L 32 AS 1345/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 43 AS 22025/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1345/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. April 2016 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 14. Dezember 2010 auf Verlängerung des Einstiegsgeldes für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 5. Oktober 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Gewährung von Einstiegsgeld in Höhe von 258,40 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 5. Oktober 2011, hilfsweise Neubescheidung des darauf gerichteten Antrages.

Der im Juni 1966 geborene Kläger bezog Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zusammen mit vier weiteren Personen seiner Bedarfsgemeinschaft ununterbrochen u. a. ab 1. Januar 2009 (Bescheid vom 7. Januar 2009). Mit Bescheid vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Oktober 2009 waren diese Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. August 2009 in Höhe von 800,96 Euro monatlich und für die Zeit vom 1. September 2009 bis 31. Dezember 2009 in Höhe von 808,96 Euro (dabei für den Kläger 103,35 Euro bzw. 103,70 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 131,46 Euro bzw. 133,06 Euro für Unterkunft und Heizung) und mit Bescheid vom 13. Januar 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. März 2010 für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 28. Februar 2010 in Höhe von 551,09 Euro monatlich, für die Zeit vom 1. März 2010 bis 14. März 2010 in Höhe von 257,19 Euro, für die Zeit vom 15. März 2010 bis 31. März 2010 in Höhe von 358,85 Euro und für die Zeit vom 1. April 2010 bis 30. Juni 2010 in Höhe von 672,84 Euro monatlich (dabei für den Kläger 46,68 Euro, 21,78 Euro, 26,54 Euro bzw. 49,62 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 133,06 Euro, 62,10 Euro, 89,32 Euro bzw. 167,51 Euro für Unterkunft und Heizung) vorläufig weitergewährt worden.

Der Kläger war bisher als Gas-Wasser-Installateur (1989 bis 1991, 1992 bis 1993), Elektriker (1994 bis 1995), Bautischler (1995 bis 1997) und selbständig im Trockenbau und in der Bauelemente-Montage (1997 bis 1998) tätig. Seine letzte selbständige Tätigkeit im Bereich Tischlerei, Trockenbau, Tür- und Fenstermontage und Küchenbau (1999 bis 2004) war von ihm wegen schlechter Auslastung des Betriebes und wegen säumiger Kunden aufgegeben worden.

Zum 6. Oktober 2009 meldete der Kläger ein Gewerbe mit den Tätigkeiten Handwerk, Lieferung und Montage von fertigen Bauelementen, Trockenbau sowie Holz- und Bautenschutz an.

Auf seinen am 15. Juli 2009 gestellten Antrag auf Gewährung eines Einstiegsgeldes, dem u. a. ein Geschäftskonzept/Businessplan und eine Gewinnvorschau für die Zeit vom 15. September 2009 bis 31. Dezember 2011 beigefügt waren, hatte der Beklagte aufgrund der Stellungnahme seiner Integrationsfachkraft vom 22. Oktober 2009 dem Kläger mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 Einstiegsgeld für die Zeit vom 6. Oktober 2009 bis 5. April 2010 von 290,70 Euro monatlich bewilligt.

Auf seinen im Mai 2009 gestellten Antrag auf Weitergewährung eines Einstiegsgeldes, dem eine Erklärung zum Einkommen aus Gewerbebetrieb (Anlage EKS) für die Zeit von Oktober 2009 bis September 2010 beigefügt war, hatte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20. Mai 2010 Einstiegsgeld für die Zeit vom 6. April 2010 bis 5. Oktober 2010 von 258,40 Euro monatlich bewilligt.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 an die Entscheidung des Antrages auf Verlängerung des Einstiegsgeldes vom 1. Oktober 2010 erinnert und zugleich einen fortbestehenden Anspruch auf Gewährung von Einstiegsgeld geltend gemacht hatte, konnte der Beklagte nach Sichtung der Akte und der Daten in VerBIS keinen Verlängerungsantrag feststellen. Bei einem Kundengespräch mit dem Kläger, das vor kurzer Zeit (am 24. November 2010, so Vermerk des Beklagten vom 1. Februar 2012) stattgefunden habe, habe der Kläger keine Notwendigkeit gesehen, einen Verlängerungsantrag zu stellen, zumal er mit sehr guten Einnahmen rechne und seinen Geschäftsbetrieb aus den Einnahmen finanzieren könne. Seit Oktober 2010 sei der Kläger nicht mehr im Leistungsbezug gewesen (Vermerk des Beklagten vom 16. Dezember 2010).

Im Mai 2012 machte der Kläger zum Antrag vom 14. Dezember 2010 wegen der Gewährung eines Einstiegsgeldes für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 5. Oktober 2011 unter Beifügung von Gewinn- und Verlustrechnungen für die Zeit vom 6. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2011 weitere Angaben.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2012, der seinem Prozessbevollmächtigten am 31. Mai 2013 bekanntgegeben wurde, lehnte der Beklagte den am 14. Dezember 2010 gestellten Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld ab: Als Grundlage für die Entscheidung würden die eingereichten Gewinnermittlungen für die Jahre 2009, 2010 und 2011 herangezogen. In jedem Geschäftsjahr seien Verluste erzielt worden. Die Verluste beliefen sich insgesamt für alle drei Jahre auf ca. 7.400 Euro. Die Verluste zeigten somit, dass in den angegebenen Jahren 2009, 2010 und 2011 die Hilfebedürftigkeit nicht habe beendet oder entscheidend verringert werden können. Ausgehend von dieser wirtschaftlichen Entwicklung könne man nicht von einer Beendigung der Hilfebedürftigkeit in den nächsten 12 Monaten ausgehen. Damit werde die Selbständigkeit nicht als wirtschaftlich tragfähig eingeschätzt und eine weitere Unterstützung durch das Einstiegsgeld werde nicht erfolgen. Beim Einstiegsgeld handele es sich um eine Ermessensleistung, die erbracht werden könne, wenn es für erforderlich gehalten werde, um die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Dabei seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, nach der Begründung des Bescheides sei die Zielsetzung des Einstiegsgeldes verkannt worden. Darauf, dass die aufgenommene Erwerbstätigkeit Einkünfte erziele, die die Hilfebedürftigkeit beenden ließen, komme es nicht an. Zielsetzung des Einstiegsgeldes sei eine dauerhafte berufliche Eingliederung oder selbständige Tätigkeit auch dann, wenn aufgrund unterschiedlichster Problemlagen am Arbeitsmarkt oder in der Erwerbsbiografie des Leistungsberechtigten bei Aufnahme der Erwerbstätigkeit noch kein Entgelt erzielt werden könne, das die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (gegebenenfalls deutlich) übersteige. Dies sei auch ohne weiteres nachvollziehbar, denn mit dem Einstiegsgeld solle eben der Einstieg in die Erwerbstätigkeit unterstützt werden, ohne Rücksicht darauf, dass der Antragsteller sofort nach Eintritt in die selbständige Erwerbstätigkeit nennenswert Einkünfte erziele. Gerade in den ersten Jahren der Gründung eines jeden Handwerksbetriebes sei erfahrungsgemäß mit gründungstypischen wirtschaftlichen Hindernissen wie zum Beispiel unzureichende Auftragslage, Notwendigkeit der Beschaffung von oft teuren Werkzeugen usw. zu rechnen. Insbesondere typisch für die Führung eines Baubetriebes sei der Umstand, dass es zunächst erst einer unter Umständen längerfristigen Anlaufphase bedürfe, bis der Handwerker immer wieder mit neuen Aufträgen betraut werde. Aus einer ex ante-Betrachtung ergebe sich, dass der Kläger seine Tätigkeit immer wieder mit wirtschaftlichem Erfolg habe verfestigen können. So habe er bereits 2012 keine Verluste mehr gemacht, sondern einen Überschuss von ca. 1.000 Euro erwirtschaftet gehabt. Bis Mai 2013 habe er sogar einen Überschuss von 12.445,72 Euro erwirtschaftet, so dass er aus der Bedürftigkeit endgültig ausscheide.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2013 wies der Beklagte den Widerspruch zurück: Maßgebliche Voraussetzung für die Gewährung von Einstiegsgeld sei es, eine Tätigkeit aufzunehmen, die voraussichtlich geeignet sei, die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Die Prognose über die voraussichtliche Überwindung der Hilfebedürftigkeit setze zunächst die Prüfung der Tragfähigkeit des Gründungsvorhabens voraus. Die Entscheidung über die voraussichtliche, wirtschaftliche Tragfähigkeit (Rentabilität) des angestrebten Gründungsvorhabens treffe die Integrationsfachkraft. Die Integrationsfachkraft habe auch prognostisch einzuschätzen, ob der Gründungswillige in einem vertretbaren Zeitrahmen bis zur Höchstdauer von 24 Monaten seine Hilfebedürftigkeit beenden könne. Dies sei vorliegend zu verneinen gewesen. Mit Stand Januar 2011 sei prognostisch tatsächlich nicht davon auszugehen gewesen, dass die selbständige Tätigkeit des Klägers als tragfähig einzustufen sei, mithin dass die Weitergewährung von Einstiegsgeld mit Wirkung vom 1. Januar 2011 bis längstens 5. Oktober 2011 überhaupt zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit führen könnte, denn die Nachweise über Einnahmen oder Ausgaben der vorangegangenen sechs Monate und die Einnahme-Überschuss-Rechnungen für die vorangegangenen Kalenderjahre 2009 und 2010 hätten erhebliche Verluste aus selbständiger Tätigkeit ausgewiesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen lägen somit am 1. Januar 2011 bereits nicht vor. Auf eine Ermessensprüfung komme es daher vorliegend gar nicht mehr an.

Dagegen hat der Kläger am 10. September 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Er hat ergänzend vorgetragen, die Ermessensentscheidung des Beklagten sei schon deswegen rechtswidrig, als sie aus einer ex-ante-Betrachtung zu erfolgen habe. Eine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung könne logisch-begrifflich (nur) vor dem Beginn des Gewährungszeitraumes erfolgen. Wie dem Vermerk des Beklagten vom 1. Februar 2012, welcher im vorangegangenen Untätigkeitsklageverfahren erstellt worden sei, entnommen werden könne, sei der Beklagte bereit gewesen, dem Kläger über den 5. Oktober 2010 hinaus weiterhin Einstiegsgeld zu gewähren, weswegen im Mai 2011 (gemeint 2012) der Verlängerungsantrag überreicht worden sei. Der Gewährung von Einstiegsgeld stehe insbesondere nicht entgegen, dass der Betrieb des Klägers in den ersten zwei Jahren seiner selbständigen Tätigkeit nicht gewinnbringend gewesen sei. Im Übrigen wäre im Rahmen einer rechtskonformen Ermessensausübung auf die Verhältnisse Ende 2010 abzustellen. Der Kläger habe gerade im ersten Jahr seiner Tätigkeit sehr viel Geld in Betriebsausstattung investiert, was buchungstechnisch zwangsläufig einen Gewinn verhindert habe. Aus der Bilanz für 2010 sei deutlich erkennbar gewesen, dass er bereits im ersten Jahr seiner Tätigkeit nennenswerte Einkünfte habe erzielen können.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 5. Oktober 2011 ein Einstiegsgeld in Höhe von monatlich 258,40 Euro zu gewähren, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 14. Dezember 2010 auf Verlängerung des Einstiegsgeldes für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 5. Oktober 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der Beklagte hat vorgetragen, mit Stand von Januar 2011 sei im Rahmen einer Prognose nicht davon auszugehen gewesen, dass die selbständige Tätigkeit des Klägers als wirtschaftlich tragfähig einzustufen sei, so dass eine Verringerung bzw. Überwindung der Hilfebedürftigkeit nicht erkennbar gewesen sei. Die Nachweise über die Einnahmen und die tatsächlichen Ausgaben für die vorangegangenen Kalenderjahre 2009 bis 2010 hätten erhebliche Verluste aus selbständiger Tätigkeit ausgewiesen, so dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Weitergewährung nicht vorgelegen hätten.

Mit Urteil vom 14. April 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Entgegen der Ansicht des Klägers sei Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Einstiegsgeld nicht nur die Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes zur Integration in den Arbeitsmarkt, sondern auch die Überwindung der Hilfebedürftigkeit. Der Beklagte habe die Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme der tragfähigen selbständigen Tätigkeit und deren Förderung durch das Einstiegsgeld prognostisch zu beurteilen, wobei ihm ein Beurteilungsspielraum nicht eingeräumt werde. Maßgeblich für die Beurteilung sei nach einer ex-ante-Betrachtung, ob der Erfolg im Sinne einer Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit wahrscheinlich eintreten werde. Bezugspunkt für die Beurteilung sei dabei grundsätzlich die letzte Verwaltungsentscheidung. Ausgehend davon sei der Ablehnungsbescheid vom 10. Oktober 2012 nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil der Beklagte auch die zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Daten des Jahres 2011 herangezogen habe, da im Widerspruchsbescheid vom 12. August 2013 der Prognose nur noch die Daten der Jahre 2009 und 2010 zugrunde gelegt worden seien. Die Prognoseentscheidung sei nicht zu beanstanden. Es sei im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung nicht wahrscheinlich gewesen, dass die vom Kläger bereits ausgeübte Tätigkeit geeignet sei, seine Hilfebedürftigkeit auf Dauer zu überwinden. Dies setze voraus, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig sei bzw. gewesen sei. Im maßgebenden Zeitraum habe der Kläger jedoch keinen Gewinn erwirtschaftet. So habe der Kläger entgegen seiner dem Erstantrag beigefügten Rentabilitätsvorschau nicht bereits in den Jahren 2009 und 2010 einen Gewinn erwirtschaftet, sondern deutliche Verluste in Höhe von 1.972 Euro und 4.400 Euro erzielt, ohne dass den Angaben im Verlängerungsantrag habe entnommen werden können, wie er beabsichtige, die eingetretenen Verluste in den nächsten Wirtschaftsjahren auszugleichen. Auch sei dem Verlängerungsantrag nicht zu entnehmen gewesen, wieso der Kläger nunmehr in erheblichem Maße kostenintensive Werkzeuge habe einkaufen müssen. Im Erstantrag habe der Kläger insoweit angegeben gehabt, über die erforderliche Betriebsausstattung bereits zu verfügen und dementsprechend keine Kosten hierfür einkalkuliert. Daher könne auch nicht erkannt werden, dass dies typische Verluste im Rahmen des Aufbaus eines Bauunternehmens seien. Vielmehr weiche die tatsächliche Entwicklung des Betriebes von den ursprünglichen Angaben ab, ohne dass der Grund hierfür dem Beklagten im Rahmen des Verlängerungsantrages mitgeteilt worden sei. Zwar sei aus den eingereichten Unterlagen erkennbar, dass die Einnahmen des Klägers gestiegen seien und in der Zukunft eine weitere Steigerung erwartet werde, mithin ein deutlicher Ausbau des Kundenstammes bzw. des Auftragsvolumens bereits im ersten vollen Wirtschaftsjahr habe erreicht werden können. Jedoch seien gleichzeitig auch die Ausgaben im gleichen Maße gewachsen. Eine wirtschaftliche Tragfähigkeit setze jedoch nicht nur eine Einnahmensteigerung, sondern die Steigerung des Betriebsgewinns durch Verringerung der Ausgaben voraus. Dass der Kläger in den folgenden Jahren seinen Betrieb habe ausbauen und Gewinne erzielen können, sei für die Richtigkeit der Entscheidung des Beklagten zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht von Belang. Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Anspruchsgrundlage nicht vorlägen, könne der Kläger auch nicht mit seinem Hilfsantrag durchdringen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 3. Mai 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Juni 2016 eingelegte Berufung des Klägers.

Er meint, die Ansicht des Sozialgerichts, dass der Erfolg seiner Tätigkeit als Bauunternehmer im Sinne der Überwindung der Hilfebedürftigkeit aus einer ex-ante-Betrachtung des Bescheides vom 10. Oktober 2012 wahrscheinlich nicht eintreten würde, sei rechtsfehlerhaft. Ausschlaggebend sei, ob es eine Grundlage dafür gebe, dass sich aus der selbständigen Tätigkeit eine solche entwickeln könne, die geeignet sei, den Hilfebedarf längerfristig zu überwinden. Damit sei klar, dass es bei dieser Bewertung nicht darauf ankommen solle, ob bereits kurzfristig mit wirtschaftlichem Erfolg zu rechnen, sondern vielmehr darauf abzustellen sei, ob aufgrund der Gesamtheit zu berücksichtigenden Umstände mit einer längerfristigen Überwindung der Hilfebedürftigkeit gerechnet werden könne. Das Sozialgericht habe nicht sämtliche Faktoren herangezogen, sondern ausschließlich auf die Wirtschaftlichkeit im ersten vollen Kalenderjahr abgestellt. Sonstige Umstände, so die berufliche Vorbildung des Klägers und seinen beruflichen Werdegang, insbesondere die Tatsache, dass er in der Zeit von 1999 bis 2004 bereits selbständig als Bauunternehmer tätig gewesen sei, habe es nicht berücksichtigt. Diese Umstände begründeten nach objektiver Betrachtung jedoch eine entsprechend hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich seine nochmalige Unternehmensgründung diesmal längerfristig mit Erfolg entwickeln würde. Darüber hinaus habe das Sozialgericht nicht die in der Eigenart der Gründung eines Baubetriebes liegenden branchentypischen Besonderheiten berücksichtigt. Um erfolgreich in der Baubranche wirtschaftlich zu bestehen, bedürfe es einer konstanten guten Auftragslage. Diese Voraussetzung könne allerdings nur dann erfüllt sein, wenn der Handwerker durch seine kontinuierlich guten Leistungen die potentiellen Bauherren auf sich aufmerksam mache. Daher stehe der fehlende Gewinn in den ersten zwei Jahren nicht entgegen. Selbst das Sozialgericht bestätige einen deutlichen Ausbau des Auftragsvolumens. Wenn es dennoch keine Grundlage für die Annahme gesehen habe, dass sich die selbständige Tätigkeit als eine solche entwickeln könne, die geeignet wäre, den Hilfebedarf längerfristig zu überwinden, habe es den Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung verkannt. Insbesondere habe das Sozialgericht verkannt, dass gerade in der Gründungsphase eines Bauunternehmens bestimmte Investitionen in die Betriebsausstattung zwingend notwendig seien. Die Ausführungen des Sozialgerichts, es könne nicht verstehen, weshalb der Kläger weitere Investitionen in die Betriebsausstattung gerade im ersten Wirtschaftsjahr getätigt habe, sprächen eindeutig dafür, dass ihm jegliche Kenntnisse der betreffenden Wirtschaftswirklichkeit fremd seien. Eine solche Investition sei gerade erforderlich, um für die Zukunft dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Darüber hinaus dürfte hinsichtlich der Beurteilung der Grundlage für die Gewährung von Einstiegsgeld im angefochtenen Bescheid auf den Kenntnisstand des Beklagten von Mai 2013 abgestellt worden sein. Im Übrigen habe der Beklagte in seinem Vermerk vom 1. Februar 2012 eindeutig festgestellt, dass dem Kläger Einstiegsgeld für den Zeitraum 10. Mai 2011 bis 5. Oktober 2011 bewilligt werden könne. Damit habe der Beklagte eine rechtsverbindliche Zusage erteilt. Daraus folge aber jedenfalls, dass der Beklagte seinerzeit offenbar auch der Ansicht gewesen sei, dass sein Ermessensspielraum hinsichtlich des "Ob" der Gewährung von Einstiegsgeld auf "Null" reduziert sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. April 2016 abzuändern und aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 5. Oktober 2011 ein Einstiegsgeld in Höhe von 258,40 Euro monatlich zu gewähren, hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom 14. Dezember 2010 auf Verlängerung des Einstiegsgeldes für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 bis zum 5. Oktober 2011 unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 12. August 2013. Im Übrigen meint er, keine rechtsverbindliche Zusage über die Gewährung von Einstiegsgeld erteilt zu haben. Bei der erstmaligen Bewilligung von Einstiegsgeld sei aufgrund der positiven Stellungnahme der zuständigen Integrationsfachkraft vom 22. Oktober 2009 davon ausgegangen worden, dass das Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich gewesen sei. Die Entscheidung habe auch auf der Gewinnprognose beruht, welche für 2009 Gewinne von 5.050 Euro, für 2010 Gewinne von 10.200 Euro und für 2011 Gewinne von 10. 800 Euro vorgesehen habe. Eine positive Stellungnahme wäre nicht erfolgt, wenn der damals zuständigen Integrationsfachkraft die zu einem späteren Zeitpunkt in der Leistungsableitung eingereichten Unterlagen vorgelegen hätten.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (Behelfsakten Band II, III und ESG; ), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die zulässige Berufung ist im Sinne der Neubescheidung des Antrages vom 14. Dezember 2010 begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 10. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn der Beklagte hat eine Ermessensentscheidung, derer es bei der Weitergewährung (Verlängerung) des Einstiegsgeldes bedurft hätte, nicht getroffen.

Als (allein) zulässige Klage kommt die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG in Betracht, denn die Entscheidung über die Weitergewährung (Verlängerung) des Einstiegsgeldes steht im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten, wie die maßgebende Rechtsgrundlage (dazu nachfolgend) mit dem Wort "kann" zeigt. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG), woraus in entsprechender Anwendung des § 131 Abs. 3 SGG folgt, dass bei Rechtswidrigkeit im Urteil die Verpflichtung auszusprechen ist, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtsgrundlage für die Weitergewährung (Verlängerung) des Einstiegsgeldes ist § 16b Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850) – a. F. 2011 -.

Zwar ist nach § 66 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850) - a. F. - bestimmt: Wird dieses Gesetzbuch geändert, so sind, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bis zum Ende der Leistungen oder der Maßnahme die Vorschriften in der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn vor diesem Tag 1. der Anspruch entstanden ist, 2. die Leistung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Leistung bis zum Beginn der Maß- nahme beantragt worden ist.

Danach wäre § 16b Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2917) – a. F. 2008 –, der sich allerdings hinsichtlich des Wortlautes bis auf die unterschiedliche Bezeichnung des Berechtigten (Hilfebedürftiger statt Leistungsberechtigter) von § 16b Abs. 1 SGB II a. F. 2011 im Übrigen nicht unterscheidet, anzuwenden.

§ 66 Abs. 2 SGB II a. F. regelt jedoch: Ist eine Leistung nur für einen begrenzten Zeitraum zuerkannt worden, richtet sich eine Verlängerung nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung geltenden Vorschriften.

Die Entscheidung über die (weitere) Verlängerung wurde mit Bescheid vom 10. Oktober 2012 getroffen, also während des Geltungszeitraums des § 16b Abs. 1 SGB II a. F. 2011, so dass diese Vorschrift anzuwenden ist.

Danach gilt: Zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit kann erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt.

Ergänzend bestimmt § 16c Abs. 1 SGB II a. F. 2011 (§ 16c Abs. 1 SGB II a. F. 2008 ist auch insoweit bis auf die unterschiedliche Bezeichnung des Berechtigten identisch): Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, können nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit soll die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen.

Das Einstiegsgeld wird, soweit für diesen Zeitraum eine Erwerbstätigkeit besteht, für höchstens 24 Monate erbracht (§ 16b Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F. 2011; § 16b Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F. 2008 ist damit identisch).

Der Gesetzesbegründung (Bundestag-Drucksache 15/1516, S. 59 zu § 29 Abs. 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2004, 2014) sind zur Dauer des Einstiegsgeldes folgende Erwägungen zu entnehmen: Das Einstiegsgeld kann auf den Einzelfall zugeschnitten für höchstens 24 Monate erbracht werden. Hierdurch wird einer nicht vertretbaren Dauersubvention von Löhnen entgegengewirkt. Außerdem soll bei der Festlegung der Dauer der Maßnahme auch die Qualifikation des Hilfebedürftigen berücksichtigt sowie dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Hilfebedürftige mit zunehmender Dauer der Erwerbstätigkeit über eine größere Qualifikation verfügt, so dass auch sein Erwerbseinkommen hierdurch schneller steigen kann und das Erfordernis eines zusätzlichen Einstiegsgeldes verringert wird oder ganz entfällt.

Die Entscheidung, für welchen Zeitraum Einstiegsgeld gewährt wird, ist damit Teil der Ermessensentscheidung des Leistungsträgers. Dieser hat die Förderdauer auf den Einzelfall zugeschnitten festzulegen. Soweit Einstiegsgeld für einen Zeitraum von sechs Monaten bewilligt wird, kann dann bei Ablauf dieses Zeitraums über eine Verlängerung bis längstens zum Erreichen der Förderungshöchstdauer von 24 Monaten entschieden werden. Die Tatbestandsmerkmale müssen aber lediglich bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Einstiegsgeld vorliegen, denn hierauf bezieht sich der Weitergewährungsantrag. Insbesondere bleibt dieser Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung maßgeblich (Hannes in Gagel, SGB II/SGB III, 67. Ergänzungslieferung September 2017, § 16b SGB II, Rdnrn. 70, 72, 73, beck-online).

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. 2011 sind erfüllt.

Der erforderliche Antrag liegt vor.

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 13. Mai 2011; BGBl I 2011, 850) - a. F. - gilt: Leistungen nach diesem Buch werden (nur) auf Antrag erbracht.

Da Einstiegsgeld nicht Teil des Arbeitslosengeldes II ist, bedarf es insoweit eines gesonderten Antrags. Der Kläger stellte den Antrag auf Gewährung am 15. Juli 2009. Dies ergibt sich mittelbar aus den fachlichen Feststellungen der Integrationsfachkraft vom 22. Oktober 2009, die dieses Datum als Datum der Antragstellung ausweisen. Den Antrag auf Weitergewährung (Verlängerung) stellte der Kläger am 14. Dezember 2010, denn mit seinem Schreiben vom 14. Dezember 2010 machte er neben der Erinnerung an die Bescheidung seines Antrages zugleich einen fortbestehenden Anspruch auf Gewährung von Einstiegsgeld geltend. Ob letztgenanntem Antrag die Bedeutung eines konstitutiver Aktes wie dem Antrag im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. (mit der weiteren Rechtsfolge des § 37 Abs. 2 SGB II a. F.) zukommt oder ob er lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung hat, kann dabei dahin stehen, denn der Kläger macht die Weitergewährung (Verlängerung) von Eingliederungsgeld lediglich ab 1. Januar 2011 geltend.

Die erstmalige Bewilligung von Einstiegsgeld als maßgebendem Zeitpunkt, zu dem die Tatbestandsmerkmale vorliegen müssen, war mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 erfolgt. Der Kläger gehörte zu diesem Zeitpunkt zu den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, denn mit Bescheid vom 24. Juni 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Oktober 2009 waren ihm Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2009 bewilligt worden. Er war arbeitslos, denn vor Beginn seiner selbständigen Tätigkeit als Bauhandwerker zum 6. Oktober 2009 war er ohne Beschäftigung und Tätigkeit.

Vor der Ausübung des Entschließungsermessens (und nachfolgend des Auswahlermessens) müssen (auch) die Tatbestandsmerkmale der "Überwindung der Hilfebedürftigkeit" und der "Erforderlichkeit des Einstiegsgeldes zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt" erfüllt sein. Es handelt sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Ausfüllung nicht nur die in der Person des Leistungsberechtigten liegenden Umstände zu berücksichtigen sind, sondern auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Sie unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle. Der Leistungsträger hat die Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder tragfähigen selbständigen Erwerbstätigkeit und deren Förderung durch das Einstiegsgeld unter Berücksichtigung der Erforderlichkeit zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch zu beurteilen. Ein Beurteilungsspielraum, der von den Gerichten nur darauf überprüft werden kann, ob der Verwaltungsentscheidung ein zutreffend und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, die durch Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs abstrakt ermittelten Grenzen eingehalten und beachtet worden sind sowie die Verwaltung ihre Subsumtionsgedanken in einer Art und Weise zum Ausdruck gebracht und begründet hat, dass die Berücksichtigung der Beurteilungsmaßstäbe ersichtlich und nachvollziehbar ist, ist dem Leistungsträger gleichwohl nicht eingeräumt. Die anzustellende Prognose umfasst zwar auch die Lage des regionalen Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der Entscheidung. Sie wird auf diese Weise durch die gegenwärtige und zukünftige Arbeitsmarktsituation mitbestimmt. Die Förderung durch das Einstiegsgeld ist jedoch nicht von einer arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit abhängig, sondern lediglich von arbeits- und berufskundlichen Kenntnissen. Die darauf aufbauende prognostische Einzelbeurteilung der tatsächlichen Feststellungen ist im gerichtlichen Verfahren mit gleicher Sicherheit einer Überprüfung zugänglich wie im Verwaltungsverfahren. Bezugspunkt für die Prognose ist die letzte Verwaltungsentscheidung. Maßgeblich ist eine ex-ante-Betrachtung, ob der Erfolg im Sinne der Überwindung der Hilfebedürftigkeit durch die sozialversicherungspflichtige oder selbständige Erwerbstätigkeit wahrscheinlich eintreten wird und das Einstiegsgeld für eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch wahrscheinlich erforderlich ist (Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 46/14 R, Rdnrn. 18 und 19, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 16 b Nr. 1).

Es war zu diesem Zeitpunkt auch prognostisch zu erwarten, dass der Kläger mit der Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit seine Hilfebedürftigkeit beenden würde.

Offen bleiben kann, wie der Begriff der Überwindung der Hilfebedürftigkeit auszulegen ist. Das BSG hat im Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 46/14 R (Rdnr. 20) Bedenken gegenüber in der Literatur vertretenen Auffassungen, wonach ein Ausscheiden aus dem Leistungsbezug erforderlich ist, jedenfalls hinsichtlich eines solchen Leistungsberechtigten, der in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, geäußert. Soweit der Leistungsberechtigte in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, würde die Forderung nach der Eignung der Erwerbstätigkeit zum Ausscheiden aus dem Leistungsbezug dazu führen, dass durch das prognostisch erzielbare Einkommen der Bedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft gedeckt sein müsste. Denn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, wenn in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Dies bedeutet, dass sich der Hilfebedarf im SGB II grundsätzlich nach dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft bestimmt. Dies führte jedoch im Rahmen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. zu einer Benachteiligung der Leistungsberechtigten, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Denn bei ihnen wäre eine günstige Prognose i. S. des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. davon abhängig, dass es ihnen gelingen müsste, ein höheres Einkommen zu erzielen als ein alleinstehender Hilfebedürftiger, der voraussichtlich durch die Erwerbstätigkeit "nur" in die Lage versetzt werden müsste, seinen Regelbedarf und die Unterkunftsaufwendungen zu decken. Ob im Rahmen des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. auf die prognostische Überwindung des Hilfebedarfs desjenigen, der das Einstiegsgeld begehrt, oder den Hilfebedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft abzustellen sein soll, erschließt sich nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf. Es finden sich weder zu der Vorgängervorschrift des § 29 SGB II (Bundestag-Drucksache 15/1516, S 59) noch zu § 16b SGB II (Bundestag-Drucksache 16/10810, S. 47) Hinweise dazu, von welchem Verständnis des Begriffs der Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Gesetzgebungsprozess ausgegangen worden ist. Dabei geht allerdings die Funktion des Einstiegsgeldes deutlich über die der bloßen Verringerung des Hilfebedarfs i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch die Erzielung von Erwerbseinkommen hinaus. Das Einstiegsgeld soll vielmehr für den Hilfebedürftigen mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine spürbare Verbesserung seiner finanziellen Situation herbeiführen, um damit zu bewirken, dass er die aufgenommene Erwerbstätigkeit ausbaut.

Vorliegend bedarf es der Entscheidung dieser Rechtsfrage nicht, denn prognostisch war zu erwarten, dass auch die Hilfebedürftigkeit der weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entfallen, es also zum Ausscheiden aus dem Leistungsbezug kommen würde.

Nach der für die letzte Verwaltungsentscheidung, den Bescheid vom 29. Oktober 2009, maßgebenden vorgelegten Gewinnvorschau war für die Zeit bis 31. Dezember 2009 ein Gewinn von 5.050 Euro, für 2010 ein Gewinn von 10.200 Euro und für 2011 ein Gewinn von 10.700 Euro zu erwarten. Damit würde das Einkommen des Klägers 850 Euro monatlich im Jahr 2010 und ca. 892 Euro monatlich im Jahr 2011 betragen, so dass dauerhaft mit einer Überwindung der Hilfebedürftigkeit des Klägers und der weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu rechnen gewesen wäre. Nach dem vorgelegten Geschäftskonzept/Businessplan umfasste sein Leistungsspektrum die Montage von Fertigteilen und -elementen (Zaunanlagen, Garagentore, Trockenbau) sowie den Holz- und Bautenschutz (Bauwerksabdichtungen, Korrosionsschutz, Holzschutz, Wärmeschutz, Schallschutz, Brandschutz). Wegen des Kundenzugangs bezog er sich auf gute Kontakte und Verbindungen. Er wies darauf hin, dass er aus der Erfahrung seiner bisherigen Selbständigkeit und der damit verbundenen Insolvenz durch nichtzahlende Auftraggeber geschult sei. Als Einzelunternehmer sei das Risiko durch minimalen Eigenmaterialeinsatz und wenig Fremdleistung verbunden mit Vorschussrechnungen überschaubar. Notwendiges Werkzeug sowie ein Pkw werde aus dem Privatvermögen in das Unternehmen eingebracht. Für seine Arbeitsleistung kalkulierte er 25 bis 30 Euro je Stunde. Das ermögliche ihm, bei einer wöchentlichen Auslastung ab 20 Stunden je Woche seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu erwirtschaften. Wegen seiner arbeits- und berufskundlichen Kenntnisse bezog er sich auf seine Erfahrung aus Tätigkeiten im Baugewerbe, wie sie im eingangs geschilderten Tätigkeitsverlauf zum Ausdruck kommen. Als berufliche Kenntnisse gab er solche im Möbelbau, im Möbeleinbau, in der Reparatur, in der Holzbearbeitung, für Furnierarbeiten, in Zimmerertätigkeiten, bei Produktions- und Montagearbeiten von Türen sowie Schweißer- und Schlosserkenntnisse und solche bei der Restauration an. Wenn die Integrationsfachkraft des Beklagten auf dieser Grundlage und weiteren nicht mehr vorhandenen Unterlagen in ihrer Stellungnahme vom 22. Oktober 2010 zum Ergebnis gelangte, dass mit der selbständigen Tätigkeit dauerhaft die Hilfebedürftigkeit überwunden werden kann, so ist dies nachvollziehbar, zumal der Beklagte, wie er im Berufungsverfahren einräumt, auf dieser Grundlage weiterhin zum selben Ergebnis gelangt sei.

Soweit der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt (im Rahmen des Antrages auf Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II im November 2009) andere Angaben zu seinen voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit machte, kommt es darauf schon deswegen nicht an, weil diese Angaben bei der Erteilung des Bescheides vom 29. Oktober 2009 aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnten. Zum anderen bleibt offen, weswegen vom Kläger im November 2009 andere Angaben gemacht wurden. So kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass sich aufgrund neuer Erkenntnisse, die nach Erteilung des Bescheides vom 29. Oktober 2009 gewonnen wurden, die bei Erteilung dieses Bescheides zugrunde gelegten Annahmen nicht würden bestätigen lassen. Dies macht die bei Erlass des Bescheides vom 29. Oktober 2009 getroffene Prognose jedoch nicht fehlerhaft.

Es war zudem prognostisch zu erwarten, dass das Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich war. Der Start einer selbständigen Tätigkeit ist, insbesondere bei einem Gewerbebetrieb, regelmäßig mit individuellen Hemmnissen verbunden. Ein Gewerbebetrieb, wie der des Klägers, ist typischerweise, um handwerkliche Leistungen erbringen zu können, darauf angewiesen, zunächst die entsprechenden einzubauenden bzw. zu verarbeitenden Materialien zu beschaffen. Auch wenn diese Materialien, wie im Falle des Klägers, mit Vorschussrechnungen vorfinanziert werden sollen, können damit nicht die gesamten Materialkosten abgedeckt werden, denn erfahrungsgemäß ist ein Auftraggeber nicht bereit, solche Kosten im Voraus vollständig zu übernehmen; mithin kann der Gewerbetreibende lediglich Teilzahlungen als Vorschuss oder Anzahlung erwarten. Davon ging auch der Kläger aus, denn in den vorgelegten Gewinnvorschauen berücksichtigte er solche Kosten als Betriebsausgaben. Damit ist jedoch das Einstiegsgeld zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit des Klägers erforderlich, um seinen Einstieg in die selbständige Tätigkeit zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Ein – andererseits allein in Betracht kommender - erforderlicher Rückgriff auf das Arbeitslosengeld II ist nicht zumutbar, da ansonsten die Deckung des Lebensunterhaltes nicht gewährleistet wäre. Das Einstiegsgeld dient neben dem einen Zweck, einen finanziell attraktiven Anreiz für die Tätigkeitsaufnahme zu schaffen, zum anderen dazu, die mit einer Erwerbstätigkeit typischerweise verbundenen Mehrkosten auszugleichen (Hannes in Gagel, a. a. O., § 16b SGB II, Rdnr. 7 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zur Vorläufervorschrift § 29 SGB II a. F. und Bundestag-Drucksache 15/1516, S. 59). Das Einstiegsgeld war damit unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Klägers erforderlich, um ihn dauerhaft in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern. Auch wenn Fehlanreize in Form von Mitnahmeeffekte verhindert werden sollen (Hannes in Gagel, a.a.O., § 16b, Rdnr. 64 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 29 SGB II a. F., Bundestag-Drucksache 15/1516, S. 59; vgl. dazu auch insgesamt die Problematik des Einstiegsgeldes: Rdnrn. 8 und 9), soll gleichwohl der Leistungsempfänger bereits mit der Aufnahme der Erwerbstätigkeit eine spürbare Verbesserung seiner materiellen Situation erfahren (Hannes in Gagel, a.a.O., § 16b Rdnr. 10). Bei einer selbständigen Tätigkeit ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Leistungsberechtigte in aller Regel keine andere Form der Existenzförderung erlangen kann, insbesondere keinen Gründungszuschuss nach § 93 SGB III (Hannes in Gagel, a.a.O., § 16b Rdnr. 65), so dass in der Regel und gerade vorliegend im Fall des Klägers die gewünschte Eingliederung ohne das Einstiegsgeld voraussichtlich nicht erreichbar war.

Somit lagen alle Tatbestandsmerkmale bezogen auf den Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Einstiegsgeld mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 vor.

Soweit der Beklagte das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen mit Stand Januar 2011 prüfte und verneinte, erweist sich dies, wie dargelegt, als rechtsfehlerhaft.

Lagen jedoch zum Zeitpunkt des Antrages auf Weitergewährung (Verlängerung) des Einstiegsgeldes im Dezember 2010 die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, so war nach § 16b Abs. 1 SGB II a. F. 2011 eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, ob dem Kläger im Rahmen des Entschließungsermessens des Beklagten weiterhin Einstiegsgeld (und im Rahmen seines Auswahlermessens gegebenenfalls in welcher Höhe) zu bewilligen ist. Dabei war dem Leistungsträger auch bei der Entscheidung über die Weitergewährung (Verlängerung) von Einstiegsgeld (ebenso wie bei der Entscheidung über die erstmalige Bewilligung von Einstiegsgeld) ein großer Ermessensspielraum eingeräumt (Hannes in Gagel, a.a.O., § 16b Rdnrn. 10, 67, 70,73).

Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 12. August 2013 ausführte, auf eine Ermessensprüfung komme es vorliegend nicht mehr an, erweist sich dies im Rahmen seines Entschließungsermessens als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

Eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung erfordert nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I, dass die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausübt und dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Der von der Ermessensentscheidung Betroffene hat dementsprechend einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem eingeschränkten Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Rechtswidrig können demnach Verwaltungsakte bei Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch sein.

Ein Ermessensnichtgebrauch ist gegeben, wenn überhaupt keine Ermessenserwägungen angestellt werden und so gehandelt wird, als ob eine gebundene Entscheidung zu treffen ist. Eine Ermessensüberschreitung liegt vor, wenn eine Rechtsfolge gesetzt wird, die in der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen ist. Ein Ermessensfehlgebrauch zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass sachfremde Erwägungen angestellt werden (BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 19/14 R, Rdnrn. 36 und 37, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 31 a Nr. 1; BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R, Rdnrn. 17 bis 19, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr. 1; BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 – 4 RA 44/94, Rdnrn. 32 bis 35, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 76, 16 = SozR 3-1200 § 66 Nr. 3; BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994 – 4 RA 42/94, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Sachfremde Erwägungen sind u. a. dann gegeben, wenn Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die den Zweck der Norm nicht beachten (BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 1/07 R, Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 22. Februar 1995 – 4 RA 44/94, Rdnr. 35).

Ausgehend davon handelt es sich hier um einen Ermessensnichtgebrauch, denn der Beklagte war der Ansicht, kein Ermessen ausüben zu müssen; er hat dies tatsächlich auch nicht getan, denn zu Ermessenserwägungen schweigt der Bescheid vom 10. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013. Beide Bescheide stützen ihre Entscheidung ausschließlich darauf, dass die selbständigen Tätigkeit voraussichtlich nicht geeignet ist, die Hilfebedürftigkeit zu beenden bzw. zu überwinden. Diese Begründung bezieht sich somit auf ein Tatbestandsmerkmal des § 16b Abs. 1 SGB II a. F. 2011.

Eine sogenannte Ermessensreduzierung auf Null scheidet aus, denn es ist nicht ersichtlich, dass nur eine Entscheidung, entweder die Ablehnung der Weitergewährung (Verlängerung) von Einstiegsgeld oder die Bewilligung von Einstiegsgeld, rechtmäßig wäre. Wie die oben zitierte Gesetzesbegründung erkennen lässt, soll die Förderdauer auf den Einzelfall zugeschnitten sein, wobei die weitere Entwicklung während des Zeitraumes bis zur Höchstdauer von 24 Monaten zu berücksichtigen ist. Die weitere Entwicklung kann danach auch dazu führen, dass das Einstiegsgeldes verringert wird oder ganz entfällt. Die insoweit zu treffende Entscheidung erfordert eine individuelle Abwägung aller wesentlichen Umstände.

Angesichts dessen kann der Bescheid vom 10. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 auch unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensreduzierung auf Null keinen Bestand haben.

Der Kläger wiederum hat unter dem Gesichtspunkt einer Ermessensreduzierung auf Null auch unter Berücksichtigung des Vermerks des Beklagten vom 1. Februar 2012 keinen Anspruch auf Einstiegsgeld in Höhe von 258,40 Euro monatlich.

Der Vermerk vom 1. Februar 2012 beinhaltet entgegen der Ansicht des Klägers keine rechtsverbindliche Zusage.

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form.

Der Vermerk vom 1. Februar 2012 stellt als Ergebnis der Überprüfung eines vom Kläger im Verfahren der vorangegangenen Untätigkeitsklage behaupteten am 10. Mai 2011 gestellten Antrages fest: Wenn eine Antragstellung des Kunden am 10. Mai 2011 vorgelegen hätte, hätte man dem Kunden das Einstiegsgeld für den Zeitraum 10. Mai 2011 bis 5. Oktober 2011 bewilligen können. Eine rückwirkende Gewährung des Einstiegsgeldes ab dem 1. Januar 2011 wäre nicht möglich gewesen.

In diesem Vermerk werden mithin rechtliche Erwägungen dazu angestellt, wie verfahren worden wäre, wenn am 10. Mai 2011 eine Antragstellung vorgelegen hätte. Da der Beklagte jedoch vom Fehlen einer solchen Antragstellung ausging, bestand zum Zeitpunkt des Vermerks vom 1. Februar 2012 seitens des Beklagten keine Veranlassung, Einstiegsgeld durch Verwaltungsakt zu bewilligen oder eine Zusage, einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen, zu erteilen. Dies ist nach dem Inhalt dieses Vermerks ersichtlich auch nicht geschehen.

Ob aus diesem Vermerk folgt, dass der Beklagte seinerzeit offenbar auch der Ansicht gewesen sei, sein Ermessensspielraum sei hinsichtlich des "Ob" der Gewährung von Einstiegsgeld auf "Null" reduziert, kann dahinstehen. Diese Ansicht hat jedenfalls im angefochtenen Bescheid keinen Niederschlag gefunden.

Nach alledem ist der Bescheid vom 10. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2013 wegen Ermessensnichtgebrauchs ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, so dass über den Antrag vom 14. Dezember 2010 auf Weitergewährung (Verlängerung) des Einstiegsgeldes für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 5. Oktober 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts von dem Beklagten neu zu entscheiden ist.

Die Berufung hat daher teilweise Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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