Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 55 AS 4241/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 2308/17 B ER und L 7 AS 2309/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.11.2017 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einschließlich Kosten der Unterkunft vom 07.09.2017 bis zum 31.03.2018 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T, E, bewilligt. Der Antragsgegner hat die Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Zahlung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der alleinstehende Antragsteller ist am 00.00.1959 geboren und rumänischer Staatsangehöriger. Er reiste im Juli 2013 nach Deutschland ein. Die Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich ab dem 01.08.2017 auf 413,16 EUR monatlich (269,33 EUR Grundmiete zzgl. 143,83 EUR Nebenkosten monatlich).
Von September 2014 bis Februar 2017 war der Antragsteller als Berufskraftfahrer in Vollzeit angestellt tätig. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Q vom 12.01.2017 wurde gegen den Antragsteller eine Geldstrafe festgesetzt und die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem er mit einem LKW entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung gefahren und dabei einen Sachschaden verursacht hatte. Eine neue Fahrerlaubnis darf nach Ablauf von sechs Monaten seit Erlass des Strafbefehls erteilt werden.
Aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos mit Schreiben vom 06.02.2017 zum 07.02.2017. Mit Schreiben vom 20.03.2017 teilte der Arbeitgeber mit, dass er den Antragsteller nach Wiedererlangung der Fahrerlaubnis erneut einstellen werde.
Die Agentur für Arbeit stellte mit Bescheid vom 15.02.2017 für den Zeitraum vom 10.02.2017 bis zum 02.05.2017 eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe fest. Ab dem 03.05.2017 bewilligte sie Arbeitslosengeld iHv 682,80 EUR monatlich (22,76 EUR täglich). Für Februar 2018 bewilligte die Bundesagentur einen Betrag von 22,76 EUR.
Den erstmalig am 21.02.2017 gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II lehnte der Antragsgegner mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.03.2007 unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab.
Am 18.07.2017 beantragte der Antragsteller erneut Leistungen. Auch diesen Antrag lehnte der Antragsgegner ab (Bescheid vom 16.08.2017). Der Antragsteller halte sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland auf und sei daher gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Er habe seine letzte Tätigkeit aufgrund einer fristlosen Kündigung verloren. Die Arbeitslosigkeit sei daher nicht unfreiwillig eingetreten. Ein Fortwirken des Arbeitnehmerstatus komme nicht in Betracht.
Gegen den Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 30.08.2017 Widerspruch ein. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht aufgrund eines vorwerfbaren oder gar sozialwidrigen Verhaltens erfolgt, sondern lediglich aufgrund des Verlustes der Berechtigung zum Führen von bestimmten Kraftfahrzeugen. Der Arbeitgeber habe zugesichert, den Antragsteller bei Wiedererlangung der Fahrerlaubnis sofort wieder einzustellen.
Am 07.09.2017 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Dortmund die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er sei nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt vollständig sicherzustellen. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II greife nicht. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht wegen eines vorwerfbaren Verhaltens des Antragstellers sondern allein aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis erfolgt. Der Arbeitgeber habe die Wiedereinstellung bei Erlangung der Fahrerlaubnis zugesagt.
Mit Beschluss vom 13.11.2017 hat das Sozialgericht den Antrag und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung halte sich der Antragsteller allein zum Zwecke der Arbeitsuche in Deutschland auf. Die Voraussetzungen weiterer Aufenthaltsrechte nach dem FreizügG/EU habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sei der Antragteller kein Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, da er derzeit keine Beschäftigung ausübe. Ihm stehe auch kein fortbestehendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU zur Seite. Zwar sei der Antragsteller von September 2014 bis Februar 2017 und damit länger als ein Jahr in Vollzeit als Kraftfahrer angestellt gewesen. Allerdings sei die Arbeitslosigkeit nicht unfreiwillig eingetreten. Eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit sei zu bejahen, wenn sie vom Willen des Antragstellers unabhängig und durch einen legitimen Grund gerechtfertigt sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der Antragsteller aufgrund eines von ihm selbst verschuldeten Verlustes des Führerscheins und dem damit einhergehenden Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten den Ausspruch der fristlosen Kündigung selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund sei auch von der Agentur für Arbeit mit bestandskräftigem Bescheid vom 15.02.2017 eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach § 159 Absatz 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB III wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens festgestellt worden. Auch das Vorliegen eines Daueraufenthaltsrechts habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Ein ununterbrochener Aufenthalt von fünf Jahren sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Anhaltspunkte für weitere Aufenthaltsrechte seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine Beiladung des Sozialhilfeträgers sei nicht erforderlich, da auch nach dem SGB XII die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII vorlägen.
