S 16 SF 2197/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 SF 2197/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
Die umfassende Einholung von Informationen von der Partei, einschließlich der Bewirkung
weiterer Ermittlungen durch die Partei und der Weitergabe der Ergebnisse an das Gericht ist mit der allgemeinen Geschäftsgebühr abgegolten, da diese Tätigkeiten der Erfassung und Aufarbeitung des Streitstoffs und damit der ordnungsgemäßen Vertretung der Partei dienen.

Sie stellen daher regelmäßig keine besondere auf die Erledigung gerichtete Handlung dar.
Die Erinnerung gegen den Beschluss der Kostenbeamtin vom 12.10.2017 über die Ablehnung der Nachtragsfestsetzung einer Erledigungsgebühr wird zurückgewiesen.

Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Parteien führten vor dem Sozialgericht einen Rechtsstreit über die Abrechnung eines Krankenhausaufenthalts eines bei der Erinnerungsführerin krankenversicherten Patienten. Nach Klageeinreichung teilte die Erinnerungsführerin der Erinnerungsgegnerin per Datensatz außergerichtlich mit, dass die Forderung aufgrund eines neuen MdK Gutachtens anerkannt werde.

Daraufhin nahm die Erinnerungsgegnerin die Klage zurück.

Mit Beschluss vom 29.11.2016 legte das Gericht die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Erinnerungsgegnerin auf.

Mit Antrag vom 07.03.2017 beantragte die Erinnerungsführerin eine Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer gegen die Erinnerungsgegnerin festzusetzen, was mit Beschluss vom 02.06.2017 erfolgte.

Mit Nachfestsetzungsantrag vom 19.07.2017 beantragte die Erinnerungsführerin eine 1,5 Erledigungsgebühr in Höhe von 301,50 EUR nebst Umsatzsteuer ergänzend festzusetzen. Die Erinnerungsführerin widersprach der Festsetzung.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.10.2017, zugestellt am 16.10.2013, lehnte die Kostenbeamtin die Nachfestsetzung ab.

In den Gründen führte sie aus: "Bereits im November 2016 wurden die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten festgesetzt. Mit Antrag vom 19.07.2017 begehrte die Beklagte, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigen, die Festsetzung der Erledigungsgebühr. Diese sei – so die Ausführungen im Schriftsatz vom 15.09.2017 entstanden, da die Beklagte das Verfahren unter dem 14.07.2016 für erledigt erklärt hat. Entgegen der Beklagtenauffassung ist die Erledigungsgebühr Nr. 1002 VV RVG aber gerade nicht entstanden. Denn die Erledigungsgebühr ist eine Erfolgsgebühr, die die Entlastung des Gerichts und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um die Herstellung des Rechtsfriedens ohne Sachentscheidung des Gerichts "durch die anwaltliche Mitwirkung" honoriert und die daher eine "anwaltliche Mitwirkung" im Sinne eines besonderen, nicht ganz unwesentlichen Beitrags des Rechtsanwalts zur Erledigung des Rechtsstreits ohne eine gerichtliche Entscheidung erfordert (Sächs. LSG, Beschluss vom 04.09.2013 – L 8 AS 1282/12 B KO –, juris RdNr. 19 unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.02.2013 – B 14 AS 62/12 R – juris RdNr. 23, und mit zahlreichen weiteren Nachweisen zu der Rechtsprechung weiterer LSGe; im übrigen auch Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 1002 VV, RdNr. 40; Hartmann, Kostengesetze, RVG, 1002 VV, RdNr. 10). Hieran hat sich gerade nichts durch das 2. KostRMoG geändert. Denn der Gesetzgeber hat die Anregung der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltvereins, die Erledigungsgebühr nur dann entsteht zu lassen, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist (Gemeinsame Stellungnahme 51/2002 und 86/2012 zum 2. KostRMoG vom November 2012, Seite 15; zu finden im Internet sowie bei Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 1002 VV, a.a.O., Fn. 40) gerade nicht aufgegriffen, sondern es bei der bisherigen – im Lichte der nunmehr als gefestigt zu betrachtenden Rechtsprechung auszulegenden – Formulierung belassen (vgl. auch die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 15.05.2013 in BT-Drs.17/13537 und dessen Beschlussempfehlung vom 26. 06. 2013 in BT-Drs. 17/14120). Die danach erforderliche besondere Mitwirkung ist aber weder geltend gemacht noch ersichtlich. vgl. zum Ganzen Sächs. LSG. Beschluss vom 23.12.2015, Az.: L 8 AS 1472/14 B KO. Nach alledem war der Antrag auf Nachtragsfestsetzung als unbegründet zurückzuweisen. Der Urkundsbeamte des Sozialgerichts Chemnitz ist für die Kostenfestsetzung gem. § 197 Abs. 1 SGG örtlich und sachlich zuständig."

Mit der am 03.11.2017 eingegangenen Erinnerung macht die Erinnerungsführerin geltend, dass die Voraussetzungen des in dem Beschluss erwähnten Beschluss des LSG nicht vorlägen. Die Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin hätten das MdK Gutachten, das zur Begleichung der streitigen Rechnung geführt habe, von der Partei angefordert und in das Verfahren eingeführt.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und dem Gericht vorgelegt. Die Parteien wurden zur beabsichtigten Entscheidung angehört. Die Erinnerungsführerin beharrte und vertrat im Schriftsatz vom 01.12.2017, kurz zusammengefasst, die Ansicht, dass gleichwohl eine qualifizierte Mitwirkung an der Erledigung vorgelegen habe. Es seien Unterlagen von der Partei angefordert und geprüft worden, um den Sachverhalt für das Gericht zu verdeutlichen. Dabei handele es sich um Aufgabe, die in den eigentlichen Bereich der Amtsermittlung fielen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf den angefochtenen Beschluss und die Schriftätze der Parteien verwiesen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 178 Satz 1 SGG bei Gericht eingegangen, in der Sache jedoch unbegründet.

Das Gericht schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung den zutreffenden Ausführungen der Urkundsbeamtin und deren Auslegung der Rechtsprechung des LSG an.

Soweit die Erinnerungsführerin im Schriftsatz vom 01.12.20127 vorträgt, handelt es sich sämtlich um Tätigkeiten die mit der Verfahrensgebühr abgegolten sind, denn die genannten Tätigkeiten sind sämtlich erforderlich um den Streitstand überhaupt erst zu erfassen und die Rechtslage beurteilen zu können, wie dem Gericht aus mehrjähriger anwaltlicher Tätigkeit durchaus bekannt ist.

Der Verweis auf die Amtsermittlungspflicht verwundert in diesem Zusammenhang doch sehr, ersetzt diese doch nicht die Pflicht eines Rechtsanwalts sich über den Streitstoff umfassend zu informieren, was nach Vortrag in dem Schriftsatz vom 16.11.2017 durch Anforderung des MdK-Gutachtens erfolgte, das Prozessrisiko einzuschätzen, mit der Partei zu erörtern und entsprechend vorzutragen. Ebenfalls erfasst von der Geschäftsgebühr ist die Anforderung von Unterlagen die den Anspruch stützen bzw. zunichte machen können, einschließlich der Anstrengung von Nachforschungen auf Seiten der Partei, sowie die Sichtung der Unterlagen und deren Einreichung bei Gericht. Dazu gehört auch, nicht zuletzt aus haftungsrechtlichen Gründen, bei Vorliegen neuer Umstände die Partei über eine sich gewandelt habende Sach- bzw. Rechtslage aufzuklären und ein entsprechendes außergerichtliches Verhalten oder eine prozessuale Erklärung anzuraten.

Leider, dies sei allgemein angemerkt, ist es auch immer üblicher geworden, in Verfahren der Amtsermittlung nur rudimentär vorzutragen, anstatt einen Anspruch schlüssig zu begründen, bzw. erheblich gegen Ansprüche vorzutragen.

Bedenklich erscheint es dem Gericht auch, dass gerichtliche Hinweise durch Anwälte immer häufiger ignoriert werden, auch wenn wie hier keine Rechtsmittel gegen Entscheidungen möglich sind.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 178 Satz 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved