S 34 KR 1089/17 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
34
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 34 KR 1089/17 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf EUR 85.785,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit ihrem am 19.12.2017 beim Sozialgericht Frankfurt am Main gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wendet sich die Antragstellerin gegen das von der Antragsgegnerin eingeleitete europaweite Vergabeverfahren zur Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln zur Stomaversorgung und ergänzenden Inkontinenzhilfen.

Die Antragsgegnerin, eine gesetzliche Krankenkasse, veranlasste eine europaweite Ausschreibung zum Abschluss von Rahmenverträgen über die Versorgung mit Stomaartikeln der Produktgruppe 29 und den in diesem Zusammenhang notwendigen Inkontinenzhilfen der Produktgruppe 15 des Hilfsmittelverzeichnisses für ihre Versicherten. Diese Ausschreibung wurde am 03.11.2017, aktualisiert am 24.11.2017, europaweit bekanntgemacht. Beginnend mit dem 01.04.2018 war eine Laufzeit der Rahmenvereinbarungen von 24 Monaten mit der Möglichkeit einer zweimaligen, jeweils einjährigen, Verlängerung, also maximal 4 Jahren, vorgesehen. Wie sich aus der Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin ergibt, sind Leistungsgegenstand dieser Ausschreibung neben der Versorgung ihrer Versicherten mit Stomaartikeln und ergänzend mit Inkontinenzhilfen einschließlich Zubehör samt notwendiger Reparaturen und Ersatzteilen sowie notwendiger Wartungen und sicherheitstechnischer Kontrollen auch die in diesem Zusammenhang zu erbringenden Dienst- und Serviceleistungen.

Die Antragstellerin ist seit vielen Jahren als Leistungserbringerin im Gesundheitsbereich tätig und versorgt etwa 89 Versicherte der Antragsgegnerin mit Stomaartikeln. In dem hier ausgeschriebenen Versorgungsbereich ist sie nach den Vorgaben des § 126 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) präqualifiziert.

Mit ihrem am 19.12.2017 eingegangenen Antrag wendet sich die Antragstellerin gegen das von der Antragsgegnerin veranlasste Ausschreibungsverfahren. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die ausgeschriebene Versorgung mit Stomaartikeln weise einen besonders hohen Dienstleistungsanteil auf, sodass eine Ausschreibung gemäß § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V nicht zweckmäßig und daher rechtswidrig sei. Da die Begründetheit des vorliegenden Antrages sich ausschließlich danach beurteile, ob die Ausschreibung der Antragsgegnerin im Sinne des § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V als zweckmäßig anzusehen sei, seien hier trotz Vorliegens einer Ausschreibung gerade nicht die vergaberechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) im Rahmen eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens zu prüfen. Streitgegenstand sei hier ausschließlich eine Vorfrage vor Einleitung eines Ausschreibungsverfahrens, nämlich die Frage, ob die Ausschreibung der Antragsgegnerin zweckmäßig sei und aufgrund des hohen Dienstleistungsanteils gegen die Regelung des § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V verstoße. Da es sich zudem um eine Streitigkeit zwischen einer gesetzlichen Krankenversicherung und einem nichtärztlichen Leistungserbringer handle, sei der Sozialrechtsweg, hier zum örtlich zuständigen Sozialgericht Frankfurt am Main als Sitz der Antragstellerin, gegeben. Zudem sei die Antragstellerin auch antragsbefugt, wofür ausreiche, dass eine Verletzung einer rechtlich anerkannten Position nicht ausgeschlossen werden könne. Die Antragsgegnerin verletze ihr Recht auf Zugang zum Markt der Hilfsmittelversorgung durch die rechtswidrige Ausschreibung, da die Antragstellerin als geeignetes Unternehmen nach § 126 SGB V einen Verhandlungsanspruch auf Abschluss eines Rahmenvertrages nach § 127 Abs. 2 SGB V oder ein Beitrittsrecht nach § 127 Abs. 2a SGB V habe. Sei die Ausschreibung der Antragsgegnerin nicht zweckmäßig, stehe dieser kein Ermessen zu und diese sei verpflichtet, Verträge nach § 127 Abs. 2 und 2a SGB V zu schließen. Auch der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund liege vor. Mit der zum 11.04.2017 durch das Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz erfolgten Änderung des § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass eine Versorgung mit hohem Dienstleistungsanteil nicht mehr ausgeschrieben werden dürfe. Zur Beurteilung, wann eine Zweckmäßigkeit vorliege, habe der GKV-Spitzenverband Empfehlungen zur Zweckmäßigkeit nach § 127 Abs. 1a SGB V abgegeben. Die dort genannten Kriterien würden hier zutreffen. Die Versorgung der Versicherten mit Stomaartikeln erfordere vor allem in den ersten sechs Monaten nach der Stomaanlage einen ganz erheblichen Dienstleistungsaufwand. Damit sei eine Ausschreibung von Stomaartikeln nicht zweckmäßig. Es sei der Antragsgegnerin somit nicht möglich, einen Vertrag im Wege der Ausschreibung zu schließen, da ihr insoweit kein Ermessen zustehe. Sollte die Antragstellerin die Ausschreibung nicht gewinnen oder sich nicht an dieser beteiligen, ende unter Umständen ihre Versorgungsberechtigung. Insofern drohten ihr ein unmittelbarer Verlust der Versicherten der Antragsgegnerin sowie ein wesentlicher Umsatzverlust, wenn sie diese nicht mehr versorgen dürfe. Derzeit versorge sie etwa 89 Versicherte der Antragsgegnerin mit Stomaartikeln. Infolge des Kundenverlustes käme es bei ihr zu erheblichen Umsatzeinbußen, wobei derzeit der Umsatz EUR 128.678,00 betrage. Nach Abschluss eines kaum vor Ablauf von fünf Jahren beendeten Hauptsacheverfahrens seien überdies die Kunden für sie unwiderruflich verloren und könnten auch nach Beendigung des Verfahrens nicht zurückgewonnen werden.

Die Antragstellerin beantragt,

im Wege der einstweiligen Anordnung

1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Ausschreibung der Versorgung mit Hilfsmitteln zur Stomaversorgung der Produktgruppe 29 und den gegebenenfalls in diesem Zusammenhang erforderlichen Inkontinenzhilfen der Produktgruppe 15 gemäß § 127 Abs. 1 SGB V gemäß der Bekanntmachung der Antragsgegnerin vom 03.11.2017 zu unterlassen,

2. hilfsweise, für den Fall der Zuschlagserteilung, der Antragsgegnerin zu untersagen, ihre Versicherten gemäß der vorgenannten Ausschreibung zu versorgen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig zu verwerfen,

2. hilfsweise den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat – zu verweisen,

3. hilfsweise den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen,

4. hilfsweise über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht ohne vorherige mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sei bereits aufgrund der fehlenden sozialgerichtlichen Zuständigkeit und der fehlenden Möglichkeit einer Verweisung als unzulässig zu verwerfen. Es handle sich um ein vergaberechtliches Verfahren, für das die Vergabekammern und erst danach die ordentliche Gerichtsbarkeit (Vergabesenat beim Oberlandesgericht) zuständig seien. Eine Verweisung an die Vergabekammer komme aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht, da es sich bei den Vergabekammern nicht um Gerichte, sondern um Verwaltungsbehörden handele. Darüber hinaus fehle es der Antragstellerin auch an der Antragsbefugnis. Die von ihr zur Begründung einer Rechtsposition herangezogene Norm des § 127 Abs. 1 SGB V enthalte keinerlei Drittschutz zu ihren Gunsten, sondern solle vielmehr als allgemeines Ziel die Qualität der Versorgung und damit die Versicherten schützen. Es fehle auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Bereits eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ergebe, dass die Antragsgegnerin als gesetzliche Krankenkasse aufgrund der zwingenden Vorgaben des Vergaberechts - § 127 Abs. 1 SGB V sei schließlich nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf eine vom Vergaberecht vollständig überlagerte Norm - keine andere Möglichkeit gehabt habe, als den hier streitgegenständlichen Beschaffungsgegenstand europaweit auszuschreiben. Rein hilfsweise sei darauf aufmerksam zu machen, dass die Ausschreibung auch zweckmäßig wäre. Einen Anordnungsgrund habe die Antragstellerin darüber hinaus nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Es sei nicht erkennbar, wie ihr durch die Ausschreibung ein wesentlicher Nachteil entstanden sein solle. Ein solcher fehle zum einen durch die Möglichkeit der Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens, zum anderen durch die unterlassene Glaubhaftmachung eines finanziellen Schadens sowie die Möglichkeit einer Beteiligung an der Ausschreibung. Letztendlich liefe ein Erfolg der Antragstellerin mit ihrem Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren überdies auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus. Dies sei grundsätzlich jedoch nicht zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist unzulässig.

Nach § 86 b Absatz 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Nach § 86 b Absatz 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Der nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gestellte Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung ist bereits unzulässig. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist nicht gegeben, das Sozialgericht Frankfurt ist nicht zuständig. Eine Verweisung scheidet hier aus.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten unter anderem in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung.

Allerdings sind nach § 51 Abs. 3 SGG von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen Streitigkeiten in Verfahren nach dem GWB, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB V werden vom Anwendungsbereich dieser Norm abschließend unter anderem die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und sonstiger Leistungserbringer, zu denen die Antragstellerin gehört, umfasst. In diesem Zusammenhang bestimmt § 69 Abs. 3 SGB V, dass auf öffentliche Aufträge nach dem SGB V die Vorschriften des Teils 4 des GWB (§§ 97 - 184) anzuwenden sind.

Vorliegend wendet sich die Antragstellerin gegen die von der Antragsgegnerin nach § 127 Abs. 1 SGB V veranlasste europaweite Ausschreibung von Rahmenverträgen über die Versorgung mit Stomaartikeln. Nach § 127 Abs. 1 SGB V können unter anderem die Krankenkassen, soweit dies zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und in der Qualität gesicherten Versorgung zweckmäßig ist, im Wege der Ausschreibung Verträge mit Leistungserbringern über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum schließen. Hierbei können nach § 127 Abs. 1 Satz 5 SGB V Verträge nach Satz 1 mit mehreren Leistungserbringern abgeschlossen werden. Für Hilfsmittel, die für einen bestimmten Versicherten individuell angefertigt werden, oder Versorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil sind Ausschreibungen nicht zweckmäßig (§ 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V).

Mit vorliegendem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nimmt die Antragstellerin konkret Bezug auf die Vorschrift des § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V und stützt ihr Begehren darauf, dass die von der Antragsgegnerin veranlasste Ausschreibung wegen fehlender Zweckmäßigkeit nicht hätte erfolgen dürfen. Die Antragstellerin bezieht sich hierzu weiter auf die auf der Grundlage des § 127 Abs. 1a SGB V ergangenen Gemeinsamen Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes und der Spitzenorganisationen und sonstigen Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene vom 02.07.2009, in denen unter anderem in § 2 Zweckmäßigkeitskriterien aufgeführt sind.

Maßgebend für die Beurteilung, ob das vorliegende Verfahren der Antragstellerin, gerichtet auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit umfasst wird, ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der erhobene Anspruch hergeleitet wird, sofern eine ausdrückliche Zuweisung fehlt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschlüsse vom 10.12.2015, B 12 SF 1/14 R, vom 30.09.2015, B 3 KR 22/15 B, und vom 28.09.2010, B 1 SF 1/10 R, – alle juris -).

Bei ihrer Auffassung, für vorliegendes Verfahren sei die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gegeben, übersieht die Antragstellerin, dass vorliegendes Verfahren nach der eindeutigen Regelung des § 51 Abs. 3 SGG ausdrücklich von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ausgenommen wird. Auch verkennt die Antragstellerin den Regelungsgehalt des § 69 Abs. 3 SGB V, wonach auf öffentliche Aufträge nach dem SGB V die Vorschriften der §§ 97 - 184 GWB anzuwenden sind.

Nach diesen Vorschriften des Vierten Teils des GWB sind Beschaffungen im Normalfall in einem geregelten Vergabeverfahren bekanntzumachen und auszuschreiben, sofern - ein öffentlicher Auftraggeber - durch einen öffentlichen Auftrag Lieferungen, Dienstleistungen, Bauleistungen beschaffen will, - der Auftragswert den maßgebenden Schwellenwert erreicht oder überschreitet - und ein Ausnahmefall nach § 107 GWB nicht gegeben ist.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegen diese Voraussetzungen hier vor. Die Antragsgegnerin als gesetzliche Krankenkasse ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB. Die Antragsgegnerin will mittels eines öffentlichen Auftrags nach § 103 GWB für ihre Versicherten Stomaartikel sowie ergänzende Inkontinenzhilfen als Hilfsmittel beschaffen und damit deren Versorgung sicherstellen. Der Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB von 209.000 EUR wird vorliegend überschritten, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Ebenfalls unstreitig ist, dass ein Ausnahmefall nach § 107 GWB nicht vorliegt. Damit liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des 4. Teils des GWB vor.

Die Antragstellerin begründet ihre Auffassung, die von der Antragsgegnerin veranlasste Ausschreibung sei rechtswidrig, mit der Regelung des § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V, also mit einer an sich in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit fallenden Norm. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung unterliegt jedoch die Frage, ob § 127 Abs. 1 Satz 6 SGB V, damit also sozialrechtliche Gründe der Ausschreibung entgegenstehen, nicht der Rechtsprechung der Sozialgerichte. Das Gericht folgt insoweit den Auffassungen der Sozialgerichte Reutlingen im Beschluss vom 28.12.2014 (S 1 KR 2858/17 ER), Chemnitz im Beschluss vom 28.12.2017 (S 38 KR 906/17 ER) und für das Saarland im Beschluss vom 11.12.2017 (S 1 KR 41/17 ER), wiederum gestützt auf die Auffassung des OLG Düsseldorf vom 21.12.2016.

Die entgegenstehende Ansicht der Antragstellerin kann vor dem Hintergrund der zum Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 21.06.2016 (VK 2 - 45/16) ergangenen Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 21.12.2016 (VII-Verg 26/16 – juris –) keinen Bestand haben. Denn das OLG Düsseldorf führte in diesem Beschluss zutreffend aus, dass "§ 127 Abs. 1 SGB V durch das unionsrechtliche und das Vergaberechtsregime des Vierten Teils des GWB vollständig überlagert wird. Dies wird gleichermaßen belegt durch die Regelung des § 69 Abs. 2 Satz 4 SGB V a.F. (§ 69 Abs. 3 SGB V n.F.), wonach auf öffentliche Aufträge der gesetzlichen Krankenkassen gemäß dem SGB V die Vorschriften des Vierten Teils des GWB anzuwenden sind. Zweckmäßigkeitsüberlegungen haben bei der Frage einer Ausschreibung von Hilfsmittelbeschaffungen durch gesetzliche Krankenkassen jedenfalls im sogenannten Oberschwellenbereich demnach zu unterbleiben. § 127 Abs. 1 SGB V ist nach den Prinzipien einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts unangewendet zu lassen, soweit er die Beschaffung von Hilfsmitteln und diesbezüglichen Beratungsleistungen von Zweckmäßigkeitsüberlegungen, welche die gesetzlichen Krankenkassen zuvor anzustellen haben, abhängig macht (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O., Rn. 38 –juris-). Die Frage, ob möglicherweise sozialrechtliche Gründe der Ausschreibung entgegenstünden und diese zu verhindern geeignet seien, sei nach dem OLG Düsseldorf ausnahmslos von den Vergabenachprüfungsinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden. Infolgedessen würden auch die Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenorganisationen zur Zweckmäßigkeit von Ausschreibungen nach § 127 Abs. 1a SGB V nichts für die Entscheidung der gesetzlichen Krankenkasse hergeben, ob ausgeschrieben werden solle oder nicht. Sie seien, soweit es sogenannte Oberschwellenwertvergaben betreffe, im Rechtssinne nicht verbindlich, weil sich die Ausschreibungspflicht allein nach dem gesetzlichen Vergaberechtsregime der Richtlinie 2004/24 und des GWB richte (OLD Düsseldorf, a.a.O., Rn. 41 und 42 –juris-).

In Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Sozialgerichte für das Saarland, Chemnitz und Reutlingen sowie des OLG Düsseldorf ist auch die erkennende Kammer der Überzeugung, dass vorliegender Rechtsstreit allein dem Prüfregime des Vergaberechts nach dem GWB unterfällt, so dass hier zunächst die Vergabekammern des Bundes und dann der Vergabesenat des zuständigen OLG Düsseldorf zuständig sind.

Somit ist die Antragstellerin darauf verwiesen, das Nachprüfungsverfahren zunächst vor der zuständigen Vergabekammer zu beschreiten. Bei der Vergabekammer handelt es sich nicht um ein Gericht (vgl. BSG, Beschluss vom 25.10.2011, X ZB 5/10, und BSG, Beschluss vom 22.04.2008, B 1 S F 1/08 R, beide juris m.w.N.), sodass eine Verweisung des vorliegenden Verfahrens an die zuständige Vergabekammer nach § 98 SGG in Verbindung mit § 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen konnte. Zudem war eine solche Verweisung auch nicht beantragt. Auch eine Verweisung an den Vergabesenat des zuständigen OLG Düsseldorf war - entgegen der vom SG Gotha in dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Beschluss vom 18.12.2017 (S 9 KR 3990/17 ER) vertretenen Auffassung - aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Die Kammer folgt insoweit der überzeugenden Rechtsauffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 09.02.2016 (5 B 315/15, Rn. 19 ff., insbesondere 28f. –juris-). Zutreffend wird in dieser Entscheidung auf den Beschleunigungsgrundsatz des Vergaberechts verwiesen und hierauf Bezug nehmend eine Verweisung an den Vergabesenat eines Oberlandesgerichts unter Umgehung der Vergabekammer als nicht sachgerecht angesehen. Aufgrund der fehlenden Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und der fehlenden Verweisungsmöglichkeit erweist sich der Antrag der Antragstellerin bereits als unzulässig.

Ob es der Antragstellerin auch an der erforderlichen Antragsbefugnis fehlt, wie von den Sozialgerichten Düsseldorf im Beschluss vom 19.12.2017 (S 11 KR 1512/17 ER), Ulm im Beschluss vom 27.12.2017 (S 2 KR 3586/17 ER) und Freiburg im Beschluss vom 11.12.2017 (S 15 KR 4490/17 ER) angenommen, kann dahinstehen, da bei fehlender Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und mangels Verweisungsmöglichkeit der Antrag bereits aus diesem Grund als unzulässig abzulehnen ist.

Da auch der von der Antragstellerin gestellte Hilfsantrag einzig und allein dem Vergaberechtsregime unterfällt und daher auch insoweit die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ebenso wie die Möglichkeit zur Verweisung fehlt, ist auch dieser Antrag als unzulässig abzulehnen.

Aufgrund der Erfolglosigkeit der Eilanträge der Antragstellerin erübrigt sich auch eine Entscheidung über die von der Antragsgegnerin gestellten Hilfsanträge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung, da weder Antragstellerin noch Antragsgegnerin zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

Der Streitwert ist gemäß § 197a SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz auf EUR 85.785,00 festzusetzen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Vertragslaufzeit des streitgegenständlichen ausgeschriebenen Lieferauftrages der Antragsgegnerin zunächst 2 Jahre beträgt. Der von der Antragstellerin angegebene, durch die Versorgung mit Stomaartikeln erzielte Jahresumsatz beträgt EUR 128.678,00, bei 2 Jahren mithin EUR 257.356,00. Dieser Betrag ist zur Grundlage der Streitwertfestsetzung zu machen und im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Eilentscheidung angemessen auf ein Drittel zu reduzieren (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25. Juni 2008 – L 4 KA 48/08 B ER –, juris).
Rechtskraft
Aus
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