Mit der am 07.12.2017 erhobenen Beschwerde wiederholt der Antragsteller sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Antragsteller zwar unzweifelhaft gegen die Regeln der Straßenverkehrsordnung verstoßen habe. Allerdings sei dieser Verstoß weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgt. Auch habe es ihm fern gelegen, in diesem Zusammenhang gegen arbeitsvertraglichen Pflichten zu verstoßen. Nur weil er nicht mehr über eine Fahrerlaubnis verfüge, habe er nicht weiter beschäftigt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2017 hat der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.08.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller am 14.12.2017 Klage bei dem Sozialgericht Dortmund erhoben.
Auf Nachfrage des Senates hat der Antragsteller mit Schreiben vom 25.01.2018 mitgeteilt, dass er sich um die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis bemühe. Es sei nicht ganz klar, zu welchem Zeitpunkt die Wiedererlangung möglich sei. Sein Rechtsanwalt habe jedoch erste Schritte eingeleitet.
II.
Der zulässige Antrag ist aufgrund einer Folgenabwägung begründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl nur Beschlüsse vom 26.05.2017 - L 7 AS 510/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG Beschluss vom 28.08.2001 - B 9 V 23/01 B).
Der Antragsteller hat bei der gebotenen summarischen Prüfung die grundsätzlichen Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht. Er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist erwerbsfähig (§ 8 SGB II). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller neben dem Einkommen aus Arbeitslosengeld gemäß Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 15.02.2017 über weitere Einnahmen verfügt. Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller über ein seinen Freibetrag nach § 12 SGB II übersteigendes sofort verwertbares Vermögen verfügt, sind bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer ausgenommen, deren Aufenthalt sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt Es ist fraglich und nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abschließend zu prüfen, ob der Antragsteller hiernach von Leistungen ausgeschlossen ist. Denn ein Aufenthaltsrecht könnte sich auch aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU ergeben. Hiernach bleibt das Aufenthaltsrecht für Arbeitnehmer unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. Der Antragsteller war länger als ein Jahr erwerbstätig, da er von September 2014 bis Februar 2017 durchgehend als Kraftfahrer beschäftigt war.
Es bedarf der eingehenden Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob die Arbeitslosigkeit unfreiwillig eingetreten ist. Insbesondere ist auslegungsbedürftig, ob eine "Unfreiwilligkeit" des Arbeitsplatzverlustes iSd § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU, wie es der Wortlaut zunächst nahelegt, schon dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aktiv in der Hand hat. Dies würde auf jede arbeitgeberseitige Kündigung zutreffen, da diese eine einseitige, lediglich empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers darstellt und eine Mitwirkung des Arbeitnehmers nicht erfordert. Die Formulierung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU unterscheidet sich insoweit von § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. SGB III, wonach nicht nur die aktive Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses (§ 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Alt. SGB III) eine Sperrzeit auslöst, sondern auch arbeitsvertragswidriges Verhalten, das Anlass für die Arbeitgeberkündigung war. Demgegenüber geht die Rechtsprechung davon aus, dass Unfreiwilligkeit entsprechend der Regelung des § 159 SGB III auch dann vorliegt, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes aus einem im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Grund folgt (OVG Schleswig-Holstein Urteil vom 26.06.2014 - 4 LB 22/13; enger insoweit LSG Niedersachen-Bremen Beschluss vom 11.11.2014 - L 8 SO 306/14 B). Die Auslegung des Begriffs bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, wobei auch die weitreichenden Folgen des § 2 Abs. 3 Nr.2 FreizügG/EU in die Wertung einzubeziehen sind.
Auch bei Zugrundelegung der Maßstäbe des Sperrzeitrechts (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) ist klärungsbedürftig, ob der Verlust der Fahrerlaubnis, auch wenn er auf einem schuldhaften Verhalten des Betroffenen beruht, ein für den Verlust des Freizügigkeitsrechts relevanter Umstand ist. Eine Sperrzeit tritt nur ein, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers eine verhaltensbedingte Kündigung objektiv rechtfertigt (BSG Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R). Unabhängig von einer konkreten Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Verlustes der Fahrerlaubnis kann eine Kündigung als verhaltensbedingte, fristlose oder ordentliche Kündigung begründet sein und eine Sperrzeit auslösen, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten Nebenpflichten eines Arbeitsvertrages verletzt hat. Bei einem Berufskraftfahrer ist der Besitz der Fahrerlaubnis Geschäftsgrundlage für die Erfüllung des Arbeitsvertrages. Für eine Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten spricht im Falle des Verlustes der Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer, dass die Bejahung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dahingehend, ein Verhalten zu unterlassen, das die Grundlage der Vertragserfüllung beseitigt, keine unangemessene und unverhältnismäßige Einwirkung des Arbeitsrecht in die private Lebensgestaltung von Arbeitnehmern enthält (BSG Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R). Dagegen spricht, dass der Kündigungsgrund "Verlust der Fahrerlaubnis" arbeitsrechtlich überwiegend als personenbedingter Kündigungsgrund anzusehen ist (BAG Urteil vom 25.04.1996 - 2 AZR 74/95) und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch im vorliegenden Fall nach den Angaben des Arbeitgebers nicht auf dessen verkehrswidrigem Verhalten, sondern ausschließlich auf dem Verlust der Fahrerlaubnis beruht. Dies wird auch darin deutlich, dass der Arbeitgeber bescheinigt hat, den Antragsteller sofort wieder einzustellen, wenn dieser die Fahrerlaubnis zurückerlangt. Aus Sicht des Arbeitgebers ist damit das Vertrauensverhältnis zum Antragsteller aufgrund des Verkehrsdeliktes nicht beeinträchtigt. Nach der Rechtsprechung des BSG zum Sperrzeitrecht ist aber gerade die Beeinträchtigung des Vertrauensbereichs maßgeblich dafür, den Verlust der Fahrerlaubnis als dem Arbeitnehmer zurechenbare Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten anzusehen (BSG Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R).
Unbeachtlich für die Bejahung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU dürfte sein, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht nur die Unfreiwilligkeit nicht bestätigt hat, sondern sogar selbst eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe festgestellt hat. Trotz der missverständlichen Formulierung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU hat die Beurteilung des Sachverhalts durch die Bundesagentur für Arbeit jedenfalls bei der Prüfung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine Tatbestandswirkung.
Angesichts dieser rechtlich schwierigen, in einem Hauptsacheverfahren abschließend zu klärenden Fragestellungen entscheidet der Senat aufgrund einer Folgenabwägung. Hierbei überwiegt das grundrechtlich geschützte Interesse des Antragstellers am Erhalt existenzsichernder Leistungen das fiskalische Interesse des Antragsgegners, nicht ohne Rechtsgrundlage Leistungen auszuzahlen. Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Antragsteller voraussichtlich nur kurze Zeit im Leistungsbezug verbleiben wird, weil er nach der Bescheinigung des Arbeitgebers unmittelbar wieder in seinen alten Beruf zurückkehren kann, sobald er die Fahrerlaubnis wiedererlangt hat. Durch die Begrenzung der Leistungsbewilligung bis März 2018 trägt der Senat dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller die näheren Umstände seiner Bemühungen zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis gegenüber dem Antragsgegner darlegen und die Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen nachweisen muss. Der Antragsteller hat nach allgemeinen Grundsätzen alles zu tun, um seine Hilfebedürftigkeit so schnell wie möglich zu beenden - also insbesondere zeitnah die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis anzustreben.
Die Verpflichtung des Antragsgegners nur dem Grunde nach folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 130 SGG.
Auf die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T zu bewilligen (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Zahlung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der alleinstehende Antragsteller ist am 00.00.1959 geboren und rumänischer Staatsangehöriger. Er reiste im Juli 2013 nach Deutschland ein. Die Kosten der Unterkunft und Heizung belaufen sich ab dem 01.08.2017 auf 413,16 EUR monatlich (269,33 EUR Grundmiete zzgl. 143,83 EUR Nebenkosten monatlich).
Von September 2014 bis Februar 2017 war der Antragsteller als Berufskraftfahrer in Vollzeit angestellt tätig. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Q vom 12.01.2017 wurde gegen den Antragsteller eine Geldstrafe festgesetzt und die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem er mit einem LKW entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung gefahren und dabei einen Sachschaden verursacht hatte. Eine neue Fahrerlaubnis darf nach Ablauf von sechs Monaten seit Erlass des Strafbefehls erteilt werden.
Aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos mit Schreiben vom 06.02.2017 zum 07.02.2017. Mit Schreiben vom 20.03.2017 teilte der Arbeitgeber mit, dass er den Antragsteller nach Wiedererlangung der Fahrerlaubnis erneut einstellen werde.
Die Agentur für Arbeit stellte mit Bescheid vom 15.02.2017 für den Zeitraum vom 10.02.2017 bis zum 02.05.2017 eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe fest. Ab dem 03.05.2017 bewilligte sie Arbeitslosengeld iHv 682,80 EUR monatlich (22,76 EUR täglich). Für Februar 2018 bewilligte die Bundesagentur einen Betrag von 22,76 EUR.
Den erstmalig am 21.02.2017 gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II lehnte der Antragsgegner mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.03.2007 unter Hinweis auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab.
Am 18.07.2017 beantragte der Antragsteller erneut Leistungen. Auch diesen Antrag lehnte der Antragsgegner ab (Bescheid vom 16.08.2017). Der Antragsteller halte sich ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland auf und sei daher gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Er habe seine letzte Tätigkeit aufgrund einer fristlosen Kündigung verloren. Die Arbeitslosigkeit sei daher nicht unfreiwillig eingetreten. Ein Fortwirken des Arbeitnehmerstatus komme nicht in Betracht.
Gegen den Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 30.08.2017 Widerspruch ein. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht aufgrund eines vorwerfbaren oder gar sozialwidrigen Verhaltens erfolgt, sondern lediglich aufgrund des Verlustes der Berechtigung zum Führen von bestimmten Kraftfahrzeugen. Der Arbeitgeber habe zugesichert, den Antragsteller bei Wiedererlangung der Fahrerlaubnis sofort wieder einzustellen.
Am 07.09.2017 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Dortmund die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Er sei nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt vollständig sicherzustellen. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II greife nicht. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht wegen eines vorwerfbaren Verhaltens des Antragstellers sondern allein aufgrund des Verlustes der Fahrerlaubnis erfolgt. Der Arbeitgeber habe die Wiedereinstellung bei Erlangung der Fahrerlaubnis zugesagt.
Mit Beschluss vom 13.11.2017 hat das Sozialgericht den Antrag und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung halte sich der Antragsteller allein zum Zwecke der Arbeitsuche in Deutschland auf. Die Voraussetzungen weiterer Aufenthaltsrechte nach dem FreizügG/EU habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sei der Antragteller kein Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, da er derzeit keine Beschäftigung ausübe. Ihm stehe auch kein fortbestehendes Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU zur Seite. Zwar sei der Antragsteller von September 2014 bis Februar 2017 und damit länger als ein Jahr in Vollzeit als Kraftfahrer angestellt gewesen. Allerdings sei die Arbeitslosigkeit nicht unfreiwillig eingetreten. Eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit sei zu bejahen, wenn sie vom Willen des Antragstellers unabhängig und durch einen legitimen Grund gerechtfertigt sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der Antragsteller aufgrund eines von ihm selbst verschuldeten Verlustes des Führerscheins und dem damit einhergehenden Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten den Ausspruch der fristlosen Kündigung selbst herbeigeführt habe. Aus diesem Grund sei auch von der Agentur für Arbeit mit bestandskräftigem Bescheid vom 15.02.2017 eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach § 159 Absatz 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB III wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens festgestellt worden. Auch das Vorliegen eines Daueraufenthaltsrechts habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Ein ununterbrochener Aufenthalt von fünf Jahren sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Anhaltspunkte für weitere Aufenthaltsrechte seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine Beiladung des Sozialhilfeträgers sei nicht erforderlich, da auch nach dem SGB XII die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII vorlägen.
Mit der am 07.12.2017 erhobenen Beschwerde wiederholt der Antragsteller sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend weist er darauf hin, dass der Antragsteller zwar unzweifelhaft gegen die Regeln der Straßenverkehrsordnung verstoßen habe. Allerdings sei dieser Verstoß weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgt. Auch habe es ihm fern gelegen, in diesem Zusammenhang gegen arbeitsvertraglichen Pflichten zu verstoßen. Nur weil er nicht mehr über eine Fahrerlaubnis verfüge, habe er nicht weiter beschäftigt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2017 hat der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.08.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller am 14.12.2017 Klage bei dem Sozialgericht Dortmund erhoben.
Auf Nachfrage des Senates hat der Antragsteller mit Schreiben vom 25.01.2018 mitgeteilt, dass er sich um die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis bemühe. Es sei nicht ganz klar, zu welchem Zeitpunkt die Wiedererlangung möglich sei. Sein Rechtsanwalt habe jedoch erste Schritte eingeleitet.
II.
Der zulässige Antrag ist aufgrund einer Folgenabwägung begründet.
Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl nur Beschlüsse vom 26.05.2017 - L 7 AS 510/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG Beschluss vom 28.08.2001 - B 9 V 23/01 B).
Der Antragsteller hat bei der gebotenen summarischen Prüfung die grundsätzlichen Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht. Er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist erwerbsfähig (§ 8 SGB II). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller neben dem Einkommen aus Arbeitslosengeld gemäß Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 15.02.2017 über weitere Einnahmen verfügt. Auch Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller über ein seinen Freibetrag nach § 12 SGB II übersteigendes sofort verwertbares Vermögen verfügt, sind bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer ausgenommen, deren Aufenthalt sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt Es ist fraglich und nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abschließend zu prüfen, ob der Antragsteller hiernach von Leistungen ausgeschlossen ist. Denn ein Aufenthaltsrecht könnte sich auch aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU ergeben. Hiernach bleibt das Aufenthaltsrecht für Arbeitnehmer unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. Der Antragsteller war länger als ein Jahr erwerbstätig, da er von September 2014 bis Februar 2017 durchgehend als Kraftfahrer beschäftigt war.
Es bedarf der eingehenden Prüfung im Hauptsacheverfahren, ob die Arbeitslosigkeit unfreiwillig eingetreten ist. Insbesondere ist auslegungsbedürftig, ob eine "Unfreiwilligkeit" des Arbeitsplatzverlustes iSd § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU, wie es der Wortlaut zunächst nahelegt, schon dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aktiv in der Hand hat. Dies würde auf jede arbeitgeberseitige Kündigung zutreffen, da diese eine einseitige, lediglich empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers darstellt und eine Mitwirkung des Arbeitnehmers nicht erfordert. Die Formulierung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU unterscheidet sich insoweit von § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 2. Alt. SGB III, wonach nicht nur die aktive Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses (§ 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 1. Alt. SGB III) eine Sperrzeit auslöst, sondern auch arbeitsvertragswidriges Verhalten, das Anlass für die Arbeitgeberkündigung war. Demgegenüber geht die Rechtsprechung davon aus, dass Unfreiwilligkeit entsprechend der Regelung des § 159 SGB III auch dann vorliegt, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes aus einem im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Grund folgt (OVG Schleswig-Holstein Urteil vom 26.06.2014 - 4 LB 22/13; enger insoweit LSG Niedersachen-Bremen Beschluss vom 11.11.2014 - L 8 SO 306/14 B). Die Auslegung des Begriffs bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, wobei auch die weitreichenden Folgen des § 2 Abs. 3 Nr.2 FreizügG/EU in die Wertung einzubeziehen sind.
Auch bei Zugrundelegung der Maßstäbe des Sperrzeitrechts (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) ist klärungsbedürftig, ob der Verlust der Fahrerlaubnis, auch wenn er auf einem schuldhaften Verhalten des Betroffenen beruht, ein für den Verlust des Freizügigkeitsrechts relevanter Umstand ist. Eine Sperrzeit tritt nur ein, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers eine verhaltensbedingte Kündigung objektiv rechtfertigt (BSG Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R). Unabhängig von einer konkreten Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Verlustes der Fahrerlaubnis kann eine Kündigung als verhaltensbedingte, fristlose oder ordentliche Kündigung begründet sein und eine Sperrzeit auslösen, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten Nebenpflichten eines Arbeitsvertrages verletzt hat. Bei einem Berufskraftfahrer ist der Besitz der Fahrerlaubnis Geschäftsgrundlage für die Erfüllung des Arbeitsvertrages. Für eine Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten spricht im Falle des Verlustes der Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer, dass die Bejahung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dahingehend, ein Verhalten zu unterlassen, das die Grundlage der Vertragserfüllung beseitigt, keine unangemessene und unverhältnismäßige Einwirkung des Arbeitsrecht in die private Lebensgestaltung von Arbeitnehmern enthält (BSG Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R). Dagegen spricht, dass der Kündigungsgrund "Verlust der Fahrerlaubnis" arbeitsrechtlich überwiegend als personenbedingter Kündigungsgrund anzusehen ist (BAG Urteil vom 25.04.1996 - 2 AZR 74/95) und die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch im vorliegenden Fall nach den Angaben des Arbeitgebers nicht auf dessen verkehrswidrigem Verhalten, sondern ausschließlich auf dem Verlust der Fahrerlaubnis beruht. Dies wird auch darin deutlich, dass der Arbeitgeber bescheinigt hat, den Antragsteller sofort wieder einzustellen, wenn dieser die Fahrerlaubnis zurückerlangt. Aus Sicht des Arbeitgebers ist damit das Vertrauensverhältnis zum Antragsteller aufgrund des Verkehrsdeliktes nicht beeinträchtigt. Nach der Rechtsprechung des BSG zum Sperrzeitrecht ist aber gerade die Beeinträchtigung des Vertrauensbereichs maßgeblich dafür, den Verlust der Fahrerlaubnis als dem Arbeitnehmer zurechenbare Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten anzusehen (BSG Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 69/02 R).
Unbeachtlich für die Bejahung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU dürfte sein, dass die Bundesagentur für Arbeit nicht nur die Unfreiwilligkeit nicht bestätigt hat, sondern sogar selbst eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe festgestellt hat. Trotz der missverständlichen Formulierung des § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU hat die Beurteilung des Sachverhalts durch die Bundesagentur für Arbeit jedenfalls bei der Prüfung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine Tatbestandswirkung.
Angesichts dieser rechtlich schwierigen, in einem Hauptsacheverfahren abschließend zu klärenden Fragestellungen entscheidet der Senat aufgrund einer Folgenabwägung. Hierbei überwiegt das grundrechtlich geschützte Interesse des Antragstellers am Erhalt existenzsichernder Leistungen das fiskalische Interesse des Antragsgegners, nicht ohne Rechtsgrundlage Leistungen auszuzahlen. Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Antragsteller voraussichtlich nur kurze Zeit im Leistungsbezug verbleiben wird, weil er nach der Bescheinigung des Arbeitgebers unmittelbar wieder in seinen alten Beruf zurückkehren kann, sobald er die Fahrerlaubnis wiedererlangt hat. Durch die Begrenzung der Leistungsbewilligung bis März 2018 trägt der Senat dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller die näheren Umstände seiner Bemühungen zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis gegenüber dem Antragsgegner darlegen und die Ernsthaftigkeit dieser Bemühungen nachweisen muss. Der Antragsteller hat nach allgemeinen Grundsätzen alles zu tun, um seine Hilfebedürftigkeit so schnell wie möglich zu beenden - also insbesondere zeitnah die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis anzustreben.
Die Verpflichtung des Antragsgegners nur dem Grunde nach folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 130 SGG.
Auf die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T zu bewilligen (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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