L 5 RS 615/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 22 RS 2231/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 615/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Arbeitsentgelt - zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion
Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten "langjährigen ununterbrochenen Tätigkeit und Pflichterfüllung" handelte.
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Juni 2015 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2011 verurteilt, den Feststellungsbescheid vom 17. September 2002 in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2011 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1976 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind: Für das Jahr: 1976 382,00 Mark 1977 391,00 Mark 1978 446,00 Mark 1979 932,00 Mark 1980 932,00 Mark 1981 992,00 Mark 1982 1.012,00 Mark 1983 1.012,00 Mark 1984 1.265,00 Mark 1985 1.302,92 Mark 1986 1.330,00 Mark 1987 1.330,00 Mark 1988 1.330,00 Mark 1989 1.596,00 Mark 1990 798,00 Mark

II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des gesamten Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1976 bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion festzustellen.

Dem 1949 geborenen Kläger wurde, nach einem Hochschulstudium in der Fachrichtung Elektroniktechnologie und Feingerätetechnik an der Technischen Universität Z ... in der Zeit von September 1969 bis September 1973, mit Urkunde vom 19. September 1973 der akademische Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen. Er war vom 1. Oktober 1973 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Technologe, systemverantwortlicher Technologe und Entwicklungsingenieur im volkseigenen Betrieb (VEB) Robotron Elektronik Y ... beschäftigt und während dieser Zeit in den Abteilungen Fertigungstechnologie Richtfunk sowie Technologie Industrieinstandsetzung tätig, bei denen es sich um Bereiche in Betrieben der speziellen Produktion (= Betriebsbereiche, deren Reproduktionsprozess durch die Produktion für die bewaffneten Organe bestimmt wurde) handelte. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Am 15. Juli 2002 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Nach Vorlage einer Entgeltbescheinigung der Orcom Systemhaus GmbH vom 16. November 2000 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2002 die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Oktober 1973 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.

Mit Überprüfungsantrag vom 14. September 2007 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Sonderzahlungen des Arbeitgebers, insbesondere von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion, bei den festgestellten Arbeitsentgelten. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. November 2008 ab und stellte fest, dass der Bescheid vom 17. September 2002 rechtswidrig sei, jedoch nicht zurückgenommen werden könne. Die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft läge nicht vor, da der VEB Robotron Elektronik Y ... am 30. Juni 1990 nur noch eine "leere Hülle" gewesen sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 15. Dezember 2008 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 2009 als unbegründet zurück. Dagegen erhob der Kläger am 20. Mai 2009 Klage zum Sozialgericht Dresden (Verfahren S 33 RS 980/09). Nach Ruhen und Wiederaufnahme des Verfahrens (Verfahren S 33 RS 260/11), erfolglosen Anfragen der Beklagten im Hinblick auf die Bescheinigung von zusätzlichen Entgelten des Klägers bei den Rechtsnachfolgern des Betriebes (Auskunft des Insolvenzverwalters vom 14. Oktober 2010 und Auskunft der Orcon Systemhaus GmbH vom 27. Oktober 2010) wurde dieses durch Vergleich beendet. Die Beklagte hob – in Ausführung des gerichtlichen Vergleichs – mit Bescheid vom 7. April 2011 den Bescheid vom 17. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2009 auf, erklärte die mit Bescheid vom 17. September 2002 festgestellten Zeiten und Entgelte für rechtmäßig, stellte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG fest und lehnte die Berücksichtigung höherer Entgelte wegen der begehrten Sonderzahlungen, insbesondere in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion, ab.

Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 17. August 2011 begehrte der Kläger abermals die Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und reichte arbeitsvertragliche Unterlagen ein, aus denen sich ergibt, dass er im VEB Robotron Elektronik Y ... seit 1. Oktober 1973 in Bereichen der speziellen Produktion arbeitete.

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2011 ab. Den hiergegen am 30. August 2011 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Der Anspruch des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne nicht erfolgen.

Die hiergegen am 22. November 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 18. Juni 2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger nicht in den Anwendungsbereich des AAÜG einbezogen sei, da er keine Versorgungsurkunde oder tatsächliche nachträgliche Einbeziehung erhalten habe. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hinsichtlich der Möglichkeit des Bestehens einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft sei nicht zu folgen. Höhere Arbeitsentgelte oder weitere Prämien seien daher von vornherein nicht zu berücksichtigen.

