfache Fahrt vom Wohnort des Klägers P. nach Stuttgart belaufen sich auf 13,30 EUR (Abfahrt in P. 08:43 Uhr, Ankunft in Stuttgart 09:39 Uhr; www.reiseauskunft.bahn.de); nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) in der Fassung vom 22.12.2016 werden von den Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe der Einpersonenhaushalte nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBEG für die Ermittlung des Regelbedarfs als regelbedarfsrelevant in der Abteilung 7 (Verkehr) 32,90 EUR berücksichtigt. Mit diesem Betrag hätte der Kläger Hin- und Rückfahrt zu dem Termin zumindest vorstrecken können; allein aufgrund des Bezugs von SGB II-Leistungen war für den Senat daher noch nicht ersichtlich, dass finanzielle Gründe der Wahrnehmung des Termins entgegenstehen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger als mittellos im Sinne der Ziffer I der Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) anzusehen ist, bestanden demnach - auch unter Berücksichtigung der kurzen Fahrstrecke - für den Senat nicht.

Der Kläger durfte und musste, da er eine Terminsaufhebung nicht erhalten hat, auch davon ausgehen, dass der Termin stattfindet (BSG, Urteil vom 06.10.2010, B 12 KR 58/09 B, Juris). Da er selbst, wie ausgeführt, für den Senat nicht kurzfristig erreichbar war, hätte er, etwa durch eine telefonische Rückfrage bei der Geschäftsstelle, klären müssen, ob der Termin zur mündlichen Verhandlung stattfindet oder aufgehoben wurde.

Die Berufung des Klägers ist zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist nicht begründet. Sie ist zunächst nicht im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das SG begründet. Diese Möglichkeit eröffnet § 159 Abs. 1 Ziff. 2 SGG dann, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist anzunehmen, wenn ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift vorliegt. Wesentlich ist dieser Verfahrensmangel, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts darauf beruhen kann (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 159 Rdnr. 3, 3a).

Vorliegend liegt kein Verstoß gegen die vorschriftsmäßige Besetzung (§ 547 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 202 SGG) vor, weil ein wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnter Richter mitgewirkt hat (§ 60 Abs. 1 SGG i.V.m §§ 42, 47 ZPO). Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am Sozialgericht A. vom 10.03.2016 ist durch das SG (S 13 SF 856/16 AB) mit Beschluss vom 07.04.2016 zurückgewiesen worden. Zwar ist ein Ablehnungsgesuch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 15.06.2010, IX ZB 33/09, Juris) nicht im Sinne des § 47 Abs. 1 ZPO erledigt, solange eine zulässige Anhörungsrüge gegen seine Zurückweisung nicht beschieden ist, die Anhörungsrüge hindert aber nicht die Rechtskraft des Beschlusses über die Ablehnung. Nur in dem Fall, in dem sich die Rüge als begründet erweist, wird die Rechtskraft durchbrochen und das Verfahren ist gemäß § 321a Abs. 5 ZPO i.V.m. § 202 SGG fortzuführen. Nachdem der erneute Antrag auf Ablehnung der Richterin am Sozialgericht A. durch Beschluss vom 19.04.2016 als unzulässig verworfen worden ist, war das Verfahren nicht fortzuführen; ein Verfahrensfehler liegt nicht vor.

Es kann auch dahinstehen, ob, wie der Kläger rügt, das Verfahren deswegen an einem wesentlichen Verfahrensfehler leidet, weil er nach seinem Vortrag die Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheides vom 02.03.2016 nicht erhalten hat und dieser erlassen worden ist, bevor die Ablehnung der Gewährung von PKH durch Beschluss vom 02.03.2016 in Rechtskraft erwachsen ist. Jedenfalls ist - ein solcher Mangel unterstellt - auf Grund dessen - und auch sonst - keine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Da der Sachverhalt geklärt ist und keine weiteren Befund- und Behandlungsberichte ausgewertet werden müssen oder ein Sachverständigengutachten eingeholt werden muss, ist eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme nicht notwendig, so dass nach § 159 Abs. 1 Ziff. 2 SGG in der seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung eine Zurückverweisung an das SG nicht in Betracht kommt.

Die Berufung hat auch in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Gerichtsbescheid sowie der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2015 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat weder Anspruch auf Gewährung einer Umschulung zum Technischen Produktdesigner noch auf Neubescheidung seines Antrags.

