S 12 KA 4/17 WA

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 4/17 WA
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Quotierung nephrologischer Leistungen als sog. freie Leistungen („Ausgleichsindex 100“ nach dem Honorarverteilungsvertrag der KV Hessen im Quartal IV/10) ist nicht zu beanstanden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten in diesem Verfahren um die Höhe des Honorars und des Regelleistungsvolumens und des qualifikationsbezogenen Zusatzvolumens für das Quartal IV/10 und hierbei insb. um die Frage, ob die Leistungen für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten quotiert vergütet werden dürfen.

Der Kläger ist als Internist mit Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt seit 01.01.2007 zugelassen. Im Zeitraum 01.01. bis 31.12.2010 war Herr C., Internist mit Schwerpunkt Nephrologie, als angestellter Arzt tätig.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 31.08.2010 das Regelleistungsvolumen des Klägers - qualifikationsgebundene Zusatzvolumina wurden nicht zugeordnet - für das streitbefangene Quartal IV/10 auf insgesamt 10.437,51 EUR und im Einzelnen wie folgt fest:

Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann (vorhanden unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de).

Hiergegen legte der Kläger unter Datum vom 07.09.2010 Widerspruch ein.

In den Quartalen III und IV/10 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers durch Honorarbescheid wie folgt fest:

Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann (vorhanden unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de).

Hiergegen legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Er trug für das Quartal III/10 vor, er habe einen Versorgungssauftrag für 100 Dialyse-Patienten. Die Einbeziehung der Betreuungsleistungen nach Nr. 13600 und 13611 könne er nicht akzeptieren. Auch der auf etwa 74 EUR erhöhte RLV-Fallwert sei bei vergleichsweise kleiner Fallzahl nicht annähernd ausreichend, um die mit etwa 14,70 EUR bewertete Hauptleistung Nr. 13610 in der unstrittig notwendigen Frequenz angemessen zu honorieren. Nahezu 63 % seiner RLV-/QZV-Leistungen würden nicht voll vergütet werden. Für das Quartal IV/10 trug er vor, er könne nicht akzeptieren, dass die Dialyseleistungen als freie Leistungen nur mit einer Quote von etwa 68 % honoriert würden.

Mit Widerspruchbescheid vom 02.11.2011 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die gesetzlichen Vorgaben und Regelungen im Honorarverteilungsvertrag und erläuterte die Berechnung des Regelleistungsvolumens. Eine Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen komme nicht in Betracht, da die Leistungen des Kapitels 13.3.6 EBM keine besondere Spezialisierung darstellten, sondern sog. Kernleistungen der Fachgruppe der Nephrologen darstellten. Auch würden die Leistungen nicht signifikant höher angesetzt werden, so dass ein besonderes Leistungsspektrum innerhalb der Fachgruppe der Nephrologen nicht erkennbar sei. Eine besondere Patientenstruktur, die auf einen besonderen Versorgungsauftrag hindeute, sei ebf. nicht ersichtlich. Ferner erläuterte sie u. a. die Vergütung der freien Leistungen im Quartal IV/10 nach dem Ausgleichsindex 100.

Hiergegen hat der Kläger am 23.04.2012 zum Az.: S 12 KA 187/12 die Klage erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 25.04.2012 das Verfahren bzgl. des Quartals IV/10 unter dem Az.: S 12 KA 202/12 abgetrennt. Die Kammer hat mit Beschluss vom 06.08.2012 für beide Verfahren das Ruhen angeordnet und die Verfahren am 03.01.2017 von Amts wegen unter den Az.: S 12 KA 3/17 WA (Quartal III/10) und Az.: S 12 KA 4/17 WA (Quartal IV/10) wieder aufgerufen.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, bis zum Quartal II/10 hätten die Dialyseleistungen nicht dem Regelleistungsvolumen unterlegen, da diese aufgrund der vorausgesetzten Indikation einer übergeordneten Mengensteuerung nicht bedürften. Ab dem Quartal IV/10 unterlägen die Dialyseleistungen wieder nicht dem Regelleistungsvolumen, seien aber mit einer Quote von lediglich 68,697 % brutto bzw. 65,262 % netto vergütet worden. Auch wenn die Quotierung der Vorwegleistung durch höchstrichterliche Rechtsprechung als rechtmäßig erachtet worden sei, so sei eine Vergütung zu diesen Auszahlungsquoten nicht zumutbar. Es werde auf den Schwerpunkt einer einzelnen Fachgruppe keine Rücksicht genommen. Eine kostendeckende Erbringung der Leistungen sei bei dieser Quotierung nicht möglich. Im Fall des LSG Hessen habe die Auszahlungsquote noch bei 82,781 % und 90,796 % gelegen. Nicht nachvollziehbar sei auch das Absinken der Quote, die noch im Vorjahresquartal 80,748 % betragen habe.

Der Kläger beantragt,
den Zuweisungsbescheid zum Regelleistungsvolumen und den qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina für das Quartal IV/10 sowie den Honorarbescheid für das Quartal IV/10, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und bzgl. der Quotierung im Quartal IV/10 auf BSG v. 30.11.2016 - B 6 KA 4/16 R hin. Das BSG habe die Quotierung bzgl. der Laborleistungen für rechtmäßig erachtet. LSG Hessen v. 28.09.2016 - L 4 KA 37/13 - habe die Quotierung nephrologischer Leistungen ebf. für rechtmäßig erachtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten mit Verfügung vom 27.08.2017 angehört, die der Beklagen am 02.08. und dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 03.08.2017 zugegangen ist. Ein Einverständnis der Beteiligten wird vom Gesetz nicht verlangt.

Die Klagen sind zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Zuweisungsbescheid zum Regelleistungsvolumen und den qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina für das Quartal IV/10 sowie den Honorarbescheid für das Quartal IV/10, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2012 sind rechtmäßig und waren nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durch die Beklagte. Die Klage war abzuweisen.

Nach § 87a SGB V in der durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) v. 26.03.2007 (BGBl. I 2007, S. 378) eingeführten und bis 31.12.2011 geltenden Fassung gelten abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ab 1. Januar 2009 die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen; dies gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen (§ 87a Abs. 1 SGB V). Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage der Orientierungswerte gemäß § 87 Abs. 2e Satz 1 Nr. 1 bis 3 jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres Punktwerte, die zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden sind (§ 87a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf oder einen Abschlag von den Orientierungswerten gemäß § 87 Abs. 2e Satz 1 Nr. 1 bis 3 vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen (§ 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V). Dabei sind zwingend die Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 2f anzuwenden (§ 87a Abs. 2 Satz 4 SGB V). Der Zuschlag oder der Abschlag darf nicht nach Arztgruppen und nach Kassenarten differenziert werden und ist einheitlich auf alle Orientierungswerte gemäß § 87 Abs. 2e Satz 1 Nr. 1 bis 3 anzuwenden (§ 87a Abs. 2 Satz 5 SGB V). Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus den vereinbarten Punktwerten und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Abs. 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Europreisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen; in der Gebührenordnung sind dabei sowohl die Preise für den Regelfall als auch die Preise bei Vorliegen von Unter- und Überversorgung auszuweisen (§ 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V).

Abweichend von § 85 werden die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet (§ 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V).

Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (§ 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (§ 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt wird, ist insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (§ 87b Abs. 2 Satz 4 SGB V). Antragspflichtige psychotherapeutische Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für Psychosomatik und Psychotherapie sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte sind außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergüten (§ 87b Abs. 2 Satz 6 SGB V). Weitere vertragsärztliche Leistungen können außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist (§ 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V).

Die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 sind morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (§ 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 sind darüber hinaus insbesondere 1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen, 2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a, 3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen, 4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte zu berücksichtigen (§ 87b Abs. 3 Satz 2 SGB V). Soweit dazu Veranlassung besteht, sind auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (§ 87b Abs. 3 Satz 3 SGB V). Zudem können auf der Grundlage der Zeitwerte nach § 87 Abs. 2 Satz 1 Kapazitätsgrenzen je Arbeitstag für das bei gesicherter Qualität zu erbringende Leistungsvolumen des Arztes oder der Arztpraxis festgelegt werden (§ 87b Abs. 3 Satz 4 SGB V). Anteile der Vergütungssumme nach Satz 2 Nr. 1 können für die Bildung von Rückstellungen zur Berücksichtigung einer Zunahme von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, für Sicherstellungsaufgaben und zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten verwendet werden (§ 87b Abs. 3 Satz 5 SGB V). Die Morbidität nach Satz 1 ist mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (§ 87b Abs. 3 Satz 6 SGB V). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gilt der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen sind, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden ist (§ 87b Abs. 3 Satz 7 SGB V). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 sind zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 bleiben unberührt (§ 87b Abs. 3 Satz 8 SGB V).

Der Bewertungsausschuss bestimmt erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (§ 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V). Er bestimmt darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (§ 87b Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (§ 87b Abs. 4 Satz 3 SGB V).

