S 34 R 1369/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
34
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 34 R 1369/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 768/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im Jahre XXXX geborene Kläger ist von Beruf Maler und Lackierer. Seit dem Jahre XXXX ist der Kläger arbeitslos. Er bezieht Arbeitslosengeld II.

Nach zwei erfolglosen Klageverfahren stellte der Kläger den hier maßgeblichen Rentenantrag bei der Beklagten am 13.05.2013. Die Beklagte zog ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S vom 21.12.2013 bei. Dr. S diagnostizierte bei dem Kläger eine somatoforme Störung und eine akzentuierte Persönlichkeit. Hinweise für das Vorliegen einer Neuroborreliose ergaben sich nicht. Auch konnte ein Polyneuropathiesyndrom ausgeschlossen werden. Kognitive Defizite kamen im Rahmen der Begutachtung nicht zur Darstellung. Der Gutachter hielt den Kläger für in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Dr. S1 erstattete für die Beklagte am 12.02.2014 ein internistisches Gutachten. Er diagnostizierte bei dem Kläger eine chronische Borreliose, ein chronifiziertes Schmerzsyndrom, einen Diabetes mellitus und eine Hypertonie. Der Kläger sei in der Lage, körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Gestützt auf diese Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 17.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2014 ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil er in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten zu verrichten.

Zur Begründung der am 20.08.2014 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, insbesondere wegen einer chronischen Borreliose nicht mehr arbeitsfähig zu sein. Er legt zahlreiche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Laborberichte sowie einen amtsärztlichen Untersuchungsbericht vom 04.07.2005 vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.08.2014 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig.

Das Gericht hat einen Befundbericht des Hausarztes des Klägers C eingeholt. Sodann hat es die Oberärztin der Klinik für Innere Medizin des K I E, Fachärztin für Neurologie/Sozialmedizin Dr. N L zur Sachverständigen bestellt. Dr. L teilt in ihrem neurologisch-sozialmedizinischen Gutachten vom 19.01.2015 mit, dass sie die Fragen der Beweisanordnung nicht beantworten könne, da sich der Kläger einer neurologischen Untersuchung widersetzt habe. Sie gehe davon aus, dass bei dem Kläger eine querulante Persönlichkeitsstörung und eine chronische Schmerzsymptomatik vorlägen. Die Behauptung des Klägers, dass Neurologen bei seiner selbstdiagnostizierten Borreliose fachfremd seien, sei unzutreffend. Sie habe die Diagnose einer Borreliose nicht stellen können, da der Kläger ihr hierzu keine Möglichkeit gegeben habe. Bei einer serologischen Untersuchung im Februar 2012 hätten sich jedoch keine Hinweise auf eine Neuroborreliose ergeben. Nach Aktenlage stimme sie dem neurologisch-psychiatrischen Vorgutachten von Dr. S und auch dem im Verfahren S 34 R 38/09 eingeholten rheumatologisch-orthopädischen Gutachten von Dr. I vom 20.08.2009 zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die beigezogenen Vorprozessakten zu den Az.: S 34 RJ 137/04 und S 34 R 38/09 Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert, weil diese nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte lehnt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Recht ab.

Dem Kläger steht ein mit dem Hauptantrag geltend gemachter Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) nicht zu, weil er nicht voll erwerbsgemindert im Sinne dieser Vorschrift ist.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich kann Rente wegen voller Erwerbsminderung unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes beansprucht werden.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.

Der Kläger ist gesundheitlich in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig zu sein. Er kann nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer körperlich leichte Arbeiten in diesem zeitlichen Umfang ausüben. So besitzt der Kläger das Leistungs- und Umstellungsvermögen sowie die geistig kognitiven Fähigkeiten, um nach einer maximal dreimonatigen Einarbeitungszeit z. B. die körperlich leichten Tätigkeiten eines Pförtners oder eines Poststellenmitarbeiters vollschichtig zu verrichten.

Hinsichtlich dieser Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben stützt sich die Kammer auf das neurologisch-sozialmedizinische Gutachten der Sachverständigen Dr. L. Die Sachverständige hat das Gutachten wegen der fehlenden Mitwirkung des Klägers zwar nicht abschließen können, stimmt aber den Ergebnissen der Begutachtungen durch Dres. I, S1 und S ausdrücklich zu. Den urkundsbeweislich verwerteten Vorgutachten der Dres. S und S1 ist zu entnehmen, dass der Kläger noch zumindest körperlich leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich verrichten kann. Die bei dem Kläger demnach vorliegende somatoforme Schmerzstörung projiziert sich in das Wirbelsäulen- und Skelettsystem, aber auch in die Muskulatur. Bereits bei der Begutachtung durch Dr. S wurde eine erhebliche Diskrepanz zwischen den von dem Kläger geklagten und demonstrierten Beschwerden und Beeinträchtigungen einerseits und den zu erhebenden Befunden deutlich. Auch der Internist Dr. S1, der an Hand der Laborbefunde durchaus eine chronische Borreliose bei dem Kläger diagnostizierte, ging von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten aus. Im Rahmen seiner Begutachtung waren die Gelenke des Klägers frei beweglich und es fanden sich an keiner Stelle synovitische Gelenkschwellungen.

Die vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seines Hausarztes führen zu keiner anderen Beurteilung. Der krankenversicherungsrechtliche Begriff der Arbeitsunfähigkeit lässt keine Rückschlüsse auf das Vorliegen einer Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI zu.

Dem Kläger steht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI nicht zu, weil er nicht teilweise erwerbsgemindert im Sinne dieser Vorschrift ist.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das Restleistungsvermögen des Klägers erlaubt jedoch – wie ausgeführt - körperlich leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr täglich.

Bei einem vollschichtig leistungsfähigen Versicherten wie dem Kläger ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Zahl von Erwerbsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Ob gesundheitlich geeignete Arbeitsplätze dem Kläger vermittelbar sind, oder ob konkrete Einsatzmöglichkeiten bestehen, ist rentenversicherungsrechtlich unerheblich. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, obliegt in diesen Fällen nicht der Rentenversicherung, sondern dem Versicherten bzw. der Arbeitsverwaltung (vgl. BSGE 80, 24 = SozR 3 – 2600 § 44 Nr. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Rechtskraft
Aus
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