L 1 KR 347/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 KR 1685/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 347/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2016 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin als Pflegehelferin.

Die Beigeladene zu 1) betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Sie war u. a. mit der 24-Stundenpflege eines Wachkomapatienten beauftragt. Für dessen Pflege setzte sie insgesamt 3 festangestellte Mitarbeiter und 3 externe Mitarbeiter ein. Letztere sogenannten "freiberuflichen Auftragnehmer" wurden dabei ausschließlich für Auftragsspitzen eingesetzt, um die durchgehende Pflege des Patienten zu gewährleisten.

Die Klägerin, die sich selbst als "freiberufliche Fachpflegekraft" bezeichnet, gehörte in der Zeit vom 3. März 2013 bis 10. März 2013, vom 17. März 2013 bis 23. März 2013, vom 30. März 2013 bis 6. April 2013, vom 3. Mai 2013 bis 9. Mai 2013, vom 6. Juli 2013 bis 11. Juli 2013, vom 14. August 2013 bis 21. August 2013 und vom 31. August 2013 bis 8. September 2013 zu diesen "freiberuflichen Auftragnehmern", die für die Beigeladene zu 1) als Pflegehelferin auf Rechnungsbasis tätig war.

Die Vermittlung erfolgte über eine Agentur zur Vermittlung von Fachpflegekräften, die C C GmbH. Die Beigeladene zu 1) schrieb die jeweiligen zeitlich genau festgelegten Einsatztermine über die Agentur aus. Die Klägerin buchte die jeweiligen Einsätze verbindlich. In den jeweiligen Buchungsbestätigungen wird die Beigeladene zu 1) als "Auftraggeber" bezeichnet und die Klägerin als "Freiberufler". Die Klägerin erhielt einen festen Stundenlohn in Höhe von 22 EUR pro Stunde zuzüglich Nachtdienstzuschläge und Samstags- bzw. Sonntagszuschläge. Ausweislich der Buchungsbestätigungen sollte der Stundensatz ursprünglich 25,26 EUR inklusive Provision und Mehrwertsteuer betragen. Dieser Stundensatz verringerte sich aber deshalb, weil die Beigeladene zu 1) der Klägerin, wie auch ihren festen Mitarbeitern, eine Ferienwohnung als Übernachtungsmöglichkeit an dem Wohnort des Wachkomapatienten zur Verfügung gestellt hatte. Die von der Klägerin zur Pflege des Patienten benötigten Arbeitsmittel befanden sich im Besitz dieses Patienten oder wurden vom Kostenträger (Kranken- oder Pflegekasse) zur Verfügung gestellt.

Nach Anhörung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte als Ergebnis eines Statusfeststellungsverfahrens mit Bescheid vom 12. Februar 2014 fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Pflegekraft bei der Beigeladenen zu 1) in den vorgenannten Zeiträumen im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Es habe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Klägerin sei von der Beigeladenen zu 1) als Erfüllungsgehilfe eingesetzt worden, um die von ihr vertraglich geschuldeten Leistungen erbringen zu können. Für den Patienten sei die Klägerin Ansprechpartnerin und Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) gewesen, da sie von dieser zur Pflege eingesetzt worden sei. Ihre Vergütung sei nicht mit einem Verlustrisiko belastet gewesen, wie es für eine selbständige Tätigkeit üblich sei, da die Arbeitsleistung und nicht ein irgendwie gearteter Leistungserfolg geschuldet worden sei.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin, den diese damit begründete, dass Pflegepersonal grundsätzlich aufgrund ärztlicher Verordnung tätig werde und nicht etwa aufgrund der Vorgaben von Vorgesetzten, und dass es bei der Pflege des Wachkomapatienten keine vorgegebenen Abläufe gegeben habe, sondern sie aufgrund ihrer eigenen Fachkompetenz entscheiden musste, wann jeweils die pflegerischen Tätigkeiten durchzuführen waren, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 22. September 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die Beklagte jeglichen Einsatz im pflegerischen Bereich als abhängige Beschäftigungen bewerte. Dabei verwechsele sie fachliche Vorgaben, die an die Tätigkeit einer Pflegekraft gestellt würden, um ihre Tätigkeit im Sinne der Patienten zu erfüllen, mit dem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht. Darüber hinaus sei sie auch offensichtlich nicht in die Arbeitsabläufe eingegliedert gewesen, da sie ausschließlich für einen Wachkomapatienten verantwortlich gewesen sei. Die Beklagte verkenne, dass die Besonderheiten einer pflegerischen Tätigkeit nicht unbedingt automatisch Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellten.

Das Sozialgericht hat den angefochtenen Bescheid der Beklagten mit Urteil vom 24. Juni 2016 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) in den vorgenannten Zeiträumen nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Es habe sich um eine selbständige Tätigkeit gehandelt. Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung habe daher nicht bestanden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Ausgangspunkt für die Bewertung der Tätigkeit der Klägerin zunächst die zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) bestehenden Verträge seien. Darin würde die Klägerin als Freiberuflerin bezeichnet, die verbindlich für einen bestimmten Zeitraum als Pflegehelferin zu einem Stundensatz von 25,26 EUR inklusive Provision und Mehrwertsteuer gebucht worden sei. Aufgrund des Vorbringens der Beigeladenen zu 1) sei die Kammer auch davon überzeugt, dass die geschilderten tatsächlichen Abläufe nicht darauf schließen ließen, dass eine örtliche, zeitliche und fachliche Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) vorgelegen habe. Die Klägerin habe ihre Dienstleistung in der Wohnung der zu pflegenden Person erbracht. Der Kontakt zu den Mitarbeitern der Beigeladenen habe sich auf die Übergabe der Schlüssel und der Pflegedokumentation vor dem jeweiligen Arbeitseinsatz beschränkt. Die Klägerin selbst habe der Patientenakte entnommen, welche Pflegeleistungen zu erbringen und welche Besonderheiten gegebenenfalls zu beachten gewesen seien. Dies seien nach Auffassung der Kammer jedoch keine Weisungen des Auftraggebers, sondern dies entspreche vielmehr grundsätzlich dem Charakter von Pflegeleistungen. Diese hätten sich an den medizinischen und pflegerischen Bedürfnissen der Patienten auszurichten. Die Klägerin habe weder eine Einarbeitung erhalten noch habe sie an Fortbildungen oder Dienstbesprechungen teilgenommen. Sie "entschied bewusst, welche Schichten sie übernehmen wollte, insbesondere die Nachtschichten." Damit habe sich ihr "Tätigkeitsrahmen wesentlich gegenüber angestellt beschäftigten Pflegekräften" der Beigeladenen zu 1) unterschieden. Die zur Verfügung gestellte Wohnung, die sich die Klägerin mit den anderen externen Mitarbeitern während der Dienste geteilt habe, spreche ebenfalls nicht für eine abhängige Beschäftigung. Denn dafür habe sich ihr Stundensatz reduziert.

Gegen das ihr am 30. Juni 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 28. Juli 2016. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die Klägerin zusammen mit festangestellten und externen Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) zur 24-Stundenpflege eines Wachkomapatienten eingesetzt worden sei. Insofern sei sie als Erfüllungsgehilfin weisungsgebunden in die Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen, um einen ausschließlich mit der Beigeladenen zu 1) geschlossenen Pflegevertrag zu erfüllen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinn gemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Sozialgericht habe die angefochtene Entscheidung zu Recht aufgehoben. Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Im Übrigen falle es ihr schwer, die genauen Umstände ihrer jeweiligen Arbeitseinsätze darzulegen. Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin sei nicht weisungsgebunden tätig gewesen. Sie sei nicht in ihre Tätigkeit eingewiesen worden, sondern habe diese "schlichtweg" aufgenommen. Sie habe sich selbst mit den Gegebenheiten vor Ort und den persönlichen Gewohnheiten des Patienten vertraut machen müssen. Sodann sei sie "nach eigenem Ermessen zur Versorgung des (Patienten)" tätig geworden. Wie "sie diese Ziele erreichte", sei der Klägerin "vollständig selbst überlassen" gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat die Entscheidung der Beklagten zu Unrecht aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19. August 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin war in der Tätigkeit als Pflegehelferin bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt und in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig.

Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch.

Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. November 2011 -B 12 R 17/09 R und vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R -, zitiert jeweils nach juris).

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständige tätig wurde, sind die für ihre Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Danach wollten die Klägerin und die Beigeladenen zu 1) unzweifelhaft eine Tätigkeit auf Honorarbasis vereinbaren. Das Internet-Portal der Vermittlungsagentur, über die die Klägerin ihre Aufträge buchte, firmiert unter dem Titel "Auftrags- und Freiberuflerportal der Vermittlungsagentur C-C für Freiberufler & Selbständige". Ausweislich der jeweiligen Buchungsbestätigungen wurde die Beigeladene zu 1) als "Auftraggeber" und die Klägerin als "Freiberufler" bezeichnet. Die Klägerin selbst bezeichnet sich als "Freiberufliche Fachpflegekraft", die ihre Leistungen jeweils auf Stundenbasis in Rechnung stellt.

Das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich indes aus dem Gesetz. Sie kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als den abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteile des BSG vom 28. Mai 2008, a. a. O. und vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R –, zitiert nach juris).

Dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI selbst anerkennt, dass Pflegepersonen selbständig sein können, führt nicht dazu, die vorgenannten Grundsätze für die Abgrenzung für diesen Berufskreis nicht anzuwenden. Die Regelung stellt lediglich klar, dass eine Selbständigkeit von Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflegern möglich ist, obgleich sie regelmäßig auf ärztliche Anordnung bzw. Verordnung tätig werden und insoweit von Weisungsabhängigkeit vom verordnenden Arzt ausgegangen werden könnte (Urteil des Senats vom 27. April 2017 - L 1 KR 395/15 -, m. w. Nachw.).

An den vorgenannten Kriterien bemessen, war die Klägerin in ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen 1) abhängig beschäftigt. Sie hat diese Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht, weil sie in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) eingegliedert war und mit ihrer Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterlag.

Die Beigeladene zu 1) betreibt ein Pflege-Unternehmen. Dabei übernimmt sie u. a. für ihre Kunden pflegerische Tätigkeiten im Rahmen der häuslichen Krankenpflege. Einer ihrer Kunden war der Wachkomapatient, der 24 Stunden am Tag versorgungsbedürftig war. Nach dem Vortrag des Niederlassungsleiters der Beigeladenen zu 1) hat sie für die Versorgung dieses Kunden insgesamt "3 fest angestellte Mitarbeiter und 3 externe Mitarbeiter", also nach ihrem Sprachgebrauch Selbständige, darunter auch die Klägerin, eingesetzt. Die Klägerin war damit eine von insgesamt sechs Pflegekräften, die die Beigeladene zu 1) abwechselnd zur Erfüllung des von ihr angenommenen und zu erfüllenden Auftrages, die 24 Stunden-Versorgung des Wachkomapatienten, eingesetzt hat. Die Tätigkeit der Klägerin unterschied sich nicht von der Tätigkeit der bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigten Pflegekräfte. Bereits im Verwaltungsverfahren hat die Beigeladene zu 1) vorgetragen, dass die "freiberuflichen Auftragnehmer nur für Auftragsspitzen eingesetzt (worden sind), um die durchgehende Pflege des Patienten zu gewährleisten." Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin wie auch der Tätigkeit der unbestritten bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigten Pflegekräfte war die Versorgung und die Pflege des Wachkomapatienten. Inwiefern sich diese Tätigkeit der Klägerin von der Tätigkeit der Beschäftigten der Beigeladenen zu 1) im Einzelnen mit der Folge unterschied, dass eine unterschiedliche Statusfeststellung begründbar ist, konnten die Klägerin und die Beigeladene zu 1) nicht darlegen. Die Klägerin hatte, wie auch die beschäftigten Pflegekräfte der Beigeladenen zu 1), im Hause des Patienten die notwendigen pflegerischen Maßnahmen zu ergreifen und diese auch zu dokumentieren.

Damit war sie in das betriebliche Organisationgefüge der Beigeladenen zu 1), wie jeder andere ihrer Beschäftigten auch, eingegliedert. Soweit die Klägerin, die sich auf Nachfrage des Senats im Übrigen nicht mehr in der Lage gesehen hat, die genauen Umstände ihrer jeweiligen Arbeitseinsätze darzulegen, im Berufungsverfahren vorgetragen hat, dass sie der Beigeladenen zu 1) ihre Wünsche hinsichtlich der konkreten Arbeitszeiten (Spät- oder Nachtschicht) mitgeteilt und dann entsprechend diesen Wünschen "ausschließlich zu Nachtdiensten eingeteilt" worden sei, erschließt sich Bedeutungsgehalt dieses Vortrages nicht. Sofern sie damit verdeutlichen will, dass sie hinsichtlich der Zeit der Ausführung der von ihr zu erbringenden Arbeit keinem Weisungsrecht unterlag, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn sie spricht insoweit selbst lediglich von "Wünschen" und nicht von einseitigen verbindlichen Vorgaben, die sie der Beigeladenen zu 1) hätte machen können. Dass Wünsche im Rahmen von Schichteinteilungen berücksichtigt werden, ist auch bei Beschäftigten möglich. Entscheidend ist, ob von dem Arbeitgeber einseitige Weisungen erteilt werden. Dies ist hier aber der Fall, denn die Klägerin trägt insoweit selbst vor, dass sie "eingeteilt" worden sei. Letztlich hat also die Beigeladene zu 1) die Einteilung nach den betrieblichen Notwendigkeiten, selbstverständlich unter Berücksichtigung der Wünsche der Pflegekräfte, vorgenommen.

Im Übrigen trifft es aber auch nicht zu, dass die Klägerin ausschließlich zu Nachtdiensten eingeteilt worden ist. Bereits der Niederlassungsleiter der Beigeladenen zu 1) in Nürnberg hat erstinstanzlich ausgesagt, dass sich die Klägerin "überwiegend für Nachtschichten (habe) einteilen lassen." Dies trifft auch zu. So war die Klägerin ausweislich der vorliegenden Rechnungen jedenfalls am 9. März 2013 von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr tätig.

Hinsichtlich der Eingliederung der Klägerin in Organisationsstruktur der Beigeladenen zu 1) ist es auch bezeichnend, dass die Beigeladene zu 1) im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, dass "alle Tätigkeiten (der Klägerin) unter Absprache mit der Pflegedienstleitung des Auftraggebers erfolg(t)en." Soweit erforderlich erfolgte eine "Eingliederung im Dienstplan des Auftraggebers und in die Pflegedokumentation." Es habe auch eine "Teilnahmemöglichkeit an Dienstbesprechungen und Schulungsmaßnahmen des Auftraggebers" bestanden.

Insbesondere die Einteilung in die Dienstpläne des Beigeladenen zu 1) ist ein Indiz für die Eingliederung in eine fremde, von dritter Seite vorgegebene Organisationstruktur, und damit für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Denn der Dienstplan ist ein Instrument der Personaleinsatzplanung in Betrieben und Unternehmen. Er soll sicherstellen, dass der mittels des Einsatzes von Arbeitskräften verfolgte Zweck erreicht wird und die Zweckerreichung den Qualitätsanforderungen entspricht. Der Niederlassungsleiter der Beigeladenen zu 1) in Nürnberg hat hierzu erstinstanzlich ebenso bezeichnenderweise vorgetragen, dass "die Zeiträume der Klägerin monatsweise vorher abgesprochen worden" seien. Nur mittels der Unterstützung der Klägerin konnte die Beigeladene zu 1) seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden, die Rund um die Uhr Pflege des Wachkomapatienten, sicherstellen.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass sie "frei darüber entscheiden" konnte, wann sie die "notwendigen Maßnahmen durchführt und wie Hygiene- und Patientensicherheit gewährleistet wird", und dass "im Gegensatz hierzu – nach Angaben der Beigeladenen zu 1) – für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem bei ihr bestehenden Arbeitsverhältnis umfangreiche Verfahrensanleitungen im Bereich Grund- und Behandlungspflege (bestünden), die bei Bedarf von der Beigeladenen zu 1) angefordert werden müssten", und sie, die Klägerin, über diese Verfahrensanleitungen nicht verfügt habe, erschließt sich dieses Vorbringen ebenfalls nicht.

Sollte die Klägerin meinen, dass sie, anders als die Beschäftigten der Beigeladenen zu 1), Standards der Grund- und Behandlungspflege nicht einzuhalten hatte und ausschließlich sie entschieden habe, ob sie notwendige pflegerische Maßnahmen ergreift und wie sie die Hygiene- und Patientensicherheit gewährleistet, mag dies ein Fall für die Aufsicht sein. Notwendige (Pflege-)Maßnahmen sind jedenfalls dann durchzuführen, wenn sie notwendig sind. Hygiene und Sicherheitsbestimmungen sind per se einzuhalten. Jedenfalls war sie mit ihrer Tätigkeit Teil eines fremden Organisationsgefüges. Ihre Einbindung in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) ergab sich durch die Erfordernisse der Organisation der Pflege des Wachkomapatienten und der Leistungsdokumentation. Ihre Tätigkeit unterschied sich insoweit nicht von der Tätigkeit der Beschäftigten der Beigeladenen zu 1).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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