Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 2938/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1726/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein angefochtener Bescheid, mit dem ein Vorschuss auf die Verletztenrente bewilligt wurde, wird durch den während des Klageverfahrens erlassenen Verwaltungsakt ersetzt, mit dem die Rente endgültig gewährt wird.
2. Bei einem teilbaren Streitgegenstand kann der Rechtsstreit ganz oder nur insoweit an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen werden.
2. Bei einem teilbaren Streitgegenstand kann der Rechtsstreit ganz oder nur insoweit an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen werden.
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 30. März 2017 abgeändert. Der Rechtsstreit wird hinsichtlich der behördlichen Versagung einer Verletztenrente nach einer höheren Minderung der Erwerbsfähigkeit als 30 vom Hundert wegen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 an das Sozialgericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 die Bewilligung eines höheren Vorschusses und die Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Sie wurde 1956 in der ungarischen Hauptstadt B. geboren und arbeitete seit Mai 2006 als Taxifahrerin bei T. in F ... Wegen eines Arbeitsunfalls am 23. August 2008, bei dem sie sich einen Bruch des Olecranon, des proximalen Endes der Elle, und eine ebenfalls körpernahe Fraktur des Humerus, des Oberarmknochens, jeweils rechts, zuzog, gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2011 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit in Höhe der bislang bewilligten Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.), anfangs in Höhe von monatlich etwa 200 EUR und mittlerweile annähernd 225 EUR je Monat. Zudem bezieht sie von der D. seit April 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, aktuell in Höhe von nicht ganz 250 EUR. Der Träger der Versorgungsverwaltung stellte bei ihr den Grad der Behinderung mit 70 sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G" und "B" fest.
Am 12. September 2013 erlitt sie bei einem weiteren Arbeitsunfall, als sie auf dem nassen Parkplatz des Taxistandes ausgerutscht und gestürzt war, eine Luxationsfraktur des linken Humeruskopfes, einen Impressionsbruch des lateralen Tibiakopfes, des körperfernen Teils des Schienbeines, und eine nicht dislozierte Fraktur des Grundgliedes D IV der rechten Hand. Deswegen bezog sie anfangs Verletztengeld, welches die K. K., wo sie gegen Krankheit gesetzlich versichert war, im Auftrag der Beklagten auszahlte. Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 hob diese der Sache nach das Recht auf Verletztengeld ab 12. März 2015 auf. Das deswegen beim Sozialgericht (SG) F. geführte Klageverfahren S 13 U 4754/15 endete durch Klagerücknahme.
Mit Bescheid vom 2. März 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin bis auf Weiteres einen Vorschuss in Höhe von monatlich 250 EUR hinsichtlich eines dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Ereignisses vom 12. September 2013. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2016 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 22. Juli 2016 beim SG F. Klage erhoben, welche mit dem Aktenzeichen (Az.) AZ. geführt worden ist. Der Widerspruchsbescheid sei ihr am 24. Juni 2016 zugegangen.
Im Auftrag der Beklagten hat Prof. Dr. S., Chefarzt des Klinikums für Chirurgie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Kindertraumatologie des St. J. in F., ein Gutachten erstattet. Nach der ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin im August 2016 hat er narbige Veränderungen im Bereich des linken Schultergelenkes, radiologische Veränderungen in dieser Körperregion und im Bereich des rechten Kniegelenkes und des vierten Fingers rechts, eine Funktionseinschränkung, ein Kraftdefizit und eine verminderte Einsetzbarkeit der linken oberen Extremität durch eine Funktionsstörung im linken Schultergelenk sowie Bewegungs- und Belastungseinschränkungen im rechten Kniegelenk festgestellt, welche er auf das Unfallereignis vom 12. September 2013 zurückgeführt hat. Im Bereich der Oberarme habe sich eine Atrophie des Musculus deltoideus gezeigt. Die MdE schätze er auf 30 v. H. Eine höhere sei indes nicht begründbar. Die Klägerin bringe die unfallunabhängige Vorerkrankung einer seronegativen rheumatoiden Arthritis mit dem Ereignis in Verbindung, was ihm nicht plausibel erscheine. Daher könnten die Bewegungseinschränkungen und die Schmerzen im Bereich des Ellenbogengelenkes links und der Handgelenke ob initial fehlender Verletzungsfolgen nicht direkt auf den Unfall zurückgeführt werden. Die Funktionsprüfung des linken Schultergelenkes habe eine deutliche Bewegungseinschränkung belegt. Linksseitig seien die Abduktion bis 30° und die Anteversion bis 40° möglich gewesen. Die Innen- und Außenrotation sei jeweils eingeschränkt gewesen.
Daraufhin hat die Beklagte der Klägerin, unter Hinweis auf den Widerspruch als statthaften Rechtsbehelf, mit Bescheid vom 7. Oktober 2016 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v. H. ab 12. März 2015 gewährt, mittlerweile in Höhe von mehr als 350 EUR monatlich. Den Nachzahlungsbetrag hat sie unter Anrechnung des Vorschusses und einer vorläufigen Rentenzahlung mit 3.832,77 EUR beziffert.
Im Verfahren AZ. ist die Klage vom SG F. mit Gerichtsbescheid vom 30. März 2017 abgewiesen worden. Sie sei inhaltlich unzulässig. Ein ausdrücklicher Klageantrag sei nicht gestellt worden. Soweit nach Auslegung ein höherer als der bewilligte Vorschuss begehrt werde, sei die Klage unzulässig. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil sich mit der gewährten Verletztenrente der den Vorschuss regelnde Verwaltungsakt erledigt habe. Dieser sei nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er den angefochtenen Bescheid weder geändert noch ersetzt habe. Bei der verfolgten höheren Rentengewährung handele es sich um eine unzulässige Klageänderung. Diese sei weder sachdienlich noch lägen die Sachentscheidungsvoraussetzungen vor. Denn das Widerspruchsverfahren sei noch nicht beendet.
Gegen die der Klägerin am 1. April 2017 mittels Postzustellungsurkunde zugestellte Entscheidung hat sie am 2. Mai 2017 beim Landessozialgericht (LSG) B. die gegenständliche Berufung eingelegt.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren wegen der abgelehnten Feststellung eines Rechts auf Rente nach einer höheren MdE als 30 v. H. (Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2017) hat sie Klage beim SG F. erhoben (Az. AZ.), über die noch nicht entschieden worden ist. Aktuell ist Prof. Dr. C., Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Klinikums M. in B., mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt worden, welches noch nicht vorliegt.
Ein im Juli 2016 angestrengtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren wegen der vorläufigen Gewährung einer höheren als der bewilligten Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 ist beim SG F. im Verfahren AZ. erfolglos verlaufen (Beschluss vom 30. März 2017). Die Beschwerde hat das LSG B. im Verfahren AZ. mit Beschluss vom 19. Juni 2017 zurückgewiesen. Im August 2017 hat sie beim SG F. abermals begehrt, ihr wegen der Folgen dieses Versicherungsfalls vorläufig Verletztenrente nach einer höheren als der bereits zugestandenen MdE zu gewähren und auf die Verletzung eines paarigen Organs hingewiesen, weil ihre rechte Schulter vorgeschädigt sei. Prof. Dr. V. habe in seinem Gutachten von Februar 2015 bereits eine MdE von 40 v. H. befürwortet. Das SG F. hat den Antrag mit Beschluss vom 17. August 2017 abgelehnt. Es spreche einiges dafür, dass die Folgen des Ereignisses vom 12. September 2013 mit einer MdE von 30 v. H. zutreffend bewertet seien. Insbesondere könne die Klägerin die rechte Schulter immerhin bis 90° vorheben, also einhändig in Schulterhöhe arbeiten. Die linke Hand könne in Höhe des Schreibtisches in Arbeitsposition gebracht werden. Eine höhere MdE sei daher wohl nicht gerechtfertigt. Zudem fehle es am Anordnungsgrund. Die Beschwerde hat das LSG B. im Verfahren AZ. mit Beschluss vom 26. September 2017 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. V. sei ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden. Sie sei wegen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 nicht mehr in der Lage zu arbeiten und seither arbeitsunfähig erkrankt. Obwohl sie zu 100 % erwerbsunfähig sei, werde ihr von der Beklagten bislang nur ein Recht auf Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. eingeräumt. Auf dieser Grundlage sei ihr ein nur unzureichender Vorschuss bewilligt worden.
Sie beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 30. März 2017 aufzuheben, den Bescheid vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 und den Bescheid vom 7. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2017 teilweise aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 einen höheren Vorschuss und eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, das Rechtsmittel habe keinen Erfolg.
Am 18. Januar 2018 gegen 10:30 Uhr hat sie der Geschäftsstelle des Senats telefonisch mitgeteilt, krankgeschrieben und nicht reisefähig zu sein. Wegen der Unfallfolgen müsse sie erneut operiert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der Akten AZ., AZ. und AZ., sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Ordner) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin aufgrund der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2018 über ihre Berufung entscheiden, da ordnungsgemäß zum Termin geladen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 1 SGG). Mit der Terminsmitteilung wurde sie darüber unterrichtet, dass im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat am Sitzungstag zwar telefonisch mitgeteilt, den Termin krankheitsbedingt nicht wahrzunehmen zu können, aber nicht um dessen Verlegung nachgesucht.
Die Berufung der Klägerin ist einen Tag nach dem 1. Mai 2017 als gesetzlichem Feiertag (§ 1 Feiertagsgesetz - FTG) form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 3 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG). Sie ist hinsichtlich der erstrebten höheren Verletztenrente im Sinne der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das SG F. begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG F. vom 30. März 2017, mit dem nach Auslegung (§ 123 SGG) die als jeweils kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher die Klägerin unter jeweils teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung eines höheren Vorschusses und des Bescheides vom 7. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2017 deren Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 begehrt hat, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die Klageart der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche vorliegend am 18. Januar 2018 stattfand.
Die Berufung ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das SG F. begründet, soweit die Klägerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 7. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2017 die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 verfolgt.
Das LSG kann nach § 159 Abs. 1 SGG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Nr. 1), das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (Nr. 2). Das SG hat die rechtliche Beurteilung, welche der Aufhebung zugrunde gelegt ist, gemäß § 159 Abs. 2 SGG seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Vorliegend findet § 159 Abs. 1 SGG Anwendung, da das SG F., bezogen auf die begehrte höhere Verletztenrente, zu Unrecht nicht in der Sache entschieden hat (vgl. Keller, a. a. O., § 159 Rz. 2a). Denn der nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 und nach Klageerhebung ergangene Verwaltungsakt vom 7. Oktober 2016, mit dem ein Recht der Klägerin auf Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ab 12. März 2015 festgestellt worden ist, hat den angefochtenen Verwaltungsakt vom 2. März 2016, mit dem ihr ein Vorschuss auf diese Leistung ab März 2016 bewilligt worden war, ersetzt (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 96 Rz. 4 ff.) und ist entgegen der Auffassung des SG F. und der Beklagten gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Mit dem Bescheid vom 2. März 2016 wurde unter der Voraussetzung, dass ein Anspruch auf eine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I), ein vorläufiger Zustand geregelt (vgl. Gutzler, in: BeckOK SozR-SGB I, Stand: September 2017, § 42 Rz. 1). Damit ist der Regelungsgegenstand des späteren Verwaltungsaktes mit demjenigen des früheren identisch. Die die endgültige Leistung bestimmende Verwaltungsentscheidung hat auch den Zeitraum erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 21/97 -, BSGE 81, 213 (214)), für welchen mit der vorschussweise bewilligten Geldleistung die wirtschaftliche Existenz gesichert werden sollte (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: September 2017, § 42 SGB I, Rz. 2). Unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten an einer möglichst raschen Sachentscheidung einerseits und dem Verlust einer vollen Instanz andererseits hat der Senat von Amts wegen nach Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 5) den Rechtsstreit insoweit an das SG F. zurückverwiesen. In dem wiedereröffneten Verfahren kann es das im noch anhängigen mit dem Az. AZ., in welchem die Klage unter Berücksichtigung der dargelegten Auffassung des Senats wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 - B 4 AS 4/16 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 27, Rz. 20), eingeholte Gutachten von Prof. Dr. C. als Sachverständigenbeweis verwerten (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a Zivilprozessordnung - ZPO). Hierdurch wird den Beteiligten eine weitere Tatsacheninstanz erhalten, ohne dass die Verfahrensdauer eine andere Entscheidung gebot.
