Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 386/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1147/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. März 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 65.298,68 festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG; im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge) für die Zeit vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 in Höhe von insgesamt EUR 65.298,68 streitig.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Personengesellschaft ein Personalvermittlungsunternehmen. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum im Besitz einer Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
Nach Ankündigung durch Schreiben vom 21. Januar 2011 führte die Beklagte bei der Klägerin vom 22. März 2011 bis 25. März 2011 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch (siehe auch Protokoll der Schlussbesprechung vom 24. März 2011).
Mit Schreiben vom 30. März 2011 informierte die Beklagte die Klägerin über den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10 - juris), wonach die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. Für die Beitrags- und Meldekorrekturen setzte sie der Klägerin eine Frist bis zum 31. Mai 2011 und kündigte an, dass sie ab Juli 2011 Betriebsprüfungen zur Kontrolle durchführen werde.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV i.V.m. § 166 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2009 keine Beanstandungen bzgl. der Beurteilung des unfallversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts und dessen Zuordnung zu den unfallversicherungsspezifischen Gefahrtarifstellen ergeben habe. Eventuelle Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewendeten Tarifvertrages der CGZP würden in einem gesonderten Prüfungstermin, spätestens am 31. März 2012 festgestellt. In einem weiteren Bescheid vom 13. Dezember 2011 stellte die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 aufgrund einer stichprobeweise durchgeführten Betriebsprüfung am 5. Dezember 2011 eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 417,59 fest, weil ein Arbeitnehmer der Klägerin unzutreffend als versicherungsfrei geführt worden war. Zu möglichen Beitragsansprüchen wegen der Unwirksamkeit des Tarifvertrages der CGZP wurde ebenfalls auf eine Feststellung im Rahmen eines gesonderten Prüftermins bis spätestens 31. März 2012 verwiesen.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 23. Juli 2012 erhob die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung vom 5. Dezember 2011 bis 5. Juni 2012 für den Prüfzeitraum vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 65.298,68. Es handele sich um eine "Ergänzung" des Bescheids vom 13. Dezember 2011 bezüglich des Sachverhalts "CGZP – Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrags". Seit 1. Januar 2004 habe der Gesetzgeber für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung den Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit (equal pay) und das Gebot gleicher Arbeitsbedingungen (equal treatment) im Gesetz verankert. Die Entlohnung der Leiharbeitnehmer richte sich nach dem, was auch für die Stammbelegschaft des Entleihers gelte. Das AÜG sehe jedoch einen Ausnahmefall für das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot vor. Existiere ein Tarifvertrag, der die Entlohnung der Leiharbeitnehmer regele, könne vom Gleichbehandlungsgrundsatz auch zum Nachteil des Leiharbeitnehmers abgewichen werden. Die Bestätigung der Tarifunfähigkeit der CGZP durch das BAG habe die Unwirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge zur Folge. Damit komme es zur Anwendung des § 10 Abs. 4 AÜG. Der Leiharbeitnehmer, der auf Basis eines CGZP-Tarifvertrages beschäftigt gewesen sei, könne von dem Verleiher den Lohn beanspruchen, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt werde. Im Beitragsrecht der Sozialversicherung gelte für laufendes Entgelt das Entstehungsprinzip. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstünden nach dieser Vorschrift, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen. Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch sei deswegen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt. Unerheblich sei, ob der Arbeitnehmer den ihm zustehenden - höheren - Arbeitsentgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber auch geltend mache. Sei der Beitragsanspruch entstanden, sei sein weiteres Schicksal unabhängig von der Durchsetzung oder Durchsetzbarkeit des arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruches. Auch wenn der Arbeitnehmer seinen Zahlungsanspruch nicht durchsetze oder nicht durchsetzen könne, beispielsweise weil dem tarifliche Ausschlussklauseln entgegenstünden, bleibe der Beitragsanspruch hiervon unberührt. Für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer habe die Klägerin die Tarifverträge der CGZP angewandt. Auf der Basis der dort vorgesehenen Vergütung habe sie die Beiträge für die bei der Klägerin beschäftigten Leiharbeitnehmer gezahlt sowie Meldungen und Beitragsnachweise zur Sozialversicherung abgegeben. Aufgrund der vorgenannten Ausführungen seien Beiträge zur Sozialversicherung auf Grundlage der Differenz zwischen dem von der Klägerin gemeldeten und dem Beitragsanspruch zugrunde gelegten Arbeitsentgelt und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt eines Stammarbeitnehmers in dem jeweiligen Entleihbetrieb und Überlassungszeitraum für jeden Leiharbeitnehmer individuell nachzuerheben. Nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV habe der prüfende Rentenversicherungsträger die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen, wenn diese nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könnten. Zwar sei hier feststellbar, dass Arbeitsentgelte grundsätzlich bestimmten Beschäftigten zuzuordnen seien, jedoch sei die personenbezogene Ermittlung des geschuldeten Arbeitsentgelts aufgrund der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse (450), der zum Teil sehr kurzen Dauer der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher (30) und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum – wenn überhaupt – nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Bei der Schätzung habe sie Beschäftigungsgruppen nach Qualifikation/Entleiherbranche gebildet und auf Basis der geleisteten Gesamtstunden aller Beschäftigten die gruppenspezifische Bruttolohnsumme je Gruppe ermittelt. Die Gruppenlohnsummen seien um Lohnzahlungen aufgrund von Zeiten, in denen kein equal pay-Anspruch bestünde, bereinigt worden. Dazu gehörten die verleihfreien Zeiten, die Zeiten von zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmern in den ersten sechs Wochen ihrer Beschäftigung, Zeiten, für die vom Verleiher Mindestentgeltsätze nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) gezahlt worden seien, Zeiten der Kurzarbeit im Verleihbetrieb, des Verleihs in ein im Ausland ansässiges Unternehmen und Zeiten, in denen equal pay-Ansprüche erfüllt worden seien. Je Beschäftigungsgruppe sei eine repräsentative Stichprobe unter Einbeziehung unterschiedlicher Entleiher nach dem Zufallsprinzip (1 bis 3 % der Leiharbeitnehmer je Gruppe jedoch mind. fünf Leiharbeitnehmer) gebildet worden. Sodann seien die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher für die in der Stichprobe definierten Leiharbeitnehmer ermittelt worden. Die (repräsentative) Stichprobe sei dann ausgewertet worden und es sei ein Durchschnittswert je Gruppe gebildet worden. Hieraus hätten sich die folgenden prozentualen Lohnabstände zu den vergleichbaren Stammarbeitnehmern ergeben: Gruppe 1 (Facharbeiter) 9,71 % und Gruppe 2 (Helfer) 12,71 %. Diese prozentualen Durchschnittswerte seien zur Ermittlung der Arbeitsentgeltdifferenz auf alle Leiharbeitnehmer der jeweiligen Gruppe angewendet worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. August 2012 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, der Bescheid der Beklagten verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Es sei unzulässig von einer rückwirkenden Unwirksamkeit des Tarifvertrages auszugehen. Darüber hinaus genieße sie Vertrauensschutz. Jahrelang hätten weder sie noch die Beklagte den Tarifvertrag zu keinem Zeitpunkt angezweifelt. Erstmals mit Schreiben vom 30. März 2011 sei sie von der Beklagten über den Beschluss des BAG informiert worden. Zudem setze die Beitragserhebung voraus, dass die equal pay-Ansprüche von den Arbeitnehmern geltend gemacht würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sei zu verneinen. Die CGZP sei auch in der Vergangenheit keine tariffähige Organisation gewesen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Der Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 habe die Tariffähigkeit der CGZP nicht erst beendet, sondern lediglich deklaratorisch festgestellt. Zudem sei der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach der Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 2006 nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP sei schon lange umstritten gewesen. Seit 2003 sei eine Vielzahl von Klagen bei den Arbeitsgerichten zu dieser Problematik anhängig gewesen. Die Beitragsansprüche seien auch entstanden. Für das Entstehen der Beitragsansprüche sei das geschuldete, nicht das gezahlte Arbeitsentgelt maßgeblich.
