Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 6 R 148/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 153/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 25/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.702,61 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 1.702,61 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von über den Todesmonat hinaus geleisteten Rentenzahlungen.
Die Beklagte führte das Konto Nr. xxx1 der C. C., welche am xx.xx.2012 verstorben ist. Am 30.11.2012 gingen Rentenzahlungen in Höhe von EUR 805,55 und 969,56 auf dem Konto ein, welches zu diesem Zeitpunkt ein Haben von EUR 1.690,77 aufwies. Am 04.12.2012 erlangte die Beklagte nach eigenen Angaben Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin. Am 17.01.2013, eingegangen am 29.01.2013, forderte die Klägerin die überzahlten Renten in Höhe von insgesamt EUR 1.702,61 (EUR 772,18 und 930,43 ohne KV-/PV-Beitragsanteile) von der Beklagten zurück, welche eine Zahlung unter Nennung des Verfügungsberechtigten Dr. D. C. ablehnte. Der Kontostand betrug hier nach Lastschriften, Überweisungen und Bargeldabhebungen nur noch EUR 71,14. Das Konto wurde am 07.02.2013 aufgelöst. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2013 und 05.03.2013 erneut zur Zahlung auf, was die Beklagte unter Berufung auf den Auszahlungseinwand und Verweisung auf den Verfügungsberechtigten weiterhin ablehnte.
Am 26.03.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe ab Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin keine Verfügungen mehr ausführen dürfen und verweist insbesondere auf das Urteil des BSG vom 03.06.2009 (B 5 R 120/07 R).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.702,61 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist unter Verweis auf Urteile insbesondere der Sozialgerichte Köln und München der Ansicht, sie könne sich auf den Auszahlungseinwand berufen, da es nur auf den Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsverlangens ankomme. Zu diesem Zeitpunkt sei vorliegend kein den vollen Rückforderungsbetrag deckendes Guthaben mehr vorhanden gewesen. Vorher sei die genaue Rücküberweisungspflicht bzw. der konkrete Rücküberweisungsbetrag zudem nicht bekannt. Auf eine vorherige Kenntnis der Bank komme es aufgrund des Gesetzeswortlautes, der Gesetzeshistorie angefangen bei der Vereinbarung der Spitzenverbände des Kreditgewerbes und den Renten- und Unfallversicherungsträgern, des gesetzgeberischen Willens, der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht an. Die Beklagte habe als Geldmittler verschiedene Geldausgänge zu buchen gehabt. Eine Prüfungspflicht vor jeder Buchung sei mit einem reibungslosen Giroverkehr nicht vereinbar und widerspräche der EU-Zahlungsdienstrichtlinie, wonach die Bank aus dem Kontoführungsvertrag verpflichtet sei, Zahlungsaufträge auszuführen (§ 675o Abs. 2 BGB). Bei den obiter dicta des BSG handle es sich um Fehlinterpretationen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte, die beide Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren, sowie das übrige Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Leistungsklage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.702,61 aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Die Beklagte kann sich nicht auf den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen, da sie Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin hatte.
Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, gelten nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (§ 118 Abs. 3 Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (§ 118 Abs. 3 Satz 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (§ 118 Abs. 3 Satz 4).
EUR 71,14 hätte demnach die Beklagte aus dem Restguthaben des Kontos ohne weiteres zurück überweisen können. Die Beklagte muss aber letztlich den gesamten Forderungsbetrag zurückzahlen. Das Hessische Landessozialgericht hat am 19.02.2013 in einem gleich gelagerten Fall entschieden: "Der Wortlaut der Vorschrift stellt bei der Prüfung, welche anderweitigen Verfügungen für die Haftung des Bankinstituts von Bedeutung sind, auf den Eingang des Rückforderungsbegehrens des Rentenversicherungsträgers beim Bankinstitut ab. Wie das BSG allerdings im Urteil vom 22. April 2008 (B 5a/4 R 79/06 R) ausgeführt hat, ist die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsbegehrens so zu verstehen, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts vom Tod des Leistungsberechtigten beruht, weil ein Geldinstitut bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers weiß. Der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen entfällt aber dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, so dass es ihn zu beachten in der Lage ist – wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat und zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte" (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 2013 – L 2 R 262/12).
Das BSG hat bereits am 22.04.2008 entschieden: "Bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens weiß das Geldinstitut typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zu diesem Zeitpunkt kann nur so zu verstehen sein, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts beruht. Demgegenüber spielt die materielle Verfügungsberechtigung keine Rolle, denn diese ist in der beschriebenen Situation typischerweise weder erkennbar noch besteht ein Anlass, sie zu prüfen. Andernfalls hinge der Einwand des Geldinstituts gegen eine Rücküberweisung von einem Umstand ab, der seinem Einfluss völlig entzogen ist und der es somit zufällig trifft. Nach diesen Erwägungen entfällt der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen nur dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, sodass es ihn zu beachten in der Lage ist wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat oder zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte" (B 5a/4 R 79/06 R).
Das BSG hat weiter am 03.06.2009 entschieden: "§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI belegt die Rentengutschrift mit einem gesetzlichen Vorbehalt, der die materielle Rechtswidrigkeit jeder Verfügung über den Rentenbetrag (außer der Rücküberweisung an den Rentenversicherungsträger) zur Folge hat. Solange das kontoführende Geldinstitut vom Ableben des Rentenempfängers nichts weiß, ist es jedoch nicht in der Lage, diesen Vorbehalt zu kennen und ihm entsprechend zu handeln. Auf dieser unterstellten Unkenntnis oder auch Gutgläubigkeit beruht die im Gesetz vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen, denen der Vorbehalt zwar eigentlich entgegensteht und die daher als rechtswidrig angesehen werden müssen, deren Ausführung jedoch dem Geldinstitut in dieser besonderen Situation nicht zum Nachteil gereichen darf. Die Rücküberweisungspflicht trifft das Geldinstitut nach der gesetzlichen Konzeption lediglich in seiner Funktion als Zahlungsmittler und nicht als Empfänger einer ungerechtfertigten Leistung; folgerichtig enthebt § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI das Geldinstitut von dieser Pflicht, wenn es in Unkenntnis des gesetzlichen Vorbehalts seine banküblichen Aufgaben als Zahlungsmittler wahrnimmt und die faktische Zugriffsmöglichkeit auf den Rentenbetrag endgültig verliert, indem es ihn im Rahmen anderweitiger Verfügungen an den (unberechtigten) Empfänger auszahlt bzw. an andere weiterleitet" (B 5 R 120/07 R m.w.N.).
Das Gericht schließt sich dieser überzeugenden Rechtsprechung an, auch wenn es in den vom BSG zu entscheidenden Fällen nicht um die Problematik der Kenntnis der Bank ging. Es ist nach Ansicht des Gerichts mit einem reibungslosen Giroverkehr durchaus vereinbar, mit Kenntniserlangung vom Tod des Kontoinhabers eine "Sperre" des Kontos zu vermerken und keinerlei Verfügungen mehr auszuführen bzw. maschinell ausführen zu lassen, um den Rückforderungsanspruch zu sichern. Überobligatorische Prüfungspflichten sind damit nicht verbunden, die nicht auch bei Eingang des Rückforderungsverlangens gegeben sind. Weshalb nach Ansicht der Beklagten ihre Kenntnis unschädlich sein soll, vermag nicht zu überzeugen.
Zwar stellt der Wortlaut des § 118 Abs. 3 nicht auf Kenntnis ab. In jedem Rechtsbereich schadet Kenntnis bzw. Bösgläubigkeit aber und schützt den "Täter" nicht. Weshalb für Banken andere Grundsätze gelten sollen, leuchtet nicht ein. Zumal man dann auch nicht mehr von banküblichen Geschäften bzw. Aufgaben sprechen kann (wie z. B. auch dann nicht, wenn die Bank Auszahlungen vornimmt, ohne die Verfügungsberechtigung zu prüfen). Die Praxis in der Vergangenheit war ausgehend von der Vereinbarung der Spitzenverbände wohl allein an das Rückforderungsverlangen und nicht eine Kenntnis der Bank geknüpft. Und mit dem Rentenreformgesetz 1992 wollte der Gesetzgeber an die zuvor geübte Praxis anknüpfen und diese aus rechtsstaatlichen Erwägungen auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Denn die Rücküberweisung des Rentenbetrags durch das Geldinstitut ohne Wissen und Wollen des (neuen) Kontoinhabers bedarf einer Ermächtigung, die in einem üblichen Kontoführungsvertrag nicht ohne weiteres zu finden sein dürfte. Ziel war es also, die von den Geldinstituten und Rentenversicherungsträgern vor 1992 geübte Verfahrensweise und den ihr innewohnenden typisierten Interessenausgleich zwischen Rentenversicherungsträgern und Geldinstituten verbindlich zu regeln und fortzuschreiben. Letztlich sprechen aber Sinn und Zweck und Systematik des Gesetzes nicht gegen, sondern für die hier vertretene Ansicht, wie das BSG in beiden o.g. Entscheidungen ausgeführt hat.
§ 118 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI dienen der Rückführung der überzahlten, zu Unrecht erbrachten Rentenleistung an den Rentenversicherungsträger im Sinne der Solidargemeinschaft. Auf einer ersten Stufe macht sich der Gesetzgeber den Umstand zunutze, dass die Rentenzahlung auf dem Weg zum Empfänger beim Geldinstitut noch angehalten und dem Rentenversicherungsträger schnellstmöglich zurücküberwiesen werden kann, bevor sie dem Vermögen des Erben oder eines anderen Nichtberechtigten zufließt, von dem sie (auf der zweiten Stufe) eventuell nur mit zusätzlichem Aufwand zurückzufordern ist. In beiden Stufen ist die Rückführung an den Rentenversicherungsträger der zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Geldinstitut, (neuem) Kontoinhaber und Geldempfänger vorgelagert. Die erste Stufe ist durch eine Art Schwebezustand gekennzeichnet, in dem der Rentenversicherungsträger die eigene Verfügungsbefugnis über den Rentenbetrag zwar bereits aufgegeben hat, dieser aber noch keinem Empfänger tatsächlich zugeflossen ist. Da die Rücküberweisung nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI den Vorgang der Rentenauszahlung unterbrechen soll, bevor Vermögenszuflüsse stattgefunden haben, soll auch das Vermögen des Geldinstituts unbeteiligt bleiben, was durch das in § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ausgesprochene Verbot der Befriedigung eigener Forderungen unterstrichen wird. Soweit es nicht in diesem Sinne auf eigene Rechnung handelt, wird das Geldinstitut demnach ausschließlich als Dienstleistungsunternehmen eingeschaltet, das die Aufgabe hat, Geldein- und -ausgänge für den Kontoinhaber zu buchen und ihn über die zur Verfügung stehenden Beträge auf dem Laufenden zu halten; allein in dieser Funktion als Zahlungsmittler und nicht als Empfänger einer ungerechtfertigten Leistung ist es nach der gesetzlichen Konzeption zur Rücküberweisung verpflichtet. Folgerichtig enthebt § 118 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI das Geldinstitut von dieser Pflicht, wenn es in Unkenntnis des gesetzlichen Vorbehalts seine banküblichen Aufgaben als Zahlungsmittler wahrnimmt und die faktische Zugriffsmöglichkeit auf den Rentenbetrag endgültig verliert, indem es ihn im Rahmen anderweitiger Verfügungen an den (unberechtigten) Empfänger auszahlt bzw. an andere weiterleitet (vgl. BSG vom 22.04.2008 und 03.06.2009 a.a.O.)
Deshalb wird an Stelle eines meist nur mühsam durchsetzbaren Anspruchs gegen den Erben oder einen anderen durch die rechtswidrige Leistung letzten Endes wirtschaftlich Begünstigten dem kontoführenden Geldinstitut eine vorrangige Verpflichtung auferlegt, auf den rechtswidrig geleisteten Wert zuzugreifen, weil (und solange) dieses dank der tatsächlichen Kontrolle über das Empfängerkonto dazu in der Lage ist, bevor der Rentenzahlbetrag auch faktisch in das Vermögen des Rechtsnachfolgers (oder eines anderen Empfängers) übergeht. Dabei soll das Geldinstitut weder aus der rechtswidrigen Zahlung wirtschaftliche Vorteile ziehen können noch bei ordnungsgemäßer Kontoführung wirtschaftliche Nachteile zu befürchten haben. Der letztgenannte Gesichtspunkt steht bei § 118 Abs. 3 Satz 3 Halbs 1 SGB VI im Vordergrund: Soweit das Geldinstitut vor Kenntnis des Rückforderungsverlangens und somit vor Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Rentenleistung im Rahmen banküblicher Kontoführung anderweitige Verfügungen ausgeführt hat, soll es den Ausfall des Rentenversicherungsträgers nicht (aus dem eigenen Vermögen) ersetzen müssen (vgl. BSG vom 22.04.2008 und 03.06.2009 a.a.O.)
Auch das LSG Baden-Württemberg schloss sich kürzlich der Rechtsprechung des BSG bei Kenntnis der Bank an und verwies insbesondere auf den auch für die Beklagte geltenden Vorbehalt des § 118 Abs. 3 SGB VI und die Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes.
"Bei der Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI handelt es sich, wie bereits ausgeführt, auch um eine Schutzvorschrift zugunsten des Geldinstituts. Schutzbedürftig ist dieses jedoch nur, solange es keine Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten hat. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten besteht kein Grund für einen besonderen Schutz des Geldinstituts mehr. Mit der Regelung in § 118 Abs. 3 SGB VI zieht der Gesetzgeber als maßgeblichen Zeitpunkt den Eingang des Rückforderungsverlangens heran. Grund hierfür ist, dass das Geldinstitut bis zu diesem Zeitpunkt typischerweise nichts von dem Ableben des Kontoinhabers oder vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers weiß. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zu diesem Zeitpunkt kann nur so zu verstehen sein, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts beruht. Durch § 118 Abs. 3 SGB VI wird ein Vorbehalt begründet, zu dessen Adressaten entgegen der Auffassung der Beklagten – auch die Beklagte gehört. Bei dem in § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI angeordneten Vorbehalt handelt es sich um eine gesetzliche Fiktion, die im Rahmen des unbaren Zahlungsverkehrs grundsätzlich gegenüber allen wirkt, die an Vermögensverschiebungen auf dem Konto des Versicherten beteiligt sind. Hierbei handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG augenfällig um öffentliches Sonderrecht des Staates; denn dieser Vorbehalt gilt, obwohl unter Umständen keiner der von ihm Betroffenen (Rentenversicherungsträger, Geldinstitut, Kontoinhaber) an seiner Entstehung mitgewirkt bzw. von ihr Kenntnis hat oder haben kann. Er vermittelt einer Untergliederung des Staates besondere Ansprüche sowie den betroffenen Privatrechtssubjekten hierzu besondere Lasten. Nach der gesetzlichen Konzeption entsteht der gesetzliche Vorbehalt unabhängig von der Kenntnis der Beteiligten. Wenn der in § 118 Abs. 3 SGB VI angeordnete Vorbehalt nach seinem Sinn und Zweck ausschließt, dass Vertrauen in die Wirksamkeit vorgenommener Verfügungen entsteht, und die unabhängig von der Kenntnis der Betroffenen der Fall ist, folgt hieraus zwingend, dass bei Kenntnis des Eintritts des Vorbehalts Vertrauen erst Recht nicht entstehen kann. § 118 Abs. 3 Satz 1 belegt die Rentengutschrift mit einem gesetzlichen Vorbehalt, der die materielle Rechtswidrigkeit jeder Verfügung über den Rentenbetrag (außer der Rücküberweisung) zur Folge hat. Solange das kontoführende Geldinstitut vom Ableben des Rentenberechtigten nichts weiß, kann es auch den Vorbehalt nicht kennen und nicht dementsprechend handeln. Auf dieser unterstellten Unkenntnis oder auch der Gutgläubigkeit beruht die im Gesetz vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen, denen zwar der Vorbehalt des Gesetztes entgegensteht, deren Ausführung das Geldinstitut aber nicht zum Nachteil gereichen darf. Daher ist die Bank als Zahlungsmittler von der Rücküberweisungspflicht enthoben, wenn es seine banküblichen Aufgaben in Unkenntnis des Vorbehalts wahrnimmt. Der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen entfällt nur dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, sodass es ihn zu beachten in der Lage ist, wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat oder zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte" (LSG Baden Württemberg vom 02.07.2013 L 13 R 2202/12).
Auch das LSG Berlin - Brandenburg schloss sich am 05.09.2013 (L 4 R 496/08) obigen Ausführungen an und entschied, dass schutzwürdiges Vertrauen nur haben kann, wer vom Tod des Kontoinhabers nichts weiß.
Der Beklagten werden auch keine unzumutbaren Prüfpflichten auferlegt, wie SG Köln und München annehmen. Aus den Kontoumsätzen war ersichtlich, dass die Verstorbene eine gesetzliche Rente bezogen hat. Hieraus hätte sich für die Beklagte ohne weiteres und ohne großen Prüfungsaufwand aufdrängen müssen, dass der Auszahlung des Guthabens zumindest zum Teil der Vorbehalt des § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI entgegenstehen könnte. Der Beklagten wird lediglich auferlegt, bei Kenntnis des Todes des Rentenempfängers entsprechend dem Vorbehalt zu handeln. Die ihr dann obliegenden Pflichten decken sich mit denjenigen, die bei Eingang des Rückforderungsverlangens geboten sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten führt diese Auffassung auch nicht dazu, dass das Geldinstitut ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers das Konto "überwachen" und ggf. auch ohne Rückforderungsverlangen tätig werden muss. Die Folge ist allein, dass das Geldinstitut ab diesem Zeitpunkt nicht ohne Prüfung Verfügungen über das Konto zulassen darf; zur "banküblichen" Prüfung der Verfügungsberechtigung tritt noch die Prüfung eines möglichen Vorbehalts nach § 118 Abs. 3 SGB VI hinzu (so LSG Baden-Württemberg a.a.O.).
Die von der Beklagten angeführte Verpflichtung zur Ausführung von Zahlungsaufträgen aus dem Kontoführungsvertrag (§ 675o Abs. 2 BGB) steht vorgenanntem nicht entgegen, denn die privatrechtlichen Beziehungen werden ja gerade durch den öffentlich-rechtlich angeordneten Vorbehalt des § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI überlagert (so LSG Baden-Württemberg und LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin gegenüber der Beklagten den geltend gemachten Rücküberweisungsanspruch. Zwar ist das Rücküberweisungsverlangens erst am 29.01.2013 bei der Beklagten eingegangen, nach den eigenen Angaben der Beklagten hatte diese jedoch seit 04.12.2012 Kenntnis vom Tod der Versicherten. Die Beklagte wäre seitdem in der Lage gewesen, die unter Vorbehalt gezahlte Rente für Dezember 2012 vor Verfügungen Dritter zu schützen. Damit haftet die Beklagte vorliegend für die nach Kenntniserlangung vom Tode des Versicherten vorgenommenen Eingriffe in den Rentenschutzbetrag durch Ausführung verschiedenster Lastschriften und Überweisungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG. Der Streitwert ergibt sich aus der streitigen Geldsumme. Die Rechtsmittelbelehrung ergibt sich aus §§ 143, 144 SGG.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 1.702,61 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von über den Todesmonat hinaus geleisteten Rentenzahlungen.
Die Beklagte führte das Konto Nr. xxx1 der C. C., welche am xx.xx.2012 verstorben ist. Am 30.11.2012 gingen Rentenzahlungen in Höhe von EUR 805,55 und 969,56 auf dem Konto ein, welches zu diesem Zeitpunkt ein Haben von EUR 1.690,77 aufwies. Am 04.12.2012 erlangte die Beklagte nach eigenen Angaben Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin. Am 17.01.2013, eingegangen am 29.01.2013, forderte die Klägerin die überzahlten Renten in Höhe von insgesamt EUR 1.702,61 (EUR 772,18 und 930,43 ohne KV-/PV-Beitragsanteile) von der Beklagten zurück, welche eine Zahlung unter Nennung des Verfügungsberechtigten Dr. D. C. ablehnte. Der Kontostand betrug hier nach Lastschriften, Überweisungen und Bargeldabhebungen nur noch EUR 71,14. Das Konto wurde am 07.02.2013 aufgelöst. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2013 und 05.03.2013 erneut zur Zahlung auf, was die Beklagte unter Berufung auf den Auszahlungseinwand und Verweisung auf den Verfügungsberechtigten weiterhin ablehnte.
Am 26.03.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe ab Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin keine Verfügungen mehr ausführen dürfen und verweist insbesondere auf das Urteil des BSG vom 03.06.2009 (B 5 R 120/07 R).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.702,61 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist unter Verweis auf Urteile insbesondere der Sozialgerichte Köln und München der Ansicht, sie könne sich auf den Auszahlungseinwand berufen, da es nur auf den Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsverlangens ankomme. Zu diesem Zeitpunkt sei vorliegend kein den vollen Rückforderungsbetrag deckendes Guthaben mehr vorhanden gewesen. Vorher sei die genaue Rücküberweisungspflicht bzw. der konkrete Rücküberweisungsbetrag zudem nicht bekannt. Auf eine vorherige Kenntnis der Bank komme es aufgrund des Gesetzeswortlautes, der Gesetzeshistorie angefangen bei der Vereinbarung der Spitzenverbände des Kreditgewerbes und den Renten- und Unfallversicherungsträgern, des gesetzgeberischen Willens, der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht an. Die Beklagte habe als Geldmittler verschiedene Geldausgänge zu buchen gehabt. Eine Prüfungspflicht vor jeder Buchung sei mit einem reibungslosen Giroverkehr nicht vereinbar und widerspräche der EU-Zahlungsdienstrichtlinie, wonach die Bank aus dem Kontoführungsvertrag verpflichtet sei, Zahlungsaufträge auszuführen (§ 675o Abs. 2 BGB). Bei den obiter dicta des BSG handle es sich um Fehlinterpretationen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte, die beide Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren, sowie das übrige Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Leistungsklage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.702,61 aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Die Beklagte kann sich nicht auf den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen, da sie Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin hatte.
Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, gelten nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (§ 118 Abs. 3 Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann (§ 118 Abs. 3 Satz 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (§ 118 Abs. 3 Satz 4).
EUR 71,14 hätte demnach die Beklagte aus dem Restguthaben des Kontos ohne weiteres zurück überweisen können. Die Beklagte muss aber letztlich den gesamten Forderungsbetrag zurückzahlen. Das Hessische Landessozialgericht hat am 19.02.2013 in einem gleich gelagerten Fall entschieden: "Der Wortlaut der Vorschrift stellt bei der Prüfung, welche anderweitigen Verfügungen für die Haftung des Bankinstituts von Bedeutung sind, auf den Eingang des Rückforderungsbegehrens des Rentenversicherungsträgers beim Bankinstitut ab. Wie das BSG allerdings im Urteil vom 22. April 2008 (B 5a/4 R 79/06 R) ausgeführt hat, ist die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsbegehrens so zu verstehen, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts vom Tod des Leistungsberechtigten beruht, weil ein Geldinstitut bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers weiß. Der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen entfällt aber dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, so dass es ihn zu beachten in der Lage ist – wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat und zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte" (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 2013 – L 2 R 262/12).
Das BSG hat bereits am 22.04.2008 entschieden: "Bis zum Eingang des Rücküberweisungsverlangens weiß das Geldinstitut typischerweise weder vom Ableben des Kontoinhabers noch vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zu diesem Zeitpunkt kann nur so zu verstehen sein, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts beruht. Demgegenüber spielt die materielle Verfügungsberechtigung keine Rolle, denn diese ist in der beschriebenen Situation typischerweise weder erkennbar noch besteht ein Anlass, sie zu prüfen. Andernfalls hinge der Einwand des Geldinstituts gegen eine Rücküberweisung von einem Umstand ab, der seinem Einfluss völlig entzogen ist und der es somit zufällig trifft. Nach diesen Erwägungen entfällt der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen nur dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, sodass es ihn zu beachten in der Lage ist wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat oder zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte" (B 5a/4 R 79/06 R).
Das BSG hat weiter am 03.06.2009 entschieden: "§ 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI belegt die Rentengutschrift mit einem gesetzlichen Vorbehalt, der die materielle Rechtswidrigkeit jeder Verfügung über den Rentenbetrag (außer der Rücküberweisung an den Rentenversicherungsträger) zur Folge hat. Solange das kontoführende Geldinstitut vom Ableben des Rentenempfängers nichts weiß, ist es jedoch nicht in der Lage, diesen Vorbehalt zu kennen und ihm entsprechend zu handeln. Auf dieser unterstellten Unkenntnis oder auch Gutgläubigkeit beruht die im Gesetz vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen, denen der Vorbehalt zwar eigentlich entgegensteht und die daher als rechtswidrig angesehen werden müssen, deren Ausführung jedoch dem Geldinstitut in dieser besonderen Situation nicht zum Nachteil gereichen darf. Die Rücküberweisungspflicht trifft das Geldinstitut nach der gesetzlichen Konzeption lediglich in seiner Funktion als Zahlungsmittler und nicht als Empfänger einer ungerechtfertigten Leistung; folgerichtig enthebt § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI das Geldinstitut von dieser Pflicht, wenn es in Unkenntnis des gesetzlichen Vorbehalts seine banküblichen Aufgaben als Zahlungsmittler wahrnimmt und die faktische Zugriffsmöglichkeit auf den Rentenbetrag endgültig verliert, indem es ihn im Rahmen anderweitiger Verfügungen an den (unberechtigten) Empfänger auszahlt bzw. an andere weiterleitet" (B 5 R 120/07 R m.w.N.).
Das Gericht schließt sich dieser überzeugenden Rechtsprechung an, auch wenn es in den vom BSG zu entscheidenden Fällen nicht um die Problematik der Kenntnis der Bank ging. Es ist nach Ansicht des Gerichts mit einem reibungslosen Giroverkehr durchaus vereinbar, mit Kenntniserlangung vom Tod des Kontoinhabers eine "Sperre" des Kontos zu vermerken und keinerlei Verfügungen mehr auszuführen bzw. maschinell ausführen zu lassen, um den Rückforderungsanspruch zu sichern. Überobligatorische Prüfungspflichten sind damit nicht verbunden, die nicht auch bei Eingang des Rückforderungsverlangens gegeben sind. Weshalb nach Ansicht der Beklagten ihre Kenntnis unschädlich sein soll, vermag nicht zu überzeugen.
Zwar stellt der Wortlaut des § 118 Abs. 3 nicht auf Kenntnis ab. In jedem Rechtsbereich schadet Kenntnis bzw. Bösgläubigkeit aber und schützt den "Täter" nicht. Weshalb für Banken andere Grundsätze gelten sollen, leuchtet nicht ein. Zumal man dann auch nicht mehr von banküblichen Geschäften bzw. Aufgaben sprechen kann (wie z. B. auch dann nicht, wenn die Bank Auszahlungen vornimmt, ohne die Verfügungsberechtigung zu prüfen). Die Praxis in der Vergangenheit war ausgehend von der Vereinbarung der Spitzenverbände wohl allein an das Rückforderungsverlangen und nicht eine Kenntnis der Bank geknüpft. Und mit dem Rentenreformgesetz 1992 wollte der Gesetzgeber an die zuvor geübte Praxis anknüpfen und diese aus rechtsstaatlichen Erwägungen auf eine gesetzliche Grundlage stellen. Denn die Rücküberweisung des Rentenbetrags durch das Geldinstitut ohne Wissen und Wollen des (neuen) Kontoinhabers bedarf einer Ermächtigung, die in einem üblichen Kontoführungsvertrag nicht ohne weiteres zu finden sein dürfte. Ziel war es also, die von den Geldinstituten und Rentenversicherungsträgern vor 1992 geübte Verfahrensweise und den ihr innewohnenden typisierten Interessenausgleich zwischen Rentenversicherungsträgern und Geldinstituten verbindlich zu regeln und fortzuschreiben. Letztlich sprechen aber Sinn und Zweck und Systematik des Gesetzes nicht gegen, sondern für die hier vertretene Ansicht, wie das BSG in beiden o.g. Entscheidungen ausgeführt hat.
§ 118 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI dienen der Rückführung der überzahlten, zu Unrecht erbrachten Rentenleistung an den Rentenversicherungsträger im Sinne der Solidargemeinschaft. Auf einer ersten Stufe macht sich der Gesetzgeber den Umstand zunutze, dass die Rentenzahlung auf dem Weg zum Empfänger beim Geldinstitut noch angehalten und dem Rentenversicherungsträger schnellstmöglich zurücküberwiesen werden kann, bevor sie dem Vermögen des Erben oder eines anderen Nichtberechtigten zufließt, von dem sie (auf der zweiten Stufe) eventuell nur mit zusätzlichem Aufwand zurückzufordern ist. In beiden Stufen ist die Rückführung an den Rentenversicherungsträger der zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Geldinstitut, (neuem) Kontoinhaber und Geldempfänger vorgelagert. Die erste Stufe ist durch eine Art Schwebezustand gekennzeichnet, in dem der Rentenversicherungsträger die eigene Verfügungsbefugnis über den Rentenbetrag zwar bereits aufgegeben hat, dieser aber noch keinem Empfänger tatsächlich zugeflossen ist. Da die Rücküberweisung nach § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI den Vorgang der Rentenauszahlung unterbrechen soll, bevor Vermögenszuflüsse stattgefunden haben, soll auch das Vermögen des Geldinstituts unbeteiligt bleiben, was durch das in § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI ausgesprochene Verbot der Befriedigung eigener Forderungen unterstrichen wird. Soweit es nicht in diesem Sinne auf eigene Rechnung handelt, wird das Geldinstitut demnach ausschließlich als Dienstleistungsunternehmen eingeschaltet, das die Aufgabe hat, Geldein- und -ausgänge für den Kontoinhaber zu buchen und ihn über die zur Verfügung stehenden Beträge auf dem Laufenden zu halten; allein in dieser Funktion als Zahlungsmittler und nicht als Empfänger einer ungerechtfertigten Leistung ist es nach der gesetzlichen Konzeption zur Rücküberweisung verpflichtet. Folgerichtig enthebt § 118 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB VI das Geldinstitut von dieser Pflicht, wenn es in Unkenntnis des gesetzlichen Vorbehalts seine banküblichen Aufgaben als Zahlungsmittler wahrnimmt und die faktische Zugriffsmöglichkeit auf den Rentenbetrag endgültig verliert, indem es ihn im Rahmen anderweitiger Verfügungen an den (unberechtigten) Empfänger auszahlt bzw. an andere weiterleitet (vgl. BSG vom 22.04.2008 und 03.06.2009 a.a.O.)
Deshalb wird an Stelle eines meist nur mühsam durchsetzbaren Anspruchs gegen den Erben oder einen anderen durch die rechtswidrige Leistung letzten Endes wirtschaftlich Begünstigten dem kontoführenden Geldinstitut eine vorrangige Verpflichtung auferlegt, auf den rechtswidrig geleisteten Wert zuzugreifen, weil (und solange) dieses dank der tatsächlichen Kontrolle über das Empfängerkonto dazu in der Lage ist, bevor der Rentenzahlbetrag auch faktisch in das Vermögen des Rechtsnachfolgers (oder eines anderen Empfängers) übergeht. Dabei soll das Geldinstitut weder aus der rechtswidrigen Zahlung wirtschaftliche Vorteile ziehen können noch bei ordnungsgemäßer Kontoführung wirtschaftliche Nachteile zu befürchten haben. Der letztgenannte Gesichtspunkt steht bei § 118 Abs. 3 Satz 3 Halbs 1 SGB VI im Vordergrund: Soweit das Geldinstitut vor Kenntnis des Rückforderungsverlangens und somit vor Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Rentenleistung im Rahmen banküblicher Kontoführung anderweitige Verfügungen ausgeführt hat, soll es den Ausfall des Rentenversicherungsträgers nicht (aus dem eigenen Vermögen) ersetzen müssen (vgl. BSG vom 22.04.2008 und 03.06.2009 a.a.O.)
Auch das LSG Baden-Württemberg schloss sich kürzlich der Rechtsprechung des BSG bei Kenntnis der Bank an und verwies insbesondere auf den auch für die Beklagte geltenden Vorbehalt des § 118 Abs. 3 SGB VI und die Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes.
"Bei der Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI handelt es sich, wie bereits ausgeführt, auch um eine Schutzvorschrift zugunsten des Geldinstituts. Schutzbedürftig ist dieses jedoch nur, solange es keine Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten hat. Ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten besteht kein Grund für einen besonderen Schutz des Geldinstituts mehr. Mit der Regelung in § 118 Abs. 3 SGB VI zieht der Gesetzgeber als maßgeblichen Zeitpunkt den Eingang des Rückforderungsverlangens heran. Grund hierfür ist, dass das Geldinstitut bis zu diesem Zeitpunkt typischerweise nichts von dem Ableben des Kontoinhabers oder vom Vorbehalt zugunsten des Rentenversicherungsträgers weiß. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen bis zu diesem Zeitpunkt kann nur so zu verstehen sein, dass sie auf der (unterstellten) Unkenntnis des Geldinstituts beruht. Durch § 118 Abs. 3 SGB VI wird ein Vorbehalt begründet, zu dessen Adressaten entgegen der Auffassung der Beklagten – auch die Beklagte gehört. Bei dem in § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI angeordneten Vorbehalt handelt es sich um eine gesetzliche Fiktion, die im Rahmen des unbaren Zahlungsverkehrs grundsätzlich gegenüber allen wirkt, die an Vermögensverschiebungen auf dem Konto des Versicherten beteiligt sind. Hierbei handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG augenfällig um öffentliches Sonderrecht des Staates; denn dieser Vorbehalt gilt, obwohl unter Umständen keiner der von ihm Betroffenen (Rentenversicherungsträger, Geldinstitut, Kontoinhaber) an seiner Entstehung mitgewirkt bzw. von ihr Kenntnis hat oder haben kann. Er vermittelt einer Untergliederung des Staates besondere Ansprüche sowie den betroffenen Privatrechtssubjekten hierzu besondere Lasten. Nach der gesetzlichen Konzeption entsteht der gesetzliche Vorbehalt unabhängig von der Kenntnis der Beteiligten. Wenn der in § 118 Abs. 3 SGB VI angeordnete Vorbehalt nach seinem Sinn und Zweck ausschließt, dass Vertrauen in die Wirksamkeit vorgenommener Verfügungen entsteht, und die unabhängig von der Kenntnis der Betroffenen der Fall ist, folgt hieraus zwingend, dass bei Kenntnis des Eintritts des Vorbehalts Vertrauen erst Recht nicht entstehen kann. § 118 Abs. 3 Satz 1 belegt die Rentengutschrift mit einem gesetzlichen Vorbehalt, der die materielle Rechtswidrigkeit jeder Verfügung über den Rentenbetrag (außer der Rücküberweisung) zur Folge hat. Solange das kontoführende Geldinstitut vom Ableben des Rentenberechtigten nichts weiß, kann es auch den Vorbehalt nicht kennen und nicht dementsprechend handeln. Auf dieser unterstellten Unkenntnis oder auch der Gutgläubigkeit beruht die im Gesetz vorgeschriebene Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen, denen zwar der Vorbehalt des Gesetztes entgegensteht, deren Ausführung das Geldinstitut aber nicht zum Nachteil gereichen darf. Daher ist die Bank als Zahlungsmittler von der Rücküberweisungspflicht enthoben, wenn es seine banküblichen Aufgaben in Unkenntnis des Vorbehalts wahrnimmt. Der Grund für die Berücksichtigung anderweitiger Verfügungen entfällt nur dann, wenn die dem Geldinstitut als fehlend unterstellte Kenntnis des gesetzlichen Vorbehalts ausnahmsweise doch vorliegt, sodass es ihn zu beachten in der Lage ist, wenn es also vom Ableben des Rentenempfängers bereits vor dem Rücküberweisungsverlangen des Rentenversicherungsträgers gewusst hat oder zu einer entsprechenden Prüfung Anlass gehabt hätte" (LSG Baden Württemberg vom 02.07.2013 L 13 R 2202/12).
Auch das LSG Berlin - Brandenburg schloss sich am 05.09.2013 (L 4 R 496/08) obigen Ausführungen an und entschied, dass schutzwürdiges Vertrauen nur haben kann, wer vom Tod des Kontoinhabers nichts weiß.
Der Beklagten werden auch keine unzumutbaren Prüfpflichten auferlegt, wie SG Köln und München annehmen. Aus den Kontoumsätzen war ersichtlich, dass die Verstorbene eine gesetzliche Rente bezogen hat. Hieraus hätte sich für die Beklagte ohne weiteres und ohne großen Prüfungsaufwand aufdrängen müssen, dass der Auszahlung des Guthabens zumindest zum Teil der Vorbehalt des § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI entgegenstehen könnte. Der Beklagten wird lediglich auferlegt, bei Kenntnis des Todes des Rentenempfängers entsprechend dem Vorbehalt zu handeln. Die ihr dann obliegenden Pflichten decken sich mit denjenigen, die bei Eingang des Rückforderungsverlangens geboten sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten führt diese Auffassung auch nicht dazu, dass das Geldinstitut ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers das Konto "überwachen" und ggf. auch ohne Rückforderungsverlangen tätig werden muss. Die Folge ist allein, dass das Geldinstitut ab diesem Zeitpunkt nicht ohne Prüfung Verfügungen über das Konto zulassen darf; zur "banküblichen" Prüfung der Verfügungsberechtigung tritt noch die Prüfung eines möglichen Vorbehalts nach § 118 Abs. 3 SGB VI hinzu (so LSG Baden-Württemberg a.a.O.).
Die von der Beklagten angeführte Verpflichtung zur Ausführung von Zahlungsaufträgen aus dem Kontoführungsvertrag (§ 675o Abs. 2 BGB) steht vorgenanntem nicht entgegen, denn die privatrechtlichen Beziehungen werden ja gerade durch den öffentlich-rechtlich angeordneten Vorbehalt des § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI überlagert (so LSG Baden-Württemberg und LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin gegenüber der Beklagten den geltend gemachten Rücküberweisungsanspruch. Zwar ist das Rücküberweisungsverlangens erst am 29.01.2013 bei der Beklagten eingegangen, nach den eigenen Angaben der Beklagten hatte diese jedoch seit 04.12.2012 Kenntnis vom Tod der Versicherten. Die Beklagte wäre seitdem in der Lage gewesen, die unter Vorbehalt gezahlte Rente für Dezember 2012 vor Verfügungen Dritter zu schützen. Damit haftet die Beklagte vorliegend für die nach Kenntniserlangung vom Tode des Versicherten vorgenommenen Eingriffe in den Rentenschutzbetrag durch Ausführung verschiedenster Lastschriften und Überweisungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG. Der Streitwert ergibt sich aus der streitigen Geldsumme. Die Rechtsmittelbelehrung ergibt sich aus §§ 143, 144 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved