L 19 AS 1472/17 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 21 AS 50/17 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1472/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgericht Detmold vom 20.07.2015 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung streitig.

Die Kläger zu 1) und 2) bilden zusammen mit ihren vier Kindern, den Klägern zu 2) bis zu 6), seit dem 01.07.2014 eine Bedarfsgemeinschaft. Zum 01.09.2014 zogen sie um. Die Klägerin zu 3) bezog Leistungen nach dem SGB XII.

Am 20.03.2015 erhoben die Kläger zu 1), zu 2), zu 4), zu 5) und 6) Klage, S 21 AS 451/15, mit dem Begehren, ihnen für die Zeit vom 01.09.2014 bis zum 30.11.2014 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Mit Beschluss vom 12.05.2015 bewilligte das Sozialgericht den Klägern für die Zeit ab 01.04.2015 Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Am 20.03.2015 erhoben die Kläger zu 1) bis zu 6) Klage, S 21 AS 455/15, mit dem Begehren, dass der Beklagte die Zustimmung zum Umzug nach § 22 Abs. 4 SGB II in die zum 01.09.2014 bezogene Wohnung erteile, die Umzugskosten zu tragen und die Kosten für die Einzugsrenovierung voll zu übernehmen. Mit Beschluss vom 12.05.2015 bewilligte das Sozialgericht den Klägern Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei.

Am 19.12.2016 fand in den beiden Verfahren S 21 AS 451/15 und S 21 AS 455/15 ein Erörterungstermin statt. Der Erörterungstermin dauerte von 10:50 Uhr bis 11:35 Uhr. Laut Terminsprotokoll schloss die Beteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits in beiden Verfahren einen Widerrufsvergleich mit folgenden Inhalt:

1. Der Beklagte zahlt an die Kläger zu 2) 40,00 EUR und an die Klägerin zu1) 60,00 EUR aus.
2. Die Gegenseite ist hiermit einverstanden.
3. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit vollumfänglich für erledigt.
4. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
5. Dieser Vergleich steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass ihn die Kläger bis zum 06.01.2017 schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Detmold wiederrufen.

Ein Widerruf des Vergleiches erfolgte nicht.

Der Beschwerdeverführer beantragte im Verfahren S 21 AS 451/15, die Vergütung aus der Staatskasse auf insgesamt 1.561,28 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von

Verfahrensgebühr Nr. 3102,1008 VV RVG 660,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 280,00 EUR
Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 300,00 EUR
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 27,00 EUR
Abwesenheitsgeld Nr. 7005 Nr. 1VV RVG 25,00 EUR
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VVRVG 249,28 EUR.

Der Urkundsbeamter der Geschäftsstelle setze die Vergütung entsprechend dem Antrag auf 1.561,28 EUR fest.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren S 21 AS 455/15 beantragt, die Vergütung aus der Staatskasse auf insgesamt 1.815,94 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 3008 VVRVG 810,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VVRVG 336,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VVRVG 360,00 EUR
19 % Mehrwertsteuern Nr. 7008 VVRVG 289,94 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VVRVG 20,00 EUR.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 14.02.2017 auf 1.398,25 EUR festgesetzt in Höhe von

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VVRVG 625,00 EUR
Terminsgebühr Nr. 3106 VVRVG 280,00 EUR
Einigungsgebühr Nr. 1006 VVRVG 250,00 EUR
19 % Mehrwertsteuern Nr. 7008 VVRVG 223,25 EUR
Auslagenpauschale Nr. 7002 VVRVG 20,00 EUR.

Die vom Beschwerdeführer angesetzte Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VVRVG erscheine unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 RVG unbillig. Die anwaltliche Tätigkeit habe sich vor dem Hintergrund des Parallelverfahrens S 21 AS 451/15 leichter als ein vergleichbarer Durchschnittsfall dargestellt, da eine Einarbeitung in ein neuen Lebenssachverhalt bzw. deren Rechtslage nicht vollständig erforderlich gewesen sei. Die anwaltliche Tätigkeit sei deshalb mit einem Rationalisierungs-bzw. Synergieeffekt verbunden gewesen. Dies sei als arbeitserleichtern Umstand in die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit mit einzubeziehen. In der Sitzung vom 19.12.2016 sei nach einer gemeinsamen Verhandlung in den Verfahren S 21 AS 455/15 und S 21 AS 451/15 ein Gesamtwiderrufvergleich zur Beilegung beider Verfahren geschlossen worden. Aufgrund des Synergieeffektes sowie der geprüften Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erscheine eine Verfahrensgebühr Nr. 1003,1008 VVRVG in Höhe von 625,00 EUR billig und sachgerecht, wobei die reine Verfahrensgebühr ohne Mehrvertretungszuschlug i.H.v. von 250,00 EUR angesetzt werde.

Gegen die Festsetzung hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Bei einer Abrechnung nur der Mittelgebühren würde sich wegen der Mehrvertretung von fünf weiteren Klägern folgende Berechnung ergeben:

Verfahrensgebühr Nr. 3100, 1008 750,00 EUR
Terminsgebühr 280,00 EUR
Einigungsgebühr 200,00 EUR
Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VVRVG 20,00 EUR
Abwesenheitsgeld 20,00 EUR
Reisekosten 66,30 EUR
19 % Mehrwertsteuern Nr. 7008 VVRVG 273,90 EUR,

also insgesamt ein Betrag von 1.709,22 EUR ergeben. In der Sache seien die Kläger anstrengend gewesen und hätten sich mit vielen Dingen an ihn gewandt, bis sie irgendwann die Zusammenarbeit eingestellt hätten und es auch nicht für nötig gehalten hätten im Termin zu erscheinen. Die Sache sei umfangreich gewesen und rechtfertige auf jeden Fall den Toleranzrahmen, den der Unterzeichner gewählt habe. Mehrere Kinder hätten Behinderungen gehabt. Es sei um die Frage der Angemessenheit von Wohnraum gegangen. Außerdem um die Frage der Richtlinien des Kreises Höxters und Umzugskosten. Ein durchschnittliches Klageverfahren dauere in NRW im Jahre 2013 durchschnittlich 12,8 Monate, dass vorliegende Verfahren habe fast 2 Jahre gedauert, sei vom zeitlichen Umfang her als doppelt so lange gewesen.

Mit Beschluss vom 20.07.2015 hat das Sozialgericht Detmold die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den ihm am 24.07.2017 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 27.07.2017 Beschwerde beim Sozialgericht Detmold eingelegt.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Der Senat entscheidet durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin (§ 1 Abs. 3, 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 RVG), da die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtsache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

A. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 1 Abs. 3, 56 Abs. 2 RVG).

Die Beschwerde ist statthaft. Die Beschwer des Beschwerdeführers übersteigt den Betrag von 200,00 EUR. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung der Vergütung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auf 1.398,25 EUR und begehrt die Festsetzung einer Vergütung von 1.709,20 EUR. Die Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Vergütung beträgt mehr als 200,00 EUR. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG) ist gewahrt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 S. 1 RVG).

B. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Der Ansatz der Verfahrensgebühr durch den Beschwerdeführer in Höhe von 810,00 EUR entspricht nicht billigem Ermessen Unter Zugrundelegung des vorgegebenen Gebührenrahmens der Nr. 3102,1008 VV RVG von 125,00 EUR bis 1.375,00 EUR ist die vom Beschwerdeführer nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmte Verfahrensgebühr von 810,00 EUR, die oberhalb der Mittelgebühr von 750,00 EUR liegt, unbillig. Denn Nach wertender Gesamtbetrachtung handelt es sich vorliegend nicht um einen Normal-/Durchschnittsfall, sondern um einen unterdurchschnittlichen Fall.

Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr ist von der Mittelgebühr auszugehen, die bei einem Normal-/Durchschnittsfall als billige Gebühr zu Grunde zu legen ist. Unter einem "Normalfall" ist ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt (BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen. Die Mittelgebühr beträgt im vorliegenden Fall 750,00 EUR. Bei Abweichungen von einem Durchschnittsfall kann der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG eine geringere oder höhere Gebühr bis zur Grenze des vorgegebenen Rahmens ansetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit einer Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., m.w.N.). Die in § 14 Abs. 1 RVG aufgezählten fünf Bemessungskriterien stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Sämtliche Kriterien sind geeignet, ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben oder unten zu begründen. Zudem kann das Abweichen eines Bemessungskriteriums von jedem anderen Bemessungskriterium kompensiert werden (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.).

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren unterdurchschnittlich. Zu berücksichtigen ist der Arbeits- und Zeitaufwand, den ein Rechtsanwalt in der Sache betrieben hat und den er objektiv auf die Sache verwenden musste. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens, jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.). Mit der Verfahrensgebühr in Klageverfahren vor dem Sozialgericht wird der Aufwand für Besprechung und Beratung des Mandanten, das Anfordern und die Sichtung von beigezogenen und eingeholten Unterlagen, die Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, der Schriftverkehr mit dem Mandanten und dem Gericht sowie alle Tätigkeiten, für die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht eine besondere Gebühr angesetzt werden kann, vergütet. Durchschnittlich umfangreich ist eine anwaltlichen Tätigkeit, bei der die Klage erhoben, Akteneinsicht genommen, die Klage begründet und zu den Ermittlungen des Gerichts Stellung genommen wird (LSG Thüringen, Beschluss vom 09.02.2016 - L 6 SF 25/15 B).Die Dauer des gerichtlichen Verfahrens - vorliegend 22 Monate - stellt kein geeignetes Kriterium dar, um den vom Rechtsanwalt betriebenen Aufwand in die Bewertungsskala - unterdurchschnittlich, durchschnittlich und überdurchschnittlich - einzuordnen (vgl. zum Widerspruchsverfahren BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O., Rn. 29; Beschlüsse des Senats vom 03.02.2017 - L 19 AS 1723716 B, vom 06.10.2016 - L 19 AS 646/16 B, vom 16.12.2015 - L 19 AS 1475/15 B - und vom 19.11.2009 - L 19 B 18/09 AS; LSG Thüringen, Beschluss vom 25.03.2015 - L 6 SF 163/15 B). Die Zahl der gefertigten Schriftsätze, einschließlich ihres Inhalts, kann ein Indiz für den zeitlichen Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit darstellen (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.).

Der Beschwerdeführer hat eine 2 1/2seitige Klageschrift verbunden mit einem Prozesskostenhilfeantrag, einen dreizeiligen Schriftsatz zwecks Vorlage des aktuellen Leistungsbescheides, eine 1 1/2seitige Replik auf die Klageerwiderung des Beklagten gefertigt. Neben der Vorbereitung auf einen Erörterungstermin sind keine weitere zeitintensive Tätigkeiten - wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung - , die den Rückschluss auf einen erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand zulassen, nicht angefallen bzw. nicht belegt. Auch hat der Beschwerdeführer seinen Vortrag, dass die mandatsbezogenen Besprechungen mit den Klägern einen hohen Zeitaufwand erfordert haben, nicht belegt. Allein eine solche pauschale Angabe ohne nähere Präzisierung betreffend Anzahl und Dauer der Mandatengespräche ist nicht geeignet, einen erhöhten Zeitaufwand anzunehmen. Auch ist in die Würdigung des Arbeitsaufwandes der sich aus dem parallelen Betreiben der Verfahrens S 21 AS 451/15 und S 21 455/15 ergebende Synergieeffekt (vgl. zur Berücksichtigung von Synergieeffekten BSG, Beschlüsse vom 22.01.1993 - 14b/4 REg 12/91, SozR 3-1930 § 116 Nr. 4 und vom 22.01.1993 - 14b/4 REg 12/91, SozR 3-1930 § 116 Nr. 4; Beschluss des Senats vom 06.10.2016 - L 19 AS 646/16 B m.w.N.; LSG Sachsen, Beschluss vom 11.09.2013 - L 8 AS 858/12 B Ko m.w.N.; LSG Bayern, Beschluss vom 29.04.2016 - L 15 SF 15/14 E - m.w.N.) mit einzubeziehen, der sich auch im wesentlichen identischen Inhalt der Repliken des Beschwerdeführers in beiden Verfahren auf die Klageerwiderung des Beklagten widerspiegelt. Denn den beiden Verfahren S 21 AS 451/15 und S 21 AS 455/15 lag der derselbe Lebenssachverhalt - Aufnahme der Klägerin zu 3) in die Bedarfsgemeinschaft und dem daraus resultierenden Umzug in eine Wohnung, deren Kosten die Angemessenheitsgrenzen des Beklagten überschritt - zugrunde. Ebenso erforderten beide Verfahren die Einarbeitung in dieselben Rechtsfragen - Notwendigkeit des Umzugs i.S.v. § 22 Abs. 4 SGB II und § 22 Abs. 6 SGB II, weiterer Raumbedarf wegen Behinderung von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, Vorliegen eines schlüssigen Konzepts -. Die mit dem zeitgleichen Einarbeiten in den Sachverhalt und in das materielle Recht sowie mit dem zeitgleichen Betreiben von Parallelverfahren verbundene Arbeitserleichterung ist zu berücksichtigen. Damit ist der Umfang der Tätigkeit im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren unterdurchschnittlich gewesen.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war auch unter Berücksichtigung der Tatsache, ein Routinefall die durchschnittliche Schwierigkeit begründet (zu diesem Maßstab BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.), durchschnittlich. Als Routinefall auf dem Gebiet des Sozialrechts ist die Darlegung eines Anspruchs auf Leistungen mittels Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsvorschriften, aber ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur zu werten bzw. in einer Anfechtungssituation die Darlegung, warum die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage, auf die sich der Leistungsträger stützt, nicht vorliegen. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine überdurchschnittliche Schwierigkeit sprechen, zumal sich solche auch nicht Vorbringen des Beschwerdeführers widerspiegeln (vgl. hierzu LSG NRW, Urteil vom 05.05.2008 - L 3 R 84/98). Tatsächliche Schwierigkeiten sind nicht erkennbar (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.) und auch nicht von der Beschwerdeführer substantiiert vorgetragen worden.

Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger ist als überdurchschnittlich zu bewerten. Bei deren Beurteilung ist auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit abzustellen. Dabei werden Streitigkeiten über Leistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum sichern, wie die Streitigkeiten über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, in der Regel überdurchschnittliche Bedeutung beigemessen, unabhängig davon, ob die Leistung dem Grunde nach oder die Höhe der Leistung umstritten ist (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.). Vorliegend war Streitgegenstand des Verfahrens die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten, die Übernahme von Umzugskosten sowie von Kosten der Einzugsrenovierung. Der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit stehen die erheblich unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse der Kläger, denen Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, gegenüber, so dass eine Kompensation dieser Kriterien eintritt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.).

Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar.

Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere auch der Tatsache, dass unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.), kommt dem konkreten Verfahren eine unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so dass der Ansatz einer Gebühr von 650,00 EUR, die 80% der Differenz zwischen Mindest- und Mittelgebühr ([750,00 EUR - 125,00 EUR] = 625,00 EUR: 10 = 62,50 EUR x 8 = 500,00 EUR + 125,00 EUR = 150,00 EUR) entspricht, durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht zu beanstanden ist. Dabei ist auch berücksichtigt, dass in dem zeitgleich geführten Parallelverfahren die Gebühren ohne Berücksichtigung eines Synergieeffektes festgesetzt worden sind (vgl. hierzu LSG Bayern, Beschluss vom 29.04.2016 - L 15 SF 15/14 E). Insoweit hat der Beschwerdeführer mit dem Ansatz der Gebühr von 836,00 EUR im Kostenfestsetzungsantrag vom 04.01.0217 die Toleranzgrenze von 20% bei weitem überschritten.

Soweit der Beschwerdeführer im Erinnerungsverfahren seine Vergütungsforderung insoweit korrigiert hat, als er nunmehr als Verfahrensgebühr lediglich den Ansatz der Mittelgebühr nach Nrn. 3102, 1008 VV RVG i.H.v. 750,00 EUR fordert, findet auf diesen Kostenansatz die Toleranzgrenze von 20% keine Anwendung. Zwar steht dem Beschwerdeführer ein Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Höhe der Vergütung nach § 315 BGB zu. Denn § 14 Abs. 1 S. 1 RVG eröffnet dem Rechtsanwalt ein Leistungsbestimmungsrecht, seine Vergütung nach Maßgabe des § 315 Abs. 1 BGB festzusetzen. Macht der Rechtsanwalt von seinem Leistungsbestimmungsrecht durch Erklärung gegenüber dem Mandanten (§ 315 Abs. 2 BGB) Gebrauch, ist er an die von ihm getroffene Bemessung der Gebühr gebunden. Hat der Rechtsanwalt das Bestimmungsrecht ausgeübt, kann er davon nachträglich auch nicht zugunsten des Mandanten abweichen (BGH, Urteil vom 04.07.2013 - IX ZR 306/12). Das Leistungsbestimmungsrecht des Rechtsanwalts gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs (BGH, Urteil vom 04.12.2008 - IX ZR 219/07). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe geltend macht. Im Fall einer nicht verbindlichen, d.h. nicht der Billigkeit entsprechenden Bestimmung der Gebühr durch den Rechtsanwalt im Kostenfestsetzungsantrag, wird die Gebühr im Kostenfestsetzungsverfahren bestimmt. Der gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 RVG zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, im Fall der Erinnerung das gemäß § 56 Abs. 1 RVG zuständige Gericht und im Fall der Beschwerde das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 RVG sind befugt und verpflichtet, die vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühren auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen und bei Feststellung der Unbilligkeit die Gebühr selbst festzusetzen (LSG Bayern, Beschluss vom 21.03.2011 - L 15 SF 204/09 B E).

2. Unter Zugrundelegung des vorgegebenen Gebührenrahmens der Nr. 3106 VV RVG von 50,00 EUR bis 510,00 EUR ist die vom Beschwerdeführer nach § 14 Abs. 1 RVG bestimmte Terminsgebühr von 336,00 EUR unbillig. Nach wertender Gesamtbetrachtung handelt es sich vorliegend nicht um einen Normal-/Durchschnittsfall, sondern um einen unterdurchschnittlichen Fall, der den Ansatz einer Terminsgebühr von 234,00 EUR rechtfertigt.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist auf den tatsächlichen Arbeits- und Zeitaufwand für die Terminsteilnahme, der wesentlich durch die Anzahl und die Dauer der anberaumten Termine bestimmt wird, abzustellen. Der Arbeits- und Zeitaufwand für die Vorbereitung eines anberaumten gerichtlichen Termins ist nicht zu berücksichtigen (vgl. Beschluss des Senats vom 16.12.2015 - L 19 AS 1475/15 B - m.w.N.), da mit der Terminsgebühr nur die Tätigkeit des Rechtsanwalts während eines gerichtlichen Termins - Vertretung des Mandanten im Termin - abgegolten wird. Ein Termin beginnt mit dem Aufruf der Sache (§ 112 Abs. 1 S. 2 SGG). Die übrigen prozessualen Tätigkeiten werden, abgesehen von dem besonderen Mitwirken i.S.v. Nr. 1006 VV RVG, durch die Verfahrensgebühr abgegolten.

In dem Verfahren fand am 19.12.2017 ein Erörterungstermin statt. Dieser Termin, in dem zwei Streitsachen verhandelt worden, dauerte von 10.50 Uhr bis 11.35 Uhr. Damit betrug die Dauer des Termins 40 Minuten. Berücksichtigungsfähige Wartezeiten sind nicht angefallen. Der Termin begann an der in der Ladung bestimmten Zeit. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass in diesem Termin zwei nicht miteinander verbundene Streitsachen erörtert worden sind. Werden ohne förmlichen Verbindungsbeschluss mehrere Verfahren zur Verhandlung bzw. Erörterung aufgerufen und verhandelt, fallen in jeder Streitsache gesonderte Terminsgebühren an, vorliegend also zwei Terminsgebühren. Für die Bestimmung der Höhe der Terminsgebühren ist der jeweils auf das einzelne Verfahren entfallende - insbesondere zeitliche - Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit im Termin maßgeblich. Ergibt sich aus der Niederschrift über den Termin keine andere Zuordnung, ist die Gesamtdauer des Termins gleichmäßig auf die aufgerufenen Verfahren aufzuteilen und die Gesamtdauer des Termins durch die Anzahl der verhandelten Streitsachen und den errechneten Zeitaufwand an einer durchschnittlichen Terminsdauer vor den Sozialgerichten von 30 bis 50 Minuten zu messen (vgl. Beschluss des Senats vom 16.12.2015 - L 19 AS 1475/15 B - m.w.N.; LSG Sachsen, Beschluss vom 14.07.2016 - L 8 AS 644/14 B KO; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.01.2017 - L 2 AS 441/15 B). Ohne konkrete Anhaltspunkte in der Sitzungsniederschrift sind die verschiedenen rechtlichen Angelegenheiten im Sinne des § 17 RVG, selbst als Rechnungsposten, grundsätzlich gleich zu behandeln. Die anderen, in der Rechtsprechung vertretenen Ansätze zur Bemessung der Terminsgebühren in dieser Fallgestaltung - Bestimmung der Terminsgebühren mit je nach Einzelfall zu bemessenem Abschlag von der Mittelgebühr oder Bestimmung der Terminsgebühr für ein einzelnes Verfahren anhand der gesamten Terminsdauer und Ansatz der Mindestgebühr für die weiteren Verfahren (vgl. hierzu LSG Hessen, Beschluss vom 28.04.2014 - L 2 AS 708/13 B - mit Darstellung des Meinungsstandes) hält der Senat, insbesondere unter Berücksichtigung von Praktikabilitätserwägungen und dem Gesichtspunkt der Transparenz der Ermittlung einer Betragsrahmengebühr, für nicht sachgerecht (Beschluss des Senats vom 06.10.2016 - L 19 AS 646/16 B). Eine andere Aufteilung der Dauer des Termins ist vorliegend nicht geboten. Weder kann der Niederschrift über den Termin ein konkreter Zeitaufwand für jedes einzelne Verfahren oder sonstige Besonderheiten entnommen werden noch hat der Beschwerdeführer Umstände vorgetragen, die eine abweichende Bemessung zu seinen Gunsten rechtfertigen könnten. Im Vergleich zu einer durchschnittlichen Terminsdauer von 30 bis 50 Minuten im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.01.2017 - L 2 AS 441/15 B; LSG Sachsen, Beschluss vom 19.06.2013 - L 8 AS 45/12 B KO - m.w.N.; LSG Thüringen, Beschluss vom 10.04.2014 - L 6 SF 193/14 B - m.w.N.; Beschluss des Senats vom 15.01.2007 - L 19 B 13/06 AL) ist die auf das Verfahren S 21 AS 455/15 entfallende Terminsdauer von 20 Minuten (40 Minuten für zwei Verfahren) unterdurchschnittlich.

Bezüglich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger und deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse wird auf die Ausführungen zu der im Verfahren angefallenen Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG Bezug genommen. Es sind nach Aktenlage keine Unterschiede erkennbar und auch nicht vorgetragen worden, die insofern eine unterschiedliche Bewertung rechtfertigten. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass bei der Durchführung des gerichtlichen Termins tatsächliche Schwierigkeiten für die anwaltliche Tätigkeit, wie z.B. die Teilnahme an einer Beweisaufnahme mit Befragung von Zeugen und Sachverständigen, nicht entstanden sind.

Bei Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, insbesondere auch der Tatsache, dass allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009, a.a.O.), ist der Ansatz einer Terminsgebühr von 234,00 EUR , d.h. 80 % der Differenz zwischen Mindest- und Mittelgebühr ([280,00 EUR - 50,00 EUR] = 230,00 EUR: 10 = 23,00 EUR x 8 = 184,00 EUR + 50,00 EUR = 234,00 EUR) gerechtfertigt, so dass der Beschwerdeführer mit dem Ansatz einer Gebühr von 336,00 EUR die Toleranzgrenze von 20% überschritten hat.

3. Der Senat lässt offen, ob in dem Verfahren S 21 AS 455/15 im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Prozessvergleich um einen sog. Mehrvergleich handelt (vgl. hierzu Nrn. 1006 Abs. 1 S. 1, 1005 Abs. 1 VV RVG, zur Rechtslage vor dem 01.08.2013 Beschluss des Senats vom 06.10.2016 - L 19 AS 646/16 B). Jedenfalls hat der Beschwerdeführer ausgehend von einer Verfahrensgebühr i.H.v. 250,00 EUR, die 80% der Differenz zwischen Mindest- und Mittelgebühr ([300 EUR - 50,00 EUR] = 250,00 EUR: 10 = 25,00 EUR x 8 = 200,00 EUR + 50,00 EUR = 250,00 EUR) entspricht, kein Anspruch auf Festsetzung einer höheren Einigungsgebühr. Denn nach Nr. 1006 Abs. 1 S. 2 VV RVG ist für die Höhe der Einigungsgebühr ist die im Einzelfall bestimmte Verfahrensgebühr, wobei die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG nicht zu berücksichtigen ist.

4. Soweit der Beschwerdeführer im Erinnerungsverfahren Reisekosten von 66,30 EUR nach Nr. 7003 VV RVG sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG von 20,00 EUR geltend macht, sind diese Auslagen nicht zu übernehmen. Diese Auslagen sind zu einem entsprechend der Vorbem. 7 Abs. 3 VV RVG prozentual auf die in dem Termin verhandelten zwei Streitsachen umzulegen (vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 06.07.2015 - X K 5/13). Zum anderen sind bei der Vergütungsfestsetzung im Verfahren S 21 AS 451/15 Reisekosten von 27,00 EUR nach Nr. 7003 VV RVG sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 Nr. 1 VV RVG von 25,00 EUR berücksichtigt worden. Der Anfall höherer Reisekosten als 27,00 (90 km x 0, 30 EUR) ist nicht belegt.

Wegen des im Beschwerdeverfahren geltenden Verschlechterungsverbots (Verbot der reformatio in peius) ist die vom Urkundsbeamten festgesetzte Vergütung i.H.v. 1.398,25 EUR nicht herabzusetzen.

Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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