Gegen das am 25. Juni 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Juli 2015 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren nach Berücksichtigung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion für die Jahre 1976 bis 1990 (Zuflussjahre) im Rahmen der Glaubhaftmachung weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe die Rechtsprechung des BSG missachtet. Die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion seien dem Grunde nach glaubhaft gemacht worden. Die Höhe sei berechenbar.

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Juni 2015 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 24. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2011, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 17. September 2002 in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2011 abzuändern und zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion für die Zuflussjahre 1976 bis 1990 als glaubhaft gemachte zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich inhaltlich nicht geäußert.

Das Gericht hat schriftliche Auskünfte der Zeugen D ... vom 20. September 2017, C ... vom 8. Oktober 2017 und E ... vom 17. Oktober 2017 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen zum Kläger beigezogen.

Mit Schriftsätzen vom 3. Januar 2018 (Kläger) und vom 10. Januar 2018 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung des Klägers ist vollständig begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Unrecht abgewiesen hat. Der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher Arbeitsentgelte in Form von in den Jahren 1976 bis 1990 zugeflossenen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion im Rahmen der mit Bescheid vom 17. September 2002 bereits festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 24. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil mit dem Feststellungsbescheid vom 17. September 2002 in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2011 insoweit das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. Juni 2015 sowie der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 24. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2011 aufzuheben sowie der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 17. September 2002 in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere in den Jahren 1976 bis 1990 zugeflossene Entgelte wegen zu berücksichtigender glaubhaft gemachter zusätzlicher Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 17. September 2002 in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2001 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion hat sie jedoch zu Unrecht nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Die Norm definiert den Begriff des Arbeitsentgeltes zwar nicht selbst. Aus dem Wort "erzielt", folgt aber im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden, ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Dabei muss es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln, wobei unerheblich ist, ob das erzielte Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich nach dem bundesdeutschen Arbeitsentgeltbegriff nach § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - SGB IV - (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). Dabei ist ausschließlich die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 35; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei ist es – dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV entsprechend – ausreichend, wenn ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 - B 4 RA 19/03 R - SozR 4-8570 § 8 Nr. 1, RdNr. 18 = JURIS-Dokument, RdNr. 18), weil der Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich weit gefasst ist. Insofern stellen grundsätzlich alle direkten und indirekten Leistungen des Arbeitgebers eine Gegenleistung für die vom Beschäftigten zu erfüllende Arbeitspflicht dar und werden im Hinblick hierauf gewährt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn sich für die Einnahme eine andere Ursache nachweisen lässt. Leistungen, die aus einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden, sind keine Gegenleistungen für die Arbeitsleistung oder die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und daher kein Arbeitsentgelt. Dies gilt insbesondere für Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen (dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; ebenso: Knospe in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB IV, § 14, Rdnr. 27 [Stand: Mai 2013]).

Handelt es sich um Arbeitsentgelt, ist (in einem zweiten Schritt) weiter zu prüfen, ob die bundesrechtliche Qualifizierung als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV wegen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass "einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten". Auf der Grundlage dieser Ermächtigung ist die ArEV ergangen. Sie ist auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 übergeleitet worden (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 34). § 1 ArEV regelt, dass "einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV (Ausnahme für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung) nichts Abweichendes ergibt". Diese Regelung ist bei der Bestimmung des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu beachten (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16). Maßgeblich ist dabei ausschließlich die bundesrepublikanische Rechtslage des Steuerrechts im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 35 und RdNr. 39; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 6 = JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - JURIS-Dokument, RdNr. 16).

Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dar (vgl. dazu bereits ausführlich: Sächsisches LSG, Urteil vom 13. September 2016 - L 5 RS 738/12 - JURIS-Dokument, RdNr. 76-97 – insoweit rechtskräftig, da nicht von der Revision im Verfahren B 5 RS 11/16 R erfasst), da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten "langjährigen ununterbrochenen Tätigkeit und Pflichterfüllung" handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und nicht sozialversicherungspflichtig war. Die zusätzliche Belohnung für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion stellt daher eine Einnahme aus der Beschäftigung des Klägers in Betrieben mit spezieller Produktion dar.

1. Mit § 1 der "Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion" des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR vom 18. August 1975 (nachfolgend: Anordnung 1975) wurde die "Ordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion - Spezielle Betriebsordnung -" (nachfolgend: Ordnung 1975) für verbindlich erklärt. Sie trat nach § 3 der Anordnung 1975 am 1. Januar 1976 in Kraft. Nach § 1 der Ordnung 1975 waren Betriebe mit spezieller Produktion (als spezielle Betriebe bezeichnet) solche, deren Reproduktionsprozess durch Produktion und Leistungen für die bewaffneten Organe bestimmt wurde. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung 1975 wurde den Werktätigen in den speziellen Betrieben als materielle Anerkennung für langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung eine zusätzliche Belohnung gewährt. Diese zusätzliche Belohnung betrug - nach zwei Jahren: vier Prozent, - nach fünf Jahren: acht Prozent, - nach zehn Jahren: zehn Prozent und - nach 15 Jahren: zwölf Prozent des Bruttolohnes (§ 21 Abs. 1 Satz 2 der Ordnung 1975). Die zusätzliche Belohnung für Werktätige in den speziellen Betrieben, die eine Treueprämie für eine ununterbrochene Beschäftigungsdauer nach der "Fünften Durchführungsbestimmung zur Verordnung zur Entwicklung einer fortschrittlichen demokratischen Kultur des deutschen Volkes und zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Intelligenz - Zuschläge für ununterbrochene Beschäftigungsdauer -" vom 24. Januar 1956 (DDR-GBl. 1956 I, Nr. 18, S. 163) erhielten, betrug - nach zehn Jahren: zwei Prozent und - nach 15 Jahren: vier Prozent des Bruttolohnes (§ 21 Abs. 2 der Ordnung 1975). Die zusätzliche Belohnung war für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September des Jahres zum Jahrestag der DDR, dem 7. Oktober, und für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. März zum Tag der NVA, dem 1. März, nach den festgelegten Prozentsätzen und Bedingungen zu zahlen (§ 21 Abs. 4 der Ordnung 1975). Die zusätzliche Belohnung war steuerfrei, unterlag nicht der Beitragspflicht zur Sozialversicherung und gehörte nicht zum Durchschnittsverdienst (§ 21 Abs. 5 der Ordnung 1975).

Die Regelungen der Ordnung 1975 galten bis zum 31. Juli 1983.

Mit § 1 der "Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe mit spezieller Produktion" des Vorsitzenden des Ministerrates der DDR vom 22. Juni 1983 (nachfolgend: Anordnung 1983; registriert im Bundesarchiv unter der Signatur: DL 20/16566) wurde die "Ordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe mit spezieller Produktion - Spezielle Betriebeordnung -" (nachfolgend: Ordnung 1983) für verbindlich erklärt. Sie trat nach § 3 Abs. 1 der Anordnung 1983 am 1. August 1983 in Kraft; zugleich trat nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Anordnung 1983 die Anordnung 1975 außer Kraft. Nach § 2 der Ordnung 1983 waren Betriebe mit spezieller Produktion (nach § 1 der Ordnung 1983 als spezielle Betriebe bezeichnet) solche, deren Reproduktionsprozess durch spezielle Produktions- und Leistungsaufgaben zur ökonomischen Sicherstellung der Landesverteidigung und der inneren Sicherheit und Ordnung bestimmt wurde. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung 1983 wurde den Werktätigen in den speziellen Betrieben als materielle Anerkennung für langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung eine zusätzliche Belohnung gewährt. Diese zusätzliche Belohnung betrug - nach zwei Jahren: vier Prozent, - nach fünf Jahren: acht Prozent, - nach zehn Jahren: zehn Prozent und - nach 15 Jahren: zwölf Prozent des Jahresbruttolohnes, der zur Berechnung des Durchschnittslohnes zu Grunde gelegt wurde (§ 17 Abs. 1 Satz 2 der Ordnung 1983). Für Zeiten, unter anderem, der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Quarantäne war für die Berechnung der zusätzlichen Belohnung der nach den Rechtsvorschriften berechnete Durchschnittslohn zu Grunde zu legen (§ 17 Abs. 2 Buchstabe a) der Ordnung 1983). Die Berechnung der zusätzlichen Belohnung hatte vom Ersten des Monats an zu erfolgen in dem die Jahre der ununterbrochenen Beschäftigungsdauer erreicht wurden (§ 17 Abs. 5 der Ordnung 1983). Die zusätzliche Belohnung unterlag nicht der Lohnsteuer und der Beitragspflicht der Sozialversicherung und gehörte nicht zum Durchschnittsverdienst (§ 17 Abs. 6 der Ordnung 1983). Die zusätzliche Belohnung war für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli des Jahres anlässlich des Jahrestages der DDR, dem 7. Oktober, und für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Januar anlässlich des Tages der NVA, dem 1. März, nach den festgelegten Prozentsätzen und Bedingungen zu zahlen (§ 17 Abs. 8 der Ordnung 1983). Bestimmte Zeiten (wie der Wehrdienst in der NVA, in den Grenztruppen und bewaffneten Organen) wurden anwartschaftssteigernd auf die ununterbrochene Beschäftigungsdauer angerechnet (§ 17 Abs. 9 in Verbindung mit Anlage 5 der Ordnung 1983).

2. Ausgehend von diesen Regelungen kann festgehalten werden, dass die zusätzliche Belohnung für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dem Grunde nach unter den Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV fällt und daher dementsprechende Entgelte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG als Arbeitsentgelt festzustellen sind, sofern deren Zufluss nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird.

Zwar konnte der Kläger Bezugsdokumente bezüglich zusätzlicher Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion für die von ihm geltend gemachten Jahre nicht vorlegen. Und auch der ehemalige Beschäftigungsbetrieb bzw. der Rechtsnachfolger vermochte keine Zahlungsnachweise zu erbringen, wie aus den Schreiben des Insolvenzverwalters vom 14. Oktober 2010 und der Orcon Systemhaus GmbH vom 27. Oktober 2010 hervorgeht.

Nachweise über, an den Kläger gezahlte, zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]).

Den Bezug von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion für die streitgegenständlichen Zuflussjahre 1976 bis 1990 konnte der Kläger im vorliegenden konkreten Einzelfall allerdings glaubhaft machen.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht aber die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Der Bezug von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dem Grunde nach ergibt sich im vorliegenden Fall des Klägers aus den unterschiedlichsten Aspekten des konkreten Einzelfalles:

Mit als "Anlage 1" überschriebenem "Erfassungsbogen zur Realisierung der in der Vereinbarung zur Anwendung der ‚Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion‘ vom 17. Juni 1976 getroffenen Festlegungen" des VEB Robotron Elektronik Y ... vom 12. Juli 1978 (Bl. 89 der Verwaltungsakte sowie Bl. 127 und 151 der Gerichtsakte) wurde die Tätigkeit des Klägers als systemverantwortlicher Technologe im Betrieb als "Tätigkeit in der speziellen Produktion" des Betriebes dokumentiert. Es wurde niedergelegt, dass der "Beginn einer Tätigkeit in der speziellen Produktion (Anrechnungsdatum)" beim Kläger am 1. März 1975 erfolgte und sich diese Angaben "auf eine ununterbrochene Tätigkeit in der speziellen Produktion auf der Grundlage der ‚Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion‘ beziehen".

Mit als "Anlage 1 zum Arbeitsvertrag" überschriebenem "1. Nachtrag" zum "Erfassungsbogen zur Realisierung der in der Vereinbarung zur Anwendung der ‚Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion‘ vom 17. Juni 1976 getroffenen Festlegungen" des VEB Robotron Elektronik Y ... vom 12. Februar 1981 (Bl. 87 der Verwaltungsakte sowie Bl. 126 und 152 der Gerichtsakte) wurde die Tätigkeit des Klägers als systemverantwortlicher Technologe im Betrieb als "Tätigkeit in der speziellen Produktion" des Betriebes dokumentiert und die Anwartschaften auf die "zusätzliche Belohnung" neu geregelt. Es wurde abermals niedergelegt, dass - der "Beginn einer Tätigkeit in der speziellen Produktion (Anrechnungsdatum)" beim Kläger am 1. März 1975 erfolgte, - die Steigerungstermine in Höhe von acht Prozent am 1. Januar 1983, in Höhe von zehn Prozent am 1. Januar 1985 und in Höhe von zwölf Prozent am 1. Januar 1990 erreicht werden, und - sich diese Angaben "auf eine ununterbrochene Tätigkeit in der speziellen Produktion auf der Grundlage der ‚Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion‘ beziehen".

Mit dem als "Betreff: Stellungnahme zum Antrag des Kollegen C ... v. 14.7.1983" überschriebenem Dokument des VEB Robotron Elektronik Y ..., Abteilung Kader und Personalwesen, vom 29. Juli 1983 (Bl. 88 der Verwaltungsakte sowie Bl. 124 der Gerichtsakte) wurde vom Abteilungsleiter und vom Direktor des speziellen Werkes der Antrag auf Vorverlegung des Anrechnungszeitpunktes beim Kläger genehmigt. Mit der Begründung, dass der Kläger bereits seit 1. Oktober 1973 im Bereich der Fertigungstechnologie Richtfunk tätig war und es sich bei diesem Bereich um einen "an der speziellen Produktion beteiligten" Bereich handelte, wurde dem Antrag des Abteilungsleiters "zugestimmt, den Anrechnungszeitpunkt für den Kollegen A ..., [also für den Kläger] auf den 1.10.1973 festzulegen".

Dem korrespondierend bestätigte auch der mit gerichtlichem Schreiben vom 12. September 2017 (Bl. 101 der Gerichtsakte) schriftlich befragte Zeuge E ..., der der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers seit dem Jahr 1976 und bis in das Jahr 1990 in der Abteilung Technologie Industrieinstandsetzung im VEB Robotron Elektronik Y ... war, in seiner schriftlichen Erklärung vom 17. Oktober 2017 (Bl. 111-112 der Gerichtsakte), dass - der Kläger (mindestens) seit 1976 Angehöriger des Bereichs der speziellen Produktion im VEB Robotron Elektronik Y ... war, - der Kläger in verschiedenen Funktionen (Technologe, systemverantwortlicher Technologe und Entwicklungsingenieur) bis November 1990 im Bereich der speziellen Produktion gearbeitet hat, - der Kläger, so wie alle anderen Mitarbeiter im Bereich der speziellen Produktion, die zusätzlichen Belohnungen auf der Grundlage der "Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion" ausgezahlt erhalten hat, - für jeden Mitarbeiter des Bereichs der speziellen Produktion ein entsprechender "Erfassungsbogen" angelegt wurde, der Angaben über die Anrechnungszeiten und die vereinbarten Vergütungen enthalten hat, - die Auszahlung der zusätzlichen Belohnungen in allen Abteilungen des Bereichs der speziellen Produktion an zwei konkreten Terminen im Jahr (1. März und 7. Oktober) der Gestalt erfolgte, dass jeder Mitarbeiter ein Kuvert mit dem ihm auf den Anrechnungszeitraum zustehenden Betrag erhalten hat. Der Zeuge E ... legte zur Plausibilisierung seiner Angaben auszugsweise auch die "Vereinbarung zur Anwendung der ‚Anordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinate und Betriebe mit spezieller Produktion‘ im VEB Robotron Elektronik Y ... vom 17. Juni 1976" (Bl. 114-115 der Gerichtsakte) vor. In dieser Vereinbarung, die zwischen dem VEB Robotron Elektronik Y ..., vertreten durch den Betriebsdirektor, und der Betriebsgewerkschaftsleitung, vertreten durch den Vorsitzenden, geschlossen wurde, wurde festgelegt, dass - die Vereinbarung für die Werktätigen in den Struktureinheiten "Industrieinstandsetzung" und "Technologie Industrieinstandsetzung" galt, - die Werktätigen in einer Übersicht zu erfassen und ihnen persönliche Schreiben zu übergeben waren, - in diesen Schreiben der Termin festzulegen war, ab welchem für den Werktätigen die Anwartschaft auf Einbeziehung in die Maßnahmen der Anordnung gerechnet wurde, - die Werktätigen in den genannten Struktureinheiten zusätzliche Belohnungen für Werktätige in den Betrieben der speziellen Produktion als materielle Anerkennung für langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung erhielten, und zwar • nach zwei Jahren in Höhe von vier Prozent, • nach fünf Jahren in Höhe von acht Prozent, • nach zehn Jahren in Höhe von zehn Prozent und • nach 15 Jahren in Höhe von zwölf Prozent des Jahresbruttolohnes.

