Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 49 KR 1251/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 268/17 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.02.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 28.02.2017.
In der Sache streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zulässiger Weise ab dem 01.01.2016 einen erhöhten Zusatzbeitrag vereinnahmt hat.
Der Kläger war bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert. Mit Schreiben vom 03.01.2016 kündigte er seine Mitgliedschaft zum 31.03.2016 wegen der Erhöhung des Zusatzbeitrags, auf die er nicht hingewiesen worden sei; nur durch eigene Recherche im Internet habe er von der Erhöhung erfahren. Erst am 06.01.2016 ging beim Kläger ein auf "Dezember 2015" datiertes Schreiben der Beklagten ein, in dem er über die Erhöhung des Zusatzbeitrags ab Januar 2016 von 0,9% auf 1,7% und auf sein daraus resultierendes Sonderkündigungsrecht hingewiesen wurde. Mit Beitragsbescheid vom 08.01.2016 setzte die Beklagte die Beiträge für die gesetzliche Kranken- und die soziale Pflegeversicherung inklusive des erhöhten Zusatzbeitrages auf 800,90 EUR/Monat fest. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 01.07.2016). Das Gesetz sehe als Rechtsfolge für die verspätete Mitteilung und Aufklärung über das aus der Zusatzbeitragserhöhung resultierende Sonderkündigungsrecht nicht (mehr) vor, dass kein Zusatzbeitrag erhoben werden dürfe. Vielmehr gelte (nur noch) die erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erhöht werde. Das habe man beachtet.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Wegen der verspäteten Aufklärung über die Erhöhung des Zusatzbeitrages sei die Beklagte erst ab dem 01.03.2016 berechtigt, diesen zu fordern. Sie sei gesetzlich verpflichtet, frühzeitig über die Erhöhung des Zusatzbeitrags zu informieren. Die Erstattungsforderung in Höhe von 94,08 EUR berechne sich aus der Differenz zwischen den von der Beklagten erhobenen Beiträgen und der Beitragsforderung der von ihm neu gewählten Krankenkasse für die Monate Januar bis März 2016.
Das SG hat die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen (Urteil vom 28.02.2017). Soweit der Kläger sein Erstattungsbegehren auf einen Amtshaftungsanspruch aus § 834 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) stütze, sei die Klage unzulässig. Für derartige Haftungsansprüche sei der Rechtsweg zu den Landgerichten eröffnet (Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 71 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Im Übrigen sei die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sowie als Feststellungsklage nach den §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, aber unbegründet. Zutreffend habe die Beklagte unabhängig von der verspäteten Aufklärung über die Erhöhung des Zusatzbeitrags und des Sonderkündigungsrechts, die Beitragspflicht ab dem 01.01.2016 unter Berücksichtigung des Zusatzbeitrages festgesetzt. Bei Erhöhung des Zusatzbeitrags stehe den Versicherten gemäß § 175 Abs. 4 Satz 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein Sonderkündigungsrecht zu. Dies allerdings nur dann, wenn die Kündigung spätestens bis zum Ablauf des Monats erklärt werde, in dem erstmals der erhöhte Zusatzbeitrag erhoben worden sei. Die Rechtsfolge der Kündigung, die Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses, trete mit Ablauf des übernächsten Monats nach der Kündigungserklärung ein (§ 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die erstmalige Beitragspflicht unter Berücksichtigung des erhöhten Zusatzbeitrages habe ab dem 01.01.2016 bestanden. Die Kündigung sei somit spätestens bis zum 31.01.2016 zu erklären gewesen. Diese Frist habe der Kläger eingehalten, das Mitgliedschaftsverhältnis habe daher mit Ablauf des 31.03.2016 geendet. Für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2016 habe die Mitgliedschaft bei der Beklagten mit der Pflicht zur Beitragszahlung inklusive des erhöhten Zusatzbeitrages fortbestanden. Das Gesetz sehe trotz erfolgter Kündigungserklärung - anders als in der Zeit bis zum 31.12.2014 - nicht mehr vor, dass Versicherte bis zur Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses von der Erhöhung des Zusatzbeitrags befreit werden. Der Erhebung des Zusatzbeitrags für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2016 stehe nicht entgegen, dass die Beklagte es versäumt habe, den Kläger fristgerecht über die Erhöhung des Zusatzbeitrags sowie sein Sonderkündigungsrecht zu informieren. Das Gesetz sehe für diesen Fall lediglich vor, dass eine daraufhin verspätet erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt gelte, für den der erhöhte Zusatzbeitrag erstmals erhoben werde (§ 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Der Kläger habe daher keinen Anspruch darauf, die von der Beklagten vereinnahmten erhöhten Zusatzbeiträge zurückerstattet zu erhalten. Hierfür fehle es an einer Anspruchsgrundlage sowie an einer rechtswidrigen Beitragsfestsetzung. Eine Verschiebung der Beitragserhöhung habe das Gesetz nur in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung vorgesehen. Mit der nunmehr geltenden Neufassung habe der Gesetzgeber bewusst eine derartige Verschiebung nicht mehr vorgesehen (vgl. BT-Drs. 18/1307 S. 38-39). Ein Erstattungsanspruch bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bzw. Schadensersatzanspruchs, da zum einen die Erhebung des Zusatzbeitrags nicht rechtswidrig sei und zum anderen der Kläger besser gestellt wäre, als wenn er - wie gesetzlich normiert - spätestens am 31.12.2015 über die Erhöhung des Zusatzbeitrags und sein Sonderkündigungsrecht aufgeklärt worden wäre. Gründe, gemäß § 144 Abs. 2 SGG die Berufung zu zulassen, hätten angesichts der eindeutigen Neufassung der einschlägigen Vorschriften zum Sonderkündigungsrecht bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrages nicht bestanden.
Mit seiner dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie werfe die Rechtsfrage auf, ob ein Verstoß der Krankenkasse gegen ihre Hinweispflicht nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V folgenlos bleibe oder sich hieraus - im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - ein Erstattungsanspruch des Versicherten in Bezug auf den erhöhten Zusatzbeitrag ergebe. Um einen Amtshaftungsanspruch gehe es ihm hingegen nicht. Einen solchen mache er nicht geltend. Die Rechtsfrage sei bisher nicht "höchstrichterlich" geklärt und habe über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung. So seien viele Mitglieder der Beklagten in gleicher Weise wie er von den zu späten Hinweisen zur Erhöhung des Zusatzbeitrags betroffen. Das Urteil des SG überzeuge nicht. Auf die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen sei nur sehr verkürzt eingegangen worden, z.T. sei die Argumentation des Gerichts nicht logisch. Der bloße Hinweis des SG auf die geänderte Rechtslage verstoße gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.02.2017 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage stelle sich nicht. Die Rechtsfolge eines verspäteten Hinweises ergebe sich bereits eindeutig aus dem Gesetz (§ 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V).
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers (§ 145 Abs. 1 SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 28.02.2017 ist nicht begründet.
1. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Klagen des Klägers fallen unter § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (dazu a)). Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (dazu b)).
a) Der Wert des Beschwerdegegenstandes der Klagen übersteigt vorliegend nicht 750,00 EUR, sondern beläuft sich auf 94,08 EUR.
Der Kläger macht sein Begehren im Wege einer objektiven Klagehäufung geltend, nämlich im Wege der (Teil-) Anfechtung des Beitragsbescheids vom 08.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids von 01.07.2016 und der auf Erstattung von (danach) zu Unrecht entrichteten Zusatzbeiträgen in Höhe von insgesamt 94,08 EUR. Beide Klagen fallen unter § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Leistungsklage ist im Sinne dieser Vorschrift unmittelbar auf eine Geldleistung i.H.v. 94,08 EUR gerichtet. Diesen Betrag hat das SG dem Kläger versagt, ihn möchte er im Wege der Berufung geltend machen. Der Betrag von 94,08 EUR ist somit identisch mit der Beschwer des Klägers (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss 05.08.2015 - B 4 AS 17/15 B -; Beschluss vom 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B -; Beschluss vom 04.07.2011 - B 14 AS 30/11 B -; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 144 Rn. 14; Jungeblut in BeckOK-SGG, 47. Edition, Stand: 01.12.2017, § 144 Rn. 20). Um diesen Betrag zurückfordern zu können, muss der Kläger den Rechtsgrund für die Einvernahme und das Behaltendürfen der Erhöhung des Zusatzbeitrags durch die Beklagte beseitigen. Dieses Ziel verfolgt er mittels der (Teil-) Anfechtungsklage, mit der er die Aufhebung des Beitragsbescheides fordert, soweit darin für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.03.2016 ein erhöhter Zusatzbeitrag steckt. Seine Beschwer beläuft sich insoweit ebenfalls auf 94,08 EUR.
Selbst addiert wird der von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geforderte Beschwerdewert von 750,00 EUR nicht überschritten, so dass die Berufung der Zulassung bedarf. Tatsächlich sind die Werte der beiden Klagen jedoch nicht zu addieren. Der Kläger fordert mit seiner Leistungsklage spiegelbildlich die Auskehrung desselben Betrags, für den er mit der (Teil-) Anfechtungsklage den Rechtsgrund zu beseitigen versucht, dass die Beklagte ihn behalten darf.
b) Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 144 Abs. 2 SGG), insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, und es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann.
aa) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Diese liegt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt bzw. wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Das kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht bzw. eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist. Die Weiterentwicklung des Rechts wird dabei gefördert, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesvorschriften aufzustellen oder Lücken zu füllen oder wenn die Entscheidung Orientierungshilfe für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Sachverhalte geben kann (vgl. zum Ganzen: Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 28 und § 160 Rn. 6 ff; Senat, Beschluss vom 14.03.2016 - L 11 KR 26/16 NZB -). Dies setzt jedoch zumindest voraus, dass es sich bei der aufgeworfenen Rechtsfrage um eine Zweifelsfrage handelt und mithin Rechtsunsicherheit besteht. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 28, § 160 Rn. 8 ff.; Senat, Beschluss vom 14.03.2016 - L 11 KR 26/16 NZB -). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Der Kläger hat keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgezeigt. Die von ihm formulierte Frage, ob ein Verstoß der Krankenkasse gegen ihre Hinweispflicht nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V folgenlos bleibe oder sich hieraus - im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - ein Erstattungsanspruch des Versicherten in Bezug auf den erhöhten Zusatzbeitrag ergebe, beantwortet zum einen das Gesetz und zum anderen die Gesetzeshistorie. So lautet § 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V: "Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 6 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, gilt eine erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erstmalig erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; ". Der Gesetzgeber hat die vom Kläger formulierte Rechtsfrage (Was geschieht bei einem Verstoß der Krankenkasse gegen die sie treffende Hinweispflicht auf Erhöhung des Zusatzbeitrags?) also gesehen und beantwortet (Dann "gilt eine erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erstmalig erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; "). Dass dies nicht die vom Kläger als gerecht empfundene Antwort ist, ändert nichts an der abschließenden Beantwortung und Regelung der Rechtsfrage durch den Gesetzgeber. Das, was der Kläger anstrebt, entsprach der Rechtslage bis zum 31.12.2014. Damals lautete § 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V: "Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 6 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung oder die Erhöhung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum". Hiervon ist der Gesetzgeber mit der nunmehr geltenden Neufassung bewusst abgewichen und hat keine Verschiebung der Beitragserhöhung mehr vorgesehen (vgl. BT-Drs. 18/1307 S. 38-39). Bei dieser Rechtslage und Gesetzeshistorie bestehen keine ernsthaften Zweifel daran, dass die Nichteinhaltung der Informationspflichten sozialversicherungsrechtlich nur die Fiktion des rechtzeitig geltend gemachten Sonderkündigungsrechts, jedoch nicht die Folge hat, dass die Krankenkasse gehindert wäre, den erhöhten Zusatzbeitrag zu erheben.
Da der Kläger ausdrücklich keinen Amtshaftungsanspruch (mehr) geltend macht, kann offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Nichteinhaltung der Hinweispflicht nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V einen solchen Anspruch begründen kann. Im Übrigen sind für Amtshaftungsansprüche die Landgerichte zuständig (Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 1 ZPO i.V.m. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG).
Ob die vom Kläger formulierte Rechtsfrage bereits "höchstrichterlich" geklärt ist, kann dahinstehen. Das fordert § 144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG weder nach seinem Wortlaut ("Die Berufung ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.") noch nach seinem Sinn und Zweck. Vielmehr ist eine Rechtsfrage bereits dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort - wie hier - aus der Rechtsvorschrift ergibt und von vornherein praktisch außer Zweifel steht (st. Rspr. des BSG, vgl. Beschluss 16.04.2012 - B 1 KR 25/11 B und B 1 KR 25/11 B -; Beschluss vom 25.01.2012 - B 14 AS 111/11 B -; Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B -; Leitherer, a.a.O., § 160 Rn. 8a).
bb) Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt ebenfalls nicht vor.
Er ist nicht darin zu sehen, dass das SG auf die von Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen "nur sehr verkürzt eingegangen" ist. Zum einen ist diese Bewertung anhand des Urteils vom 28.02.2017 und des gerichtlichen Hinweises vom 28.10.2016 nicht nachzuvollziehen. Zum anderen liegen selbst in einem lediglich kurzen Eingehen auf die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen keine Verfahrensmängel. Das Gericht muss zwar in einem Urteil die Gründe angeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 128 Abs. 1 Satz 2 SGG). Hierzu sind alle wesentlichen Fragen abzuhandeln. Nicht notwendig ist es, auf alle Einzelheiten und jeden Vortrag der Beteiligten einzugehen. Nur die Leitgedanken sind wiederzugeben (BSG, Urteil vom 17.02.2016 - B 6 KA 50/15 B -; Keller, a.a.O., § 128 Rn. 16). Die Begründungspflicht des Gerichts ist selbst dann nicht verletzt, wenn dessen Ausführungen falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sind (BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 11 AL 145/10 B -; Keller, a.a.O., § 128 Rn. 16), was hier nicht der Fall ist.
Ebenfalls kein Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze oder gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens ist darin zu sehen, dass das SG zutreffend zur Begründung seiner Entscheidung auf die zum 01.01.2015 geänderte Rechtslage hingewiesen hat.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 28.02.2017.
In der Sache streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zulässiger Weise ab dem 01.01.2016 einen erhöhten Zusatzbeitrag vereinnahmt hat.
Der Kläger war bei der Beklagten freiwillig gesetzlich krankenversichert. Mit Schreiben vom 03.01.2016 kündigte er seine Mitgliedschaft zum 31.03.2016 wegen der Erhöhung des Zusatzbeitrags, auf die er nicht hingewiesen worden sei; nur durch eigene Recherche im Internet habe er von der Erhöhung erfahren. Erst am 06.01.2016 ging beim Kläger ein auf "Dezember 2015" datiertes Schreiben der Beklagten ein, in dem er über die Erhöhung des Zusatzbeitrags ab Januar 2016 von 0,9% auf 1,7% und auf sein daraus resultierendes Sonderkündigungsrecht hingewiesen wurde. Mit Beitragsbescheid vom 08.01.2016 setzte die Beklagte die Beiträge für die gesetzliche Kranken- und die soziale Pflegeversicherung inklusive des erhöhten Zusatzbeitrages auf 800,90 EUR/Monat fest. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 01.07.2016). Das Gesetz sehe als Rechtsfolge für die verspätete Mitteilung und Aufklärung über das aus der Zusatzbeitragserhöhung resultierende Sonderkündigungsrecht nicht (mehr) vor, dass kein Zusatzbeitrag erhoben werden dürfe. Vielmehr gelte (nur noch) die erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erhöht werde. Das habe man beachtet.
Mit seiner dagegen erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Wegen der verspäteten Aufklärung über die Erhöhung des Zusatzbeitrages sei die Beklagte erst ab dem 01.03.2016 berechtigt, diesen zu fordern. Sie sei gesetzlich verpflichtet, frühzeitig über die Erhöhung des Zusatzbeitrags zu informieren. Die Erstattungsforderung in Höhe von 94,08 EUR berechne sich aus der Differenz zwischen den von der Beklagten erhobenen Beiträgen und der Beitragsforderung der von ihm neu gewählten Krankenkasse für die Monate Januar bis März 2016.
Das SG hat die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen (Urteil vom 28.02.2017). Soweit der Kläger sein Erstattungsbegehren auf einen Amtshaftungsanspruch aus § 834 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) stütze, sei die Klage unzulässig. Für derartige Haftungsansprüche sei der Rechtsweg zu den Landgerichten eröffnet (Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 1 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 71 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)). Im Übrigen sei die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage sowie als Feststellungsklage nach den §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig, aber unbegründet. Zutreffend habe die Beklagte unabhängig von der verspäteten Aufklärung über die Erhöhung des Zusatzbeitrags und des Sonderkündigungsrechts, die Beitragspflicht ab dem 01.01.2016 unter Berücksichtigung des Zusatzbeitrages festgesetzt. Bei Erhöhung des Zusatzbeitrags stehe den Versicherten gemäß § 175 Abs. 4 Satz 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein Sonderkündigungsrecht zu. Dies allerdings nur dann, wenn die Kündigung spätestens bis zum Ablauf des Monats erklärt werde, in dem erstmals der erhöhte Zusatzbeitrag erhoben worden sei. Die Rechtsfolge der Kündigung, die Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses, trete mit Ablauf des übernächsten Monats nach der Kündigungserklärung ein (§ 175 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Die erstmalige Beitragspflicht unter Berücksichtigung des erhöhten Zusatzbeitrages habe ab dem 01.01.2016 bestanden. Die Kündigung sei somit spätestens bis zum 31.01.2016 zu erklären gewesen. Diese Frist habe der Kläger eingehalten, das Mitgliedschaftsverhältnis habe daher mit Ablauf des 31.03.2016 geendet. Für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2016 habe die Mitgliedschaft bei der Beklagten mit der Pflicht zur Beitragszahlung inklusive des erhöhten Zusatzbeitrages fortbestanden. Das Gesetz sehe trotz erfolgter Kündigungserklärung - anders als in der Zeit bis zum 31.12.2014 - nicht mehr vor, dass Versicherte bis zur Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses von der Erhöhung des Zusatzbeitrags befreit werden. Der Erhebung des Zusatzbeitrags für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.03.2016 stehe nicht entgegen, dass die Beklagte es versäumt habe, den Kläger fristgerecht über die Erhöhung des Zusatzbeitrags sowie sein Sonderkündigungsrecht zu informieren. Das Gesetz sehe für diesen Fall lediglich vor, dass eine daraufhin verspätet erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt gelte, für den der erhöhte Zusatzbeitrag erstmals erhoben werde (§ 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Der Kläger habe daher keinen Anspruch darauf, die von der Beklagten vereinnahmten erhöhten Zusatzbeiträge zurückerstattet zu erhalten. Hierfür fehle es an einer Anspruchsgrundlage sowie an einer rechtswidrigen Beitragsfestsetzung. Eine Verschiebung der Beitragserhöhung habe das Gesetz nur in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung vorgesehen. Mit der nunmehr geltenden Neufassung habe der Gesetzgeber bewusst eine derartige Verschiebung nicht mehr vorgesehen (vgl. BT-Drs. 18/1307 S. 38-39). Ein Erstattungsanspruch bestehe auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bzw. Schadensersatzanspruchs, da zum einen die Erhebung des Zusatzbeitrags nicht rechtswidrig sei und zum anderen der Kläger besser gestellt wäre, als wenn er - wie gesetzlich normiert - spätestens am 31.12.2015 über die Erhöhung des Zusatzbeitrags und sein Sonderkündigungsrecht aufgeklärt worden wäre. Gründe, gemäß § 144 Abs. 2 SGG die Berufung zu zulassen, hätten angesichts der eindeutigen Neufassung der einschlägigen Vorschriften zum Sonderkündigungsrecht bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrages nicht bestanden.
Mit seiner dagegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Sie werfe die Rechtsfrage auf, ob ein Verstoß der Krankenkasse gegen ihre Hinweispflicht nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V folgenlos bleibe oder sich hieraus - im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - ein Erstattungsanspruch des Versicherten in Bezug auf den erhöhten Zusatzbeitrag ergebe. Um einen Amtshaftungsanspruch gehe es ihm hingegen nicht. Einen solchen mache er nicht geltend. Die Rechtsfrage sei bisher nicht "höchstrichterlich" geklärt und habe über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung. So seien viele Mitglieder der Beklagten in gleicher Weise wie er von den zu späten Hinweisen zur Erhöhung des Zusatzbeitrags betroffen. Das Urteil des SG überzeuge nicht. Auf die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen sei nur sehr verkürzt eingegangen worden, z.T. sei die Argumentation des Gerichts nicht logisch. Der bloße Hinweis des SG auf die geänderte Rechtslage verstoße gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.02.2017 zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie meint, die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage stelle sich nicht. Die Rechtsfolge eines verspäteten Hinweises ergebe sich bereits eindeutig aus dem Gesetz (§ 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V).
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers (§ 145 Abs. 1 SGG) gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des SG vom 28.02.2017 ist nicht begründet.
1. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Klagen des Klägers fallen unter § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (dazu a)). Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (dazu b)).
a) Der Wert des Beschwerdegegenstandes der Klagen übersteigt vorliegend nicht 750,00 EUR, sondern beläuft sich auf 94,08 EUR.
Der Kläger macht sein Begehren im Wege einer objektiven Klagehäufung geltend, nämlich im Wege der (Teil-) Anfechtung des Beitragsbescheids vom 08.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids von 01.07.2016 und der auf Erstattung von (danach) zu Unrecht entrichteten Zusatzbeiträgen in Höhe von insgesamt 94,08 EUR. Beide Klagen fallen unter § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Leistungsklage ist im Sinne dieser Vorschrift unmittelbar auf eine Geldleistung i.H.v. 94,08 EUR gerichtet. Diesen Betrag hat das SG dem Kläger versagt, ihn möchte er im Wege der Berufung geltend machen. Der Betrag von 94,08 EUR ist somit identisch mit der Beschwer des Klägers (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss 05.08.2015 - B 4 AS 17/15 B -; Beschluss vom 13.06.2013 - B 13 R 437/12 B -; Beschluss vom 04.07.2011 - B 14 AS 30/11 B -; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 144 Rn. 14; Jungeblut in BeckOK-SGG, 47. Edition, Stand: 01.12.2017, § 144 Rn. 20). Um diesen Betrag zurückfordern zu können, muss der Kläger den Rechtsgrund für die Einvernahme und das Behaltendürfen der Erhöhung des Zusatzbeitrags durch die Beklagte beseitigen. Dieses Ziel verfolgt er mittels der (Teil-) Anfechtungsklage, mit der er die Aufhebung des Beitragsbescheides fordert, soweit darin für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.03.2016 ein erhöhter Zusatzbeitrag steckt. Seine Beschwer beläuft sich insoweit ebenfalls auf 94,08 EUR.
Selbst addiert wird der von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geforderte Beschwerdewert von 750,00 EUR nicht überschritten, so dass die Berufung der Zulassung bedarf. Tatsächlich sind die Werte der beiden Klagen jedoch nicht zu addieren. Der Kläger fordert mit seiner Leistungsklage spiegelbildlich die Auskehrung desselben Betrags, für den er mit der (Teil-) Anfechtungsklage den Rechtsgrund zu beseitigen versucht, dass die Beklagte ihn behalten darf.
b) Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 144 Abs. 2 SGG), insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, und es liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann.
aa) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Diese liegt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt bzw. wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Das kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht bzw. eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist. Die Weiterentwicklung des Rechts wird dabei gefördert, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesvorschriften aufzustellen oder Lücken zu füllen oder wenn die Entscheidung Orientierungshilfe für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Sachverhalte geben kann (vgl. zum Ganzen: Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 28 und § 160 Rn. 6 ff; Senat, Beschluss vom 14.03.2016 - L 11 KR 26/16 NZB -). Dies setzt jedoch zumindest voraus, dass es sich bei der aufgeworfenen Rechtsfrage um eine Zweifelsfrage handelt und mithin Rechtsunsicherheit besteht. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 28, § 160 Rn. 8 ff.; Senat, Beschluss vom 14.03.2016 - L 11 KR 26/16 NZB -). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Der Kläger hat keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgezeigt. Die von ihm formulierte Frage, ob ein Verstoß der Krankenkasse gegen ihre Hinweispflicht nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V folgenlos bleibe oder sich hieraus - im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - ein Erstattungsanspruch des Versicherten in Bezug auf den erhöhten Zusatzbeitrag ergebe, beantwortet zum einen das Gesetz und zum anderen die Gesetzeshistorie. So lautet § 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V: "Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 6 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, gilt eine erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erstmalig erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; ". Der Gesetzgeber hat die vom Kläger formulierte Rechtsfrage (Was geschieht bei einem Verstoß der Krankenkasse gegen die sie treffende Hinweispflicht auf Erhöhung des Zusatzbeitrags?) also gesehen und beantwortet (Dann "gilt eine erfolgte Kündigung als in dem Monat erklärt, für den der Zusatzbeitrag erstmalig erhoben wird oder für den der Zusatzbeitragssatz erhöht wird; "). Dass dies nicht die vom Kläger als gerecht empfundene Antwort ist, ändert nichts an der abschließenden Beantwortung und Regelung der Rechtsfrage durch den Gesetzgeber. Das, was der Kläger anstrebt, entsprach der Rechtslage bis zum 31.12.2014. Damals lautete § 175 Abs. 4 Satz 7 SGB V: "Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht nach Satz 6 gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung oder die Erhöhung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum". Hiervon ist der Gesetzgeber mit der nunmehr geltenden Neufassung bewusst abgewichen und hat keine Verschiebung der Beitragserhöhung mehr vorgesehen (vgl. BT-Drs. 18/1307 S. 38-39). Bei dieser Rechtslage und Gesetzeshistorie bestehen keine ernsthaften Zweifel daran, dass die Nichteinhaltung der Informationspflichten sozialversicherungsrechtlich nur die Fiktion des rechtzeitig geltend gemachten Sonderkündigungsrechts, jedoch nicht die Folge hat, dass die Krankenkasse gehindert wäre, den erhöhten Zusatzbeitrag zu erheben.
Da der Kläger ausdrücklich keinen Amtshaftungsanspruch (mehr) geltend macht, kann offenbleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Nichteinhaltung der Hinweispflicht nach § 175 Abs. 4 Satz 6 SGB V einen solchen Anspruch begründen kann. Im Übrigen sind für Amtshaftungsansprüche die Landgerichte zuständig (Art. 34 Satz 3 GG i.V.m. § 1 ZPO i.V.m. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG).
Ob die vom Kläger formulierte Rechtsfrage bereits "höchstrichterlich" geklärt ist, kann dahinstehen. Das fordert § 144 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGG weder nach seinem Wortlaut ("Die Berufung ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.") noch nach seinem Sinn und Zweck. Vielmehr ist eine Rechtsfrage bereits dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort - wie hier - aus der Rechtsvorschrift ergibt und von vornherein praktisch außer Zweifel steht (st. Rspr. des BSG, vgl. Beschluss 16.04.2012 - B 1 KR 25/11 B und B 1 KR 25/11 B -; Beschluss vom 25.01.2012 - B 14 AS 111/11 B -; Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B -; Leitherer, a.a.O., § 160 Rn. 8a).
bb) Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt ebenfalls nicht vor.
Er ist nicht darin zu sehen, dass das SG auf die von Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen "nur sehr verkürzt eingegangen" ist. Zum einen ist diese Bewertung anhand des Urteils vom 28.02.2017 und des gerichtlichen Hinweises vom 28.10.2016 nicht nachzuvollziehen. Zum anderen liegen selbst in einem lediglich kurzen Eingehen auf die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen keine Verfahrensmängel. Das Gericht muss zwar in einem Urteil die Gründe angeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 128 Abs. 1 Satz 2 SGG). Hierzu sind alle wesentlichen Fragen abzuhandeln. Nicht notwendig ist es, auf alle Einzelheiten und jeden Vortrag der Beteiligten einzugehen. Nur die Leitgedanken sind wiederzugeben (BSG, Urteil vom 17.02.2016 - B 6 KA 50/15 B -; Keller, a.a.O., § 128 Rn. 16). Die Begründungspflicht des Gerichts ist selbst dann nicht verletzt, wenn dessen Ausführungen falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sind (BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 11 AL 145/10 B -; Keller, a.a.O., § 128 Rn. 16), was hier nicht der Fall ist.
Ebenfalls kein Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze oder gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens ist darin zu sehen, dass das SG zutreffend zur Begründung seiner Entscheidung auf die zum 01.01.2015 geänderte Rechtslage hingewiesen hat.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Mit diesem Beschluss wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
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