Die auf die Verurteilung der Beklagen zur Bewilligung eines höheren Vorschusses hinsichtlich eines dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage ist unzulässig und die Berufung insoweit unbegründet, da sich der angefochtene Verwaltungsakt vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 mit Erlass des Bescheides vom 7. Oktober 2016 auf andere Weise erledigt hat (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Mit dieser Verwaltungsentscheidung wurde der Klägerin endgültig ein Recht auf Rente nach einer MdE von 30 v. H. ab 12. März 2015 eingeräumt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. Mai 1996 - 7 RAr 36/95 -, SozR 3-4100 § 112 Nr. 28, S. 127; Seewald, a. a. O., § 39 SGB X, Rz. 26). Die Anfechtungsklage ist ab diesem Zeitpunkt unzulässig gewesen, da es nunmehr an der Klagebefugnis im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG und nicht erst am Rechtsschutzbedürfnis, wie vom SG F. angenommen, gefehlt hat. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An ihr fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteile vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130) und vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Die Klagebefugnis für eine mit einer Leistungsklage kombinierte Anfechtungsklage besteht nur, wenn die Betroffenen behaupten können, durch den angefochtenen, von ihnen als rechtswidrig angesehenen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil sie auf die Leistung einen Rechtsanspruch haben (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 19/15 R -, SozR 4-3250 § 17 Nr. 4, Rz. 14). Dies ist nicht mehr der Fall, wenn mit der Erledigung die Bindungswirkung (§ 77 SGG) entfällt und der Verwaltungsakt, wie vorliegend, auch sonst keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr entfaltet. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht diejenige der Leistungsklage nach sich.
Nach alledem war auf die Berufung die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit, soweit er eine höhere Verletztenrente betrifft, an das SG F. zurückzuverweisen; im Übrigen war das Rechtsmittel hinsichtlich des teilbaren, den Vorschuss betreffenden Streitgegenstandes (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. Juli 2017 - B 1 KR 1/17 R -, juris, Rz. 8; Keller, a. a. O., § 159 Rz. 5d) zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem SG F. vorbehalten.
Die Revision war, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 die Bewilligung eines höheren Vorschusses und die Gewährung einer höheren Verletztenrente.
Sie wurde 1956 in der ungarischen Hauptstadt B. geboren und arbeitete seit Mai 2006 als Taxifahrerin bei T. in F ... Wegen eines Arbeitsunfalls am 23. August 2008, bei dem sie sich einen Bruch des Olecranon, des proximalen Endes der Elle, und eine ebenfalls körpernahe Fraktur des Humerus, des Oberarmknochens, jeweils rechts, zuzog, gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2011 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit in Höhe der bislang bewilligten Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.), anfangs in Höhe von monatlich etwa 200 EUR und mittlerweile annähernd 225 EUR je Monat. Zudem bezieht sie von der D. seit April 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, aktuell in Höhe von nicht ganz 250 EUR. Der Träger der Versorgungsverwaltung stellte bei ihr den Grad der Behinderung mit 70 sowie die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche "G" und "B" fest.
Am 12. September 2013 erlitt sie bei einem weiteren Arbeitsunfall, als sie auf dem nassen Parkplatz des Taxistandes ausgerutscht und gestürzt war, eine Luxationsfraktur des linken Humeruskopfes, einen Impressionsbruch des lateralen Tibiakopfes, des körperfernen Teils des Schienbeines, und eine nicht dislozierte Fraktur des Grundgliedes D IV der rechten Hand. Deswegen bezog sie anfangs Verletztengeld, welches die K. K., wo sie gegen Krankheit gesetzlich versichert war, im Auftrag der Beklagten auszahlte. Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 hob diese der Sache nach das Recht auf Verletztengeld ab 12. März 2015 auf. Das deswegen beim Sozialgericht (SG) F. geführte Klageverfahren S 13 U 4754/15 endete durch Klagerücknahme.
Mit Bescheid vom 2. März 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin bis auf Weiteres einen Vorschuss in Höhe von monatlich 250 EUR hinsichtlich eines dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Ereignisses vom 12. September 2013. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2016 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 22. Juli 2016 beim SG F. Klage erhoben, welche mit dem Aktenzeichen (Az.) AZ. geführt worden ist. Der Widerspruchsbescheid sei ihr am 24. Juni 2016 zugegangen.
Im Auftrag der Beklagten hat Prof. Dr. S., Chefarzt des Klinikums für Chirurgie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Kindertraumatologie des St. J. in F., ein Gutachten erstattet. Nach der ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin im August 2016 hat er narbige Veränderungen im Bereich des linken Schultergelenkes, radiologische Veränderungen in dieser Körperregion und im Bereich des rechten Kniegelenkes und des vierten Fingers rechts, eine Funktionseinschränkung, ein Kraftdefizit und eine verminderte Einsetzbarkeit der linken oberen Extremität durch eine Funktionsstörung im linken Schultergelenk sowie Bewegungs- und Belastungseinschränkungen im rechten Kniegelenk festgestellt, welche er auf das Unfallereignis vom 12. September 2013 zurückgeführt hat. Im Bereich der Oberarme habe sich eine Atrophie des Musculus deltoideus gezeigt. Die MdE schätze er auf 30 v. H. Eine höhere sei indes nicht begründbar. Die Klägerin bringe die unfallunabhängige Vorerkrankung einer seronegativen rheumatoiden Arthritis mit dem Ereignis in Verbindung, was ihm nicht plausibel erscheine. Daher könnten die Bewegungseinschränkungen und die Schmerzen im Bereich des Ellenbogengelenkes links und der Handgelenke ob initial fehlender Verletzungsfolgen nicht direkt auf den Unfall zurückgeführt werden. Die Funktionsprüfung des linken Schultergelenkes habe eine deutliche Bewegungseinschränkung belegt. Linksseitig seien die Abduktion bis 30° und die Anteversion bis 40° möglich gewesen. Die Innen- und Außenrotation sei jeweils eingeschränkt gewesen.
Daraufhin hat die Beklagte der Klägerin, unter Hinweis auf den Widerspruch als statthaften Rechtsbehelf, mit Bescheid vom 7. Oktober 2016 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v. H. ab 12. März 2015 gewährt, mittlerweile in Höhe von mehr als 350 EUR monatlich. Den Nachzahlungsbetrag hat sie unter Anrechnung des Vorschusses und einer vorläufigen Rentenzahlung mit 3.832,77 EUR beziffert.
Im Verfahren AZ. ist die Klage vom SG F. mit Gerichtsbescheid vom 30. März 2017 abgewiesen worden. Sie sei inhaltlich unzulässig. Ein ausdrücklicher Klageantrag sei nicht gestellt worden. Soweit nach Auslegung ein höherer als der bewilligte Vorschuss begehrt werde, sei die Klage unzulässig. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil sich mit der gewährten Verletztenrente der den Vorschuss regelnde Verwaltungsakt erledigt habe. Dieser sei nicht gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er den angefochtenen Bescheid weder geändert noch ersetzt habe. Bei der verfolgten höheren Rentengewährung handele es sich um eine unzulässige Klageänderung. Diese sei weder sachdienlich noch lägen die Sachentscheidungsvoraussetzungen vor. Denn das Widerspruchsverfahren sei noch nicht beendet.
Gegen die der Klägerin am 1. April 2017 mittels Postzustellungsurkunde zugestellte Entscheidung hat sie am 2. Mai 2017 beim Landessozialgericht (LSG) B. die gegenständliche Berufung eingelegt.
Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren wegen der abgelehnten Feststellung eines Rechts auf Rente nach einer höheren MdE als 30 v. H. (Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2017) hat sie Klage beim SG F. erhoben (Az. AZ.), über die noch nicht entschieden worden ist. Aktuell ist Prof. Dr. C., Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Klinikums M. in B., mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt worden, welches noch nicht vorliegt.