Die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (§ 87b Abs. 5 Satz 1 SGB V). § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (§ 87b Abs. 5 Satz 2 SGB V). Die nach § 85 Abs. 4 der Kassenärztlichen Vereinigung zugewiesenen Befugnisse, insbesondere zur Bestimmung von Abrechnungsfristen und -belegen sowie zur Verwendung von Vergütungsanteilen für Verwaltungsaufwand, bleiben unberührt (§ 87b Abs. 5 Satz 3 SGB V). Kann ein Regelleistungsvolumen nicht rechtzeitig vor Beginn des Geltungszeitraums zugewiesen werden, gilt das bisherige dem Arzt oder der Arztpraxis zugewiesene Regelleistungsvolumen vorläufig fort (§ 87b Abs. 5 Satz 4 SGB V). Zahlungsansprüche aus einem zu einem späteren Zeitpunkt zugewiesenen höheren Regelleistungsvolumen sind rückwirkend zu erfüllen (§ 87b Abs. 5 Satz 5 SGB V).

Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Diesen Beschluss hat er bzw. der Bewertungsausschuss in der Folgezeit mehrfach abgeändert und ergänzt. Für das Quartal III/10 hat er in seiner 218. Sitzung am 26.03.2010 mit Wirkung zum 01.07.2010 Teil F neu gefasst (im Folgenden: B218F) und Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-) Schwerpunkt Nephrologie in die Vergütung nach Regelleistungsvolumina einbezogen. Nach Nr. 2.3 B218F können die Partner der Gesamtverträge gemäß § 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V vereinbaren, dass besonders förderungswürdige Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumen und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen vergütet werden.

Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und der Vorgaben des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 21.12.2009 für die Zeit ab 01.01.2010 geschlossen (veröffentlicht in info.doc Nr. 1, März 2010, Bekanntmachungen, S. 26 ff.), den sie mit der Ergänzungsvereinbarung zum Honorarvertrag 2010 vom 10.05.2010, der 1. Nachtragsvereinbarung zum Honorarvertrag 2010 vom 25.06.2010 und der 2. Nachtragsvereinbarung zum Honorarvertrag 2010 vom 13.09.2010 ergänzt bzw. geändert haben (im Folgenden: HVV 2010). Danach hat die Beklagte mit ihren Vertragspartnern von der Möglichkeit einer weiteren Untergliederung der Arztgruppe der Nephrologen keinen Gebrauch gemacht. Mit der 2. Nachtragsvereinbarung wurde nach Abschnitt II Ziffer 5 folgende Ziffer 6 eingefügt (die bisherige Ziffer 6 wird dadurch zu Ziffer 7): "6. Abweichend vom Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 werden die aus der Anlage 6 ersichtlichen Leistungen in der jeweiligen Arztgruppe entweder als sog. "freie Leistungen" oder als QZV vergütet. Für die Honorierung dieser freien Leistungen steht der für das Parallelquartal des Jahres 2008 ermittelte prozentuale Anteil am Leistungsbedarf der jeweiligen Fachgruppe – getrennt nach den jeweiligen Leistungen (z. B. Akupunktur und der Richtlinien-Psychotherapie) – multipliziert mit dem für die jeweilige Fachgruppe in Summe zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsanteil der QZV’s zur Verfügung. Sofern dieses Honorarvolumen im Abrechnungsquartal überschritten wird, erfolgt eine für den jeweiligen Versorgungsbereich einheitliche Quotierung der Vergütung nach der Euro-Gebührenordnung dieser Leistungsbereiche. Unvorhergesehene Inanspruchnahmen, dringende Besuche- und Laborgrundpauschalen werden grundsätzlich im Rahmen des RLV vergütet. Leistungen innerhalb einer Fachgruppe mit weniger als 1.000,- EUR Gesamtumsatz im Quartal III/2010 werden abweichend davon im Rahmen des RLV vergütet, ein QZV wird insoweit nicht gebildet." Nach der Anlage 6 werden für Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs )Schwerpunkt Nephrologie Dialyseleistungen nach Nr. 13600, 13601, 13602, 13610, 13611, 13612, 13620,13621 und 13622 EBM als sog. freie Leistungen und damit außerhalb des Regelleistungsvolumens vergütet.

Zur Stabilisierung im Bereich der Regelleistungsvolumina hat die Beklagte bereits ab dem Quartal III/09 eine Quotierung der sog. freien Leistungen eingeführt, die sie in Abschnitt II Ziff. 6 für das Quartal I/10 - unter Anpassung des Punktwerts (0.035048 EUR) zur Ermittlung des Leistungsbedarfs und mit dem Aufsatzquartal I/08 - fortgeführt hat. Mit Ziff. 5 der 1. Nachtragsvereinbarung zum HVV 2010 wurde diese Regelung entsprechend fortgeführt; nach Ziff. 6 wurden allerdings die Stützungsmodalitäten detaillierter gefasst (vgl. SG Marburg, Urt. v. 18.04.2012 - S 12 KA 780/10, S 12 KA 781/10 und S 12 KA 158/11 - juris Rdnr. 67). Diese sind vom Bundessozialgericht nicht beanstandet worden. Danach war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Steuerungsmaßnahmen hinsichtlich der Leistungen, die außerhalb von Regelleistungsvolumina, aber innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet wurden (Vorwegleistungen) zu ergreifen. Dazu durfte für diese Leistungen ein Honorarkontingent gebildet und eine Quotierung eingeführt werden. Die Bildung gesonderter Kontingente, insbesondere für überweisungsgebundene Leistungen, war nicht zwingend erforderlich. Für die ersten beiden Quartale war die Honorarverteilung insofern unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt (vgl. BSG, Urt. v. 30.11.2016 - B 6 KA 4/16 R - SozR 4 (vorgesehen), juris Rdnr. 15 ff.).

Mit der 2. Nachtragsvereinbarung zum HVV 2010 erfolgte zum Quartal IV/10 die Quotierung nach der bereits erwähnten und neu eingefügten Ziff. II.6 ("Anpassungsindex 100"), die ebf. für einzelne Leistungsbereiche, im Fall der Arztgruppe des Klägers für die genannten nephrologischen Leistungen, ein Honorarkontingent zuweist. Dies ist gleichfalls nicht zu beanstanden.

Soweit nephrologische Leistungen quotiert werden, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist davon auszugehen, dass grundsätzlich kein Leistungsbereich von entsprechenden Steuerungsmaßnahmen ausgenommen werden muss (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 42/15 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 33, juris Rdnr. 23). Eine Quotierung der Vorwegleistungen ist deshalb in ihrer Höhe nicht zu beanstanden, solange dies nicht zu einer ungerechtfertigten Privilegierung der RLV-Leistungen und zu einer Gefährdung der Versorgung mit freien Leistungen führt (vgl. BSG, Urt. v. 30.11.2016 - B 6 KA 4/16 R - SozR 4 (vorgesehen), juris Rdnr. 25). Führt die Quotierung zu einem nicht vorhersehbaren gravierenden Verfall des Honorars und bedingt sie - im Zusammenspiel mit einem hohen Kostenanteil der erbrachten Leistungen - existentielle wirtschaftliche Schwierigkeiten, kann eine individuelle Härteregelung erforderlich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.08.2016 - B 6 KA 42/15 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 33, juris Rdnr. 27). Die strittige Regelung ist ferner auch für Nephrologen unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann es im Fall komplexer Sachverhalte vertretbar sein, dem Normgeber zunächst eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen einzuräumen und ihm in diesem Anfangsstadium zu gestatten, sich mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen zu begnügen, die unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität gerechtfertigt werden können (vgl. BSG, Urt. v. 13.11.1996 - 6 RKa 15/96 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 16, juris Rdnr. 23 m.w.N.). Es bestehen erweiterte Ermittlungs-, Erprobungs- und Umsetzungsspielräume, die bewirken, dass für einen Übergangszeitraum auch an sich rechtlich problematische Regelungen hingenommen werden müssen; gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen sind in derartigen Fällen vorübergehend unbedenklich, weil sich häufig bei Erlass der Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen (vgl. BSG, Urt. v. 16.05.2001 - B 6 KA 20/00 R - BSGE 88, 126 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29, juris Rdnr. 39 m.w.N.).

Nach Aktenlage ist eine Gefährdung der Versorgung mit nephrologischen Leistungen im Quartal IV/10 oder danach nicht ersichtlich. Ein individueller Härtefall wäre ggf. in einem gesonderten Verfahren zu prüfen. Im Quartal IV/09 lag der Honorarumsatz mit 299 Behandlungsfällen bei 645.097,63 EUR, im Quartal IV/10 mit 336 Behandlungsfällen bei 745.636,06 EUR. Bei einer Fallzahlzunahme um 12 % stieg das Honorar um 16 %. Ein gravierender Honorarverfall wird damit nicht ersichtlich.

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Streitwertfestsetzung erging durch Beschluss des Vorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, was vorliegend der Fall war, so ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Rechtskraft
Aus
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