Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 443/15 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Sofern die Voraussetzungen nach § 105 Abs. 1 SGG vorliegen und die Beteiligten zuvor angehört wurden, darf ein Landessozialgericht im Rahmen seiner erstinstanzlichen Zuständigkeit nach § 29 Abs. 2 bis 4 SGG zum Mittel des Gerichtsbescheides greifen.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der im Jahre 1961 geborene Antragsteller ist bei der DAK krankenversichert. Er leidet unter Diabetes mellitus und hat das Ziel verfolgt, von seiner Krankenkasse mit einem vertragsärztlich verordneten CGM Starterset MiniMed 640g versorgt zu werden. Mit dem CGMS ("Continuous Glucosemonitoring System") wird eine kontinuierliche Messung des Blutzuckergehalts im Unterhautfettgewebe vorgenommen.
Im Juli 2015 lehnte die DAK die Übernahme der Kosten für das CGM Starterset ab, weil es sich bei dem CGMS um eine außervertragliche Behandlungsmethode handele, die der Beklagte, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), noch nicht anerkannt habe. Ein dagegen vom Kläger geführtes Klageverfahren hatte keinen Erfolg (zuletzt Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 2016, L 4 KR 5071/15).
Bereits am 25. August 2015 hat der Kläger die vorliegende Klage gegen den GBA mit dem Ziel erhoben, diesen zu verpflichten, eine positive Empfehlung für das CGMS abzugeben.
Mit Beschluss vom 16. Juni 2016 (in Kraft seit 6. September 2016) hat der GBA die Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung geändert, indem er die Anlage I (Methoden, die als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen) um folgende Nr. 20 erweitert hat:
"20. Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus"
Hierauf hat die Beigeladene die Kosten für das vom Kläger begehrte CGM Starterset MiniMed 640g übernommen.
Der Kläger hält an seiner Klage fest und wertet das Verhalten des Beklagten als Anerkenntnis, weshalb ein Anerkenntnisurteil ergehen müsse. Sein Klageziel sei zwar erreicht. Offen bleibe aber die Frage, ob ein Versicherter den GBA verklagen dürfe; seines Erachtens gebe es ein Klagerecht von Versicherten wie ihm, denn die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung dürften nicht rechtsschutzlos dastehen. Zudem sei der Beklagte zur Erstattung von Verfahrenskosten in Höhe von 20,- Euro verpflichtet.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
festzustellen, dass die Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse ein Klagerecht gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss haben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sei unzulässig und auch unbegründet.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass für seine Begehren nach dem Prozessrecht kein Raum bestehe und ihn mit Schreiben vom 20. Januar 2017 zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides angehört.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beigeladenen Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat darf über die Klage nach Anhörung des Klägers durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Da der Senat nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 SGG erstinstanzlich entscheidet, darf er vom Mittel des Gerichtsbescheides Gebrauch machen, denn § 105 SGG betrifft erstinstanzliche Entscheidungen, während die Einschränkung nach § 153 Abs. 1 SGG nur für Berufungsverfahren greift (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 4 zu § 105).
Die Klage ist unzulässig.
Das ursprünglich vom Kläger verfolgte Begehren hat sich nach Klageerhebung erledigt, denn der Beklagte hat die kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus durch seinen Beschluss vom 16. Juni 2016 in den Kreis derjenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgenommen, die als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen.
Für den Erlass eines "Anerkenntnisurteils" ist danach kein Raum. Der Beklagte hat durch seinen Beschluss vom 16. Juni 2016 kein Anerkenntnis im Rechtssinne abgegeben, denn er hat nicht zugestanden, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 20 zu § 101), sondern den Katalog der zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbaren Leistungen im Wege der Normgebung unabhängig vom vorliegenden Klageverfahren erweitert.
Soweit der Kläger festgestellt sehen will, dass Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse ein Klagerecht gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss haben, fehlt es an einem Feststellungsinteresse im Sinne von § 55 Abs. 1, 2. Halbs. SGG. Denn damit ist eine abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen, die keinen Bezug zu den schützenswerten subjektiven Rechten des Klägers hat. Eine Popularklage ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 3 zu § 55). Nachdem sich die Hauptsache durch den den Kläger begünstigenden Beschluss des Beklagten vom 16. Juni 2016 erledigt hat, hat der Kläger kein schützenswertes Recht mehr auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage.