Ein Anspruch auf Förderung einer Ausbildung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben richtet sich nach § 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. §§ 33 bis 38 SGB IX. Dabei ist zu beachten, dass Leistungen zur Teilhabe gemäß §§ 9 Abs. 2, 13 SGB VI in das Ermessen des Leistungsträgers gestellt sind. Mit der durch das Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 08.12.2016 eingeführten Neufassung des § 9 Abs. 2 SGB VI hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Träger der Rentenversicherung kein Entschließungsermessen hinsichtlich des "Ob" der Leistungserbringung haben, sondern die Leistungen zur Teilhabe als Pflichtleistung erbringen müssen, wenn die hierfür erforderlichen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Über das "Wie" der Leistungserbringung, also Art, Dauer, Umfang, Beginn, Durchführung und Ort der Rehabilitationsleistung, entscheiden sie im Einzelfall aber auch weiterhin nach pflichtgemäßem Ermessen nach § 13 Abs. 1 SGB VI (zur Gesetzesbegründung vgl. BT-Drs. 18/9787, S. 31). Insoweit ist es dem Senat verwehrt, sein eigenes Ermessen an Stelle des vom Versicherungsträger auszuübenden Verwaltungsermessens zu setzen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 54 Rdnr. 28). Eine Ausnahme kann allenfalls dann bestehen, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, d.h. das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Rdnr. 29).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.11.2015 hat die Beklagte den Antrag auf Förderung einer Umschulungsmaßnahme zum Technischen Produktdesigner abgelehnt. Unter Berücksichtigung der festgestellten Art und Schwere der Behinderung sowie des beruflichen Werdegangs sei eine überbetriebliche Umschulung zum Technischen Produktdesigner oder Mediengestalter nicht zwingend erforderlich, um eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erreichen. Eine Ermessensreduzierung auf Null sei nicht gegeben, da der vorliegende Sachverhalt nicht die Annahme rechtfertige, dass jegliche andere als die vom Kläger begehrte Maßnahme ermessensfehlerhaft wäre. Es gebe andere - näher dargelegte - Maßnahmen, die als geeignet und angemessen angesehen würden, um eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erreichen.

Damit hat die Beklagte - wie schon mit Bescheid vom 02.05.2009 - das "Ob" einer Rehabilitationsmaßnahme sowie ihre eigene Zuständigkeit bejaht, in nicht zu beanstandender Weise jedoch auch ihr Ermessen hinsichtlich des "Wie" ausgeübt, indem sie die mit dem Antrag allein begehrte Leistung - Umschulung zum Technischen Produktdesigner oder Mediengestalter - abgelehnt hat.

Wie bereits ausgeführt, steht das "Wie" der Leistungserbringung im Ermessen des Rentenversicherungsträgers. Grundsätzlich muss die Beklagte das ihr somit eingeräumte Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Umgekehrt hat der Versicherte einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle kann die Verwaltungsentscheidung - wie sich aus § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG ergibt - nur im Rahmen einer Rechtskontrolle auf so genannte Ermessensfehler hin überprüft werden (vgl. nur Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rdnr. 25 ff.). Nur ausnahmsweise ist die Beklagte zu einer bestimmten Entscheidung verpflichtet, nämlich dann, wenn jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (so genannte Ermessensreduzierung auf Null, vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 11.02.2015, B 13 R 15/13 R; Urteil vom 09.11.2010, B 2 U 10/10 R; Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 45/08 R, jeweils Juris). Entsprechend dieser Grundsätze stellt sich hinsichtlich des Hauptantrags des Klägers nicht die Frage, ob die Beklagte die Bewilligung der begehrten Umschulung zu Recht, insbesondere mit zutreffenden Ermessenserwägungen, abgelehnt hat. Denn eine fehlerhafte Ermessensausübung führt nur zur Pflicht des Leistungsträgers, über den Antrag erneut zu entscheiden (vgl. § 131 Abs. 3 SGG), nicht aber zu einer Ermessensreduzierung auf Null mit der Pflicht zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes (vgl. § 131 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung einer Umschulung zum Technischen Produktdesigner setzt also voraus, dass die Beklagte zwingend eine solche Umschulung hätte bewilligen müssen und jede andere Entscheidung rechtswidrig gewesen wäre.

Dies ist jedoch nicht der Fall. Es liegt keine Ermessensreduzierung auf Null dergestalt vor, dass für den Kläger nur die von ihm begehrte Umschulung zum Technischen Produktdesigner in Betracht käme. Dass hier nur eine Umschulung zum Technischen Produktdesigner dem orthopädischen Gesundheitsbild des Antragstellers gerecht wird, ist nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht nachgewiesen. Der Kläger leidet zwar unter Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere der Lenden- und Halswirbelsäule. Anhaltspunkte dafür, dass nur noch die Umschulung zum Technischen Produktdesigner seinen Beschwerden Rechnung tragen würde, bestehen nicht.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX, wonach bei der Auswahl der Leistungen Eignung, Neigung, die bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt werden, gehalten ist, möglichst den beruflichen Wünschen und Vorstellungen des Versicherten durch die Maßnahme gerecht zu werden. Insoweit wird nicht verkannt, dass der Kläger aufgrund der im Jahr 2007 durchgeführten Fortbildung und eigener Bemühungen über Kenntnisse im Bereich der Medientechnik verfügt und eine solche Tätigkeit wünscht. Auch für den Senat ist jedoch nicht erkennbar, dass allein die Gewährung der Umschulung zum Technischen Produktdesigner die zutreffende Entscheidung sein kann. Aus der Verpflichtung zur Beachtung der Erfolgsaussichten sowie aus der Zielvorgabe einer dauerhaften Eingliederung folgt zwar, dass bei mehreren möglichen Leistungen diejenige zu wählen ist, welche die größte Wahrscheinlichkeit der dauerhaften Eingliederung bietet. Hierbei sind die Neigungen und Wünsche angemessen zu berücksichtigen. Durch den Berufswunsch wird die Motivation des behinderten Menschen und damit die Erfolgsaussicht der Wiedereingliederung entscheidend beeinflusst. Überragende Zielbestimmung der Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB IX ist die Förderung der Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Wesentliche Ausprägung dieser Zielsetzung ist die besondere Hervorhebung der Wunsch- und Wahlrechte der Leistungsberechtigten (Hessisches LSG, Urteil vom 01.09.2011, L 1 AL 65/10, Juris). Wenngleich diesen auch vor dem Hintergrund der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG besondere Bedeutung zukommt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2014, L 11 R 2652/13, Juris), ist der Rentenversicherungsträger in seiner Ermessensentscheidung nicht allein an das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten gebunden. Die Ausführungen der Beklagten, wonach es andere - näher dargelegte - Maßnahmen gibt, die als geeignet und ausreichend erachtet werden, um eine Wiedereingliederung zu erreichen, sind nicht zu beanstanden. Die vorgeschlagenen Alternativen, u.a. die Teilnahme an der Weiterbildung "Industriefachkraft für Technisches Produktdesign (IHK)" im B. Bad W. nach vorheriger einwöchiger Abklärungsmaßnahme, erscheinen auch nicht offensichtlich ungeeignet und kommen den Interessen und Wünschen des Klägers entgegen.

Der Kläger kann sich schließlich nicht auf eine Selbstbindung der Verwaltung oder Art. 3 GG berufen. Sollte die Beklagte anderen Versicherten eine Umschulung zum Technischen Produktdesigner bewilligt haben, begründet dies keinen Anspruch des Klägers, da die Gewährung von Rehabilitationsleistungen individuell unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen erfolgt. Eine Selbstbindung der Verwaltung etwa in Form ermessenslenkender Weisungen hinsichtlich entsprechender Umschulungsmaßnahmen liegt nicht vor.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags. Die Beklagte hat mit den streitgegenständlichen Bescheiden allein über den auf die Umschulung zum Technischen Produktdesigner gerichteten Antrag entschieden. Unabhängig davon sind die Ermessensüberlegungen der Beklagten, insbesondere die genannten alternativen Möglichkeiten der beruflichen Wiedereingliederung, die nicht einer zweijährigen Umschulungsmaßnahme entsprechen, nach Überzeugung des Senats nicht ermessensfehlerhaft.

Dem Antrag des Klägers im Schriftsatz vom 16.03.2017, Zeugen, Kursleiter und Rehabilitanden aus den Berufsförderungswerken S. und Bad-W. zu vernehmen, musste der Senat nicht nachkommen. Er erfüllt bereits nicht die Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Beweisantrag. Weder hat der Kläger konkrete Zeugen benannt, noch hat er Beweisfragen oder ein Beweisthema konkret angegeben. Ein Ausforschungs- oder Beweisermittlungsantrag stellt aber gerade keinen ordnungsgemäßen Beweisantrag dar (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 18 a, m.w.N.). Der Beweisanregung des Klägers war nicht nachzugehen. Das Ausmaß der Ermittlungen steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats, der - wie dargelegt - keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen hat.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved