Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 317/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 U 10/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 21. März 2001 eine Rente zu gewähren ist.
Der am 23. Januar 1973 geborene Kläger war Vertrags-Eishockeyspieler bei "A. GmbH" in der D. Eishockey-Liga. Am 21. März 2001 verdrehte er sich beim Training im Eisstadion M. das linke Knie.
In dem Durchgangsarztbericht des Unfallchirurgen Dr. O. vom 21. März 2001 wurde eine dorsomediale Innenbandüberdehnung des linken Knies bei Verdacht auf Innenmeniskus-Hinterhornschaden diagnostiziert sowie anamnestisch ein Zustand nach einer Innenbandruptur des linken Kniegelenks vor einem halben Jahr beschrieben. Nach einer Arthroskopie des linken Kniegelenks beschrieb der Operateur Dr. K3 in seinem Operationsbericht vom 23. März 2001 eine leicht vermehrte Aufklappbarkeit des inneren Gelenkspaltes. Eine vordere und hintere Schublade habe sich nicht auslösen lassen, das Kniegelenk sei frei beweglich gewesen, ein größerer Erguss habe nicht getastet werden können. Aus der Vorgeschichte sei bekannt, dass das Innenband schon einmal verletzt gewesen sei. Somit müsse die vermehrte Aufklappbarkeit dem alten Ergebnis angelastet werden. Nach einer Magnetresonanztomographie (MRT) am 23. März 2001 diagnostizierte Prof. Dr. M1 einen Innenmeniskushinterhornriss mit Kontakt zur meniskalen Ober- und Unterfläche und horizontaler und vertikaler Ausbreitung. Mit Schreiben vom 8. Mai 2001 teilte Dr. O. der Beklagten mit, dass sich intraoperativ eine Innenband- und Kapselüberdehnung des linken Kniegelenks sowie ein Innenmeniskushinterhornschaden mit Längs- und Sandwichrissbildung gezeigt hätten. Er sehe einen ursächlichen Zusammenhang des Gesundheitsschadens mit dem Unfallereignis. In einem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 11. Juni 2001 wiederholte die Chirurgin Dr. G. diesen Befund und ergänzte, dass die präoperativen Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für frische knöcherne Verletzungen, jedoch für beginnende degenerative Veränderungen ergeben hätten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde dauerhaft auf unter 10 v.H. geschätzt.
Mit Schreiben vom 15. August 2001 an die Beklagte teilte der Unfallchirurg Dr. S. mit, dass er der Auffassung von Dr. O. zustimme. In seinem chirurgischen Gutachten zur Zusammenhangsfrage vom 27. September 2007 kam der Leitende Arzt der Unfallklinik M2, Prof. Dr. H., zu dem Ergebnis, dass aus dem Unfallereignis vom 21. März 2001 allenfalls eine Zerrung des linken Knies abgeleitet werden könne. Die Innenmeniskusschädigung sei auf die Restinstabilität nach Innenbandruptur im Jahr 2000 am linken Knie zurückzuführen bzw. als isolierte Meniskopathie zu bezeichnen.
Mit Bescheid vom 7. November 2007 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalles vom 21. März 2001 ab. Als dessen Folgen werde eine ohne Funktionseinschränkungen ausgeheilte Zerrung des linken Kniegelenks anerkannt.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2008 legte der inzwischen in Ö. wohnhafte Kläger gegen diesen Bescheid, der am 12. Dezember 2007 seinem Bevollmächtigten, dem Sozialversicherungsfachberater D1, zugestellt worden war, Widerspruch ein. Zur Begründung legte er ein unfallchirurgisches Facharztgutachten des Oberarztes Dr. K1, dem Mannschaftsarzt des Eishockeyteams L., vom 11. März 2008 vor. Darin wird ausgeführt, dass sich aus den Unterlagen und der Krankengeschichte des Klägers eine Innenbandruptur am linken Knie im September 2000 nicht feststellen lasse. Es bestehe nunmehr eine Instabilität des medialen Seitenbandes. Es sei hier offensichtlich durch die Rotation des Kniegelenks bei fixiertem Unterschenkel doch zu einem Meniskusschaden gekommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 1. August 2008 zur Post gegeben. Die entsprechende Postzustellungsurkunde, die für den Kläger persönlich ausgestellt worden war, trägt einen Datumsstempel der K. Post vom 13. August 2008. Am 10. Oktober 2008 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und bat um Übersendung des Bescheides, da für den Kläger Post in Q. angekommen sei, die dessen Schwiegervater ohne Unterschrift des Klägers, der sich derzeit in F. aufhalte, nicht ausgehändigt werde. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten daraufhin mit Schreiben vom 10. Oktober 2008 formlos übersandt. Zur Begründung ihres Widerspruchsbescheids wies die Beklagte darauf hin, die Stellungnahme des Dr. K1 basiere auf der irrigen Annahme, dass lediglich eine Innenbandzerrung als Vorschaden zu beachten sei, die bis zu dem angeschuldigten Ereignis keine Instabilität verursacht habe. Diese Auffassung werde durch den Durchgansarztbericht des Dr. O. vom 21. März 2001 widerlegt, der einen Zustand nach Innenbandruptur im linken Kniegelenk vor ca. einem halben Jahr beschrieben habe. Auch sei der Kläger bereits zu dem damaligen Zeitpunkt mit einer Kniegelenksarthrose links ausgestattet gewesen.
Der Kläger hat am 17. November 2008 Klage erhoben. Die vermehrte Aufklappbarkeit des medialen Gelenkspalts müsse zumindest auch dem Unfall vom 21. März 2001 zugeschrieben werden, da sich aus dem Gutachten des Dr. K1 ergebe, dass klinisch ein erheblicher Schmerz über dem distalen Innenband habe ausgelöst werden können, sodass eine frische Komponente zwangsläufig zu diagnostizieren sei. Die Annahme des Sachverständigen Prof. Dr. H., es habe bereits eine Innenbandruptur am linken Knie vorgelegen, sei unter Verweis auf das Gutachten des Dr. K1 richtig zu stellen. Ihm stehe zumindest eine gestützte Verletztenrente unter Berücksichtigung der Folgen zweier weiterer Arbeitsunfälle zu, wegen derer er gleichzeitig Klage erhoben hat, die das Sozialgericht später abgetrennt hat.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat unter anderem darauf hingewiesen, dass der Kläger als Spieler der f. Eishockey-Liga weiterhin seiner Tätigkeit auf hohem Niveau nachgehe. Nach einschlägigen Erfahrungen mit der Verwertbarkeit von Gutachten von Mannschaftsärzten lehne sie diese inzwischen gänzlich ab.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage des Chirurgen Dr. D2 vom 26. April 2010. Der Sachverständige kommt darin zu dem Ergebnis, dass der Unfall allenfalls zu einer groben Distorsion des linken Kniegelenks bei anzunehmenden vorbestehendem Meniskusschaden im Hinterhornbereich des Innenmeniskus geführt habe. Eine wesentliche Ursache durch das Unfallgeschehen sei für die Meniskusschädigung nicht anzunehmen. Es habe eine Vorschädigung bestanden. Die MdE sei mit unter 10 v.H. anzusetzen.
Der Kläger hat daraufhin eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für orthopädische Chirurgie Dr. C. vorgelegt, wonach der Kläger seit 2009 bei ihm in Behandlung sei und er – der Kläger – mehrere Male Opfer von Unfällen beim Hockey geworden sei. Die derzeitigen aktuellen Folgen und seine "Sport-Unfähigkeit" ständen in Verbindung mit seinen zahlreichen Unfällen beim Hockey.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. Dezember 2011 abgewiesen. Die Folgen des Unfalls vom 21. März 2001 minderten die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um mindestens 10 v.H. Aus dem Sachverständigengutachten des Dr. D2 ergebe sich, dass das Unfallgeschehen allenfalls zu einer groben Distorsion des linken Kniegelenks bei anzunehmendem Meniskusschaden im Hinterhornbereich des Innenmeniskus geführt habe. Der Sachverständige habe nachvollziehbar erklärt, dass unter anderem aufgrund der fettigen Degeneration mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass eine Vorschädigung vorgelegen habe. Diese Bewertung stimme auch mit den Erfahrungswerten in der wissenschaftlichen Literatur überein. Den Ausführungen des Dr. K1 und Dr. Cartier könne nicht gefolgt werden, da diese sich nicht ansatzweise mit den Kausalitätsproblemen befasst, keine Befunde mitgeteilt und keine Trennung zwischen dem Unfallereignis und bereits nachgewiesenen Vorschäden vorgenommen hätten.
Gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2011 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 19. März 2012 Berufung eingelegt. Die Klage sei fristgemäß erhoben worden, da die Zustellung des Widerspruchs in K. die Klagefrist nicht habe in Lauf setzen können, denn der Bescheid sei entgegen § 13 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht dem Bevollmächtigten zugestellt worden. Die dreimonatige Klagefrist habe damit erst im Oktober 2010 nach Übersendung des Bescheides an den Bevollmächtigten (10. Oktober 2010) zu laufen begonnen. Das Sozialgericht habe den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, da es seinem Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), das Gutachten des Sachverständigen Dr. D2 dem Gutachter Dr. K1 vorzulegen, nicht nachgekommen sei. Der Sachverständige Dr. D2 habe fehlerhaft die Daten eines weiteren Arbeitsunfalls vom 2. Dezember 2012 mit dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis vermengt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 8. Dezember 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 21. März 2001 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10% zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wendet ein, ihr liege ein Antrag des Klägers nach § 109 SGG nicht vor. Die unrealistische Einschätzung der MdE durch Dr. K1 bestätige ihre generelle Skepsis gegenüber Mannschaftsärzten; auf eine weitere Aufklärung könne insoweit verzichtet werden.
Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 22. November 2012 ein fachchirurgisches Gutachten des Chirurgen Dr. K2 eingeholt. In dessen Gutachten vom 10. Januar 2013 kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass bei einer Abwägung der festgestellten Meniskusläsion mit den Begleitverletzungen im linken Knie und den in der Kniespiegelung nachgewiesenen degenerativen Veränderungen an den Schienbeintellern und der Rückfläche der Kniescheibe eindeutig mehr Kausalfaktoren gegen das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen der Innenmeniskusschädigung und dem Unfallereignis sprächen als dafür. Auch ein verletzungstypisches Schadensbild am Innenband könne nicht als Folge des Ereignisses vom 21. März 2001 herausgearbeitet werden. Allenfalls sei von einer erlittenen Innenbandzerrung auszugehen. Eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß sei nicht entstanden. Dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. schließe er sich an. Dem Gutachten des Dr. K1 sei nicht zu folgen, da die genannten degenerativen Veränderungen bei diesem keine Erwähnung fänden.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das Gericht sodann ein weiteres Gutachten des Dr. K1 zu der Frage eingeholt, welche körperlichen Folgen (und gegebenenfalls welche MdE) aus dem Unfall vom 21. März 2001 resultierten. Der Sachverständige hat unter dem 18. Dezember 2015 mitgeteilt, dass er nach sorgfältigem Aktenstudium eine über seine beiden Gutachten aus den Jahren 2007 und 2008 hinausgehende gutachterliche Stellungnahme sinnvollerweise nicht abgeben könne.
Der Senat hat über die Berufung am 22. November 2017 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 SGG zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in dessen Rechten. Der Kläger hat aus dem Versicherungsfall vom 21. März 2001 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere hat der Kläger die Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG eingehalten. Eine Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids gegenüber dem Kläger persönlich, die am 13. August 2008 erfolgt sein könnte, konnte die Klagefrist nicht in Lauf setzen. Ist – wie im Streitfall – ein Bevollmächtigter bestellt, hat sich die Behörde nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an den Bevollmächtigten (und nicht an den Beteiligten) zu wenden. Ein Ermessen ist ihr insoweit nicht eingeräumt. Dieser Grundsatz wird allerdings für die Bekanntgabe des Verwaltungsakts durch § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X modifiziert, wonach die Bekanntgabe des Verwaltungsakts gegenüber dem Bevollmächtigten vorgenommen werden "kann". Die Bekanntgabe des Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten ist danach nicht in das Belieben der Behörde gestellt, vielmehr ist ihr insoweit Ermessen eingeräumt (vgl. Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 37 Rz. 10). Bei der Ermessensausübung, die nicht fehlen darf, aber nicht begründet zu werden braucht, sind alle Umstände zu berücksichtigen, die eine Bekanntgabe an den Bevollmächtigten nahelegen oder ausschließen (vgl. Ruppelt, jurisPR-SozR 19/2014 Anm. 6). Hier hätte der Umstand berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger als international tätiger Eishockeyspieler während des Laufs des Verwaltungsverfahrens als Profisportler bei Vereinen in D., Ö. und auch F. tätig war. Wenn trotzdem eine Bekanntgabe an den Vertretenen (den Kläger) erfolgen soll, ist diese Entscheidung jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn nicht die aktuelle Adresse seines Aufenthaltsortes in E. als Bekanntgabeadresse gewählt wird, sondern seine (frühere) Heimatadresse in K ... Auch die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids hätte deshalb an den Bevollmächtigten erfolgen müssen. Dem Bevollmächtigten wurde der Widerspruchsbescheid aber erst mit Schreiben der Beklagten vom 10. Oktober 2008 übersandt. Darauf, ob die am 17. November 2008 erhobene Klage rechtzeitig, nämlich innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG bei dem Sozialgericht eingegangen ist, kommt es ebenfalls nicht an. Zwar gilt für Zustellungen an einen inländischen Bevollmächtigten nicht die Dreimonatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 87 Rz. 3), doch hat die Beklagte den Bescheid weder an den Bevollmächtigten zugestellt noch durch Aufgabe zur Post bekannt gegeben, sondern lediglich formlos übersandt. Zudem ist die Rechtsbehelfsbelehrung, die nur eine dreimonatige Klagefrist nennt, falsch, so dass die Klage gemäß § 66 Abs. 2 SGG innerhalb eines Jahres nach Zustellung oder Eröffnung des Widerspruchsbescheids erhoben werden konnte.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
a) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSG, Urteil vom v. 26. November 1987– 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27). Maßgeblich ist aber nicht die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten, sondern eine abstrakte Berechnung (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 3/2017, § 56 Rz. 10.1). Die Gesundheitsbeeinträchtigung muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 4).