Soweit der Kläger schließlich die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 20,- Euro begehrt, mangelt es an einer Klagebefugnis, denn eine Anspruchsgrundlage hierfür ist schlechthin nicht ersichtlich. Die Erstattung von "Verfahrenskosten" richtet sich zudem nach der im Tenor enthaltenen Kostenentscheidung; diese hätte nur dann zu Gunsten des Klägers ausfallen können, wenn er eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben hätte.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Der im Jahre 1961 geborene Antragsteller ist bei der DAK krankenversichert. Er leidet unter Diabetes mellitus und hat das Ziel verfolgt, von seiner Krankenkasse mit einem vertragsärztlich verordneten CGM Starterset MiniMed 640g versorgt zu werden. Mit dem CGMS ("Continuous Glucosemonitoring System") wird eine kontinuierliche Messung des Blutzuckergehalts im Unterhautfettgewebe vorgenommen.
Im Juli 2015 lehnte die DAK die Übernahme der Kosten für das CGM Starterset ab, weil es sich bei dem CGMS um eine außervertragliche Behandlungsmethode handele, die der Beklagte, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), noch nicht anerkannt habe. Ein dagegen vom Kläger geführtes Klageverfahren hatte keinen Erfolg (zuletzt Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. März 2016, L 4 KR 5071/15).
Bereits am 25. August 2015 hat der Kläger die vorliegende Klage gegen den GBA mit dem Ziel erhoben, diesen zu verpflichten, eine positive Empfehlung für das CGMS abzugeben.
Mit Beschluss vom 16. Juni 2016 (in Kraft seit 6. September 2016) hat der GBA die Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung geändert, indem er die Anlage I (Methoden, die als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen) um folgende Nr. 20 erweitert hat:
"20. Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus"
Hierauf hat die Beigeladene die Kosten für das vom Kläger begehrte CGM Starterset MiniMed 640g übernommen.
Der Kläger hält an seiner Klage fest und wertet das Verhalten des Beklagten als Anerkenntnis, weshalb ein Anerkenntnisurteil ergehen müsse. Sein Klageziel sei zwar erreicht. Offen bleibe aber die Frage, ob ein Versicherter den GBA verklagen dürfe; seines Erachtens gebe es ein Klagerecht von Versicherten wie ihm, denn die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung dürften nicht rechtsschutzlos dastehen. Zudem sei der Beklagte zur Erstattung von Verfahrenskosten in Höhe von 20,- Euro verpflichtet.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
festzustellen, dass die Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse ein Klagerecht gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss haben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sei unzulässig und auch unbegründet.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Senat hat den Kläger darauf hingewiesen, dass für seine Begehren nach dem Prozessrecht kein Raum bestehe und ihn mit Schreiben vom 20. Januar 2017 zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides angehört.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beigeladenen Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat darf über die Klage nach Anhörung des Klägers durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Da der Senat nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 SGG erstinstanzlich entscheidet, darf er vom Mittel des Gerichtsbescheides Gebrauch machen, denn § 105 SGG betrifft erstinstanzliche Entscheidungen, während die Einschränkung nach § 153 Abs. 1 SGG nur für Berufungsverfahren greift (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 4 zu § 105).
Die Klage ist unzulässig.
Das ursprünglich vom Kläger verfolgte Begehren hat sich nach Klageerhebung erledigt, denn der Beklagte hat die kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten zur Therapiesteuerung bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus durch seinen Beschluss vom 16. Juni 2016 in den Kreis derjenigen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgenommen, die als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen.
Für den Erlass eines "Anerkenntnisurteils" ist danach kein Raum. Der Beklagte hat durch seinen Beschluss vom 16. Juni 2016 kein Anerkenntnis im Rechtssinne abgegeben, denn er hat nicht zugestanden, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 20 zu § 101), sondern den Katalog der zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbaren Leistungen im Wege der Normgebung unabhängig vom vorliegenden Klageverfahren erweitert.
Soweit der Kläger festgestellt sehen will, dass Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse ein Klagerecht gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss haben, fehlt es an einem Feststellungsinteresse im Sinne von § 55 Abs. 1, 2. Halbs. SGG. Denn damit ist eine abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen, die keinen Bezug zu den schützenswerten subjektiven Rechten des Klägers hat. Eine Popularklage ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, Rdnr. 3 zu § 55). Nachdem sich die Hauptsache durch den den Kläger begünstigenden Beschluss des Beklagten vom 16. Juni 2016 erledigt hat, hat der Kläger kein schützenswertes Recht mehr auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage.
Soweit der Kläger schließlich die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 20,- Euro begehrt, mangelt es an einer Klagebefugnis, denn eine Anspruchsgrundlage hierfür ist schlechthin nicht ersichtlich. Die Erstattung von "Verfahrenskosten" richtet sich zudem nach der im Tenor enthaltenen Kostenentscheidung; diese hätte nur dann zu Gunsten des Klägers ausfallen können, wenn er eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben hätte.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved