L 1 SF 1028/15 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 11 SF 96/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 1028/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 14. Juli 2015 wird zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Meiningen anhängig gewesene Verfahren (S 23 AS 2259/09) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2.

Die Klägerinnen hatten sich mit der am 4. September 2009 erhobenen Klage gegen einen Bescheid der Beklagten vom 12. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2009 gewandt und im Wesentlichen die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft begehrt. Zur Begründung führten sie aus, die Beklagte erkenne lediglich Mietkosten in Höhe von 460,98 Euro an, obwohl die tatsächlichen Kosten für die Wohnung mindestens 585,00 Euro betragen. Beim Einzug in beide Wohnungen habe die Bedarfsgemeinschaft nicht im Leistungsbezug der Beklagten gestanden. Mit Beschluss vom 9. März 2010, berichtigt durch Beschluss vom 12. April 2010, bewilligte das SG den Klägerinnen Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit einer weiteren unter dem 4. September 2009 erhobenen Klage (S 23 AS 2258/09) hatten sich die Klägerinnen mit einem - außer dem angegebenen Geschäftszeichen - identischen Schriftsatz gegen die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft gewandt. Den Klägerinnen wurde PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt. Auch in der weiteren am 4. September 2009 eingegangenen Klage (S 23 AS 2257/09) ging es um die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 585,00 Euro. Im Erörterungstermin am 12. April 2010, der von 14:05 Uhr bis 15:47 Uhr dauerte, verhandelte das SG außer den oben genannten Rechtsstreitigkeiten drei weitere Rechtsstreitigkeiten der Klägerinnen. Sie schlossen in den Rechtsstreitigkeiten S 23 AS 2257/09, S 23 AS 2258/09 und S 23 AS 2259/09 einen Vergleich dahingehend, dass für die Zeiträume Februar 2008 bis Oktober 2009 keine gegenseitigen Ansprüche und Rückforderungen bezüglich der Kosten der Unterkunft und der Regelleistungen bestehen. Die Beklagte erklärte sich zur Übernahme der notwendigen Auslagen in Höhe von 80 v.H. bereit.

In dem Klageverfahren S 23 AS 2258/09 hatte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit Beschluss vom 8. Juni 2010 die Vergütung des Beschwerdeführers auf 387,34 Euro festgesetzt (beantragt: 836,81 Euro); in dem Klageverfahren S 23 AS 2257/09 die beantragte Vergütung in Höhe von 836,81 Euro ausgezahlt. Am 21. April 2010 beantragte der Beschwerdeführer im Klageverfahren S 25 AS 2259/09 die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Erhöhungsgebühr 1 Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 200,00 Euro Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 52,20 Euro Tages- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 703,20 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 133,61 Euro

Summe 836,81 Euro

Die (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 20. März 2013 die zu zahlende Vergütung auf 717,80 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG: 170,00 Euro, ein weiterer Auftraggeber Nr. 1008 VV-RVG 51,00 Euro, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 52,20 Euro, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG: 114,60 Euro) fest. Die Terminsgebühr sei in Höhe von 100,00 EUR festzusetzen, weil die hier durchgeführte Verhandlung von ca. 17 Minuten nicht die Festsetzung der Mittelgebühr rechtfertige.

Dagegen hat der Beschwerdegegner am 17. Juni 2014 Erinnerung eingelegt und die Festsetzung der Vergütung auf 387,35 Euro beantragt. In dem Verfahren S 23 AS 2257/09 sei hin-sichtlich der Verfahrens- und Einigungsgebühr jeweils die Mittelgebühr angesetzt worden. Aufgrund der Synergieeffekte, die sich durch die gleichzeitige Bearbeitung der Verfahren ergeben hätten erscheine nur die Festsetzung der hälftigen Mittelgebühr für die Verfahrens- und Einigungsgebühr in diesem Verfahren gerechtfertigt. Die Terminsgebühr sei ebenfalls mit der hälftigen Mittelgebühr festzusetzen. In dem 102 Minuten dauernden Termin seien insgesamt sechs Verfahren verhandelt worden, sodass sich pro Verfahren eine Terminsdauer von 17 Minuten ergebe. Dies sei für ein Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit unterdurchschnittlich. Abzusetzen seien die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld, weil diese bereits im Verfahren S 23 AS 2257/09 festgesetzt wurden. Sie seien nur einmal entstanden und deshalb auch nur einmal erstattungsfähig.

Mit Beschluss vom 14. Juli 2015 hat das SG die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 387,35 Euro festgesetzt. Die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG sei in Höhe von 85,00 Euro festzusetzen. Der Umfang der Tätigkeit sei aufgrund der Synergieeffekte sehr gering gewesen. Die Begründung der Klage habe sich auf eine Seite erstreckt. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen sei überdurchschnittlich gewesen, die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit allenfalls durchschnittlich. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin seien unterdurchschnittlich. Die Gebühr sei nach Nr. 1008 VV-RVG für einen weiteren Auftraggeber um 25,50 Euro zu erhöhen. Hinsichtlich der Terminsgebühr werde auf die Ausführungen der UdG Bezug genommen. Aus den genannten Gründen sei auch für die Einigungsgebühr nur die hälftige Mittelgebühr festzusetzen.

Gegen den am 23. Juli 2015 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am selben Tag Beschwerde eingelegt. Die Vermutung des SG, dass die Verhandlung, die dem Verfahren zu Grunde lag, lediglich 17 Minuten gedauert haben soll, sei unzutreffend. Allenfalls könne hier ein durchschnittlicher Wert für alle Verhandlungen gebildet werden. Des Weiteren sei eine Reduzierung der Gebühren, wie sie vorgenommen wurde, unzulässig. Ein Synergieeffekt könne nur eintreten, wenn konkret feststehe, dass in diesem Verfahren nicht die volle Tätigkeit entfaltet worden sei. Dies könne jedoch anhand des Protokolls nicht nachgewiesen werden, sodass davon auszugehen sei, dass in diesem Verfahren die vollen Gebühren entstanden seien, dies gelte insbesondere hinsichtlich der Terminsgebühr. Der Beschwerdegegner ist dem entgegengetreten.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 29. Juli 2015) und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis 31. Juli 2013, denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG ist offensichtlich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. August 2013 (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) erteilt.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerdefrist ist eingehalten.

Die Beschwerde ist unbegründet. Gegenstand der Überprüfung ist die gesamte Kostenfestset-zung (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 15. April 2015 - Az.: L 6 SF 331/15 B und vom 9. Dezember 2015 - Az.: L 6 SF 1286/15 B m.w.N., nach juris).

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Die Kläger waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG); damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG).

Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spiel-raum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B, m.w.N., nach juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der an-gemessenen Gebühren.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers steht ihm die Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV-RVG nur in Höhe von 1/2 der Mittelgebühr (= 85,00 Euro -vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 RVG) zu; sie ist nach Nr. 1008 VV-RVG um 30 v.H. für einen weiteren Auftraggeber (25,50 Euro) zu erhöhen. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vergütung in Höhe von 170,00 Euro (Erhöhungsgebühr: 51,00 Euro) übersteigt den Toleranzrahmen. Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, war der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. August 2011 - L 6 SF 872/11 B, nach juris) deutlich unterdurchschnittlich. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2015 - L 6 SF 515/15 B), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste (vgl. BSG, Ur-teil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B, nach juris). Der Beschwerdeführer fertigte einen Schriftsatz, der zudem mit dem Klageschriftsatz in dem Verfahren S 23 AS 2258/09 bis auf das verwendete Geschäftszeichen identisch ist und mit dem Klageschriftsatz in dem Verfahren S 23 AS 2257/09 teilweise identisch ist. Der daraus resultierende Synergieeffekt ist zu berücksichtigen und mindert den Aufwand im Verfahren erheblich (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. Juni 2013 - L 6 SF 654/13 B m.w.N., nach juris). Auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Zu bedeutenden Rechtsproblemen, Gutachten oder medizinischen Unterlagen hatte der Beschwerdeführer nicht Stellung zu nehmen. Eine Subsumtion unter gesetzliche Regelungen hat er nicht vorgenommen. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O.). Eine besondere Bedeutung ergibt sich nicht bereits daraus, dass im Hauptsacheverfahren über Leistungen nach dem SGB II gestritten wurde, denn wesentlich ist die Höhe der geltend gemachten Ansprüche. Auch wenn der Klageantrag nicht beziffert wurde und auch nicht ersichtlich ist, für welchen Zeitraum höhere Leistungen begehrt wurden, ergibt sich aus der Klagebegründung, dass statt der gewährten Kosten der Unterkunft in Höhe von 460,98 Euro, tatsächlich 585,00 Euro begehrt wurden. Selbst wenn hier höhere Kosten für die Unterkunft nur für einen Monat streitig gewesen wären, was der Senat im Kostenverfahren nicht ermittelt, wäre die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen anzunehmen, die jedoch durch die unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse kompensiert wird (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O). Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich.

Die Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV-RVG ist in Höhe von 1/2 der Mittelgebühr (100,00 Euro) festzusetzen. Die vom Beschwerdeführer begehrte Vergütung in Höhe von 200,00 Euro übersteigt den Toleranzrahmen. Für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist die Dauer des Termins ein Kriterium. Diese ist anhand der Niederschrift für das hier maßgebliche Verfahren nicht feststellbar. In einem solchen Fall ist es angebracht und zulässig, die Gesamtdauer des Erörterungstermins durch die Anzahl der tatsächlich verhandelten Verfahren gleichmäßig zu dividieren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 2. Dezember 2015 - L 6 SF 932/15 B, nach juris). Dem schließt sich der 1. Senat an. Die damit errechnete Dauer lag mit 17 Minuten unter dem Durchschnitt. Bezüglich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen, die durch deren geringe Einkommens- und Vermögensverhältnisse kompensiert wird und des nicht ersichtlichen besonderen Haftungsrisikos wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr Bezug genommen.

Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1006, 1002 VV-RVG kann der Beschwerdeführer nicht beanspruchen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 1002, 1006 VV-RVG entsteht die Gebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt.

Die anwaltliche Mitwirkung nach Nr. 1002 VV-RVG setzt regelmäßig eine qualifizierte besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 24. November 2010 - Az.: L 6 SF 653/10 B, nach juris), denn Ziel der Erledigungsgebühr ist es, die streitvermeidende oder -beendende Tätigkeit des Rechtanwalts zu fördern und damit gerichtsentlastend zu wirken (BT-Drucks. 15/1971 S. 204). Sie liegt weder bei einer bloßen Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs vor, noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - Az.: B 1 KR 23/06; BAG, Beschluss vom 29. März 2006 - Az.: 3 AZB 69/05, beide nach juris). Der Beschwerdeführer und die Beklagte haben den Rechtsstreit S 22 AS 2259/09 am 12. April 2010 für erledigt erklärt. Unter Berücksichtigung der amtlichen Anmerkung zu Nr. 1002 VV-RVG und der genannten Grundsätze ist die Erklärung des Beschwerdeführers, auch wenn sie im Rahmen eines Vergleichs protokolliert wurde, als Klagerücknahme nach § 102 Abs. 1 SGG auszulegen. Eine Aufhebung bzw. Änderung des Bescheides vom 12. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2009 ist nicht erfolgt. Die Beklagte hat in der Rechtssache auch keinen bisher abgelehnten Verwaltungsakt erlassen, durch den sich die Rechtssache ganz oder teilweise erledigt hat. Soweit die Erklärung beinhaltet, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass keine Rückforderungen bezüglich der Kosten der Unterkunft und der Regelleistungen bestehen, waren solche Rückforderungen nicht erkennbar Gegenstand des Klageverfahrens.

Zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale (Nr. 7002 VV-RVG) und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG). Der Beschwerdeführer hat nicht in Abrede gestellt, dass ihm die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld (Nr. 7003, 7005 VV-RVG) bereits in dem Verfahren S 23 AS 2257/09) erstattet wurden. Damit errechnet sich die zustehende Vergütung wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 Euro Erhöhungsgebühr für einen weiteren Auftraggeber 25,50 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 230,50 Euro USt Nr. 7008 VV RVG 43,79 Euro

Summe 274,29 Euro

Einer Reduzierung der Gebühren auf diesen Betrag steht allerdings der Grundsatz der "reformatio in peius" entgegen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
Saved