Im Übrigen ergibt sich aus den vom Kläger angeforderten und von ihm vorgelegten Unterlagen, dass er seine Arbeitsaufgaben im Betrieb der speziellen Produktion stets hervorragend erfüllte: So erhielt er für seine "10-jährige aktive Mitarbeit sowie die guten Leistungen im Betrieb" eine Urkunde am 1. September 1976 (Bl. 130 der Gerichtsakte) überreicht. Für seine "20-jährige aktive Mitarbeit sowie die guten Leistungen im Betrieb" erhielt er eine Urkunde am 1. September 1986 (Bl. 131 der Gerichtsakte) überreicht. In "Anerkennung vorbildlicher Leistungen in der Neuererbewegung" wurde er mit Urkunde vom 28. April 1988 (Bl. 136 der Gerichtsakte) "als hervorragender Neuerer des Kombinats mit der Medaille in Bronze ausgezeichnet". Mit Urkunde des Betriebes vom 1. Januar 1990 (Bl. 137 der Gerichtsakte) wurde ihm "in Anerkennung der Mitarbeit in der Neuererbewegung zur Erfüllung der Planaufgaben" der Titel "Bester Neuerer des Betriebes" verliehen.

Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers weiterhin durch die ihm vom VEB Robotron Elektronik Y ... mit Urkunden vom 20. April 1981 (Bl. 128 der Gerichtsakte) und vom 27. September 1985 (Bl. 129 der Gerichtsakte) verliehenen Auszeichnungen als "Aktivist der sozialistischen Arbeit". Mit diesen Auszeichnungen wurden jeweils unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels ‚Aktivist der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] waren). Darüber hinaus wurde er vom Betrieb auch als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" in den Jahren 1974, 1975, 1976, 1977, 1981, 1982, 1983 und 1984 wiederholt ausgezeichnet (vgl. die Urkunden auf Bl. 133-135 der Gerichtsakte sowie die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung auf Bl. 156 Rückseite der Gerichtsakte). Mit diesen Auszeichnungen wurden unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

Zusammenfassend wird dem Kläger damit insgesamt bescheinigt, dass er die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der "langjährigen ununterbrochenen Pflichterfüllung" im Sinne der §§ 21 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung 1975, 17 Abs. 1 Satz 1 der Ordnung 1983 aufdrängen.

Glaubhaft gemacht ist damit im vorliegenden Fall, dass der Kläger - als Technologe, systemverantwortlicher Technologe und Entwicklungsingenieur in den Abteilungen Fertigungstechnologie Richtfunk und Technologie Industrieinstandsetzung des VEB Robotron Elektronik Y ... in einem Betrieb der speziellen Produktion beschäftigt war, - ab 1. Oktober 1973 (sog. Anrechnungszeitpunkt) Anwartschaftsberechtigter auf die Gewährung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion war, - ab 1. Oktober 1975 eine mindestens zweijährige ununterbrochene Beschäftigungszeit in einem Betrieb der speziellen Produktion aufwies, - ab 1. Oktober 1978 eine mindestens fünfjährige ununterbrochene Beschäftigungszeit in einem Betrieb der speziellen Produktion aufwies, - ab 1. Oktober 1983 eine mindestens zehnjährige ununterbrochene Beschäftigungszeit in einem Betrieb der speziellen Produktion aufwies, - ab 1. Oktober 1988 eine mindestens 15-jährige ununterbrochene Beschäftigungszeit in einem Betrieb der speziellen Produktion aufwies, - in den (streitgegenständlichen) Jahren 1976 bis 1990 vom Geltungsbereich der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion erfasst war und - in den (streitgegenständlichen) Jahren 1976 bis 1990 eine langjährige ununterbrochene Tätigkeit und Pflichterfüllung aufwies.

Ausgehend von den, in den Arbeitsverträgen ausgewiesenen, maßgeblichen Bruttoverdiensten kann dieser Bruttogrundlohn als Berechnungsbasis dienen. Den vom Gericht angeforderten und vom Kläger vorgelegten Arbeits- und Änderungsverträgen lassen sich folgende Bruttogrundlöhne entnehmen: Datum Höhe Dokument ab 1. Oktober 1973 855,00 Mark Arbeitsvertrag vom 20. Februar 1973 (Bl. 148 der Gerichtsakte) ab 1. Mai 1975 955,00 Mark Änderungsvertrag vom 21. Mai 1975 (Bl. 125 der Gerichtsakte) ab 1. Juli 1977 1.045,00 Mark Änderungsvertrag vom 28. Juli 1977 (Bl. 125 der Gerichtsakte) ab 1. März 1978 1.165,00 Mark Änderungsvertrag vom 7. April 1978 (Bl. 124 der Gerichtsakte) ab 1. Januar 1981 1.265,00 Mark Änderung vom 18. Dezember 1980 (Bl. 123 der Gerichtsakte) ab 1. März 1985 1.330,00 Mark Änderungsvertrag vom 19. Juni 1985 (Bl. 122 der Gerichtsakte) ab 1. April 1990 1.380,00 Mark Änderungsvertrag vom 12. April 1990 (Bl. 122 der Gerichtsakte)

Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Kläger die Anwartschaft einer zusätzlichen Belohnung für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion erstmals am 1. Oktober 1975 (zweijährige ununterbrochene Tätigkeit) erfüllte und der erste, gesetzlich geregelte, Auszahlungstermin der 1. März (1976) für den Belohnungszeitraum von Oktober 1975 bis März 1976 war. Im Zuflussjahr 1990 kann zudem nur der Teilbetrag von sechs Monaten berücksichtigt werden, der zum Auszahlungstermin im März 1990 zur Auskehrung gelangte, weil der zweite Auszahlungstermin (Oktober 1990) nicht im zusatzversorgungsrelevanten Zeitraum liegt.

Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion für den Zeitraum vom 1. Oktober 1975 bis 31. März 1990, die jeweils in den Monaten März und Oktober der Jahre 1976 bis 1989 sowie im März 1990 zur Auszahlung gelangten, wie folgt zu berücksichtigen:

Anwartschafts-zeitraum Bruttomonats-verdienst Bruttojahres-verdienst Prozent-satz Betrag der Belohnung davon 5/6 Zufluss-jahr Okt. 75-Sept. 76 jeweils 955,- M 11.460,00 M 4 458,40 M 382,00 M 1976 Okt. 76-Sept. 77 9 x 955,- M + 3 x 1.045,- M 11.730,00 M 4 469,20 M 391,00 M 1977 Okt. 77-Sept. 78 5 x 1.045,- M + 7 x 1.165,- M 13.380,00 M 4 535,20 M 446,00 M 1978 Okt. 78-Sept. 79 jeweils 1.165,- M 13.980,00 M 8 1.118,40 M 932,00 M 1979 Okt. 79-Sept. 80 jeweils 1.165,- M 13.980,00 M 8 1.118,40 M 932,00 M 1980 Okt. 80-Sept. 81 3 x 1.165,- M + 9 x 1.265,- M 14.880,00 M 8 1.190,40 M 992,00 M 1981 Okt. 81-Sept. 82 jeweils 1.265,- M 15.180,00 M 8 1.214,40 M 1.012,00 M 1982 Okt. 82-Sept. 83 jeweils 1.265,- M 15.180,00 M 8 1.214,40 M 1.012,00 M 1983 Okt. 83-Sept. 84 jeweils 1.265,- M 15.180,00 M 10 1.518,00 M 1.265,00 M 1984 Okt. 84-Sept. 85 5 x 1.265,- M + 7 x 1.330,- M 15.635,00 M 10 1.563,50 M 1.302,92 M 1985 Okt. 85-Sept. 86 jeweils 1.330,- M 15.960,00 M 10 1.596,00 M 1.330,00 M 1986 Okt. 86-Sept. 87 jeweils 1.330,- M 15.960,00 M 10 1.596,00 M 1.330,00 M 1987 Okt. 87-Sept. 88 jeweils 1.330,- M 15.960,00 M 10 1.596,00 M 1.330,00 M 1988 Okt. 88-Sept. 89 jeweils 1.330,- M 15.960,00 M 12 1.915,20 M 1.596,00 M 1989 Okt. 89-März 90 6 x 1.330,- M 7.980,00 M 12 957,60 M 798,00 M 1990

3. Die zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV. Ein bundesrepublikanischer Tatbestand des Steuerrechts, der die Steuerfreiheit der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion regeln würde, liegt nicht vor. Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das vollständige Obsiegen des Klägers. Das Obsiegen des Klägers ist ausgehend von seinem Antrag vollständig, da er die Berücksichtigung der zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion zum einen lediglich in den ausgeurteilten Zuflussjahren 1976 bis 1990 und zum anderen lediglich in Höhe der ausgeurteilten Glaubhaftmachung zu fünf Sechsteln begehrt und beantragt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved