Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 4062/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 119/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 10. Juli 2017.
Der Kläger ist seit Jahren Mitglied der Beklagten. Er wendet sich, unter anderem auch in zahlreichen rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren, die überwiegend erfolglos blieben, seit dem Jahr 2010 gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung durch die Beklagte und die bei ihr angesiedelte Pflegeversicherung. Der Kläger war ab 1. April 2009 freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 20. April 2010 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zunächst als Bezieher von Arbeitslosengeld, ab 20. Mai 2011 in der so genannten Auffangversicherung, ab 28. April 2015 wiederum wegen des Bezugs von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit und seit 1. August 2017 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KvdR). In diesen Zeiträumen war er pflegepflichtversichertes Mitglied der bei der Beklagten angesiedelten Pflegeversicherung.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es seien aktuell Beiträge in Höhe von EUR 9.403,57 einschließlich Säumniszuschläge und Nebenkosten offen. Eine Begleichung der Forderung solle bis 24. Juli 2017 per Überweisung erfolgen. Dem Schreiben fügte die Beklagte eine Kontoübersicht über offene Beiträge sowie vom Kläger bereits geleistete Zahlungen für die Zeit von April 2009 bis April 2015 bei.
Am 19. Juli 2017 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage, mit der er die Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit des "Bescheides" vom 10. Juli 2017" begehrte. Gleichzeitig beantragte er im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe (S 8 KR 4063/17 ER). Zur Begründung führte er aus, die Feststellungsklage sei zulässig, da sie weder an die Durchführung eines Vorverfahrens, noch an eine Klagefrist gebunden sei. Die gegen ihn erhobenen Forderungen und die eingeleitete Zwangsvollstreckung seien rechtswidrig. Die Verletzung der Gesetze durch die Mitarbeiter der Beklagten liege vor allem in einer Nichtberücksichtigung seiner Schriftsätze sowie schriftlichen und mündlichen Widersprüche.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihre Ausführungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entgegen.
Mit Beschluss vom 1. August 2017 lehnte das SG den Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit der Begründung ab, dieser sei bereits unzulässig. Unabhängig davon, dass Feststellungsklagen keine aufschiebende Wirkung haben könnten, sei die im Hauptsacheverfahren erhobene Feststellungsklage aufgrund ihrer Subsidiarität unzulässig, da der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage habe verfolgen können. Weitergehender Rechtsschutz durch die erhobene Feststellungsklage sei nicht ersichtlich.
Die hiergegen am 16. August 2017 erhobene Beschwerde (L 5 KR 3256/17 ER-B) wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 26. September 2017 zurück. Die zulässige Beschwerde sei unbegründet. Die Zahlungsaufforderung vom 10. Juli 2017 sei kein Verwaltungsakt. Sie stelle keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles dergestalt dar, dass über die Beitragsforderung nochmals mit unmittelbarer Rechtswirkung, losgelöst von den bestandskräftigen Beitragsbescheiden entschieden worden sei. Sie solle den Adressaten lediglich darüber in Kenntnis setzen, welche Forderungen zu welchem Termin fällig seien. Einen weitergehenden Zweck verfolge die Zahlungsaufforderung nicht. Einstweiliger Rechtsschutz sei jedoch dann nicht (mehr) möglich, wenn das zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehende Rechtsverhältnis bereits abschließend geklärt sei, wenn eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bereits vorliege oder ein bestandskräftiger, d.h. ein für die Beteiligten verbindlicher und nicht weiter angegriffener Bescheid ergangen sei (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2010, a.a.O.). Sämtliche, der Zahlungsaufforderung zugrundeliegenden Beitragsbescheide der Beklagten für den Zeitraum vom April 2009 bis April 2015 seien, nach jeweils rechtskräftiger gerichtlicher Überprüfung, bestandskräftig und für die Beteiligten bindend. Damit gebe es kein streitiges Rechtsverhältnis mehr, welches mittels einstweiliger Anordnung durch das Gericht vorläufig geregelt werden könne. Auch der sich in den Verfahren des Klägers wiederholende Vortrag, die Kammervorsitzende des SG sei prozessunfähig, weswegen der Beschluss nichtig sei, gereiche der Beschwerde nicht zum Erfolg. Schließlich sei der angefochtene Beschluss auch nicht wegen der geltend gemachten Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Selbiger erfordere nicht, dass das angerufene Gericht - gerade bei umfangreichem Sachvortrag - in seiner Entscheidung auf jeglichen Beteiligtenvortrag eingehen müsse, wenn sich, wie vorliegend, aus den Gründen zweifelsfrei ergebe, dass das Gericht das Vorbringen im Einzelnen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich gehalten habe.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2017 als unzulässig ab. Die Feststellungsklage sei subsidiär und damit unzulässig, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könne. Der "Bescheid" vom 10. Juli 2017 stelle einen Verwaltungsakt dar, der im Vorverfahren überprüft und anschließend mit der Anfechtungsklage angegriffen werden könne. Ein weitergehender Rechtsschutz sei nicht ersichtlich.
Der Kläger hat gegen den ihm am 29. Dezember 2017 zugestellten Gerichtsbescheid am 9. Januar 2018 "Berufungsbeschwerde" eingelegt und zugleich zum wiederholten Mal beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die "Klage vom 19. Juli 2017" (S 8 KR 4062/17) aufschiebende Wirkung habe (L 4 KR 133/18 ER). Er macht - wie auch in anderen beim Senat anhängig gewesenen Berufungs- und Beschwerdeverfahren - geltend, das SG habe sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen nicht berücksichtigt, so dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei. Das SG habe seinen Beschlüssen und solchen des LSG Baden-Württemberg einen falschen Inhalt gegeben. Das SG habe sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen inklusive der Klage-, Beweis- und andere Anträge nicht zur Kenntnis genommen und erwogen. Die Zwangsvollstreckung werde widerrechtlich fortgesetzt.
Bereits telefonisch hat der der Kläger am 31. Januar 2018 sinngemäß angekündigt, Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Neumann und Richterin am Landessozialgericht H. wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen zu wollen. In der mündlichen Verhandlung hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Richterin am Landessozialgericht H. und Richter am Landessozialgericht B. von Gesetzes wegen ausgeschlossen seien, eine Entscheidung zu treffen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Dezember 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 10. Juli 2017 rechtswidrig ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten den Gerichtsbescheid für zutreffend. Es hätten sich keinerlei Veränderungen zu den bereits bekannten Verfahren ergeben. Es handele sich um eine weitere Wiederholung. Nach dem Ablauf von zwei Jahren nach Abgabe einer Vermögensauskunft sei sie verpflichtet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen, zumindest aber die Zahlung der Rückstände anzumahnen. Der Kläger habe ohne außergerichtliche Korrespondenz Klage erhoben.
Der Senat hat mit Beschluss vom heutigen Tag den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Insoweit wird auf die Gründe im Verfahren (L 4 KR 133/18 ER) verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG sowie die von der Beklagten zu den Rechtsstreiten des Klägers vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat kann abweichend von § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordung (ZPO) unter Mitwirkung der vom Kläger zum wiederholten Male wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Berufsrichter des erkennenden Senats Richterin am Landessozialgericht H. und Richter am Landessozialgericht B. entscheiden. Diese sind nicht, wie vom Kläger behauptet, von Gesetzes wegen von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen. Der Verweis des Klägers auf eine – wie hier aufgrund der zahlreichen vom Kläger eingelegten Rechtsmittel prozessrechtlich typische – Vorbefassung der an der Entscheidung mitwirkenden Berufsrichter des Senats ist von vornherein nicht geeignet, ein Ablehnungsgesuch zu stützen (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C – juris, Rn. 13; Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 27. Dezember 2011 – V ZB 175/11 – juris, Rn. 2). Einer der in § 60 SGG i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO abschließend normierten Fälle ist nicht gegeben.
Selbst wenn das Gesuch des Klägers als Ablehnungsgesuch anzusehen wäre, wäre dieses Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich. Denn der Kläger reagierte in der Vergangenheit mehrmals auf Entscheidungen, die seinen Anträgen nicht stattgaben, sowie auf Anhörungsmitteilungen nach § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG mit Ablehnungsgesuchen mit im Wesentlichen identischen Formulierungen. Dies erfolgte nicht nur auf den Beschluss des Senats vom 30. März 2016 (L 4 KR 1139/16 AB) und die Anhörungsmitteilungen in den Berufungsverfahren L 4 KR 3861/15, L 4 KR 4/16 und L 4 KR 280/16, sondern auch in Verfahren gegenüber den am SG entscheidenden Richtern (z.B. S 19 KR 4303/13). Auch enthalten die Ablehnungsgesuche wie auch die Begründungen des Klägers zu seinen sonstigen Rechtsmitteln immer denselben Vorwurf, gesetzliche Vorschriften würden in schwerwiegender Weise verletzt.
Eine gesonderte förmliche Entscheidung über das Befangenheitsgesuch war nicht erforderlich (BSG, Beschluss vom 11. Juni 2015 – B 13 R 19/15 B -, juris, Rn. 9).
2. Die – vom Kläger sinngemäß erhobene – Berufung ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, weil der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten ist. Denn die Klage betrifft Beiträge und auf sie entfallende Nebenkosten von EUR 9.403,57.
3. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
a) Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage (§ 55 SGG) ist unzulässig, weil sie subsidiär gegenüber der Anfechtungsklage ist (z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R - juris, Rn. 24). Wenn der Kläger der Auffassung ist, bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 handle es sich um einen Verwaltungsakt, hätte er hiergegen richtigerweise Anfechtungsklage erheben müssen. Er kann - seine Rechtsauffassung zugrunde gelegt - sein Rechtsschutzziel, die Beseitigung dieses Bescheides, durch eine Anfechtungsklage erreichen. Deshalb greifen auch nicht die Ausnahmen ein, die vom Grundsatz der Subsidiarität gemacht werden (z.B. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R - a.a.O.).
b) Selbst wenn man die vom Kläger erhobene Klage sachgerecht (§ 123 SGG) als Anfechtungsklage ansieht, war diese Anfechtungsklage ebenfalls unzulässig.
Bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein solcher liegt vor, wenn in einer Mahnung Mahngebühren festgesetzt werden (BSG, Urteil vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R - juris, Rn. 17, m.w.N.). Gleiches gilt für die Festsetzung von Säumniszuschlägen. Zwar enthält das Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 sowohl Säumniszuschläge als auch Mahnkosten. Allerdings handelt es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 nicht um einen Verwaltungsakt. Denn die Zahlungsaufforderung vom 10. Juli 2017 selbst stellt keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls dergestalt dar, als über die Beitragsforderung nochmals mit unmittelbarer Rechtswirkung, losgelöst von den bestandskräftigen Beitragsbescheides entschieden worden wäre (vgl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 30.04.2014 - L 2 AS 4839/13 - m.w.N.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2010 - L 5 AS 72/09 B ER -, in juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss zwischen den Beteiligten vom 26. September 2017 – L 5 KR 3256/17 ER-B – nicht veröffentlicht); sie soll den Adressaten lediglich davon in Kenntnis setzen, welche Forderungen zu welchem Termin fällig sind. Einen weitergehenden Zweck verfolgt die Zahlungsaufforderung, die hier lediglich in einer Auflistung der Kontobewegungen für die Zeit von April 2009 bis Juli 2015 bestand, nicht. Eine Festsetzung der im Schreiben der Beklagten erfolgten Auflistung der Beiträge, Säumniszuschläge und Mahnkosten erfolgte durch diverse andere Bescheide der Beklagten, die sämtlich und teilweise mehrfach einer Überprüfung in zahlreichen, vom Kläger angestrengten Gerichtsverfahren unterzogen wurden und bestandskräftig geworden sind.
4. Ein Rechtsbehelf der "Willkürrüge" ist weder im SGG noch im GVG und der Zivilprozessordnung (ZPO), deren entsprechende Anwendung § 202 Satz 1 SGG anordnet, enthalten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 10. Juli 2017.
