L 1 KR 448/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 2575/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 448/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Erstattung der Kosten für eine Zuzahlung, welche der Klägerin für die Mehrkosten eines schnelleren Elektrorollstuhles (Höchstgeschwindigkeit von 13 km/h statt 6 km/h) entstanden sind.

Die bei der Beklagten versicherte Klägerin ist 1958 geboren und leidet an einer spinalen Muskeldystrophie mit inkompletter Tetraparese. Sie ist deshalb auf einen elektrisch betriebenen Rollstuhl angewiesen.

Der sie behandelnde Facharzt für Innere Medizin -hausärztliche Versorgung- S verordnete ihr unter dem 24. Mai 2013 einen Elektrorollstuhl "im Sonderbau mit Mittelradantrieb 13 km/h" und fügte ein Attest über die Notwendigkeit bei.

Das Sanitätshaus p. reichte mit Datum 31. Mai 2013 einen Kostenvoranschlag für die Neulieferung eines Elektrorollstuhls/Mittelradantrieb ein. Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 teilte die Beklagte diesem mit, dass die Kosten für die Versorgung mit dem Hilfsmittel Q (6 km/h) in Höhe von 19.979,19 Euro übernommen würden.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2013 teilte sie dies auch der Klägerin mit. Eine Kostenübernahme für die beantragte 13 km/h-Version könne nicht erfolgen. Die Leistungen der Krankenkasse müssten ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürften das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Die Klägerin legte hiergegen am 19. August 2013 Widerspruch ein. Die 6 km/h-Version des Rollstuhles stelle bei ihrem Krankheitsbild keine ausreichende Versorgung dar. Da die Ausdauer der Muskelkraft eingeschränkt sei, brauche sie für alle erforderlichen Wege die doppelte Zeit und müsse die doppelte Anstrengung aufbringen. Die Erholungsphasen müssten dementsprechend länger sein. Viele Verrichtungen des täglichen notwendigen sowie des sozialen Lebens seien deshalb nicht mehr möglich und die Sicherstellung der elementaren Grundbedürfnisse (Einkäufe, Arztbesuche usw.) nicht gewährleistet. Schon kürzere Wege bereiteten ihr solche Mühe, dass sie auf eine Verkürzung des Zeitaufwandes dringend angewiesen sei.

Ihr behandelnder Hausarzt attestierte der Klägerin unter dem 1. September 2013, dass eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit die bisherige Selbständigkeit deutlich beschneiden würde. Das Sanitätshaus stellte ihr unter dem 18. September 2013 eine Rechnung über 343,64 Euro "wirtschaftliche Aufzahlung für 13 km/h-Antrieb" aus, welche sie bezahlte.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2013 zurück. Zur Begründung führte sie u. a. aus, eine Geschwindigkeit von 6 km/h entspreche in etwa der Geschwindigkeit, die ein Gesunder beim Gehen erreiche. Es sei ausschließliche Aufgabe der Krankenversicherung, insoweit für einen Basisausgleich zu sorgen. Im Übrigen stelle eine Verschlechterung der Grunderkrankung die Verkehrstauglichkeit der Klägerin infrage, die mit dem Elektrorollstuhl die Fahrbahn benutzen müsse, da nach § 24 Abs. 2 Straßenverkehrszulassungsverordnung Krankenfahrstühle auf dem Bürgersteig nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren dürften.

Hiergegen hat die Klägerin am 6. Dezember 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Am 20. Dezember 2013 ist die Klägerin beim Fahren auf der Straße von einem abbiegenden Auto erfasst worden. Der Elektrorollstuhl hat einen Totalschaden erlitten. Das Sanitätshaus hat daraufhin unter dem 24. Januar 2014 einen Kostenvoranschlag für eine Neuversorgung mit einem Elektrorollstuhl J/6 km/h über 19.966,47 Euro eingereicht.

Die Klägerin hat mit -später zurückgenommenem- Antrag vom 11. Februar 2014 an das SG eine vorläufige Sachleistung begehrt. Mit Schreiben vom 13. Februar 2014 an die Klägerin hat die Beklagte erklärt, Kosten für die Ersatzbeschaffung des Elektrorollstuhles KV-Nr. zu übernehmen. Die Kostenzusage habe sie heute an den Leistungserbringer geschickt. Sie hat vorgetragen, erst aufgrund des Schlussberichtes der Polizei Berlin vom 30. Januar 2014 bezüglich des Unfalls vom 20. Dezember 2013 erfahren zu haben, dass sich die Klägerin die 13 km/h-Version verschafft habe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Verschlechterung der Grunderkrankung die Verkehrstauglichkeit der Klägerin tatsächlich einschränke. Damit habe sich die Eigen- und Fremdgefährdung realisiert. Sie hat den Schlussbericht des Polizeipräsidenten in Berlin vom 30. Januar 2014 (Dir 2 ZA-VkD 3-131220-11140-171726) eingereicht.

Das Sanitätshaus hat der Klägerin unter dem 2. April 2014 eine weitere Rechnung zur wirtschaftlichen Aufzahlung für 13 km/h-Antrieb über 343,64 Euro übersandt, welche diese beglichen hat.

Das SG hat die auf Zahlung von 687,28 Euro gerichtete Klage mit Urteil vom 15. September 2015 abgewiesen. Es hat die Berufung gegen sein Urteil zugelassen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Klägerin stehe nur ein Anspruch auf Versorgung mit einem Elektrorollstuhl mit einer Fußgänger-Geschwindigkeit von 6 km/h zu. Unerheblich sei, wie lange sie unterwegs sein könne, bevor sie wieder nach Hause müsse, weil ihre Muskeln ermüdeten, da das Bundessozialgericht (BSG) gerade auf einen abstrakten Maßstab abstelle. Durch die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl werde es der Klägerin ermöglicht, sich die unmittelbare Umgebung ihrer Wohnung selbständig und ohne fremde Hilfe zu erschließen. Sie könne damit grundsätzlich diejenigen Stellen erreichen, die zu Fuß erreichbar seien. Ob die Ausdauer der Klägerin ausreichend sei, um alle notwendigen Alltagsgeschäfte alleine zu erledigen, sei nicht zu prüfen. Die individuellen Wohn- und Lebensverhältnisse dürften im Bereich der Hilfsmittelversorgung keine Berücksichtigung finden (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 25. Februar 2015 – B 3 KR 13/13 R). Es scheide auch ein Leistungsanspruch aus § 31 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) aus. Die Vorschrift gebe hinsichtlich des Hilfsmittelbegriffs nur den Regelungsgehalt des Bereiches der medizinischen Rehabilitation wieder. Der begehrte 13 km/h-schnelle Elektrorollstuhl sei auch nicht als Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) von der Pflegekasse zu übernehmen, denn ein Pflegehilfsmittel müsse (nur) geeignet sein, den Pflegebedürftigen in die Lage zu versetzen, möglichst lange in seiner häuslichen Umgebung bleiben zu können, um dadurch vollstationäre Pflege zu vermeiden. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass der schnellere Rollstuhl erforderlich sei, um ihr (wieder) ein eigenständiges und von fremder Hilfe weniger abhängiges Einkaufen zu ermöglichen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26. Oktober 2015.

Im Erörterungstermin am 30. Juni 2017 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis nebst anteiliger Kostenübernahme betreffend den ersten Antrag abgegeben und erklärt, dass der Bescheid vom 19. Juli 2013 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2013 entsprechend aufgehoben werde. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Zur Berufungsbegründung führt die Klägerin aus, ihr fehle die Ausdauer, sich mit dem von der Beklagten übernommenen Rollstuhl den Nahbereich zu erschließen. Sie sei nicht fahruntüchtig. Sie habe den ihr entstanden Schaden des Verkehrsunfalles vollumfänglich erstattet bekommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. September 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 343,64 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, soweit nicht bereits ein Anerkenntnis erfolgt ist.

Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und weist darauf hin, dass hinsichtlich der Zweitversorgung alles Beantragte auch bewilligt worden sei.

Entscheidungsgründe:

Es konnte entschieden werden, obgleich in der mündlichen Verhandlung für die Klägerin niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind nach § 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf hingewiesen worden, dass im Falle des Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

Der zulässigen Berufung bleibt Erfolg versagt.

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Nach dieser Vorschrift kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Hierfür genügt es, dass ein bindender Verwaltungsakt (§ 77 SGG) vorliegt, der Leistungsträger aber gleichwohl nicht leistet (BSG, Urteil vom 11. Juli 2017 – B 1 KR 26/16 R – Rdnr. 8 mit weit. Nachw.). Ist die Genehmigung einer beantragten Leistung kraft Fiktion erfolgt, steht dies der Bewilligung der beantragten Leistung durch einen Leistungsbescheid gleich. Die Genehmigungsfiktion bewirkt ohne Bekanntgabe (§§ 37, 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -SGB X) einen in jeder Hinsicht voll wirksamen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S 1 SGB X. Durch den Eintritt der Fiktion verwandelt sich der hinreichend inhaltlich bestimmte Antrag in den Verfügungssatz des fingierten Verwaltungsakts. Er hat zur Rechtsfolge, dass das in seinem Gegenstand durch den Antrag bestimmte Verwaltungsverfahren beendet ist und dem Versicherten - wie hier - unmittelbar ein Anspruch auf Versorgung mit der Leistung zusteht. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 a Satz 7 SGB V besteht allerdings nicht. Die Klage ist deshalb unbegründet.

Ein Antrag auf Ausstattung mit einem Elektrorollstuhl vom Typ 13 km/h kann erstmals im Schriftsatz an das SG vom 26. August 2014 gesehen worden, welches am 29. August 2014 vom SG an die Beklagte weitergeleitet wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Klägerin den Antrieb mit 13 km/h Höchstgeschwindigkeit bereits beschafft und die Rechnung des Sanitätshauses vom 2. April 2014 über 343,64 Euro bezahlt. Es scheidet deshalb aus, dass sich die Klägerin als Leistungsberechtigte die erforderliche Leistung nach Ablauf der Frist im Sinne des § 13 Abs. 3 a Satz 7 SGB V verschafft hat. Ein früherer Antrag liegt nicht vor. Ein solcher kann insbesondere nicht in dem Antrag auf einstweilige Anordnung an das SG vom 11. Februar 2014 gesehen werden. Dieser bezieht sich auf das bewilligte 6 km/h-Rollstuhlmodell: Die Klägerin als dortige Antragstellerin beruft sich auf die Bewilligung vom 19. Juli 2013. Beigefügt war dem Eilantrag der Kostenvoranschlag des Sanitätshauses für die Version 6 km/h über 19.966,47 Euro.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass ein Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGG nicht gegeben ist. Es fehlt prozessual insoweit bislang bereits an einer förmlichen Ablehnung durch die Beklagte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist ein Kostenerstattungsanspruch nach § 54 Abs. 4 SGG in Form einer Anfechtungs- und Leistungsklage geltend zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 1995 – 1 RK 8/94 – juris, Rdnr. 12, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 10/16 R Rdnr. 9 für den Regelfall). Eine Untätigkeitsklage ist hier nicht erhoben worden. Einem Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V steht wie dem aus § 13 Abs. 3a SGB V die fehlende Kausalität entgegen.

Auf die Frage, ob der Klägerin ein Sachleistungsanspruch zugestanden hätte, kommt es nicht an.

Der Senat teilt jedoch die Auffassung des SG, dass kein Anspruch auf Erweiterung des Radius der selbständigen Fortbewegung durch Ermöglichen einer Geschwindigkeit, die größer ist als die übliche Fußgängergeschwindigkeit gewährleistet sein muss. Auf dessen Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

Hilfsmittel sollen den Zweck haben, die direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich). In letztgenannten Fällen -wie hier- hat die gesetzliche Krankenversicherung nur für den Basisausgleich einzustehen; es geht dabei nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines nicht behinderten Menschen. Denn Aufgabe der Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (vgl. z. B. § 5 Nr. 2 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder § 5 Nr. 4 SGB IX: Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft). Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. Urteil vom 03. November 2011 – B 3 KR 4/11 R –, Rdnr. 16 mit weiteren Nachweisen). Zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen gehören die körperlichen Grundfunktionen wie Gehen, Stehen, Sitzen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung sowie die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, wozu auch die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung zählt. Als solches allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens ist in Bezug auf die Mobilität nur die Erschließung des Nahbereichs um die Wohnung eines Versicherten anerkannt, nicht aber das darüber hinausreichende Interesse an sportlicher Fortbewegung oder an der Erweiterung des Aktionsraums (BSG, a. a. O. Rdnr. 16 mit weit. Nachweisen). Maßgebend für diesen zu gewährleistenden Basisausgleich ist der Bewegungsradius, den ein Nichtbehinderter üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Dazu haben die Krankenkassen die Versicherten so auszustatten, dass sie sich nach Möglichkeit in der eigenen Wohnung bewegen und die Wohnung verlassen können, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31 - Rollstuhl-Bike II). Entscheidend ist ein allgemeiner, an durchschnittlichen Lebens- und Wohnverhältnissen orientierter Maßstab, der erfüllt sein muss, um die Ausstattung eines gehunfähigen oder gehbehinderten Menschen mit einem besonderen Rollstuhl zu rechtfertigen (BSG, Urteil vom 12. August 2009 – B 3 KR 8/08 R –, SozR 4-2500 § 33 Nr. 27, Rdnr. 24 für einen Anspruch auf einen Elektrorollstuhl an Stelle eines normalen Rollstuhles).

Die Klägerin begehrt allerdings keine Ausstattung ihres Elektrorollstuhles mit Zubehör, welche die Anforderungen an die Muskulatur bzw. allgemein zur Vermeidung von Ermüdungen weiter reduziert -wie etwa eine besonders komfortable Federung oder eine leichtere Steuerung, um sich wie ein Fußgänger den räumlichen Nachbereich erschließen zu können. Sie verlangt vielmehr ein Hilfsmittel, das sie seiner Funktion nach in die Lage versetzen soll, einen Mobilitätsradius zu erreichen, der bei einem Gesunden mit der Benutzung eines Fahrrades verbunden ist. Als solches sind Hilfsmittel, die dem Versicherten an sich eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität ermöglichen, (nur) im Einzelfall von der Krankenkasse zu gewähren, wenn besondere qualitative Momente dieses "Mehr" an Mobilität erfordern. Solche besonderen qualitativen Momente liegen beispielsweise vor, wenn der Nahbereich ohne das begehrte Hilfsmittel nicht in zumutbarer Weise erschlossen werden kann oder wenn eine über den Nahbereich hinausgehende Mobilität zur Wahrnehmung eines anderen Grundbedürfnisses notwendig ist. So ist etwa die Erschließung des Nahbereichs ohne das begehrte Hilfsmittel unzumutbar, wenn Wegstrecken im Nahbereich nur unter Schmerzen oder nur unter Inanspruchnahme fremder Hilfe bewältigt werden können (BSG, Urt. v. 12. August 2009 Rdnr 24 - Elektrorollstuhl) oder wenn die hierfür benötigte Zeitspanne erheblich über derjenigen liegt, die ein nicht behinderter Mensch für die Bewältigung entsprechender Strecken zu Fuß benötigt (BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 – B 3 KR 7/10 R –, BSGE 108, 206-222, SozR 4-2500 § 33 Nr. 34, Rdnr. 41). Für beides ist hier nichts ersichtlich. Die Klägerin trägt selbst nicht vor, sich generell nur unter Schmerzen mit dem Elektrorollstuhl fortbewegen zu können. Sie kann diesen auch normal benutzen, braucht also keine längeren Zeitspannen als ein Fußgänger für eine entsprechende Strecke. Die von ihr angeführte Ermüdung verringert auch nach ihrem eigenen Vortrag lediglich den Radius an "schlechten Tagen").

Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache unter Berücksichtigung des Teilerfolges der Klage.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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