Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 10 U 175/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 98/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 56 SGB 7
Gesetzliche Unfallversicherung - MdE - Addition - Einzel - MdE
1. Eine Addition einzelner Teil-MdE-Werte ist in der Regel ausgeschlossen. Vielmehr sind die Werte im Wege einer "Gesamtschau der Gesamteinwirkung aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit" integrierend zusammenzufassen.
2. Zur Überschneidung von Funktionseinbußen auf chirurgischem und neurologisch - psychiatrischem Fachgebiet.
Gesetzliche Unfallversicherung - MdE - Addition - Einzel - MdE
1. Eine Addition einzelner Teil-MdE-Werte ist in der Regel ausgeschlossen. Vielmehr sind die Werte im Wege einer "Gesamtschau der Gesamteinwirkung aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit" integrierend zusammenzufassen.
2. Zur Überschneidung von Funktionseinbußen auf chirurgischem und neurologisch - psychiatrischem Fachgebiet.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 22. November 2016 wie folgt abgeändert: Die Bescheide der Beklagten vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 18. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 10. April 2014 werden abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1. November 2013 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 60 v. H. zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer höheren Ver-letztenrente ab dem 18. Juni 2012 aufgrund eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles vom 10. Januar 2011. An diesem Tag stürzte der Kläger aus einer Gitterbox aus großer Höhe auf den Betonboden einer Halle. Laut Durchgangsarztbericht vom gleichen Tage erlitt der Kläger ein Polytrauma und diverse Frakturen. Deshalb befand sich der Kläger in der Zeit vom 10. Januar bis 18. April 2011 in stationärer Behandlung der Klinik für Unfallchirurgie E. Hierbei wurde auch eine Wundheilungsstörung in der linken Fersenbeinregion mit nachfolgender Infektion behandelt. Vom 18. April bis 21. Juni 2011 schloss sich eine stationäre Behandlung im Klinikum B. in H. an. Dort erfolgte erneut eine umfangreiche Wundbehandlung im Bereich der linken Ferse.
In einem ersten Rentengutachten bezifferte der Chirurg Professor Dr. H. die MdE ab dem 21. März 2012 auf 40 v. H. Der Kläger habe eine Kalkaneusfraktur rechts und eine geschlossene Kalkaneusfraktur links mit Infektverlauf erlitten. Hinzu komme eine Spaltberstungsfraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers. Eine schmerztherapeutische Konsultation sei notwendig. In einem fachpsychotherapeutischen Zusatzgutachten vom 26. Juli 2012 bezifferte der Psychologe Dr. U. die MdE auf seinem Fachgebiet auf 20 v. H. Es liege eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (ICD-10 F43.2) vor. In einer zusammenfassenden Stellungnahme vom 14. August 2012 bezifferte Professor Dr. H. daraufhin die Gesamt-MdE auf 50 v. H. Die Unfallfolgen auf psychologischem Fachgebiet seien teilweise Gegenstand des unfallchirurgischen Hauptgutachtens. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juli 2012 das Ereignis vom 10. Januar 2011 als Arbeitsunfall und folgende Unfallfolgen an: " zweitgradig offene Fersenbeinfraktur rechts, geschlossene Fersenbeinfraktur links mit Infektverlauf nach operativer Versorgung mittels winkelstabiler Platte, - geschlossen dislozierte Fersenbeinfraktur links mit Pseudarthrosenbildung nach Infektverlauf - Fehlstellung im linken Rückfuß und Beinverkürzung links ca. 1 cm - Subtalararthrose nach zweitgradig offener Fersenbeinfraktur rechts - Spaltberstungsfraktur des 2. Lendenwirbelkörpers mit Hinterkantenbeteiligung und weiterbestehendem substantiellen Defekt nach operativer Versorgung - Versteifung zweier Wirbelsäulensegmente von LWK 1 auf LWK 3 nach dorsaler Stabilisierung - anhaltend brennender Schmerz in beiden Füßen - eingeschränkte Beweglichkeit im linken oberen und unteren Sprunggelenk - Lappenplastische Deckung eines Hautweichteildefektes über dem linken Rückenfuß und Außenknöchel nach Infektverlauf sowie Spalthautdeckung des Lappens".
Eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 40 v. H. wurde gewährt. Nach Vorlage der zusammenfassenden Stellungnahme von Professor Dr. H. vom 14. August 2012 nahm die Beklagte mit Bescheid vom 11. September 2012 den Bescheid vom 12. Juli 2012 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der MdE und der Unfallfolgen zurück. Als Unfallfolge wurde zusätzlich eine psychische Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion anerkannt. Die MdE wurde rückwirkend ab dem 18. Juni 2012 auf 50 v. H. beziffert. Hiergegen legte der Kläger am 21. September 2012 Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am 8. Januar 2013 Klage (S 10 U 175/13) erhoben. Während des Klageverfahrens holte die Beklagte beim Diplom-Psychologen U. und Dr. B. ein zweites Rentengutachten ein. Der Diplom-Psychologe Dr. U. bezifferte in seinem Rentengutachten vom 4. November 2013 die MdE erneut und auf Dauer mit 20 v. H. Zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt liege eine psychoreaktive Unfallfolge im Sinne einer mittelgradigen depressiven Verstimmung vor. Der Unfallchirurg Dr. B. bezifferte in seinem Gutachten vom 10. Dezember 2013 die MdE ab dem 4. September 2013 bis auf Dauer auf 50 v. H. und die Gesamt-MdE unter Einbeziehung der psychotherapeutischen Unfallfolgen auf 60 v. H. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. L. vom 18. Dezember 2013, der die Gesamt-MdE auf 50 v. H. bezifferte, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19. Dezember 2013 eine Rente auf Dauer nach einer MdE von 50 v. H. Der Widerspruch des Klägers hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2014 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung am 8. Mai 2014 Klage erhoben (Az.: S 10 U 2280/14). Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 16. November 2016 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das Sozialgericht hat den Neurologen und Psychiater Dr. K. und den Chirurgen Prof. Dr. T. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. K. diagnostiziert in seinem Gutachten vom 7. März 2016 beim Kläger eine mittelgradige depressive Episode, die sich aus einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion entwickelt habe. Zusätzlich liege ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Es handle sich um einen sogenannten Begleitschmerz. Anhaltspunkte für ein chronisch regionales Schmerzsyndrom (CRPS) bestünden nicht. Hinzu komme eine Sensibilitätsstörung bedingt durch die Irritation der Hautnerven im Bereich der Füße beidseits. Letztere bedinge eine MdE von 10 v. H. und die mittelgradige depressive Episode von 30 v. H. Die Gesamt-MdE auf nervenärztlichem Fachgebiet sei mit 30 v. H. seit Oktober 2013 adäquat bewertet. Der Unfallchirurg Professor Dr. T. bewertet die Unfallfolgen auf seinem Fachgebiet mit 40 v. H. Hinsichtlich des verheilten Wirbelkörperbruchs ohne Bandscheibenschaden und ohne wesentliche Abknickung geht er von einer MdE von unter 10 v. H. aus. Die Versteifung des oberen und hinteren unteren Sprunggelenkes sei mit einer MdE von 25 v. H. zu bewerten. Bei bestehender Restbeweglichkeit der Sprunggelenke beidseits ergebe sich eine MdE von 20 v. H. pro Seite, also insgesamt 40 v. H. Die Gesamt-MdE betrage bis zum 28. Oktober 2013 60 v. H. und für die Zeit danach aufgrund der Verschlimmerung der Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet 70 v. H. Es sei eine Addition gerechtfertigt, da andere Organregionen betroffen seien. Einen Vergleichsvorschlag der Beklagten, ab dem 1. November 2013 eine Rente nach einer MdE von 60 v. H. zu zahlen, hat der Kläger abgelehnt.
Das Sozialgericht Gotha hat mit Urteil vom 22. November 2016 den Bescheid vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 und den Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Unfallrente bei Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Zeit vom 18. Juni (gemeint: 2012) bis 28. Oktober 2013 in Höhe von 60 v. H. und für die Zeit danach auf Dauer in Höhe von 70 v. H. zu zahlen. Die Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet seien mit 30 v. H. zu berücksichtigen. Der überwiegende funktionelle Schaden auf unfallchirurgischem Gebiet sei hinzuzurechnen. Es sei davon auszugehen, dass die Funktionseinschränkungen nebeneinander stehen. Zwar scheide eine einfache Addition in der Regel aus. Im Ergebnis könne aber auch bei orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Unfallfolgen eine Zusammenrechnung erfolgen. Es sei hier nicht von überlagernden oder sich überschneidenden Funktionseinschränkungen auszugehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die vom Sozialgericht vorgenommene Addition der Einzelwerte sei nicht zulässig. Bei Funktionseinschränkungen mehrerer Körperteile und Organe sei das Gesamtbild aller Funktionseinschränkungen zu würdigen. Eine integrierende Gesamtschau sei vorzunehmen. Eine Addition scheide aus. Auch vorliegend könnten die Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht unabhängig von den chirurgischen Unfallfolgen betrachtet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 22. November 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des Sozialgerichts Gotha sei in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Die Feststellung der MdE sei letztlich eine juristische Aufgabe und obliege dem Gericht. Eine integrierende Betrachtung führe hier zu dem vom Sozialgericht Gotha ausgeurteilten Ergebnis. Ansonsten sei ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Die Unfallfolgen auf chirurgischem Gebiet seien zu niedrig bewertet. In der Vergangenheit sei immer wieder aufgrund der Unfallfolgen Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Hinsichtlich seiner Schwerbehinderung sei ein GdB von 70 v. H. anerkannt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Denn der Kläger hat gegenüber der Beklagten nur Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 60 v. H. ab dem 1. November 2013.
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 unter Berücksichtigung der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2017 abgegebenen Erklärung zur Anerkennung weiterer Unfallfolgen.
Im Hinblick auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 16. November 2016 zur Verbindung der beiden Ausgangsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung bedurfte es vorliegend keiner Erörterung der Folgen der Einbeziehung des Bescheids vom 19. Dezember 2013 nach § 96 SGG in das seit dem 8. Januar 2013 anhängige Gerichtsverfahrens S 10 U 175/13 (vgl. dazu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2011 – L 10 U 4346/08 –, Juris). Denn mit der Verfahrensverbindung nach § 113 Abs. 1 SGG wird letztlich derselbe Zweck erreicht, wie er § 96 SGG zu Grunde liegt. Insbesondere im Hinblick darauf hat der Senat von einer entsprechenden Tenorierung abgesehen, soweit die Klage gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2013 im Hinblick auf § 96 SGG wegen des Verbots doppelter Rechtshängigkeit zu verwerfen gewesen wäre (zur Unzulässigkeit einer Klage gegen einen Bescheid nach § 96 SGG vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 13/14 R -).
Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus Anspruch auf Gewährung von Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. gemindert ist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die durch den Arbeitsunfall am 10. Januar 2011 verursachte MdE ist ab dem 1. November 2013 mit 60 v. H. einzuschätzen. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögen des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer sowie sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 2. Mai 2001, Az.: B 2 U 24/00 R). Bei der Bewertung der MdE ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher maßgebend, sondern vielmehr der damit verbundene Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016, Az.: B 2 U 11/15 R; BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 14/03 R). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerung darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG, Urteil vom 23. April 1987, Az.: 2 RU 42/86). Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016, Az.: B 2 U 11/15 R).
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich dass die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 und dem Bescheid vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 die MdE bis zum 31. Oktober 2013 zutreffend mit 50 v. H. bewertet hat. Der Senat stützt sich insoweit auf die Ausführungen in dem Gutachten des Prof. Dr. H. vom 19. April 2012. Dieser ermittelte hinsichtlich der Beweglichkeit des oberen rechten Sprunggelenks Ausmaße von 20-0-30 Grad und links von 5-0-20 Grad. Die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenkes rechts betrug 10-10 Grad und war links aufgehoben. Eine Restbeweglichkeit der oberen Sprunggelenke war daher vorhanden. Nach den Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 713) ist bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung eine MdE von 25 v. H. gerechtfertigt. Bei bestehender Restbeweglichkeit der oberen Sprunggelenke ist daher auch unter Einbeziehung der Schmerzen beim Kläger für beide Seiten eine MdE von insgesamt 40 v. H. angemessen. Dem Messblatt für die Wirbelsäule lassen sich keine relevanten Bewegungseinschränkungen entnehmen. Hinzutritt die MdE auf psychiatrischem Fachgebiet. Insoweit folgt der Senat dem Diplom-Psychologen Dr. U. und dessen Ausführungen in seinem Gutachten vom 26. Juli 2012. Danach lag zum damaligen Untersuchungszeitpunkt eine psychoreaktive Unfallfolge im Sinne einer Anpassungsstörung mit de-pressiver Reaktion vor, die mit 20 v. H. zu bewerten ist. Eine Verschlechterung der Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet lässt sich erst im Zusammenhang mit der weiteren Untersuchung bei Dr. U. am 28. Oktober 2013 begründen und ist daher nach § 73 Abs.1 SGB VII erst für die Zeit ab 1. November 2013 relevant. Im Wege der erforderlichen integrierenden Gesamtschau ergibt dies eine Gesamt-MdE für den Zeitraum bis Ende Oktober 2013 in Höhe von 50 v. H. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Zusammenrechnung nicht in Betracht.
Für die Zeit ab dem 1. November 2013 ist hingegen (insoweit in Abweichung von den Bescheiden der Beklagten) eine Gesamt-MdE in Höhe von 60 v. H. gerechtfertigt. Dies beruht auf einer Verschlechterung der Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet ab diesem Zeitpunkt. Aus den Ausführungen des Chirurgen Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 29. März 2016, an dessen Verwertbarkeit der Senat mangels Vorbefassung im Verwaltungsverfahren keine Zweifel hat, ergibt sich hinsichtlich des chirurgischen Fachgebiets, dass die MdE nach wie vor mit 40 v.H. zu beziffern ist. Zwar hat sich die Beweglichkeit hinsichtlich des unteren rechten Sprunggelenks im Vergleich zu den Begutachtungen bei Prof. Dr. H. und Dr. B. verschlechtert. Dieses ist nunmehr versteift. Allerdings bestand auch schon vorher nur eine geringe Restbeweglichkeit von 10 Grad. Beim oberen rechten Sprunggelenk besteht aber nach wie vor eine Restbeweglichkeit ebenso wie beim linken oberen Sprunggelenk (10/0/20 bzw. 0/0/10 Grad). Bei bestehender Restbeweglichkeit der oberen Sprunggelenke ist daher - unter Einbeziehung der Schmerzen beim Kläger - für beide Seiten eine MdE von insgesamt 40 v. H. angemessen. Eine einfache Addition der MdE-Werte für beide Seiten ist nicht zulässig. Im Wege einer integrierenden Gesamtschau sind vielmehr die zusätzlichen Beeinträchtigungen durch die Betroffenheit beider Seiten zu ermitteln. Berücksichtigung findet insoweit auch die nicht messbare MdE hinsichtlich der Wirbelsäule. Professor Dr. T. beziffert die MdE hin-sichtlich des verheilten Wirbelkörperbruchs im nicht messbaren Bereich. Dies entspricht auch dem Messblatt Wirbelsäule vom Untersuchungstag. Im Rahmen einer integrierenden Gesamtschau kann auch eine nicht messbare MdE von unter 10 v.H. einbezogen werden (Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 132). Der Senat folgt insoweit dem Vorschlag von Professor Dr. T., wonach die MdE auf chirurgischen Fachgebiet insgesamt mit 40 v. H. zu beziffern ist.
Der Senat folgt ebenso dem Vorschlag des Neurologen und Psychiaters Dr. K., welcher in seinem Gutachten vom 7. März 2016 die MdE auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet mit 30 v. H. ab 1. November 2013 beziffert hat. Dies steht mit den Erfahrungswerten im Einklang. Nach den Ausführungen von Dr. K. liegt eine Sensibilitätsstörung (Irritation der Hautnerven) im Bereich der Füße beidseits vor, die eine MdE von 10 v. H. bedingt. Hinzu tritt eine mittelgradige depressive Episode. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte diese in Ergänzung ihres Bescheides vom 11. September 2012 als Unfallfolgen anerkannt. Eine mittelgradige depressive Episode rechtfertigt nach den Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 170) eine MdE von bis zu 40 v. H. im Vergleich zu einer leichten depressiven Episode, die mit bis zu 20 v. H. bewertet wird. Ausgehend von den von Dr. K. in seinem Gutachten konkret beschriebenen Beeinträchtigungen rechtfertigt dies auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet unter Einbeziehung der Irritation der Hautnerven eine MdE von 30 v. H. Wird dies mit den Bewertungen der anderen psychischen Erkrankungen wie den affektiven Störungen, der PTBS oder den phobischen Störungen verglichen (Schönberger./Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 170 ff.), so zeigt sich, dass selbst bei einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und gleichzeitig "größeren sozialkommunikativen Beeinträchtigungen" die MdE allenfalls 30 v. H. beträgt und höhere Werte erst bei einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten in Betracht kommen. Solche Symptome hat auch Dr. K. nicht festgestellt. Die sozialkommunikativen Einschränkungen des Klägers, der verheiratet ist und mit seiner Ehefrau zusammenlebt, grundsätzlich auch Kontakte nach außen hat und in Vollzeit als technischer Assistent arbeitet, sind nicht derart ausgeprägt, dass eine MdE von mehr als 30 v. H. auf diesem Fachgebiet festzusetzen ist. Vorübergehende Arbeitsunfähigkeitszeiten ändern daran nichts. Der aktuelle psychische Befundbericht des Klinikums B. vom 30. August 2017 berichtet insoweit von einer Verschlechterung des psychischen Zustandes unter anderem durch den Erörterungstermin am 21. August 2017. Zugleich wird aber von einer Stabilisierung des Zustandes durch die laufende Therapie berichtet.
Die MdE ist auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet daher ab dem 1. November 2013 auf 30 v.H. einzuschätzen. Dr. K. bezieht sich hinsichtlich der Feststellung einer mittelgradigen depressiven Episode auf die Ergebnisse einer Untersuchung bei Dr. U. am 28. Oktober 2013. Die damals festgestellte erhebliche Verschlechterung der psychiatrischen Unfallfolgen wirkt sich nach § 73 Abs. 1 SGB VII ab dem Folgemonat rentenerhöhend aus.
Im Rahmen der Bildung der Gesamt-MdE kann entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und auch von Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 29. März 2016 keine Addition erfolgen. Eine Addition einzelner Teil-MdE-Werte ist ausgeschlossen, vielmehr sind die Werte im Wege einer "Gesamtschau der Gesamteinwirkung aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit" integrierend zusammenzufassen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 131). Die Funktionseinbußen des Klägers, die den beiden MdE-Werten zu Grunde liegen, überschneiden sich erheblich. In die Einzel-MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist die Sensibilitätsstörung im Bereich der Füße beidseits bereits mit einbezogen. Insoweit ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz bereits aus diesem Grund dieselbe Körperregion betroffen. Die Funktionseinbußen des Klägers, die den beiden MdE-Werten zu Grunde liegen, überschneiden sich ferner, als die Fersenbeinfrakturen rechts und links mit der Folge einer deutlich eingeschränkten Beweglichkeit und den Schmerzen wesentliche Gründe für die psychischen Beeinträchtigungen sind, unter denen der Kläger leidet. Schmerzen und üblicherweise vorhandene psychische Beeinträchtigungen sind aber grundsätzlich in der Bewertung der somatischen Schädigungen mitabgebildet. Auch wenn diese Beeinträchtigungen aufgrund ihrer Schwere eine eigenständige Bewertung rechtfertigen, so dürfen sie nicht in einem anderen Funktionssystem vollständig zusätzlich berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall bestehen nach den insoweit überzeugenden Ausführungen von Dr. K. zwischen den Unfallfolgen auf chirurgischem Fachgebiet und der depressiven Entwicklung Überschneidungen, insbesondere auf dem Gebiet der Schmerzwahrnehmung. Die Gesamt-MdE beziffert der Senat daher im Rahmen der erforderlichen integrierenden Gesamtschau ab dem 1. November 2013 auf 60 v. H.
Der Anregung des Klägers, ein weiteres Gutachten einzuholen, war mangels Erheblichkeit nicht zu folgen. Ein weiteres medizinisches Gutachten ist nicht erforderlich. In medizinischer Hinsicht ist der Sachverhalt ausermittelt. Der Senat folgt den im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten hinsichtlich der festgestellten Funktionseinbußen. Der Streit dreht sich im Kern um die Frage, ob eine Addition der Einzel-MdE erfolgen kann. Das ist eine reine Rechtsfrage bzw. obliegt der tatrichterlichen Würdigung.
Unerheblich ist ebenso der weitere Vortrag des Klägers, dass das Landesverwaltungsamt Suhl ihm im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens einen GdB von 70 v. H. zugesprochen hat. Maßgebend sind vorliegend die Grundsätze der MdE-Bemessung. Soweit der Kläger auf aktuelle Krankschreibungen verweist, die seiner Meinung nach unfallbedingt sind, bedingen diese ebenfalls keine höhere MdE. Für die MdE-Bemessung wäre nur eine dauerhaft signifikante weitere Verschlechterung der Unfallfolgen maßgeblich. Zeitweilig erhöhter Behandlungsbedarf auch verbunden mit Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt keine Heraufsetzung der MdE.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Beklagte mit ihrer Berufung überwiegend Erfolg hatte.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer höheren Ver-letztenrente ab dem 18. Juni 2012 aufgrund eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles vom 10. Januar 2011. An diesem Tag stürzte der Kläger aus einer Gitterbox aus großer Höhe auf den Betonboden einer Halle. Laut Durchgangsarztbericht vom gleichen Tage erlitt der Kläger ein Polytrauma und diverse Frakturen. Deshalb befand sich der Kläger in der Zeit vom 10. Januar bis 18. April 2011 in stationärer Behandlung der Klinik für Unfallchirurgie E. Hierbei wurde auch eine Wundheilungsstörung in der linken Fersenbeinregion mit nachfolgender Infektion behandelt. Vom 18. April bis 21. Juni 2011 schloss sich eine stationäre Behandlung im Klinikum B. in H. an. Dort erfolgte erneut eine umfangreiche Wundbehandlung im Bereich der linken Ferse.
In einem ersten Rentengutachten bezifferte der Chirurg Professor Dr. H. die MdE ab dem 21. März 2012 auf 40 v. H. Der Kläger habe eine Kalkaneusfraktur rechts und eine geschlossene Kalkaneusfraktur links mit Infektverlauf erlitten. Hinzu komme eine Spaltberstungsfraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers. Eine schmerztherapeutische Konsultation sei notwendig. In einem fachpsychotherapeutischen Zusatzgutachten vom 26. Juli 2012 bezifferte der Psychologe Dr. U. die MdE auf seinem Fachgebiet auf 20 v. H. Es liege eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (ICD-10 F43.2) vor. In einer zusammenfassenden Stellungnahme vom 14. August 2012 bezifferte Professor Dr. H. daraufhin die Gesamt-MdE auf 50 v. H. Die Unfallfolgen auf psychologischem Fachgebiet seien teilweise Gegenstand des unfallchirurgischen Hauptgutachtens. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juli 2012 das Ereignis vom 10. Januar 2011 als Arbeitsunfall und folgende Unfallfolgen an: " zweitgradig offene Fersenbeinfraktur rechts, geschlossene Fersenbeinfraktur links mit Infektverlauf nach operativer Versorgung mittels winkelstabiler Platte, - geschlossen dislozierte Fersenbeinfraktur links mit Pseudarthrosenbildung nach Infektverlauf - Fehlstellung im linken Rückfuß und Beinverkürzung links ca. 1 cm - Subtalararthrose nach zweitgradig offener Fersenbeinfraktur rechts - Spaltberstungsfraktur des 2. Lendenwirbelkörpers mit Hinterkantenbeteiligung und weiterbestehendem substantiellen Defekt nach operativer Versorgung - Versteifung zweier Wirbelsäulensegmente von LWK 1 auf LWK 3 nach dorsaler Stabilisierung - anhaltend brennender Schmerz in beiden Füßen - eingeschränkte Beweglichkeit im linken oberen und unteren Sprunggelenk - Lappenplastische Deckung eines Hautweichteildefektes über dem linken Rückenfuß und Außenknöchel nach Infektverlauf sowie Spalthautdeckung des Lappens".
Eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 40 v. H. wurde gewährt. Nach Vorlage der zusammenfassenden Stellungnahme von Professor Dr. H. vom 14. August 2012 nahm die Beklagte mit Bescheid vom 11. September 2012 den Bescheid vom 12. Juli 2012 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der MdE und der Unfallfolgen zurück. Als Unfallfolge wurde zusätzlich eine psychische Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion anerkannt. Die MdE wurde rückwirkend ab dem 18. Juni 2012 auf 50 v. H. beziffert. Hiergegen legte der Kläger am 21. September 2012 Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2012 zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am 8. Januar 2013 Klage (S 10 U 175/13) erhoben. Während des Klageverfahrens holte die Beklagte beim Diplom-Psychologen U. und Dr. B. ein zweites Rentengutachten ein. Der Diplom-Psychologe Dr. U. bezifferte in seinem Rentengutachten vom 4. November 2013 die MdE erneut und auf Dauer mit 20 v. H. Zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt liege eine psychoreaktive Unfallfolge im Sinne einer mittelgradigen depressiven Verstimmung vor. Der Unfallchirurg Dr. B. bezifferte in seinem Gutachten vom 10. Dezember 2013 die MdE ab dem 4. September 2013 bis auf Dauer auf 50 v. H. und die Gesamt-MdE unter Einbeziehung der psychotherapeutischen Unfallfolgen auf 60 v. H. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. L. vom 18. Dezember 2013, der die Gesamt-MdE auf 50 v. H. bezifferte, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19. Dezember 2013 eine Rente auf Dauer nach einer MdE von 50 v. H. Der Widerspruch des Klägers hiergegen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2014 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung am 8. Mai 2014 Klage erhoben (Az.: S 10 U 2280/14). Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 16. November 2016 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das Sozialgericht hat den Neurologen und Psychiater Dr. K. und den Chirurgen Prof. Dr. T. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dr. K. diagnostiziert in seinem Gutachten vom 7. März 2016 beim Kläger eine mittelgradige depressive Episode, die sich aus einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion entwickelt habe. Zusätzlich liege ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Es handle sich um einen sogenannten Begleitschmerz. Anhaltspunkte für ein chronisch regionales Schmerzsyndrom (CRPS) bestünden nicht. Hinzu komme eine Sensibilitätsstörung bedingt durch die Irritation der Hautnerven im Bereich der Füße beidseits. Letztere bedinge eine MdE von 10 v. H. und die mittelgradige depressive Episode von 30 v. H. Die Gesamt-MdE auf nervenärztlichem Fachgebiet sei mit 30 v. H. seit Oktober 2013 adäquat bewertet. Der Unfallchirurg Professor Dr. T. bewertet die Unfallfolgen auf seinem Fachgebiet mit 40 v. H. Hinsichtlich des verheilten Wirbelkörperbruchs ohne Bandscheibenschaden und ohne wesentliche Abknickung geht er von einer MdE von unter 10 v. H. aus. Die Versteifung des oberen und hinteren unteren Sprunggelenkes sei mit einer MdE von 25 v. H. zu bewerten. Bei bestehender Restbeweglichkeit der Sprunggelenke beidseits ergebe sich eine MdE von 20 v. H. pro Seite, also insgesamt 40 v. H. Die Gesamt-MdE betrage bis zum 28. Oktober 2013 60 v. H. und für die Zeit danach aufgrund der Verschlimmerung der Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet 70 v. H. Es sei eine Addition gerechtfertigt, da andere Organregionen betroffen seien. Einen Vergleichsvorschlag der Beklagten, ab dem 1. November 2013 eine Rente nach einer MdE von 60 v. H. zu zahlen, hat der Kläger abgelehnt.
Das Sozialgericht Gotha hat mit Urteil vom 22. November 2016 den Bescheid vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 und den Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Unfallrente bei Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Zeit vom 18. Juni (gemeint: 2012) bis 28. Oktober 2013 in Höhe von 60 v. H. und für die Zeit danach auf Dauer in Höhe von 70 v. H. zu zahlen. Die Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet seien mit 30 v. H. zu berücksichtigen. Der überwiegende funktionelle Schaden auf unfallchirurgischem Gebiet sei hinzuzurechnen. Es sei davon auszugehen, dass die Funktionseinschränkungen nebeneinander stehen. Zwar scheide eine einfache Addition in der Regel aus. Im Ergebnis könne aber auch bei orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Unfallfolgen eine Zusammenrechnung erfolgen. Es sei hier nicht von überlagernden oder sich überschneidenden Funktionseinschränkungen auszugehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die vom Sozialgericht vorgenommene Addition der Einzelwerte sei nicht zulässig. Bei Funktionseinschränkungen mehrerer Körperteile und Organe sei das Gesamtbild aller Funktionseinschränkungen zu würdigen. Eine integrierende Gesamtschau sei vorzunehmen. Eine Addition scheide aus. Auch vorliegend könnten die Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet nicht unabhängig von den chirurgischen Unfallfolgen betrachtet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 22. November 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des Sozialgerichts Gotha sei in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Die Feststellung der MdE sei letztlich eine juristische Aufgabe und obliege dem Gericht. Eine integrierende Betrachtung führe hier zu dem vom Sozialgericht Gotha ausgeurteilten Ergebnis. Ansonsten sei ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Die Unfallfolgen auf chirurgischem Gebiet seien zu niedrig bewertet. In der Vergangenheit sei immer wieder aufgrund der Unfallfolgen Arbeitsunfähigkeit eingetreten. Hinsichtlich seiner Schwerbehinderung sei ein GdB von 70 v. H. anerkannt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Denn der Kläger hat gegenüber der Beklagten nur Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 60 v. H. ab dem 1. November 2013.
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 und vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 unter Berücksichtigung der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2017 abgegebenen Erklärung zur Anerkennung weiterer Unfallfolgen.
Im Hinblick auf den Beschluss des Sozialgerichts vom 16. November 2016 zur Verbindung der beiden Ausgangsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung bedurfte es vorliegend keiner Erörterung der Folgen der Einbeziehung des Bescheids vom 19. Dezember 2013 nach § 96 SGG in das seit dem 8. Januar 2013 anhängige Gerichtsverfahrens S 10 U 175/13 (vgl. dazu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2011 – L 10 U 4346/08 –, Juris). Denn mit der Verfahrensverbindung nach § 113 Abs. 1 SGG wird letztlich derselbe Zweck erreicht, wie er § 96 SGG zu Grunde liegt. Insbesondere im Hinblick darauf hat der Senat von einer entsprechenden Tenorierung abgesehen, soweit die Klage gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2013 im Hinblick auf § 96 SGG wegen des Verbots doppelter Rechtshängigkeit zu verwerfen gewesen wäre (zur Unzulässigkeit einer Klage gegen einen Bescheid nach § 96 SGG vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 13/14 R -).
Nach § 56 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte in Folge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus Anspruch auf Gewährung von Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. gemindert ist. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die durch den Arbeitsunfall am 10. Januar 2011 verursachte MdE ist ab dem 1. November 2013 mit 60 v. H. einzuschätzen. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht nach § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Neben der Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögen des Versicherten ist dabei die Anwendung medizinischer sowie sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens erforderlich. Als Ergebnis dieser Wertung ergibt sich die Erkenntnis über den Umfang der dem Versicherten versperrten Arbeitsmöglichkeiten. Hierbei kommt es stets auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 2. Mai 2001, Az.: B 2 U 24/00 R). Bei der Bewertung der MdE ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher maßgebend, sondern vielmehr der damit verbundene Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016, Az.: B 2 U 11/15 R; BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 14/03 R). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Ärztliche Meinungsäußerung darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit des Verletzten auswirken, sind zwar nicht verbindlich, bilden aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG, Urteil vom 23. April 1987, Az.: 2 RU 42/86). Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016, Az.: B 2 U 11/15 R).