b) Im Streitfall mindern die Folgen des Unfalls vom 21. März 2001 die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigender Weise um mindestens 20 v.H. Der Sachverständige Dr. K2 ist in seinem überzeugenden Gutachten vom 10. Januar 2013 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nach dem Unfallereignis an einem Innenmeniskusriss des linken Kniegelenks und einer leichtgradigen Innenbandinstabilität des linken Kniegelenks leidet. Er hat dargelegt, dass der linke Innenmeniskus des Klägers bereits vor dem Unfall am 21. März 2001 erheblich vorgeschädigt und zermürbt gewesen sei. Das Schadensbild gehe auf einen unfallunabhängigen Degenerationsprozess zurück; es handele sich um das Ende eines schleichenden, krankhaften Prozesses. Durch das Unfallereignis sei keine wesentliche Verschlimmerung des vorbestehenden Schadens entstanden. Der Sachverständige geht dabei davon aus, dass der von dem Kläger beschriebene Unfallmechanismus zwar einen potentiell geeigneten Mechanismus für eine traumatische Meniskusläsion darstelle, die typischen verletzungsspezifischen Begleitverletzungen bei dem Kläger aber weder im Rahmen der MRT-Untersuchung noch bei der arthroskopischen Untersuchung nachweisbar gewesen seien. Es sprächen mehr Kausalfaktoren gegen das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen der Innenmeniskusschädigung und dem Unfallereignis vom 21. März 2001 als dafür. Die Innenmeniskusschädigung wäre auch ohne das Unfallereignis durch beliebig austauschbare Ereignisse des täglichen Lebens wie ruckartige Körperdrehbewegungen oder reflexartige Ausweichbewegungen aufgetreten.
Der von dem Kläger beschriebene Unfallmechanismus wäre theoretisch auch geeignet, eine Innenbandschädigung zu verursachen. In der zwei Tage nach dem Unfall durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung hätten sich frische Verletzungsmuster an den Bandstrukturen aber nicht gezeigt, sie seien sämtlich als intakt befundet worden. Dem Operationsbericht des Dr. K3 könne dagegen entnommen werden, dass das Innenband schon einmal verletzt gewesen sei, sich frische Einblutungen im Bandgefüge aber nicht gezeigt hätten. Ein verletzungstypisches Schadensbild am Innenband könne deshalb nicht herausgearbeitet werden, es sei allenfalls von einer Innenbandzerrung auszugehen.
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Schlussfolgerungen des Sachverständigen an. Sie decken sich in den entscheidenden Punkten mit den Untersuchungsergebnissen des Prof. Dr. H. und des Sachverständigen Dr. D2. In seinem Gutachten vom 27. September 2007 legt Prof. Dr. H. dar, dass der Unfall vom 21. März 2001 allenfalls zu einer Zerrung des linken Knies geführt habe. Die Innenmeniskusschädigung sei auf die Restinstabilität nach Innenbandruptur im Jahr 2000 zurückzuführen. Auch der Sachverständige Dr. D2 geht davon aus, dass der Unfall vom 21. März 2001 allenfalls zu einer groben Verstauchung geführt, der Meniskusschaden aber bereits vorher bestanden habe (Gutachten vom 26. April 2010).
Zutreffend weist der Sachverständige Dr. K2 auch auf die gravierenden Mängel des Gutachtens des Dr. K1 vom 11. März 2008 hin. Dieser habe weder den fehlenden Nachweis eines Schadensbildes am inneren Seitenband berücksichtigt noch die Risskonfiguration des Innenmeniskus diskutiert. Auch die festgestellten degenerativen Veränderungen, die sich bei der Kniespiegelung gezeigt hätten, habe dieser Gutachter ignoriert. Obwohl Dr. K1 auf entsprechenden Antrag des Klägers hin erneut mit der Begutachtung des Unfallereignisses betraut wurde und er Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen Einwänden auseinanderzusetzen, hat er es damit bewenden lassen, mitzuteilen, dass er eine über seine früheren Erkenntnisse hinausgehende gutachterliche Stellungnahme nicht abgeben könne.
c) Der Sachverständige Dr. K2 kommt abschließend (und in Übereinstimmung mit den Sachverständigen Prof. Dr. H. und Dr. D2) überzeugend zu dem Ergebnis, dass eine MdE mangels Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies in rentenberechtigendem Ausmaß nicht entstanden sei. Der Senat schließt sich dem an. Da die Unfallfolgen keine MdE von mindestens 10 v.H. begründen können, sind die Folgen des Versicherungsfalls auch nicht nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII zu berücksichtigen.
Die Klage kann deshalb keinen Erfolg habe, sodass die Berufung des Klägers zurückzuweisen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob dem Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 21. März 2001 eine Rente zu gewähren ist.
Der am 23. Januar 1973 geborene Kläger war Vertrags-Eishockeyspieler bei "A. GmbH" in der D. Eishockey-Liga. Am 21. März 2001 verdrehte er sich beim Training im Eisstadion M. das linke Knie.
In dem Durchgangsarztbericht des Unfallchirurgen Dr. O. vom 21. März 2001 wurde eine dorsomediale Innenbandüberdehnung des linken Knies bei Verdacht auf Innenmeniskus-Hinterhornschaden diagnostiziert sowie anamnestisch ein Zustand nach einer Innenbandruptur des linken Kniegelenks vor einem halben Jahr beschrieben. Nach einer Arthroskopie des linken Kniegelenks beschrieb der Operateur Dr. K3 in seinem Operationsbericht vom 23. März 2001 eine leicht vermehrte Aufklappbarkeit des inneren Gelenkspaltes. Eine vordere und hintere Schublade habe sich nicht auslösen lassen, das Kniegelenk sei frei beweglich gewesen, ein größerer Erguss habe nicht getastet werden können. Aus der Vorgeschichte sei bekannt, dass das Innenband schon einmal verletzt gewesen sei. Somit müsse die vermehrte Aufklappbarkeit dem alten Ergebnis angelastet werden. Nach einer Magnetresonanztomographie (MRT) am 23. März 2001 diagnostizierte Prof. Dr. M1 einen Innenmeniskushinterhornriss mit Kontakt zur meniskalen Ober- und Unterfläche und horizontaler und vertikaler Ausbreitung. Mit Schreiben vom 8. Mai 2001 teilte Dr. O. der Beklagten mit, dass sich intraoperativ eine Innenband- und Kapselüberdehnung des linken Kniegelenks sowie ein Innenmeniskushinterhornschaden mit Längs- und Sandwichrissbildung gezeigt hätten. Er sehe einen ursächlichen Zusammenhang des Gesundheitsschadens mit dem Unfallereignis. In einem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 11. Juni 2001 wiederholte die Chirurgin Dr. G. diesen Befund und ergänzte, dass die präoperativen Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für frische knöcherne Verletzungen, jedoch für beginnende degenerative Veränderungen ergeben hätten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde dauerhaft auf unter 10 v.H. geschätzt.
Mit Schreiben vom 15. August 2001 an die Beklagte teilte der Unfallchirurg Dr. S. mit, dass er der Auffassung von Dr. O. zustimme. In seinem chirurgischen Gutachten zur Zusammenhangsfrage vom 27. September 2007 kam der Leitende Arzt der Unfallklinik M2, Prof. Dr. H., zu dem Ergebnis, dass aus dem Unfallereignis vom 21. März 2001 allenfalls eine Zerrung des linken Knies abgeleitet werden könne. Die Innenmeniskusschädigung sei auf die Restinstabilität nach Innenbandruptur im Jahr 2000 am linken Knie zurückzuführen bzw. als isolierte Meniskopathie zu bezeichnen.
Mit Bescheid vom 7. November 2007 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen des Versicherungsfalles vom 21. März 2001 ab. Als dessen Folgen werde eine ohne Funktionseinschränkungen ausgeheilte Zerrung des linken Kniegelenks anerkannt.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2008 legte der inzwischen in Ö. wohnhafte Kläger gegen diesen Bescheid, der am 12. Dezember 2007 seinem Bevollmächtigten, dem Sozialversicherungsfachberater D1, zugestellt worden war, Widerspruch ein. Zur Begründung legte er ein unfallchirurgisches Facharztgutachten des Oberarztes Dr. K1, dem Mannschaftsarzt des Eishockeyteams L., vom 11. März 2008 vor. Darin wird ausgeführt, dass sich aus den Unterlagen und der Krankengeschichte des Klägers eine Innenbandruptur am linken Knie im September 2000 nicht feststellen lasse. Es bestehe nunmehr eine Instabilität des medialen Seitenbandes. Es sei hier offensichtlich durch die Rotation des Kniegelenks bei fixiertem Unterschenkel doch zu einem Meniskusschaden gekommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 1. August 2008 zur Post gegeben. Die entsprechende Postzustellungsurkunde, die für den Kläger persönlich ausgestellt worden war, trägt einen Datumsstempel der K. Post vom 13. August 2008. Am 10. Oktober 2008 wandte sich der Bevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und bat um Übersendung des Bescheides, da für den Kläger Post in Q. angekommen sei, die dessen Schwiegervater ohne Unterschrift des Klägers, der sich derzeit in F. aufhalte, nicht ausgehändigt werde. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten daraufhin mit Schreiben vom 10. Oktober 2008 formlos übersandt. Zur Begründung ihres Widerspruchsbescheids wies die Beklagte darauf hin, die Stellungnahme des Dr. K1 basiere auf der irrigen Annahme, dass lediglich eine Innenbandzerrung als Vorschaden zu beachten sei, die bis zu dem angeschuldigten Ereignis keine Instabilität verursacht habe. Diese Auffassung werde durch den Durchgansarztbericht des Dr. O. vom 21. März 2001 widerlegt, der einen Zustand nach Innenbandruptur im linken Kniegelenk vor ca. einem halben Jahr beschrieben habe. Auch sei der Kläger bereits zu dem damaligen Zeitpunkt mit einer Kniegelenksarthrose links ausgestattet gewesen.
Der Kläger hat am 17. November 2008 Klage erhoben. Die vermehrte Aufklappbarkeit des medialen Gelenkspalts müsse zumindest auch dem Unfall vom 21. März 2001 zugeschrieben werden, da sich aus dem Gutachten des Dr. K1 ergebe, dass klinisch ein erheblicher Schmerz über dem distalen Innenband habe ausgelöst werden können, sodass eine frische Komponente zwangsläufig zu diagnostizieren sei. Die Annahme des Sachverständigen Prof. Dr. H., es habe bereits eine Innenbandruptur am linken Knie vorgelegen, sei unter Verweis auf das Gutachten des Dr. K1 richtig zu stellen. Ihm stehe zumindest eine gestützte Verletztenrente unter Berücksichtigung der Folgen zweier weiterer Arbeitsunfälle zu, wegen derer er gleichzeitig Klage erhoben hat, die das Sozialgericht später abgetrennt hat.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat unter anderem darauf hingewiesen, dass der Kläger als Spieler der f. Eishockey-Liga weiterhin seiner Tätigkeit auf hohem Niveau nachgehe. Nach einschlägigen Erfahrungen mit der Verwertbarkeit von Gutachten von Mannschaftsärzten lehne sie diese inzwischen gänzlich ab.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage des Chirurgen Dr. D2 vom 26. April 2010. Der Sachverständige kommt darin zu dem Ergebnis, dass der Unfall allenfalls zu einer groben Distorsion des linken Kniegelenks bei anzunehmenden vorbestehendem Meniskusschaden im Hinterhornbereich des Innenmeniskus geführt habe. Eine wesentliche Ursache durch das Unfallgeschehen sei für die Meniskusschädigung nicht anzunehmen. Es habe eine Vorschädigung bestanden. Die MdE sei mit unter 10 v.H. anzusetzen.
Der Kläger hat daraufhin eine ärztliche Bescheinigung des Facharztes für orthopädische Chirurgie Dr. C. vorgelegt, wonach der Kläger seit 2009 bei ihm in Behandlung sei und er – der Kläger – mehrere Male Opfer von Unfällen beim Hockey geworden sei. Die derzeitigen aktuellen Folgen und seine "Sport-Unfähigkeit" ständen in Verbindung mit seinen zahlreichen Unfällen beim Hockey.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. Dezember 2011 abgewiesen. Die Folgen des Unfalls vom 21. März 2001 minderten die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht um mindestens 10 v.H. Aus dem Sachverständigengutachten des Dr. D2 ergebe sich, dass das Unfallgeschehen allenfalls zu einer groben Distorsion des linken Kniegelenks bei anzunehmendem Meniskusschaden im Hinterhornbereich des Innenmeniskus geführt habe. Der Sachverständige habe nachvollziehbar erklärt, dass unter anderem aufgrund der fettigen Degeneration mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass eine Vorschädigung vorgelegen habe. Diese Bewertung stimme auch mit den Erfahrungswerten in der wissenschaftlichen Literatur überein. Den Ausführungen des Dr. K1 und Dr. Cartier könne nicht gefolgt werden, da diese sich nicht ansatzweise mit den Kausalitätsproblemen befasst, keine Befunde mitgeteilt und keine Trennung zwischen dem Unfallereignis und bereits nachgewiesenen Vorschäden vorgenommen hätten.
Gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Dezember 2011 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 19. März 2012 Berufung eingelegt. Die Klage sei fristgemäß erhoben worden, da die Zustellung des Widerspruchs in K. die Klagefrist nicht habe in Lauf setzen können, denn der Bescheid sei entgegen § 13 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht dem Bevollmächtigten zugestellt worden. Die dreimonatige Klagefrist habe damit erst im Oktober 2010 nach Übersendung des Bescheides an den Bevollmächtigten (10. Oktober 2010) zu laufen begonnen. Das Sozialgericht habe den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt, da es seinem Antrag gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), das Gutachten des Sachverständigen Dr. D2 dem Gutachter Dr. K1 vorzulegen, nicht nachgekommen sei. Der Sachverständige Dr. D2 habe fehlerhaft die Daten eines weiteren Arbeitsunfalls vom 2. Dezember 2012 mit dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis vermengt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 8. Dezember 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 21. März 2001 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10% zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wendet ein, ihr liege ein Antrag des Klägers nach § 109 SGG nicht vor. Die unrealistische Einschätzung der MdE durch Dr. K1 bestätige ihre generelle Skepsis gegenüber Mannschaftsärzten; auf eine weitere Aufklärung könne insoweit verzichtet werden.
Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 22. November 2012 ein fachchirurgisches Gutachten des Chirurgen Dr. K2 eingeholt. In dessen Gutachten vom 10. Januar 2013 kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass bei einer Abwägung der festgestellten Meniskusläsion mit den Begleitverletzungen im linken Knie und den in der Kniespiegelung nachgewiesenen degenerativen Veränderungen an den Schienbeintellern und der Rückfläche der Kniescheibe eindeutig mehr Kausalfaktoren gegen das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen der Innenmeniskusschädigung und dem Unfallereignis sprächen als dafür. Auch ein verletzungstypisches Schadensbild am Innenband könne nicht als Folge des Ereignisses vom 21. März 2001 herausgearbeitet werden. Allenfalls sei von einer erlittenen Innenbandzerrung auszugehen. Eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß sei nicht entstanden. Dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. schließe er sich an. Dem Gutachten des Dr. K1 sei nicht zu folgen, da die genannten degenerativen Veränderungen bei diesem keine Erwähnung fänden.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat das Gericht sodann ein weiteres Gutachten des Dr. K1 zu der Frage eingeholt, welche körperlichen Folgen (und gegebenenfalls welche MdE) aus dem Unfall vom 21. März 2001 resultierten. Der Sachverständige hat unter dem 18. Dezember 2015 mitgeteilt, dass er nach sorgfältigem Aktenstudium eine über seine beiden Gutachten aus den Jahren 2007 und 2008 hinausgehende gutachterliche Stellungnahme sinnvollerweise nicht abgeben könne.
Der Senat hat über die Berufung am 22. November 2017 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung ist gemäß §§ 143, 151 SGG zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in dessen Rechten. Der Kläger hat aus dem Versicherungsfall vom 21. März 2001 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere hat der Kläger die Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG eingehalten. Eine Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids gegenüber dem Kläger persönlich, die am 13. August 2008 erfolgt sein könnte, konnte die Klagefrist nicht in Lauf setzen. Ist – wie im Streitfall – ein Bevollmächtigter bestellt, hat sich die Behörde nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an den Bevollmächtigten (und nicht an den Beteiligten) zu wenden. Ein Ermessen ist ihr insoweit nicht eingeräumt. Dieser Grundsatz wird allerdings für die Bekanntgabe des Verwaltungsakts durch § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X modifiziert, wonach die Bekanntgabe des Verwaltungsakts gegenüber dem Bevollmächtigten vorgenommen werden "kann". Die Bekanntgabe des Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten ist danach nicht in das Belieben der Behörde gestellt, vielmehr ist ihr insoweit Ermessen eingeräumt (vgl. Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 37 Rz. 10). Bei der Ermessensausübung, die nicht fehlen darf, aber nicht begründet zu werden braucht, sind alle Umstände zu berücksichtigen, die eine Bekanntgabe an den Bevollmächtigten nahelegen oder ausschließen (vgl. Ruppelt, jurisPR-SozR 19/2014 Anm. 6). Hier hätte der Umstand berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger als international tätiger Eishockeyspieler während des Laufs des Verwaltungsverfahrens als Profisportler bei Vereinen in D., Ö. und auch F. tätig war. Wenn trotzdem eine Bekanntgabe an den Vertretenen (den Kläger) erfolgen soll, ist diese Entscheidung jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn nicht die aktuelle Adresse seines Aufenthaltsortes in E. als Bekanntgabeadresse gewählt wird, sondern seine (frühere) Heimatadresse in K ... Auch die Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids hätte deshalb an den Bevollmächtigten erfolgen müssen. Dem Bevollmächtigten wurde der Widerspruchsbescheid aber erst mit Schreiben der Beklagten vom 10. Oktober 2008 übersandt. Darauf, ob die am 17. November 2008 erhobene Klage rechtzeitig, nämlich innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG bei dem Sozialgericht eingegangen ist, kommt es ebenfalls nicht an. Zwar gilt für Zustellungen an einen inländischen Bevollmächtigten nicht die Dreimonatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 87 Rz. 3), doch hat die Beklagte den Bescheid weder an den Bevollmächtigten zugestellt noch durch Aufgabe zur Post bekannt gegeben, sondern lediglich formlos übersandt. Zudem ist die Rechtsbehelfsbelehrung, die nur eine dreimonatige Klagefrist nennt, falsch, so dass die Klage gemäß § 66 Abs. 2 SGG innerhalb eines Jahres nach Zustellung oder Eröffnung des Widerspruchsbescheids erhoben werden konnte.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen.
a) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (Stützrententatbestand). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Es ist auf den Maßstab der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten vor Eintritt des Versicherungsfalls abzustellen (BSG, Urteil vom v. 26. November 1987– 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27). Maßgeblich ist aber nicht die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten, sondern eine abstrakte Berechnung (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 3/2017, § 56 Rz. 10.1). Die Gesundheitsbeeinträchtigung muss in einem notwendigen ursächlichen Zusammenhang mit der schädigenden Einwirkung stehen. Die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei ist allerdings die Beurteilung der Kausalität im Ergebnis eine Frage der richterlichen Würdigung. Verursacht sind die Gesundheitsstörungen, wenn der Unfall gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. Vorerkrankungen nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung von überragender Bedeutung für die Entstehung der Gesundheitsstörung war oder zumindest von annähernd gleichwertiger Bedeutung (wesentliche Mitursache). Eine wesentliche Mitursache liegt dann nicht vor, wenn beim Versicherten eine Anlage so stark und leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende ähnlich gelagerte Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen ausgelöst hätte. Die für die Bejahung des Zusammenhangs der Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall notwendige Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn nach der medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung zu Ätiologie und Pathogenese den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 11/15 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 4).
