L 8 U 1570/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 4035/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 1570/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05.03.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte wegen eines am 25.05.2007 erlittenen Arbeitsunfalles einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente hat.

Der Kläger geboren 1960, verunfallte am 25.05.2007 (seither ist ihm ein GdB von 40 zuerkannt, vgl. Teilabhilfebescheid vom 02.07.2010, Blatt 6/8 der SG-Akte), als während der Ausübung seiner versicherten Beschäftigung als Lagerist im Hochregallager eine Rolle mit Dämm-Material aus ca. 7 Meter Höhe auf ihn (Schulter, vgl. Blatt 82-1 RS der Beklagtenakte) fiel und ihn zu Boden streckte (zur Unfallanzeige vgl. Blatt 11 der Beklagtenakte; zum D-Arztbericht vgl. Blatt 2-1 der Beklagtenakte; zur ärztlichen Unfallmeldung vom 20.06.2007 vgl. Blatt 28-1 der Beklagtenakte; zum Unfall-Fragebogen vgl. Blatt 139-1/139-2 der Beklagtenakte). Der D-Arzt Dr. V., der am selben Tag aufgesucht worden war, teilte in seinem D-Arztbericht vom 29.05.2007 (Blatt 2-1 der Beklagtenakte) mit, es bestehe eine Oberschenkelschaftfraktur rechts sowie eine Rippen- und Schädelprellung. Die Fraktur wurde im Krankenhaus Sinsheim am 25.05.2007 mit einer Osteosynthese mittels distaler Femurnagelung versorgt (Bericht Dr. V. vom 15.06.2007, Blatt 21-1 der Beklagtenakte).

Im Ersten Rentengutachten vom 26.03.2008 (Blatt 111-1/112 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 19.03.2008) gab Dr. V. als Diagnosen eine annähernd knöchern vollständig konsolidierte, distale Oberschenkelfraktur mit Gelenkbeteiligung rechtsseitig, bei noch einliegendem distalem Femurnagel, eine Bewegungseinschränkung rechtes Kniegelenk, eine Muskelminderung rechter Unterschenkel, eine kallusbedingte Weichteilvermehrung rechter Oberschenkel, eine rechtsseitige Beinverkürzung von 1 cm, eine Bewegungseinschränkung rechtes oberes/unteres Sprunggelenk und rechte Zehengelenke sowie eine Kraftminderung rechtes Bein an und schätzte die MdE vom 04.02.2008 bis zum 18.03.2008 auf 30 v.H., vom 19.03.2008 bis 01.05.2009 auf 20 v.H. und danach auf 10 v.H.

Mit Bescheid vom 04.03.2008 (Blatt 114-1 der Beklagtenakte) gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 04.02.2008 bis zum 30.04.2009 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. im Rahmen einer Gesamtvergütung.

Unter Vorlage eines Gutachtens von Dr. S., das dieser für das Sozialgericht (SG) Mannheim im Verfahren S 3 SB 3596/10 erstellt hatte (dazu vgl. Blatt 151-1/151-3 der Beklagtenakte), beantragte der Kläger am 02.03.2012 (Blatt 150 der Beklagtenakte) ein BEM-Verfahren (Betriebliches Eingliederungsmanagement-Verfahren) zu eröffnen. Mit Schreiben vom 05.04.2012 (Blatt 159-1 der Beklagtenakte) beantragte er unter Hinweis auf eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes eine BG-Rente und legte daraufhin ärztliche Unterlagen vor (Blatt 162/183 der Beklagtenakte).

Nach Auswahl durch den Kläger (Blatt 190 der Beklagtenakte) und im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. V. sein Rentengutachten vom 26.06.2012 (Blatt 195-1/196 der Beklagtenakte; Untersuchung des Klägers am 21.06.2012). Es bestehe als Unfallfolgen noch eine Beinverkürzung rechts um 2 cm, eine endgradige Bewegungseinschränkung rechtes Kniegelenk und röntgenologisch nachweisbare Veränderungen. Die MdE schätzte er über den 01.05.2009 hinaus auf 10 v.H.

Mit Bescheid vom 24.07.2012 (Blatt 199-1/199-2 der Beklagtenakte) lehnte die Beklagte die Rentengewährung über die Gesamtvergütung hinaus ab. Nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraumes liege wegen der Folgen des Arbeitsunfalles keine rentenberechtigende MdE mehr vor.

Mit seinem Widerspruch vom 14.08.212 (Blatt 201-1 der Beklagtenakte) machte der Kläger u.a. geltend (Blatt 206-1/206-2 der Beklagtenakte), dass er ständig Kreuzschmerzen habe, außer im Liegen. Es bestehe eine Hypertonie, die nicht gut eingestellt sei. Seine letzte Tätigkeit als Lagerarbeiter und Gabelstaplerfahrer könne er nicht mehr ausüben. Insoweit seien die dauerhaften Einschränkungen, wie sie im ersten Rentengutachten dokumentiert seien, nach wie vor vorhanden und hätten sich sogar weiter verstärkt, nachdem nunmehr der Rücken und die Wirbelsäule mitbetroffen seien. Der Kläger legte weitere ärztliche Unterlagen vor (dazu vgl. Blatt 207-1 der Beklagtenakte). Die Beschwerden der Lenden- und Brustwirbelsäule sowie der Knie seien erst nach dem Unfall aufgetreten (Blatt 212 der Beklagtenakte).

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2012 (Blatt 241-1 der Beklagtenakte) den Widerspruch zurück. Die verbliebenen Unfallfolgen begründeten keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. mehr.

Hiergegen hat der Kläger am 14.12.2012 beim SG Klage erhoben und sein Rentenbegehren fortgeführt. Sämtliche Ärzte gingen davon aus, dass die Beschwerden nicht nur nach wie vor bestünden, sondern sich im Laufe der Zeit verschlechtert hätten, sodass er nicht mehr in der Lage sei, seine Arbeitskraft auf Dauer vollschichtig einzusetzen. In der Praktikumsmaßnahme ab dem 03.12.2012 habe sich gezeigt, dass eine Tätigkeit auf Dauer für 8 Stunden als Gabelstaplerfahrer keinesfalls mehr möglich sei.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie-Rheumatologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin usw. Dr. R ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 26.07.2013 (Blatt 57/120 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 27.03.2013) u.a. ausgeführt, für die Knochenverletzung am rechten Oberschenkel mit Beteiligung des rechten Kniegelenkes sei der Arbeitsunfall vom 25.05.2007 ursächlich. Die Arthrose am rechten Kniegelenk sei derzeit nicht sehr schwer ausgeprägt. Da auf den Röntgenaufnahmen zum Zeitpunkt der Verletzung und Operation 05/2007 am rechten Kniegelenk keine Verschleißerscheinungen festgestellt werden konnten, das linke Kniegelenk auch jetzt noch keine Arthrosezeichen aufweise, die Oberschenkelfraktur das rechte Kniegelenk miterfasse und die Operation im Zugang durch das Kniegelenk habe erfolgen müssen, sei die vorhandene leichte Arthrose im rechten Kniegelenk ursächlich dem Arbeitsunfall vom 25.05.2007 zuzuordnen. Dagegen seien die Verschleißerscheinungen der unteren Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule bereits auf Röntgenaufnahmen zum Unfallzeitpunkt vorhanden gewesen, sodass diese und die damit einhergehenden angegebenen Rückenschmerzen dem Arbeitsunfall unmittelbar und mittelbar nicht ursächlich zugeordnet werden könnten. Er hat die MdE wie folgt eingeschätzt: vom 04.02.2008 bis 18.03.2008 30 v.H. vom 19.03.2008 bis 01.05.2009 20 v.H. vom 01.05.2009 bis 20.06.2012 10 v.H. vom 21.06.2012 bis auf weiteres 10 v.H.

Mit Schreiben vom 11.09.2013 (Blatt 122/124 der SG-Akte), 11.10.2013 (Blatt 128/133 der SG-Akte) und 14.11.2013 (Blatt 145/151 der SG-Akte) hat der Kläger sich gegen das Gutachten von Dr. R. gewandt und angeregt, eine umfassende Untersuchung auf unfallursächliche weitere Beeinträchtigungen im psychischen und psychosomatischen Bereich zu veranlassen. Da die Beeinträchtigungen weder simuliert noch aggraviert seien, sei indiziert, dass es zu einer Vernetzung und Überlagerung der durch rein organ-medizinischen Gesundheitsschädigungen eingetretenen Beeinträchtigungen gekommen sei. Außerdem hat er nunmehr begehrt, die Beklagte zu verpflichten, als weitere Unfallfolgen Erkrankungen im psychiatrischen bzw. psychosomatischen Fachbereich der Medizin festzustellen.

Das SG hat nunmehr nach § 109 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines psychotraumatologischen Gutachtens beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin usw. Prof. Dr. S ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 15.09.2014 (Blatt 162/208 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 28.07.2014) angegeben, beim Kläger bestünden eine somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymie nach Anpassungsstörung und Rückenschmerzen. Dem Unfallereignis und seinen unmittelbaren Folgen sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Bedeutung einer wesentlichen Bedingung für die zunächst entstandene Symptomatik zuzuordnen. Die Gründe für die anhaltende Nichtbewältigung des Unfallerlebnisses und der psychosomatischen Folgen seien zunehmend in der eher zwanghaftunsicheren Persönlichkeitsstruktur, der biographischen Erfahrung im Umgang mit Krankheit und Schwächen und der daraus resultierenden ungünstigen Krankheitsbewältigung zu sehen. Zusammenfassend lägen auf der persönlichkeitsstrukturellen Ebene unspezifische Vulnerabilitäten vor, die vor dem Unfall kein pathologisches Ausmaß besessen hätten, die allerdings in der Unfallbewältigung zum Tragen gekommen seien. Primär sei das Beschwerdebild als Unfallfolge anzuerkennen, im weiteren Krankheitsverlauf überwiegten zunehmend persönlichkeitsbedingte Faktoren sowie eine anzunehmende Begehrenshaltung. Das Auftreten der Rückenschmerzen sei unfallunabhängig. Auf psychotraumatologisch-psychiatrischem und psychosomatischem Fachgebiet bestehe eine MdE von 20 v.H. seit dem Unfalltag.

Das SG hat das Gutachten des Dr. L., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, vom 03.05.2012 (Blatt 209/235 der SG-Akte; Untersuchung des Klägers am 11.04.2012), das dieser für das SG im Verfahren S 3 SB 3596/10 erstellt hatte, zur Akte genommen.

Mit Urteil vom 05.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Es ließen sich beim Kläger keine Unfallfolgen feststellen, die eine rentenberechtigende MdE um 20 v.H. rechtfertigten.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 24.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.04.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Im Fokus des Verfahrens habe nach dem Abschluss der orthopädisch-unfallchirurgischen Beweisaufnahme die Frage gestanden, ob die subjektiv empfundenen Beschwerden, soweit sie durch orthopädische Befunde nicht ausreichend erklärt werden konnten, auf Simulation beruhten oder ihre Ursache in einer psychosomatischen Erkrankung liege, die er sich ebenfalls durch den Arbeitsunfall als wesentliche Ursache im Sinne der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zugezogen habe. Prof. Dr. S. beschäftige sich im Gegensatz zu vielen anderen Sachverständigen in bemerkenswerter Sorgfalt und unter Berücksichtigung des aktuellsten Standes der Wissenschaft mit allen im Rahmen der anzuwendenden diagnostischen Methodik notwendigen einzelnen Maßnahmen und Auswertungen. Es folge dann sehr ausführlich und sehr differenziert die Beurteilung, diagnostische Bewertung und Beantwortung der Gutachtenfragen. Das SG habe sich mit dieser sehr eingehenden und deshalb auch nicht in ihrer Komplexität einfach zu verstehenden Expertise nur sehr knapp befasst. Dies erwecke den Eindruck einer zu oberflächlichen Beschäftigung mit dem Gutachten bzw. bei den Richtern möglicherweise vorliegenden Verständnisproblemen. Hinsichtlich einer somatoformen Schmerzstörung und einer Dysthymie mit Anpassungsstörung werde im Gutachten ausführlich und schlüssig dargelegt, dass der Arbeitsunfall als wesentliche Teilursache nicht hinweg gedacht werden könne, so dass es zu ihnen ohne den Arbeitsunfall nicht gekommen wäre und dass keine Hinweise auf konkurrierende von der Schädigung unabhängige Faktoren vorlägen. Das Auftreten der Rückenschmerzen sei allerdings unfallunabhängig. Der Sachverständige führe differenzierend aus, dass eine leicht- bis mäßiggradige Krankheitsschwere hinsichtlich der Symptomdiagnose vorliege. Dennoch sei aufgrund der vorbestehenden ungünstigen Bewältigungsstrategien und der fehlenden sozialen Unterstützung die berufliche Anpassungs- und Gestaltungsfähigkeit davon betroffen. Zwischenzeitlich hätten die Schmerzen den Lebensablauf und die Lebensplanung übernommen. Eine Überwindbarkeit erscheine nur eingeschränkt möglich. Es bestehe seit längerer Zeit ein anhaltender chronischer Schmerzzustand mit starken Beschwerden, schon bei kleinen Belastungen. Probleme im Verständnis für die Richter des SG ergäben sich daraus, dass der Sachverständige darauf hinweise, dass hinsichtlich der Kausalität zwischen der Entstehung und Aufrechterhaltung sowie Chronifizierung eine gesonderte Betrachtung erforderlich sei. Das Unfallereignis sei auf einen durch die Lebensentwicklung mit eingeschränkten Bewältigungsmöglichkeiten vorbelasteten Versicherten getroffen. Der Sachverständige stelle aber eindeutig klar, dass sich ohne den Arbeitsunfall die diagnostizierten Erkrankungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht entwickelt hätten. Nur hinsichtlich der Aufrechterhaltung sei die Dysthymie mittlerweile als unfallunabhängig einzustufen. Dass sich durch die Chronifizierung im Laufe der Zeit Resistenzen entwickelt hätten, die zu einem eigenständigen, den ursprünglichen Wert der Funktionsbeeinträchtigung möglicherweise übersteigenden Krankheitsbild geführt hätten, führe aber nicht dazu, dass der zuvor vorhandene und die MdE wegen dieser Beeinträchtigung herbeiführende Wert nicht mehr vorhanden sei und erkläre die vom SG offenbar missverstandene Annahme, die Dysthymie könne auch hinsichtlich ihrer ursprünglichen Ausgestaltung der Beeinträchtigung nicht mehr als Unfallfolge berücksichtigt werden. Mit den von Prof. Dr. S. festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen sei nicht nur die allgemeine Lebensqualität beeinträchtigt, sondern massiv auch die Erwerbsfähigkeit im Bereich des Arbeitsmarkts und der Berufsausübung, weshalb insgesamt eine MdE von 20 v.H. anzunehmen sei. Etwas anderes könne hinsichtlich des Schmerzzustandes auch nicht aus den sonstigen Hilfserwägungen des SG hergeleitet werden. Simulation und Aggravationstendenzen seien nicht vorzuwerfen, sondern gehörten zum typischen Krankheitsbild und seien deshalb nicht gewillkürt. Sie führten keineswegs dazu, dass die Auswirkungen der Schmerzbelastung nicht mit hinreichender Sicherheit gutachtlich festgestellt werden konnten. Eine Gesamtbewertung könne jedenfalls nicht zu einer geringeren Bewertung als einer MdE von 20 v.H. führen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 zu verurteilen, ihm ab 01.05.2009 Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren, hilfsweise hat er den Beweisantrag vom 24.01.2018 gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Schmerzen, die üblicherweise bei diesem Verletzungsbild zu erwarten seien, seien in der Regel mit der Einschätzung der MdE auf orthopädischem Fachgebiet mit bewertet und fänden nur dann Berücksichtigung, wenn sie erheblich "über das übliche Maß hinausgehen" und hierdurch die Erwerbsfähigkeit des Versicherten beeinträchtigt sei. Dr. R. führe aus, dass die demonstrierten erheblichen Beschwerden nicht erklärbar seien und unter Berücksichtigung aller Umstände keine höhere MdE als 10% zu rechtfertigen sei. Selbst wenn hinsichtlich der psychosomatischen Erkrankungen von einem unfallbedingten Zusammenhang auszugehen sei, resultiere aus dem Krankheitsbild keine relevante Einschränkung, die zu einer Erhöhung der Gesamt-MdE führen könne.

Im Erörterungstermin vom 26.10.2015 (zum Protokoll vgl. Blatt 60/67 der Senatsakte) hat der Kläger Unterlagen vorgelegt.

Der Senat hat die Krankenkasse des Klägers befragt (zu deren Auskunft vgl. 103/108 der Senatsakte) und Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des Dr. B. als sachverständigen Zeugen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B. hat in seinem Schreiben vom 19.11.2015 (Blatt 73/75 der Senatsakte) Behandlungsdaten mitgeteilt und ausgeführt, es sei zu einem zunehmenden Rückzug gekommen. Durch die Erkrankungen des Klägers und den deutlich reduzierten Allgemeinzustand sei es zu einer zunehmenden depressiven Erschöpfung gekommen mit sozialem Rückzug und fehlender Krankheitseinsicht. Seit 2007 habe sich der Allgemeinstatus, sowie sein soziales Verhalten massiv negativ verändert.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 13.01.2016 (Blatt 78/98 der Senatsakte) den Reha-Bericht der Klinik G. vom 11.12.2015 vorgelegt und mit Schreiben vom 08.06.2016 (Blatt 101/102 der Senatsakte) ausgeführt, hieraus ergebe sich, dass der Arbeitsunfall eine wesentliche Ursache für seine Funktionsbeeinträchtigungen sei. Nach dem Arbeitsunfall mit Wegfall der Kompensationsstrukturen hätten Schmerzen zunehmend die Ersatzfunktion für ein verlorengegangenes äußeres Objekt übernommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. S ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 02.05.2017 (Blatt 113/160 der Senatsakte; Untersuchung des Klägers am 06.04.2017 und 20.04.2017) ausgeführt, es bestehe eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung, eine affektive Störung oder Anpassungsstörung sei zum Zeitpunkt der Begutachtung auszuschließen gewesen. Für die Zeit zwischen dem in Rede stehenden Schädigungsereignis vom 25.05.2007 bis zur Untersuchung könnten möglicherweise in der Vergangenheit auch krankheitswerte Anpassungsstörungen vorgelegen haben, die aber nicht im Vollbeweis zu sichern seien. Weiterhin sei auf dem orientierend mitbeurteilten neurologischen Fachgebiet ein Parkinson-Syndrom unklarer Provenienz zu konstatieren. Bei der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung handele es sich um eine multifaktorielle, nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentlich unfallbedingte Gesundheitsstörung. Eine Schädigungsbedingtheit etwaiger emotionaler oder Anpassungsstörungen sei ebenfalls nicht gegeben. Das Parkinson-Syndrom sei sicher nicht unfallbedingt.

Gegen das Gutachten von Prof. Dr. S. hat der Kläger u.a. eingewandt (Schreiben vom 30.06.2017, Blatt 174/181 der Senatsakte), Prof. Dr. S. habe bestätigt, dass eine aus seiner Sicht zweifelsfrei und deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch den Unfall verursachte chronifizierte somatoforme Schmerzstörung vorliege. Die ursprüngliche Anpassungsstörung habe sich zu einer Dysthymie weiterentwickelt. Die Dysthymie sei allerdings in ihrer Aufrechterhaltung zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung als unfallunabhängig einzustufen. Verblieben sei jedoch hinsichtlich der fortbestehenden chronischen somatoformen Schmerzstörung neben einer körperlichen funktionellen Einschränkung, die bereits alleine für sich und ohne Berücksichtigung der chirurgischen Beeinträchtigungen mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten sei, auch eine anhaltende leichtgradige psychisch-emotionale Beeinträchtigung aufgrund einer noch bestehenden leichten depressiven Symptomatik mit einer eigenständigen MdE von ebenfalls 10 v.H. zu bewerten. Es sei für die Entscheidung unerheblich, ob der Prof. Dr. S. zum punktuellen Zeitpunkt seiner Begutachtung überzeugend und schlüssig Feststellungen getroffen habe, ob und in welchem Grade damals noch eine Dysthymia auf der Basis einer vorausgegangenen Anpassungsstörung mit depressiven Anteilen bestanden habe oder nicht. Es handele sich bei dem Arbeitsunfall nicht um eine Gelegenheitsursache, sondern um eine wesentliche Ursache. Andere Faktoren hätten lediglich an der späteren Aufrechterhaltung von psychischen depressiven Beeinträchtigungen mitgewirkt. Dies sei aber nicht ausreichend, um deshalb den ursächlichen Zusammenhang und die Anerkennung des Arbeitsunfalls als wesentliche Ursache ernsthaft in Frage zu stellen oder gar auszuschließen. Eine Unfallursächlichkeit des Parkinsonsyndroms werde von Prof. Dr. S., der insoweit nicht hinreichend sachkundig sei, ohne zutreffende medizinische Begründung verneint. Das Parkinsonsyndrom sei eine durch neurodegenerative Prozesse verursachte Erkrankung. Eine Bedingtheit durch den Unfall oder unfallbedingte körperliche Erkrankung scheide von vornherein aus. Dies sei unzutreffend. Vielmehr sei wissenschaftlich anerkannt und nachgewiesen, dass ein Parkinsonsyndrom auch als Folge traumatischer Einwirkungen entstehen könne, insbesondere als Folge von Kopf- und Hirnverletzungen, etwa bei Boxern, Fußballspielern, aber auch bei Unfallopfern.

Prof. Dr. S. hat sich ergänzend geäußert (Schreiben vom 10.08.2017, Blatt 183/197 der Senatsakte) und an seiner Beurteilung festgehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2012 ist nicht rechtswidrig, der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Unfallrente über den 30.04.2009 hinaus.

Da der Kläger im Berufungsverfahren keinen Feststellungsantrag mehr gestellt hat, musste der Senat hierüber auch nicht entscheiden.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Voraussetzung einer solchen Unfallrente ist damit, dass ein Versicherungsfall eingetreten ist. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 SGB VII); eine Berufskrankheit macht der Kläger vorliegend nicht geltend.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R= SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, B 2 U 40/05 R= UV-Recht Aktuell 2006, 419-422, B 2 U 26/04 R= UV-Recht Aktuell 2006, 497-509, alle auch in juris).

Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v. § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Die MdE, nach der sich u.a. die Höhe der Rente bemisst, richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehnteL.er Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 m.w.N.). Dies verL.t § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.

Der Senat konnte vorliegend zwar feststellen, dass der Kläger am 25.05.2007 einen Arbeitsunfall erlitten hatte, als im Rahmen seiner versicherten Beschäftigung eine Rolle mit Dämm-Material auf seine Schulter stürzte. Die sich daraus ergebenden Gesundheitserstschäden bestanden in einer (verheilten) Oberschenkelschaftfraktur rechts sowie einer Rippen- und Schädelprellung. Diese und die daraus folgenden Unfallfolgen bedingen über den 30.04.2009 hinaus keine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr, die wenigstens 20 v.H. beträgt; einen Stützrententatbestand hat der Kläger nicht vorgetragen und konnte der Senat auch nicht feststellen.

Als sich aus dem Erstschaden ergebenden Unfallfolgen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet konnte der Senat beim Kläger eine Beinverkürzung rechts um 2 cm, eine endgradige Bewegungseinschränkung rechtes Kniegelenk und röntgenologisch nachweisbare Veränderungen feststellen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. V ... Auch der Gutachter Dr. R. hat in seinem Gutachten, das der Senat ebenfalls zu seiner Feststellung heranzieht, ausgeführt, dass die Arthrose im rechten Kniegelenk ebenfalls als (mittelbare) Folge des Arbeitsunfalles anzusehen sei, da dies Folge des über das rechte Knie eröffneten Zugangs zum Oberschenkelknochen war, der so mit dem Femurnagel versorgt werden konnte.

Nach der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, Seite 714) bedingt eine Beinverkürzung bis zu 4 cm eine MdE von 10. Beim Kläger liegt lediglich eine Beinverkürzung um bis zu 2 cm vor, weshalb von einer MdE von allenfalls 10 v.H. auszugehen ist.

Eine Bewegungseinschränkung des Knies ab 0/0/120o bedingt nach der unfallmedizinischen Literatur eine MdE von 10 v.H, ab 0/0/90o eine MdE von 15. Beim Kläger haben Dr. V. und Dr. R. Bewegungsausmaße im rechten Kniegelenk von 0/0/120o (Dr. V., Blatt 196 der Beklagtenakte) bzw. 0/5/120o (Dr. R., Blatt 94 der SG-Akte) mitgeteilt. Auch das von Dr. S. im Verfahren S 3 SB 3596/10 eingeholte Gutachten zeigt Bewegungsausmaße des rechten Kniegelenks von 0/0/120o (Blatt 178-7 der Beklagtenakte). Lediglich das für die deutsche Rentenversicherung am 27.09.2011 erstellte Gutachten von Dr. S.-F. (Untersuchung am 26.09.2011; Blatt 167/175 der Beklagtenakte) hat Bewegungsausmaße von 0/8/115o mitgeteilt. Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass dauerhaft eine Beugeeinschränkung des rechten Kniegelenks auf 120o bzw. mehr besteht. Ein MdE von 10 v.H. ist daher nicht anzunehmen. Eine Kniebandinstabilität oder Versteifung ist nicht festzustellen.

Bei der Bewertung der (Gon-)Arthrose sind eine eingeschränkte Streckung oder Beugung im Kniegelenk, ein Kniegelenkserguss, eine Kapselentzündung mit Verdickung oder Verplumpung der Gelenkkontur, eine Krepitation bei der Gelenksbewegung, eine Atrophie der Oberschenkelmuskulatur und ein hinkendes Gangbild von Bedeutung (Schönberger et al. a.a.O. Seite 684 f.). Auf der Grundlage der Gutachten von Dr. V. und Dr. R. und auch unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. S.-F. und Dr. von S. konnte der Senat außer der geringen Bewegungseinschränkung keine dieser Umstände feststellen, sodass eine MdE von mindestens 10 v.H. nicht angenommen werden kann. Dies sieht der Senat nicht nur durch die Bewertung der Gutachter bestätigt, sondern auch dadurch, dass die Gutachter insoweit allenfalls Befunde einer leichten Arthrose dargestellt haben.

Die vom Kläger als Unfallfolgen geltend gemachten Wirbelsäulenbeschwerden, konnte der Senat nicht hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich auf den Unfall vom 25.05.2007 zurückführen. Nicht nur, dass selbst der Gutachter des Vertrauens nach § 109 SGG, Prof. Dr. S., angegeben hat, diese Gesundheitsschäden seien nicht unfallbedingt, auch konnte der Senat mit dem Gutachten von Dr. R. – die Gutachten Dr. S.-F. und Dr. von S. befassen sich im Hinblick auf die Fragestellung der Auftraggeber im Renten- bzw. Schwerbehindertenverfahren naturgemäß allenfalls am Rande mit Fragen der vorliegend zu prüfenden Kausalität feststellen, dass die Verschleißerscheinungen der unteren Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule bereits auf Röntgenaufnahmen zum Unfallzeitpunkt vorhanden waren, sodass diese selbst und die damit einhergehenden angegebenen Rückenschmerzen dem Arbeitsunfall vom 25.05.2007 unmittelbar und mittelbar nicht hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich ursächlich zugeordnet werden können. Insoweit konnten die Gutachter – vor allem Dr. R. – auch nach dem Unfall im Jahr 2007 ein nur geringes, nicht seitendifferentes Fortschreiten der anlagebedingten Verschleißerscheinungen im natürlichen Verlauf mitteilen, sodass die durchweg ausgeglichene Beinverkürzung rechts auch einen Unfallzusammenhang nicht begründen kann. Eine unfallbedingte MdE von wenigstens 10 v.H. war daher nicht anzunehmen.

Damit war betreffend das orthopädische Fachgebiet im Bereich (Funktionssystem) der Beine allenfalls eine unfallbedingte MdE von 10 v.H. anzunehmen.

Der Senat konnte weitere unfallabhängige Gesundheitsstörungen, die mit MdE-Werten von wenigstens 10 v.H. zu bewerten sind, nicht feststellen.

Dass die geltend gemachte und nach Angaben des Klägers nicht gut eingestellte Hypertonie auf den Unfall vom 25.05.2007 zurückzuführen ist, konnte der Senat nicht feststellen. So hat der Senat außer der Behauptung des Klägers keine Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass der Unfall zu einer Blutdruckerkrankung geführt hatte. Eine solche nachvollziehbare Begründung lässt sich auch weder den vorliegenden Angaben der behandelnden Ärzte noch den Gutachten entnehmen. Hinzu kommt mit dem erheblichen Übergewicht (BMI 38,5 kg/m2 bei Dr. R. bzw. 43,3 kg/m2 bei Prof. Dr. S.) eine medizinisch nachvollziehbare Ursache, gegenüber der der angegebene Unfall rechtlich nicht als wesentlich anzusehen ist. Ist die Hypertonie daher nicht hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich Folge des Unfalls, kann eine unfallbedingte MdE hierfür auch nicht angenommen werden.

Der Senat konnte auch keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet feststellen, die mit einer mdE von wenigstens 10 v.H. zu bewerten wären.

Mit Prof. Dr. S. konnte der Senat feststellen, dass beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung besteht. Dies hat auch der Gutachter Prof. Dr. S. angenommen, der ausdrücklich die Diagnose "Somatoforme Schmerzstörung" gestellt hatte (Blatt 199 der SG-Akte = Seite 38 des Gutachtens). Während Prof. Dr. S. diese auf den Arbeitsunfall vom 25.05.2007 zurückgeführt hatte, hat Prof. Dr. S. einen Unfallzusammenhang ausgeschlossen. Der Senat konnte aber nicht feststellen, dass diese Erkrankung hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentlich Folge des Unfalles vom 25.05.2007 ist.

Soweit der Kläger im Schreiben vom 24.01.2018 aus den Klassifizierung nach ICD 10 F45.4 ("Anhaltende somatoforme Schmerzstörung" so Prof. Dr. S., Blatt 152 der Senatsakte = Seite 40 des Gutachtens) oder ICD 10 F 45.51 ("Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren" so Prof. Dr. S.) Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage der unfallbedingten Kausalität herleiten will, folgt ihm der Senat nicht. Prof. Dr. S. hatte zwar seine Diagnose der somatoformen Schmerzstörung unter Hinweis auf ICD 10 F.45.41 erläutert, hierdurch ergibt sich aber keine rechtlich relevante Unterscheidung zu der Diagnose von Prof. Dr. S ... Beide nach F45.4 und F45.41 geschlüsselten Erkrankungen sind Unterfälle der anhaltenden Schmerzstörung, die im Diagnoseschlüssel des ICD 10 mit der Gruppe F54.4 erfasst sind. Daher – auch das zeigt die Bezeichnung der Erkrankung durch Prof. Dr. S. als "somatoforme Schmerzstörung" (Blatt 199 der SG-Akte = Seite 38 des Gutachtens) – konnte der Senat feststellen, dass sich hieraus keinerlei Hinweise auf den Beginn und Verlauf der Gesundheitsstörung ergeben. Solche Hinweise entnimmt der Senat vielmehr den Gutachten von Prof. Dr. S., Prof. Dr. S., Dr. L. und den sonstigen vorliegenden ärztlichen Befunden.

Psychische Störungen nach einem Unfall entwickeln sich auf Grund komplexer Wechselwirkungen zwischen krankheitsverursachenden, -fördernden und –unterhaltenden Faktoren (Mertens et al. a.a.O. Seite 163). Bei der Beurteilung des Zusammenhangs müssen daher der Schweregrad des Unfallereignisses, der Schweregrad des Unfallerlebnisses, die Persönlichkeitsstruktur i.S. einer Schadensanlage und individuellen Bewältigungsressourcen, die nachgewiesenen Vorerkrankungen und die möglichen subjektiven Motive, Begehrenshaltungen und Wunschvorstellungen beachtet werden (Mertens et al- a.a.O. Seite 163 f.; vgl. auch Gutachten Prof. Dr. S., Blatt 200 der SG-Akte = Seite 39 des Gutachtens). Wegen der mannigfaltigen persönlichen, die psychische Reaktion beeinflussender Faktoren besteht nicht zwangsläufig eine Abhängigkeit zwischen der Schwere des Unfallereignisses und dem Ausmaß der psychischen Reaktion (Mertens et al. a.a.O. Seite 164). So wird ein Zusammenhang zwischen Unfall und psychischer Gesundheitsstörung angenommen, wenn der Unfall und seine Folgen – nach Eigenart und Schwere – unersetzlich, also nicht mit anderen alltäglich vorkommenden Ereignissen austauschbar sind (Mertens et al. a.a.O. Seite 165). Prof. Dr. S. hat insoweit ausgeführt, dass nach gegenwärtigem wissenschaftlichem Kenntnisstand in Bezug auf die Verursachung und Entwicklung anhaltender somatoformer Schmerzstörung von einer multifaktoriellen Ätiopathogenese ausgegangen wird, wobei multiple Faktoren zu einer Krankheitsgeneigtheit (Disposition), Störungsauslösung und -aufrechterhaltung beitragen. So können in einem je individuell zu gewichtenden Umfang nach wissenschaftlicher Datenlage sowohl genetische Veranlagungen, Persönlichkeitsmerkmale, biographische Belastung, somatische Erkrankungen und insbesondere kognitive Persönlichkeitseigentümlichkeiten eine besondere Bedeutung zukommen. Empirisch sehr gut belegt sei die Bedeutung spezieller persönlichkeitsgebundener Wahrnehmungsstile als wesentlicher ursächlicher Faktor für die somatoforme Störungsgenese.

Insoweit hat der Senat zu prüfen, inwieweit der Unfall vom 25.05.2007 ursächlich relevant war für das Entstehen der anhaltenden somatischen Schmerzstörung. Das Unfallgeschehen mit Femurfraktur rechts, Rippenprellung und Schädelprellung – ein Schädel-Hirn-Trauma hat nicht stattgefunden – bei fehlender Erinnerung des Klägers an das Unfallereignis und der dem Unfall unmittelbar nachfolgenden Zeit, ergeben für den Senat im Hinblick auf die vorliegenden medizinischen Befunde keine Hinweise auf irgendeine psychopathologische Reaktion im Zusammenhang mit dem Schädigungsereignis. Einen psychischen Primärschaden konnte der Senat nicht feststellen.

In diesem Sinn war die vorgebrachte psychische Reaktion des Klägers erst im Laufe der Zeit aufgetreten, was auch Prof. Dr. S. annimmt, und hat sich insoweit aus einer misslungenen Anpassung an die körperlichen Folgen ergeben. Insoweit konnten Prof. Dr. S. und Prof. Dr. S. darlegen, dass die vom Kläger berichteten Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen erkennbar nicht im Einklang mit Art und Ausprägung der organischen Unfallfolgen stehen und insoweit die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung rechtfertigen. Diese entwickelte sich in den Jahren nach dem Schädigungsereignis. Hinweise auf eine somatoforme Fehlverarbeitung fanden sich erst im nervenärztlichen Gutachten von Dr. L. vom 03.05.2012, ohne dass damals die Diagnosekriterien für die anhaltend somatoforme Schmerzstörung schon erfüllt gewesen waren, wie Prof. Dr. S. überzeugend ausführt. Insoweit kommt den psychosozialen Belastungen im vorliegenden Fall eine wesentliche Bedeutung zu; so hat der Kläger die Kündigung durch den Arbeitgeber als kränkend erlebt – sie habe ihn nach seinen Angaben bei Prof. Dr. S. zornig gemacht – und die daraus resultierende Arbeitslosigkeit als belastend empfunden, ebenso wie die finanzielle enge Situation und die juristischen Auseinandersetzungen. Diese Umstände sind auch nicht mittelbar dem Unfallereignis oder seinen gesundheitlichen Folgen wesentlich zuordenbar, weil die – juristische – Annahme des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. S., es handle sich um unfallfremde Mitfaktoren der Schmerzstörung, zutrifft. Die Kündigung des letzten innegehabten Arbeitsplatzes, bei dem der Unfall eingetreten war, ist zunächst eine eigene Willensentscheidung des Arbeitgebers, somit eines Dritten, die zudem nicht von den Unfallfolgen veranlasst war. Nach Angaben des Klägers bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. konnte er die Arbeit wegen seiner bereits kurz nach Aufnahme der mit dem Heben schwerer Lasten verbundenen Tätigkeit bei der Firma B. auftretenden Rückenbeschwerden (vgl. Seite 125 des Gutachtens = Bl. 133 der Senatsakte) nicht fortsetzen. Er habe nicht mehr schwer heben dürfen und habe gleich gemerkt, dass sein Chef ihn nicht mehr haben wollte (Seite 17 des Gutachtens = Bl. 129 der Senatsakte). Auch dass er Lebensversicherung und Bausparvertrag für den eigenen Unterhalt hatte einbringen müssen, womit er eigentlich den Rest des Elternhauses hat abzahlen wollen, belastete ihn. Insoweit sind auch dies keine indirekten, dem Unfallgeschehen zuschreibaren Folgen, unabhängig von der Frage, ob eine so weitgehende, von eigenen Entscheidungen des Versicherten abhängige Zuordnung zum Unfallgeschehen einen wesentlichen Ursachenzusammenhang der psychischen Gesundheitsstörung begründen kann. Nach Prof. Dr. S. wird die Bewertung dieser Umstände als unfallunabhängige Faktoren auch in der Latenz von mehreren Jahren deutlich, mit der die somatoforme Schmerzstörung nach dem Unfall erst aufgetreten ist, was Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.08.2016 vertiefend ausgeführt hat. Gesicherte erste Symptome einer Schmerzstörung haben sich erstmals 2012 bei der Untersuchung durch Dr. L. gezeigt, ohne dass ein Vollbild der Schmerzstörung diagnostisch zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag.

Soweit der Kläger den Berichten des Dr. K. aus dem Jahr 2007 Schmerzen entnimmt, lassen sich gerade diesen Berichten noch keine Schmerzen entnehmen, die auf eine Schmerzverarbeitungsstörung hindeuten. Denn insoweit hat auch Prof. Dr. S. angegeben, dass sich die Schmerzerkrankung erst im Laufe der Zeit entwickelt hatte. Dem entspricht auch, dass die damals behandelnden Ärzte keinen Anlass gesehen hatten, eine solche Verarbeitungsstörung anzunehmen. Dieser Ansatz war vom Kläger erst nach anwaltlicher Vertretung im Laufe des Klageverfahrens verfolgt worden. Zuvor hatten die behandelnden Ärzte keinerlei Hinweise auf eine derartige Erkrankung aufgezeigt. Auch Prof. Dr. S. hat mitgeteilt (Blatt 186 der SG-Akte = Seite 25 des Gutachtens), erst im Jahr 2013 seien bei der Begutachtung die angegebenen Schmerzen und Behinderungen nicht mehr als mit den Störungen auf orthopädischem Fachgebiet erklärbar angesehen worden, wobei sich aber übermäßige Verdeutlichungstendenzen und eine geringe Compliance ergeben hätten.

Vor diesem Hintergrund konnte der Senat feststellen, dass im Hinblick auf die unfallvorbestehende Persönlichkeitsstruktur des Klägers, die Bedeutung des Unfallereignisses und der sich hieraus ergebenden Veränderungen in der Lebensplanung, auf die der Kläger keine adäquate Verarbeitung fand, das Unfallereignis an sich allenfalls Mitursache für die Entwicklung der somatoformen Erkrankung gewesen ist; das hat auch Prof. Dr. S. angenommen (Blatt 200 der SG-Akte = Seite 39 des Gutachtens). In dem komplexen Bedingungsgefüge zur Entwicklung und Chronifizierung der Erkrankung war das Unfallgeschehen neben persönlichkeitsimmanenten Faktoren und von außen durch Dritte (z.B. den Arbeitgeber) einwirkenden Faktoren aber lediglich einer unter mehreren Faktoren. Das hat auch Prof. Dr. S. angenommen. Dem hat auch Prof. Dr. S. in seiner Kausalitätsbeurteilung zugestimmt, da nach seiner Auffassung das Unfallereignis in einem komplexen Bedingungsgefüge bei Anlegung des naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegriffs nur eine der Ursachen für die später aufgetretene somatoforme Schmerzstörung gewesen sei (Seite 40 seines Gutachtens = Blatt 152 der Senatsakte). Unter Berücksichtigung seiner vorangegangenen Ausführungen ist dies für den Senat nicht ganz verständlich, denn die vom Sachverständigen dargelegte Latenz in der Entwicklung der Schmerzstörung und deren Unterhalt durch vom Kläger empfundene, nicht objektivierbare Beschwerden, u.a. ein angeblich hörbares "Knacken" bei jedem Schritt, das der Sachverständige Prof. Dr. S. nicht hatte hören können und für das es keine medizinische Erklärung gibt begründen Zweifel an einer Kausalität im Sinne der conditio sine qua non. Doch kann der Senat bei unterstellter naturwissenschaftlicher Kausalität mit Prof. Dr. S. jedenfalls einen wesentlichen Zusammenhang nicht feststellen. Bei der Gewichtung und Abwägung dieser verschiedenen Verursachungsfaktoren im Hinblick auf die vorliegend erforderliche Kausalitätsfrage im unfallversicherungsrechtlichen Sinn konnte der Senat weder dem Unfallereignis an sich, noch den körperlichen Unfallfolgen eine wesentliche Bedeutung für die Entwicklung und Ausgestaltung der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung beimessen. Mit dem Gutachter Prof. Dr. S. konnte der Senat sich davon überzeugen, dass die persönlichkeitsimmanenten und von außen einwirkenden unfallunabhängigen Faktoren die Mitverursachung durch das Unfallgeschehen bei weitem überwiegen. Insofern geht auch die medizinische Literatur davon aus, dass Spezifika der somatoformen Schmerzstörung (hier: "Knacken"-hören des Schmerzes, hohe Schmerzintensität), die an die unmittelbaren und mittelbaren somatischen Unfallfolgen erinnern, eine Verschiebung der Wesensgrundlage bedeuten (Schönberger et al. Seite 141, 165), weil sich mit der somatoformen Fehlverarbeitung das Schmerzerleben von der organischen Bedingtheit abkoppelt. Mit dem Gutachter Prof. Dr. S. konnte der Senat feststellen, dass die noch bestehenden Beschwerden letztlich spezifische Ausformungen eines multifaktoriellen, im Kern nicht unfallbedingten, vielmehr letztlich persönlichkeitsinnewohnenden Wahrnehmungs- und Verhaltensmusters sind, das auch Prof. Dr. S. bis hin zu manifesten Versorgungsbegehren und Aggravation festgestellt hatte (vgl. z.B. Blatt 195/196 der SG-Akte = Seite 34/35 des Gutachtens). Insbesondere die persönlichkeitsbedingte subjektive Wahrnehmung mit Fixierung auf den Unfall als allein erklärende Ursache oder alleiniger Ausgangspunkt aller körperlichen und psychisch belastenden Beschwerden, wie ihn Prof. Dr. S. in seinem Gutachten geschildert hat (Blatt 187 f. der SG-Akte = Seite 26 f. des Gutachtens) vermag einen wesentlichen Zusammenhang nicht herzustellen. Der Senat hat bereits entschieden, Maßstab der wertenden Beurteilung kann nur sein, dass nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand aus objektiver Sicht ein Zusammenhang herzustellen ist; allein die subjektive Sicht des Versicherten reicht nicht aus. (vgl. Senatsurteil vom 27.08.2010 – L 8 U 1427/10 –, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die subjektive Zurechnung des Unfallereignisses und seine Folgen als Ursache krankheitsbedingter Beschwerden unter Ausblendung anderer Faktoren vermittelt keinen wesentlichen Zusammenhang. So hat Prof. Dr. S. uneingestandene Versorgungswünsche, Enttäuschungswut über den Arbeitgeber als Ursache der Schmerzerkrankung und Aufrechterhaltungsgrund angeführt (Blatt 198 der SG-Akte = Seite 37 des Gutachtens); diese Umstände sind aber nicht unfallbedingt. Daher sind das Unfallereignis selbst und die schädigungsbedingten somatischen Unfallfolgen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentliche Ursache für die bestehende anhaltend somatoforme Schmerzstörung.

Der Senat konnte der abweichenden Einschätzung von Prof. Dr. S. nicht folgen. Dieser hatte angenommen, dass zwar im Laufe der Zeit die persönlichkeitsimmanenten Faktoren und die zunehmende Begehrenshaltung Wesensgrundlage für die Aufrechterhaltung der Schmerzerkrankung geworden seien, ursprünglich der Unfall aber wesentlich ursächlich gewesen sei. Dabei hat Prof. Dr. S. aber für den Senat nicht überzeugend und lediglich pauschal die anderen Ursachenfaktoren ausgeschlossen und darauf hingewiesen, dass die auf persönlichkeitsstrukturierender Ebene bestehenden Vulnerabilitäten schon vor dem Unfall vorgelegen aber kein pathologisches Ausmaß erreicht hätten (Blatt 201 der SG-Akte = Seite 40 des Gutachtens). Insoweit hätte es nahegelegen, dass Prof. Dr. S. hätte erklären können, weshalb das Unfallgeschehen gegenüber diesen Prädispositionen des Klägers bei der Entstehung des Krankheitsbildes von wesentlicher (Mit-)Bedeutung und die Erkrankung bei unfallvorbestehender Konfliktlage am Arbeitsplatz (vgl. Gutachten Prof. Dr. S.) nicht zu einem vergleichbaren Zeitpunkt auch durch die persönlichkeitsimmanenten Faktoren aufgetreten wäre. Mithin konnte der Senat sich der Beurteilung der Kausalität durch Prof. Dr. S. als einer Rechtsfrage nicht anschließen.

Eine affektive Störung oder Anpassungsstörung konnte Prof. Dr. S. zum Zeitpunkt seiner Begutachtung ausschließen. Er hat es zwar für möglich erachtet, dass in der Zeit seit dem Unfall vom 25.05.2007 auch krankheitswerte Anpassungsstörungen vorgelegen haben, konnte solche aber nicht mit der hinreichenden Sicherheit feststellen. Kann aber eine solche Erkrankung nicht mit Vollbeweis festgestellt werden, so fehlt es schon an der Feststellung eines unfallbedingten Gesundheitsschadens und eine unfallbedingte MdE kann nicht angenommen werden.

Aber selbst wenn man die Schmerzerkrankung und eine Dysthymie mit Anpassungsstörung als unfallbedingt ansehen wollte, könnte eine MdE von mindestens 10 – wie das SG zutreffend ausgeführt hatte – nicht angenommen werden. Ob der Erkrankung einer Dysthymie als einer subdepressiven Verstimmtheit im Hinblick auf das Nichterreichen der Schwelle der Depressivität überhaupt schon eine relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit zugesprochen werden kann, kann vorliegend offen bleiben.

Nach der unfallversicherungsmedizinischen Literatur werden Anpassungsstörungen und depressive Erkrankungen wie folgt bewertet (dazu vgl. Mertens et al. a.a.O. Seite 170 ff.): Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) Stärkergradige sozial-kommunikative Beeinträchtigung, zusätzlich bis 20 zur psychisch-emotionalen Störung, wie Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Überaktivität oder Rückzug Stark ausgeprägtes Störungsbild bis 30

Depressive Episode (ICD-10 F32 und F33) Verstimmung, die nicht den Schweregrad einer leichten bis 10 depressiven Episode erreicht Beeinträchtigung entsprechend dem Schweregrad einer leichten bis 20 depressiven Episode Beeinträchtigung entsprechend dem Schweregrad einer mittelgradigen bis 40 depressiven Episode Beeinträchtigung entsprechend dem Schweregrad einer schweren bis 80-100 Episode, auch mit psychotischen Symptomen

Anhaltende affektive Störung (ICD-10 F34 und F38.8) Anhaltende affektive Störung mit psychisch-emotionaler Beeinträchtigung bis 10 in leichter Ausprägung (entsprechend den Kriterien ICD-10 F34) Stärkergradig ausgeprägter und L.e anhaltender depressiver Zustand mit bis 30 psychisch-emotionaler Beeinträchtigung und auch sozial-kommunikativen Einbußen Schwere, chronifizierte affektive Störung mit massiv eingetrübter Stimmung, bis 50 deutlicher Minderung der Konzentration, erheblich vermindertem Antrieb, Schlafstörungen und ggf. auch suizidalen Gedanken

Bei der derzeit durchgeführten kritischen Analyse und Bewertung der MdE-Tabellen wird zunehmend mehr auf die Schwere der Beeinträchtigung und die Zahl der betroffenen Dimensionen abgestellt (Mertens et al. a.a.O. Seite 171 f.).

Beeinträchtigung Erwerbsrelevanz MdE in % keine Beeinträchtigung in einer der drei Dimensionen

Leichte Beeinträchtigung - in einer Dimension - in zwei Dimensionen - in drei Dimensionen

Mittelgradige Beeinträchtigung - in einer Dimension - in zwei Dimensionen - in drei Dimensionen

Schwere Beeinträchtigung - in einer Dimension - in zwei Dimensionen - in drei Dimensionen

Vollständige Beeinträchtigung - in einer Dimension - in zwei Dimensionen - in drei Dimensionen (Stufe l) keine

(Stufe 2) kaum bis leicht (Stufe 3) leicht (Stufe 4) leicht bis mittelgradig

(Stufe 4) leicht bis mittelgradig (Stufe 5) mittelgradig (Stufe 6) mittelgradig bis schwer

(Stufe 6) mittelgradig bis schwer (Stufe 7) schwer (Stufe 8) schwer bis vollständig

(Stufe 7) schwer (Stufe 8) schwer bis vollständig (Stufe 9) vollständig 0

bis 20 0 10 20

bis 40 20 30 40

bis 60 40 50 60

bis 100 50 60 70

Insoweit stellt dieser Bewertungsansatz den Vergleich mit den Werten für schwere Funktionseinschränkungen bei hirnorganischen Psychosyndromen (ICD-10: F07.2) an, um die Gleichbehandlung von körperlichen und seelischen Unfallfolgen gewährleisten zu können (Mertens et al. a.a.O. Seite 172).

Somatoforme Schmerzstörungen werden nach der unfallversicherungsmedizinischen Literatur wie folgt bewertet (Mertens et al. a.a.O. Seite 245): Schmerzzustand mit leicht- bis mäßiggradiger körperlich-funktioneller bis 10 Einschränkung Chronifizierter Schmerzzustand mit stärkergradiger körperlich-funktio- bis 30 neller Einschränkung und psychisch-emotionaler Beeinträchtigung Chronifizierter Schmerzzustand mit schwer wiegender körperlich-funk- bis 40 tioneller Einschränkung und erheblicher psychisch-emotionaler Beeinträchtigung

Vorliegend konnte der Senat auf der Grundlage der Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. S. sowie unter Berücksichtigung der Reha-Entlassberichte und dem Gutachten von Dr. L. feststellen, dass ein über die Aufgabe der Arbeit hinausgehender Rückgang sozialer Kontakte nach dem Unfallereignis nicht vorgelegen hat. So konnte der Senat auf der Grundlage der Angaben von Prof. Dr. S. feststellen, dass der Kläger schon vor dem Unfall zurückgezogen im Haus seiner Eltern gelebt, nur einmal (im Alter von 35 Jahren) eine Beziehung gehabt, nie in einem Verein gewesen und lediglich in der Schule z.B. im Sitznachbarn Freunde gehabt hatte (vgl. Blatt 175 der SG-Akte = Seite 14 des Gutachtens Prof. Dr. S.); auch soweit er bei Prof. Dr. S. "reichlich Kontakte" innerhalb wie außerhalb der Familie angegeben hatte, mit denen er auch Probleme besprechen könne, erscheint ein unfallbedingter sozialer Rückzug nicht nachvollziehbar. Die vom Kläger stärker angegebenen Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen konnte auch Prof. Dr. S. nicht nachvollziehen. Vielmehr hat auch er Rentenbegehren, Versorgungswünsche und Hinweise auf Tendenziösität sowie Aggravation beschrieben (vgl. z.B. Blatt 190 der SG-Akte = Seite 29 des Gutachtens). Auch die Fähigkeitsstörungen wurden vom Kläger überhöht dargestellt. So hat er trotz Angabe erheblicher körperlicher Beeinträchtigungen bei Prof. Dr. S. die Treppe in den zweiten Stock mühelos bewältigt, auch Untersuchungspausen oder Ausgleichsbewegungen aufgrund schmerzhafter Beschwerden waren bei Prof. Dr. S. im Untersuchungsverlauf nicht notwendig geworden (Blatt 190 der SG-Akte = Seite 29 des Gutachtens). Die Schmerzstäke wurde bei Prof. Dr. S. mit 7 im mittleren Bereich angegeben. Schlafstörungen bestehen keine. Der Kläger nimmt keine Medikamente. Er bewältigt den Alltag ohne fremde Hilfen. Auch haben die Schmerzen keine depressive Symptomatik verursacht (Blatt 190 der SG-Akte = Seite 29 des Gutachtens Prof. Dr. S.). Auch Prof. Dr. S. hat angegeben, die vom Kläger im Fragebogen angegebene Niedergeschlagenheit mache sich objektiv wenig bemerkbar (Blatt 190 der SG-Akte = Seite 29 des Gutachtens Prof. Dr. S.). Der Kläger sei freundlich und schwingungsfähig. Im Vordergrund stehe die Antriebslosigkeit im Sinne einer Lustlosigkeit und Energielosigkeit. Angemessene Therapiemaßnahmen und/oder Eigenaktivitäten zur Schmerzlinderung, die sich im Hinblick auf die angegebene Stärke der Beschwerden aufdrängen würden, insbesondere eine psychotherapeutische Behandlung, ist weder von den Ärzten angeboten worden noch findet eine solche statt. Auch konnte der Senat angesichts der Mitteilungen des Hausarztes des Klägers nicht den Ansatz für eine auch nur im Entferntesten auf die Behebung oder Linderung von Schmerzen und psychischen bzw. psychosomatischen Gesundheitsstörungen gerichtete Behandlung erkennen.

Etwas anderes ergab sich für den Senat auch nicht aus dem zuletzt vorgelegten Schreiben des Klägers vom 24.01.2018, mit dem er nochmals auf die Unterscheide zwischen den Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. S. eingegangen ist. Insbesondere konnte der Senat weder erkennen, dass Prof. Dr. S. voreingenommen gewesen wäre noch dass seine Analyse nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Standard entspricht, zumal er im Wesentlichen dieselben Analyseinstrumente verwendet hatte, wie auch schon Prof. Dr. S ... Auch dass Prof. Dr. S. von einem fiktiven Sachverhalt ausgegangen wäre, konnte der Senat nicht feststellen, da seine Grundlagen sowohl in tatsächlicher als auch in medizinischer Hinsicht dieselben waren, wie diejenigen von Prof. Dr. S ...

Vor diesem Hintergrund konnte der Senat der MdE-Bewertung von Prof. Dr. S. mit 20 v.H. seit dem Unfallgeschehen, durchgehend bis heute, nicht folgen. Insoweit hat Prof. Dr. S. nicht berücksichtigt, dass mit der von ihm angenommenen Verschiebung der Wesensgrundlage die Unfallbedingtheit der Funktionsstörungen endet und daher eine weitere Berücksichtigung dieser Erkrankungen bei der MdE-Bewertung nicht mehr möglich ist, sodass auch von seinem Ansatz ausgehend eine MdE-Bemessung seit Eintritt der Änderung der Wesensgrundlage nicht mehr angenommen werden kann. Auch hat Prof. Dr. S. bei seiner MdE-Bewertung nicht berücksichtigt, dass er selbst angegeben hatte, die Störungen hätten sich erst später entwickelt, sodass auch eine MdE-Bewertung seit dem Unfalldatum nicht in Betracht kommt. Jedoch hat Prof. Dr. S. nicht angeben können, wann sich die Störungen entwickelt und wann sich die Wesensgrundlage verschoben hatte.

Aber der Senat konnte im Hinblick auf die auch von Prof. Dr. S. angegebenen Umstände einer allenfalls geringsten Auswirkung der psychischen Erkrankungen auf den Alltag und die Funktionalität im Erwerbsleben weder einen relevanten Leidensdruck noch messbare Auswirkungen feststellen. Insoweit hat Prof. Dr. S. selbst das Krankheitsbild der somatoformen Schmerzstörung als lediglich leicht ausgeprägt beschrieben (Blatt 191 der SG-Akte = Seite 30 des Gutachtens). Auch die bereits in der Diagnosestellung subdepressive Dysthymie hat er als milde beschrieben (Blatt 194 der SG-Akte = Seite 33 des Gutachtens). Insoweit konnte der Senat weder unter den herkömmlichen Bewertungsansätzen noch unter Berücksichtigung der neueren Ansätze zur Bewertung psychischer Erkrankungen für die Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet weder einzeln noch in ihrem Zusammenspiel untereinander und auch mit den anderen Unfallfolgen eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit feststellen, die mindestens 10 v.H. entspricht. Insoweit ist die Breite des allgemeinen Arbeitsmarktes im Hinblick auf die dem Kläger trotz seiner Erkrankungen möglichen Erwerbstätigkeiten nicht um wenigstens 10 v.H. eingeschränkt.

Auch hinsichtlich des manifesten Parkinson-Syndroms, das die Neurologen Dr. D. und E. 2016 festgestellt haben, ist ein rechtlich wesentlicher Unfallzusammenhang nicht hinreichend wahrscheinlich. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass Parkinson-Syndrome auch nach Traumata auftreten können (Mertens et al. a.a.O. Seite 197). Seine Kritik am Gutachten Prof. Dr. S. geht insoweit fehl, denn dieser hat eine solche Folge nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr hat der Gutachter darauf hingewiesen, dass Parkinson-Syndrome durch neurodegenerative Prozesse entstehen, entweder durch primäre Degeneration spezifischer Nervenzellen (primäres Parkinson-Syndrom) oder als Folge eines anderweitig begründeten Nervenzelluntergangs (sekundäres Parkinson-Syndrom). Möglich ist insoweit eine Verursachung des Nervenzelluntergangs durch Arteriosklerose, die beim Kläger durch verschiedene andere körperliche Funktionsstörungen bereits nachgewiesen ist. Ob ein einmaliges Schädel-Hirn-Trauma ausreicht, eine Parkinson-Erkrankung hervorzurufen, ist fraglich (Mertens et al. a.a.O. Seite 197) und wird in der Literatur unter Hinweis auf Studien eher abgelehnt (Hansbauer, Parkinson und Schädel-Hirn-Trauma, Rechercheservice Evidenzbasierte Medizin, PMU Salzburg, Stand der Dezember 2010, veröffentlicht in der ZFA, im Internet z.B. unter www.online-zfa.de). Ein Zusammenhang wird dagegen angenommen, bei schweren Schädel-Hirn-Traumata mit Hirnstammschädigung, wenn das Parkinson-Syndrom unmittelbar oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit diesem auftritt (Schönberger et al. a.a.O. Seite 197). Ein Trauma des Kopfes, wie es bei den vom Kläger zum Vergleich herangezogenen Boxern oder Fußballspielern angeführt wird, oder ein schweres Schädel-Hirn-Trauma hat beim Kläger aber nicht stattgefunden. Die am Unfalltag gefundene Schädelprellung war – was der Kläger durch seine Unfallschilderungen, wonach die Dämm-Material-Rolle ihm auf die Schulter gefallen sei (bei Prof. Dr. S. hat er ausdrücklich angegeben, der Kopf sei nicht getroffen worden, Blatt 171 der SG-Akte = Seite 10 des Gutachtens) – nicht durch das Herabfallen der Rolle verursacht und hatte auch nicht das Ausmaß, das als Verursachung eines schweren Schädel-Hirn-Traumas in Betracht kommt. Darüber hinaus ist die Parkinson-Erkrankung erst im Jahr 2016 wegen der im Jahr 2015 aufgetretenen Symptome (Zittern der Hände; vgl. Bericht Dr. D. und E. vom 19.02.2016, Blatt 160 der Senatsakte) festgestellt worden und steht damit weder in einem unmittelbaren noch einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 25.05.2007. Dies hat auch Prof. Dr. S. so ausgeführt. Der Senat konnte vor diesem Hintergrund nicht feststellen, dass das Unfallereignis hinreichend wahrscheinlich rechtlich wesentliche Ursache dieser Erkrankung ist. Ist die Erkrankung nicht Unfallfolge, so kann eine unfallbedingte MdE nicht angenommen werden.

Entgegen den Ausführungen des Klägers in seinem Schreiben vom 24.01.2018 ist der Ursachenzusammenhang durch Prof. Dr. S. nicht als "ungeklärt" beschrieben worden. Vielmehr konnte der Senat anhand der Angaben des Klägers und der vorliegenden Berichte feststellen, dass eine der vom Kläger vorgetragenen Schädeltraumata bei Boxern und Fußballern vergleichbare Belastung des Schädels beim Unfall nicht vorgelegen hatte; der Kläger selbst hatte Prof. Dr. S. gesagt (Blatt 171 der SG-Akte = Seite 10 des Gutachtens), er sei am Kopf nicht getroffen worden. Ein Kausalzusammenhang konnte der Senat nicht als rechtlich wesentlich annehmen.

Mithin verbleiben als unfallbedingte Gesundheitsstörungen, die zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit führen, lediglich die mit einer MdE von 10 v.H. bewerteten orthopädischen Gesundheitsstörungen der unteren Extremitäten (hier: rechtes Bein). Mit dieser MdE erfüllt der Kläger nicht die Voraussetzungen § 56 SGB VII.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die Feststellung der unfallbedingten Erkrankungen sowie die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE.

Soweit der Kläger trotz der seinem Bevollmächtigten am 01.12.2017 zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung am 26.01.2018 erst mit Schreiben vom 24.01.2018, das dem Senat zunächst per Fax zugeleitet worden war, weitere Beweisanträge gestellt hat, dürfte diese späte Antragstellung auf missbräuchliches Prozessieren hindeuten, denn der vom Klägerbevollmächtigten vorgebrachte Rechtfertigungsgrund, trotz Beauftragung eines Unternehmens in der Kanzlei über mehr als eine Woche keine Tintenpatrone für die Drucker zum Ausdruck des Schriftsatzes gehabt zu haben, lässt sich nicht nachvollziehen.

Soweit der Kläger in diesem Schriftsatz vorträgt, der Senat verfüge nicht über ausreichende Sachkenntnis zur Beurteilung der Frage, ob Erkrankungen auf das Unfallereignis als wesentliche Ursache zurückzuführen ist, verkennt der Kläger, dass es sich hierbei um die Frage der Kausalität handelt, die eine rechtliche Fragestellung darstellt und für die alleine der Senat zur Entscheidung berufen ist. Rechtsfragen sind aber den vom Kläger beantragten Beweiserhebungen nicht zugänglich.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 24.01.2018 und in der mündlichen Verhandlung hierauf Bezug nehmend beantragt hat, Beweis zu erheben, war sein Antrag abzulehnen. Soweit der Kläger beantragt, Prof. Dr. S. zur Erläuterung seines Gutachtens und dem Gutachten von Prof. Dr. S. samt dessen ergänzender Stellungnahme zur mündlichen Verhandlung laden, ist der Antrag – unabhängig von der Frage, ob er missbräuchlich spät gestellt wurde – ohne Erfolg. Prof. Dr. S. hat die vom Kläger dargelegte Frage der MdE-Bewertung aus seiner Sicht bereits umfassend beantwortet. Die MdE-Beurteilung ist als Rechtsfrage nicht der Beweiserhebung durch ärztliche Gutachter zugänglich. Insoweit geht es dem Kläger mit seinem Beweisantrag – wie seine Ausführungen im Schreiben vom 24.01.2018 deutlich machen – auch nicht um die weitere Aufklärung des Sachverhalts oder Ergänzung gutachtlicher Lücken, sondern um die wiederholende Darlegung der vom Gutachten von Prof. Dr. S. abweichenden Auffassung des Prof. Dr. S ... Das zeigen auch die vom Kläger aufgeworfenen Fragen in seinem Schreiben vom 24.01.2018. Die Frage, ob Prof. Dr. S. die von Prof. Dr. S. vorgebrachte Kritik an seinen Feststellungen und seiner Beurteilung sowie der Beantwortung der Beweisfragen für zutreffend hält, ist nicht entscheidungserheblich. Der Senat hat auf der Grundlage der von beiden Sachverständigen übereinstimmend dargelegten, aus medizinischer Sicht wirksam gewordenen Kausalfaktoren den unfallbedingten Zusammenhang der von beiden Ärzten diagnostizierten Schmerzstörung aus Rechtsgründen verneint, da diese Kausalfaktoren selbst nicht unfallbedingt sind. Im Übrigen hat Prof. Dr. S. seine Bewertungen in seinem Gutachten ausführlich dargelegt und begründet, sodass die Beantwortung der vom Kläger gestellten Frage zur Ergänzung von Lücken in der gutachtlichen Darstellung, die im Beweisantrag auch nicht bezeichnet sind, von Amts wegen nicht geboten ist.

Soweit der Kläger Prof. Dr. S. die Frage stellen will, ob die von diesem als unfallursächlich beurteilten Erkrankungen bereits ab dem Unfallzeitpunkt bzw. in engem zeitlichen Zusammenhang mit diesem vorhanden gewesen waren, hat Prof. Dr. S. diese in seinem Gutachten bereits beantwortet. Gründe, weshalb eine darüber hinausgehende Befragung von Amts wegen erforderlich erscheint, hat der Kläger nicht vorgebracht. Der Senat war daher nicht gezwungen, von Amts wegen Prof. Dr. S. erneut zu befragen. Auch die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Erkrankungen Beeinträchtigungen, die mit einer MdE von mindestens 20 v.H. zu bewerten seien, begründeten, ist bereits vom Gutachter Prof. Dr. S. ausreichend beantwortet. Er hat diese in seinem Gutachten dargelegt und begründet. Gründe, weshalb eine darüber hinausgehende Befragung von Amts wegen erforderlich erscheint, hat der Kläger nicht vorgebracht. Der Senat war daher nicht gezwungen, von Amts wegen Prof. Dr. S. erneut zu befragen. Die Frage, ob die später eingetretenen zusätzlichen sozialen und rechtlichen Auseinandersetzungen nachträglich die Unfallursächlichkeit der vom Gutachter festgestellten und bewerteten Erkrankungen beseitigt oder diese seit dem Unfallereignis hinsichtlich ihrer Auswirkungen konstant geblieben seien, hat Prof. Dr. S. in seinem Gutachten bereits ausführlich beantwortet. Er hat diese in seinem Gutachten dargelegt und begründet. Gründe, weshalb eine darüber hinausgehende Befragung von Amts wegen erforderlich erscheint, hat der Kläger nicht vorgebracht. Der Senat war daher nicht gezwungen, von Amts wegen Prof. Dr. S. erneut zu befragen.

Vor diesem Hintergrund musste der Senat weder Prof. Dr. S. zur mündlichen Verhandlung laden, noch ihm die vom Kläger gestellten Fragen stellen. Die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG hat der Kläger nicht beantragt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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