L 7 R 2405/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 R 66/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2405/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab dem 1. September 2014 Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Zugangsfaktor von 0,964 (Rentenabschlag 3,6%) hat.

Der 1952 geborene Kläger vereinbarte im Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 20. November 2006 mit seinem Arbeitgeber, dass sein Arbeitsverhältnis ab dem 1. September 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werde. Die Arbeitsphase wurde für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis 28. Februar 2011 und die Freistellungsphase vom 1. März 2011 bis zum 31. August 2014 festgesetzt. Im Versicherungsverlauf des Klägers vom 26. Juni 2014 sind alle Monate von September 1967 bis Mai 2014 mit Pflichtbeitragszeiten belegt.

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 16. Juni 2014 (Bl. 27 Rückseite) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte erst zum 1. September 2015 möglich sei. Der Kläger habe daraufhin mitgeteilt, damit habe sich die Beantragung dieser Rente für ihn erledigt. Er bitte um Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte zum 1. September 2014. Mit Schreiben vom 16. Juni 2014, bei der Beklagten am 17. Juni 2014 eingegangen, teilte der Kläger mit, da er bereits 2012 die Wartezeit für eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte mit 45 Versicherungsjahren erfüllt habe, stelle sich die Frage der Berentung im Rahmen der Rentenreform neu. Er bitte um rechtsverbindliche Auskunft über seine zu erwartende Rentenleistung im Anschluss an die Altersteilzeitvereinbarung zum 1. September 2014 und bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres ohne weitere Beitragsleistung. Eine Meldung zur Arbeitslosenversicherung scheide nach Auskunft des Arbeitgebers aus, da von der Bundesanstalt für Arbeit Leistungen erbracht worden seien.

Am 7. Juli 2014 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte und den Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte.

Mit Bescheid vom 14. August 2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. September 2014. Hierbei legte sie Entgeltpunkte für 529 Monate mit vollwertigen Pflichtbeitragszeiten und einen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente wegen Alters um 0,003 für 36 Kalendermonate um insgesamt 0,108 verminderten Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde.

Hiergegen erhob der Kläger am 12. September 2014 Widerspruch, ohne diesen zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 9. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, ausweislich seines Versicherungsverlaufs seien 564 Monate (47 Versicherungsjahre) mit Pflichtbeitragszeiten belegt, somit sei die allgemeine Wartezeit von 45 Versicherungsjahren für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllt. Er habe im Laufe seines Versicherungslebens bereits zweimal Nachteile hinnehmen müssen. Zum einen sei er nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst bei der Bundeswehr nachversichert worden. Hierbei sei nur das Grundgehalt ohne die Sozialversicherungsbeiträge in die Rentenberechnung übernommen worden. Zum anderen habe er durch das Altersteilzeitverhältnis einen Einkommensverlust von rund 20% sowie einen Verlust in der Altersversorgung durch die zehnprozentige niedrigere Beitragsleistung und den früheren Rentenbeginn mit 62 Jahren (Rentenkürzung 10,8%) erlitten. Mit der Einführung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 63. Lebensjahr durch das Rentenversicherungs(RV)-Leistungsverbesserungsgesetz und die abschlagsfreie Altersrente nach 45 Versicherungsjahren ab dem 63. Lebensjahr werde vom Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die die Versicherten gleichen Alters mit gleicher Lebensbeitragsleistung unterschiedlich behandle und einen Teil der Versicherten, die über andere gesetzliche Regelungen die Rentenleistung vorzeitig beziehen müssten, über das vertretbare Maß hinaus belaste. Durch diese gesetzliche Maßnahme zur Berentung, die letztlich den Abbau älterer Versicherter zugunsten der jüngeren Arbeitnehmer zum Ziel gehabt habe, führe dies nach Jahren zu erheblichen Nachteilen, die dieser Personenkreis bei Kenntnisnahme der jetzigen Möglichkeit nicht hingenommen hätte. Der Gesetzgeber verkenne hierbei, dass die Berechnung der Rentenanwartschaft ausschließlich auf der Grundlage der nachgewiesenen Versicherungsjahre und der Beitragsleistung erfolge, die nach einem nahezu als willkürlich anzusehenden, durch den Gesetzgeber festgelegten Rentenbeginn zwischen dem 60. und 67. Lebensjahr aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und/oder sozialpolitischen Erwägungen abgeändert werde. Der Gesetzgeber müsse bei der Festlegung des Renteneintrittsalters jedoch beachten, dass der jeweilige Personenkreis im Hinblick auf die erworbenen Rentenanwartschaften gegenüber den anderen Rentenbeziehern gleichen Jahrgangs und gleicher Lebensbeitragsleistung nicht bevorzugt bzw. benachteiligt werde. Der Gesetzgeber habe deshalb bei der Einführung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes mit der Festlegung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte die Versicherten gleicher Altersjahrgänge zu berücksichtigen. Versicherte, die nach diesem Zeitpunkt bei gleicher Beitragsleistung und Wartezeiterfüllung einen anderen Rentenanspruch hätten, seien nur so weit zu belasten, wie sie durch die anderen gesetzlichen Festlegungen der Rentenarten betroffen wären. Dieser Versichertenkreis dürfe daher nach dem bisherigen Modus von 0,3% je Monat nur mit einem Rentenabschlag von 3,6% anstatt der bisherigen 10,8% belastet werden.

Die Beklagte hat vorgetragen, ein Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte bestehe für Versicherte, die das maßgebende Lebensalter – frühestens das 63. Lebensjahr – vollendet hätten. Der Kläger könne die Altersrente für besonders langjährig Versicherte somit frühestens ab dem 1. September 2015 in Anspruch nehmen. Eine vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente sehe das Gesetz nicht vor. Der Kläger habe die Altersteilzeit eigenverantwortlich mit seinem Arbeitgeber vereinbart. Die daraus resultierende niedrigere Beitragsleistung zur Rentenversicherung dürfte dem Kläger vor Abschluss der Vereinbarung bekannt gewesen sein.

Mit Urteil vom 18. Mai 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die bewilligte Altersrente für langjährig Versicherte zutreffend unter Zugrundelegung eines um 0,003 geminderten Zugangsfaktors für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente berechnet. Bei der Ermittlung des Zugangsfaktors sei nicht auf die Altersgrenze der Rente für besonders langjährige Versicherte nach § 236b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) abzustellen. Die Bestimmung des Zugangsfaktors in § 77 Abs. 2 SGB VI gelte nur für die jeweilige Altersrentenart. Es liege auch keine Ungleichbehandlung von "Bestandsrentnern" und "Neurentnern" im Sinne des Art. 3 Abs.1 Grundgesetz (GG) vor. Der Gesetzgeber sei berechtigt, zur Regelung bestimmter Sachverhalte Stichtage einzuführen. Die mit der Einführung der Altersrente für besonders langjährig Versicherte gewährte Begünstigung komme allerdings wegen des Unterscheidungsmerkmales des Stichtages 1. Juli 2014 nicht den Bestandsrentnern zugute.

Gegen das dem Kläger am 6. Juni 2017 zugestellte Urteil hat dieser am 21. Juni 2017 unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Er hat vorgetragen, ihm sei durchaus bewusst, dass im Wege einer Klage die Reduzierung des Zugangsfaktors um lediglich 0,036 entsprechend der gesetzlichen Regelung nicht möglich sei. Die gesetzliche Regelung sei jedoch verfassungswidrig. In der Gesetzgebung zur Altersrente für besonders langjährig Versicherte bestehe für die Jahrgänge von 1952 bis 1962 eine Gesetzeslücke. Es fehle eine Vertrauensschutzregelung für Versicherte, deren Altersteilzeitvertrag nach dem 1. Juli 2014 mit dem 62. Lebensjahr ende und die die besondere Wartezeit von 45 Versicherungsjahren zu diesem Zeitpunkt erfüllt hätten. In der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2018 hat der Kläger nochmals klargestellt, dass er ausschließlich die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Zugangsfaktor von 0,964 geltend macht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Änderung des Rentenbescheides vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2014 eine höhere Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. September 2014 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 0,964 zu bewilligen, hilfsweise das Verfahren gem. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorzulegen, ob das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23. Juni 2014 (BGBl. I 2014, S. 787) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Kläger begehrt höhere Leistungen für länger als ein Jahr (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG).

Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2014 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte dem Kläger zum einen eine bestimmte Rentenart – nämlich Altersrente für langjährig Versicherte (Verfügungssatz 1) -, ab einem bestimmten Zeitpunkt – nämlich ab dem 1. September 2014 (Verfügungssatz 2) – in einer bestimmten Höhe – nämlich mit einem monatlichen Zahlbetrag von 1.394,69 EUR (Verfügungssatz 3) – bewilligt hat. Gegen den Verfügungssatz 3 wendet sich der Kläger statthaft mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG). Ausdrücklich nicht geltend gemacht hat der Kläger die (vorzeitige) Gewährung einer Rente für besonders langjährig Versicherte.

Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente für die Zeit ab dem 1. September 2014. Der angefochtene Bescheid vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2014 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die Beklagte hat dem Kläger mit den angefochtenen Bescheiden zutreffend und rechtsfehlerfrei auf dessen Antrag vom 7. Juli 2014 Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. September 2014 bewilligt, insbesondere in nicht zu beanstandender Höhe.

Gem. § 236 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben, mit Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte.

Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich (§ 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach der Übergangsregelung in § 236 Abs. 3 SGB VI ist für Versicherte, die 1. nach dem 31. Dezember 1947 geboren sind und 2. entweder a) vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes (ATG) vereinbart haben oder b) Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben, eine vorzeitige Inanspruchnahme mit Vollendung des 62. Lebensjahres möglich, wenn sie in den Jahren 1950 bis 1963 geboren sind. Diese Voraussetzungen hat der am 21. August 1952 geborene Kläger, der am 20. November 2006 mit seinem Arbeitgeber einen §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 ATG entsprechenden Altersteilzeitvertrag geschlossen hat, erfüllt.

Nach § 67 Nr. 1 SGB VI beträgt der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte bei Rente wegen Alters 1,0.

Nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a) SGB VI ist der Zugangsfaktor für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0.

Unter Zugrundelegung dieser Regelungen hat die Beklagte die dem Kläger gewährte Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. September 2014 zutreffend berechnet und insbesondere wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme einen um 0,108 geminderten Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde gelegt. Insbesondere die im Versicherungsverlauf enthaltenen Zeiten der Nachversicherung und die während der Altersteilzeit gemeldeten Beitragszeiten sind zutreffend berücksichtigt.

Das Begehren des Klägers, ihm eine Rente für langjährig Versicherte unter Zugrundelegung eines lediglich um 0,036 niedrigeren Zugangsfaktors zu gewähren, würde eine Altersgrenze von 63 Jahren für die Inanspruchnahme der Altersrente ohne Abschläge voraussetzen. Eine solche Altersgrenze ist jedoch nur für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte gem. § 236b SGB VI vorgesehen; der am 21. August 1952 geborene Kläger hätte diese Rente erst ab dem 1. September 2015 in Anspruch nehmen können. Eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist nach der gesetzlichen Regelung jedoch nicht möglich.

Es ist auch nicht möglich, bei der Berechnung des Vorzeitigkeitszeitraums für die Altersrente für langjährig Versicherte den Vorzeitigkeitszeitraum für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte zugrunde zu legen. Denn Berechnungselemente aus der einen Altersrentenart (frühestmöglicher Zeitpunkt der vorzeitigen Altersrente für langjährig Versicherte nach §§ 36 S. 2, 236 Abs. 3 SGB IV) sind nicht mit Berechnungselementen einer anderen Altersrentenart (frühestmöglicher Zeitpunkt der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b Abs. 2 SGB VI) kombinierbar (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. November 2016 – L 14 R 471/16 – juris Rdnr. 31; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. März 2017 – L 10 R 3893/16 – juris Rdnr. 17).

Die gesetzlichen Regelungen zur Bestimmung des Zugangsfaktors begegnen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, so dass eine Vorlage nach § 100 Abs. 1 Satz 1 GG an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht in Betracht kommt.

Die Vorschriften über die Bestimmung von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente (hier: § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI) und die Vertrauensschutzregelungen sind verfassungsgemäß; nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die für die gesamte Dauer des Rentenbezugs vorgenommene Kürzung des Zugangsfaktors um 0,003 für jeden Kalendermonat des vorzeitigen Rentenbezugs einer Altersrente auf Grundlage des § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 5. Februar 2009 – 1 BvR 1631/04 – juris Rdnr. 27; Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 u.a. – juris Rdnr. 80 ff.; ebenso Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 5. Mai 2009 – B 13 R 77/08 R – juris Rdnr. 20 zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit; BSG, Urteil vom 19. November 2009 – B 13 R 5/09 R – juris Rdnr. 28 zur Altersrente für langjährig Versicherte; Senatsurteil vom 17. März 2016 – L 7 R 972/15 –n.v.; Senatsurteil vom 7. Juli 2016 – L 7 R 273/15 – juris Rdnr. 29), weil die Vorschrift eine zum Schutz der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), die in den Abschlagsregelungen liegende Einschränkung der Anwartschaft durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entspricht.

Anhaltspunkte für eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG liegen nicht vor. Dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen zwar die Anwartschaften auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gegenstand des Schutzes des Art. 14 Abs. 1 GG ist die Anwartschaft, wie sie sich insgesamt aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibt (BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvL 10/00 – BVerfGE 177, 122 - juris Rdnr. 50 f. m.w.N.). In diese Anwartschaft ist durch die Schaffung einer weiteren Rente wegen Alters in Form der Altersrente für besonders langjährig Versicherte in § 236b SGB VI nicht eingegriffen worden.

Es liegt auch keine nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Ungleichbehandlung vor. Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [397] m.w.N., ständige Rechtsprechung). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [398] m.w.N.). Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [398] m.w.N.). Danach liegt bereits keine Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Personen mit gleichem Lebensalter und gleicher Erwerbsbiographie vor, da diese auch nur entweder die Altersrente für langjährig Versicherte mit gleichen Abschlägen oder die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, jedoch erst mit Erreichen der nach § 236 b SGB VI zu berechnenden Altersgrenze, in Anspruch nehmen können. Es existiert keine gesetzliche Regelung, wonach der Kläger verpflichtet gewesen wäre, unmittelbar im Anschluss an die Freistellungsphase eine Altersrente zu beantragen. Im Übrigen hat sich der Kläger auch in dem Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 20. November 2006 nicht verpflichtet, unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Rentenantrag zu stellen. Grundsätzlich in Betracht gekommen wäre auch die Gewährung von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12. Oktober 2017 – B 11 AL 17/16 R – juris). Soweit der Kläger hierzu im Schreiben vom 16. Juni 2014 mitgeteilt hatte, eine Meldung zur Arbeitslosenversicherung scheide nach Auskunft des Arbeitgebers aus, da von der Bundesanstalt für Arbeit Leistungen erbracht worden seien, war er jedenfalls über diese Möglichkeit unterrichtet und es bestand keine diesbezügliche Pflicht zur Beratung durch die Beklagte.

Nicht möglich ist, zunächst die Rente für langjährig Versicherte ab dem 1. September 2014 und nachfolgend ab 1. September 2015 eine Rente für besonders langjährig Versicherte mit einem geänderten Zugangsfaktor zu beziehen (vgl. Beschluss des Senats vom 16. November 2017 – L 7 R 2725/17 - n.v.; Senatsurteil vom 7. Juli 2016 – L 7 R 273/15 – juris Rdnr. 33).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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