b) Im Streitfall mindern die Folgen des Unfalls vom 21. März 2001 die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigender Weise um mindestens 20 v.H. Der Sachverständige Dr. K2 ist in seinem überzeugenden Gutachten vom 10. Januar 2013 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nach dem Unfallereignis an einem Innenmeniskusriss des linken Kniegelenks und einer leichtgradigen Innenbandinstabilität des linken Kniegelenks leidet. Er hat dargelegt, dass der linke Innenmeniskus des Klägers bereits vor dem Unfall am 21. März 2001 erheblich vorgeschädigt und zermürbt gewesen sei. Das Schadensbild gehe auf einen unfallunabhängigen Degenerationsprozess zurück; es handele sich um das Ende eines schleichenden, krankhaften Prozesses. Durch das Unfallereignis sei keine wesentliche Verschlimmerung des vorbestehenden Schadens entstanden. Der Sachverständige geht dabei davon aus, dass der von dem Kläger beschriebene Unfallmechanismus zwar einen potentiell geeigneten Mechanismus für eine traumatische Meniskusläsion darstelle, die typischen verletzungsspezifischen Begleitverletzungen bei dem Kläger aber weder im Rahmen der MRT-Untersuchung noch bei der arthroskopischen Untersuchung nachweisbar gewesen seien. Es sprächen mehr Kausalfaktoren gegen das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen der Innenmeniskusschädigung und dem Unfallereignis vom 21. März 2001 als dafür. Die Innenmeniskusschädigung wäre auch ohne das Unfallereignis durch beliebig austauschbare Ereignisse des täglichen Lebens wie ruckartige Körperdrehbewegungen oder reflexartige Ausweichbewegungen aufgetreten.
Der von dem Kläger beschriebene Unfallmechanismus wäre theoretisch auch geeignet, eine Innenbandschädigung zu verursachen. In der zwei Tage nach dem Unfall durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung hätten sich frische Verletzungsmuster an den Bandstrukturen aber nicht gezeigt, sie seien sämtlich als intakt befundet worden. Dem Operationsbericht des Dr. K3 könne dagegen entnommen werden, dass das Innenband schon einmal verletzt gewesen sei, sich frische Einblutungen im Bandgefüge aber nicht gezeigt hätten. Ein verletzungstypisches Schadensbild am Innenband könne deshalb nicht herausgearbeitet werden, es sei allenfalls von einer Innenbandzerrung auszugehen.
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und nachvollziehbaren Schlussfolgerungen des Sachverständigen an. Sie decken sich in den entscheidenden Punkten mit den Untersuchungsergebnissen des Prof. Dr. H. und des Sachverständigen Dr. D2. In seinem Gutachten vom 27. September 2007 legt Prof. Dr. H. dar, dass der Unfall vom 21. März 2001 allenfalls zu einer Zerrung des linken Knies geführt habe. Die Innenmeniskusschädigung sei auf die Restinstabilität nach Innenbandruptur im Jahr 2000 zurückzuführen. Auch der Sachverständige Dr. D2 geht davon aus, dass der Unfall vom 21. März 2001 allenfalls zu einer groben Verstauchung geführt, der Meniskusschaden aber bereits vorher bestanden habe (Gutachten vom 26. April 2010).
Zutreffend weist der Sachverständige Dr. K2 auch auf die gravierenden Mängel des Gutachtens des Dr. K1 vom 11. März 2008 hin. Dieser habe weder den fehlenden Nachweis eines Schadensbildes am inneren Seitenband berücksichtigt noch die Risskonfiguration des Innenmeniskus diskutiert. Auch die festgestellten degenerativen Veränderungen, die sich bei der Kniespiegelung gezeigt hätten, habe dieser Gutachter ignoriert. Obwohl Dr. K1 auf entsprechenden Antrag des Klägers hin erneut mit der Begutachtung des Unfallereignisses betraut wurde und er Gelegenheit gehabt hätte, sich mit diesen Einwänden auseinanderzusetzen, hat er es damit bewenden lassen, mitzuteilen, dass er eine über seine früheren Erkenntnisse hinausgehende gutachterliche Stellungnahme nicht abgeben könne.
c) Der Sachverständige Dr. K2 kommt abschließend (und in Übereinstimmung mit den Sachverständigen Prof. Dr. H. und Dr. D2) überzeugend zu dem Ergebnis, dass eine MdE mangels Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies in rentenberechtigendem Ausmaß nicht entstanden sei. Der Senat schließt sich dem an. Da die Unfallfolgen keine MdE von mindestens 10 v.H. begründen können, sind die Folgen des Versicherungsfalls auch nicht nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII zu berücksichtigen.
Die Klage kann deshalb keinen Erfolg habe, sodass die Berufung des Klägers zurückzuweisen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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