Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 611/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 27/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von erbrachten Leistungen des ambulant betreuten Wohnens.
Bei der 1972 geborenen Klägerin bestand eine mittelgradig depressive Episode.
Bereits am 18.04.2012 ging bei der Beklagten eine Bedarfsmeldung des Anbieters des ambulant betreuten Wohnens ein, wonach die Klägerin um sofortige Aufnahme ins ambulant betreute Wohnen gebeten habe. Dem Schreiben lag ein Attest des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. V. vom 30.03.2012 bei, wonach psychiatrische Basisgespräche, eine antidepressive Medikation sowie eine ambulante Psychotherapie zwar sinnvoll seien, alleine jedoch nicht reichten, um die spezielle depressive Symptomatik zu bewältigen. Hierfür sei zusätzlich ein ambulant betreutes Wohnen dringend erforderlich, um eine vermehrte Selbständigkeit der Patientin zu ermöglichen. Sodann ging am 18.06.2012 bei dem Beklagten der Antrag Übernahme der Kosten für ambulant betreutes Wohnen aus Mitteln der Eingliederungshilfe nebst individuellem Hilfeplan (nachfolgend: IHP) für die Zeit vom 18.04.2012 bis 30.09.2013 ein.
Mit E-Mail vom 04.10.2012 teilte der Beklagte dem Anbieter des ambulant betreuten Wohnens mit, dass aus dem eingereichten IHP die Teilhabeeinschränkungen der Klägerin nicht hervorgehen. Es werde um Überarbeitung des IPH gebeten. Darüber hinaus bestünden Zweifel am Vorliegen einer wesentlichen Behinderung. Es werde um Mitteilung gebeten, ob bereits Maßnahmen zu Lasten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden.
Mit E-Mail vom 09.10.2012 teilte der Anbieter des ambulant betreuten Wohnens die bislang erreichten Ziele mit und übersandte sodann am 26.11.2012 eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Frau H. vom 08.11.2012 (Blatt 50 der Leistungsakte), den überarbeiteten IHP(Blatt 52 ff. der Leistungsakte) sowie ein weiteres Attest des behandelnden Neurologen und Psychiaters vom 09.10.2012 (Blatt 69 der Leistungsakte), auf deren jeweilige Inhalte Bezug genommen wird.
Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme ihres Medizinisch Psychosozialen Dienstes ein, welcher am 20.02.2012 mitteilte, dass eine wesentliche seelische Behinderung nicht vorliege.
Mit Bescheid vom 14.03.2012 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine wesentliche Behinderung nicht vorliege. Auch nach § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII könne keine Eingliederungshilfe gewährt werden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 02.04.2013 mit dem sie geltend macht, dass eine wesentliche Behinderung bestehe. Sie sei nicht in der Lage, ohne Hilfestellung einen eigenen Haushalt zu führen, ihre Kinder zu versorgen sowie einer Tätigkeit nachzugehen. Sie legt ein neuerliches Attest ihrer behandelnden Ärztin Frau H. vom 04.06.2013 vor auf dessen Inhalt (Blatt 113 der Leistungsakte) Bezug genommen wird.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung ihrer am 10.12.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass eine wesentliche Behinderung vorliege. Ihr behandelnder Arzt habe bereits im Jahr 2012 bestätigt, dass es aufgrund des Ausprägungsgrades der Symptomatik bei ihr immer wieder zu Rückzugstendenzen komme, die es ihr unmöglich machen, die üblichen Alltagsaktivitäten ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Die Beklagte habe zu keiner Zeit beachtet, dass das ambulant betreute Wohnen für sie eine Brücke zur Bewältigung ihrer Gesamtsituation baue. Das ambulant betreute Wohnen diene unter anderem dazu, die Arbeitsfähigkeit sowie die sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten. Eine drohende wesentliche Behinderung sei ausreichend, um die beantragen Leistungen zu erhalten. Vorliegend sei neben der Depression die vorliegende Persönlichkeitsstörung zu berücksichtigen. Diese habe in die Bewertung der Beklagten keinen Eingang gefunden. Seit Februar 2013 habe sie kein ambulant betreutes Wohnen mehr in Anspruch genommen. Ihr sei es mit Hilfe des ambulant betreuten Wohnens, der Medikamente und der psychosomatischen Kur gelungen, sich zu fangen und ihr Leben so zu festigen, dass sie wieder alleine zurechtkomme. Sie sei weiterhin in psychischer Behandlung. Das von dem Beklagten benannte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2015 (Az: L 9 SO 24/13) sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Vorliegend seien die erbrachten Leistungen wohnungsbezogen und final auf die Selbständigkeit beim Wohnen und ihm Wohnumfeld ausgerichtet. Ohne die erbrachten Leistungen sei die vorliegende Wohnform gefährdet gewesen, weil sie mit der Gesamtsituation nicht mehr zurechtgekommen sei und überlegt habe, gegebenenfalls in einer Einrichtung unterzukommen. Soweit der Beklagte ausführe, dass sie Hilfe ihrer Mutter erhalten habe, so sei darauf hinzuweisen, dass gerade diese Einmischung der Mutter das Hauptproblem dargestellt habe, mit dem sie nicht zurechtgekommen sei.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich nach ihrem erkennbaren Interesse,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2013 zu verurteilen, die Kosten für die erbrachten Leistungen des ambulant betreuten Wohnens in Höhe von 4.556,15 Euro zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. Alle eingereichten ärztlichen Unterlagen seien bei der Entscheidung umfassend berücksichtigt worden. Auch die Darstellungen im IHP seien berücksichtigt worden. Die Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen in dem genannten Urteil seien auch vorliegend anwendbar, denn das LSG setzte sich eingehend mit der Auslegung des in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX verwendeten Begriffs des "selbstbestimmten Lebens in bereuten Wohnmöglichkeiten" auseinander. Aufgrund der dort gemachten Ausführungen werde deutlich, dass die im IHP beschriebenen Hilfen überwiegend nicht unter die Leistungen fallen, die im Rahmen des betreuten Wohnens zu erbringen seien. Insbesondere die Unterstützung bei der Wohnungssuche, die Klärung der finanziellen Situation und der Erhalt der Arbeitsfähigkeit seien keine Leistungen in diesem Sinne. Außerdem sei aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass eine Gefährdung des selbständigen Wohnens der Klägerin gegeben gewesen sei. Insbesondere weil die Haushaltsführung und Betreuung der Kinder durch die Mutter der Klägerin sichergestellt worden sei. Aus den Unterlagen sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin überlegt habe, in einer Einrichtung unterzukommen. Daher seien die Leistungen auch nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX. Insoweit werde auf das bereits benannte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen verwiesen.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. V. (Blatt 46-48 der Gerichtakte) und Frau H. (Blatt 77-78 der Gerichtakte) sowie eine Stellungnahme des Anbieters des ambulant betreuten Wohnens (Blatt 57-70 der Gerichtsakte) eingeholt. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen. Außerdem hat das Gericht den Anbieter des ambulant betreuten Wohnens um Übersendung der Dokumentation seiner Tätigkeit für/mit der Klägerin gebeten. Insoweit wird auf Blatt 85 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Am 14.12.2015 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Bezüglich des Inhaltes wird auf das Protokoll des Erörterungstermins (Blatt 39 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die, die Klägerin betreffende, Leistungsakte des Beklagten. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Da es sich vorliegend um einen abgeschlossenen Zeitraum handelt, in dem Leistungen tatsächlich erbracht worden sind, hielt es das Gericht für sachgerecht, den Antrag der Klägerin als Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Kosten für die erbrachten Leistungen des ambulant betreuten Wohnens auszulegen.
Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klägerin hat mangels Vorliegens einer wesentlichen – drohenden – Behinderung keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für ambulant betreutes Wohnen nach § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch (SGB IX).
Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts der Klägerin auch örtlich zuständig.
Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX besteht vorliegend jedoch nicht, denn es liegt keine wesentliche Behinderung vor. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 iVm § 54 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB XII für eine Pflichtleistung bzw. eine Ermessensleistung nicht. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben führen die vorliegenden medizinischen Unterlagen zur Überzeugung des Gerichts dazu, dass keine – wesentliche – Behinderung, sondern eine behandlungsbedürftige und behandlungsfähige Erkrankung vorlag. Bereits der psychosoziale Dienst des Beklagten teilte in seiner Stellungnahme vom 20.02.2013 überzeugend mit, dass es sich um ein Krankheitsbild handele für das Maßnahmen nach dem SGB V und ggfs. zu Lasten der Rentenversicherung indiziert seien. Bestätigt wird dies auch durch den eingeholten Befundbericht des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. V. vom 22.12.2015. Darin führt er aus, dass es sich um eine Erkrankung handele, da durch die stationäre Maßnahme durchaus positive Veränderungen erreicht worden seien. Dr. V. bezog sich dabei auf den Arztbrief der Klinik S. vom 23.12.2012, wonach die Klägerin bei Entlassung körperlich und psychisch stabilisiert gewesen sei. Die Klägerin habe sich zufrieden mit der Maßnahme geäußert und angegeben, ihre Ziele erreicht zu haben. Insgesamt wurde ein positiver physischer und psychischer Effekt des Aufenthaltes attestiert. Auch der Anbieter des ambulant betreuten Wohnens äußerte die Ansicht, dass positive Effekte aus der stationären Maßnahme zu erkennen seien (vgl. Dokumentationsvermerk vom 09.01.2013, Blatt 97 der Gerichtsakte).
Soweit der Anbieter des ambulant betreuten Wohnens in seiner Stellungnahme vom 06.01.2016 (Blatt 57 ff der Gerichtsakte) die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen schildet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die Frage entscheidend, ob die geschilderte Beeinträchtigung behandelbar ist oder nicht. Lassen sich deutliche Verbesserungen prognostizieren, liegt keine Behinderung vor.
Entsprechendes gilt auch für den Befundbericht der behandelnden Therapeutin der Klägerin, Frau H. (Blatt 77 ff. der Gerichtsakte). Zwar schildert auch sie ausführlich die Beeinträchtigungen der Klägerin, die wohl auch schon länger andauern. Allerdings führt sie auch aus, dass mit dem letzten auslösenden Ereignis eine seelische und körperliche Dekompensation und damit eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes einhergegangen ist. Dies zeigt jedoch, dass es sich um eine akute behandlungsfähige Erkrankung gehandelt hat und bestätigt damit den Befund des behandelnden Psychiater Dr. V ...
Bestätigt wird dies schließlich auch durch den weiteren Verlauf des Verfahrens. Die Klägerin war bereits nach kurzer Zeit wieder in der Lage, ihre Angelegenheiten selbständig zu regeln. Eine wesentliche Verbesserung trat bereits nach Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme ein. Der Gesundheitszustand stabilisierte sie von da an kontinuierlich unter anderem durch die regelmäßig durchgeführte Psychotherapie. Dementsprechend benötigte die Klägerin seit Februar 2013 auch keine Hilfe mehr im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens.
Soweit der behandelnden Psychiater Dr. V. in seinen ärztlichen Attesten vom 30.03.2012 und 09.10.2012 mitteilte, dass die Hilfe in Form von ambulant betreutem Wohnen erforderlich sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar dürfte die vom Anbieter des ambulant betreuten Wohnens geleisteten Hilfestellungen für die Klägerin sinnvoll gewesen sein, da jedoch keine Behinderung vorliegt, sind die Voraussetzungen für die Kostenübernahme aus Mitteln der Eingliederungshilfe nicht gegeben.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die vom Anbieter des ambulant betreuten Wohnens erbrachten Leistungen jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX darstellen dürften. Er hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber der Klägerin erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlten diesen Betreuungsleistungen jedoch überwiegend der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Haushaltsführung und Lebensgestaltung in der Wohnung waren allenfalls am Rande Gegenstand der Bemühungen des Anbieters. Das Zurechtfinden in der Umgebung bezog sich im Wesentlichen auf die Begleitung zu den Einkäufen.
Ein Schwerpunkt der Bemühungen des Anbieters des ambulant betreuten Wohnens bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeiter zunächst darin, den Individuellen Hilfeplan zu erarbeiten, den Antrag auf eine stationäre Rehabilitation auf den Weg zu bringen sowie die Antragstellerin zu dem behandelnden Psychiater zu begleiten. Wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit war darüber hinaus durchgehend die Verbesserung des Verhältnisses und die Förderung der eigenen Autonomie im Verhältnis zu den Eltern. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von erbrachten Leistungen des ambulant betreuten Wohnens.