Am 5. Februar 2013 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend führte sie aus, dass der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig sei, weil schon zuvor eine Betriebsprüfung stattgefunden habe und der Prüfbescheid vom 13. Dezember 2011 nicht aufgehoben worden sei. Darüber hinaus sei die von der Beklagten vorgenommene Schätzung unzulässig. Eine Schätzung sei gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV nur zulässig, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzt habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Eine konkrete Beitragsermittlung bedeute auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand. Die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse und Entleiher sei nicht übermäßig groß. Schließlich sei der angefochtene Bescheid auch wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz rechtswidrig. Aus dem Bescheid ginge nicht nachvollziehbar hervor, auf welchen Tatsachengrundlagen die Berechnung beruhe und welche Berechnung angestellt worden sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide sowie ergänzend darauf, dass der vorherige Prüfbescheid vom 13. Dezember 2011 einen eindeutigen Hinweis in Bezug auf die Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrages enthalten habe.
Mit Urteil vom 2. März 2016 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, die Beklagte fordere zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung in streitgegenständlicher Höhe nach. Rechtsgrundlage sei § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG sei der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (sog. equal pay-Grundsatz). Soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen treffe, habe der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Da jedoch die mit der CGZP für den Bereich der Leiharbeitnehmer geschlossenen Tarifverträge aufgrund der Tarifunfähigkeit der Vereinigung unwirksam seien, verbleibe es bei dem Grundsatz des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG. Der Beschluss des BAG zur Tariffähigkeit der CGZP habe auch für die Vergangenheit Gültigkeit. Die CGZP sei nach dieser Entscheidung von Anfang an nicht tariffähig gewesen. Die Beklagte könne deshalb auch für vergangene Zeiträume Beiträge nacherheben. Ein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin habe nicht entstehen können, weil die Tariffähigkeit der CGZP lange umstritten gewesen sei, sich aber noch keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung gebildet gehabt habe. Auch die vorausgegangenen Betriebsprüfungen stünden der Nacherhebung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht entgegen. Aus den vorausgegangenen Prüfbescheiden lasse sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keine Entlastung der Klägerin im Hinblick auf die Nacherhebung ableiten. Eine über die Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Prüfbescheiden nicht zu. Sie bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Anderes könne nur dann gelten, wenn Prüfbescheide konkrete Feststellungen zu einzelnen Beschäftigten träfen. Hier komme Vertrauensschutz schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte im Bescheid vom 13. Dezember 2011 auf die Unwirksamkeit des Tarifvertrages und auf eine weitere Betriebsprüfung hingewiesen habe. Der Beitragsanspruch sei auch entstanden, unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer ein höheres Arbeitsentgelt beansprucht hätten. Die Beklagte sei auch zur Schätzung berechtigt gewesen. Rechtsgrundlage sei § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV. Die Klägerin habe ihre Aufzeichnungspflichten in Bezug auf die equal pay-Ansprüche verletzt. Dass sie zur Aufzeichnung der equal pay-Lohnansprüche möglicherweise keine Veranlassung gesehen habe, weil sie von der Tariffähigkeit der CGZP ausgegangen sei, stelle einen unbeachtlichen Rechtsirrtum dar. Auf ein Verschulden bei der Verletzung der Aufzeichnungspflichten komme es nicht an. Gegen die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ausführlich dargestellte Vorgehensweise bei der Schätzung bestünden keine Bedenken und seien von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
Gegen das ihr am 17. März 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. März 2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag Bezug genommen. Ergänzend hat die Klägerin die Einrede der Verjährung erhoben. Außerdem hat sie darauf hingewiesen, dass sie ihre Aufzeichnungspflichten nicht verletzt habe. Das SG überspanne vielmehr die Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers. Zudem sei es nicht richtig, dass sie hinsichtlich der Schätzung keine Rügen erhoben habe. Die Schätzungsgrundlagen seien nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei unklar, welche Referenzlöhne die Beklagte in Ansatz gebracht habe. Die erfolgten Eingruppierungen seien ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es frage sich außerdem, warum die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, innerhalb der acht vollen Arbeitstage, die deren Prüfer bei ihr (der Klägerin) im "Prüfungszimmer" verbracht habe, alle Verträge einer Prüfung zu unterziehen. Der Prüfer habe zudem seinerzeit zugesichert, die Referenzlöhne bei den Entleihern nach branchentypischen und regionalen Besonderheiten zu ermitteln. Dies könne ihr Steuerberater bezeugen. Die Beklagte habe außerdem zu Unrecht Zulagen und Zuschläge, die sie ihren Mitarbeitern gezahlt habe, nicht berücksichtigt. Soweit die Beklagte als Quelle für die Referenzlöhne auf die Internetseite www.gehaltsvergleich.de verweise, sei nicht nachvollziehbar, wie die dort genannten Zahlen zustande gekommen seien. Es sei nicht zutreffend, dass sie nicht damit einverstanden gewesen sei, dass die Entleiher befragt werden. Sie habe die Entleiher lediglich nicht selbst befragen wollen. Außerdem habe die Beklagte bei ihr festangestellte Arbeitnehmer in die Schätzung mit einbezogen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die vorgenommene Schätzung sei zulässig, weil die Lohnaufzeichnungen der Klägerin zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung objektiv unrichtig bzw. unvollständig gewesen seien. Auf eine subjektive Pflichtverletzung komme es nicht an. Neben Entgeltunterlagen über das beitragspflichtige Arbeitsentgelt fehlten bei der Klägerin auch Verträge mit den Entleihern, welche Aufschluss über die Referenzlöhne geben würden. Es sei der ausdrückliche Wunsch der Klägerin gewesen, den Referenzlohn bei den Entleihern nicht abzufragen, um negative Auswirkungen auf das Verleihgeschäft zu verhindern. Diese ungeschriebenen Regeln im Wirtschaftsverkehr könnten aber nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen und entfalteten für diese auch keinerlei Bindungswirkung. Tatsächlich hätten 450 Beschäftigungsverhältnisse im Prüfzeitraum bestanden. Die Überlassung der Mitarbeiter sei an ca. 30 Entleiher erfolgt. Die Mitarbeiter seien oftmals für mehrere Entleiher, teilweise gleichzeitig und nur für sehr kurze Zeiträume, zum Einsatz gekommen. Auch habe stellenweise ein Wechsel der Tätigkeit oder der Löhne innerhalb eines Verleihverhältnisses stattgefunden. Es habe also eine unüberschaubare Vielzahl an Überlassungsverhältnissen bestanden, deren Aufklärung einen sehr aufwendigen und langwierigen Ermittlungsaufwand bedeutet hätten. Die Berechnung der Schätzung sei ebenfalls rechtmäßig. Die Referenzlöhne seien aus dem Internet (www.gehaltsvergleich.de) sowie anhand einer Aufstellung der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt worden. Hierauf sei nur deshalb zurückgegriffen worden, weil die Klägerin darum gebeten habe, die Entleiher nicht zu befragen. Die Berechnungsmodalitäten seien auch mit der Klägerin in mehreren Besprechungen erörtert worden. Dies könnten ihre Mitarbeiter bezeugen. Soweit die Klägerin darauf hinweise, dass festangestellte Mitarbeiter in die Schätzung mit einbezogen worden seien, treffe dies nur für eine Mitarbeiterin aufgrund einer Namensänderung zu. Die von der Klägerin gezahlten Zulagen seien aus ihrer Sicht nicht zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren die Einrede der Verjährung erhebe, sei dieses neue Verteidigungsmittel als verspätet zurückzuweisen. Abgesehen davon greife sie ins Leere, weil nur Beitragsansprüche aus dem Jahr 2007 und später geltend gemacht würden, die mit Prüfungsbeginn 2011 nicht innerhalb der regulären Verjährungsfrist gelegen hätten. Die Betriebsprüfung von 2011 sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Der Bescheid vom 13. Dezember 2011 sei mit dem angefochtenen Bescheid lediglich ergänzt worden. Die Klägerin sei mit ihrer Vorgehensweise auch einverstanden gewesen, wie sich aus einem Schriftsatz der Klägerin vom 2. Januar 2012 ergebe. Außerdem sei die Klägerin schon mit Schreiben vom 30. März 2011 auf die Beitrags- und Meldekorrekturen unter Fristsetzung hingewiesen worden.
Am 25. September 2017 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten die Rechts- und Sachlage erörtert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von EUR 750,00 ist überschritten. Streitig ist eine Nachforderung in Höhe von EUR 65.298,68.
2. Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin ist nicht zur Zahlung der von der Beklagten geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 65.298,68 verpflichtet. Die Beklagte war nicht zur Schätzung des Arbeitsentgelts berechtigt.
a) Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass die Prüfbescheide vom 13. Dezember 2011, die teilweise denselben Prüfzeitraum wie vorliegend betrafen, nicht nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben wurden. Der Regelungsgehalt von Prüfbescheiden, die nach einer auf Stichproben beruhenden Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen werden, erschöpft sich regelmäßig in der personenbezogenen Feststellung von Versicherungs- bzw. Beitragspflicht für bestimmte Zeiträume und der Festsetzung der Höhe der vom Arbeitgeber geschuldeten, aber noch nicht gezahlten Beiträge und Umlagen. Nur diese im Bescheid konkret getroffenen Feststellungen können in Bestandskraft erwachsen (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R – juris, Rn. 24; BSG, Beschluss vom 20. Februar 2017 – B 12 KR 24/16 B – juris, Rn. 13, jeweils m.w.N.). Vorliegend hat die Beklagte in den Bescheiden vom 13. Dezember 2011 erkennbar nicht abschließend über die Beitragspflicht für den Zeitraum vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 entschieden.
b) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Die von der Beitragsnachzahlung betroffenen Arbeitnehmer waren in den Jahren 2007 bis 2009 bei der Klägerin versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung beschäftigt. Hiervon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, m.w.N.).
Der Höhe nach bestimmt sich der geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich dem Recht der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§§ 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, 161 Abs. 1, 162 Nr. 2 SGB VI, 57 Abs. 1 SGB XI, 341 Abs. 3 Satz 1, 342 SGB III). Auch die Höhe der Umlage nach dem AAG knüpfen an das Arbeitsentgelt an. Die Umlagen (nach dem AAG) sind nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären.
Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Für die Feststellung der Versicherungspflicht, der Beitragspflicht und auch der Beitragshöhe gilt das Entstehungsprinzip. Nach diesem sind Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen – was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt – und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 7. Mai 2014 – B 12 R 18/11 R – juris, Rn. 30 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 25). Die Bestimmung der Höhe der Bemessungsgrundlage für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag auf der Grundlage der Vorschrift des § 22 Abs. 1 SGB IV nach dem Entstehungsprinzip begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 11. September 2008 – 1 BvR 2007/05 – juris, Leitsatz 1a).
Die betroffenen Arbeitnehmer hatten nicht nur Anspruch auf das ihnen gezahlte Arbeitsentgelt nach einem von der CGZP geschlossenen Tarifvertrag, sondern nach § 10 Abs. 4 AÜG (in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 6 Nr. 5 Buchst. b Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 [BGBl. S. 4607]) Anspruch auf das im Betrieb des Entleihers gezahlte übliche Arbeitsentgelt (so genanntes equal pay). Denn die CGZP war nicht tariffähig (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 – juris, Rn. 63 ff.) und deshalb waren alle von der CGZP geschlossenen Tarifverträge von Anfang an unwirksam (BAG, Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – juris, Rn. 21 ff.). An die Feststellungen zur mangelnden Tariffähigkeit der CGZP sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gebunden (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 28). Die Rechtskraftwirkung der das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP feststellenden Entscheidungen des BAG ist vorliegend nicht durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art 1 Nr. 6 Erstes Gesetz zur Änderung des AÜG vom 28. April 2011 (BGBl. I, S. 642) wieder entfallen. Denn die Nachforderung betrifft den Zeitraum vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 und damit einen Zeitraum vor Inkrafttreten des § 3a AÜG. Ein Vertrauensschutz der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP besteht nicht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 32 ff).
Der Bescheid vom 29. August 2012 ist ein reiner Summenbescheid im Sinne des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Die Beklagte führte in dem Bescheid zwar aus, eine "individuell abstrakte" Berechnung der Beitragshöhe für jeden Leiharbeitnehmer vorgenommen zu haben und lediglich die Höhe des Arbeitsentgelts geschätzt zu haben. Dem Bescheid einschließlich seiner Anlagen sind die Namen der Arbeitnehmer jedoch nicht zu entnehmen.
Rechtsgrundlage für einen Summenbescheid ist § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Regelung kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann (Satz 2). Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen (Satz 4). Diese Vorschriften erlauben eine Schätzung des Arbeitsentgelts von Arbeitnehmern auch, wenn infolge der Verletzung von Aufzeichnungspflichten zwar eine personenbezogene Zuordnung möglich ist, nicht aber die genaue Bestimmung der Entgelthöhe (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 52 f). Auch eine solche Schätzung erfordert, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllte (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 54).
Einen reinen Summenbescheid im Sinne von § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV durfte die Beklagte schon deshalb nicht erlassen, weil ihr eine Liste sämtlicher Arbeitnehmer vorlag, aus der sich die Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer gezahlten Arbeitsentgelts ergab. Dies ergibt sich aus der von der Beklagten geschilderten Vorgehensweise, wonach sie eine Stichprobe aller Arbeitnehmer gebildet und jeden Arbeitnehmer einer Gruppe zugeordnet hat. Der Beklagten wäre es deshalb ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen, die Beiträge personenbezogen festzusetzen; zumal sie in den Anlagen zum Bescheid ohnehin nach Einzugsstellen differenziert hat.
Aber auch eine Schätzung der Höhe des (nach equal pay-Grundsätzen geschuldeten) Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV war nicht zulässig.
Aus den Begründungen des Bescheids vom 27. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 ergibt sich zunächst nicht, welche Aufzeichnungspflicht die Klägerin verletzt haben soll. Im Bescheid vom 27. März 2012 begründet die Beklagte die Schätzung des Arbeitsentgelts lediglich mit dem unverhältnismäßig großen Aufwand einer individuellen Ermittlung der geschuldeten Arbeitsentgelte. Sie stützte ihre Schätzung damit nicht auf die Verletzung von Aufzeichnungspflichten durch die Klägerin.
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin die Aufzeichnungspflichten verletzt hat. Eine Verletzung von Aufzeichnungspflichten durch die Klägerin könnte darin liegen, dass sie nicht das übliche Arbeitsentgelt beim Verleiher bereits zum Zeitpunkt der Verleihung des Arbeitnehmers aufgezeichnet hat. Sie ging zwar damals davon aus, dass dies nicht notwendig sei. Dies könnte der Annahme einer Verletzung einer Aufzeichnungspflicht jedoch nicht entgegenstehen. Eines Verschuldens des Arbeitgebers oder einer Kenntnis vom konkreten Inhalt der ihn treffenden sozialversicherungsrechtlich Pflicht bedarf es nicht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 55).
Jedenfalls fehlt die weitere Voraussetzung für die Schätzung des Arbeitsentgelts, dass sich das für die Beitragsfestsetzung maßgebliche Arbeitsentgelt unter Ansatz des im Betrieb des Entleihers gezahlten üblichen Arbeitsentgelts, auf das die Leiharbeitnehmer Anspruch haben, nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln lässt. Die Amtsermittlungspflicht des prüfenden Rentenversicherungsträgers nach § 20 SGB X bleibt dabei ebenso unberührt wie die Mitwirkungspflichten des zu prüfenden Arbeitgebers (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 57).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass eine Ermittlung der üblichen Arbeitsentgelte bei den Entleihern unmöglich war oder mit einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen wäre. Es hätten insoweit Anfragen bei den Entleihern erfolgen können. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin – wie von der Beklagten behauptet – sich gegen eine Befragung ausgesprochen hatte. Die Beklagte hätte dennoch eine Befragung durchführen können. Dass sich die Klägerin geweigert hatte, die Namen und Anschriften der Entleiher zu benennen, ist nicht ersichtlich und behauptet die Beklagte auch nicht.
Der Verweis der Beklagten auf den Umfang dieser Ermittlungen unter Berücksichtigung aller erforderlichen Prüfungen wegen der Tarifunfähigkeit der CGZP entbindet die Beklagte nicht von ihrer Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts. Darüber hinaus ist eine Anzahl von 30 Entleihern durchaus überschaubar und führt nicht zu unverhältnismäßigem Ermittlungsaufwand.
Darüber hinaus ist die Art und Weise der von der Beklagten vorgenommenen Schätzung zu beanstanden, weil nicht erkennbar ist, nach welchen Kriterien die Stichproben gebildet wurden. Außerdem ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Auflistung der Hans-Böckler-Stiftung, die der Schätzung zugrunde lag, dass Stundenlöhne zugrunde gelegt wurden, die erst ab Juni 2011 und damit nach dem hier relevanten Zeitraum Gültigkeit erlangten.
Da der Senat die Voraussetzungen für eine Schätzung der Arbeitsentgelte als nicht gegeben ansieht, braucht er vorliegend nicht zu entscheiden, ob es sich bei dem Anspruch des Leiharbeitnehmers nach dem streitigen Zeitraum noch geltenden § 10 Abs. 4 AÜG um laufendes Arbeitsentgelt, so dass das Entstehungsprinzip maßgeblich ist, oder um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, so dass das Zuflussprinzip maßgeblich ist (so: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juni 2017 – L 11 R 643/17 – juris, Rn. 25 ff.; Revision bei beim BSG anhängig – B 12 R 4/17 R –), handelt. Ebenfalls offen bleiben kann, ob die Beklagte die von der Klägerin gezahlten Zulagen auf den tatsächlich geleisteten Lohn erhöhend anrechnen musste (zu Zuschüssen für Verpflegungsmehr- und Übernachtungsaufwendungen sowie Fahrtkosten: BSG, Urteil vom 18. Januar 2018 – B 12 R 3/16 R –, Terminbericht Nr. 2/18).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 65.298,68 festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen sowie Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG; im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge) für die Zeit vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 in Höhe von insgesamt EUR 65.298,68 streitig.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Personengesellschaft ein Personalvermittlungsunternehmen. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum im Besitz einer Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
Nach Ankündigung durch Schreiben vom 21. Januar 2011 führte die Beklagte bei der Klägerin vom 22. März 2011 bis 25. März 2011 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch (siehe auch Protokoll der Schlussbesprechung vom 24. März 2011).
Mit Schreiben vom 30. März 2011 informierte die Beklagte die Klägerin über den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10 - juris), wonach die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. Für die Beitrags- und Meldekorrekturen setzte sie der Klägerin eine Frist bis zum 31. Mai 2011 und kündigte an, dass sie ab Juli 2011 Betriebsprüfungen zur Kontrolle durchführen werde.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV i.V.m. § 166 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2009 keine Beanstandungen bzgl. der Beurteilung des unfallversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts und dessen Zuordnung zu den unfallversicherungsspezifischen Gefahrtarifstellen ergeben habe. Eventuelle Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewendeten Tarifvertrages der CGZP würden in einem gesonderten Prüfungstermin, spätestens am 31. März 2012 festgestellt. In einem weiteren Bescheid vom 13. Dezember 2011 stellte die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 aufgrund einer stichprobeweise durchgeführten Betriebsprüfung am 5. Dezember 2011 eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 417,59 fest, weil ein Arbeitnehmer der Klägerin unzutreffend als versicherungsfrei geführt worden war. Zu möglichen Beitragsansprüchen wegen der Unwirksamkeit des Tarifvertrages der CGZP wurde ebenfalls auf eine Feststellung im Rahmen eines gesonderten Prüftermins bis spätestens 31. März 2012 verwiesen.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 23. Juli 2012 erhob die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung vom 5. Dezember 2011 bis 5. Juni 2012 für den Prüfzeitraum vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 65.298,68. Es handele sich um eine "Ergänzung" des Bescheids vom 13. Dezember 2011 bezüglich des Sachverhalts "CGZP – Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrags". Seit 1. Januar 2004 habe der Gesetzgeber für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung den Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit (equal pay) und das Gebot gleicher Arbeitsbedingungen (equal treatment) im Gesetz verankert. Die Entlohnung der Leiharbeitnehmer richte sich nach dem, was auch für die Stammbelegschaft des Entleihers gelte. Das AÜG sehe jedoch einen Ausnahmefall für das gesetzliche Gleichbehandlungsgebot vor. Existiere ein Tarifvertrag, der die Entlohnung der Leiharbeitnehmer regele, könne vom Gleichbehandlungsgrundsatz auch zum Nachteil des Leiharbeitnehmers abgewichen werden. Die Bestätigung der Tarifunfähigkeit der CGZP durch das BAG habe die Unwirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge zur Folge. Damit komme es zur Anwendung des § 10 Abs. 4 AÜG. Der Leiharbeitnehmer, der auf Basis eines CGZP-Tarifvertrages beschäftigt gewesen sei, könne von dem Verleiher den Lohn beanspruchen, der im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gezahlt werde. Im Beitragsrecht der Sozialversicherung gelte für laufendes Entgelt das Entstehungsprinzip. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstünden nach dieser Vorschrift, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen. Bemessungsgrundlage für den Beitragsanspruch sei deswegen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht das vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte, sondern das von ihm geschuldete Arbeitsentgelt. Unerheblich sei, ob der Arbeitnehmer den ihm zustehenden - höheren - Arbeitsentgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber auch geltend mache. Sei der Beitragsanspruch entstanden, sei sein weiteres Schicksal unabhängig von der Durchsetzung oder Durchsetzbarkeit des arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruches. Auch wenn der Arbeitnehmer seinen Zahlungsanspruch nicht durchsetze oder nicht durchsetzen könne, beispielsweise weil dem tarifliche Ausschlussklauseln entgegenstünden, bleibe der Beitragsanspruch hiervon unberührt. Für die bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmer habe die Klägerin die Tarifverträge der CGZP angewandt. Auf der Basis der dort vorgesehenen Vergütung habe sie die Beiträge für die bei der Klägerin beschäftigten Leiharbeitnehmer gezahlt sowie Meldungen und Beitragsnachweise zur Sozialversicherung abgegeben. Aufgrund der vorgenannten Ausführungen seien Beiträge zur Sozialversicherung auf Grundlage der Differenz zwischen dem von der Klägerin gemeldeten und dem Beitragsanspruch zugrunde gelegten Arbeitsentgelt und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt eines Stammarbeitnehmers in dem jeweiligen Entleihbetrieb und Überlassungszeitraum für jeden Leiharbeitnehmer individuell nachzuerheben. Nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV habe der prüfende Rentenversicherungsträger die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen, wenn diese nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könnten. Zwar sei hier feststellbar, dass Arbeitsentgelte grundsätzlich bestimmten Beschäftigten zuzuordnen seien, jedoch sei die personenbezogene Ermittlung des geschuldeten Arbeitsentgelts aufgrund der großen Anzahl der zu prüfenden Beschäftigungsverhältnisse (450), der zum Teil sehr kurzen Dauer der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse, der Anzahl der Entleiher (30) und der Dauer der jeweiligen Überlassungszeiträume im Prüfzeitraum – wenn überhaupt – nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich. Bei der Schätzung habe sie Beschäftigungsgruppen nach Qualifikation/Entleiherbranche gebildet und auf Basis der geleisteten Gesamtstunden aller Beschäftigten die gruppenspezifische Bruttolohnsumme je Gruppe ermittelt. Die Gruppenlohnsummen seien um Lohnzahlungen aufgrund von Zeiten, in denen kein equal pay-Anspruch bestünde, bereinigt worden. Dazu gehörten die verleihfreien Zeiten, die Zeiten von zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmern in den ersten sechs Wochen ihrer Beschäftigung, Zeiten, für die vom Verleiher Mindestentgeltsätze nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) gezahlt worden seien, Zeiten der Kurzarbeit im Verleihbetrieb, des Verleihs in ein im Ausland ansässiges Unternehmen und Zeiten, in denen equal pay-Ansprüche erfüllt worden seien. Je Beschäftigungsgruppe sei eine repräsentative Stichprobe unter Einbeziehung unterschiedlicher Entleiher nach dem Zufallsprinzip (1 bis 3 % der Leiharbeitnehmer je Gruppe jedoch mind. fünf Leiharbeitnehmer) gebildet worden. Sodann seien die tatsächlichen Arbeitsentgelte vergleichbarer Arbeitnehmer der Entleiher für die in der Stichprobe definierten Leiharbeitnehmer ermittelt worden. Die (repräsentative) Stichprobe sei dann ausgewertet worden und es sei ein Durchschnittswert je Gruppe gebildet worden. Hieraus hätten sich die folgenden prozentualen Lohnabstände zu den vergleichbaren Stammarbeitnehmern ergeben: Gruppe 1 (Facharbeiter) 9,71 % und Gruppe 2 (Helfer) 12,71 %. Diese prozentualen Durchschnittswerte seien zur Ermittlung der Arbeitsentgeltdifferenz auf alle Leiharbeitnehmer der jeweiligen Gruppe angewendet worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 2. August 2012 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, der Bescheid der Beklagten verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Es sei unzulässig von einer rückwirkenden Unwirksamkeit des Tarifvertrages auszugehen. Darüber hinaus genieße sie Vertrauensschutz. Jahrelang hätten weder sie noch die Beklagte den Tarifvertrag zu keinem Zeitpunkt angezweifelt. Erstmals mit Schreiben vom 30. März 2011 sei sie von der Beklagten über den Beschluss des BAG informiert worden. Zudem setze die Beitragserhebung voraus, dass die equal pay-Ansprüche von den Arbeitnehmern geltend gemacht würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sei zu verneinen. Die CGZP sei auch in der Vergangenheit keine tariffähige Organisation gewesen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Der Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 habe die Tariffähigkeit der CGZP nicht erst beendet, sondern lediglich deklaratorisch festgestellt. Zudem sei der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach der Rechtsprechung des BAG aus dem Jahr 2006 nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP sei schon lange umstritten gewesen. Seit 2003 sei eine Vielzahl von Klagen bei den Arbeitsgerichten zu dieser Problematik anhängig gewesen. Die Beitragsansprüche seien auch entstanden. Für das Entstehen der Beitragsansprüche sei das geschuldete, nicht das gezahlte Arbeitsentgelt maßgeblich.
Am 5. Februar 2013 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre Argumentation aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend führte sie aus, dass der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig sei, weil schon zuvor eine Betriebsprüfung stattgefunden habe und der Prüfbescheid vom 13. Dezember 2011 nicht aufgehoben worden sei. Darüber hinaus sei die von der Beklagten vorgenommene Schätzung unzulässig. Eine Schätzung sei gemäß § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV nur zulässig, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten verletzt habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Eine konkrete Beitragsermittlung bedeute auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand. Die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse und Entleiher sei nicht übermäßig groß. Schließlich sei der angefochtene Bescheid auch wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz rechtswidrig. Aus dem Bescheid ginge nicht nachvollziehbar hervor, auf welchen Tatsachengrundlagen die Berechnung beruhe und welche Berechnung angestellt worden sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie verwies zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide sowie ergänzend darauf, dass der vorherige Prüfbescheid vom 13. Dezember 2011 einen eindeutigen Hinweis in Bezug auf die Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrages enthalten habe.
Mit Urteil vom 2. März 2016 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, die Beklagte fordere zu Recht Beiträge zur Sozialversicherung in streitgegenständlicher Höhe nach. Rechtsgrundlage sei § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG sei der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (sog. equal pay-Grundsatz). Soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen treffe, habe der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Da jedoch die mit der CGZP für den Bereich der Leiharbeitnehmer geschlossenen Tarifverträge aufgrund der Tarifunfähigkeit der Vereinigung unwirksam seien, verbleibe es bei dem Grundsatz des § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG. Der Beschluss des BAG zur Tariffähigkeit der CGZP habe auch für die Vergangenheit Gültigkeit. Die CGZP sei nach dieser Entscheidung von Anfang an nicht tariffähig gewesen. Die Beklagte könne deshalb auch für vergangene Zeiträume Beiträge nacherheben. Ein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin habe nicht entstehen können, weil die Tariffähigkeit der CGZP lange umstritten gewesen sei, sich aber noch keine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung gebildet gehabt habe. Auch die vorausgegangenen Betriebsprüfungen stünden der Nacherhebung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht entgegen. Aus den vorausgegangenen Prüfbescheiden lasse sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) keine Entlastung der Klägerin im Hinblick auf die Nacherhebung ableiten. Eine über die Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Prüfbescheiden nicht zu. Sie bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Anderes könne nur dann gelten, wenn Prüfbescheide konkrete Feststellungen zu einzelnen Beschäftigten träfen. Hier komme Vertrauensschutz schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte im Bescheid vom 13. Dezember 2011 auf die Unwirksamkeit des Tarifvertrages und auf eine weitere Betriebsprüfung hingewiesen habe. Der Beitragsanspruch sei auch entstanden, unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer ein höheres Arbeitsentgelt beansprucht hätten. Die Beklagte sei auch zur Schätzung berechtigt gewesen. Rechtsgrundlage sei § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV. Die Klägerin habe ihre Aufzeichnungspflichten in Bezug auf die equal pay-Ansprüche verletzt. Dass sie zur Aufzeichnung der equal pay-Lohnansprüche möglicherweise keine Veranlassung gesehen habe, weil sie von der Tariffähigkeit der CGZP ausgegangen sei, stelle einen unbeachtlichen Rechtsirrtum dar. Auf ein Verschulden bei der Verletzung der Aufzeichnungspflichten komme es nicht an. Gegen die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden ausführlich dargestellte Vorgehensweise bei der Schätzung bestünden keine Bedenken und seien von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
Gegen das ihr am 17. März 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. März 2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag Bezug genommen. Ergänzend hat die Klägerin die Einrede der Verjährung erhoben. Außerdem hat sie darauf hingewiesen, dass sie ihre Aufzeichnungspflichten nicht verletzt habe. Das SG überspanne vielmehr die Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers. Zudem sei es nicht richtig, dass sie hinsichtlich der Schätzung keine Rügen erhoben habe. Die Schätzungsgrundlagen seien nicht nachvollziehbar. Insbesondere sei unklar, welche Referenzlöhne die Beklagte in Ansatz gebracht habe. Die erfolgten Eingruppierungen seien ebenfalls nicht nachvollziehbar. Es frage sich außerdem, warum die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, innerhalb der acht vollen Arbeitstage, die deren Prüfer bei ihr (der Klägerin) im "Prüfungszimmer" verbracht habe, alle Verträge einer Prüfung zu unterziehen. Der Prüfer habe zudem seinerzeit zugesichert, die Referenzlöhne bei den Entleihern nach branchentypischen und regionalen Besonderheiten zu ermitteln. Dies könne ihr Steuerberater bezeugen. Die Beklagte habe außerdem zu Unrecht Zulagen und Zuschläge, die sie ihren Mitarbeitern gezahlt habe, nicht berücksichtigt. Soweit die Beklagte als Quelle für die Referenzlöhne auf die Internetseite www.gehaltsvergleich.de verweise, sei nicht nachvollziehbar, wie die dort genannten Zahlen zustande gekommen seien. Es sei nicht zutreffend, dass sie nicht damit einverstanden gewesen sei, dass die Entleiher befragt werden. Sie habe die Entleiher lediglich nicht selbst befragen wollen. Außerdem habe die Beklagte bei ihr festangestellte Arbeitnehmer in die Schätzung mit einbezogen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 2. März 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, die vorgenommene Schätzung sei zulässig, weil die Lohnaufzeichnungen der Klägerin zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung objektiv unrichtig bzw. unvollständig gewesen seien. Auf eine subjektive Pflichtverletzung komme es nicht an. Neben Entgeltunterlagen über das beitragspflichtige Arbeitsentgelt fehlten bei der Klägerin auch Verträge mit den Entleihern, welche Aufschluss über die Referenzlöhne geben würden. Es sei der ausdrückliche Wunsch der Klägerin gewesen, den Referenzlohn bei den Entleihern nicht abzufragen, um negative Auswirkungen auf das Verleihgeschäft zu verhindern. Diese ungeschriebenen Regeln im Wirtschaftsverkehr könnten aber nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft gehen und entfalteten für diese auch keinerlei Bindungswirkung. Tatsächlich hätten 450 Beschäftigungsverhältnisse im Prüfzeitraum bestanden. Die Überlassung der Mitarbeiter sei an ca. 30 Entleiher erfolgt. Die Mitarbeiter seien oftmals für mehrere Entleiher, teilweise gleichzeitig und nur für sehr kurze Zeiträume, zum Einsatz gekommen. Auch habe stellenweise ein Wechsel der Tätigkeit oder der Löhne innerhalb eines Verleihverhältnisses stattgefunden. Es habe also eine unüberschaubare Vielzahl an Überlassungsverhältnissen bestanden, deren Aufklärung einen sehr aufwendigen und langwierigen Ermittlungsaufwand bedeutet hätten. Die Berechnung der Schätzung sei ebenfalls rechtmäßig. Die Referenzlöhne seien aus dem Internet (www.gehaltsvergleich.de) sowie anhand einer Aufstellung der Hans-Böckler-Stiftung ermittelt worden. Hierauf sei nur deshalb zurückgegriffen worden, weil die Klägerin darum gebeten habe, die Entleiher nicht zu befragen. Die Berechnungsmodalitäten seien auch mit der Klägerin in mehreren Besprechungen erörtert worden. Dies könnten ihre Mitarbeiter bezeugen. Soweit die Klägerin darauf hinweise, dass festangestellte Mitarbeiter in die Schätzung mit einbezogen worden seien, treffe dies nur für eine Mitarbeiterin aufgrund einer Namensänderung zu. Die von der Klägerin gezahlten Zulagen seien aus ihrer Sicht nicht zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren die Einrede der Verjährung erhebe, sei dieses neue Verteidigungsmittel als verspätet zurückzuweisen. Abgesehen davon greife sie ins Leere, weil nur Beitragsansprüche aus dem Jahr 2007 und später geltend gemacht würden, die mit Prüfungsbeginn 2011 nicht innerhalb der regulären Verjährungsfrist gelegen hätten. Die Betriebsprüfung von 2011 sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Der Bescheid vom 13. Dezember 2011 sei mit dem angefochtenen Bescheid lediglich ergänzt worden. Die Klägerin sei mit ihrer Vorgehensweise auch einverstanden gewesen, wie sich aus einem Schriftsatz der Klägerin vom 2. Januar 2012 ergebe. Außerdem sei die Klägerin schon mit Schreiben vom 30. März 2011 auf die Beitrags- und Meldekorrekturen unter Fristsetzung hingewiesen worden.
Am 25. September 2017 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten die Rechts- und Sachlage erörtert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von EUR 750,00 ist überschritten. Streitig ist eine Nachforderung in Höhe von EUR 65.298,68.
2. Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin ist nicht zur Zahlung der von der Beklagten geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 65.298,68 verpflichtet. Die Beklagte war nicht zur Schätzung des Arbeitsentgelts berechtigt.
a) Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass die Prüfbescheide vom 13. Dezember 2011, die teilweise denselben Prüfzeitraum wie vorliegend betrafen, nicht nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben wurden. Der Regelungsgehalt von Prüfbescheiden, die nach einer auf Stichproben beruhenden Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen werden, erschöpft sich regelmäßig in der personenbezogenen Feststellung von Versicherungs- bzw. Beitragspflicht für bestimmte Zeiträume und der Festsetzung der Höhe der vom Arbeitgeber geschuldeten, aber noch nicht gezahlten Beiträge und Umlagen. Nur diese im Bescheid konkret getroffenen Feststellungen können in Bestandskraft erwachsen (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 AL 2/11 R – juris, Rn. 24; BSG, Beschluss vom 20. Februar 2017 – B 12 KR 24/16 B – juris, Rn. 13, jeweils m.w.N.). Vorliegend hat die Beklagte in den Bescheiden vom 13. Dezember 2011 erkennbar nicht abschließend über die Beitragspflicht für den Zeitraum vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 entschieden.
b) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.
Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Die von der Beitragsnachzahlung betroffenen Arbeitnehmer waren in den Jahren 2007 bis 2009 bei der Klägerin versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung beschäftigt. Hiervon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung. Eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, m.w.N.).
Der Höhe nach bestimmt sich der geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeitrag in allen Zweigen der Sozialversicherung einschließlich dem Recht der Arbeitsförderung nach dem Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§§ 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V, 161 Abs. 1, 162 Nr. 2 SGB VI, 57 Abs. 1 SGB XI, 341 Abs. 3 Satz 1, 342 SGB III). Auch die Höhe der Umlage nach dem AAG knüpfen an das Arbeitsentgelt an. Die Umlagen (nach dem AAG) sind nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären.
Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Für die Feststellung der Versicherungspflicht, der Beitragspflicht und auch der Beitragshöhe gilt das Entstehungsprinzip. Nach diesem sind Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen – was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt – und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 7. Mai 2014 – B 12 R 18/11 R – juris, Rn. 30 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 25). Die Bestimmung der Höhe der Bemessungsgrundlage für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag auf der Grundlage der Vorschrift des § 22 Abs. 1 SGB IV nach dem Entstehungsprinzip begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 11. September 2008 – 1 BvR 2007/05 – juris, Leitsatz 1a).
Die betroffenen Arbeitnehmer hatten nicht nur Anspruch auf das ihnen gezahlte Arbeitsentgelt nach einem von der CGZP geschlossenen Tarifvertrag, sondern nach § 10 Abs. 4 AÜG (in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Art. 6 Nr. 5 Buchst. b Erstes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 [BGBl. S. 4607]) Anspruch auf das im Betrieb des Entleihers gezahlte übliche Arbeitsentgelt (so genanntes equal pay). Denn die CGZP war nicht tariffähig (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 – juris, Rn. 63 ff.) und deshalb waren alle von der CGZP geschlossenen Tarifverträge von Anfang an unwirksam (BAG, Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – juris, Rn. 21 ff.). An die Feststellungen zur mangelnden Tariffähigkeit der CGZP sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gebunden (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 28). Die Rechtskraftwirkung der das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP feststellenden Entscheidungen des BAG ist vorliegend nicht durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art 1 Nr. 6 Erstes Gesetz zur Änderung des AÜG vom 28. April 2011 (BGBl. I, S. 642) wieder entfallen. Denn die Nachforderung betrifft den Zeitraum vom 14. Mai 2007 bis 31. Dezember 2009 und damit einen Zeitraum vor Inkrafttreten des § 3a AÜG. Ein Vertrauensschutz der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP besteht nicht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 32 ff).
Der Bescheid vom 29. August 2012 ist ein reiner Summenbescheid im Sinne des § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Die Beklagte führte in dem Bescheid zwar aus, eine "individuell abstrakte" Berechnung der Beitragshöhe für jeden Leiharbeitnehmer vorgenommen zu haben und lediglich die Höhe des Arbeitsentgelts geschätzt zu haben. Dem Bescheid einschließlich seiner Anlagen sind die Namen der Arbeitnehmer jedoch nicht zu entnehmen.
Rechtsgrundlage für einen Summenbescheid ist § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Regelung kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann (Satz 2). Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen (Satz 3). Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen (Satz 4). Diese Vorschriften erlauben eine Schätzung des Arbeitsentgelts von Arbeitnehmern auch, wenn infolge der Verletzung von Aufzeichnungspflichten zwar eine personenbezogene Zuordnung möglich ist, nicht aber die genaue Bestimmung der Entgelthöhe (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 52 f). Auch eine solche Schätzung erfordert, dass der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllte (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 54).
Einen reinen Summenbescheid im Sinne von § 28f Abs. 2 Satz 1 SGB IV durfte die Beklagte schon deshalb nicht erlassen, weil ihr eine Liste sämtlicher Arbeitnehmer vorlag, aus der sich die Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer gezahlten Arbeitsentgelts ergab. Dies ergibt sich aus der von der Beklagten geschilderten Vorgehensweise, wonach sie eine Stichprobe aller Arbeitnehmer gebildet und jeden Arbeitnehmer einer Gruppe zugeordnet hat. Der Beklagten wäre es deshalb ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen, die Beiträge personenbezogen festzusetzen; zumal sie in den Anlagen zum Bescheid ohnehin nach Einzugsstellen differenziert hat.
Aber auch eine Schätzung der Höhe des (nach equal pay-Grundsätzen geschuldeten) Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV war nicht zulässig.
Aus den Begründungen des Bescheids vom 27. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2013 ergibt sich zunächst nicht, welche Aufzeichnungspflicht die Klägerin verletzt haben soll. Im Bescheid vom 27. März 2012 begründet die Beklagte die Schätzung des Arbeitsentgelts lediglich mit dem unverhältnismäßig großen Aufwand einer individuellen Ermittlung der geschuldeten Arbeitsentgelte. Sie stützte ihre Schätzung damit nicht auf die Verletzung von Aufzeichnungspflichten durch die Klägerin.
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin die Aufzeichnungspflichten verletzt hat. Eine Verletzung von Aufzeichnungspflichten durch die Klägerin könnte darin liegen, dass sie nicht das übliche Arbeitsentgelt beim Verleiher bereits zum Zeitpunkt der Verleihung des Arbeitnehmers aufgezeichnet hat. Sie ging zwar damals davon aus, dass dies nicht notwendig sei. Dies könnte der Annahme einer Verletzung einer Aufzeichnungspflicht jedoch nicht entgegenstehen. Eines Verschuldens des Arbeitgebers oder einer Kenntnis vom konkreten Inhalt der ihn treffenden sozialversicherungsrechtlich Pflicht bedarf es nicht (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 55).
Jedenfalls fehlt die weitere Voraussetzung für die Schätzung des Arbeitsentgelts, dass sich das für die Beitragsfestsetzung maßgebliche Arbeitsentgelt unter Ansatz des im Betrieb des Entleihers gezahlten üblichen Arbeitsentgelts, auf das die Leiharbeitnehmer Anspruch haben, nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln lässt. Die Amtsermittlungspflicht des prüfenden Rentenversicherungsträgers nach § 20 SGB X bleibt dabei ebenso unberührt wie die Mitwirkungspflichten des zu prüfenden Arbeitgebers (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 B 12 R 11/14 R – juris, Rn. 57).
Vorliegend ist nicht erkennbar, dass eine Ermittlung der üblichen Arbeitsentgelte bei den Entleihern unmöglich war oder mit einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen wäre. Es hätten insoweit Anfragen bei den Entleihern erfolgen können. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin – wie von der Beklagten behauptet – sich gegen eine Befragung ausgesprochen hatte. Die Beklagte hätte dennoch eine Befragung durchführen können. Dass sich die Klägerin geweigert hatte, die Namen und Anschriften der Entleiher zu benennen, ist nicht ersichtlich und behauptet die Beklagte auch nicht.
Der Verweis der Beklagten auf den Umfang dieser Ermittlungen unter Berücksichtigung aller erforderlichen Prüfungen wegen der Tarifunfähigkeit der CGZP entbindet die Beklagte nicht von ihrer Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts. Darüber hinaus ist eine Anzahl von 30 Entleihern durchaus überschaubar und führt nicht zu unverhältnismäßigem Ermittlungsaufwand.
Darüber hinaus ist die Art und Weise der von der Beklagten vorgenommenen Schätzung zu beanstanden, weil nicht erkennbar ist, nach welchen Kriterien die Stichproben gebildet wurden. Außerdem ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Auflistung der Hans-Böckler-Stiftung, die der Schätzung zugrunde lag, dass Stundenlöhne zugrunde gelegt wurden, die erst ab Juni 2011 und damit nach dem hier relevanten Zeitraum Gültigkeit erlangten.
Da der Senat die Voraussetzungen für eine Schätzung der Arbeitsentgelte als nicht gegeben ansieht, braucht er vorliegend nicht zu entscheiden, ob es sich bei dem Anspruch des Leiharbeitnehmers nach dem streitigen Zeitraum noch geltenden § 10 Abs. 4 AÜG um laufendes Arbeitsentgelt, so dass das Entstehungsprinzip maßgeblich ist, oder um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, so dass das Zuflussprinzip maßgeblich ist (so: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juni 2017 – L 11 R 643/17 – juris, Rn. 25 ff.; Revision bei beim BSG anhängig – B 12 R 4/17 R –), handelt. Ebenfalls offen bleiben kann, ob die Beklagte die von der Klägerin gezahlten Zulagen auf den tatsächlich geleisteten Lohn erhöhend anrechnen musste (zu Zuschüssen für Verpflegungsmehr- und Übernachtungsaufwendungen sowie Fahrtkosten: BSG, Urteil vom 18. Januar 2018 – B 12 R 3/16 R –, Terminbericht Nr. 2/18).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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