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich dass die Beklagte mit den angegriffenen Bescheiden vom 11. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2012 und dem Bescheid vom 19. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2014 die MdE bis zum 31. Oktober 2013 zutreffend mit 50 v. H. bewertet hat. Der Senat stützt sich insoweit auf die Ausführungen in dem Gutachten des Prof. Dr. H. vom 19. April 2012. Dieser ermittelte hinsichtlich der Beweglichkeit des oberen rechten Sprunggelenks Ausmaße von 20-0-30 Grad und links von 5-0-20 Grad. Die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenkes rechts betrug 10-10 Grad und war links aufgehoben. Eine Restbeweglichkeit der oberen Sprunggelenke war daher vorhanden. Nach den Erfahrungswerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 713) ist bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung eine MdE von 25 v. H. gerechtfertigt. Bei bestehender Restbeweglichkeit der oberen Sprunggelenke ist daher auch unter Einbeziehung der Schmerzen beim Kläger für beide Seiten eine MdE von insgesamt 40 v. H. angemessen. Dem Messblatt für die Wirbelsäule lassen sich keine relevanten Bewegungseinschränkungen entnehmen. Hinzutritt die MdE auf psychiatrischem Fachgebiet. Insoweit folgt der Senat dem Diplom-Psychologen Dr. U. und dessen Ausführungen in seinem Gutachten vom 26. Juli 2012. Danach lag zum damaligen Untersuchungszeitpunkt eine psychoreaktive Unfallfolge im Sinne einer Anpassungsstörung mit de-pressiver Reaktion vor, die mit 20 v. H. zu bewerten ist. Eine Verschlechterung der Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet lässt sich erst im Zusammenhang mit der weiteren Untersuchung bei Dr. U. am 28. Oktober 2013 begründen und ist daher nach § 73 Abs.1 SGB VII erst für die Zeit ab 1. November 2013 relevant. Im Wege der erforderlichen integrierenden Gesamtschau ergibt dies eine Gesamt-MdE für den Zeitraum bis Ende Oktober 2013 in Höhe von 50 v. H. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine Zusammenrechnung nicht in Betracht.
Für die Zeit ab dem 1. November 2013 ist hingegen (insoweit in Abweichung von den Bescheiden der Beklagten) eine Gesamt-MdE in Höhe von 60 v. H. gerechtfertigt. Dies beruht auf einer Verschlechterung der Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet ab diesem Zeitpunkt. Aus den Ausführungen des Chirurgen Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 29. März 2016, an dessen Verwertbarkeit der Senat mangels Vorbefassung im Verwaltungsverfahren keine Zweifel hat, ergibt sich hinsichtlich des chirurgischen Fachgebiets, dass die MdE nach wie vor mit 40 v.H. zu beziffern ist. Zwar hat sich die Beweglichkeit hinsichtlich des unteren rechten Sprunggelenks im Vergleich zu den Begutachtungen bei Prof. Dr. H. und Dr. B. verschlechtert. Dieses ist nunmehr versteift. Allerdings bestand auch schon vorher nur eine geringe Restbeweglichkeit von 10 Grad. Beim oberen rechten Sprunggelenk besteht aber nach wie vor eine Restbeweglichkeit ebenso wie beim linken oberen Sprunggelenk (10/0/20 bzw. 0/0/10 Grad). Bei bestehender Restbeweglichkeit der oberen Sprunggelenke ist daher - unter Einbeziehung der Schmerzen beim Kläger - für beide Seiten eine MdE von insgesamt 40 v. H. angemessen. Eine einfache Addition der MdE-Werte für beide Seiten ist nicht zulässig. Im Wege einer integrierenden Gesamtschau sind vielmehr die zusätzlichen Beeinträchtigungen durch die Betroffenheit beider Seiten zu ermitteln. Berücksichtigung findet insoweit auch die nicht messbare MdE hinsichtlich der Wirbelsäule. Professor Dr. T. beziffert die MdE hin-sichtlich des verheilten Wirbelkörperbruchs im nicht messbaren Bereich. Dies entspricht auch dem Messblatt Wirbelsäule vom Untersuchungstag. Im Rahmen einer integrierenden Gesamtschau kann auch eine nicht messbare MdE von unter 10 v.H. einbezogen werden (Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 132). Der Senat folgt insoweit dem Vorschlag von Professor Dr. T., wonach die MdE auf chirurgischen Fachgebiet insgesamt mit 40 v. H. zu beziffern ist.