Bei der 1972 geborenen Klägerin bestand eine mittelgradig depressive Episode.
Bereits am 18.04.2012 ging bei der Beklagten eine Bedarfsmeldung des Anbieters des ambulant betreuten Wohnens ein, wonach die Klägerin um sofortige Aufnahme ins ambulant betreute Wohnen gebeten habe. Dem Schreiben lag ein Attest des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. V. vom 30.03.2012 bei, wonach psychiatrische Basisgespräche, eine antidepressive Medikation sowie eine ambulante Psychotherapie zwar sinnvoll seien, alleine jedoch nicht reichten, um die spezielle depressive Symptomatik zu bewältigen. Hierfür sei zusätzlich ein ambulant betreutes Wohnen dringend erforderlich, um eine vermehrte Selbständigkeit der Patientin zu ermöglichen. Sodann ging am 18.06.2012 bei dem Beklagten der Antrag Übernahme der Kosten für ambulant betreutes Wohnen aus Mitteln der Eingliederungshilfe nebst individuellem Hilfeplan (nachfolgend: IHP) für die Zeit vom 18.04.2012 bis 30.09.2013 ein.
Mit E-Mail vom 04.10.2012 teilte der Beklagte dem Anbieter des ambulant betreuten Wohnens mit, dass aus dem eingereichten IHP die Teilhabeeinschränkungen der Klägerin nicht hervorgehen. Es werde um Überarbeitung des IPH gebeten. Darüber hinaus bestünden Zweifel am Vorliegen einer wesentlichen Behinderung. Es werde um Mitteilung gebeten, ob bereits Maßnahmen zu Lasten der Krankenkasse in Anspruch genommen werden.
Mit E-Mail vom 09.10.2012 teilte der Anbieter des ambulant betreuten Wohnens die bislang erreichten Ziele mit und übersandte sodann am 26.11.2012 eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Frau H. vom 08.11.2012 (Blatt 50 der Leistungsakte), den überarbeiteten IHP(Blatt 52 ff. der Leistungsakte) sowie ein weiteres Attest des behandelnden Neurologen und Psychiaters vom 09.10.2012 (Blatt 69 der Leistungsakte), auf deren jeweilige Inhalte Bezug genommen wird.
Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme ihres Medizinisch Psychosozialen Dienstes ein, welcher am 20.02.2012 mitteilte, dass eine wesentliche seelische Behinderung nicht vorliege.
Mit Bescheid vom 14.03.2012 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass eine wesentliche Behinderung nicht vorliege. Auch nach § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII könne keine Eingliederungshilfe gewährt werden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 02.04.2013 mit dem sie geltend macht, dass eine wesentliche Behinderung bestehe. Sie sei nicht in der Lage, ohne Hilfestellung einen eigenen Haushalt zu führen, ihre Kinder zu versorgen sowie einer Tätigkeit nachzugehen. Sie legt ein neuerliches Attest ihrer behandelnden Ärztin Frau H. vom 04.06.2013 vor auf dessen Inhalt (Blatt 113 der Leistungsakte) Bezug genommen wird.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Zur Begründung ihrer am 10.12.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass eine wesentliche Behinderung vorliege. Ihr behandelnder Arzt habe bereits im Jahr 2012 bestätigt, dass es aufgrund des Ausprägungsgrades der Symptomatik bei ihr immer wieder zu Rückzugstendenzen komme, die es ihr unmöglich machen, die üblichen Alltagsaktivitäten ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Die Beklagte habe zu keiner Zeit beachtet, dass das ambulant betreute Wohnen für sie eine Brücke zur Bewältigung ihrer Gesamtsituation baue. Das ambulant betreute Wohnen diene unter anderem dazu, die Arbeitsfähigkeit sowie die sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten. Eine drohende wesentliche Behinderung sei ausreichend, um die beantragen Leistungen zu erhalten. Vorliegend sei neben der Depression die vorliegende Persönlichkeitsstörung zu berücksichtigen. Diese habe in die Bewertung der Beklagten keinen Eingang gefunden. Seit Februar 2013 habe sie kein ambulant betreutes Wohnen mehr in Anspruch genommen. Ihr sei es mit Hilfe des ambulant betreuten Wohnens, der Medikamente und der psychosomatischen Kur gelungen, sich zu fangen und ihr Leben so zu festigen, dass sie wieder alleine zurechtkomme. Sie sei weiterhin in psychischer Behandlung. Das von dem Beklagten benannte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2015 (Az: L 9 SO 24/13) sei mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Vorliegend seien die erbrachten Leistungen wohnungsbezogen und final auf die Selbständigkeit beim Wohnen und ihm Wohnumfeld ausgerichtet. Ohne die erbrachten Leistungen sei die vorliegende Wohnform gefährdet gewesen, weil sie mit der Gesamtsituation nicht mehr zurechtgekommen sei und überlegt habe, gegebenenfalls in einer Einrichtung unterzukommen. Soweit der Beklagte ausführe, dass sie Hilfe ihrer Mutter erhalten habe, so sei darauf hinzuweisen, dass gerade diese Einmischung der Mutter das Hauptproblem dargestellt habe, mit dem sie nicht zurechtgekommen sei.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich nach ihrem erkennbaren Interesse,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2013 zu verurteilen, die Kosten für die erbrachten Leistungen des ambulant betreuten Wohnens in Höhe von 4.556,15 Euro zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. Alle eingereichten ärztlichen Unterlagen seien bei der Entscheidung umfassend berücksichtigt worden. Auch die Darstellungen im IHP seien berücksichtigt worden. Die Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen in dem genannten Urteil seien auch vorliegend anwendbar, denn das LSG setzte sich eingehend mit der Auslegung des in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX verwendeten Begriffs des "selbstbestimmten Lebens in bereuten Wohnmöglichkeiten" auseinander. Aufgrund der dort gemachten Ausführungen werde deutlich, dass die im IHP beschriebenen Hilfen überwiegend nicht unter die Leistungen fallen, die im Rahmen des betreuten Wohnens zu erbringen seien. Insbesondere die Unterstützung bei der Wohnungssuche, die Klärung der finanziellen Situation und der Erhalt der Arbeitsfähigkeit seien keine Leistungen in diesem Sinne. Außerdem sei aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass eine Gefährdung des selbständigen Wohnens der Klägerin gegeben gewesen sei. Insbesondere weil die Haushaltsführung und Betreuung der Kinder durch die Mutter der Klägerin sichergestellt worden sei. Aus den Unterlagen sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin überlegt habe, in einer Einrichtung unterzukommen. Daher seien die Leistungen auch nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX. Insoweit werde auf das bereits benannte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen verwiesen.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. V. (Blatt 46-48 der Gerichtakte) und Frau H. (Blatt 77-78 der Gerichtakte) sowie eine Stellungnahme des Anbieters des ambulant betreuten Wohnens (Blatt 57-70 der Gerichtsakte) eingeholt. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen. Außerdem hat das Gericht den Anbieter des ambulant betreuten Wohnens um Übersendung der Dokumentation seiner Tätigkeit für/mit der Klägerin gebeten. Insoweit wird auf Blatt 85 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Am 14.12.2015 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Bezüglich des Inhaltes wird auf das Protokoll des Erörterungstermins (Blatt 39 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die, die Klägerin betreffende, Leistungsakte des Beklagten. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Da es sich vorliegend um einen abgeschlossenen Zeitraum handelt, in dem Leistungen tatsächlich erbracht worden sind, hielt es das Gericht für sachgerecht, den Antrag der Klägerin als Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Kosten für die erbrachten Leistungen des ambulant betreuten Wohnens auszulegen.
Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klägerin hat mangels Vorliegens einer wesentlichen – drohenden – Behinderung keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für ambulant betreutes Wohnen nach § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch (SGB IX).
Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts der Klägerin auch örtlich zuständig.
Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX besteht vorliegend jedoch nicht, denn es liegt keine wesentliche Behinderung vor. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 iVm § 54 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB XII für eine Pflichtleistung bzw. eine Ermessensleistung nicht. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben führen die vorliegenden medizinischen Unterlagen zur Überzeugung des Gerichts dazu, dass keine – wesentliche – Behinderung, sondern eine behandlungsbedürftige und behandlungsfähige Erkrankung vorlag. Bereits der psychosoziale Dienst des Beklagten teilte in seiner Stellungnahme vom 20.02.2013 überzeugend mit, dass es sich um ein Krankheitsbild handele für das Maßnahmen nach dem SGB V und ggfs. zu Lasten der Rentenversicherung indiziert seien. Bestätigt wird dies auch durch den eingeholten Befundbericht des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. V. vom 22.12.2015. Darin führt er aus, dass es sich um eine Erkrankung handele, da durch die stationäre Maßnahme durchaus positive Veränderungen erreicht worden seien. Dr. V. bezog sich dabei auf den Arztbrief der Klinik S. vom 23.12.2012, wonach die Klägerin bei Entlassung körperlich und psychisch stabilisiert gewesen sei. Die Klägerin habe sich zufrieden mit der Maßnahme geäußert und angegeben, ihre Ziele erreicht zu haben. Insgesamt wurde ein positiver physischer und psychischer Effekt des Aufenthaltes attestiert. Auch der Anbieter des ambulant betreuten Wohnens äußerte die Ansicht, dass positive Effekte aus der stationären Maßnahme zu erkennen seien (vgl. Dokumentationsvermerk vom 09.01.2013, Blatt 97 der Gerichtsakte).
Soweit der Anbieter des ambulant betreuten Wohnens in seiner Stellungnahme vom 06.01.2016 (Blatt 57 ff der Gerichtsakte) die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen schildet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die Frage entscheidend, ob die geschilderte Beeinträchtigung behandelbar ist oder nicht. Lassen sich deutliche Verbesserungen prognostizieren, liegt keine Behinderung vor.
Entsprechendes gilt auch für den Befundbericht der behandelnden Therapeutin der Klägerin, Frau H. (Blatt 77 ff. der Gerichtsakte). Zwar schildert auch sie ausführlich die Beeinträchtigungen der Klägerin, die wohl auch schon länger andauern. Allerdings führt sie auch aus, dass mit dem letzten auslösenden Ereignis eine seelische und körperliche Dekompensation und damit eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes einhergegangen ist. Dies zeigt jedoch, dass es sich um eine akute behandlungsfähige Erkrankung gehandelt hat und bestätigt damit den Befund des behandelnden Psychiater Dr. V ...
Bestätigt wird dies schließlich auch durch den weiteren Verlauf des Verfahrens. Die Klägerin war bereits nach kurzer Zeit wieder in der Lage, ihre Angelegenheiten selbständig zu regeln. Eine wesentliche Verbesserung trat bereits nach Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme ein. Der Gesundheitszustand stabilisierte sie von da an kontinuierlich unter anderem durch die regelmäßig durchgeführte Psychotherapie. Dementsprechend benötigte die Klägerin seit Februar 2013 auch keine Hilfe mehr im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens.
Soweit der behandelnden Psychiater Dr. V. in seinen ärztlichen Attesten vom 30.03.2012 und 09.10.2012 mitteilte, dass die Hilfe in Form von ambulant betreutem Wohnen erforderlich sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar dürfte die vom Anbieter des ambulant betreuten Wohnens geleisteten Hilfestellungen für die Klägerin sinnvoll gewesen sein, da jedoch keine Behinderung vorliegt, sind die Voraussetzungen für die Kostenübernahme aus Mitteln der Eingliederungshilfe nicht gegeben.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die vom Anbieter des ambulant betreuten Wohnens erbrachten Leistungen jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX darstellen dürften. Er hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber der Klägerin erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlten diesen Betreuungsleistungen jedoch überwiegend der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Haushaltsführung und Lebensgestaltung in der Wohnung waren allenfalls am Rande Gegenstand der Bemühungen des Anbieters. Das Zurechtfinden in der Umgebung bezog sich im Wesentlichen auf die Begleitung zu den Einkäufen.
Ein Schwerpunkt der Bemühungen des Anbieters des ambulant betreuten Wohnens bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeiter zunächst darin, den Individuellen Hilfeplan zu erarbeiten, den Antrag auf eine stationäre Rehabilitation auf den Weg zu bringen sowie die Antragstellerin zu dem behandelnden Psychiater zu begleiten. Wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit war darüber hinaus durchgehend die Verbesserung des Verhältnisses und die Förderung der eigenen Autonomie im Verhältnis zu den Eltern. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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