Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Nordhausen (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
17
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 17 SF 355/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 287/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 9. Februar 2016 (S 17 SF 355/14 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren S 17 AS 5393/10 auf 610,57 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I. Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Nordhausen anhängig gewesene Verfahren (S 17 AS 5393/10) des vom Beschwerdeführer vertretenen Klägers.
Der Kläger machte mit der am 5. August 2010 beim SG erhobenen Klage die Verletzung des Rechts auf Gewährung von Akteneinsicht geltend, begehrte die teilweise Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 30. März 2010 (teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai bis 30. Juni 2009 wegen eines Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung und Erstattungsforderung in Höhe von 210,92 Euro) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2010 und die Abänderung der dortigen Kostenentscheidung dahingehend, dass die Beklagte seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen habe und die Hinzuziehung des Beschwerdeführers als notwendig erachtet werde. Zur Begründung der Klage führte der Beschwerdeführer aus, aus der Betriebskostenabrechnung 2008 errechne sich nur eine Überzahlung in Höhe von 171,71 Euro. Zudem seien die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen ebenfalls nicht richtig. Selbst wenn die Rückforderungssumme in Höhe von 210,92 Euro zutreffend wäre, so hätten im Monat des Zuflusses die gesamten Leistungen der Kosten der Unterkunft (KdU) einbehalten werden müssen, weitere Beträge dann im Folgemonat. Eine Aufteilung auf verschiedene Monate, wie von der Beklagten vorgenommen, sei nicht zulässig. Die Beklagte habe das Recht auf Akteneinsicht verletzt. Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2010 erfolgten weitere Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage und zur Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht, danach folgten noch zwei weitere kurze Schriftsätze. Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 bewilligte das SG dem Kläger ab dem 5. September 2010 PKH ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Im Erörterungstermin am 14. Februar 2013, der von 9:03 Uhr bis 10:10 Uhr dauerte, verhandelte das SG zwei weitere Rechtsstreitigkeiten des Klägers. Zudem erfolgten Ausführungen des Vorsitzenden zu weiteren anhängigen Verfahren des Klägers. Der fehlerhafte Warmwasserabzug führe zu einer Differenz zulasten des Klägers in Höhe von 0,60 Euro. Die Beteiligten des Rechtsstreits schlossen einen Vergleich dahingehend, dass die Erstattungsforderung auf 210,32 Euro reduziert wird, der Kläger in zwei weiteren Verfahren die Klage zurücknimmt, die Beklagte 10 v.H. der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens S 17 AS 5393/10 übernimmt und damit insgesamt drei Verfahren erledigt sind. Unter dem 5. April 2013 beantragte der Beschwerdeführer für diesen Rechtsstreit die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3104 VV-RVG 150,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006,1005 VV-RVG 250,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 12,30 Euro Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 8,75 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 611,05 Euro Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV-RVG 116,10 Euro Summe 727,15 Euro
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 11. September 2013 die dem Beschwerdeführer im Rahmen der PKH zustehende Vergütung auf 542,70 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 95,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 150,00 Euro, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 12,30 Euro, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 8,75 Euro Auslagen/Pauschale: 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008: 86,65 Euro) fest. Die Erledigungsgebühr sei in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Ein besonderes Bemühen des Beschwerdeführers auf Erledigung ohne gerichtliche Entscheidung sei hier nicht direkt erkennbar.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und vorgetragen, es sei vorliegend ein Vergleich geschlossen worden, der vier Punkte enthalte. Dies sei zunächst durchschnittlich. Er habe prüfen müssen, ob dem Kläger durch den Vergleichsschluss ein Nachteil entstehe. Gebührenerhöhend sei festzustellen, dass durch den Vergleichsschluss drei Verfahren ihre Erledigung gefunden hätten. Der Beschwerdegegner ist dem entgegen getreten.
Mit Beschluss vom 9. Februar 2016 hat das SG die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren auf 562,70 Euro (gemeint wohl: 542,70 Euro) festgesetzt und die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Die von der UdG festgesetzte Einigungsgebühr sei in der Höhe nicht zu beanstanden. Die Argumentation des Beschwerdeführers überzeuge nicht. Unter Berücksichtigung der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) normierten Kriterien sei der Ansatz der hälftigen Mittelgebühr durchaus ausreichend. Dass erhebliche Berechnungen oder schwierige Rechtsfragen für die Entscheidung zum Vergleichsschluss erforderlich gewesen wären, sei aus der Niederschrift nicht zu ersehen. Vielmehr habe der Vorsitzende offenbar dargelegt, dass der Leistungsanspruch von der Beklagten zutreffend berechnet wurde und lediglich eine Differenz von 0,60 Euro für den Warmwasserabzug bei der Erstattungsforderung berücksichtigt werden könnte. Dieser Betrag habe für den Kläger eine unterdurchschnittliche Bedeutung. In Anbetracht der Vorarbeit des Vorsitzenden seien auch Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit als leicht unterdurchschnittlich einzuschätzen. Allein die Tatsache, dass der Vergleich auch eine Regelung zur Klagerücknahme in zwei weiteren Verfahren betreffe, rechtfertige keine überdurchschnittliche Schwierigkeit. Die übrigen Gebühren seien antragsgemäß festgesetzt worden, Fehler seien hierbei nicht ersichtlich.
Gegen den am 17. Februar 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 19. Februar 2016 Beschwerde eingelegt und eine Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 727,15 Euro beantragt. Die Erledigungsgebühr sei mit 250,00 Euro anzusetzen, weil sich die Prüfung ob ein Vergleich geschlossen werde, inhaltlich auch auf die weiteren Verfahren bezogen habe. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 24. April 2016) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführers ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG). Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (ständige Rechtsprechung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts, vgl. u.a. Beschluss vom 15. März 2011 - L 6 SF 975/10 B) und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro.
Die Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet. Dem Beschwerdeführer steht eine Vergütung in Höhe von 610,57 Euro zu.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hat dem Kläger mit Beschluss vom 30. Januar 2013 PKH gewährt und er war kostenprivilegierter Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N.). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe der Mittelgebühr von 170,00 Euro und die Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 150,00 Euro wurden in beantragter Höhe festgesetzt und sind bereits daher zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden.
Dem Beschwerdeführer steht angesichts des im Erörterungstermin am 14. Februar 2013 geschlossenen Vergleichs eine Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 152,00 Euro (4/5 der Mittelgebühr) zu. Die vom Beschwerdeführer begehrte Vergütung in Höhe von 250,00 Euro übersteigt den Toleranzrahmen. Der Kläger hatte sich im Wesentlichen gegen die teilweise Aufhebung der bewilligten Leistungen in Höhe von 39,21 Euro und deren Rückforderung gewandt. Dies lässt sich der Klagebegründung mit Schriftsatz vom 4. August 2010 entnehmen. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewertet der Senat hier als leicht unter dem Durchschnitt. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2015 - L 6 SF 515/15 B, nach juris), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O.; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B, nach juris). Der Beschwerdeführer hat nach Klageerhebung drei weitere Schriftsätze gefertigt, von denen zwei allerdings sehr kurz waren. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Klagebegründung zur Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist. Die daraus resultierenden Synergieeffekte sind zu berücksichtigen. Die Dauer des Termins in dem Verfahren S 17 AS 5393/10, die mangels Anhalt in der Niederschrift auf 22 Minuten geschätzt wird (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 10. April 2014 - L 6 SF 193/14 B, nach juris) war ebenfalls leicht unterdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war - ausgehend vom Zeitpunkt der Klageerhebung - überdurchschnittlich, dies wird jedoch durch seine unterdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse kompensiert. Für eine Erhöhung der Gebühr aufgrund der in zwei weiteren Verfahren erfolgten Klagerücknahmen, die nach der Niederschrift den gleichen Leistungszeitraum betrafen und in den Vergleich aufgenommen wurden, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.
Zu vergüten sind weiter die Pauschale (Nr. 7002 VV-RVG), die Fahrtkosten, das Abwesenheitsgeld (Nr. 7003, 7005 VV-RVG) und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG). Sie sind zwischen den Beteiligten dem Grunde nach nicht streitig.
Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 150,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV-RVG 152,00 Euro Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 12,30 Euro Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 8,75 Euro Zwischensumme 513,08 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 97,49 Euro
Summe 610,57 Euro
Die Beschwerden sind gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I. Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Nordhausen anhängig gewesene Verfahren (S 17 AS 5393/10) des vom Beschwerdeführer vertretenen Klägers.
