L 7 AS 1990/17 B ER, L 7 AS 1991/17 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 44 AS 2175/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1990/17 B ER, L 7 AS 1991/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.09.2017 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 17.07.2017 wird angeordnet. Dem Antragsteller wird für das Antragsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M, H, beigeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat 1/7 der Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Aufhebung bewilligter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und begehrt die Weiterzahlung von Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der am 00.00.1972 geborene Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger und mit der am 00.00.1958 geborenen österreichischen Staatsangehörigen M O verheiratet. Er ist im Besitz einer von der Ausländerbehörde H am 10.11.2015 ausgestellten und bis zum 01.03.2020 gültigen Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG mit der Anmerkung "Erwerbstätigkeit gestattet". Er bewohnt seit Februar 2017 eine 65 qm große Wohnung, für die ein Gesamtmietzins von 550 EUR (Nettomiete 350 EUR, Heiz- und Warmwasserkosten 90 EUR und Betriebskosten 110 EUR) zu zahlen ist.

Am 16.11.2015 meldete der Antragsteller ein Gewerbe über An- und Verkauf von gebrauchten Kfz und Kfz-Teilen, Kleintransporte an. Nach einer am 28.01.2016 erfolgten Gewerbeummeldung wegen Wechsels der Betriebsstätte folgte am 20.07.2016 die Gewerbeabmeldung wegen unzureichender Rentabilität. Am 01.02.2017 schloss der Antragsteller mit der Firma B S einen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Aushilfskraft zu einem Monatslohn von 450 EUR.

Am 08.02.2017 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 28.03.2017 Leistungen für Februar 2017 iHv 968,41 EUR und für den Zeitraum März 2017 bis Juli 2017 iHv monatlich 688,41 EUR.

Mit Bescheid vom 17.07.2017 hob der Antragsgegner die Leistungsbewilligung ab 01.07.2017 auf, da ein Arbeitnehmerstatus des Antragstellers nicht mehr vorliege. Der vom Antragsteller angegebene Arbeitgeber, die Firma B S, existiere nicht mehr. Dieser Arbeitgeber sei im Februar 2017 von Amts wegen abgemeldet worden.

Mit weiterem Bescheid vom 17.07.2017 lehnte der Antragsgegner den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers ab, da der Antragsteller über einen Arbeitnehmerstatus nicht mehr verfüge.

Am 30.07.2017 legte der Antragsteller Widerspruch gegen "den Bescheid vom 17.07.2017" ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2017 wies der Antragsgegner den Widerspruch "gegen meinen auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II erlassenen Bescheid vom 17.07.2017" zurück. Der Antragsteller habe kein eigenes, von der Ehefrau losgelöstes Aufenthaltsrecht und sei damit von Leistungen gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Zweifel bestünden auch an der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers. Aktuelle und lückenlose Kontoauszüge lägen nicht vor. Die hiergegen vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhobene Klage wird unter dem Aktenzeichen S 54 AS 2201/17 geführt.

Am 30.07.2017 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Gelsenkirchen beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts "ab sofort zu gewähren". Der Antragsteller hat seinem Antrag beide Bescheide vom 17.07.2017 beigefügt. Er sei nicht von Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Bis zum 16.07.2017 habe er bei der Firma B S gearbeitet, danach sei er unverschuldet arbeitslos geworden. Zu den Umständen der Beendigung der Beschäftigung bei der Fa. S hat der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vom 20.07.2017 vorgelegt.

Das Sozialgericht hat die Ausländerakte der Stadt H beigezogen. Auf Aufforderung des Sozialgerichts hat der Antragsteller Kontoauszüge für den Zeitraum 01.04.2017 bis 21.07.2017 eingereicht.

Das Sozialgericht hat den Antragsteller mit Verfügung vom 04.09.2017 aufgefordert, vollständige lückenlose Auszüge sämtlicher Konten, Sparbücher, Depots etc. der Frau O für die Zeit ab dem 01.05.2017 einzureichen, sowie sämtliche Vermögenswerte und das aktuelle Barvermögen der Frau O anzugeben. Zudem werde um Mitteilung gebeten, ob und ggf. in welcher Höhe Frau O derzeit Einnahmen erzielt.

Hierauf hat der Antragsteller am 11.09.2017 eine von ihm und Frau O unterschriebene eidesstattliche Versicherung (ohne Datum) eingereicht, wonach Frau O sich wegen der Erkrankung ihres Sohnes in Wien aufhalte und ein- bis zweimal im Monat nach H komme. Frau O könne derzeit keine Kontoauszüge einreichen, da sie hierzu erst nach Wien reisen müsse. Frau O habe kein Sparvermögen, Sparbücher, Depots. "Zum heutigen Tag" verfüge sie über Bargeld iHv 50 EUR. Ein Grundstück oder eine Immobilie besitze sie nicht. Sie beziehe eine Invaliditätenpension iHv 680 EUR. Er hat mitgeteilt, er werde ab 01.10.2017 eine Beschäftigung als Aushilfskraft auf Minijob-Basis bei der Fa. "B", F, ausüben und eine entsprechende Bescheinigung dieses Arbeitgebers vorgelegt.

Das Sozialgericht hat den Antragsteller mit Verfügungen vom 12.09.2017 unter Fristsetzung von fünf Tagen aufgefordert, vollständige lückenlose Kontoauszüge der Frau O für die Zeit ab dem 01.05.2017, vollständige lückenlose Kontoauszüge für die Zeit ab dem 01.05.2017 zum Konto mit der IBAN DE 000 sowie einen aktuellen Pensionsbescheid der Frau O zu übersenden. Ausweislich der beigezogenen Ausländerakte habe Frau O in 2015 1.051,60 EUR Pension bezogen. Eine Reaktion des Antragstellers ist nicht erfolgt.

Mit Beschluss vom 22.09.2017 hat das Sozialgericht den Antrag und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers lasse sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen. Der Antragsteller sei der gerichtlichen Aufforderung vom 12.09.2017 nicht nachgekommen. Ohne die angeforderten Angaben des Antragstellers zu seinem Lebensunterhalt sei eine Aufklärung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers von Amts wegen nicht möglich.

Der Antragsteller hat gegen den am 22.09.2017 zugestellten Beschluss am 10.10.2017 unter Beifügung weiterer Kontoauszüge und der Pensionsbescheide der Frau O Beschwerde eingelegt. Hilfebedürftigkeit sei gegeben, da er seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten könne. Aus den Pensionsbescheiden ergibt sich, dass die österreichische Pensionsversicherungsanstalt die der Ehefrau zustehende "Ausgleichszulage" eingestellt hat, weil diese nicht mehr ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe. Der Antragsteller hat mitgeteilt, dass der Sohn von Frau O mittlerweile verstorben ist.

Auf Aufforderung durch den Senat hat der Antragsteller am 18.12.2017 den Arbeitsvertrag vom 31.10.2017, einen Nachweis zur Sozialversicherungsanmeldung, Lohnabrechnungen sowie weitere Kontoauszüge vorgelegt. Am 31.01.2018 hat der Antragsteller eine Erklärung des Vermieters vorgelegt, wonach dieser bereit sei, bei Begleichung der offenen Mietforderungen und Bereitschaft des Antragsgegners, die Miete auch künftig zu übernehmen, die Kündigung des Mietverhältnisses rückgängig zu machen. Ferner hat der Antragsteller eine Erklärung der Frau O vom 29.01.2018 vorgelegt, wonach sie einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehe und neben ihrer Rente aus Österreich über kein weiteres Einkommen verfüge.

Auf Anfrage des Senats hat die Ausländerbehörde H mit Schreiben vom 01.02.2018 mitgeteilt, der Antragsteller könne nach den vorliegenden Informationen aktuell kein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG geltend machen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist nur im tenorierten Umfang begründet.

Hinsichtlich des Monats Juli 2017 ist der Antrag interessengerecht unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aufhebungsbescheid vom 17.07.2017 iSd § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auszulegen. Der Aufhebungsbescheid vom 17.07.2017 ist - ebenso wie der Ablehnungsbescheid vom selben Tag - nicht bestandskräftig (§ 77 SGG), da der Widerspruch vom 30.07.2017 auch als auf diesen Bescheid bezogen ausgelegt werden muss. Zwar hat die Bevollmächtigte des Antragstellers dies so nicht ausdrücklich formuliert. Da sie aber dem zeitgleich gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beide Bescheide vom 17.07.2017 beigefügt hat und sich die Begründung des Widerspruchs der Sache nach auch gegen die Leistungsaufhebung richtet, ist interessengerecht anzunehmen, dass der Antragsteller sich auch gegen den Aufhebungsbescheid gewendet hat.

Der Antrag ist begründet. Die gebotene Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus, da eine Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Leistungen für Juli 2017 nicht ersichtlich ist. Weder ist ersichtlich, dass die Voraussetzungen von §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 48 SGB X (wesentliche Änderung der Verhältnisse) vorliegen, noch enthält der Akteninhalt Anhaltspunkte für die Voraussetzungen von §§ 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts).

Im Übrigen (für die Zeit ab August 2017) ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung iSd § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG unbegründet. Einstweilige Anordnungen sind hiernach zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG Beschluss vom 28.08.2001 - B 9 V 23/01 B). Können ohne Eilrechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 26.05.2017- L 7 AS 510/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Im Rahmen der summarischen Prüfung konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Antragsteller leistungsberechtigt iSd § 7 SGB II ist, weil es nach dem Stand der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist, dass er dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II unterfällt. Hiernach sind vom Leistungsbezug Ausländer ausgenommen, die kein Aufenthaltsrecht haben.

Der Antragsteller kann sich nicht auf ein (eigenes) Aufenthaltsrecht als freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger gem. § 2 Abs. 1 1. Alt. FreizügG/EU berufen, da er als serbischer Staatsangehöriger kein Unionsbürger ist. Die bis zum 01.03.2020 gültige Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU begründet ein Aufenthaltsrecht nicht, sondern weist es nur nach (BVerwG Urteil vom 25.10.2017 - 1 C 34/16, SG Dortmund Beschluss vom 12.02.2014 - S 32 AS 5677/13 ER, VG Bremen Beschluss vom 25.09.2013 - 4 V 715/13). Die Prüfung der Freizügigkeitsberechtigung erfolgt nach den Kriterien des § 2 FreizügG/EU. Das Freizügigkeitsrecht wird originär durch den EG-Vertrag/EUV/AEUV und seine Durchführungsbestimmungen begründet und nicht durch die Ausstellung der Aufenthaltskarte (BSG Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R).

Der Antragsteller hat auch ein (abgeleitetes) Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 2. Alt., Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU nicht glaubhaft gemacht. Zwar ist der Antragsteller als Ehegatte der Frau O grundsätzlich gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Familienangehöriger. Indes erfüllt seine Frau nicht die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 FreizügG/EU genannten Voraussetzungen. Eine Freizügigkeitsberechtigung iSd § 2 Abs. 2 Nr. 1-5, 7 FreizügG/EU der nach den Angaben des Antragstellers zwischen Wien und H pendelnden nicht erwerbstätigen österreichischen Staatsbürgerin M O ist vom Antragsteller nicht substantiiert dargelegt worden. Ungeachtet der Ausführungen der österreichischen Pensionsversicherungsanstalt geht der Senat jedenfalls im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass der Vortrag des Antragstellers, seine Ehefrau halte sich überwiegend in Wien auf, zutrifft.

Aufenthaltsrechte des Antragstellers nach dem AufenthG (vgl. Schreiben der Ausländerbehörde H vom 01.02.2018) sind bei der allein gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich.

Eine Beiladung des Sozialhilfeträgers war nicht geboten. Der Antragsteller ist durch § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII von den Leistungen nach Abs. 1 der Vorschrift ausgeschlossen. Danach erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII und nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zwecke der Arbeitsuche ergibt. Dass der Antragsteller von diesem Leistungsausschluss erfasst wird, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller in verfassungskonformer Anwendung von § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII Leistungen zustehen könnten (hierzu Beschluss des Senats vom 28.01.2018 - L 7 AS 2299/17 B) liegen nicht vor. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Ausschluss des Antragstellers von existenzsichernden Leistungen für diesen im Einzelfall eine besondere Härte darstellen könnte. Insbesondere hat der Antragsteller keine Gründe vorgebracht, die eine Rückkehr nach Serbien oder ein Zusammenleben mit seiner Ehefrau in Österreich (die dann aufgrund des Wiederauflebens der erhöhten Pension ausreichend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts haben dürfte) aus in seiner Personen liegenden individuellen Gründen als unzumutbar erscheinen lassen.

Auch im Wege der Folgenabwägung waren Leistungen nicht zuzusprechen. Allerdings ist die Frage, ob und ggfs. inwieweit der Ausschluss von Ausländern vom Bezug existenzsichernder Leistungen mit Verfassungsrecht vereinbar ist, noch nicht abschließend geklärt. Auf die Vorlage des SG Mainz (Beschluss vom 18.04.2016 - S 3 AS 149/16) ist ein Verfahren vor dem BVerfG (1 BvL 4/16) anhängig, ob § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBI. I, 857) mit Art. 1 Abs. 1 GG iVm dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar ist. Das BVerfG hat sich zu dieser Frage noch nicht abschließend geäußert (vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 04.10.2016 - 1 BvR 2778/13). Es hat vielmehr ausdrücklich ausgeführt, dass die entscheidungserheblichen Rechtsfragen zu einem Anspruch auf existenzsichernde Leistungen für nicht erwerbstätige, nicht ausreisepflichtige ausländische Staatsangehörige nach Normen des SGB II und SGB XII schwierig und ungeklärt sind (BVerfG Beschluss vom 14.02.2017 - 1 BvR 2507/16). Dies gilt namentlich, nachdem durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen nach dem SGB II und in der Sozialhilfe vom 22.12.2016 (BGBl I, 3155) ab 29.12.2016 eine Neuregelung u.a. dahingehend erfolgt ist, dass Ausländer, für die der Leistungsausschluss gilt, keine Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten (§ 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in der seit dem 29.12.2016 geltenden Fassung). Damit wollte der Gesetzgeber ausdrücklich und in Abwendung von der bis dahin geltenden Rechtsprechung des BSG klarstellen, dass "den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 zusteht noch dass ihnen Leistungen im Ermessenswege gewährt werden" (BT-Drucks. 18/10211, 16). Die Gesetzeslage hat sich damit gegenüber der Rechtslage, die dem Vorlagebeschluss des SG Mainz zugrunde lag, zu Lasten der betroffene Personen noch verschärft, so dass die Rechtslage nicht im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung als geklärt angesehen werden kann (Beschluss des Senats vom 28.01.2018 - L 7 AS 2299/17 B). Die verfassungsrechtlichen Zweifel führen jedoch allenfalls dann im Wege der Folgenabwägung zu einer evtl. Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Zahlung von Leistungen nach § 23 Abs. 3 S. 6 SGB XII, wenn Anhaltspunkte für eine besondere Härte vorliegen, was - wie dargelegt - vorliegend nicht der Fall ist.

Da der Antrag teilweise erfolgreich war, steht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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