L 8 R 515/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 204/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 515/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.5.2015 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 19.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.2.2013 wird in Höhe der Säumniszuschläge (10.557,50 EUR) aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten in beiden Rechtszügen zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5, jeweils mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 49.058,45 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten, mit dem diese für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis zum 31.12.2009 eine Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu 1) als Fahrer bei der Klägerin i.H.v. insgesamt 49.058,45 Euro feststellte.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, Betriebsnummer: 000). Sie war im Streitzeitraum als Speditionsunternehmen im Bereich Stückguttransport, u.a. für die Unternehmen L und N tätig. Schriftliche Verträge wurden zwischen der Klägerin und ihren Auftraggebern nicht geschlossen. Die Klägerin wurde vom Vater der beiden heutigen Gesellschafter gegründet und im Rahmen vorweggenommener Erbfolge auf die Söhne übertragen. Zu diesem Zweck wurde zum 1.8.2000 die GbR gegründet, deren Gesellschafter die Herren K und U F sind. Die Klägerin meldete zum 1.12.2016 ihr Gewerbe ab und befindet sich derzeit im Auseinandersetzungsverfahren.

Ferner sind die Gesellschafter der Klägerin als Inhaber bzw. Geschäftsführer der folgenden Unternehmen tätig: Herr K F ist im Rahmen des einzelkaufmännischen Unternehmens F Güterverkehr e.K. (Betriebsnummer: 001, AG C, HRA 000) und des nicht in das Handelsregister eingetragenen Unternehmens K F Kleintransporte (Betriebsnummer: 003) tätig. Zudem ist er Geschäftsführer der K GmbH (Amtsgericht [AG] C, HRB 000). Herr U F handelt ferner unter der Firma Güternahverkehr U F (003: 002).

Der 1964 geborene Beigeladene zu 1) verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Seit seiner Jugend bis zum 30. Lebensjahr arbeitete er im elterlichen Betrieb, einem Imbiss, mit. Dieser war nach dem Vortrag der Beteiligten zuletzt als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert, deren Geschäftsführer der Beigeladene zu 1) war. Zudem war er nach eigenen Angaben als Kraftfahrer in unterschiedlichen Zeiträumen bei den verschiedenen Unternehmen der Gesellschafter der Klägerin tätig. Zum 1.5.2006 meldete der Beigeladene zu 1) unter seiner Wohnanschrift ein Gewerbe für die Tätigkeit "Produktion von Video, Audio und Multimedia" an. Dieses erweiterte er zum 1.4.2007 um die folgenden Tätigkeiten: "Handel, Vermietung und Service von Fahrzeugen sowie Handel, Vermietung und Dienstleistungen im IT-Bereich, Vermittlung von Personal, Kurierdienst und Fahrservice für Dritte". Die Abmeldung erfolgte nach seinen Angaben im Oktober 2011. Er unterhielt im Streitzeitraum eine Internetpräsenz ("G.de"). Dort warb er für seine Leistungen, nämlich im Bereich Lkw und Pkw für Fahrtätigkeiten in Urlaubs- und Krankheitsvertretung und Überführungen sowie Schwertransportbegleitung. Zudem veröffentlichte er dort seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, und auf die er auch im Rahmen seiner Rechnungsstellung jeweils verwies.

Die Beigeladene zu 3) gewährte dem Beigeladenen zu 1) für seine Selbständigkeit als Video-Produzent im Zeitraum vom 1.5.2006 bis zum 30.4.2009 durchgängig einen Existenzgründerzuschuss nach § 421l Sozialgesetzbuch Drittes Buch ([SGB III]) - Bescheide vom 24.3.2006, 15.5.2007 und 28.5.2008, zwischenzeitlich aufgehoben durch bestandskräftigen Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 24.6.2011 -. In den Bewilligungsbescheiden der Beigeladenen zu 3) wird die konkret geförderte selbständige Tätigkeit jeweils nicht bezeichnet.

Im streitgegenständlichen Zeitraum wurde der Beigeladene zu 1) ausweislich der beigezogenen Rechnungen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, in folgendem Umfang als Fahrer für die Klägerin im Rahmen der durch ihn werktäglich gefahrenen sog. C-Tour tätig:

(Im Original: Tabelle)

Im Jahr 2009 nahm das Hauptzollamt (HZA) C Ermittlungen u.a. bei der Klägerin im Hinblick auf die Fahrtätigkeit des Beigeladenen zu 1) auf. Danach war auf diesen kein Transporter oder Lkw angemeldet. Er verfügte über keine 003 und beschäftigte keine Arbeitnehmer. Die Überprüfung der Ausgangsrechnungen ergab zudem, dass er in den Jahren 2006 bis 2010 ausschließlich für die Klägerin und die Einzelunternehmen der Gesellschafter der Klägerin tätig war.

Die Beklagte leitete eine Betriebsprüfung bei der Klägerin ein und wertete dafür die ihr vorliegenden Ergebnisse des HZA aus. Mit Anhörungsschreiben vom 9.8.2010, gerichtet an die Klägerin, stellte sie eine beabsichtigte Nachforderung für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 31.12.2009 i.H.v. zunächst 49.892,48 Euro inklusive Säumniszuschlägen i.H.v. 10.677,50 Euro in Aussicht. Der Beigeladene zu 1) sei als Fahrer eines Lkw ohne eigenes Fahrzeug und Lizenz gefahren. Er habe die Tätigkeit höchstpersönlich ausgeübt und keinen eigenen Arbeitnehmer beschäftigt. Dass er die Einkünfte als solche aus dem Gewerbebetrieb versteuert habe, sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unerheblich.

Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 8.9.2010, dass der Beigeladene zu 1) nach außen als selbstständiger Unternehmer aufgetreten sei. Er habe seine Dienste auch anderen Unternehmen angeboten und über eine eigene Internetpräsenz für sich geworben. Seine Rechnungen belegten, dass er nach Tagessätzen und nicht nach Stunden abgerechnet habe. Er habe keine Weisungen erhalten und für Beschädigungen gehaftet. Als Beispiel werde eine Rechnung der Firma N über 54,22 Euro vorgelegt. Im Übrigen sei ihm ein Existenzgründerzuschuss durch die Beigeladene zu 3) gewährt worden.

Nachdem die Beklagte weitere Ermittlungsergebnisse des HZA beigezogen hatte, versandte sie erneut unter dem 15. und 18.3.2011 Anhörungsschreiben an die Klägerin und stellte die Festsetzung einer Nachforderung für den streitgegenständlichen Zeitraum i.H.v. nun 49.058,45 Euro inklusive Säumniszuschlägen von 10.557,50 Euro in Aussicht.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 22.3. und 8.4.2011 dazu im Wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrages Stellung genommen hatte, erließ die Beklagte mit Datum vom 9.8.2011 einen Betriebsprüfungsbescheid. Diesen adressierte sie an die Klägerin und versandte ihn jeweils an deren vertretungsberechtigte Gesellschafter. Darin setzte sie eine Nachforderung zur Sozialversicherung für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 1.12.2006 bis 31.12.2009 i.H.v. 49.058,45 Euro inklusive Säumniszuschlägen i.H.v. 10.557,50 Euro fest. Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen.

Dagegen legte die Klägerin am 8.9.2011 Widerspruch ein. Sie habe hinsichtlich des Beigeladenen zu 1) über keine Weisungsbefugnis verfügt. Es seien lediglich rein auftragsbezogene Vorgaben zu beachten gewesen. Dies gelte auch für selbstständige Frachtführer. Es habe die Möglichkeit bestanden, angebotene Fahrten anzunehmen oder abzulehnen. Der Beigeladene zu 1) sei zudem weiteren Beschäftigungen nachgegangen. Es habe keine Eingliederung in die betrieblichen Abläufe gegeben. Er habe kein festes Entgelt erhalten und keine Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung gehabt. Sein Arbeitsumfang sei nicht fremdbestimmt gewesen. Es habe nicht die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung bestanden. Der Beigeladene zu 1) habe öfters andere Fahrer entsandt. Er sei zudem zeitweilig für die weiteren Unternehmen der Gesellschafter der Klägerin gefahren. Auch bei der Klägerin sei ein dauerhaftes Vertragsverhältnis nicht geplant gewesen, sondern habe sich erst mit der Zeit entwickelt. Der Beigeladene zu 1) habe mehrere Auftraggeber gehabt und sei noch auf anderen Gebieten unternehmerisch tätig gewesen. Er habe mit seinem Bruder, welcher einen entsprechenden Betrieb gehabt habe, zusammen IT-Leistungen erbracht. Ferner habe er Pakete zugestellt. Er habe ein unternehmerisches Risiko getragen, über eine Gewerbeanmeldung verfügt und eine professionelle Internetpräsenz mit eigenen AGB unterhalten.

Nachdem die Beklagte die durch die Klägerin beantragte Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, beantragte diese bei dem Sozialgericht (SG) Detmold die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (S 6 R 1628/11 ER). Das SG ordnete mit Beschluss vom 25.1.2012 die aufschiebende Wirkung auf Grund mangelnder Ermittlungen der Antragsgegnerin an. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Im Anschluss an das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wertete die Beklagte weitere Ermittlungen des HZA aus, insbesondere das Protokoll der Zeugenvernehmung des Beigeladenen zu 1), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Ferner ergab sich, dass der Beigeladene zu 1) folgende Umsätze an das zuständige Finanzamt gemeldet hatte, nämlich im Jahr 2006 i.H.v. 11.263,00 Euro, im Jahr 2007 i.H.v. 35.365,83 Euro (angegebene Fremdleistungen i.H.v. 3.815,00 Euro), im Jahr 2008 i.H.v. 37.092,93 Euro (angegebene Löhne i.H.v. 780,00 Euro) sowie im Jahr 2009 i.H.v. 25.676,00 Euro. Aus den Ermittlungen des HZA folgte ferner, dass der Beigeladene zu 1) im Jahr 2008 die Absicht hatte, unter der Bezeichnung "BIG-Trans" ein Unternehmen zu eröffnen. Er ließ sich den Namen markenrechtlich schützen und erstritt die fehlende Domain anwaltlich. Im Jahr 2008 legte er auch die Sachkundeprüfung ab, um eine eigene Lizenz zu erhalten. Zur Gründung des Unternehmens kam es auf Grund der Wirtschaftskrise indes nicht.

Unter Einbezug dieser Erkenntnisse wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.2.2013 den Widerspruch als unbegründet zurück. Auf die Begründung wird Bezug genommen.

Dagegen hat die Klägerin am 7.3.2013 Klage zum SG Detmold erhoben. Unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrages hat sie vertiefend vorgetragen, dass der Beigeladene zu 1) für alle Unternehmen der Herren F sowie die Klägerin als Fahrer tätig geworden sei. Die Beklagte habe in die Nachforderung auch die Fahrten des Beigeladenen zu 1) für weitere Unternehmen eingerechnet. Im Übrigen habe die Beklagte nicht in ausreichender Weise ermittelt. Der Beigeladene zu 1) sei selbständig tätig geworden. Er habe einen Existenzgründerzuschuss erhalten und über eine Gewerbeanmeldung verfügt. Es werde bestritten, dass die Beigeladene zu 3) den Zuschuss für eine andere Tätigkeit gewährt habe. Gleichfalls werde bestritten, dass die Zuschussgewährung wieder aufgehoben worden sei. Der Beigeladene zu 1) habe eine Internetdomain unterhalten. Die Bilder auf seiner Homepage zeigten, dass er auch für andere Unternehmen tätig geworden sei. Er habe eigene AGBs genutzt. Er habe regelmäßig Freiräume bei der Klägerin angezeigt und versucht, sich ein Zeitarbeitsunternehmen bzw. einen Mitfahrerservice aufzubauen und eine Zweitniederlassung zu gründen. Der Aufbau eines eigenständigen Speditionsbetriebes sei schließlich 2009 endgültig misslungen. Der Beigeladene zu 1) habe im Streitzeitraum ein Büro unterhalten und das Risiko getragen, dass der Tagessatz nicht auskömmlich gewesen sei. Er sei in der Gestaltung der durch ihn gefahrenen C-Tour frei gewesen. Er habe ein eigenes Haftungsrisiko getragen, was ihm auch bewusst gewesen sei. Dies ergebe sich bereits aus verschiedenen Klauseln seiner AGBs. Er habe zudem über eigene Arbeitnehmer verfügt. Herr L sei bei der Minijob-Zentrale angemeldet gewesen. Ferner hat die Klägerin auf eine Entscheidung des Bayrischen Landessozialgerichts (LSG) verwiesen (Urteil v. 29.3.2011, L 8 AL 152/08, juris).

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 9.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.2.2013 aufzuheben.

Die Beklagt hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Bescheide verwiesen, die sie als rechtmäßig erachtet.

Das SG hat die Beigeladenen zu 1) bis 4) mit Beschluss vom 9.9.2013 am Verfahren beteiligt und das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beigezogen. Zudem hat es am 14.10.2014 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und in diesem den Beigeladenen zu 1) sowie den Gesellschafter der Klägerin, Herrn K F, angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Sodann hat es im Einverständnis sämtlicher Beteiligten durch Urteil vom 22.5.2015 ohne mündliche Verhandlung entschieden und die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 1.6.2015 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 23.6.2015 eingegangene Berufung, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Ihr sei nicht bekannt gewesen, dass der Beigeladene zu 1) seinen Existenzgründerzuschuss für ein anderes Gewerbe bewilligt erhalten habe. Nicht zuletzt aufgrund seiner Werbeaktivitäten sei der Eindruck entstanden, dass er unternehmerisch tätig sei. Der Wille zur selbstständigen Tätigkeit sei bereits bei den Vertragsverhandlungen bekundet worden. Es habe auch keiner Genehmigung für eine urlaubsbedingte Anwesenheit bedurft. Da der Beigeladene zu 1) im relevanten Zeitraum nicht arbeitsunfähig gewesen sei, habe es keiner Vertretung für Krankheit bedurft.