Der Kläger ist seit Jahren Mitglied der Beklagten. Er wendet sich, unter anderem auch in zahlreichen rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren, die überwiegend erfolglos blieben, seit dem Jahr 2010 gegen die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung durch die Beklagte und die bei ihr angesiedelte Pflegeversicherung. Der Kläger war ab 1. April 2009 freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten, ab 20. April 2010 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zunächst als Bezieher von Arbeitslosengeld, ab 20. Mai 2011 in der so genannten Auffangversicherung, ab 28. April 2015 wiederum wegen des Bezugs von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit und seit 1. August 2017 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KvdR). In diesen Zeiträumen war er pflegepflichtversichertes Mitglied der bei der Beklagten angesiedelten Pflegeversicherung.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es seien aktuell Beiträge in Höhe von EUR 9.403,57 einschließlich Säumniszuschläge und Nebenkosten offen. Eine Begleichung der Forderung solle bis 24. Juli 2017 per Überweisung erfolgen. Dem Schreiben fügte die Beklagte eine Kontoübersicht über offene Beiträge sowie vom Kläger bereits geleistete Zahlungen für die Zeit von April 2009 bis April 2015 bei.
Am 19. Juli 2017 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage, mit der er die Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit des "Bescheides" vom 10. Juli 2017" begehrte. Gleichzeitig beantragte er im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe (S 8 KR 4063/17 ER). Zur Begründung führte er aus, die Feststellungsklage sei zulässig, da sie weder an die Durchführung eines Vorverfahrens, noch an eine Klagefrist gebunden sei. Die gegen ihn erhobenen Forderungen und die eingeleitete Zwangsvollstreckung seien rechtswidrig. Die Verletzung der Gesetze durch die Mitarbeiter der Beklagten liege vor allem in einer Nichtberücksichtigung seiner Schriftsätze sowie schriftlichen und mündlichen Widersprüche.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihre Ausführungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entgegen.
Mit Beschluss vom 1. August 2017 lehnte das SG den Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit der Begründung ab, dieser sei bereits unzulässig. Unabhängig davon, dass Feststellungsklagen keine aufschiebende Wirkung haben könnten, sei die im Hauptsacheverfahren erhobene Feststellungsklage aufgrund ihrer Subsidiarität unzulässig, da der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage habe verfolgen können. Weitergehender Rechtsschutz durch die erhobene Feststellungsklage sei nicht ersichtlich.
Die hiergegen am 16. August 2017 erhobene Beschwerde (L 5 KR 3256/17 ER-B) wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 26. September 2017 zurück. Die zulässige Beschwerde sei unbegründet. Die Zahlungsaufforderung vom 10. Juli 2017 sei kein Verwaltungsakt. Sie stelle keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalles dergestalt dar, dass über die Beitragsforderung nochmals mit unmittelbarer Rechtswirkung, losgelöst von den bestandskräftigen Beitragsbescheiden entschieden worden sei. Sie solle den Adressaten lediglich darüber in Kenntnis setzen, welche Forderungen zu welchem Termin fällig seien. Einen weitergehenden Zweck verfolge die Zahlungsaufforderung nicht. Einstweiliger Rechtsschutz sei jedoch dann nicht (mehr) möglich, wenn das zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehende Rechtsverhältnis bereits abschließend geklärt sei, wenn eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bereits vorliege oder ein bestandskräftiger, d.h. ein für die Beteiligten verbindlicher und nicht weiter angegriffener Bescheid ergangen sei (Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2010, a.a.O.). Sämtliche, der Zahlungsaufforderung zugrundeliegenden Beitragsbescheide der Beklagten für den Zeitraum vom April 2009 bis April 2015 seien, nach jeweils rechtskräftiger gerichtlicher Überprüfung, bestandskräftig und für die Beteiligten bindend. Damit gebe es kein streitiges Rechtsverhältnis mehr, welches mittels einstweiliger Anordnung durch das Gericht vorläufig geregelt werden könne. Auch der sich in den Verfahren des Klägers wiederholende Vortrag, die Kammervorsitzende des SG sei prozessunfähig, weswegen der Beschluss nichtig sei, gereiche der Beschwerde nicht zum Erfolg. Schließlich sei der angefochtene Beschluss auch nicht wegen der geltend gemachten Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Selbiger erfordere nicht, dass das angerufene Gericht - gerade bei umfangreichem Sachvortrag - in seiner Entscheidung auf jeglichen Beteiligtenvortrag eingehen müsse, wenn sich, wie vorliegend, aus den Gründen zweifelsfrei ergebe, dass das Gericht das Vorbringen im Einzelnen auch ohne ausdrückliche Erwähnung für unerheblich gehalten habe.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2017 als unzulässig ab. Die Feststellungsklage sei subsidiär und damit unzulässig, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könne. Der "Bescheid" vom 10. Juli 2017 stelle einen Verwaltungsakt dar, der im Vorverfahren überprüft und anschließend mit der Anfechtungsklage angegriffen werden könne. Ein weitergehender Rechtsschutz sei nicht ersichtlich.
Der Kläger hat gegen den ihm am 29. Dezember 2017 zugestellten Gerichtsbescheid am 9. Januar 2018 "Berufungsbeschwerde" eingelegt und zugleich zum wiederholten Mal beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die "Klage vom 19. Juli 2017" (S 8 KR 4062/17) aufschiebende Wirkung habe (L 4 KR 133/18 ER). Er macht - wie auch in anderen beim Senat anhängig gewesenen Berufungs- und Beschwerdeverfahren - geltend, das SG habe sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen nicht berücksichtigt, so dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sei. Das SG habe seinen Beschlüssen und solchen des LSG Baden-Württemberg einen falschen Inhalt gegeben. Das SG habe sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen inklusive der Klage-, Beweis- und andere Anträge nicht zur Kenntnis genommen und erwogen. Die Zwangsvollstreckung werde widerrechtlich fortgesetzt.
Bereits telefonisch hat der der Kläger am 31. Januar 2018 sinngemäß angekündigt, Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Neumann und Richterin am Landessozialgericht H. wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen zu wollen. In der mündlichen Verhandlung hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Richterin am Landessozialgericht H. und Richter am Landessozialgericht B. von Gesetzes wegen ausgeschlossen seien, eine Entscheidung zu treffen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. Dezember 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 10. Juli 2017 rechtswidrig ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten den Gerichtsbescheid für zutreffend. Es hätten sich keinerlei Veränderungen zu den bereits bekannten Verfahren ergeben. Es handele sich um eine weitere Wiederholung. Nach dem Ablauf von zwei Jahren nach Abgabe einer Vermögensauskunft sei sie verpflichtet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen, zumindest aber die Zahlung der Rückstände anzumahnen. Der Kläger habe ohne außergerichtliche Korrespondenz Klage erhoben.
Der Senat hat mit Beschluss vom heutigen Tag den Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Insoweit wird auf die Gründe im Verfahren (L 4 KR 133/18 ER) verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakten, die Akten des SG sowie die von der Beklagten zu den Rechtsstreiten des Klägers vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat kann abweichend von § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordung (ZPO) unter Mitwirkung der vom Kläger zum wiederholten Male wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Berufsrichter des erkennenden Senats Richterin am Landessozialgericht H. und Richter am Landessozialgericht B. entscheiden. Diese sind nicht, wie vom Kläger behauptet, von Gesetzes wegen von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen. Der Verweis des Klägers auf eine – wie hier aufgrund der zahlreichen vom Kläger eingelegten Rechtsmittel prozessrechtlich typische – Vorbefassung der an der Entscheidung mitwirkenden Berufsrichter des Senats ist von vornherein nicht geeignet, ein Ablehnungsgesuch zu stützen (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C – juris, Rn. 13; Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 27. Dezember 2011 – V ZB 175/11 – juris, Rn. 2). Einer der in § 60 SGG i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO abschließend normierten Fälle ist nicht gegeben.
