S 27 R 5121/10

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
27
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 27 R 5121/10
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 JVEG 739/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung für das Gutachten vom 12. März 2015 wird auf 1.598,17 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter.

Auf die nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für das Gutachten vom 12. März 2015 auf 1.598,17 Euro festgesetzt.

Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist der Senat weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle oder den Antrag der Beteiligten gebunden; er kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist.

Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie 4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war (Satz 2 Halbs. 1).

Die erforderliche Zeit ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 55/07; BGH; Beschluss vom 16. Dezember 2003 – X ZR 206/98, beide nach Juris; ThürLSG Beschlüsse vom 5. März 2012 - L 6 SF 1854/11 B und 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Hartmann in Kostengesetze, 43. Auflage 2013, § 8 JVEG Rdnr. 35). Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeiten der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007, Rdnr. 841). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind, wenn sich diese in einem gewissen Toleranzbereich bewegen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - L 1 JVEG 1189/16; ThürLSG, Beschluss vom 13. August 2013 - L 6 SF 266/13 E). Die Toleranzgrenze beträgt 15 v. H. Werden die üblichen Erfahrungswerte allerdings um mehr als 15 v.H. überschritten, ist eine Plausibilitätsprüfung anhand der Kostenrechnung und der Angaben des Sachverständigen durchzuführen (vgl. ThürLSG, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; BayLSG, Beschluss vom 18. Mai 2012 - L 15 SF 104/11, nach Juris).

Ausgehend hiervon hat der Erinnerungsführer einen Anspruch darauf, dass ein Zeitansatz von 15,5 Stunden im Rahmen der Abrechnung des erstatteten Gutachtens Berücksichtigung findet. Hinsichtlich der für die Gutachtenserstellung insgesamt erforderlichen Zeit hat der Erinnerungsführer keine Bedenken erhoben. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

Des Weiteren hat der Erinnerungsführer entsprechend seiner überarbeiteten Kostenrechnung vom 27. März 2015, die zusammen mit der Erinnerung vom 12. Juni 2015 am 15. Juni 2015 beim Senat eingingen, einen Anspruch auf Erstattung von Leistungen nach § 10 Abs. 1 JVEG in Verbindung mit der Anlage 2 in Höhe von 136,00 Euro. Eine Erstattung der besonderen Leistungen ist in § 10 JVEG geregelt. Erbringt nach dessen Abs. 1 ein Sachverständiger Leistungen, die in Anlage 2 bezeichnet sind, bemisst sich das Honorar nach dieser Anlage. Nach Nr. 302 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG kann der Erinnerungsführer für die Urinuntersuchung einen Betrag von 5,00 bis 60,00 Euro in Ansatz bringen. Der vom Erinnerungsführer angesetzte Betrag in Höhe von 7,00 Euro ist angesichts dessen nicht zu beanstanden. Für die ausführliche Blutuntersuchung nach Nr. 302 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG kann der Erinnerungsführer erneut (das Honorar beträgt je Organ oder Körperflüssigkeit) 5,00 - 60,00 Euro in Ansatz bringen. Der Gebührenrahmen für die Blutuntersuchung in Höhe von 60,00 Euro ist angesichts dessen nicht zu beanstanden. Für die Blutentnahme kann nach Nr. 307 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ein Betrag von 9,00 Euro angesetzt werden. Für das durchgeführte EKG und die Ergometrie können nach Nr. 305 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG 15,00 - 135,00 Euro berechnet werden. Der Erinnerungsführer hat insoweit einen Betrag in Höhe von 60,00 Euro angesetzt. Gegen diesen Betrag ist auch unter Berücksichtigung dessen, dass die mitangegebene Sonographie nicht unter die Ziffer 305 der Anlage 2 zu § 4 Abs. 1 JVEG fällt, nichts einzuwenden.

Eine Abrechnung nach § 10 Abs. 2 JVEG nach den Grundsätzen der GOÄ wie in der Kostenrechnung vom 27. März 2015 ursprünglich vorgenommen, scheidet hingegen aus. Die vom Erinnerungsführer insoweit geltend gemachten GOÄ-Nummern: Faktor Euro &61655; 652 Ergometrie 1,0 25,94 &61655; 3511 Urin-Teststreifen 1,0 2,91 &61655; 3531 Urinsediment 1,0 4,08 &61655; 410 Ultraschall: Leber 1,0 11,66 &61655; 420 Ultraschall: Nieren, Milz, Bauchspeicheldrüse 1,0 13,98 &61655; 250 Blutentnahme 1,0 2,33 &61655; 3501 BSG 1,0 3,50 &61655; 3550 Blutbild 1,0 3,50 &61655; 3551 Leukodifferenzierung 1,0 1,17 &61655; 3574 Elektroohorese 1,0 11,66 &61655; 3541H Höchstwert Leber-, Nierenwerte, Fette 1,0 27,98 (H1: GPT, GGT, AP, BIL, LIP, CRE, HSR, CHO,TG,GOT, HDL, PRO) &61655; 3557 Kalium 1,0 1,75 &61655; 3620 Eisen 1,0 2,33 &61655; 3560 Glucose 1,0 2,33 &61655; 4030 TSH 1,0 14,57 &61655; 3524 CRP 1,0 5,83 &61655; 3607 Quick 1,0 2,91 sind im Abschnitt O der Anlage zur GOÄ nicht enthalten. Die GOÄ findet nach der Rechtsprechung nur in den im JVEG ausdrücklich normierten Fällen Anwendung (ThürLSG, Beschluss vom 9. November 2015 - L 6 JVEG 570/15). Eine entsprechende oder analoge Anwendung kommt nicht in Betracht. Denn sie widerspricht dem Wortlaut ("soweit") und ihrem Charakter als eng auszulegende Sondervorschrift. Eine Erstattung aus Vertrauensschutzgründen angesichts der Ausführungen in dem übersandten Merkblatt über die Entschädigung von medizinischen Sachverständigen scheidet hier ebenfalls aus, da in dem im Jahre 2015 verwandten Merkblatt der Hinweis auf eine Abrechenbarkeit der Leistungen nach der GOÄ mit dem 1,0-fachen Gebührensatz nicht mehr enthalten war. Soweit der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2015 ein anders lautendes Merkblatt vorgelegt hat, bezieht sich dies auf den Stand Juni 2004. Es ist ausgeschlossen, dass ein solches Merkblatt im Jahre 2015 noch Verwendung gefunden hat.

Hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2015 vorgelegten Laborrechnungen weist der Senat darauf hin, dass Laborrechnungen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG grundsätzlich als notwendige besondere Kosten erstattungsfähig sein können. Nach dieser Vorschrift werden bestimmte für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens notwendige besondere Kosten gesondert ersetzt, u.a. die (notwendigen) Aufwendungen für eigene Hilfskräfte (soweit ihre Tätigkeit nicht von Anlage 2 oder Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ erfasst sind), die Aufwendungen für die bei der Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge sowie die Kosten für notwendige Fremduntersuchungen (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 09. November 2015 – L 6 JVEG 570/15 –, juris). Dies setzt jedoch die Vorlage einer Rechnung voraus, aus der sich nachvollziehen lässt, welcher Betrag dem Gutachten vom 12. März 2015 konkret zugerechnet werden kann. Die vorgelegte Rechnung der L. M. GmbH vom 15. Oktober 2015 genügt diesen Anforderungen nicht. Hieraus ist nicht erkennbar, welche Proben von welchen Patienten konkret untersucht worden sind. Eine Zuordnung zu der Klägerin des Verfahrens L 6 R 790/13 ist damit nicht möglich.

Zusätzlich zu erstatten sind die Schreibauslagen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG), die Kosten für Kopien (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 JVEG) und die Umsatzsteuer (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG). Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Danach errechnet sich die Vergütung wie folgt: 15,5 Stunden a 75,00 Euro = 1.162,50 Euro Nr. 305 Elektrophysiologische Untersuchung 60,00 Euro (EKG,Ergometrie)

Nr. 302 Urinuntersuchung 7,00 Euro Nr. 307 Blutentnahme 9,00 Euro Nr. 302 ausführliche Blutuntersuchung 60,00 Euro Schreibgebühren 25,50 Euro 38 Kopien a 0,50 Euro 19,00 Euro Gesamt 1343,00 Euro 19 % Umsatzsteuer 255,17 Euro Gesamt: 1.598,17 Euro.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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