Der Senat folgt ebenso dem Vorschlag des Neurologen und Psychiaters Dr. K., welcher in seinem Gutachten vom 7. März 2016 die MdE auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet mit 30 v. H. ab 1. November 2013 beziffert hat. Dies steht mit den Erfahrungswerten im Einklang. Nach den Ausführungen von Dr. K. liegt eine Sensibilitätsstörung (Irritation der Hautnerven) im Bereich der Füße beidseits vor, die eine MdE von 10 v. H. bedingt. Hinzu tritt eine mittelgradige depressive Episode. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte diese in Ergänzung ihres Bescheides vom 11. September 2012 als Unfallfolgen anerkannt. Eine mittelgradige depressive Episode rechtfertigt nach den Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 170) eine MdE von bis zu 40 v. H. im Vergleich zu einer leichten depressiven Episode, die mit bis zu 20 v. H. bewertet wird. Ausgehend von den von Dr. K. in seinem Gutachten konkret beschriebenen Beeinträchtigungen rechtfertigt dies auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet unter Einbeziehung der Irritation der Hautnerven eine MdE von 30 v. H. Wird dies mit den Bewertungen der anderen psychischen Erkrankungen wie den affektiven Störungen, der PTBS oder den phobischen Störungen verglichen (Schönberger./Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 170 ff.), so zeigt sich, dass selbst bei einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit und gleichzeitig "größeren sozialkommunikativen Beeinträchtigungen" die MdE allenfalls 30 v. H. beträgt und höhere Werte erst bei einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten in Betracht kommen. Solche Symptome hat auch Dr. K. nicht festgestellt. Die sozialkommunikativen Einschränkungen des Klägers, der verheiratet ist und mit seiner Ehefrau zusammenlebt, grundsätzlich auch Kontakte nach außen hat und in Vollzeit als technischer Assistent arbeitet, sind nicht derart ausgeprägt, dass eine MdE von mehr als 30 v. H. auf diesem Fachgebiet festzusetzen ist. Vorübergehende Arbeitsunfähigkeitszeiten ändern daran nichts. Der aktuelle psychische Befundbericht des Klinikums B. vom 30. August 2017 berichtet insoweit von einer Verschlechterung des psychischen Zustandes unter anderem durch den Erörterungstermin am 21. August 2017. Zugleich wird aber von einer Stabilisierung des Zustandes durch die laufende Therapie berichtet.
Die MdE ist auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet daher ab dem 1. November 2013 auf 30 v.H. einzuschätzen. Dr. K. bezieht sich hinsichtlich der Feststellung einer mittelgradigen depressiven Episode auf die Ergebnisse einer Untersuchung bei Dr. U. am 28. Oktober 2013. Die damals festgestellte erhebliche Verschlechterung der psychiatrischen Unfallfolgen wirkt sich nach § 73 Abs. 1 SGB VII ab dem Folgemonat rentenerhöhend aus.
Im Rahmen der Bildung der Gesamt-MdE kann entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und auch von Professor Dr. T. in seinem Gutachten vom 29. März 2016 keine Addition erfolgen. Eine Addition einzelner Teil-MdE-Werte ist ausgeschlossen, vielmehr sind die Werte im Wege einer "Gesamtschau der Gesamteinwirkung aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit" integrierend zusammenzufassen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 131). Die Funktionseinbußen des Klägers, die den beiden MdE-Werten zu Grunde liegen, überschneiden sich erheblich. In die Einzel-MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist die Sensibilitätsstörung im Bereich der Füße beidseits bereits mit einbezogen. Insoweit ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz bereits aus diesem Grund dieselbe Körperregion betroffen. Die Funktionseinbußen des Klägers, die den beiden MdE-Werten zu Grunde liegen, überschneiden sich ferner, als die Fersenbeinfrakturen rechts und links mit der Folge einer deutlich eingeschränkten Beweglichkeit und den Schmerzen wesentliche Gründe für die psychischen Beeinträchtigungen sind, unter denen der Kläger leidet. Schmerzen und üblicherweise vorhandene psychische Beeinträchtigungen sind aber grundsätzlich in der Bewertung der somatischen Schädigungen mitabgebildet. Auch wenn diese Beeinträchtigungen aufgrund ihrer Schwere eine eigenständige Bewertung rechtfertigen, so dürfen sie nicht in einem anderen Funktionssystem vollständig zusätzlich berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall bestehen nach den insoweit überzeugenden Ausführungen von Dr. K. zwischen den Unfallfolgen auf chirurgischem Fachgebiet und der depressiven Entwicklung Überschneidungen, insbesondere auf dem Gebiet der Schmerzwahrnehmung. Die Gesamt-MdE beziffert der Senat daher im Rahmen der erforderlichen integrierenden Gesamtschau ab dem 1. November 2013 auf 60 v. H.
Der Anregung des Klägers, ein weiteres Gutachten einzuholen, war mangels Erheblichkeit nicht zu folgen. Ein weiteres medizinisches Gutachten ist nicht erforderlich. In medizinischer Hinsicht ist der Sachverhalt ausermittelt. Der Senat folgt den im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten hinsichtlich der festgestellten Funktionseinbußen. Der Streit dreht sich im Kern um die Frage, ob eine Addition der Einzel-MdE erfolgen kann. Das ist eine reine Rechtsfrage bzw. obliegt der tatrichterlichen Würdigung.
Unerheblich ist ebenso der weitere Vortrag des Klägers, dass das Landesverwaltungsamt Suhl ihm im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens einen GdB von 70 v. H. zugesprochen hat. Maßgebend sind vorliegend die Grundsätze der MdE-Bemessung. Soweit der Kläger auf aktuelle Krankschreibungen verweist, die seiner Meinung nach unfallbedingt sind, bedingen diese ebenfalls keine höhere MdE. Für die MdE-Bemessung wäre nur eine dauerhaft signifikante weitere Verschlechterung der Unfallfolgen maßgeblich. Zeitweilig erhöhter Behandlungsbedarf auch verbunden mit Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt keine Heraufsetzung der MdE.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Beklagte mit ihrer Berufung überwiegend Erfolg hatte.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
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