Selbst wenn das Gesuch des Klägers als Ablehnungsgesuch anzusehen wäre, wäre dieses Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich. Denn der Kläger reagierte in der Vergangenheit mehrmals auf Entscheidungen, die seinen Anträgen nicht stattgaben, sowie auf Anhörungsmitteilungen nach § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG mit Ablehnungsgesuchen mit im Wesentlichen identischen Formulierungen. Dies erfolgte nicht nur auf den Beschluss des Senats vom 30. März 2016 (L 4 KR 1139/16 AB) und die Anhörungsmitteilungen in den Berufungsverfahren L 4 KR 3861/15, L 4 KR 4/16 und L 4 KR 280/16, sondern auch in Verfahren gegenüber den am SG entscheidenden Richtern (z.B. S 19 KR 4303/13). Auch enthalten die Ablehnungsgesuche wie auch die Begründungen des Klägers zu seinen sonstigen Rechtsmitteln immer denselben Vorwurf, gesetzliche Vorschriften würden in schwerwiegender Weise verletzt.
Eine gesonderte förmliche Entscheidung über das Befangenheitsgesuch war nicht erforderlich (BSG, Beschluss vom 11. Juni 2015 – B 13 R 19/15 B -, juris, Rn. 9).
2. Die – vom Kläger sinngemäß erhobene – Berufung ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, weil der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten ist. Denn die Klage betrifft Beiträge und auf sie entfallende Nebenkosten von EUR 9.403,57.
3. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
a) Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage (§ 55 SGG) ist unzulässig, weil sie subsidiär gegenüber der Anfechtungsklage ist (z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R - juris, Rn. 24). Wenn der Kläger der Auffassung ist, bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 handle es sich um einen Verwaltungsakt, hätte er hiergegen richtigerweise Anfechtungsklage erheben müssen. Er kann - seine Rechtsauffassung zugrunde gelegt - sein Rechtsschutzziel, die Beseitigung dieses Bescheides, durch eine Anfechtungsklage erreichen. Deshalb greifen auch nicht die Ausnahmen ein, die vom Grundsatz der Subsidiarität gemacht werden (z.B. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 - B 4 AS 74/12 R - a.a.O.).
b) Selbst wenn man die vom Kläger erhobene Klage sachgerecht (§ 123 SGG) als Anfechtungsklage ansieht, war diese Anfechtungsklage ebenfalls unzulässig.
Bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein solcher liegt vor, wenn in einer Mahnung Mahngebühren festgesetzt werden (BSG, Urteil vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R - juris, Rn. 17, m.w.N.). Gleiches gilt für die Festsetzung von Säumniszuschlägen. Zwar enthält das Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 sowohl Säumniszuschläge als auch Mahnkosten. Allerdings handelt es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2017 nicht um einen Verwaltungsakt. Denn die Zahlungsaufforderung vom 10. Juli 2017 selbst stellt keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls dergestalt dar, als über die Beitragsforderung nochmals mit unmittelbarer Rechtswirkung, losgelöst von den bestandskräftigen Beitragsbescheides entschieden worden wäre (vgl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 30.04.2014 - L 2 AS 4839/13 - m.w.N.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21.09.2010 - L 5 AS 72/09 B ER -, in juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss zwischen den Beteiligten vom 26. September 2017 – L 5 KR 3256/17 ER-B – nicht veröffentlicht); sie soll den Adressaten lediglich davon in Kenntnis setzen, welche Forderungen zu welchem Termin fällig sind. Einen weitergehenden Zweck verfolgt die Zahlungsaufforderung, die hier lediglich in einer Auflistung der Kontobewegungen für die Zeit von April 2009 bis Juli 2015 bestand, nicht. Eine Festsetzung der im Schreiben der Beklagten erfolgten Auflistung der Beiträge, Säumniszuschläge und Mahnkosten erfolgte durch diverse andere Bescheide der Beklagten, die sämtlich und teilweise mehrfach einer Überprüfung in zahlreichen, vom Kläger angestrengten Gerichtsverfahren unterzogen wurden und bestandskräftig geworden sind.
4. Ein Rechtsbehelf der "Willkürrüge" ist weder im SGG noch im GVG und der Zivilprozessordnung (ZPO), deren entsprechende Anwendung § 202 Satz 1 SGG anordnet, enthalten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
6. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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