Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 15 U 80/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen;
mehrtägige Reisen;
deutliche Erhöhung des Unfallrisikos kann zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führen;
mehrtägige Reisen;
deutliche Erhöhung des Unfallrisikos kann zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führen;
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 16.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 13.03.2015 als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der am ...1970 geborene Kläger ist als Bankfachwirt bei der R ...bank ...(Privatbank AG) in ... beschäftigt. Der Betriebsrat der R ...bank veranstaltete im Zeitraum vom 13.03. bis 15.03.2015 einen betrieblichen Skiausflug nach K ... am Großglockner, an welchem der Kläger teilnahm. Am 13.03.2015 gegen 15.50 Uhr war der Kläger auf einer Piste, welche 20 m entfernt lag von der Liftstation "F ...", mit seinen Skiern unterwegs. Die Piste war im Bereich der Liftstation zu diesem Zeitpunkt bereits sehr ausgefahren und daher schwer befahrbar. Bei einem Schwung nach rechts blieb er aufgrund eines Schneehügels mit dem linken Ski stecken. Darauf hin stürzte er, wobei am linken Bein bei fixiertem Unterschenkel eine erhebliche Distorsion eintrat. Laut Bericht des Klinikums P ... vom 15.03.2015 erlitt er hierbei eine "Schienbeinkopffraktur links".
Bei den streitgegenständlichen Skitagen in K ... am Großglockner handelte es sich um einen von mehreren vom Arbeitgeber des Klägers angebotenen Betriebsausflügen im Jahr 2015. Die dreitägige Fahrt wurde in vollem Umfang vom Arbeitgeber finanziert (mit Skipass für zweieinhalb Tage, Unterkunft und Vollverpflegung im Viersterne-Hotel mit Wertgutschein pro Teilnehmer von 50,- EUR für Getränke, Beauty und Massagen). Insgesamt wurden für die rund 3300 Angestellten der Privatbank AG im Jahr 2015 sieben jeweils mehrtägige Betriebsausflüge angeboten. Auf das ausführliche Prospekt in der Beklagtenakte, das im November 2014 den Mitarbeitern bekannt gegeben wurde, wird hingewiesen. Das Programm für die Skitage vom 13. bis 15.03.2015 wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2016 vom Kläger vorgelegt. Auch darauf wird Bezug genommen (gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Im Bescheid vom 16.09.2015 lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis vom 13.03.2015 als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anzuerkennen.
Nach Auffassung der Beklagten handle es sich bei diesen Skitagen nicht um einen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung im Sinne der Rechtsprechung. Zum einen habe die Veranstaltung schon deshalb nicht allen Betriebsangehörigen offen gestanden, weil nicht jeder Mitarbeiter Skifahren könne. Nicht jeder wolle auch die Risiken des Skifahrens auf sich nehmen. Auch sei die Veranstaltung kaum dazu geeignet gewesen, die betriebliche Zusammengehörigkeit zu pflegen, weil Ski fahren in weiten Teilen alleine ausgeübt werde und im Gegensatz zu anderen Freizeitveranstaltungen nur eine begrenzte Möglichkeit dazu biete, sich untereinander auszutauschen. Auch hätten nicht mind. 25% der Beschäftigten daran teilgenommen. Darüber hinaus seien die Skitage nicht als Veranstaltung des "Betriebssports" zu werten, weil sie nicht auf Regelmäßigkeit ausgerichtet gewesen seien.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 09.10.2015 wurde im Widerspruchsbescheid vom 23.03.2016 zurück gewiesen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 16.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten den Unfall des Klägers vom 13.03.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die beigezogene Akte der Beklagten, sowie auf die vorliegende Streitakte.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das Ereignis vom 13.03.2015 als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannt wird. Bei der Teilnahme an den Skitagen im Zeitraum vom 13.3.2015 bis 15.03.2015 handelte es sich nicht um eine versicherte Tätigkeit im Sinne von § 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Arbeitsunfälle (und damit auch Versicherungsfälle) sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist es danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, in dem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht.
Die Grenzen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes hat die Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 16.09.2015 und im Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 korrekt aufgezeigt. Das Gericht schließt sich den Gründen dieser Bescheide gem. § 136 Abs. 3 SGG weitgehend an mit folgenden (hier nicht entscheidungserheblichen) Modifikationen: Nach dem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.07.2016 (Az.: B 2 U 19/14 R) ist für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nun nicht mehr entscheidend, ob die Unternehmensleitung persönlich an der betrieblichen Veranstaltung teilgenommen hat und es kommt auch nicht mehr darauf an, welcher Prozentsatz der Mitarbeiter letztlich anwesend war.
Nichts desto trotz ist weiterhin entscheidend, dass die Veranstaltung grundsätzlich jedem Mitarbeiter offen stand. Auch die Kammer ist wie die Beklagte der Auffassung, dass ein Skiausflug schon deshalb nicht allen Mitarbeitern offen steht, weil nicht jeder Ski fahren kann und zudem viele die Risiken des Skifahrens nicht in Kauf nehmen wollen. Auch wenn in Österreich rund die Hälfte der Bevölkerung Ski fährt, so bedeutet das noch nicht, dass die Teilnahme an den Skitagen für nahezu alle Mitarbeiter in Betracht gekommen wäre. Aus dem im November 2014 ausgegebenen Programm der ...bank für die Betriebsausflüge im Jahr 2015 lässt sich ersehen, dass für Nichtskifahrer andere Ausflüge im Jahr 2015 angeboten wurden. Es ist nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegend, dass Nichtskifahrer bei einer derartigen Auswahl von sieben Kurzreisen im Jahr 2015 keine Skitage, sondern einen anderen Betriebsausflug wählten.
Die Kammer steht generell auf dem Standpunkt, dass betrieblich veranstaltete Events und mehrtägige Reisen, die als "Incentive" dienen und sich weit von dem entfernen, was einen herkömmlichen (eintägigen) Betriebsausflug ausmacht, besonders kritisch zu betrachten sind, was die Bewertung als Versicherungsfall anbelangt (siehe auch Kasseler Kommentar-Ricke, Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, aktueller Stand, § 8 SGB VII, Rz. 77). Insbesondere dann, wenn eine Veranstaltung mit besonderen Risiken behaftet ist und hohe Unfallgefahren bestehen (wie beim Klettern, Rafting, Fallschirm springen, Skitouren gehen und letztlich auch Ski fahren), so kann man nicht davon ausgehen, dass sich die weit überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter davon angesprochen fühlt. Gerade ältere Mitarbeiter oder solche, die selbst bereits Unfälle hatten oder gesundheitlich eingeschränkt sind, werden sich von einem solchen Angebot kaum angesprochen fühlen. Auch steht bei solchen Unternehmungen mehr das Abenteuer bzw. die sportliche Betätigung im Vordergrund und nicht der gesellige Austausch. Je weniger wiederum der gesellige Austausch eine Rolle spielt, desto mehr fehlt der innere Zusammenhang mit der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit. Immer wieder hat das Bundessozialgericht betont, dass ganz zentral für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmens- (oder Sachgebietsleitung) mit dem Beschäftigten, sowie den Beschäftigten untereinander dient (vgl. etwa BSG im Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 47/03 R).
Darüber hinaus darf auch folgender Aspekt nicht übersehen werden: Banken werden üblicher Weise von der Beklagten zu einer relativ niedrigen Gefahrklasse veranlagt, weil deren Mitarbeiter weniger hohen Unfallgefahren unterliegen als beispielsweise Mitarbeiter von Sicherheitsunternehmen. Unternehmen, die reine Büromitarbeiter haben, zahlen damit auch wesentlich niedrigere Beiträge als Unternehmen, in denen gefahrgeneigte Arbeiten verrichtet werden. Wieso die Mitgliedergemeinschaft für ein vermeidbares, aber bewusst in Kauf genommene Risiko eines Unternehmens einstehen soll, erschließt sich der Kammer nicht. Nach Meinung der Kammer wäre es hier angezeigt, dass bei gefahrgeneigten Veranstaltungen das Unternehmen für einen veranstaltungsbezogenen privatrechtlichen Unfallversicherungsschutz der Teilnehmer sorgt. Eine Rolle spielt hierbei auch, dass es schließlich in der freien Entscheidung eines jeden Unternehmens liegt, welche Form von Betriebsausflügen angeboten werden. Die betriebliche Tätigkeit hängt jedenfalls nicht davon ab und wird auch nicht dadurch gefördert, dass manche Unternehmen besonders abenteuerliche oder spektakuläre Veranstaltungen für ihre Mitarbeiter anbieten. Hier steht der innere Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit daher per se schon in Frage.
Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen ist nicht allein deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSGE 17, 280, 282, BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21 m.w.N.). Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter z. B. durch "Incentive-Reisen" zu höheren Leistungen anzuspornen; das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde (s. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21). Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen (s. BSGE 17, 280, 282). Der Arbeitgeber honoriert insoweit die Leistung der Mitarbeiter mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 21; SozR 4-2700 § 8 Nr. 2 RdNr. 14).
Alles in allem hat damit die Beklagte im Bescheid vom 16.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 zu Recht die Anerkennung des Ereignisses vom 13.03.2015 als Versicherungsfall abgelehnt. Die Klage dagegen war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.
-
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Landshut, Seligenthaler Straße 10, 84034 Landshut, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht Landshut in elektronischer Form eingelegt wird. Die elektronische Form wird nur durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Sozialgerichtsbarkeit - ERVV SG" an die elektronische Gerichtspoststelle des Bayer. Landessozialgerichts oder des Sozialgerichts Landshut zu übermitteln ist. Über das Internetportal des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (www.egvp.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden; dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 13.03.2015 als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der am ...1970 geborene Kläger ist als Bankfachwirt bei der R ...bank ...(Privatbank AG) in ... beschäftigt. Der Betriebsrat der R ...bank veranstaltete im Zeitraum vom 13.03. bis 15.03.2015 einen betrieblichen Skiausflug nach K ... am Großglockner, an welchem der Kläger teilnahm. Am 13.03.2015 gegen 15.50 Uhr war der Kläger auf einer Piste, welche 20 m entfernt lag von der Liftstation "F ...", mit seinen Skiern unterwegs. Die Piste war im Bereich der Liftstation zu diesem Zeitpunkt bereits sehr ausgefahren und daher schwer befahrbar. Bei einem Schwung nach rechts blieb er aufgrund eines Schneehügels mit dem linken Ski stecken. Darauf hin stürzte er, wobei am linken Bein bei fixiertem Unterschenkel eine erhebliche Distorsion eintrat. Laut Bericht des Klinikums P ... vom 15.03.2015 erlitt er hierbei eine "Schienbeinkopffraktur links".
Bei den streitgegenständlichen Skitagen in K ... am Großglockner handelte es sich um einen von mehreren vom Arbeitgeber des Klägers angebotenen Betriebsausflügen im Jahr 2015. Die dreitägige Fahrt wurde in vollem Umfang vom Arbeitgeber finanziert (mit Skipass für zweieinhalb Tage, Unterkunft und Vollverpflegung im Viersterne-Hotel mit Wertgutschein pro Teilnehmer von 50,- EUR für Getränke, Beauty und Massagen). Insgesamt wurden für die rund 3300 Angestellten der Privatbank AG im Jahr 2015 sieben jeweils mehrtägige Betriebsausflüge angeboten. Auf das ausführliche Prospekt in der Beklagtenakte, das im November 2014 den Mitarbeitern bekannt gegeben wurde, wird hingewiesen. Das Programm für die Skitage vom 13. bis 15.03.2015 wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2016 vom Kläger vorgelegt. Auch darauf wird Bezug genommen (gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Im Bescheid vom 16.09.2015 lehnte die Beklagte es ab, das Ereignis vom 13.03.2015 als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anzuerkennen.
Nach Auffassung der Beklagten handle es sich bei diesen Skitagen nicht um einen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung im Sinne der Rechtsprechung. Zum einen habe die Veranstaltung schon deshalb nicht allen Betriebsangehörigen offen gestanden, weil nicht jeder Mitarbeiter Skifahren könne. Nicht jeder wolle auch die Risiken des Skifahrens auf sich nehmen. Auch sei die Veranstaltung kaum dazu geeignet gewesen, die betriebliche Zusammengehörigkeit zu pflegen, weil Ski fahren in weiten Teilen alleine ausgeübt werde und im Gegensatz zu anderen Freizeitveranstaltungen nur eine begrenzte Möglichkeit dazu biete, sich untereinander auszutauschen. Auch hätten nicht mind. 25% der Beschäftigten daran teilgenommen. Darüber hinaus seien die Skitage nicht als Veranstaltung des "Betriebssports" zu werten, weil sie nicht auf Regelmäßigkeit ausgerichtet gewesen seien.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers vom 09.10.2015 wurde im Widerspruchsbescheid vom 23.03.2016 zurück gewiesen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 16.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten den Unfall des Klägers vom 13.03.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die beigezogene Akte der Beklagten, sowie auf die vorliegende Streitakte.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das Ereignis vom 13.03.2015 als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannt wird. Bei der Teilnahme an den Skitagen im Zeitraum vom 13.3.2015 bis 15.03.2015 handelte es sich nicht um eine versicherte Tätigkeit im Sinne von § 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Arbeitsunfälle (und damit auch Versicherungsfälle) sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist es danach in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dieser innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln, in dem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht.
Die Grenzen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes hat die Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 16.09.2015 und im Widerspruchsbescheid vom 27.05.2015 korrekt aufgezeigt. Das Gericht schließt sich den Gründen dieser Bescheide gem. § 136 Abs. 3 SGG weitgehend an mit folgenden (hier nicht entscheidungserheblichen) Modifikationen: Nach dem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts vom 05.07.2016 (Az.: B 2 U 19/14 R) ist für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nun nicht mehr entscheidend, ob die Unternehmensleitung persönlich an der betrieblichen Veranstaltung teilgenommen hat und es kommt auch nicht mehr darauf an, welcher Prozentsatz der Mitarbeiter letztlich anwesend war.
Nichts desto trotz ist weiterhin entscheidend, dass die Veranstaltung grundsätzlich jedem Mitarbeiter offen stand. Auch die Kammer ist wie die Beklagte der Auffassung, dass ein Skiausflug schon deshalb nicht allen Mitarbeitern offen steht, weil nicht jeder Ski fahren kann und zudem viele die Risiken des Skifahrens nicht in Kauf nehmen wollen. Auch wenn in Österreich rund die Hälfte der Bevölkerung Ski fährt, so bedeutet das noch nicht, dass die Teilnahme an den Skitagen für nahezu alle Mitarbeiter in Betracht gekommen wäre. Aus dem im November 2014 ausgegebenen Programm der ...bank für die Betriebsausflüge im Jahr 2015 lässt sich ersehen, dass für Nichtskifahrer andere Ausflüge im Jahr 2015 angeboten wurden. Es ist nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegend, dass Nichtskifahrer bei einer derartigen Auswahl von sieben Kurzreisen im Jahr 2015 keine Skitage, sondern einen anderen Betriebsausflug wählten.
Die Kammer steht generell auf dem Standpunkt, dass betrieblich veranstaltete Events und mehrtägige Reisen, die als "Incentive" dienen und sich weit von dem entfernen, was einen herkömmlichen (eintägigen) Betriebsausflug ausmacht, besonders kritisch zu betrachten sind, was die Bewertung als Versicherungsfall anbelangt (siehe auch Kasseler Kommentar-Ricke, Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, aktueller Stand, § 8 SGB VII, Rz. 77). Insbesondere dann, wenn eine Veranstaltung mit besonderen Risiken behaftet ist und hohe Unfallgefahren bestehen (wie beim Klettern, Rafting, Fallschirm springen, Skitouren gehen und letztlich auch Ski fahren), so kann man nicht davon ausgehen, dass sich die weit überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter davon angesprochen fühlt. Gerade ältere Mitarbeiter oder solche, die selbst bereits Unfälle hatten oder gesundheitlich eingeschränkt sind, werden sich von einem solchen Angebot kaum angesprochen fühlen. Auch steht bei solchen Unternehmungen mehr das Abenteuer bzw. die sportliche Betätigung im Vordergrund und nicht der gesellige Austausch. Je weniger wiederum der gesellige Austausch eine Rolle spielt, desto mehr fehlt der innere Zusammenhang mit der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit. Immer wieder hat das Bundessozialgericht betont, dass ganz zentral für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmens- (oder Sachgebietsleitung) mit dem Beschäftigten, sowie den Beschäftigten untereinander dient (vgl. etwa BSG im Urteil vom 07.12.2004, Az.: B 2 U 47/03 R).
Darüber hinaus darf auch folgender Aspekt nicht übersehen werden: Banken werden üblicher Weise von der Beklagten zu einer relativ niedrigen Gefahrklasse veranlagt, weil deren Mitarbeiter weniger hohen Unfallgefahren unterliegen als beispielsweise Mitarbeiter von Sicherheitsunternehmen. Unternehmen, die reine Büromitarbeiter haben, zahlen damit auch wesentlich niedrigere Beiträge als Unternehmen, in denen gefahrgeneigte Arbeiten verrichtet werden. Wieso die Mitgliedergemeinschaft für ein vermeidbares, aber bewusst in Kauf genommene Risiko eines Unternehmens einstehen soll, erschließt sich der Kammer nicht. Nach Meinung der Kammer wäre es hier angezeigt, dass bei gefahrgeneigten Veranstaltungen das Unternehmen für einen veranstaltungsbezogenen privatrechtlichen Unfallversicherungsschutz der Teilnehmer sorgt. Eine Rolle spielt hierbei auch, dass es schließlich in der freien Entscheidung eines jeden Unternehmens liegt, welche Form von Betriebsausflügen angeboten werden. Die betriebliche Tätigkeit hängt jedenfalls nicht davon ab und wird auch nicht dadurch gefördert, dass manche Unternehmen besonders abenteuerliche oder spektakuläre Veranstaltungen für ihre Mitarbeiter anbieten. Hier steht der innere Zusammenhang zur betrieblichen Tätigkeit daher per se schon in Frage.
Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen ist nicht allein deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSGE 17, 280, 282, BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21 m.w.N.). Es steht jedem Unternehmen zwar frei, seine Mitarbeiter z. B. durch "Incentive-Reisen" zu höheren Leistungen anzuspornen; das Unternehmen hat es jedoch nicht in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tatbestände auszuweiten, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch die persönliche Verbundenheit einer Gruppe von Beschäftigten mit dem Unternehmen gestärkt würde (s. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21). Das Interesse der Unternehmensleitung, dass sich aus solchen Veranstaltungen wahrscheinlich auch eine Motivation zu Leistungssteigerungen ergibt, reicht nicht aus, für solche Betätigungen den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen (s. BSGE 17, 280, 282). Der Arbeitgeber honoriert insoweit die Leistung der Mitarbeiter mit einem geldwerten Vorteil, ohne dass dadurch die vom Unternehmen finanzierte Reise für die Beschäftigten zu einer betrieblichen Tätigkeit wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 21; SozR 4-2700 § 8 Nr. 2 RdNr. 14).
Alles in allem hat damit die Beklagte im Bescheid vom 16.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2016 zu Recht die Anerkennung des Ereignisses vom 13.03.2015 als Versicherungsfall abgelehnt. Die Klage dagegen war somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.
-
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht Landshut, Seligenthaler Straße 10, 84034 Landshut, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht Landshut in elektronischer Form eingelegt wird. Die elektronische Form wird nur durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Sozialgerichtsbarkeit - ERVV SG" an die elektronische Gerichtspoststelle des Bayer. Landessozialgerichts oder des Sozialgerichts Landshut zu übermitteln ist. Über das Internetportal des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (www.egvp.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden; dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.
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