Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 447/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 133/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es gibt weder einen Erfahrungssatz noch Denkgesetze, die besagen, dass im Rahmen der Kontaktaufnahme mit der beklagten Bundesagentur für Arbeit ein Sachverhalt nur dann stattgefunden haben kann, wenn in VerBIS ein entsprechender Eintrag existiert.
I. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 24. März 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 Arbeitslosengeld ab dem 16. Oktober 2012 für 180 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbe-trages von 20,29 EUR. Die Klägerin zeigte durch Veränderungsmitteilung vom 26. Oktober 2012 die Aufnahme einer Beschäftigung im Hotel "Zur Post" in Z ... vom 15. Dezember 2012 bis zum 10. Januar 2013 an. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 15. Dezember 2012 bis zum 10. Januar 2013 auf. Eine erneute Arbeitslosmeldung sei nicht erforderlich, da die Wirkung der Arbeitslosmeldung nicht erloschen sei. Das Arbeitslosengeld werde nach Ablauf des Zeitraumes wieder gezahlt.
Am 18. Januar 2013 meldete sich die Klägerin persönlich arbeitslos. Die Arbeitsbescheinigung des Hotels "Zur Post" vom 2. Januar 2013 wies Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 15. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2012 aus. Die Arbeitsbescheinigung des Alpinhotels Z ... wies Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. Januar 2013 bis zum 6. Januar 2013 als Aushilfe in der Skischule und vom 7. Januar 2013 bis zum 15. Januar 2013 als Zimmermädchen aus. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 15. Januar 2013.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2013 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 16. Januar 2013 bis zum 22. Januar 2013 fest, da die Klägerin sich verspätet arbeitssuchend gemeldet habe. Mit weiterem Bescheid vom 6. Februar 2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 11. Januar 2013 bis zum 22. Januar 2013 auf und forderte die Erstattung eines Betrages in Höhe von 243,48 EUR.
Die Klägerin wandte sich gegen beide Bescheide mit Widerspruch. Das Arbeitsverhältnis sei ursprünglich bis zum 10. Januar 2013 befristet gewesen. Kurzfristig sei vom Arbeit-geber eine Verlängerung erfolgt. Sie habe auf der Hotline der Beklagten angerufen und dies mitgeteilt. Sie habe die Antwort erhalten, dass dies in Ordnung sei. Nachdem sie bis einschließlich 15. Januar 2013 gearbeitet habe, habe sie am 16. Januar 2013 ihre Sachen gepackt und sei am 17. Januar 2013 nach A ... gefahren. Bei der Ankunft sei die Dienststelle der Beklagten bereits geschlossen gewesen, so dass sie sich am 18. Januar 2013 gemeldet habe. Die Beklagte wies beide Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 22. Mai 2013 und 23. Mai 2013 zurück.
Die Klägerin hat gegen beide Bescheide jeweils am 25. Juni 2013 Klage erhoben (Az. S 1 AL 447/13 und S 1 AL 448/13). Das Sozialgericht hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 17. Oktober 2013 verbunden. Es hat mit Urteil vom 24. März 2015, berichtigt durch Beschluss vom 23. April 2015, den Sperrzeitbescheid vom 6. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2013 aufgehoben und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 6. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 dahingehend abgeändert, dass die Bewilligung von Arbeitslosengeld allein für die Zeit vom 11. Januar 2013 bis zum 15. Januar 2013 aufgehoben wird. Das Sozialgericht hat ausgeführt: "Zu Unrecht ist die Beklagte davon ausgegangen, die Klägerin habe sich verspätet arbeitssuchend gemeldet.
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen (§ 103 Satz 1 SGG). Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht die Klägerin in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragt. Das Gericht glaubt der Klägerin, dass sie sich nach der Kenntnis der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf deren Hotline an die Beklagte gewandt hat und ihr dies mitgeteilt hat. Damit hat sie sich rechtzeitig arbeit-suchend gemeldet, ein versicherungswidriges Verhalten liegt nicht vor.
