Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 807/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2624/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.05.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Meldeaufforderung vom 20.01.2017 zum 09.02.2017 rechtswidrig gewesen sei.
Der am 1963 geborene und erwerbsfähige Kläger steht seit mehreren Jahren im Leistungsbezug beim Beklagten. Mit Bescheid vom 05.10.2016 bewilligte der Beklagte Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.11.2016 bis 31.10.2017 in Höhe von 584,00 EUR, davon entfielen 180,00 EUR auf die Kosten der Unterkunft, 404,00 EUR auf die Regelleistung.
Unter dem 31.08.2016 hatten der Kläger und der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, in der als Ziele zum einen die Wahrnehmung der Termine beim Beklagten sowie zum anderen die Mitteilung von Bewerbungsbemühungen festgelegt wurden. Der Beklagte verpflichtete sich u.a., die Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie durch Übernahme von angemessenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu unterstützen. Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug u.a. die Termine beim Beklagten wahrzunehmen und mitzuteilen, auf welche Stellen bei welchen Arbeitgebern er sich seit dem letzten Termin beworben habe. Die Eingliederungsvereinbarung war bis zum 01.02.2017 gültig, soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart werde.
Mit Einladungsschreiben vom 20.01.2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, am 09.02.2017 um 09:30 Uhr beim Beklagten zu erscheinen. Als Meldezweck wurde angegeben: "Ich möchte mit Ihnen eine neue Eingliederungsvereinbarung abschließen." Leiste der Kläger ohne wichtigen Grund der Einladung nicht Folge, werde das Arbeitslosengeld II um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert.
Am 06.02.2017 erhob der Kläger Widerspruch. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung sei kein gesetzlicher Meldezweck, da mit dem Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung insbesondere keine Leistungen vorbereitet würden, sondern bestimmt werde, welche Leistungen der Leistungsberechtigte erhalte. Darüber hinaus sei zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht erforderlich, dass er ins Jobcenter komme, eine solche könne auch auf dem Postweg abgeschlossen werden. Die Einladung sei unverhältnismäßig. Darüber hinaus gebe es seit dem 01.08.2016 keine Rechtsgrundlage zum Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung, da seit der Gesetzesänderung Eingliederungsvereinbarungen unbefristet abgeschlossen werden sollten und regelmäßig spätestens nach sechs Monaten gemeinsam überprüft würden. Der Abschluss neuer Vereinbarungen sei nicht mehr vorgesehen. Der angegebene Meldezweck könne nicht so ausgelegt werden, dass eine bestehende Vereinbarung fortgeschrieben werden solle, hiergegen spreche bereits der eindeutige Wortlaut.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Zweck der Einladung falle unter § 309 Abs. 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit umfasse alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet seien, einen Ausbildungs- und Arbeitsuchenden zur Begründung eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitgeber zusammenzuführen. Dazu gehörten auch vorbereitende Handlungen wie die Einholung vermittlungsrelevanter Auskünfte oder Unterlagen und die Durchführung einer Potentialanalyse sowie der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung.
Der Kläger hat am 13.03.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Er wiederholt im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Die Meldeaufforderung nach § 309 Abs. 2 Nr. 2 SGB III zur "Vermittlung" müsse auf die Durchführung der Vermittlung gerichtet sein, nicht auf deren Vorbereitung. Zwar habe sich die Meldeaufforderung mit Verstreichen des Termins am 09.02.2017 erledigt, er habe jedoch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass diese rechtswidrig gewesen sei, da Wiederholungsgefahr bestehe. Zwischenzeitlich sei er erneut zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung eingeladen worden.
Mit Urteil vom 20.05.2017 hat das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Klage abgewiesen. Die vom Kläger erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, da ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehe. Jedoch sei die Klage unbegründet. Der Meldezweck "Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung" falle unter § 309 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Die Meldeaufforderung sei auch geeignet gewesen, das Ziel, nämlich den Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung zu erreichen. Zwar sei es grundsätzlich möglich, dem Kläger den Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung per Post zuzusenden, die Entscheidung des Sachbearbeiters im konkreten Einzelfall, den Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung im persönlichen Gespräch vorzubereiten, erscheine jedoch als nicht zu beanstanden. Die vom Kläger erwähnte Gesetzesänderung gebe keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Zwar sei hinsichtlich der Laufzeit keine regelmäßige Dauer von sechs Monaten mehr vorgesehen, sondern vielmehr eine Pflicht zur regelmäßigen gemeinsamen Überprüfung und Fortschreibung, hierin könne die Kammer jedoch kein Verbot einer Befristung einer Eingliederungsvereinbarung mit anschließendem Neuabschluss erkennen. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 04.07.2017 (eingegangen am 06.07.2017). Für den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung sei es nicht erforderlich gewesen, dass er ins Jobcenter komme. Ein persönliches Gespräch zur Vorbereitung könne auch telefonisch geführt werden. Darüber hinaus sei die Meldeaufforderung zur Zweckerreichung ungeeignet. Die Meldeaufforderung nach § 59 SGB II/§ 309 SGB III begründe eine bloße Erscheinenspflicht. Darüber hinausgehende Folgen/Mitwirkungspflichten – Abschluss einer Vereinbarung oder auch nur die Verhandlung darüber – begründe sie nicht. Wäre er der Meldeaufforderung nachgekommen, so hätte er mit dem bloßen Erscheinen im Jobcenter die sich aus der Meldeaufforderung ergebende Verpflichtung vollständig erfüllt. Der selbst gesetzte Meldezweck, Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung, habe damit nicht erreicht werden können.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Meldeaufforderung des Beklagten vom 20.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2017 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie wurde nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht beim Landessozialgericht eingelegt.
Die Berufung ist unbegründet. Die Klage auf Feststellung, dass der Bescheid des Beklagten vom 20.01.2017 rechtswidrig war, ist unzulässig. Gemäß § 131 Abs. 1 S. 3 SGG spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Vorschrift findet auch auf – mutmaßlich – nichtige Verwaltungsakte Anwendung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 131 Rn. 7a).
Zwar stellt die vom Kläger verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage im vorliegenden Fall die zutreffende Klageart dar, da sich die Meldeaufforderung mit Ablauf des Meldetermins durch Zeitablauf erledigt hatte und die Anfechtungsklage unzulässig geworden war (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R –; juris). Der Kläger kann daher nicht mehr geltend machen, durch eine darin getroffene Regelung i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG beschwert zu sein. Damit hat sich die Meldeaufforderung gemäß § 39 Abs. 2 Alt. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt und entfaltet keine Rechtswirkung mehr (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 21.12.2016 – L 18 AS 669/16 –; BSG, Urteil 15.06.2016 – B 4 AS 45/15 R –; beide juris).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unzulässig, weil dem Kläger das berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung fehlt. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit hat. Das Interesse kann sich unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr, einer Präjudizialität (hierzu zählt auch ein Schadensinteresse) oder eines Rehabilitationsinteresses ergeben (Keller, a.a.O. Rn. 10 m.w.N). Zwar sind hinsichtlich der Geltendmachung eines solchen Feststellungsinteresses keine großen Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen. Allerdings hat der Rechtsuchende zumindest darzulegen, welche der genannten Umstände sein Feststellungsinteresse begründen (BSG Urteil vom 28.08.2007 – B 7/7a AL 16/06 R –, juris).
Ein Feststellungsinteresse des Klägers ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer Präjudizialität zu begründen. Eine etwaige Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 20.01.2017 wäre im Rahmen der Anfechtung des Minderungsbescheids zu prüfen (BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R –, Bayerisches LSG, a.a.O.; beide juris). Im Rahmen der Anfechtung der Absenkung kann der Kläger die Rechtmäßigkeit der Meldeauffoderung überprüfen lassen; dies ist regelmäßig der schnellere und einfachere Weg, Rechtsschutz zu erhalten (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.01.2013 – L 6 AS 1792/12 –, Rn. 15, juris). Dabei dürfte das SG auch zu beachten haben, dass der Beklagte bereits bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung am 31.08.2016 eine befristete Eingliederungsvereinbarung nicht hätte abschließen dürfen, da mit dem 9. SGB II-Änderungsgesetz § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach eine Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen werden soll, entfallen ist und das Gesetz seit dem von einer unbefristeten Eingliederungsvereinbarung ausgeht. Hätte sich der Beklagte an geltendes Recht gehalten, wäre der Kläger zumindest mit diesem Meldezweck nicht zum Termin geladen worden. Der Kläger hat sich auch im Hinblick auf den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht uneinsichtig gezeigt, sondern vielmehr eine solche (unbefristet) mittlerweile abgeschlossen.
Entgegen der Ansicht des SG ist auch eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben. Der Kläger hat mittlerweile eine unbefristete Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen, so dass keine weiteren Meldetermine zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung drohen. Sollte der Beklagte im Zuge der Überprüfung der (unbefristeten) Eingliederungsvereinbarung in Zukunft weitere Meldeaufforderungen erlassen, würden diese schon einem anderen Meldezweck dienen. Eine Wiederholungsgefahr kann deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt nicht bejaht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG), bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Meldeaufforderung vom 20.01.2017 zum 09.02.2017 rechtswidrig gewesen sei.
Der am 1963 geborene und erwerbsfähige Kläger steht seit mehreren Jahren im Leistungsbezug beim Beklagten. Mit Bescheid vom 05.10.2016 bewilligte der Beklagte Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.11.2016 bis 31.10.2017 in Höhe von 584,00 EUR, davon entfielen 180,00 EUR auf die Kosten der Unterkunft, 404,00 EUR auf die Regelleistung.
Unter dem 31.08.2016 hatten der Kläger und der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, in der als Ziele zum einen die Wahrnehmung der Termine beim Beklagten sowie zum anderen die Mitteilung von Bewerbungsbemühungen festgelegt wurden. Der Beklagte verpflichtete sich u.a., die Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von Kosten für schriftliche Bewerbungen sowie durch Übernahme von angemessenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu unterstützen. Der Kläger verpflichtete sich im Gegenzug u.a. die Termine beim Beklagten wahrzunehmen und mitzuteilen, auf welche Stellen bei welchen Arbeitgebern er sich seit dem letzten Termin beworben habe. Die Eingliederungsvereinbarung war bis zum 01.02.2017 gültig, soweit zwischenzeitlich nichts anderes vereinbart werde.
Mit Einladungsschreiben vom 20.01.2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, am 09.02.2017 um 09:30 Uhr beim Beklagten zu erscheinen. Als Meldezweck wurde angegeben: "Ich möchte mit Ihnen eine neue Eingliederungsvereinbarung abschließen." Leiste der Kläger ohne wichtigen Grund der Einladung nicht Folge, werde das Arbeitslosengeld II um 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert.
Am 06.02.2017 erhob der Kläger Widerspruch. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung sei kein gesetzlicher Meldezweck, da mit dem Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung insbesondere keine Leistungen vorbereitet würden, sondern bestimmt werde, welche Leistungen der Leistungsberechtigte erhalte. Darüber hinaus sei zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht erforderlich, dass er ins Jobcenter komme, eine solche könne auch auf dem Postweg abgeschlossen werden. Die Einladung sei unverhältnismäßig. Darüber hinaus gebe es seit dem 01.08.2016 keine Rechtsgrundlage zum Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung, da seit der Gesetzesänderung Eingliederungsvereinbarungen unbefristet abgeschlossen werden sollten und regelmäßig spätestens nach sechs Monaten gemeinsam überprüft würden. Der Abschluss neuer Vereinbarungen sei nicht mehr vorgesehen. Der angegebene Meldezweck könne nicht so ausgelegt werden, dass eine bestehende Vereinbarung fortgeschrieben werden solle, hiergegen spreche bereits der eindeutige Wortlaut.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Zweck der Einladung falle unter § 309 Abs. 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit umfasse alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet seien, einen Ausbildungs- und Arbeitsuchenden zur Begründung eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitgeber zusammenzuführen. Dazu gehörten auch vorbereitende Handlungen wie die Einholung vermittlungsrelevanter Auskünfte oder Unterlagen und die Durchführung einer Potentialanalyse sowie der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung.
Der Kläger hat am 13.03.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Er wiederholt im Wesentlichen den Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Die Meldeaufforderung nach § 309 Abs. 2 Nr. 2 SGB III zur "Vermittlung" müsse auf die Durchführung der Vermittlung gerichtet sein, nicht auf deren Vorbereitung. Zwar habe sich die Meldeaufforderung mit Verstreichen des Termins am 09.02.2017 erledigt, er habe jedoch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass diese rechtswidrig gewesen sei, da Wiederholungsgefahr bestehe. Zwischenzeitlich sei er erneut zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung eingeladen worden.
Mit Urteil vom 20.05.2017 hat das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Klage abgewiesen. Die vom Kläger erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, da ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehe. Jedoch sei die Klage unbegründet. Der Meldezweck "Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung" falle unter § 309 Abs. 2 Nr. 2 SGB III. Die Meldeaufforderung sei auch geeignet gewesen, das Ziel, nämlich den Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung zu erreichen. Zwar sei es grundsätzlich möglich, dem Kläger den Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung per Post zuzusenden, die Entscheidung des Sachbearbeiters im konkreten Einzelfall, den Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung im persönlichen Gespräch vorzubereiten, erscheine jedoch als nicht zu beanstanden. Die vom Kläger erwähnte Gesetzesänderung gebe keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Zwar sei hinsichtlich der Laufzeit keine regelmäßige Dauer von sechs Monaten mehr vorgesehen, sondern vielmehr eine Pflicht zur regelmäßigen gemeinsamen Überprüfung und Fortschreibung, hierin könne die Kammer jedoch kein Verbot einer Befristung einer Eingliederungsvereinbarung mit anschließendem Neuabschluss erkennen. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 04.07.2017 (eingegangen am 06.07.2017). Für den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung sei es nicht erforderlich gewesen, dass er ins Jobcenter komme. Ein persönliches Gespräch zur Vorbereitung könne auch telefonisch geführt werden. Darüber hinaus sei die Meldeaufforderung zur Zweckerreichung ungeeignet. Die Meldeaufforderung nach § 59 SGB II/§ 309 SGB III begründe eine bloße Erscheinenspflicht. Darüber hinausgehende Folgen/Mitwirkungspflichten – Abschluss einer Vereinbarung oder auch nur die Verhandlung darüber – begründe sie nicht. Wäre er der Meldeaufforderung nachgekommen, so hätte er mit dem bloßen Erscheinen im Jobcenter die sich aus der Meldeaufforderung ergebende Verpflichtung vollständig erfüllt. Der selbst gesetzte Meldezweck, Abschluss einer neuen Eingliederungsvereinbarung, habe damit nicht erreicht werden können.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Meldeaufforderung des Beklagten vom 20.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.02.2017 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Wegen der Einzelheiten im Sachverhalt sowie im Vorbringen der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie wurde nach § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht beim Landessozialgericht eingelegt.
Die Berufung ist unbegründet. Die Klage auf Feststellung, dass der Bescheid des Beklagten vom 20.01.2017 rechtswidrig war, ist unzulässig. Gemäß § 131 Abs. 1 S. 3 SGG spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Die Vorschrift findet auch auf – mutmaßlich – nichtige Verwaltungsakte Anwendung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 131 Rn. 7a).
Zwar stellt die vom Kläger verfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage im vorliegenden Fall die zutreffende Klageart dar, da sich die Meldeaufforderung mit Ablauf des Meldetermins durch Zeitablauf erledigt hatte und die Anfechtungsklage unzulässig geworden war (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R –; juris). Der Kläger kann daher nicht mehr geltend machen, durch eine darin getroffene Regelung i.S.d. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG beschwert zu sein. Damit hat sich die Meldeaufforderung gemäß § 39 Abs. 2 Alt. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt und entfaltet keine Rechtswirkung mehr (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 21.12.2016 – L 18 AS 669/16 –; BSG, Urteil 15.06.2016 – B 4 AS 45/15 R –; beide juris).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unzulässig, weil dem Kläger das berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung fehlt. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit hat. Das Interesse kann sich unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr, einer Präjudizialität (hierzu zählt auch ein Schadensinteresse) oder eines Rehabilitationsinteresses ergeben (Keller, a.a.O. Rn. 10 m.w.N). Zwar sind hinsichtlich der Geltendmachung eines solchen Feststellungsinteresses keine großen Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen. Allerdings hat der Rechtsuchende zumindest darzulegen, welche der genannten Umstände sein Feststellungsinteresse begründen (BSG Urteil vom 28.08.2007 – B 7/7a AL 16/06 R –, juris).
Ein Feststellungsinteresse des Klägers ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer Präjudizialität zu begründen. Eine etwaige Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 20.01.2017 wäre im Rahmen der Anfechtung des Minderungsbescheids zu prüfen (BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R –, Bayerisches LSG, a.a.O.; beide juris). Im Rahmen der Anfechtung der Absenkung kann der Kläger die Rechtmäßigkeit der Meldeauffoderung überprüfen lassen; dies ist regelmäßig der schnellere und einfachere Weg, Rechtsschutz zu erhalten (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.01.2013 – L 6 AS 1792/12 –, Rn. 15, juris). Dabei dürfte das SG auch zu beachten haben, dass der Beklagte bereits bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung am 31.08.2016 eine befristete Eingliederungsvereinbarung nicht hätte abschließen dürfen, da mit dem 9. SGB II-Änderungsgesetz § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach eine Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen werden soll, entfallen ist und das Gesetz seit dem von einer unbefristeten Eingliederungsvereinbarung ausgeht. Hätte sich der Beklagte an geltendes Recht gehalten, wäre der Kläger zumindest mit diesem Meldezweck nicht zum Termin geladen worden. Der Kläger hat sich auch im Hinblick auf den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht uneinsichtig gezeigt, sondern vielmehr eine solche (unbefristet) mittlerweile abgeschlossen.
Entgegen der Ansicht des SG ist auch eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben. Der Kläger hat mittlerweile eine unbefristete Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen, so dass keine weiteren Meldetermine zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung drohen. Sollte der Beklagte im Zuge der Überprüfung der (unbefristeten) Eingliederungsvereinbarung in Zukunft weitere Meldeaufforderungen erlassen, würden diese schon einem anderen Meldezweck dienen. Eine Wiederholungsgefahr kann deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt nicht bejaht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 SGG), bestehen nicht.
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