Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 45 SF 77/15 E
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 SF 271/17 B E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Synergieeffekte wirken sich regelmäßig auch auf die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit aus.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 11. Oktober 2017 wird zurückgewiesen. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Der Beschwerdeführer war den Klägern in dem Klageverfahren S 37 AS 1447/12 im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter mit Beschluss vom 22. November 2012 beigeordnet. Verfahrensgegenstand war das Begehren, den Klägern für die Zeit von April bis September 2012 höhere Leistungen nach dem SGB II für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Beendet wurde das Verfahren durch ein angenommenes Teilanerkenntnis und durch Urteil des Sozialgerichts nach mündlicher Verhandlung über den Reststreit.
In seiner Kostenrechnung vom 22./26. Januar 2015 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung von 646,17 EUR beantragt, und zwar:
Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV–RVG 323,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV–RVG 200,00 EUR Postpauschale Nr. 7002 VV–RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV–RVG 103,17 EUR Gesamtsumme 646,17 EUR
Mit Festsetzungsbeschluss vom 19. März 2015 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diesen Betrag auf 523,60 EUR durch Verringerung der Verfahrensgebühr auf 220,00 EUR reduziert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass bei Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit Synergieeffekte zu berücksichtigen gewesen seien, da vorliegendem Klageverfahren und vier anderen grundsätzlich die gleiche Sach– und Rechtslage mit zudem gleichen Beteiligten zugrunde gelegen habe. In den Verfahren seien die Kosten der Unterkunft bezogen auf die angemessene Mietobergrenze streitig gewesen, wobei sich die Verfahren lediglich in den unterschiedlichen Bedarfszeiträumen unterschieden hätten.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Erinnerungen von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner. Der Beschwerdeführer trägt vor, sein Kostenfestsetzungsantrag sei nicht zu beanstanden. Der Synergieeffekt könne allenfalls Auswirkungen auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit haben. Die Schwierigkeit der Angelegenheit sei überdurchschnittlich, da es sich um die Frage nach der abstrakten Angemessenheit von Unterkunftskosten gehandelt habe. Die Behauptungen des Urkundsbeamten seien falsch und er missachte die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der es in Grundsicherungsangelegenheiten um Belange von deutlich überdurchschnittlicher Bedeutung gehe. Der Beschwerdegegner beantragt die Kürzung auch der Terminsgebühr auf 134,00 EUR, weil in dem vorliegenden Verfahren die Verhandlung zwar 315 Minuten gedauert habe, jedoch auch weitere neun Rechtsstreitigkeiten verhandelt worden seien. Daraus errechne sich ein Zeitumfang für das einzelne Verfahren von 31,5 Minuten. Damit sei der Umfang als unterdurchschnittlich anzusehen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. Oktober 2017 die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die Gebühren auf 445,06 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Sozialgericht umfassend auf Literatur und Rechtsprechung zu der Bestimmung der Gebühr für Rechtsanwälte bei Rahmengebühren nach § 14 RVG verwiesen und ergänzend zur Kostenrechnung des Beschwerdeführers ausgeführt: Der Umfang seiner Tätigkeit sei unterdurchschnittlich, weil der überwiegende Vortrag wortgleich aus einer anderen Streitsache herausgenommen worden sei und sich die Ausführungen insgesamt auch bereits aus drei weiteren Streitverfahren ergeben habe. Warum der Beschwerdeführer dies ohne nähere Begründungen in Abrede stellen zu können meine, sei nicht nachvollziehbar. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich, da die Höhe der einer Bedarfsgemeinschaft zustehenden Kosten der Unterkunft zu den typischen sozialgerichtlichen Verfahrensgegenständen auf dem Gebiet des SGB II zählten. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für die Kläger überdurchschnittlich gewesen, hingegen die Einkommens– und Vermögensverhältnisse deutlich unterdurchschnittlich. Die Auffassung, wonach es auch darauf ankommen solle, ob der Mandant des Rechtsanwalts überschuldet sei, wie der Kostensenat des Schleswig–Holsteinischen Landessozialgerichts vertreten habe, stehe mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht im Einklang und werde von dem Sozialgericht nicht geteilt. Damit ergebe sich hier sowohl in der Gesamtschau als auch bei Bemessung der einzelnen Kriterien insgesamt kein durchschnittliches Bild, so dass die Herabsetzung der Mittelgebühr auf 2/3 als gerechtfertigt anzusehen sei. Die Terminsgebühr sei ebenfalls in dieser Höhe festzusetzen, da auch hier der Umfang unterdurchschnittlich zu bewerten sei, wie vom Beschwerdegegner vorgetragen werde.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 2017. Die Schwierigkeit sei weit überdurchschnittlich zu bewerten, weil es vorliegend um die Frage gegangen sei, ob das vom Beklagten verwendete Konzept zur Bestimmung von angemessenen Unterkunftskosten den vom BSG geforderten Schlüssigkeitsanforderungen entsprochen habe. In diesem Zusammenhang sei eine Auseinandersetzung mit Entscheidungen des hiesigen Landessozialgerichts notwendig gewesen. Die Bedeutung sei deutlich überdurchschnittlich, da nicht lediglich um einen einstelligen Eurobetrag pro Monat gestritten worden sei, sondern um monatlich laufende Leistungen in Höhe von 72,00 EUR für die Dauer von 6 Monaten für 4 Personen. Die Einkommens– und Vermögensverhältnisse seien, da es an einer Überschuldung fehle, jedenfalls nicht weit unterdurchschnittlich anzusehen. Die Bestimmung der Terminsgebühr unterhalb des Mittelsatzes sei ebenfalls fehlerhaft, da die Verhandlung umgerechnet 31,5 Minuten gedauert habe und damit noch innerhalb der Spannbreite von 30–70 Minuten, die früher hierzu vom Sozialgericht Kiel vertreten worden sei. Dass die im Ausgangsverfahren vertretenen Mandanten auch in anderen Verfahren vertreten worden seien, die eine im Wesentlichen gleiche Sach– und Rechtslage zum Gegenstand gehabt hätten, werde ebenso wenig in Abrede gestellt, wie der Umstand, dass dieser Sachverhalt zu Synergieeffekten geführt habe. Der Berücksichtigung sei jedoch bereits bei dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit berücksichtigt worden. Auf die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit hätten Synergieeffekte demgegenüber keine Auswirkungen. Denn die Schwierigkeit einer anwaltlichen Tätigkeit ergebe sich nicht daraus, wie schwierig die Bearbeitung für den konkret tätigen Anwalt sei, sondern wie schwierig die Bearbeitung objektiv sei. An der objektiven Schwierigkeit eines Rechtsfalls ändere sich nichts durch eine parallele Befassung des Rechtsanwalts mit gleichgelagerten Fällen. Davon gehe auch das Bundessozialgericht aus.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig–Holsteinischen Landessozialgericht verweist auf seine Stellungnahme und die Rechtsprechung des Kostensenats des Schleswig–Holsteinischen Landessozialgerichts.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG durch den Einzelrichter.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine höhere als die in dem angefochtenen Beschluss festgesetzte Vergütung.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG – wie hier – nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens– und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1). Ist die Gebühr – wie hier bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe – von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm ein Beurteilungsspielraum zusteht. Setzt man die Kriterien des § 14 RVG ins Verhältnis zur Rahmengebühr, dann ist die Mittelgebühr, die vom Beschwerdeführer angesetzt wurde, immer dann angebracht, wenn der zeitliche Aufwand und die Schwierigkeit der Arbeit für den Rechtsanwalt einen durchschnittlichen Aufwand erfordert haben und die übrigen Kriterien des § 14 RVG entweder für sich oder zusammen dem Durchschnitt entsprechen. Das ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers allerdings nicht der Fall.
Das normale sozialgerichtliche Verfahren läuft so ab, dass die Berufung eingelegt und begründet wird. Daran schließt sich regelmäßig eine Erwiderung des Berufungsbeklagten an und es entwickelt sich häufig ein Schriftwechsel. Teilweise erfolgt auch eine Beweisaufnahme durch das Gericht. Bei der Bewertung der Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG ist es in diesem Zusammenhang von Bedeutung, worauf auch der Kostenprüfungsbeamte und das Sozialgericht hingewiesen haben, ob der Rechtsanwalt in weiteren Verfahren der gleichen Beteiligten zum gleichen Streitstoff identisch vorgetragen hat, was nunmehr auch der Beschwerdeführer selbst einräumt. Denn damit tritt ein Synergieeffekt ein, der sich gebührenmindernd auswirkt. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass maßgebend für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als wesentlicher Bestimmungsfaktor der Gebühr der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch für die Sache verwenden musste, sei. Deshalb unterliegt es keinen Zweifeln, dass Parallelverfahren noch zudem mit – wie hier – den gleichen Beteiligten und im Wesentlichen gleichen Inhalt, Arbeitserleichterungen beinhaltet. Das ist bei der Bemessung der billigen Gebühr des Rechtsanwalts zu berücksichtigen. Dieser Synergieeffekt wirkt sich nach der Rechtsprechung des Senats (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 15. Juni 2016 – L 15 SF 92/14 E – m.w.N.) auch auf die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit aus, denn auch dieses Element der Gebührenbemessung wird maßgebend dadurch mit beeinflusst, ob eine Problematik sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht in anderen Verfahren erörtert wurde und so die Bearbeitung erleichtert (so ausdrücklich der Senat zuletzt in seinem Beschluss mit den gleichen Beteiligten wie hier vom 26. September 2017 – L 5 SF 7/16 E –). Der Senat sieht keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Zwar sind die Kriterien Umfang und Schwierigkeit im Rahmen des § 14 RVG nicht das Gleiche. Umfang ist der zeitliche Arbeitsaufwand, Schwierigkeit die Intensität der Arbeit (Mayer in Gerold/Schmidt, RVG–Kommentar § 14 Rz. 16). Die Intensität der Arbeit kann dabei durch eine Vielzahl von Kriterien beeinflusst werden. Das Sozialgericht führt solche in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen auf. Dazu gehören etwa auch die Aufklärung eines schwierigen Sachverhalts oder die Auseinandersetzung mit schwierigen Rechtsfragen, was wiederum durch die Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung bedingt wird. Auch bei diesen Kriterien wirkt es sich durchaus arbeitserleichternd für den Anwalt aus, wenn die notwendigen Arbeiten im Wesentlichen schon in anderen Verfahren geleistet wurden. Dann verringert sich neben dem Umfang auch die Intensität der Arbeit des Rechtsanwalts, da in den vergleichbaren oder sogar identischen Parallelverfahren schwierige Sach– und Rechtslagen bereits geklärt wurden. Das hat hier zur Folge, dass jedenfalls Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zusammen unterdurchschnittlich zu bewerten sind.
Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob von einer überdurchschnittlichen Bedeutung des Rechtsstreits für die Kläger auszugehen ist. Zwar handelt es sich bei den Kosten für die Unterkunft um Leistungen nach dem SGB II. Dies führt jedoch nicht automatisch zu einer überdurchschnittlichen Bedeutung. Hier ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 26. September 2017 a.a.O.) bei Verfahren, die Leistungen nach dem SGB II zum Inhalt haben, nicht grundsätzlich von einer zumeist überdurchschnittlichen Bedeutung auszugehen. Denn in einer Vielzahl sozialgerichtlicher Verfahren geht es um Existenzsicherungsleistungen. So ist ein Großteil der Verfahren auf Lohnersatzleistungen wie Renten, Krankengeld oder Arbeitslosengeld gerichtet. Gerade solche Existenzsicherungsleistungen stellen den Regelfall sozialgerichtlicher Verfahren dar (siehe auch Beschluss des Senats vom 17. Januar 2014 – L 5 SF 8/13 E). Dabei handelt es sich sehr häufig bis regelmäßig um fortlaufende Leistungen. Abzustellen ist vielmehr auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Betroffenen. Dabei spielt gerade die Höhe des streitigen Betrages eine bedeutende Rolle. Streitig war hier ein Betrag von 72,00 EUR im Monat für einen Zeitraum von 6 Monaten, mithin insgesamt also ein Betrag von 432,00 EUR. Bei dieser Höhe kann weder absolut noch relativ jedenfalls von einer so überdurchschnittlichen Bedeutung für die Kläger ausgegangen werden, dass ihre unzweifelhaft unterdurchschnittliche Einkommens– und Vermögenssituation dadurch in dem Sinne ausgeglichen wird, dass zusammen genommen von einer durchschnittlichen Bewertung auszugehen ist. Liegen damit sowohl Umfang als auch Schwierigkeit auf der einen und Bedeutung sowie Einkommens– und Vermögenssituation auf der anderen Seite unterhalb des Durchschnitts, sieht auch der Senat die Festsetzung der Verfahrensgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr als angemessen an.
Nichts Anderes gilt für die Terminsgebühr. Hier gelten grundsätzlich die gleichen Kriterien wie die zur Verfahrensgebühr. Hinsichtlich des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist als einem Kriterium die Dauer des Termins zu berücksichtigen. Hier ist die Rechtsprechung des beschließenden Senats vom Sozialgericht zutreffend angeführt worden. Hinsichtlich einer Dauer von 33 Minuten der mündlichen Verhandlung ist der Senat in seinem Beschluss vom 28. März 2017 (– L 5 SF 11/17 E –) von einer unterdurchschnittlichen Dauer ausgegangen. Die Festsetzung von 2/3 der Mittelgebühr ist daher ebenso wie bei der Verfahrensgebühr als angemessen anzusehen. Damit hat das Sozialgericht den Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren zutreffend auf 445,06 EUR festgesetzt.
Dieser Beschluss ist nach § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 RVG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der anwaltlichen Vergütung. Der Beschwerdeführer war den Klägern in dem Klageverfahren S 37 AS 1447/12 im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter mit Beschluss vom 22. November 2012 beigeordnet. Verfahrensgegenstand war das Begehren, den Klägern für die Zeit von April bis September 2012 höhere Leistungen nach dem SGB II für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Beendet wurde das Verfahren durch ein angenommenes Teilanerkenntnis und durch Urteil des Sozialgerichts nach mündlicher Verhandlung über den Reststreit.
In seiner Kostenrechnung vom 22./26. Januar 2015 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung von 646,17 EUR beantragt, und zwar:
Verfahrensgebühr Nr. 3103, 1008 VV–RVG 323,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV–RVG 200,00 EUR Postpauschale Nr. 7002 VV–RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV–RVG 103,17 EUR Gesamtsumme 646,17 EUR
Mit Festsetzungsbeschluss vom 19. März 2015 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diesen Betrag auf 523,60 EUR durch Verringerung der Verfahrensgebühr auf 220,00 EUR reduziert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass bei Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit Synergieeffekte zu berücksichtigen gewesen seien, da vorliegendem Klageverfahren und vier anderen grundsätzlich die gleiche Sach– und Rechtslage mit zudem gleichen Beteiligten zugrunde gelegen habe. In den Verfahren seien die Kosten der Unterkunft bezogen auf die angemessene Mietobergrenze streitig gewesen, wobei sich die Verfahren lediglich in den unterschiedlichen Bedarfszeiträumen unterschieden hätten.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Erinnerungen von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner. Der Beschwerdeführer trägt vor, sein Kostenfestsetzungsantrag sei nicht zu beanstanden. Der Synergieeffekt könne allenfalls Auswirkungen auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit haben. Die Schwierigkeit der Angelegenheit sei überdurchschnittlich, da es sich um die Frage nach der abstrakten Angemessenheit von Unterkunftskosten gehandelt habe. Die Behauptungen des Urkundsbeamten seien falsch und er missachte die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der es in Grundsicherungsangelegenheiten um Belange von deutlich überdurchschnittlicher Bedeutung gehe. Der Beschwerdegegner beantragt die Kürzung auch der Terminsgebühr auf 134,00 EUR, weil in dem vorliegenden Verfahren die Verhandlung zwar 315 Minuten gedauert habe, jedoch auch weitere neun Rechtsstreitigkeiten verhandelt worden seien. Daraus errechne sich ein Zeitumfang für das einzelne Verfahren von 31,5 Minuten. Damit sei der Umfang als unterdurchschnittlich anzusehen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11. Oktober 2017 die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die Gebühren auf 445,06 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Sozialgericht umfassend auf Literatur und Rechtsprechung zu der Bestimmung der Gebühr für Rechtsanwälte bei Rahmengebühren nach § 14 RVG verwiesen und ergänzend zur Kostenrechnung des Beschwerdeführers ausgeführt: Der Umfang seiner Tätigkeit sei unterdurchschnittlich, weil der überwiegende Vortrag wortgleich aus einer anderen Streitsache herausgenommen worden sei und sich die Ausführungen insgesamt auch bereits aus drei weiteren Streitverfahren ergeben habe. Warum der Beschwerdeführer dies ohne nähere Begründungen in Abrede stellen zu können meine, sei nicht nachvollziehbar. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sei durchschnittlich, da die Höhe der einer Bedarfsgemeinschaft zustehenden Kosten der Unterkunft zu den typischen sozialgerichtlichen Verfahrensgegenständen auf dem Gebiet des SGB II zählten. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für die Kläger überdurchschnittlich gewesen, hingegen die Einkommens– und Vermögensverhältnisse deutlich unterdurchschnittlich. Die Auffassung, wonach es auch darauf ankommen solle, ob der Mandant des Rechtsanwalts überschuldet sei, wie der Kostensenat des Schleswig–Holsteinischen Landessozialgerichts vertreten habe, stehe mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht im Einklang und werde von dem Sozialgericht nicht geteilt. Damit ergebe sich hier sowohl in der Gesamtschau als auch bei Bemessung der einzelnen Kriterien insgesamt kein durchschnittliches Bild, so dass die Herabsetzung der Mittelgebühr auf 2/3 als gerechtfertigt anzusehen sei. Die Terminsgebühr sei ebenfalls in dieser Höhe festzusetzen, da auch hier der Umfang unterdurchschnittlich zu bewerten sei, wie vom Beschwerdegegner vorgetragen werde.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 15. Oktober 2017. Die Schwierigkeit sei weit überdurchschnittlich zu bewerten, weil es vorliegend um die Frage gegangen sei, ob das vom Beklagten verwendete Konzept zur Bestimmung von angemessenen Unterkunftskosten den vom BSG geforderten Schlüssigkeitsanforderungen entsprochen habe. In diesem Zusammenhang sei eine Auseinandersetzung mit Entscheidungen des hiesigen Landessozialgerichts notwendig gewesen. Die Bedeutung sei deutlich überdurchschnittlich, da nicht lediglich um einen einstelligen Eurobetrag pro Monat gestritten worden sei, sondern um monatlich laufende Leistungen in Höhe von 72,00 EUR für die Dauer von 6 Monaten für 4 Personen. Die Einkommens– und Vermögensverhältnisse seien, da es an einer Überschuldung fehle, jedenfalls nicht weit unterdurchschnittlich anzusehen. Die Bestimmung der Terminsgebühr unterhalb des Mittelsatzes sei ebenfalls fehlerhaft, da die Verhandlung umgerechnet 31,5 Minuten gedauert habe und damit noch innerhalb der Spannbreite von 30–70 Minuten, die früher hierzu vom Sozialgericht Kiel vertreten worden sei. Dass die im Ausgangsverfahren vertretenen Mandanten auch in anderen Verfahren vertreten worden seien, die eine im Wesentlichen gleiche Sach– und Rechtslage zum Gegenstand gehabt hätten, werde ebenso wenig in Abrede gestellt, wie der Umstand, dass dieser Sachverhalt zu Synergieeffekten geführt habe. Der Berücksichtigung sei jedoch bereits bei dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit berücksichtigt worden. Auf die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit hätten Synergieeffekte demgegenüber keine Auswirkungen. Denn die Schwierigkeit einer anwaltlichen Tätigkeit ergebe sich nicht daraus, wie schwierig die Bearbeitung für den konkret tätigen Anwalt sei, sondern wie schwierig die Bearbeitung objektiv sei. An der objektiven Schwierigkeit eines Rechtsfalls ändere sich nichts durch eine parallele Befassung des Rechtsanwalts mit gleichgelagerten Fällen. Davon gehe auch das Bundessozialgericht aus.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig–Holsteinischen Landessozialgericht verweist auf seine Stellungnahme und die Rechtsprechung des Kostensenats des Schleswig–Holsteinischen Landessozialgerichts.
II.
Der Senat entscheidet gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG durch den Einzelrichter.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine höhere als die in dem angefochtenen Beschluss festgesetzte Vergütung.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG – wie hier – nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens– und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1). Ist die Gebühr – wie hier bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe – von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm ein Beurteilungsspielraum zusteht. Setzt man die Kriterien des § 14 RVG ins Verhältnis zur Rahmengebühr, dann ist die Mittelgebühr, die vom Beschwerdeführer angesetzt wurde, immer dann angebracht, wenn der zeitliche Aufwand und die Schwierigkeit der Arbeit für den Rechtsanwalt einen durchschnittlichen Aufwand erfordert haben und die übrigen Kriterien des § 14 RVG entweder für sich oder zusammen dem Durchschnitt entsprechen. Das ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers allerdings nicht der Fall.
Das normale sozialgerichtliche Verfahren läuft so ab, dass die Berufung eingelegt und begründet wird. Daran schließt sich regelmäßig eine Erwiderung des Berufungsbeklagten an und es entwickelt sich häufig ein Schriftwechsel. Teilweise erfolgt auch eine Beweisaufnahme durch das Gericht. Bei der Bewertung der Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG ist es in diesem Zusammenhang von Bedeutung, worauf auch der Kostenprüfungsbeamte und das Sozialgericht hingewiesen haben, ob der Rechtsanwalt in weiteren Verfahren der gleichen Beteiligten zum gleichen Streitstoff identisch vorgetragen hat, was nunmehr auch der Beschwerdeführer selbst einräumt. Denn damit tritt ein Synergieeffekt ein, der sich gebührenmindernd auswirkt. In diesem Zusammenhang hat der Senat ausgeführt, dass maßgebend für den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als wesentlicher Bestimmungsfaktor der Gebühr der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon objektiv auch für die Sache verwenden musste, sei. Deshalb unterliegt es keinen Zweifeln, dass Parallelverfahren noch zudem mit – wie hier – den gleichen Beteiligten und im Wesentlichen gleichen Inhalt, Arbeitserleichterungen beinhaltet. Das ist bei der Bemessung der billigen Gebühr des Rechtsanwalts zu berücksichtigen. Dieser Synergieeffekt wirkt sich nach der Rechtsprechung des Senats (so auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 15. Juni 2016 – L 15 SF 92/14 E – m.w.N.) auch auf die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit aus, denn auch dieses Element der Gebührenbemessung wird maßgebend dadurch mit beeinflusst, ob eine Problematik sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht in anderen Verfahren erörtert wurde und so die Bearbeitung erleichtert (so ausdrücklich der Senat zuletzt in seinem Beschluss mit den gleichen Beteiligten wie hier vom 26. September 2017 – L 5 SF 7/16 E –). Der Senat sieht keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Zwar sind die Kriterien Umfang und Schwierigkeit im Rahmen des § 14 RVG nicht das Gleiche. Umfang ist der zeitliche Arbeitsaufwand, Schwierigkeit die Intensität der Arbeit (Mayer in Gerold/Schmidt, RVG–Kommentar § 14 Rz. 16). Die Intensität der Arbeit kann dabei durch eine Vielzahl von Kriterien beeinflusst werden. Das Sozialgericht führt solche in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen auf. Dazu gehören etwa auch die Aufklärung eines schwierigen Sachverhalts oder die Auseinandersetzung mit schwierigen Rechtsfragen, was wiederum durch die Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung bedingt wird. Auch bei diesen Kriterien wirkt es sich durchaus arbeitserleichternd für den Anwalt aus, wenn die notwendigen Arbeiten im Wesentlichen schon in anderen Verfahren geleistet wurden. Dann verringert sich neben dem Umfang auch die Intensität der Arbeit des Rechtsanwalts, da in den vergleichbaren oder sogar identischen Parallelverfahren schwierige Sach– und Rechtslagen bereits geklärt wurden. Das hat hier zur Folge, dass jedenfalls Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zusammen unterdurchschnittlich zu bewerten sind.
Der Senat hat erhebliche Bedenken, ob von einer überdurchschnittlichen Bedeutung des Rechtsstreits für die Kläger auszugehen ist. Zwar handelt es sich bei den Kosten für die Unterkunft um Leistungen nach dem SGB II. Dies führt jedoch nicht automatisch zu einer überdurchschnittlichen Bedeutung. Hier ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 26. September 2017 a.a.O.) bei Verfahren, die Leistungen nach dem SGB II zum Inhalt haben, nicht grundsätzlich von einer zumeist überdurchschnittlichen Bedeutung auszugehen. Denn in einer Vielzahl sozialgerichtlicher Verfahren geht es um Existenzsicherungsleistungen. So ist ein Großteil der Verfahren auf Lohnersatzleistungen wie Renten, Krankengeld oder Arbeitslosengeld gerichtet. Gerade solche Existenzsicherungsleistungen stellen den Regelfall sozialgerichtlicher Verfahren dar (siehe auch Beschluss des Senats vom 17. Januar 2014 – L 5 SF 8/13 E). Dabei handelt es sich sehr häufig bis regelmäßig um fortlaufende Leistungen. Abzustellen ist vielmehr auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Betroffenen. Dabei spielt gerade die Höhe des streitigen Betrages eine bedeutende Rolle. Streitig war hier ein Betrag von 72,00 EUR im Monat für einen Zeitraum von 6 Monaten, mithin insgesamt also ein Betrag von 432,00 EUR. Bei dieser Höhe kann weder absolut noch relativ jedenfalls von einer so überdurchschnittlichen Bedeutung für die Kläger ausgegangen werden, dass ihre unzweifelhaft unterdurchschnittliche Einkommens– und Vermögenssituation dadurch in dem Sinne ausgeglichen wird, dass zusammen genommen von einer durchschnittlichen Bewertung auszugehen ist. Liegen damit sowohl Umfang als auch Schwierigkeit auf der einen und Bedeutung sowie Einkommens– und Vermögenssituation auf der anderen Seite unterhalb des Durchschnitts, sieht auch der Senat die Festsetzung der Verfahrensgebühr auf 2/3 der Mittelgebühr als angemessen an.
Nichts Anderes gilt für die Terminsgebühr. Hier gelten grundsätzlich die gleichen Kriterien wie die zur Verfahrensgebühr. Hinsichtlich des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit ist als einem Kriterium die Dauer des Termins zu berücksichtigen. Hier ist die Rechtsprechung des beschließenden Senats vom Sozialgericht zutreffend angeführt worden. Hinsichtlich einer Dauer von 33 Minuten der mündlichen Verhandlung ist der Senat in seinem Beschluss vom 28. März 2017 (– L 5 SF 11/17 E –) von einer unterdurchschnittlichen Dauer ausgegangen. Die Festsetzung von 2/3 der Mittelgebühr ist daher ebenso wie bei der Verfahrensgebühr als angemessen anzusehen. Damit hat das Sozialgericht den Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren zutreffend auf 445,06 EUR festgesetzt.
Dieser Beschluss ist nach § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 RVG).
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