Ein im Juli 2016 angestrengtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren wegen der vorläufigen Gewährung einer höheren als der bewilligten Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 ist beim SG F. im Verfahren AZ. erfolglos verlaufen (Beschluss vom 30. März 2017). Die Beschwerde hat das LSG B. im Verfahren AZ. mit Beschluss vom 19. Juni 2017 zurückgewiesen. Im August 2017 hat sie beim SG F. abermals begehrt, ihr wegen der Folgen dieses Versicherungsfalls vorläufig Verletztenrente nach einer höheren als der bereits zugestandenen MdE zu gewähren und auf die Verletzung eines paarigen Organs hingewiesen, weil ihre rechte Schulter vorgeschädigt sei. Prof. Dr. V. habe in seinem Gutachten von Februar 2015 bereits eine MdE von 40 v. H. befürwortet. Das SG F. hat den Antrag mit Beschluss vom 17. August 2017 abgelehnt. Es spreche einiges dafür, dass die Folgen des Ereignisses vom 12. September 2013 mit einer MdE von 30 v. H. zutreffend bewertet seien. Insbesondere könne die Klägerin die rechte Schulter immerhin bis 90° vorheben, also einhändig in Schulterhöhe arbeiten. Die linke Hand könne in Höhe des Schreibtisches in Arbeitsposition gebracht werden. Eine höhere MdE sei daher wohl nicht gerechtfertigt. Zudem fehle es am Anordnungsgrund. Die Beschwerde hat das LSG B. im Verfahren AZ. mit Beschluss vom 26. September 2017 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. V. sei ihr eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden. Sie sei wegen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 nicht mehr in der Lage zu arbeiten und seither arbeitsunfähig erkrankt. Obwohl sie zu 100 % erwerbsunfähig sei, werde ihr von der Beklagten bislang nur ein Recht auf Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. eingeräumt. Auf dieser Grundlage sei ihr ein nur unzureichender Vorschuss bewilligt worden.
Sie beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 30. März 2017 aufzuheben, den Bescheid vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 und den Bescheid vom 7. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2017 teilweise aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 einen höheren Vorschuss und eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor, das Rechtsmittel habe keinen Erfolg.
Am 18. Januar 2018 gegen 10:30 Uhr hat sie der Geschäftsstelle des Senats telefonisch mitgeteilt, krankgeschrieben und nicht reisefähig zu sein. Wegen der Unfallfolgen müsse sie erneut operiert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der Akten AZ., AZ. und AZ., sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Ordner) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin aufgrund der mündlichen Verhandlung am 18. Januar 2018 über ihre Berufung entscheiden, da ordnungsgemäß zum Termin geladen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 1 SGG). Mit der Terminsmitteilung wurde sie darüber unterrichtet, dass im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat am Sitzungstag zwar telefonisch mitgeteilt, den Termin krankheitsbedingt nicht wahrzunehmen zu können, aber nicht um dessen Verlegung nachgesucht.
Die Berufung der Klägerin ist einen Tag nach dem 1. Mai 2017 als gesetzlichem Feiertag (§ 1 Feiertagsgesetz - FTG) form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 3 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG). Sie ist hinsichtlich der erstrebten höheren Verletztenrente im Sinne der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das SG F. begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG F. vom 30. März 2017, mit dem nach Auslegung (§ 123 SGG) die als jeweils kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher die Klägerin unter jeweils teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung eines höheren Vorschusses und des Bescheides vom 7. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2017 deren Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 begehrt hat, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die Klageart der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche vorliegend am 18. Januar 2018 stattfand.
Die Berufung ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das SG F. begründet, soweit die Klägerin unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 7. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2017 die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 100 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 verfolgt.
Das LSG kann nach § 159 Abs. 1 SGG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das SG zurückverweisen, wenn dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (Nr. 1), das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (Nr. 2). Das SG hat die rechtliche Beurteilung, welche der Aufhebung zugrunde gelegt ist, gemäß § 159 Abs. 2 SGG seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Vorliegend findet § 159 Abs. 1 SGG Anwendung, da das SG F., bezogen auf die begehrte höhere Verletztenrente, zu Unrecht nicht in der Sache entschieden hat (vgl. Keller, a. a. O., § 159 Rz. 2a). Denn der nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 und nach Klageerhebung ergangene Verwaltungsakt vom 7. Oktober 2016, mit dem ein Recht der Klägerin auf Verletztenrente nach einer MdE von 30 v. H. ab 12. März 2015 festgestellt worden ist, hat den angefochtenen Verwaltungsakt vom 2. März 2016, mit dem ihr ein Vorschuss auf diese Leistung ab März 2016 bewilligt worden war, ersetzt (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a. a. O., § 96 Rz. 4 ff.) und ist entgegen der Auffassung des SG F. und der Beklagten gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Mit dem Bescheid vom 2. März 2016 wurde unter der Voraussetzung, dass ein Anspruch auf eine Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. September 2013 dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I), ein vorläufiger Zustand geregelt (vgl. Gutzler, in: BeckOK SozR-SGB I, Stand: September 2017, § 42 Rz. 1). Damit ist der Regelungsgegenstand des späteren Verwaltungsaktes mit demjenigen des früheren identisch. Die die endgültige Leistung bestimmende Verwaltungsentscheidung hat auch den Zeitraum erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RKa 21/97 -, BSGE 81, 213 (214)), für welchen mit der vorschussweise bewilligten Geldleistung die wirtschaftliche Existenz gesichert werden sollte (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: September 2017, § 42 SGB I, Rz. 2). Unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten an einer möglichst raschen Sachentscheidung einerseits und dem Verlust einer vollen Instanz andererseits hat der Senat von Amts wegen nach Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 5) den Rechtsstreit insoweit an das SG F. zurückverwiesen. In dem wiedereröffneten Verfahren kann es das im noch anhängigen mit dem Az. AZ., in welchem die Klage unter Berücksichtigung der dargelegten Auffassung des Senats wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2016 - B 4 AS 4/16 R -, SozR 4-4200 § 12 Nr. 27, Rz. 20), eingeholte Gutachten von Prof. Dr. C. als Sachverständigenbeweis verwerten (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a Zivilprozessordnung - ZPO). Hierdurch wird den Beteiligten eine weitere Tatsacheninstanz erhalten, ohne dass die Verfahrensdauer eine andere Entscheidung gebot.
Die auf die Verurteilung der Beklagen zur Bewilligung eines höheren Vorschusses hinsichtlich eines dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage ist unzulässig und die Berufung insoweit unbegründet, da sich der angefochtene Verwaltungsakt vom 2. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 mit Erlass des Bescheides vom 7. Oktober 2016 auf andere Weise erledigt hat (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Mit dieser Verwaltungsentscheidung wurde der Klägerin endgültig ein Recht auf Rente nach einer MdE von 30 v. H. ab 12. März 2015 eingeräumt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. Mai 1996 - 7 RAr 36/95 -, SozR 3-4100 § 112 Nr. 28, S. 127; Seewald, a. a. O., § 39 SGB X, Rz. 26). Die Anfechtungsklage ist ab diesem Zeitpunkt unzulässig gewesen, da es nunmehr an der Klagebefugnis im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG und nicht erst am Rechtsschutzbedürfnis, wie vom SG F. angenommen, gefehlt hat. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An ihr fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteile vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130) und vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Die Klagebefugnis für eine mit einer Leistungsklage kombinierte Anfechtungsklage besteht nur, wenn die Betroffenen behaupten können, durch den angefochtenen, von ihnen als rechtswidrig angesehenen Verwaltungsakt beschwert zu sein, weil sie auf die Leistung einen Rechtsanspruch haben (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 19/15 R -, SozR 4-3250 § 17 Nr. 4, Rz. 14). Dies ist nicht mehr der Fall, wenn mit der Erledigung die Bindungswirkung (§ 77 SGG) entfällt und der Verwaltungsakt, wie vorliegend, auch sonst keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr entfaltet. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht diejenige der Leistungsklage nach sich.
Nach alledem war auf die Berufung die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit, soweit er eine höhere Verletztenrente betrifft, an das SG F. zurückzuverweisen; im Übrigen war das Rechtsmittel hinsichtlich des teilbaren, den Vorschuss betreffenden Streitgegenstandes (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. Juli 2017 - B 1 KR 1/17 R -, juris, Rz. 8; Keller, a. a. O., § 159 Rz. 5d) zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem SG F. vorbehalten.
Die Revision war, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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