L 9 KR 85/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 1225/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 85/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 7a Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. SGB IV ist nur anwendbar, wenn der Arbeitgeber eine natürliche Person ist.
2. Nur der kontoführende Rentenversicherungsträger kann durch einen Bescheid der Einzugsstelle nach § 28h SGB IV in eigenen Rechten verletzt werden.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2016 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Alleingesellschafter der Vater des Beigeladenen zu 1) ist.

Der vorliegende Rechtsstreit ist Teil eines umfangreichen Verfahrenskomplexes, in dem die klagende Deutsche Rentenversicherung Bund Bescheide dreier Krankenkassen (u.a. der hiesigen Beklagten) mit der Begründung angefochten hat, diese hätten in mindestens insgesamt 301 Fällen (davon die hiesige Beklagte in mindestens 195 Fällen) unter Missachtung einschlägiger Vorschriften und Rechtsprechung Mitglieder von der Sozialversicherungspflicht befreit. Allen in diesem Zusammenhang geführten Rechtsstreiten zwischen der Klägerin und der Beklagten liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Ausgangspunkt in 160 Fällen ist die Ende 2008 gegründete, in Stuttgart ansässige a AG, die über eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach § 34d Abs. 1 Gewerbeordnung verfügt – ausweislich des Rechtsdienstleistungsregisters (www.rechtsdienstleistungsregister.de) aber nicht über eine Befugnis nach dem Rechts¬dienstleistungsgesetz (RDG) – und zu deren Unternehmensgegenstand ausweislich des Handelsregisters unter anderem die "Beratung von Privat- und Geschäftskunden im Bereich Versicherung, die Tätigkeit als Versicherungsmakler" zählt. Diese AG bzw. ihre Vorstände T W, A R und W K hatten seit spätestens 2006 – damals noch für die ähnlich ausgerichtete und ebenfalls von ihnen geleitete f AG – ein Geschäftsmodell entwickelt, mit dem sie über vertraglich verbundene Versicherungsvermittler/-vertreter um kleine Familienunternehmen warben mit dem Ziel, für mit dem Firmeninhaber nahe verwandte Mitarbeiter zunächst eine "Befreiung" von der Sozialversicherungspflicht zu erreichen und sie anschließend für den Abschluss privater Versicherungsverträge zu gewinnen. Bei der umfangreichen und gezielten Suche nach "geeigneten" Krankenkassen stießen sie unter anderem auf die Beklagte und nahmen Kontakt mit verantwortlichen Krankenkassenmitarbeitern auf, im Falle der Beklagten mit dem Zeugen W, der bei der Beklagten seit ca. 2005 alleine für versicherungsrechtliche Beurteilungen zuständig ist. Im Einzelnen gestaltete sich das von der a AG gesteuerte Verfahren wie folgt:

Nachdem die a AG bzw. ihre Mitarbeiter Kunden für ihr Geschäftsmodell gewonnen hatten, kündigten die bisher versicherungspflichtig beschäftigten Angehörigen die Mitgliedschaft bei ihrer bisherigen Krankenkasse. Sodann beantragte die a AG für diese Angehörigen – unter Vorlage je einer Vollmacht für sie und ihren Aufsichtsratsvorsitzenden, Rechtsanwalt F – die Aufnahme als Mitglied bei der Beklagten. Zugleich baten sie in einem gesonderten, stets an den Zeugen W gerichteten Schreiben um eine – zeitlich in keiner Weise eingeschränkte – versicherungsrechtliche Beurteilung. In allen diesen, stets von der a Mitarbeiterin H unterzeichneten Anschreiben heißt es, dass der Angehörige nicht sozialversicherungspflichtig sei, weil er "absolut nicht weisungsgebunden" sei, die umfangreiche Tätigkeit "völlig frei" bestimme, für seinen Aufgabenbereich seit vielen Jahren eigenständig verantwortlich sei; der Angehörige sei "absolut gleichwertiger Partner im Betrieb und [setze] sich ganz und gar für das Wohl des Unternehmens ein".