Den für sie günstigen Geschehensablauf hat die Klägerin keineswegs erst spät, etwa erst in der mündlichen Verhandlung, geschildert. Vielmehr entsprach die Schilderung dem Vorbringen im Widerspruch vom 04.03.2013. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Klägerin vor Erlass des Sperrzeitbescheides angehört hat, obwohl dies geboten war (§ 24 Abs. 1 SGB X), ein Fall des Absatzes 2 der Vorschrift liegt nicht vor. Folglich war die Einlassung der Klägerin im Widerspruch ihr erstes Vorbringen zur Sache, von dessen Richtigkeit überzeugte sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung."
Gegen das ihr am 29. April 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2015 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil weiche von der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2006 (Az. B 4 R 29/06 R) ab und beruhe auf dieser Abweichung. Das erstinstanzliche Gericht habe den von der Klägerin behaupteten Anruf mit Arbeitssuchendmeldung unzulässig als wahr unterstellt. Eine Wahrunterstellung sei jedoch nur dann zulässig, wenn diese für den Urteilsspruch nicht entscheidungserheblich sei. Ohne Arbeitssuchendmeldung komme jedoch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 16. Januar 2013 nicht in Betracht. Zudem liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil beruhen könne. Es liege eine Verletzung des § 103 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) und ein Verstoß gegen § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG vor. Das Gericht habe sich bewusst darüber hinweggesetzt, dass eine Tatsache erst bewiesen sei, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet seien, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Mangels Servicecenter-Vermerks in der klägerischen Kundenhistorie in VerBIS sei ein derart hoher Grad der Wahrscheinlichkeit nicht ansatzweise anzunehmen.
Nach Auffassung der Klägerin liegt eine Divergenz nicht vor, da das Sozialgericht den Sachverhalt nicht als wahr unterstellt habe. Das Gericht habe auch die Grenzen der freien Beweiswürdigung nicht überschritten. Zwar sehe das Sozialgerichtsgesetz die Parteienanhörung nicht vor: Das Gericht habe jedoch im Rahmen des § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und hierbei die Beteiligten heranzuziehen. Unter den Voraussetzungen von § 106 Abs. 1 SGG und § 111 Abs. 1 SGG sei das Gericht jedoch verpflichtet, die Beteiligten zu hören und bei glaubhaftem Sachvortrag diesen bei seiner Überzeugungsbildung zu berücksichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 SGG gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts vom 24. März 2015 ist zulässig, insbesondere statthaft.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sach-leistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht über-steigt. Ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt ist nicht nur gegeben, wenn eine Leistung bewilligt wird, sondern auch dann, wenn eine Leistung abgelehnt, entzogen, auferlegt, erlassen oder gestundet wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1996 – 1 RK 18/95 – NZS 1997, 388 [389f.] = juris Rdnr. 5; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz [12. Aufl., 2017], § 144 Rdnr. 10a). § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Der Wert des Streitgegenstandes richtet sich danach, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinem Berufungsantrag weiterverfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Als maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegen-standes ist auf die Einlegung des Rechtsmittels abzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Juni 2013 – B 13 R 437/12 B – juris Rdnr. 11).
Das Sozialgericht hat zu Lasten der Beklagten hinsichtlich des Zeitraumes vom 16. Januar 2013 bis zum 22. Januar 2013 sowohl den Sperrzeitbescheid als auch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben. Unter Berücksichtigung des täglichen Leistungssatzes von 20,29 EUR beträgt damit der Wert des Beschwerdegegenstandes 142,03 EUR. Der für die Berufung notwendige Beschwerdewert von 750,00 EUR wird somit unzweifelhaft nicht überschritten. Die Berufung betrifft auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr.
Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätz-liche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3).
Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.
a) Eine Rechtssache hat im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = juris Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93 – SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = juris Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92 – SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2 = juris Rdnr. 8). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 82/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53 = juris Rdn. 5). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75 – SozR 1500 § 160a Nr. 7 = juris Rdnr. 2).
Etwaige klärungsbedürftige Rechtsfragen wurden von der Beklagten nicht vorgetragen. Das Gericht vermag auch im Ergebnis der Prüfung von Amts wegen dem Sach- und Streitstand keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage zu entnehmen, deren Beantwortung fallübergreifend grundsätzlich bedeutsam wäre.
b) Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88 – SozR 1500 § 160a Nr. 67 = juris Rdnr. 7; BSG, Beschluss vom 19. Juli 2012 – B 1 KR 65/11 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 32 = juris, jeweils Rdnr. 21, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13).
Insbesondere hinsichtlich des von der Beklagten benannten Urteils des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2006 (Az. B 4 R 29/06 R, BSGE 98, 48 ff. = SozR 4-5075 § 1 Nr. 3) besteht keine Divergenz. Das erstinstanzliche Gericht hat die telefonische Arbeitssuchendmeldung der Klägerin nicht als wahr unterstellt. Vielmehr hat es sich ausdrücklich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Überzeugung gebildet, diese dargelegt und begründet.
Ob dem Sozialgericht in seiner rechtlichen Würdigung und seiner Beweiswürdigung zu folgen ist, muss nicht entschieden werden. Denn im Falle einer etwaigen fehlerhaften Würdigung läge lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor. Die Frage, ob das Sozialgericht die Sache im Einzelfall richtig entschieden hat, ist jedoch nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (so zu § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG: BSG, Beschluss vom 4. Mai 2017 – B 5 R 8/17 B – juris Rdnr. 8).
c) Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor.
Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt seine Richtig-keit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern – anders als die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz – auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Soweit die Beklagte das Urteil als verfahrensfehlerhaft beanstandet, da entgegen der Darlegungen im Urteil der notwendige hinreichende Grad der Wahrscheinlichkeit nicht ansatzweise erreicht werden könne, wenn kein Servicecenter-Vermerk in der klägerischen Kundenhistorie in VerBIS existiere, macht sie eine Verletzung der Grundsätze der Be-weiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG geltend. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
In den Ausführungen der Beklagten liegt keine schlüssige Verfahrensrüge. Denn Fehler in der Beweiswürdigung stellen keinen Zulassungsgrund dar, da diese zunächst nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen sind. Ein Fehler, der den Inhalt der Entscheidung betrifft, ist jedoch kein Verfahrensmangel. Die Grenzen der freien Beweiswürdigung sind nur dann überschritten, wenn gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze, Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wird oder wenn das Gericht das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. BSG, Beschluss vom 25. April 2001 – B 11 AL 27/01 B – SozSich 2003, 180 = juris Rdnr.2; BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 7 AL 102/00 R – SozR 3-4100 § 128 Nr. 15 = juris Rdnr. 34; BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 101/08 R – juris Rdnr. 15). Diese Grenzen hat das Sozialgericht nicht überschritten.
Es gibt weder einen entsprechenden Erfahrungssatz noch Denkgesetze, die besagen, dass im Rahmen der Kontaktaufnahme mit der Beklagten ein Sachverhalt nur dann stattgefunden haben kann, wenn in VerBIS ein entsprechender Eintrag existiert.
Das Sozialgericht hat auch weder übersehen noch sich bewusst darüber hinweggesetzt, dass die "Wahrscheinlichkeit" kein ausreichender Maßstab ist, da der Sachverhalt zur vollen Überzeugung des Gerichts, das heißt mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen ist. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (stRspr des BSG, vgl. z. B. BSG, Urteil vom 2. Februar1978 – 8 RU 66/77 – BSGE 45, 285 [287] = SozR 2200 § 548 Nr. 38 S. 105 f. = juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R – BSGE 113, 205 ff. = SozR 4-3800 § 1 Nr. 20 = juris, jeweils Rdnr. 33). Das Sozialgericht ist jedoch ausdrücklich zu der erforderlichen Überzeugung bezüglich der tatsächlich fristgerecht erfolgten Arbeitssuchendmeldung aufgrund der Würdigung der Gesamtumstände gelangt.
Das Sozialgericht hat insoweit auch keine gesetzlichen Beweisregeln überschritten. Es war nicht gehindert, die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu würdigen und der Ent-scheidung zugrunde zu legen. Das Sozialgerichtsgesetz kennt zwar die Parteivernehmung nicht als Beweismittel. Denn die §§ 445 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) sind in der Verweisungsregelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht aufgeführt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind die Gerichte jedoch unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 SGG und des § 111 Abs. 1 SGG verpflichtet, die Beteiligten zu hören und in geeigneten Fällen auch den Sachvortrag der Beteiligten bei ihrer Über-zeugungsbildung zu verwenden, wenn er ihnen glaubhaft erscheint. Die Anhörung eines Beteiligten hat zwar nicht die Funktion und den Rang eines Beweismittels. Im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit ist das Gericht mit Ausnahme der Beweiskraft der Niederschrift (vgl. § 164 Abs. 2 ZPO, § 122 Abs. 3 SGG) und von Urkunden (§§ 415 ff. ZPO) jedoch an keine Beweisregeln gebunden; insbesondere gilt § 286 Abs. 2 ZPO nicht (vgl. BSG, Urteil vom 6. Dezember 1966 – 9 RV 194/64 – SozR Nr. 77 zu § 128 SGG = juris Rdnr.9; BSG, Beschluss vom 10. Februar 1998 – B 2 U 2/98 B – juris Rdnr. 3; Sächs. LSG, Urteil vom 30. August 2006 – L 6 U 62/06 – juris Rdnr. 54).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Schneider
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 Arbeitslosengeld ab dem 16. Oktober 2012 für 180 Kalendertage in Höhe eines täglichen Leistungsbe-trages von 20,29 EUR. Die Klägerin zeigte durch Veränderungsmitteilung vom 26. Oktober 2012 die Aufnahme einer Beschäftigung im Hotel "Zur Post" in Z ... vom 15. Dezember 2012 bis zum 10. Januar 2013 an. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 15. Dezember 2012 bis zum 10. Januar 2013 auf. Eine erneute Arbeitslosmeldung sei nicht erforderlich, da die Wirkung der Arbeitslosmeldung nicht erloschen sei. Das Arbeitslosengeld werde nach Ablauf des Zeitraumes wieder gezahlt.
Am 18. Januar 2013 meldete sich die Klägerin persönlich arbeitslos. Die Arbeitsbescheinigung des Hotels "Zur Post" vom 2. Januar 2013 wies Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 15. Dezember 2012 bis zum 31. Dezember 2012 aus. Die Arbeitsbescheinigung des Alpinhotels Z ... wies Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. Januar 2013 bis zum 6. Januar 2013 als Aushilfe in der Skischule und vom 7. Januar 2013 bis zum 15. Januar 2013 als Zimmermädchen aus. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 15. Januar 2013.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2013 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 16. Januar 2013 bis zum 22. Januar 2013 fest, da die Klägerin sich verspätet arbeitssuchend gemeldet habe. Mit weiterem Bescheid vom 6. Februar 2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 11. Januar 2013 bis zum 22. Januar 2013 auf und forderte die Erstattung eines Betrages in Höhe von 243,48 EUR.
Die Klägerin wandte sich gegen beide Bescheide mit Widerspruch. Das Arbeitsverhältnis sei ursprünglich bis zum 10. Januar 2013 befristet gewesen. Kurzfristig sei vom Arbeit-geber eine Verlängerung erfolgt. Sie habe auf der Hotline der Beklagten angerufen und dies mitgeteilt. Sie habe die Antwort erhalten, dass dies in Ordnung sei. Nachdem sie bis einschließlich 15. Januar 2013 gearbeitet habe, habe sie am 16. Januar 2013 ihre Sachen gepackt und sei am 17. Januar 2013 nach A ... gefahren. Bei der Ankunft sei die Dienststelle der Beklagten bereits geschlossen gewesen, so dass sie sich am 18. Januar 2013 gemeldet habe. Die Beklagte wies beide Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 22. Mai 2013 und 23. Mai 2013 zurück.
Die Klägerin hat gegen beide Bescheide jeweils am 25. Juni 2013 Klage erhoben (Az. S 1 AL 447/13 und S 1 AL 448/13). Das Sozialgericht hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 17. Oktober 2013 verbunden. Es hat mit Urteil vom 24. März 2015, berichtigt durch Beschluss vom 23. April 2015, den Sperrzeitbescheid vom 6. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2013 aufgehoben und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 6. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 dahingehend abgeändert, dass die Bewilligung von Arbeitslosengeld allein für die Zeit vom 11. Januar 2013 bis zum 15. Januar 2013 aufgehoben wird. Das Sozialgericht hat ausgeführt: "Zu Unrecht ist die Beklagte davon ausgegangen, die Klägerin habe sich verspätet arbeitssuchend gemeldet.
Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen (§ 103 Satz 1 SGG). Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Gericht die Klägerin in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragt. Das Gericht glaubt der Klägerin, dass sie sich nach der Kenntnis der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf deren Hotline an die Beklagte gewandt hat und ihr dies mitgeteilt hat. Damit hat sie sich rechtzeitig arbeit-suchend gemeldet, ein versicherungswidriges Verhalten liegt nicht vor.
Den für sie günstigen Geschehensablauf hat die Klägerin keineswegs erst spät, etwa erst in der mündlichen Verhandlung, geschildert. Vielmehr entsprach die Schilderung dem Vorbringen im Widerspruch vom 04.03.2013. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Klägerin vor Erlass des Sperrzeitbescheides angehört hat, obwohl dies geboten war (§ 24 Abs. 1 SGB X), ein Fall des Absatzes 2 der Vorschrift liegt nicht vor. Folglich war die Einlassung der Klägerin im Widerspruch ihr erstes Vorbringen zur Sache, von dessen Richtigkeit überzeugte sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung."
Gegen das ihr am 29. April 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2015 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil weiche von der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2006 (Az. B 4 R 29/06 R) ab und beruhe auf dieser Abweichung. Das erstinstanzliche Gericht habe den von der Klägerin behaupteten Anruf mit Arbeitssuchendmeldung unzulässig als wahr unterstellt. Eine Wahrunterstellung sei jedoch nur dann zulässig, wenn diese für den Urteilsspruch nicht entscheidungserheblich sei. Ohne Arbeitssuchendmeldung komme jedoch ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 16. Januar 2013 nicht in Betracht. Zudem liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil beruhen könne. Es liege eine Verletzung des § 103 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) und ein Verstoß gegen § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG vor. Das Gericht habe sich bewusst darüber hinweggesetzt, dass eine Tatsache erst bewiesen sei, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet seien, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Mangels Servicecenter-Vermerks in der klägerischen Kundenhistorie in VerBIS sei ein derart hoher Grad der Wahrscheinlichkeit nicht ansatzweise anzunehmen.
Nach Auffassung der Klägerin liegt eine Divergenz nicht vor, da das Sozialgericht den Sachverhalt nicht als wahr unterstellt habe. Das Gericht habe auch die Grenzen der freien Beweiswürdigung nicht überschritten. Zwar sehe das Sozialgerichtsgesetz die Parteienanhörung nicht vor: Das Gericht habe jedoch im Rahmen des § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und hierbei die Beteiligten heranzuziehen. Unter den Voraussetzungen von § 106 Abs. 1 SGG und § 111 Abs. 1 SGG sei das Gericht jedoch verpflichtet, die Beteiligten zu hören und bei glaubhaftem Sachvortrag diesen bei seiner Überzeugungsbildung zu berücksichtigen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde gemäß § 145 Abs. 1 SGG gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts vom 24. März 2015 ist zulässig, insbesondere statthaft.
Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sach-leistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht über-steigt. Ein auf eine Geldleistung gerichteter Verwaltungsakt ist nicht nur gegeben, wenn eine Leistung bewilligt wird, sondern auch dann, wenn eine Leistung abgelehnt, entzogen, auferlegt, erlassen oder gestundet wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1996 – 1 RK 18/95 – NZS 1997, 388 [389f.] = juris Rdnr. 5; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz [12. Aufl., 2017], § 144 Rdnr. 10a). § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Der Wert des Streitgegenstandes richtet sich danach, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinem Berufungsantrag weiterverfolgt. Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Als maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegen-standes ist auf die Einlegung des Rechtsmittels abzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Juni 2013 – B 13 R 437/12 B – juris Rdnr. 11).
Das Sozialgericht hat zu Lasten der Beklagten hinsichtlich des Zeitraumes vom 16. Januar 2013 bis zum 22. Januar 2013 sowohl den Sperrzeitbescheid als auch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben. Unter Berücksichtigung des täglichen Leistungssatzes von 20,29 EUR beträgt damit der Wert des Beschwerdegegenstandes 142,03 EUR. Der für die Berufung notwendige Beschwerdewert von 750,00 EUR wird somit unzweifelhaft nicht überschritten. Die Berufung betrifft auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr.
Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätz-liche Bedeutung hat (Nummer 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nummer 2) oder ein an der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nummer 3).
Keiner dieser Zulassungsgründe ist gegeben.
a) Eine Rechtssache hat im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hingegen nicht (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28). Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. BSG, Beschluss vom 16. November 1987 – 5b BJ 118/87 – SozR 1500 § 160a Nr. 60 = juris Rdnr. 3; BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1993 – 7 BAr 126/93 – SozR 3-1500 § 160a Nr. 16 = juris Rdnr. 6; ferner Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 28 f. und § 160 Rdnr. 6 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG, Beschluss vom 30. September 1992 – 11 BAr 47/92 – SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2 = juris Rdnr. 8). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, das heißt die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die konkrete Klärungsfähigkeit, das heißt die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14. Juni 1984 – 1 BJ 82/84 – SozR 1500 § 160 Nr. 53 = juris Rdn. 5). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juni 1975 – 12 BJ 12/75 – SozR 1500 § 160a Nr. 7 = juris Rdnr. 2).
Etwaige klärungsbedürftige Rechtsfragen wurden von der Beklagten nicht vorgetragen. Das Gericht vermag auch im Ergebnis der Prüfung von Amts wegen dem Sach- und Streitstand keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage zu entnehmen, deren Beantwortung fallübergreifend grundsätzlich bedeutsam wäre.
b) Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn das Urteil des Sozialgerichts entscheidungstragend auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der von dem zur gleichen Rechtsfrage aufgestellten Rechtssatz in einer Entscheidung eines der im § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1989 – 7 BAr 130/88 – SozR 1500 § 160a Nr. 67 = juris Rdnr. 7; BSG, Beschluss vom 19. Juli 2012 – B 1 KR 65/11 B – SozR 4-1500 § 160a Nr. 32 = juris, jeweils Rdnr. 21, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 160 Rdnr. 13).
Insbesondere hinsichtlich des von der Beklagten benannten Urteils des Bundessozialgerichts vom 14. Dezember 2006 (Az. B 4 R 29/06 R, BSGE 98, 48 ff. = SozR 4-5075 § 1 Nr. 3) besteht keine Divergenz. Das erstinstanzliche Gericht hat die telefonische Arbeitssuchendmeldung der Klägerin nicht als wahr unterstellt. Vielmehr hat es sich ausdrücklich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Überzeugung gebildet, diese dargelegt und begründet.
Ob dem Sozialgericht in seiner rechtlichen Würdigung und seiner Beweiswürdigung zu folgen ist, muss nicht entschieden werden. Denn im Falle einer etwaigen fehlerhaften Würdigung läge lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor. Die Frage, ob das Sozialgericht die Sache im Einzelfall richtig entschieden hat, ist jedoch nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (so zu § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG: BSG, Beschluss vom 4. Mai 2017 – B 5 R 8/17 B – juris Rdnr. 8).
c) Schließlich liegt auch der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor.
Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Er bezieht sich begrifflich auf das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil, nicht aber auf dessen sachlichen Inhalt, das heißt seine Richtig-keit (vgl. Leitherer, a. a. O., § 144 Rdnr. 32 ff.). Die Zulassung der Berufung aufgrund eines Verfahrensmangels erfordert, dass dieser Mangel nicht nur vorliegt, sondern – anders als die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz – auch geltend gemacht wird (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG).
Soweit die Beklagte das Urteil als verfahrensfehlerhaft beanstandet, da entgegen der Darlegungen im Urteil der notwendige hinreichende Grad der Wahrscheinlichkeit nicht ansatzweise erreicht werden könne, wenn kein Servicecenter-Vermerk in der klägerischen Kundenhistorie in VerBIS existiere, macht sie eine Verletzung der Grundsätze der Be-weiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG geltend. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
In den Ausführungen der Beklagten liegt keine schlüssige Verfahrensrüge. Denn Fehler in der Beweiswürdigung stellen keinen Zulassungsgrund dar, da diese zunächst nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen sind. Ein Fehler, der den Inhalt der Entscheidung betrifft, ist jedoch kein Verfahrensmangel. Die Grenzen der freien Beweiswürdigung sind nur dann überschritten, wenn gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze, Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wird oder wenn das Gericht das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. BSG, Beschluss vom 25. April 2001 – B 11 AL 27/01 B – SozSich 2003, 180 = juris Rdnr.2; BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 7 AL 102/00 R – SozR 3-4100 § 128 Nr. 15 = juris Rdnr. 34; BSG, Urteil vom 27. August 2009 – B 13 R 101/08 R – juris Rdnr. 15). Diese Grenzen hat das Sozialgericht nicht überschritten.
Es gibt weder einen entsprechenden Erfahrungssatz noch Denkgesetze, die besagen, dass im Rahmen der Kontaktaufnahme mit der Beklagten ein Sachverhalt nur dann stattgefunden haben kann, wenn in VerBIS ein entsprechender Eintrag existiert.
Das Sozialgericht hat auch weder übersehen noch sich bewusst darüber hinweggesetzt, dass die "Wahrscheinlichkeit" kein ausreichender Maßstab ist, da der Sachverhalt zur vollen Überzeugung des Gerichts, das heißt mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen ist. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (stRspr des BSG, vgl. z. B. BSG, Urteil vom 2. Februar1978 – 8 RU 66/77 – BSGE 45, 285 [287] = SozR 2200 § 548 Nr. 38 S. 105 f. = juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R – BSGE 113, 205 ff. = SozR 4-3800 § 1 Nr. 20 = juris, jeweils Rdnr. 33). Das Sozialgericht ist jedoch ausdrücklich zu der erforderlichen Überzeugung bezüglich der tatsächlich fristgerecht erfolgten Arbeitssuchendmeldung aufgrund der Würdigung der Gesamtumstände gelangt.
Das Sozialgericht hat insoweit auch keine gesetzlichen Beweisregeln überschritten. Es war nicht gehindert, die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu würdigen und der Ent-scheidung zugrunde zu legen. Das Sozialgerichtsgesetz kennt zwar die Parteivernehmung nicht als Beweismittel. Denn die §§ 445 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) sind in der Verweisungsregelung des § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht aufgeführt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind die Gerichte jedoch unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 SGG und des § 111 Abs. 1 SGG verpflichtet, die Beteiligten zu hören und in geeigneten Fällen auch den Sachvortrag der Beteiligten bei ihrer Über-zeugungsbildung zu verwenden, wenn er ihnen glaubhaft erscheint. Die Anhörung eines Beteiligten hat zwar nicht die Funktion und den Rang eines Beweismittels. Im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit ist das Gericht mit Ausnahme der Beweiskraft der Niederschrift (vgl. § 164 Abs. 2 ZPO, § 122 Abs. 3 SGG) und von Urkunden (§§ 415 ff. ZPO) jedoch an keine Beweisregeln gebunden; insbesondere gilt § 286 Abs. 2 ZPO nicht (vgl. BSG, Urteil vom 6. Dezember 1966 – 9 RV 194/64 – SozR Nr. 77 zu § 128 SGG = juris Rdnr.9; BSG, Beschluss vom 10. Februar 1998 – B 2 U 2/98 B – juris Rdnr. 3; Sächs. LSG, Urteil vom 30. August 2006 – L 6 U 62/06 – juris Rdnr. 54).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Schneider
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