Der Kläger machte mit der am 5. August 2010 beim SG erhobenen Klage die Verletzung des Rechts auf Gewährung von Akteneinsicht geltend, begehrte die teilweise Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 30. März 2010 (teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai bis 30. Juni 2009 wegen eines Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung und Erstattungsforderung in Höhe von 210,92 Euro) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2010 und die Abänderung der dortigen Kostenentscheidung dahingehend, dass die Beklagte seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen habe und die Hinzuziehung des Beschwerdeführers als notwendig erachtet werde. Zur Begründung der Klage führte der Beschwerdeführer aus, aus der Betriebskostenabrechnung 2008 errechne sich nur eine Überzahlung in Höhe von 171,71 Euro. Zudem seien die von der Beklagten vorgenommenen Kürzungen ebenfalls nicht richtig. Selbst wenn die Rückforderungssumme in Höhe von 210,92 Euro zutreffend wäre, so hätten im Monat des Zuflusses die gesamten Leistungen der Kosten der Unterkunft (KdU) einbehalten werden müssen, weitere Beträge dann im Folgemonat. Eine Aufteilung auf verschiedene Monate, wie von der Beklagten vorgenommen, sei nicht zulässig. Die Beklagte habe das Recht auf Akteneinsicht verletzt. Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2010 erfolgten weitere Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage und zur Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht, danach folgten noch zwei weitere kurze Schriftsätze. Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 bewilligte das SG dem Kläger ab dem 5. September 2010 PKH ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Im Erörterungstermin am 14. Februar 2013, der von 9:03 Uhr bis 10:10 Uhr dauerte, verhandelte das SG zwei weitere Rechtsstreitigkeiten des Klägers. Zudem erfolgten Ausführungen des Vorsitzenden zu weiteren anhängigen Verfahren des Klägers. Der fehlerhafte Warmwasserabzug führe zu einer Differenz zulasten des Klägers in Höhe von 0,60 Euro. Die Beteiligten des Rechtsstreits schlossen einen Vergleich dahingehend, dass die Erstattungsforderung auf 210,32 Euro reduziert wird, der Kläger in zwei weiteren Verfahren die Klage zurücknimmt, die Beklagte 10 v.H. der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens S 17 AS 5393/10 übernimmt und damit insgesamt drei Verfahren erledigt sind. Unter dem 5. April 2013 beantragte der Beschwerdeführer für diesen Rechtsstreit die Festsetzung folgender Vergütung:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3104 VV-RVG 150,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1006,1005 VV-RVG 250,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 12,30 Euro Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 8,75 Euro Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 611,05 Euro Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV-RVG 116,10 Euro Summe 727,15 Euro
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 11. September 2013 die dem Beschwerdeführer im Rahmen der PKH zustehende Vergütung auf 542,70 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro, Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 95,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 150,00 Euro, Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 12,30 Euro, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 8,75 Euro Auslagen/Pauschale: 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008: 86,65 Euro) fest. Die Erledigungsgebühr sei in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Ein besonderes Bemühen des Beschwerdeführers auf Erledigung ohne gerichtliche Entscheidung sei hier nicht direkt erkennbar.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und vorgetragen, es sei vorliegend ein Vergleich geschlossen worden, der vier Punkte enthalte. Dies sei zunächst durchschnittlich. Er habe prüfen müssen, ob dem Kläger durch den Vergleichsschluss ein Nachteil entstehe. Gebührenerhöhend sei festzustellen, dass durch den Vergleichsschluss drei Verfahren ihre Erledigung gefunden hätten. Der Beschwerdegegner ist dem entgegen getreten.
Mit Beschluss vom 9. Februar 2016 hat das SG die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren auf 562,70 Euro (gemeint wohl: 542,70 Euro) festgesetzt und die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Die von der UdG festgesetzte Einigungsgebühr sei in der Höhe nicht zu beanstanden. Die Argumentation des Beschwerdeführers überzeuge nicht. Unter Berücksichtigung der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) normierten Kriterien sei der Ansatz der hälftigen Mittelgebühr durchaus ausreichend. Dass erhebliche Berechnungen oder schwierige Rechtsfragen für die Entscheidung zum Vergleichsschluss erforderlich gewesen wären, sei aus der Niederschrift nicht zu ersehen. Vielmehr habe der Vorsitzende offenbar dargelegt, dass der Leistungsanspruch von der Beklagten zutreffend berechnet wurde und lediglich eine Differenz von 0,60 Euro für den Warmwasserabzug bei der Erstattungsforderung berücksichtigt werden könnte. Dieser Betrag habe für den Kläger eine unterdurchschnittliche Bedeutung. In Anbetracht der Vorarbeit des Vorsitzenden seien auch Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit als leicht unterdurchschnittlich einzuschätzen. Allein die Tatsache, dass der Vergleich auch eine Regelung zur Klagerücknahme in zwei weiteren Verfahren betreffe, rechtfertige keine überdurchschnittliche Schwierigkeit. Die übrigen Gebühren seien antragsgemäß festgesetzt worden, Fehler seien hierbei nicht ersichtlich.
Gegen den am 17. Februar 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 19. Februar 2016 Beschwerde eingelegt und eine Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 727,15 Euro beantragt. Die Erledigungsgebühr sei mit 250,00 Euro anzusetzen, weil sich die Prüfung ob ein Vergleich geschlossen werde, inhaltlich auch auf die weiteren Verfahren bezogen habe. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 24. April 2016) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführers ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG). Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (ständige Rechtsprechung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts, vgl. u.a. Beschluss vom 15. März 2011 - L 6 SF 975/10 B) und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro.
Die Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet. Dem Beschwerdeführer steht eine Vergütung in Höhe von 610,57 Euro zu.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hat dem Kläger mit Beschluss vom 30. Januar 2013 PKH gewährt und er war kostenprivilegierter Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - Az.: B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N.). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss 14. Februar 2011 - Az.: L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe der Mittelgebühr von 170,00 Euro und die Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 150,00 Euro wurden in beantragter Höhe festgesetzt und sind bereits daher zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden.
Dem Beschwerdeführer steht angesichts des im Erörterungstermin am 14. Februar 2013 geschlossenen Vergleichs eine Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV-RVG in Höhe von 152,00 Euro (4/5 der Mittelgebühr) zu. Die vom Beschwerdeführer begehrte Vergütung in Höhe von 250,00 Euro übersteigt den Toleranzrahmen. Der Kläger hatte sich im Wesentlichen gegen die teilweise Aufhebung der bewilligten Leistungen in Höhe von 39,21 Euro und deren Rückforderung gewandt. Dies lässt sich der Klagebegründung mit Schriftsatz vom 4. August 2010 entnehmen. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewertet der Senat hier als leicht unter dem Durchschnitt. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2015 - L 6 SF 515/15 B, nach juris), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O.; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. März 2011 - L 6 SF 1418/10 B, nach juris). Der Beschwerdeführer hat nach Klageerhebung drei weitere Schriftsätze gefertigt, von denen zwei allerdings sehr kurz waren. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Klagebegründung zur Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist. Die daraus resultierenden Synergieeffekte sind zu berücksichtigen. Die Dauer des Termins in dem Verfahren S 17 AS 5393/10, die mangels Anhalt in der Niederschrift auf 22 Minuten geschätzt wird (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 10. April 2014 - L 6 SF 193/14 B, nach juris) war ebenfalls leicht unterdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war - ausgehend vom Zeitpunkt der Klageerhebung - überdurchschnittlich, dies wird jedoch durch seine unterdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse kompensiert. Für eine Erhöhung der Gebühr aufgrund der in zwei weiteren Verfahren erfolgten Klagerücknahmen, die nach der Niederschrift den gleichen Leistungszeitraum betrafen und in den Vergleich aufgenommen wurden, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.
Zu vergüten sind weiter die Pauschale (Nr. 7002 VV-RVG), die Fahrtkosten, das Abwesenheitsgeld (Nr. 7003, 7005 VV-RVG) und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV-RVG). Sie sind zwischen den Beteiligten dem Grunde nach nicht streitig.
Damit errechnet sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt: Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 150,00 Euro Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV-RVG 152,00 Euro Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV-RVG 12,30 Euro Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV-RVG 8,75 Euro Zwischensumme 513,08 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 97,49 Euro
Summe 610,57 Euro
Die Beschwerden sind gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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