Die Klägerin hat beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.5.2015 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 9.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.2.2013 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der Beigeladene zu 1) habe über keine eigene Betriebsstruktur und keine eigenen Fahrzeuge verfügt. Er sei auf die Erlaubnis und die Betriebsmittel der Klägerin angewiesen gewesen.

Die Beigeladenen zu 1) bis 5), letztere am Verfahren beteiligt durch Beschluss des Senats vom 20.4.2017, haben keine Anträge gestellt.

Der Senat hat die Akte des AG C (10 Cs-756 Js 605/12-374/15) beigezogen sowie die weiteren Akten des SG Detmold (S 28 R 992/14, S 17 R 651/15 und S 22 R 994/14). Sodann hat er am 31.3.2017 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und in diesem die Gesellschafter der Klägerin sowie den Beigeladenen zu 1) gehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Zudem hat der Senat einen Versicherungsverlauf des Beigeladenen zu 1) beigezogen. Aus diesem ergeben sich Beschäftigungszeiten bei der Firma K F Kleintransporte in den Zeiten vom 1.11.1998 bis zum 30.9.2000, vom 4.12.2000 bis zum 30.10.2004 und vom 6.11.2004 bis zum 31.12.2005. Der Beigeladene zu 1) hat auf Anforderung weiterer Unterlagen durch den Senat mitgeteilt, dass er diese nicht mehr beibringen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Akten und auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 5) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminsbenachrichtigungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Detmold vom 22.5.2015 hat im tenorierten Umfang Erfolg.

Die am 23.6.2015 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen die ihr am 1.6.2015 zugestellte Entscheidung des SG Detmold vom 22.5.2015 ist zunächst zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz &61531;SGG&61533;) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG).

Ihre Berufung ist zudem, soweit sie sich gegen die Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei ihr im Streitzeitraum in Höhe von 38.500,95 Euro wendet, unbegründet. Insofern hat das SG die gegen den Bescheid vom 9.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.2.2013 gerichtete, statthafte (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig erhobene Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Die streitbefangenen Bescheide beschweren die nach § 70 Nr. 1 Alt. 2 SGG beteiligtenfähige Klägerin (BSG, Urteil v. 4.3.2004, B 3 KR 12/03 R, SozR 4-5425 § 24 Nr. 5; Senat, Beschluss v. 30.3.2011, L 8 R 149/11 B, juris) nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten, da sie rechtmäßig sind. Denn die Beklagte hat die Klägerin formell und materiell rechtmäßig zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung im streitigen Zeitraum verpflichtet. Soweit sich die Berufung der Klägerin jedoch gegen die durch die Beklagte erhobenen Säumniszuschläge in Höhe von 10.557,50 Euro richtet, ist sie begründet, denn diesbezüglich erweisen sich die Bescheide als rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten.

I. Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Nacherhebung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern. Diese Rechtsgrundlage ermächtigt auch zur Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 24 SGB IV (Senat, Beschluss v. 20.1.2015, L 8 R 70/14 B ER; Scheer in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 28p Rdnr. 213).

II. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig; insbesondere ist die Klägerin vor dessen Erlass unter dem 15. und dem 18.3.2011 ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) und hat von ihrer Möglichkeit der Stellungnahme auch Gebrauch gemacht.

III. Der Bescheid ist hinsichtlich der Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden (dazu unter 1.). Bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen kann sich die Klägerin hingegen auf § 24 Abs. 2 SGB IV berufen (dazu unter 2.).

1. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).

a) Die Beklagte hat zunächst zu Recht ihre Bescheide an die GbR als Arbeitgeberin gerichtet und dieser gegenüber, vertreten durch ihre Gesellschafter, bekannt gegeben (Senat, Urteil v. 25.1.2012, L 8 R 67/09, juris; für die PartG: Senat, Beschluss v. 4.4.2017, L 8 R 109/16 B ER). Insofern ist es unerheblich, dass sie zwei inhaltsgleiche Bescheide an beide vertretungsberechtigten Gesellschaftern versandt hat. Aus der jeweiligen Adressierung des Ausgangs- wie des Widerspruchsbescheides folgt im Rahmen der Auslegung vom Empfängerhorizont (zur Auslegung von Verwaltungsakten: BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 11/10 R, SozR 4-2500 § 175 Nr. 4; BSG, Urteil v. 28.6.1990, 4 RA 57/89, SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 31 Rdnr. 26; Luthe in jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rdnr. 26; jeweils m.w.N.), dass trotz des Hinweises auf die Gesamtschuldnereigenschaft der jeweiligen Gesellschafter, die Beklagte als Schuldnerin ihrer Forderung nicht die Gesellschafter der Klägerin sondern diese selbst in Anspruch nehmen wollte. Ein gegenteiliges Bescheidverständnis ist auch durch die Klägerin zu keiner Zeit vertreten worden.

b) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV.

aa) Die Regelung des mit Wirkung zum 1.7.2009 durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl. I, 3024) aufgehobenen § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV, wonach für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 421l SGB III beantragen, widerlegbar vermutet wurde, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind, ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt für § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB IV, wonach für die Dauer des Bezuges dieses Zuschusses die Person als selbständig tätig gilt. Die Regelungen dienten der Verfahrensvereinfachung und sollten Existenzgründungen erleichtern; der Amtsermittlungsgrundsatz blieb davon jedoch unberührt (Bayerisches LSG, Urteil v. 29.3.2011, L 8 AL 152/08, juris; Senat, Urteil v. 12.3.2014, L 8 R 431/11, juris, Rdnr. 69). Zudem hat der Beigeladene zu 1) zwar einen in den Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV fallenden Zuschuss nach § 421l SGB III beantragt und bewilligt erhalten. Allerdings wurde ihm dieser nicht für seine Fahrertätigkeit sondern für die Produktion von Videos, Audio und Multimedia gewährt.

bb) Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).

c) Ausgehend von den vorgenannten Kriterien stand der gegen Entgelt tätig gewordene Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum zur Klägerin in einer abhängigen Beschäftigung. Die Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale zeigen zur Überzeugung des Senats, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis dem eines abhängig Beschäftigten entsprach, wohingegen maßgebliche Aspekte, die für eine Qualifikation der Tätigkeit als selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht gegeben sind.

aa) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung sind die vertraglichen Grundlagen der zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin begründeten Rechtsbeziehung. Obgleich insoweit schriftliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten nicht getroffen worden sind, lassen die vom Senat festgestellten mündlichen Vereinbarungen sowie die tatsächlich gelebte Rechtsbeziehung wesentliche Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erkennen.

(1) Unter Berücksichtigung des schriftsätzlichen Vortrags, der beigezogenen Unterlagen sowie der persönlichen Angaben der Gesellschafter der Klägerin in den Erörterungsterminen vor dem SG und dem Senat lassen sich zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) folgende Feststellungen treffen: Der Beigeladene zu 1) verpflichtete sich gegenüber der Klägerin zu der werktäglichen Durchführung der sog. C-Tour zu einem auf einer Basis von zehn Stunden pro Tour kalkulierten Tagessatz von 150,00 Euro mit einem durch die Klägerin gestellten Lkw. Dabei konnte der Beigeladene zu 1) auf eine Zugmaschine zurückgreifen, die auf die Klägerin zugelassen war und welche sie ihm unmittelbar zur Verfügung stellte. Der geladene Auflieger wurde der Klägerin von ihrem Auftraggeber gestellt und nach ihrem Willen durch den Beigeladenen zu 1) genutzt. Der Beigeladene zu 1) holte ihn mit den notwendigen Unterlagen auf dem Gelände der Auftraggeberinnen, der Firmen N bzw. Kühne und Nagel, ab und führte sodann entsprechend den danach vorgegebenen Haltestellen-, (Ab-)Lade- und Zeitvorgaben die werktägliche Tour durch.

(2) Daraus folgt zunächst, dass sich die Vertragsparteien auf ein Dauerschuldverhältnis geeinigt haben. Der Beigeladene zu 1) ist regelmäßig im streitgegenständlichen Zeitraum die werktäglich beauftragte Tour gefahren. Demgemäß sind den vorliegenden Rechnungen monatliche Einsätze an 17 bis 22 Tagen zu entnehmen. Die dauerhafte Beauftragung entsprach dem Interesse der Klägerin, die auf diesem Weg einheitlich die regelmäßige Durchführung der Tour sicherstellen konnte. Ferner kam sie dem Wunsch des Hauptauftraggebers nach, denn das Unternehmen C legte nach der Auskunft des Beigeladenen zu 1) Wert auf Stammfahrer. Eine kontinuierliche und damit planbare Fahrtätigkeit lag darüber hinaus auch im Interesse des Beigeladenen zu 1), der im streitgegenständlichen Zeitraum mit Ausnahme einiger weniger Aufträge für die anderen Unternehmen der klägerischen Gesellschafter keine weiteren Auftraggeber hatte und über die C-Tour seinen Lebensunterhalt zuverlässig sicherstellen konnte.

bb) Auf dieser Grundlage ist der Beigeladene zu 1) im streitbefangenen Zeitraum in die betriebliche Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen von dem Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (vgl. Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Rdnr. 87 ff. m.w.N.).

(1) Für eine betriebliche Eingliederung des Beigeladenen zu 1) spricht zunächst, dass dieser die vereinbarungsgemäß ausgeführten werktäglichen C-Touren unter Inanspruchnahme der von der Klägerin vorgehaltenen und unterhaltenen Zugmaschinen sowie der ihr durch ihren Auftraggeber zur Verfügung gestellten Aufliegers ausgeführt und so an der Erfüllung der vertraglichen Pflichten der Klägerin gegenüber ihrem Auftraggeber, der Unternehmen N bzw. Kühne und Nagel, mitgewirkt hat.

(2) Die Disposition der Fahrten erfolgte seitens der Klägerin. Dass deren Konkretisierung letztlich über die sich aus den Frachtpapieren ergebenden jeweiligen Haltestellen und Zeitfenster und damit über den Auftraggeber der Klägerin erfolgte, ist dabei unerheblich. Denn die Klägerin hat diese vertraglich in das Rechtsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 1) einbezogen.

(3) Ferner hatte der Beigeladene zu 1) die Zugmaschinen der Klägerin bei Bedarf zu säubern und zu betanken, letzteres mittels einer durch die Klägerin zur Verfügung gestellten Tankkarte. Zwar wurden die Werkstatt- und TÜV-Besuche der Zugmaschine durch den Beigeladenen zu 1) organisiert, aber durch die Klägerin genehmigt und finanziert.

(4) Nach dem streitgegenständlichen Zeitraum wurde die C-Tour durch festangestellte Fahrer der Klägerin durchgeführt. Auch bei Verhinderung des Beigeladenen zu 1) im Streitzeitraum kam es nach Erläuterung des klägerischen Gesellschafters dazu, dass ggf. die Gesellschafter selbst die Tour übernahmen. Insofern zeigt sich, dass der Beigeladene zu 1) Bestandteil des Personaltableaus der Klägerin gewesen ist.

cc) Bei der Ausübung dieser Tätigkeit war der Beigeladene zu 1) auch einem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der Tätigkeit unterworfen. Weisungsgebunden arbeitet, wer - im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch (HGB) - nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (std. Rspr.: Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil v. 21.7.2015, 9 AZR 484/14, NZA 2016, 344 ff.; BAG, Urteil v. 25.9.2013, 10 AZR 282/12, NJW 2013, BAG, Urteil v. 15.2.2012, 10 AZR 301/10, NZA 2012, 731 ff.; jeweils m.w.N.). Die Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit müssen nicht auf einzelnen Anordnungen des Arbeitgebers beruhen. Vielmehr kann die Weisungsgebundenheit - namentlich bei einer Tätigkeit höherwertiger Art - auch zu einer "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein" (BSG, Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R, USK 2016-48; Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens einer derartigen dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Die Beurteilung hängt dabei auch von der Art der jeweiligen Tätigkeit ab (BAG, a.a.O.). Größere Spielräume, die auch abhängig Beschäftigten aufgrund der Natur ihrer Tätigkeit zustehen, können dabei nicht als maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung von selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung herangezogen werden (BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 15.2.2017, L 8 R 86/13, juris).

(1) Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) nach Zeit, Ort sowie Art und Weise wurden durch die Struktur der werktäglichen Tour bestimmt. Die Haltepunkte waren der Klägerin durch ihren Auftraggeber vorgegeben. Die Klägerin wiederum verpflichtete den Beigeladenen zu 1) zu deren Einhaltung. Die jeweilige Streckenführung wurde morgendlich durch Übergabe der Unterlagen an den Beigeladenen zu 1) konkretisiert. Dieser hatte seine tägliche Tour auf dem Gelände der Klägerin zu beginnen, die Zugmaschine abzuholen, mit dieser rechtzeitig beim klägerischen Auftraggeber anzukommen, um dort den Auflieger abzuholen, zu laden bzw. beladen zu lassen und die Frachtpapiere mitzunehmen. Dann hatte er die Tour mit den jeweiligen Haltepunkten innerhalb der entsprechenden Zeitfenster abzufahren.

(2) Dass sich dies bei den festangestellten Fahrern der Klägerin, die nunmehr diese Tour ausführen, wesentlich anders darstellt, ist dem Senat nicht erkennbar. Relevante Unterschiede ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass diese vor und nach der C-Tour zu weiteren Fahrten herangezogen werden können, denn dies liegt in der vertraglichen Vereinbarung begründet. Der Beigeladene zu 1) wurde von der Klägerin - allein - für die C-Tour engagiert.

(3) Freiheiten des Beigeladenen zu 1) in der Art und Weise der Ausführung sind ebenfalls nicht erkennbar. Dies gilt namentlich für die eigene Streckenführung zwischen den Haltepunkten, die im Rahmen der bestehenden Planung auch einem festangestellten Fahrer zustehen dürfte. Dass dem Beigeladenen zu 1) keine weitergehenden Aufträge übertragen werden konnten, beruht auf dem Umstand, dass ihm vertraglich lediglich die "C-Tour" übertragen war und wäre daher auch bei einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht möglich gewesen.

(4) Die aus der fehlenden durchgängigen Kontrolle seiner Arbeit resultierenden Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnisse des Beigeladenen zu 1) bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit - die im Übrigen nicht erkennbar über diejenigen eines vergleichbaren abhängig beschäftigten Fahrers hinaus gegangen sind - führt nicht zur Selbständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit.

dd) Wesentliche Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechen und im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind zur Überzeugung des Senats nicht festzustellen.

(1) Der Beigeladene zu 1) verfügte im Streitzeitraum nicht über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin bestehende Betriebsstätte. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht bereits ein häusliches Arbeitszimmer, von welchem aus die berufliche Tätigkeit koordiniert und wo eine Büroausstattung mit Computer, Drucker, Telefon und Akten vorgehalten wird, nicht über das hinaus, was in der modernen Lebenswirklichkeit auch in vielen privaten Haushalten beschäftigter Arbeitnehmer vorzufinden ist, und ist nicht qualitativ mit einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage zu vergleichen, die dem Betrieb eines Unternehmens dient (vgl. § 12 Satz 1 Abgabenordnung [AO]; BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25 m.w.N.; Senat, Urteil v. 6.4.2016, a.a.O.).

(2) Der Beigeladene zu 1) hat seine Tätigkeit auch im Wesentlichen höchstpersönlich ausgeübt. Zwar hat er im Jahr 2007 ausweislich einer vorliegenden Rechnung Herrn Peter L als Urlaubsvertretung für neun Tage á 160,00 Euro eingesetzt. An einem weiteren Tag im Jahr 2007 hat ihn die Firma B (Tagessatz 175,00 Euro lt. Rechnungsnr. 2007-0006) vertreten. Im Januar 2009 war zunächst beabsichtigt, dass der Fahrerservice "H" für ihn fahren sollte. Jedoch wurde diese Tätigkeit nach den vorliegenden Unterlagen offensichtlich kurzfristig abgesagt. Der nachweisbare Fremdleistungsumfang von lediglich zehn Tagen über einen Zeitraum von mehreren Jahren der Zusammenarbeit zeigt, dass dieser Umstand die Rechtsbeziehung der Beteiligten nicht entscheidend geprägt hat.

(3) In Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit unterlag der Beigeladene zu 1) auch keinem maßgebenden unternehmerischen Risiko. Entscheidendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12, juris), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, a.a.O. m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329; BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich einzelner Einsätze (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 4.6.1998, a.a.O.).

(a) Eine solche Ungewissheit ist zunächst nicht festzustellen, soweit es um den Einsatz der Arbeitskraft des Beigeladenen zu 1) geht. Denn er erhielt ein erfolgsunabhängiges Entgelt i.H.v. 150,00 Euro pro Tag, so dass er insoweit seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt hat. Das dann noch durch den Beigeladenen zu 1) getragene Insolvenzrisiko der Klägerin entspricht dem Risiko, welches auch ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trägt.

Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass der Entgeltsatz großzügig aufgrund eines Arbeitstages von zehn Stunden kalkuliert worden ist, folgen daraus keine als erheblich zu gewichtenden unternehmerischen Chancen des Beigeladenen zu 1). Weder nutzte er die gegebenenfalls gewonnene Zeit zum anderweitigen Einsatz seiner Arbeitskraft, noch ist erkennbar, dass sich der Stundensatz von 15,00 Euro durch erhebliche zeitliche Verringerung der Tagestour maßgeblich steigerte. Letztlich hatten weder die Klägerin noch der Beigeladene zu 1) entscheidenden Einfluss auf die tägliche Tourengestaltung, denn diese wurde von der Firma C unter Festlegung der jeweiligen Halte- und Ladestellen unter Vorgabe entsprechender Zeitfenster geplant.

(b) Eigenes Kapital hat der Beigeladene zu 1) in Bezug auf die Tätigkeit bei der Klägerin nicht maßgeblich eingesetzt. Die durch den Beigeladenen zu 1) an zehn Tagen eingesetzten Ersatzfahrer hatten einen etwas höheren Tagessatz. Dies fällt bei Betrachtung des gesamten Streitzeitraums allerdings nicht entscheidend ins Gewicht. Er hat dazu zwar eigene Werbung betrieben (z.B. Internetpräsenz mit eingestellten AGB) und ab den Jahren 2008/2009 in die Gründung eines Unternehmens (Ablegen der Sachkundeprüfung, Markenanmeldung, etc.) investiert. Mangels durch den Beigeladenen zu 1) vorlegbarer Unterlagen (betriebswirtschaftliche Auswertungen, Gewinnermittlungen, Einkommenssteuerbescheide etc.) ist jedoch bereits die Höhe entsprechender Betriebsausgaben weder erkennbar noch nachgewiesen.

(c) Der Senat hat sich auch nicht davon überzeugen können, dass der Beigeladene zu 1) im streitbefangenen Zeitraum über eigene Mitarbeiter verfügt hat. Er hatte keine 003. Die Anmeldung von Beschäftigten hat sich insofern nicht bestätigt. Entsprechende Unterlagen (Arbeitsverträge etc.) sind nicht vorgelegt worden. Gegenüber dem Finanzamt hat der Beigeladene zu 1) im Jahr 2007 Fremdleistungen angegeben (3.815,00 Euro). Soweit im Jahr 2008 Löhne in Höhe von 780,00 Euro angegeben worden sind, hat sich nicht feststellen lassen, dass diese tatsächlich für abhängig Beschäftigte gezahlt worden sind und dass der Beigeladene zu 1) diese im Rahmen des Vertragsverhältnisses für die Klägerin eingesetzt hat.

(d) Vorgetragene Schadenersatzpflichten sind keine maßgeblich in die Gewichtung einzustellenden Indizien für Selbständigkeit. Denn auch Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgebern - wenn auch nur in den Grenzen der hierzu entwickelten Rechtsprechung (vgl. BAG GS, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A), AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, BAG, Urteil v. 25.9.1997, 8 AZR 288/96, AP Nr. 111 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) - grundsätzlich den aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstandenen Schaden ersetzen (vgl. hierzu nur die Regelung des § 619a BGB). Zudem konnte die Klägerin lediglich eine geringfügige Rechnung der Fa. N vorlegen, die sie an den Beigeladenen zu 1) weitergegeben habe. Abgesehen davon hat der Gesellschafter der Klägerin bekundet, dass größere Schäden über die klägerische Versicherung abgewickelt worden wären, da der Beigeladene zu 1) sie nicht hätte tragen können.

(e) Dem Ausschluss von Ansprüchen des Beigeladenen zu 1) auf bezahlten Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kommt - ebenso wie der Stellung von Rechnungen und der Verwendung von AGB - keine maßgebliche Indizwirkung zu. Die Tatsache, dass Rechnungen gestellt und AGB verwandt worden sind, spricht nicht entscheidend für eine selbständige Tätigkeit. Diese Handhabung ist vorliegend Ausfluss der fehlerhaften Einordnung des streitbefangenen Vertragsverhältnisses. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt im Übrigen nicht die Annahme von Selbständigkeit im Rechtssinne (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Abgesehen davon ist die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 6.7.2016, a.a.O.), wofür im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich ist.

(4) Der dem Beigeladenen zu 1) gezahlte Tagessatz von 150,00 Euro spricht auch nicht vor dem Hintergrund des durch das BSG zwischenzeitlich entwickelten Kriteriums der Eigenfürsorge für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, juris). Der insofern kalkulierte Stundensatz von 15,00 Euro liegt erheblich unter dem Stundensatz von 40,00 Euro, bei dem das BSG in der genannten Entscheidung davon ausging, dass er eine eigenständige Absicherung gegen die sozialen Risiken von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Invalidität und Arbeitslosigkeit erlaube. Dementsprechend kann der Senat offen lassen, ob nicht bereits dogmatische Erwägungen gegen die Anwendung dieses Kriterium sprechen (vgl. dazu noch: BSG, Urteil v. 19.6.2001, B 12 KR 44/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 18, Rdnr. 23).

(5) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet hat, spricht gleichfalls nicht entscheidend für eine selbständige Tätigkeit, da dieses formale Kriterium für die Beurteilung der tatsächlichen Ausgestaltung der zu beurteilenden Tätigkeit ohne wesentliche Aussagekraft ist. Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers wird seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft (Senat, Urteil v. 17.12.2014, L 8 R 463/11; Senat, Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12, jeweils juris).

(6) Dass der Beigeladene zu 1) für weitere Auftraggeber tätig geworden ist, gewinnt in der Gesamtschau jedenfalls keine maßgebliche Relevanz. Zwar kann dies als Indiz für eine selbständige Tätigkeit gewertet werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, BSGE 120, 99), allerdings nur in der Zusammenschau mit weiteren für Selbständigkeit sprechenden Indizien. Davon hat sich der Senat indes nicht überzeugen können. Das gilt auch für das in diesem Zusammenhang durch das BSG beispielhaft genannte Kriterium eines werbenden Auftritts am Markt. Zwar verfügte der Beigeladenen zu 1) z.B. über eine Internetpräsenz. Allerdings nutzte er diese tatsächlich gerade nicht zur Akquise neuer Aufträge. Stattdessen war ihm die für die Klägerin durchgeführte Tour auskömmlich, so dass er weitere Aufträge ablehnte und es bei der zusätzlichen Durchführung vereinzelter Aufträge für die weiteren Unternehmen der Gesellschafter der Klägerin beließ. Zudem ist im Rahmen der Gewichtung dieses Indizes zu beachten, dass auch nach dem gesetzgeberischen Willen sowohl bei nur einem Auftraggeber Selbständigkeit vorliegen (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI), als auch bei dem Tätigwerden für mehrere Arbeitgeber mehrere abhängige Beschäftigungen gegeben (vgl. §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) bzw. abhängige Beschäftigungen neben selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden können (§ 5 Abs. 5 SGB V). Daher ist grundsätzlich jedes Vertragsverhältnis für sich statusrechtlich zu bewerten.

(7) Eine freie Gestaltbarkeit der eigenen Arbeitskraft in erheblichem Maße stand dem Beigeladenen zu 1) aufgrund der bereits beschriebenen Vorgaben nicht zu.

(8) Ob die Zusammenarbeit zwischen den an dem Auftragsverhältnis Beteiligten von dem (ursprünglichen) Willen getragen war, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, kann letztlich offen bleiben. Diesem Willen kommt nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung nämlich nur zu, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 38; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge 2008, 333 ff.). Danach kommt einem etwaigen, auf die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses zielenden Willen der an dem Auftragsverhältnis beteiligten Personen schon deshalb keine Indizwirkung zu, da überwiegende Gesichtspunkte zugunsten eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, SGB IV, 2. Aufl. 2016, § 7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).

d) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der durch den Senat festgestellten, tatsächlich praktizierten Rechtsbeziehung, dass diese im gesamten Streitzeitraum im Wesentlichen der einer abhängigen Beschäftigung entsprach, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit stehen, nicht in einem im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegenden Umfang vorhanden waren.

3. Es sind darüber hinaus keine Versicherungsfreiheitstatbestände festzustellen.

4. Auch eine Verschiebung des Beginns der Versicherungspflicht kommt nicht in Betracht. Nach § 7b SGB IV in der Fassung vom 23.1.2006 trat im Fall, dass ein Versicherungsträger außerhalb des Verfahrens nach § 7a das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung feststellte, die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte zustimmte und für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hatte, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entsprach, und er oder sein Arbeitgeber weder vorsätzlich noch grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgingen. Die Zustimmung liegt nicht vor und kann auch nicht mehr nachgeholt werden. Die rückwirkend zum 1.1.1999 eingeführte Übergangsvorschrift des § 7b SGB IV (durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999, Bundesgesetzblatt [BGBl.] I 2000, S. 2) ist mit Ablauf des 31.12.2007 ohne weitere Übergangsvorschrift außer Kraft getreten (Art. 1 Nr. 4 Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007, BGBl. I 2007, S. 3024; vgl. BR-Drs. 543/07, S. 25). Ab dem 1.1.2008 fehlte es daher außerhalb von § 7a Abs. 6 SGB VI an einer Rechtsgrundlage für Versicherte, einem späteren Beginn der Versicherungspflicht zuzustimmen.

5. Die Beiträge sind auch der Höhe nach durch die Beklagte zutreffend ermittelt worden. Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ist das beitragspflichtige Arbeitsentgelt (§ 168 SGB VI, § 227 SGB V, § 20 SGB XI, § 342 SGB III). Arbeitsentgelte sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus der Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

a) Die Beklagte hat die Netto-Rechnungsbeträge, die der Beigeladene zu 1) gegenüber der Klägerin geltend gemacht hat, zugrunde gelegt. Zurecht wurden zwei der vorliegenden Rechnungen nicht berücksichtigt (Rechnungsnr. 2009-00023 und 2007-0004). Diese waren zum einen an Herrn K F gerichtet und zum anderen wurde ein Autoradio in Rechnung gestellt. Dass die Beklagte zu ihren Ungunsten zudem die Rechnung mit der Rechnungsnr. 2009-00021 für den Monat Juli 2009 über netto 2.550,00 Euro nicht nachverbeitragt hat, beschwert die Klägerin nicht.

b) Die Beklagte hat auch nur die Entgelte nachverbeitragt, mit denen Fahrten für die Klägerin vergütet worden sind. Die zugunsten der anderen Unternehmen der Gesellschafter der Klägerin durchgeführten und abgerechneten Fahrten des Beigeladenen zu 1) wurden im Rahmen von parallelen Betriebsprüfungsverfahren berücksichtigt.

6. Die Forderung ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

a) Unproblematisch ist die aus den Jahren 2007 bis 2009 resultierende Nachforderung nicht verjährt, da diesbezüglich die vierjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV greift und diese vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2011 (Beiträge von 2007) durch Erlass des Bescheid vom 9.8.2011 nach § 52 Abs. 1 SGB X gehemmt worden ist.

b) Auch die Nachforderung für das Jahr 2006 ist nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt. Dies gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat (Satz 3). Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle. Nach § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV endet die Hemmung grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, § 37 Abs. 2 SGB X), spätestens aber sechs Kalendermonate nach Abschluss der Prüfung. Den Abschluss der Prüfung markiert zwar grundsätzlich das so genannte Schlussgespräch, das die Funktion einer Anhörung i.S.d. § 24 SGB X hat. Erfolgt eine Anhörung allerdings - wie vorliegend auch - auf schriftlichem Wege, endet die Hemmung mit der Beendigung des Anhörungsverfahrens (vgl. Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 25 SGB IV, Rdnr. 57). Die Prüfung begann im Juli 2010. Es wurde dann unter dem 9.8.2010 ein erstes und am 15./18.3.2011 ein weiteres Anhörungsschreiben mit einer Stellungnahmefrist von drei Wochen ab Zugang (ca. 5. bzw. 7.4.2011) versandt.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird entsprechend § 209 BGB in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Die Hemmung beginnt mit dem Tag, an dem sich der Hemmungstatbestand verwirklicht hat, und endet mit dem Tag, an dem er weggefallen ist bzw. mit dem Tag, der ausdrücklich im Gesetz bezeichnet wird. Dabei werden der Tag, an dem der Hemmungsgrund entsteht, der Tag, an dem er entfällt, und die Tage dazwischen nicht in die Verjährung eingerechnet, die um 0 Uhr des folgenden Tages weiterläuft (OLG Köln v. 10.06.2008, 9 U 144/07, juris, Rdnr. 47). Die Hemmung begann damit spätestens am 9.8.2010 und endete frühestens mit Ablauf des 5.4.2011. Da insofern frühestens ab dem 6.4.2011 die entsprechende Restlaufzeit der Verjährungsfrist (10.8.2010 bis 31.12.2010: 4 Monate und 21 Tage) lief, reichte der Bescheiderlass am 9.8.2011 aus.

II. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind hingegen rechtswidrig, soweit die Beklagte darin Säumniszuschläge in Höhe von 10.557,50 Euro festgesetzt hat.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).

Zwar hat die Klägerin vorliegend für den Beigeladenen zu 1) fällige Beiträge nicht gezahlt, jedoch kann sie sich nach § 24 Abs. 2 SGB IV im Hinblick auf die Erhebung von Säumniszuschlägen exkulpieren. Denn sie hat im Sinne dieser Norm unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt. Danach ist ihr - entgegen der Ansicht der Beklagten - nämlich nur eine vorsätzliche Unkenntnis der Zahlungspflicht vorwerfbar (dazu unter a). Eine vorsätzliche Unkenntnis ihr zurechenbarer Personen liegt hingegen unter Zugrundelegung der nachfolgenden Maßstäbe und unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte dieses Einzelfalls zur Überzeugung des Senats nicht vor (dazu unter b).

a) Für die Frage, ob unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht vorgelegen hat, ist in Ermangelung anderer, begründeter Maßstäbe auf diejenigen zurückzugreifen, die das BSG für die Beurteilung des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV entwickelt hat (BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; BSG, Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254). Der von dieser Norm erfasste Vorsatzbegriff schließt den bedingten Vorsatz ein (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 S. 35 m.w.N.). Dafür ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil v. 30.3.2000, a.a.O.). Der hiesige Senat hat sich dieser Auffassung des für Revisionsverfahren in Betriebsprüfungen zuständigen 12. Senats des BSG bereits ausdrücklich angeschlossen (Senat, Urteil v. 22.6.2016, L 8 R 1024/14, juris) und hält daran auch weiterhin fest (zuletzt Senat, Urteil v. 30.8.2017, L 8 R 822/14, juris, mit ausführlicher Begründung, auf die Bezug genommen wird).

b) Aufgrund der im gerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse einschließlich der Eindrücke von den Gesellschaftern der Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes und der mündlichen Verhandlung ist es zur Überzeugung des Senats glaubhaft, dass die Klägerin in dem dargestellten Sinn unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

aa) Der subjektive Tatbestand ist dabei bezogen auf die konkreten Umstände des Einzel-falles und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln. Ist eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass dieser Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O., m.w.N.). "Kenntnis" in diesem Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Nicht ausreichend ist hingegen eine bloße Fahrlässigkeit, auch in der Form der "bewussten Fahrlässigkeit", bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten (BSG, Urteil v. 16.12.2015, a.a.O.; BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Senat, Urteil v. 22.6.2016, a.a.O.).

bb) Ist nicht eine natürliche Person sondern eine juristische Person oder - wie vorliegend - eine rechtsfähige Personengesellschaft Beitragsschuldner, ist in erster Linie auf die Kenntnis der für sie handelnden vertretungsberechtigten Organwalter (vgl. BGH, Urteil v. 8.12.1989, V ZR 246/87, NJW 1990, 975 m.w.N.) abzustellen. Handelt es sich um eine GbR, ist also die Kenntnis zumindest eines der Gesellschafter maßgebend. Außerdem ist das Wissen derjenigen Mitarbeiter zuzurechnen, die mit der Wahrnehmung der Pflichten des Arbeitgebers bei der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV bevollmächtigt sind. Darüber hinaus kann das Wissen anderer Mitarbeiter zuzurechnen sein, sofern dieses Wissen bei ordnungsgemäßer Organisation im Betrieb weiterzugeben und im Rahmen der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten abzufragen ist (vgl. BGH, Urteil v. 13.12.2000, V ZR 349/99, NJW 2001, 359; BSG, Urteil v.16.12.2015, a.a.O.).

(1) Nach diesen Grundsätzen ist von einer unverschuldeten Unkenntnis der Gesellschafter der Klägerin auszugehen.

(a) Der Beigeladene zu 1) hat zunächst bei der Klägerin den Anschein hervorgerufen, eine selbstständige Tätigkeit auszuüben. Er hatte ein Gewerbe angemeldet. Er unterhielt eine eigene Internetpräsenz, auf der er im Verkehr für seine Leistungen warb, stellte an die Klägerin Rechnungen unter Einbezug seiner AGB und setzte in - wenn auch marginalem Umfang - Dritte als Fahrer bei der Klägerin ein. Er erweckte ferner den Eindruck, ab einem Zeitpunkt im Jahr 2008 seine unternehmerische Tätigkeit erweitern zu wollen, in dem er die Sachkundeprüfung ablegte und sich um markenrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit einer künftigen Firmierung kümmerte.

Zwar hatte die Klägerin unstreitig auch festangestellte Fahrer beschäftigt, die während einer Tour vergleichbare Tätigkeiten verrichteten wie der Beigeladene zu 1). Allerdings bestanden aus ihrer Sicht relevante Unterschiede zwischen diesen und dem Beigeladenen zu 1). So hatte der Beigeladene zu 1) keine Arbeitskleidung zu tragen und musste nicht an der klägerischen Zeiterfassung teilnehmen. Zudem war er nicht verpflichtet, vor bzw. nach Durchführung der C-Tour weitere Fahraufträge anzunehmen.

(b) Maßgeblich erscheint es dem Senat allerdings, dass diese, grundsätzlich der Einflussnahme der Beteiligten unterliegenden Indizien durch eine die Selbständigkeit anerkennende Entscheidung eines anderen Versicherungsträgers anerkannt worden sind, da der Beigeladene zu 1) für den Zeitraum vom 1.5.2006 bis zum 30.4.2009 durch die Beigeladene zu 3) eine durchgehende Förderung für eine selbständigen Tätigkeit nach § 421l SGB III erhalten hat. Dass die Klägerin nicht kritisch hinterfragt hat, ob sich diese auch auf die hier streitgegenständliche Tätigkeit erstreckte, ist ihr angesichts der jahrelangen beanstandungsfrei verlaufenen Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 1) und der hieraus erwachsenen Vertrauensbeziehung nicht vorzuwerfen.

(c) Insofern entsprach die Vorstellung der Klägerin von einer Selbstständigkeit des Beigeladenen zu 1), zudem im Streitzeitraum einem branchenüblichen Phänomen. So hat der Gesellschafter der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass zur damaligen Zeit - wie auch bei dem Beigeladenen zu 1) - geförderte selbständige Tätigkeiten (sog. Ich-AGs) allgegenwärtig gewesen seien. Ferner hat die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bayrischen LSG (Urteil v. 29.3.2011, L 8 AL 152/08, juris) auf die im streitgegenständlichen Zeitraum uneinheitliche Rechtsprechung zum Status eines Fahrers ohne eigenes Fahrzeug verwiesen. Die Transportfahrer-Entscheidung des BSG ist demgegenüber erst im Jahr 2009 und damit erst gegen Ende des streitigen Zeitraums ergangen (Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25).

Für zuzurechnenden bedingten Vorsatz anderer Personen bestehen nach dem Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte.

(2) Der Senat kann vor diesem Hintergrund letztlich offen lassen, ob die Klägerin ein Fahrlässigkeitsvorwurf trifft. Lediglich ergänzend ist allerdings darauf zu verweisen, dass - unabhängig von dem anzuwendenden Verschuldensmaßstab - auch darüber hinaus erhebliche Bedenken dagegen bestehen, dass bereits dann generell eine den § 24 Abs. 2 SGB IV ausschließende fahrlässige Unkenntnis anzunehmen ist, wenn für das zu beurteilende Rechtsverhältnis weder ein Antrag auf Statusfeststellung bei der zuständigen Clearingstelle der Beklagten nach § 7a SGB IV noch bei der zuständigen Einzugsstelle nach § 28h SGB IV gestellt worden ist.

(a) Zwar kann das Fehlen eines solchen Antrages ein Indiz für vorwerfbares Handeln darstellen, allerdings nicht pauschal, sondern nur unter Wertung sämtlicher Gesichtspunkte des Einzelfalls (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O., Rdnr. 33; Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 25 SGB IV, Rdnr. 33 m.w.N.). Dies ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Konzeption des § 7a SGB IV, denn das dortige Antragsverfahren ist bis auf die in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelten Fälle nicht obligatorisch, sondern freiwillig. Es muss daher für einen Arbeitgeber auch die grundsätzliche Möglichkeit verbleiben, seinen Pflichten nach § 28a SGB IV nachzukommen und eine auf einer Gesamtabwägung beruhende und damit auch gegebenenfalls von der Sichtweise der Beklagten abweichende Statusbeurteilung zu treffen, ohne dass ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Andernfalls führt die Annahme der Beklagten im Rahmen von Statusfragen dazu, dass für die Exkulpationsmöglichkeit des § 24 Abs. 2 SGB IV kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Denn unterlässt ein Arbeitgeber die Antragstellung, wäre ihm nach Sicht der Beklagten eine die Befreiung von den Säumniszuschlägen ausschließende fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Stellt der Arbeitgeber hingegen einen solchen Antrag, wäre ihm entweder je nach Ausgang des Statusverfahrens vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen, oder die Beitragsforderung entfiele bereits mangels Versicherungspflicht. Ein gesetzgeberischer Wille dahingehend, dass die in § 24 Abs. 2 SGB IV geregelte Möglichkeit des Arbeitgebers, sich zu entlasten, im Bereich der Beurteilung von Versicherungspflicht keinen Anwendungsbereich mehr hat, indessen nicht anzunehmen.

(b) Letztlich weicht die Auffassung der Beklagten auch qualitativ von der nach § 138 Abs. 2 SGB VI getroffenen verbindlichen Entscheidung des Bundesvorstands der Beklagten ab. Den dort geregelten Fallgruppen, in denen eine Berufung auf § 24 Abs. 2 SGB IV nicht in Betracht kommen soll (z.B. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung, Nichtauswertung von Lohnsteuerprüfberichten, Nichtberücksichtigung früherer Beanstandungen aus Betriebsprüfungen, unterbliebene Abführung von Beiträgen nach arbeitsgerichtlichen Entscheidungen, die Zahlungsansprüche der Beschäftigten betreffen, wenn die Ermittlung der voraussichtlichen Beitragsschuld im Sinne des § 23 SGB IV nicht gewissenhaft vorgenommen wurde, wenn bei identischen Sachverhalten unterschiedliche Beurteilungen vorgenommen wurden: Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 24 SGB IV Rdnr. 45), ist der Verzicht auf ein Verfahren nach §§ 7a, 28h SGB IV nicht in jedem Fall vergleichbar. Denn die in dieser Entscheidung angesprochenen Fallgruppen betreffen solche Konstellationen, in denen sich dem Arbeitgeber die Klärungsbedürftigkeit des versicherungsrechtlichen Status unmittelbar aufdrängen muss, weil deutlich überwiegende Gesichtspunkte für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung vorliegen. Damit ist der Fall einer gewissenhaft vorgenommenen, gleichwohl fehlerhaften Statusbeurteilung nicht vergleichbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben. Die Frage des in § 24 Abs. 2 SGB IV anzuwendenden Verschuldensmaßstabs ist durch den für Betriebsprüfungen zuständigen 12. Senat des BSG als geklärt anzusehen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass er seine Ansicht nach der Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 1.7.2010 (B 13 R 67/09 R, juris), der im Übrigen diese lediglich im Rahmen einer entsprechenden Anwendung des § 24 Abs. 2 SGB IV geäußert hat (vgl. dazu BSG, Urteil v. 29.11.2007, B 13 R 48/06 R, BSGE 99, 227, Rdnr. 28), nochmals bekräftigte (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O.).

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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