Beigefügt war der von Angehörigen und Firmeninhaber unterzeichnete Vordruck "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV". Mit Ausnahme weniger individueller Daten wie Name, Verwandtschaftsverhältnis, erlernter Beruf und regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt, enthalten sämtliche über die a AG eingereichte Feststellungsbögen weitestgehend identische, stets von der Mitarbeiterin H vorgenommene Eintragungen. So findet sich z.B. als Ort der Tätigkeit stets die Eintragung "Betrieb, Kunde, Lieferant", bei der Frage nach einer Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit der handschriftliche Zusatz "wird von Fall zu Fall entschieden" und bei der Frage, ob das Arbeitsentgelt dem tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn/Gehalt entspreche, der handschriftliche Zusatz "Zum Wohl des Unternehmens wird auf ein hohes Gehalt verzichtet". Zu sämtlichen Feststellungsbögen existiert eine beigefügte Anlage, mit näheren Angaben zu einzelnen Fragen. Folgende Passagen finden sich in sämtlichen Anlagen:

"2.4. Tätigkeit [Namen des Angehörigen]übt die Tätigkeit tatsächlich aus, ist aber nicht wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert, sondern hat einen weitaus höheren Stand im Unternehmen. Seine [Ihre] Aufgaben sind weitaus umfassender und verantwortungsvoller als die einer fremden Arbeitskraft.

2.5. Mitarbeit [Namen des Angehörigen] ist im Unternehmen nicht ersetzbar. Des Weitern könnte man einer anderen Arbeitskraft nie diese Verantwortung übertragen.

2.8. Besondere Fachkenntnisse Auf Grund der Tatsache, dass [Namen des Angehörigen] seit [individuelles Datum] das Unternehmen begleitet, sind alle Entscheidungen von ihm [ihr] mit getroffen worden, d.h., die gesamte gravierende Umstrukturierung im Betrieb ist gemeinschaftlich [oder: gemeinsam mit ihm/ihr] getroffen und auch ausgeführt worden."

Fast immer findet sich darüber hinaus die Passage

"2.14 Bezüge [Namen des Angehörigen] nimmt im Durchschnitt 10 [oder 15] Tage im Jahr. Den Rest lässt er [oder: sie] sich zum Wohle des Unternehmens nicht ausbezahlen."

Die a AG legte hierbei Wert darauf, dass den Kunden nur die letzte Seite des Feststellungsbogens – zur Unterschriftsleistung – vorgelegt wurde und weder sie noch die Versicherungsvermittler Kenntnis vom sonstigen Inhalt des Feststellungsbogens erhielten.

Regelmäßig wenige Tage nach dem Eingang dieser Unterlagen teilte der Zeuge W den Angehörigen mit, dass sie ab dem beantragten Zeitpunkt Mitglied der Beklagten seien und "vorbehaltlich einer abschließenden versicherungsrechtlichen Beurteilung [ ...] nach den [ ...] vorliegenden Unterlagen und Informationen davon ausgegangen werden" könne, dass es sich bei ihrer Tätigkeit ab Beginn des zweiten Monats der Mitgliedschaft um eine sozialversicherungsfreie Tätigkeit handeln würde. Die abschließende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung – so das Schreiben weiter – erfolge in einem gesonderten Bescheid. Ohne dass sich eine entsprechende Anforderung in den Verwaltungsakten der Beklagten findet, wurde in der Folgezeit stets ein im Wesentlichen vom Zeugen W entworfener Arbeitsvertrag bei der Beklagten eingereicht. Sämtliche Arbeitsverträge weisen denselben Schrifttyp, dasselbe Druckbild und folgenden identischen Inhalt auf:

§ 1 Aufgabenbereich

[Namen des Angehörigen] übernimmt ab dem [Beginn des zweiten Monats der Mitgliedschaft] im Unternehmen die Zuständigkeit im kaufmännischen und praktischen Bereich, Kundenverkehr, usw. und stellt dem Unternehmen seine volle Arbeitskraft sowie sein [oder: ihr] ganzes Wissen und Können zur Verfügung. Aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme zwischen den Vertragsparteien und der Berücksichtigung des Betriebswohles werden [Namen des Angehörigen] ausdrücklich keine Weisungen zur Ausführung der Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Weise der Tätigkeit erteilt.

§ 2 Arbeitszeit

[Namen des Angehörigen] unterliegt keinen festen Arbeitszeiten und kann sich unter Berücksichtigung der Unternehmensbelange die Arbeitszeit selbst einteilen.

§ 3 Gehalt

(1) [Namen des Angehörigen] erhält als Gehalt einen monatlichen Betrag in Höhe von [individuell] Euro. Die Auszahlung des monatlichen Gehalts erfolgt zum Monatsende bargeldlos.

(2) Für etwaig geleistete Überstunden erfolgt im Hinblick auf die Unterstützung des Familienbetriebes keine gesonderte Vergütung; Überstunden gelten mit der unter Absatz (1) dieses Paragraphen vereinbarten Vergütung als abgegolten.

(3) Im Fall des Wegfalls der Arbeitsleistung in Folge von Krankheit besteht der Anspruch auf Weitergewährung der Gehaltszuzahlung.

§ 4 Sonderzuwendungen

Gratifikationen und sonstige Sonderzahlungen sind streng von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängig und sind daher als freiwillige und widerrufliche Leistungen des Unternehmens anzusehen.

§ 5 Urlaub

Die Anzahl der Urlaubstage werden anhand der wirtschaftlichen Unternehmenslage jährlich neu geregelt und nach Absprache durchgeführt.

§ 6 Vertragsdauer und Kündigung

Dieser Vertrag tritt mit Wirkung zum [Beginn des zweiten Monats der Mitgliedschaft] in Kraft und ist auf unbestimmte Dauer gültig.

§ 7 Vertragsänderungen

(1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dieses Erfordernis bezieht sich auch auf die Änderung/Aufhebung der Schriftformklausel.

(2) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, bleiben die übrigen Bestimmungen wirksam. Die Vertragsparteien verpflichten sich, in diesem Fall eine der unwirksamen Bestimmungen nahekommende Regelung zu treffen, die ihre beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt.

Jeweils wenige Tage nach Eingang der Arbeitsverträge erteilte die Beklagte durch den Zeugen Wden Angehörigen die hier angefochtenen Bescheide, in deren Begründung sie unter Verwendung identischer Textbausteine und ohne Bezug auf individuelle Umstände davon ausging, dass ab dem jeweils im Arbeitsvertrag genannten Zeitpunkt keine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege.

Alle Sachverhalte zeichnen sich darüber hinaus dadurch aus, dass - die Angehörigen ab dem Zeitpunkt der (vermeintlichen) Versicherungsfreiheit freiwillige Mitglieder der Beklagten wurden, - die anderen Sozialversicherungsträger weder vor Erlass des Bescheides beteiligt wurden noch ihnen der Bescheid bekanntgegeben wurde, - in den dem Senat übermittelten Arbeitgebermeldungen für den Zeitpunkt des Mitgliedschaftsbeginns bei der Beklagten der Abgabegrund "11 Anmeld. Kassenwechsel" angegeben wird und das Feld "Status-Kennzeichen" leer ist.

Außerdem schloss die a AG – die seit September 2017 aufgrund einer formwechselnden Umwandlung als B GmbH (unter der bisherigen Anschrift) firmiert – schon zum Zeitpunkt ihres nicht gesondert vergüteten Auftrags, eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht zu erwirken, mit den Angehörigen eine "Honorarvereinbarung" mit im wesentlichen folgenden Inhalt:

"Die nachfolgende Vereinbarung tritt in Kraft, wenn durch Vorlage einer schriftlichen Vorabinformation der Krankenkasse festgestellt wird, dass kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Dies vorab, schließen die Parteien folgende

Vereinbarung:

1. Der Auftraggeber beauftragt die a AG, ein Konzept zur privaten Vorsorge im Rahmen der bisherigen Beitragszahlung zu erarbeiten. Das Konzept beinhaltet folgende Leistungen der a AG:

• Erstellung eines Rentenversicherungsangebots auf Basis der bisherigen Arbeitgeber Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. • Erstellung eines Rentenversicherungsangebots auf Basis der bisherigen Arbeitnehmer Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. • Erstellung einer Steuerberatermappe mit Hinweisen zur Erfassung der Rentenversicherungsbeiträge in der Lohnabrechnung.

2. Die a AG erhält für die Erstellung des Konzepts gemäß Ziffer 1.) ein Honorar in Höhe von Euro 6.890.- zzgl. der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer. Der Rechnungsbetrag wird mit Übergabe des Konzepts zur Zahlung fällig.

Die a AG verzichtet auf das Honorar, wenn der Auftraggeber innerhalb von einem Monat berechnet ab Angebotsübergabe Folgendes erfüllt:

1. Das unter Ziffer 1.) genannte Rentenversicherungsangebot abschließt, dieses nicht widerruft oder innerhalb von 60 Monaten ab Vertragsschluss reduziert, beitragsfrei stellt oder kündigt. 2. Drei Empfehlungen (angestellte Familienmitglieder) ausspricht.

Der Auftraggeber nimmt den Verzicht an."

Nachdem der Klägerin im Rahmen von Betriebsprüfungen im Raum Baden-Württemberg, Schwaben und Rheinland-Pfalz aufgefallen war, dass in erheblicher Anzahl Familienangehörige von Arbeitgebern und mitarbeitende Gesellschafter-Geschäftsführer von Familien-GmbH nach einem Krankenkassenwechsel zur Beklagten von der gesetzlichen Sozialversicherung abgemeldet worden waren, veranlasste sie eine Einzugsstellen-Sonderprüfung bei der Beklagten und focht in der Folgezeit eine Vielzahl der ihr hierbei in der Regel erstmals bekannt gewordenen Bescheide der Beklagten an. Das für Klagen dieser Art bundesweit allein zuständige Sozialgericht Berlin hat über ca. 70 Klagen entschieden und die übrigen Verfahren zum Ruhen gebracht. Zahlreiche weitere Verfahren hat das Landessozialgericht (LSG) zum Ruhen gebracht. Unabhängig hiervon leitete die Staatsanwaltschaft Stuttgart aufgrund der Strafanzeige eines Kunden der a AG ein umfangreiches Ermittlungsverfahren ein. Dieses richtet sich nicht nur gegen zahlreiche leitende Mitarbeiter der a AG, wie z.B. die o.g. Vorstände und den Aufsichtsratsvorsitzenden (Rechtsanwalt F), sondern auch gegen verantwortliche Mitarbeiter der drei betroffenen Krankenkassen, unter anderem die beiden Vorstände der Beklagten und den Zeugen W. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens, das u.a. zu Durchsuchungen in den Geschäftsräumen der a AG, geführt hat, erstattete auch eine weitere der betroffenen Krankenkassen (mhplus Betriebskrankenkasse)Strafanzeige durch ihren Vorstand, dem eine Zusammenarbeit von ihm unterstellten Mitarbeitern mit der a AG offenkundig nicht bekannt war. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat dem Senat weite Teile ihrer Akten, insgesamt mehrere tausend Seiten, elektronisch zur Verfügung gestellt. Das Bundesversicherungsamt hat der von der Klägerin Mitte 2014 geäußerten Bitte, aufsichtsrechtliche Schritte gegen die Beklagte einzuleiten, bislang im Hinblick auf die laufenden Gerichtsverfahren nicht entsprochen.

Der Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits weist die Besonderheiten auf, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) im Verwaltungsverfahren weder von der a AG noch von Rechtsanwalt F vertreten wurden, sondern ausschließlich von Rentenberater D (der auch in einigen wenigen weiteren Verfahren Beschäftigte und Arbeitgeber gegenüber der Beklagten vertrat).

Für das vorgerichtliche Geschehen im vorliegenden Fall sind folgende Daten maßgeblich: Beginn der Tätigkeit d. Beigeladenen zu 1) bei d. Beigeladenen zu 2) 2004 Eingang des Antrags auf Kassenwechsel bei Beklagter 2. September 2013 Beginn der Mitgliedschaft d. Beigeladenen zu 1) bei der Beklagten 1. August 2013 Arbeitsvertrag vom 1. August 2013 Eingang des Geschäftsführervertrags bei der Beklagten 2. September 2013 Bescheid der Beklagten 3. September 2013 Zeitraum, ab dem Versicherungsfreiheit bestehen soll 1. August 2013 Kenntnis der Klägerin vom Bescheid der Beklagten 8. April 2015 Erhebung der Klage 5. Mai 2015

Am 5. Mai 2015 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2013 aufzuheben.

Mit Urteil vom 20. Januar 2016 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, weil die Beklagte für die Entscheidung vom 3. September 2013 nicht zuständig gewesen sei. Die Klagefrist sei gewahrt, weil die Klägerin innerhalb eines Monats seit der am 8. April 2015 erfolgten Kenntnis des Bescheids Klage erhoben habe. Die Beklagte hätte ein Statusfeststellungsverfahren bei der Klägerin einleiten müssen, weil der Beigeladene zu 1) der Sohn des Arbeitgebers sei.

Gegen dieses ihr am 18. Februar 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 23. Februar 2016.

Die Beklagte hält die Klage wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt unter Rücknahme des schriftlich angekündigten Hilfsantrags,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus: Auch als aktuell nicht kontoführende Rentenversicherungsträgerin sei sie klagebefugt. Aus der allgemeinen Entwicklung der gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen Krankenkassen als Einzugsstellen und den anderen Versicherungsträgern ergebe sich, dass die materiell-rechtlich fehlerhafte Statusentscheidung der Beklagten sie in ihren Rechten betreffe. Sie könne das Recht geltend machen, dass Entscheidungen der Einzugsstellen bei der allgemeinen Rentenversicherung nicht zu unangemessenen Ergebnissen führten. Es müsse berücksichtigt werden, dass es sich nicht um einen Einzelfall handele, weil ein Mitarbeiter der Beklagten in enger Zusammenarbeit mit einem Finanzdienstleister der allgemeinen Rentenversicherung Beitragszahler in erheblichem Umfang entzogen haben dürfte. Das LSG Baden-Württemberg habe entschieden, dass es keine Rolle spiele, in welcher Rechtsform das Unternehmen der Arbeitgeberin geführt werde.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich nicht.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hätte der Klage nicht stattgeben dürfen, weil der Bescheid der Beklagten vom 3. September 2013 die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt.

I. Die Klage bleibt ohne Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2009 rechtswidrig ist. Der Senat kann auch offenlassen, ob der Klägerin durch § 7a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 3 SGB IV ein subjektives Recht vermittelt wird, das sie zur Anfechtung von Bescheiden der Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV allein mit Verweis auf ihre Alleinzuständigkeit berechtigt. Denn hier liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht vor, sodass die Klägerin für die Statusprüfung nicht (allein)zuständig war (hierzu 1). In ihrer Funktion als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Klägerin hier nicht in eigenen Rechten verletzt (hierzu 2).

1. Im vorliegenden Fall ist der Beigeladene zu 1) Geschäftsführer, aber nicht Gesellschafter einer GmbH (Beigeladene zu 2). Diese Konstellation wird, auch wenn der Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 2) der Vater des Beigeladenen zu 1) ist, von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erfasst.

a. Nach § 7a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB IV (in der vom 1. September 2009 bis 4. April 2017 geltenden, hier anzuwendenden Fassung) gilt:

"Die Beteiligten können schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Absatz 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund."

b. Die GmbH ist eine juristische Person (des Privatrechts) und hat als solche selbständig Rechte und Pflichten (§ 13 Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -). Sie ist daher Arbeitgeber der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer ist. Denn Arbeitgeber ist stets derjenige, dem der Anspruch auf die vom Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der dem Beschäftigten dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist. Soweit rechtsfähige Vereinigungen und Institutionen Träger eigener Rechte und Pflichten sind, kommt regelmäßig diesen selbst auch im juristischen Sinne die Arbeitgebereigenschaft zu, und zwar auch dann, wenn Interessengleichheit zwischen der Vereinigung und den sie tragenden Personen besteht. Ähnliches gilt für Personenvereinigungen und Personengesellschaften des Privatrechts als solche im Verhältnis zu den einzelnen Personen, aus denen diese Vereinigungen gebildet werden (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 KR 10/09 R –, juris, m.w.N.). Ist ein Arbeitgeber in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft – d.h. gleich ob als GbR, offene Handelsgesellschaft (oHG), Kommanditgesellschaft (KG), Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder als Aktiengesellschaft – organisiert, ist § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV generell nicht anwendbar, weil eine Gesellschaft keinen Ehegatten, Lebenspartner oder Abkömmling haben kann.

c. Die abweichende Auffassung der Klägerin und des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 04. Dezember 2012 – L 11 R 44/11 –, juris) teilt der Senat nicht. Das LSG Baden-Württemberg hat zu der mit § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV korrelierenden Regelung des § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV – wonach der Arbeitgeber bei der Anmeldung auch anzugeben hat, ob zu ihm eine Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling besteht – angenommen, "Arbeitgeber" i.S.d. Vorschrift sei, wer die Arbeitgeberfunktionen personaler Art, insbesondere das Direktionsrecht, ausübt. Diese stünden nicht der juristischen Person als solcher, sondern dem Geschäftsführer zu. Demgegenüber steht der Senat auf dem Standpunkt, dass der Gesetzgeber (zumindest) für das gesamte SGB IV von einem einheitlichen Arbeitgeberbegriff ausgeht.

aa. Weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der im Zusammenhang zu lesenden § 7a Abs. 1 Satz 2 und § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV noch der Systematik des SGB IV lässt sich etwas anderes entnehmen.

(1) § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV wurde durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I 2954) mit Wirkung zum 1. Januar 2005, in der ersten Tatbestandsalternative zunächst bezogen auf "Angehörige", eingeführt. Der Gesetzgeber reagierte hiermit darauf die unbefriedigende Situation, dass in "der täglichen Praxis der Arbeitsverwaltung [ ] immer wieder der Fall vor[komme], dass Unternehmen (Arbeitgeber) für im Betrieb mitarbeitende Ehegatten oder sonstige enge Familienangehörige – ohne Prüfung des Status der Betroffenen – Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit abführen" und erst "bei Verlust der Erwerbstätigkeit der Betroffenen [ ] sich heraus[stelle], dass Ansprüche auf Arbeitslosengeld nicht bestehen, weil die Familienangehörigen keine abhängig Beschäftigten, sondern Mitinhaber des Familienbetriebes gewesen" seien. Das gleiche Problem trete bei Gesellschafter-Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf und sei auch darauf zurückzuführen, dass von der Möglichkeit, über § 336 Sozialgesetzbuch / Drittes Buch eine Bindung der Arbeitsverwaltung an Statusentscheidungen der Einzugsstelle (nach § 28h SGB IV) oder eines Rentenversicherungsträgers (nach § 28p Abs. 1 Satz 5 oder § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV) zu erlangen, nicht von allen Personen Gebrauch gemacht werde. Diese für die Betroffenen unbefriedigende Rechtslage lasse sich durch "die Erweiterung des Meldeverfahrens durch Ergänzung um besondere Kennziffern, nach der der Arbeitgeber einen mitarbeitenden Familienangehörigen oder das Rechtsverhältnis als Gesellschaftsgeschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung besonders auszuweisen hat", "die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte" sowie "die leistungsrechtliche Bindung der Bundesanstalt für Arbeit an den Verwaltungsakt der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beheben" (Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit u.a. zu dem Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drs. 15/1749, S. 35).

Als Folgeregelung wurde zugleich § 28a Abs. 3 Satz 1 SGB IV um die Nrn. 10 und 11 ergänzt, wonach die Meldungen für jeden Beschäftigten insbesondere "die Angabe, ob er zum Arbeitgeber in einer Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner, Verwandter oder Verschwägerter in gerader Linie bis zum zweiten Grad steht" und "die Angabe, ob er als geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig ist", enthielten. Mit Wirkung zum 30. März 2005 wurde diese Ergänzung gestrichen und – beschränkt auf Ehegatten und Lebenspartner, im Übrigen wortgleich – in § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) und e) SGB IV eingefügt (Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) vom 21. März 2005, BGBl. I 818), um "die Neuordnung des Feststellungsverfahrens für mitarbeitende Ehegatten und geschäftsführende Gesellschafter [ zu] präzisieren." Ziel war ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4228, S. 23), dass bei Anmeldung einer Beschäftigung sofort durch das Statusfeststellungsverfahren verbindlich festgestellt [werde], ob es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handelt oder nicht. Auf die Ausdehnung des Verfahrens auf weitere Angehörige [werde] mit Blick auf vermeidbaren Verwaltungsaufwand verzichtet, da Probleme in der Praxis in diesem Bereich nicht bekannt" seien.

Durch das Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I 3024) wurde § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV erneut geändert und – so die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/6540 S. 24) – "auf Wunsch aus der betrieblichen Praxis zur einfacheren Feststellung des Versichertenstatus mitarbeitender Familienangehöriger das Merkmal ,Abkömmling‘ in die Anmeldung aufgenommen." Die Regelung solle die vereinfachte Erfassung dieser Personengruppe insbesondere in kleineren handwerklichen Betrieben, in denen eine Mitunternehmereigenschaft häufiger gegeben sei, ermöglichen. In § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV hat das Zweite Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I 2933) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 diese Änderung als "redaktionelle Klarstellung des Begriffs ,Angehöriger‘" (BT-Drs. 16/10488 S. 15) mittels Ersetzung durch "Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling" nachvollzogen.

(2) Angesichts dieser wiederholten Änderungen hält es der Senat für ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber dem Begriff des Arbeitgebers in § 7a Abs. 1 Satz 2 und § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV eine andere Bedeutung beimessen wollte als in den sonstigen Regelungen. Obwohl der Gesetzgeber die Situation kleiner Handwerksbetriebe, die – allgemein bekannt – oftmals auch in Form einer GbR, oHG oder KG organisiert sind, durchaus vor Augen und in insgesamt vier Gesetzesvorhaben die Möglichkeit zu entsprechender Klarstellung hatte, beinhalten die o.g. Begründungen der einzelnen Gesetzesentwürfe keinerlei Hinweise auf einen divergierenden Gehalt des Arbeitgeber-Begriffs.

bb. Wegen der Überschreitung des Wortlauts der Norm läge in der von der Klägerin favorisierten Auslegung eine Gesetzesanalogie vor. Für eine insoweit erforderliche planwidrige Gesetzeslücke (vgl. BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 21/14 R –, und vom 17. Dezember 2014 – B 12 KR 23/12 R –; jeweils juris) fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten. Zwar weist das LSG Baden-Württemberg zutreffend darauf hin, dass in der Begründung für die Erstreckung von § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV auch auf Abkömmlinge die Belange kleiner Handwerksbetriebe Erwähnung finden. Allerdings ist zum einen weder der Regelungszweck hierauf beschränkt – der Gesetzgeber spricht die Situation "insbesondere" in kleineren Betrieben an – noch der Gesetzeswortlaut. Zum anderen bezieht sich die Berücksichtigung der Interessen kleinerer handwerklicher Betriebe nur auf die Personengruppe der Abkömmlinge, nicht aber auf Ehegatten und Lebenspartner.

cc. Die Gegenansicht überzeugt auch deshalb nicht, weil sie mit dem Abstellen auf die "Arbeitgeberfunktionen personaler Art" kaum einzugrenzende Weiterungen nach sich zöge. Konsequenterweise wäre bei jeder Kapitalgesellschaft, also auch einer Aktiengesellschaft, unabhängig von ihrer Größe, aber auch bei öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen, die "formal" als Arbeitgeber anzusehen wären, danach zu fragen, wer dort jeweils die "Arbeitgeberfunktionen personaler Art" ausübt, weil für deren im selben Unternehmen beschäftigten Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV durchgeführt werden müsste. Dies wäre im Rahmen einer Massenverwaltung nicht zu bewältigen, zumal den Meldedaten des Arbeitgebers nach geltendem Recht nicht zu entnehmen ist, wer diese "Arbeitgeberfunktionen personaler Art" ausübt. Schon bei einer aus zwei oder drei Personen bestehenden GbR müsste ggf. en detail geprüft werden, auf welche Gesellschafter/innen dies zutrifft, was der mit den Gesetzesänderungen bezweckten Verfahrensvereinfachung zuwider liefe. Die Zuständigkeit einer Behörde muss indes einfachen Regeln folgen und darf keine umfangreichen Ermittlungen zum Sachverhalt voraussetzen.

d. Auch die Voraussetzungen der zweiten Alternative von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind nicht erfüllt, weil der Beigeladene zu 1) zwar Geschäftsführer, nicht aber zugleich auch Gesellschafter der Beigeladenen zu 2) ist. Schon der Wortlaut lässt die von der Klägerin favorisierte Auslegung dieser Norm nicht zu. Sie hat auch in keiner Weise begründet, warum auf das Tatbestandsmerkmal der Gesellschafterstellung soll verzichtet werden können.

e. Zählt der Beigeladene zu 1) aber nicht zu den in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV abschließend aufgeführten Personengruppen, war die Beklagte zu einer Antragstellung bei der Klägerin nicht verpflichtet, sondern durfte gemäß § 28h SGB IV selbst über den Antrag auf Statusfeststellung entscheiden.

2. Soweit sich die Klägerin auf ihre Stellung als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung beruft, kommt eine Verletzung eigener Rechte unter keinem (vernünftigen) Gesichtspunkt in Betracht. Zwar hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R –, juris, m.w.N.) eine Verletzung eigener Rechte bei Klagen der Rentenversicherungsträger gegen Entscheidungen der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV bejaht. Im vorliegenden Fall ist aber nicht die Klägerin, sondern die Beigeladene zu 3) kontoführende Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Auffassung der Klägerin, dass es für die Verletzung eigener Rechte in der o.g. Konstellation nicht darauf ankomme, welcher Rentenversicherungsträger für den streitgegenständlichen Zeitraum das Rentenkonto der betroffenen Versicherten führe, finden sich in der Rechtsprechung des BSG keinerlei Anhaltspunkte. Eigene Rechte eines Rentenversicherungsträgers können vielmehr nur dann verletzt sein, wenn der Bescheid Regelungen zur Rentenversicherungspflicht trifft, die Ansprüche auf die Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen und Leistungspflichten begründen können (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R –, juris). Ansprüche auf Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen und eine Leistungspflicht gegenüber Versicherten bestehen jedoch nur beim jeweils kontoführenden Rentenversicherungsträger. Die Rechtsauffassung der Klägerin hätte i.Ü. zur Konsequenz, dass jeder der insgesamt 16 Rentenversicherungsträger Bescheide nach § 28h Abs. 2 SGB IV anfechten dürfte (und für die Entscheidung über entsprechende Klagen gegen einen Bescheid ggf. 16 unterschiedliche Sozialgerichte zuständig wären), obwohl eine Pflicht zur Bekanntgabe von Bescheiden nach § 28h Abs. 2 SGB IV nur gegenüber dem kontoführenden Rentenversicherungsträger besteht.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 3 sowie 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved