Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3773/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 882/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1960 in der ehemaligen DDR geborene Klägerin erlernte - so ihre Angaben bei der Rentenantragstellung (Blatt 5 VA) - von 1979 bis 1983 den Beruf der Konditorin. Danach war sie - so ihre weiteren Angaben - als Raumpflegerin, pädagogische Hilfskraft, ein halbes Jahr als Konditorin, dann im Rahmen der Energieabrechnung, als Kranfahrerin und schließlich zuletzt und bis Anfang 1991 als Weichenreinigerin tätig. Seither übt sie keine Beschäftigung mehr aus. Sie lebt derzeit mit zwei ihrer vier erwachsenen Kinder in einer gemeinsamen Wohnung und bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches. Wegen einer Vergewaltigung mit nachfolgend aufgetretener Posttraumatischer Belastungsstörung erhält sie eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen um 30 v.H.
Ein erster Rentenantrag vom August 2009 blieb auch im Rechtsstreit erfolglos. Zuletzt verneinte das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 14.03.2013 (L 11 R 420/12) auf der Grundlage des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Sozialmediziners Dr. H. (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr möglich), eines beigezogenen Gutachtens für die Bundes-agentur für Arbeit vom Nervenarzt Dr. S. (vollschichtiges Leistungsvermögen), eines vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O.-P. (leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr möglich) und eines im Berufungsverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrisch-schmerzmedizinischen Gutachtens von Prof. Dr. R. , Chefarzt der Kliniken für Neurologie und Geriatrie sowie Ärztlicher Direktor der St.-R. -Kliniken, der eine leichtgradige, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia und degenerative Veränderung der Halswirbelsäule diagnostizierte und ebenfalls ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche für zumutbar hielt, einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit. In Bezug auf die Frage des Berufsschutzes führte der 11. Senat aus, die Klägerin sei zuletzt als Weichenreinigerin und damit als ungelernte Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und somit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Am 21.04.2016 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung, was die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2016 und Widerspruchsbescheid vom 19.10.2016 ablehnte. Grundlage war das von der Beklagten bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Zusatzbezeichnung Sozialmedizin, Dr. R. eingeholte Gutachten. Dr. R. beschrieb auf Grund der Untersuchung vom Juli 2016 ein unauffälliges Gangbild, flüssige Bewegungsabläufe beim Be- und Entkleiden, Hinlegen und Wiederaufrichten, keinen auffälligen Haltungswechsel während des Anamnesegespräches, eine freie Mobilität der Wirbelsäule, im Bereich der oberen Extremitäten keine Zeichen einer schonungsbedingten Atrophie mit funktionell unauffälligen Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken, funktionell unauffällige untere Extremitäten, Unauffälligkeiten des Nervensystems und im Wesentlichen auch im Bereich der Psyche, insbesondere keine Zeichen einer depressiven Verstimmung. Sie diagnostizierte vorbeschriebene Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, eine vorbeschriebene somatoforme Schmerzstörung, belastungsabhängige Fußschmerzen (bei Fußverformungen und degenerativen Veränderungen) mit erhaltener Alltagsmobilität, eine angegebene reduzierte Greifkraft bei Fingerpolyarthrose der Mittel- und Endgelenke und erhaltener Handfunktion. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. Dr. R. hielt die Klägerin für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne hohe Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- oder Konfliktvermögen, ohne Tätigkeit mit der Notwendigkeit des kräftigen ständigen Zugreifens mit den Händen und ohne Tätigkeiten mit Absturzgefahr sechs Stunden und mehr auszuüben.
Gegen die Rentenablehnung hat die Klägerin am 04.11.2016 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und unter anderem auf den erreichten Facharbeiterstatus als Konditorin hingewiesen sowie angegeben, diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben, was - so sinngemäß - allerdings nicht mehr nachweisbar sei. Sie habe an Händen und Füßen Schmerzen, die sich eigentlich durch den ganzen Körper zögen.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt Dr. W. hat von einer mangelnden psychischen Belastbarkeit sowie Schmerzen in den Händen berichtet und Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an Kraft und Geschicklichkeit der Hände drei bis sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Der Facharzt für Neurologie Dr. Ruhnke hat mitgeteilt, auf seinem Fachgebiet keine wesentlichen Auffälligkeiten objektiviert zu haben und keine Einschränkung für die Verrichtung einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit für eine Mindestdauer von sechs Stunden täglich gesehen. Die Internistin und Rheumatologin Dr. W. hat den letzten Konsultationstermin mit November 2013 angegeben und sich zu einer Leistungsbeurteilung nicht in der Lage gesehen. Später hat sie mitgeteilt, sie gehe von einer seronegativen rheumatoiden Arthritis aus und leite eine Basistherapie ein.
Daraufhin hat das Sozialgericht Prof. Dr. R. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seiner Untersuchung im August 2017 hat die Klägerin Schmerzen an Händen, Knien, Füßen, Nacken und hinsichtlich ihres Tagesablaufes und der Alltagsaktivitäten unter anderem angegeben, ihre beiden erwachsenen Söhne (25 und 27 Jahre) lebten mit ihr zusammen und sie koche für alle. Sie halte zwei Vögel in der Wohnung, um die sie sich kümmere, sie versorge die Blumen auf dem Balkon, sie be- und entlade die Spülmaschine, sauge Staub, fege den Laminatboden, trage die Wäsche in den Keller hinunter und wieder hinauf, um sie auf dem Balkon aufzuhängen, sie bestücke die Waschmaschine, sie fahre Bus und Fahrrad, kommuniziere über WhatsApp, lese die Tageszeitung und telefoniere. Die Einnahme von Psychopharmaka oder Schmerzmittel hat sie verneint. Der Sachverständige hat bei der neurologischen Untersuchung lediglich Einschränkungen beim Geruchs- und Geschmackssinn festgestellt, ansonsten aber keinerlei Auffälligkeiten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 68/70 der SG-Akte Bezug genommen. Im psychischen Befund hat der Sachverständige, abgesehen von einer subdepressiven Stimmungslage, ebenfalls einen unauffälligen Befund erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 71/72 SG-Akte verwiesen. Angesichts des nur geringfügig gestörten psychischen Befundes und auf der Grundlage einer Analyse der Alltagsaktivitäten mit einem geregelten Tagesablauf hat der Sachverständige eine leichte anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine Dysthymia diagnostiziert. Eine eigenständige posttraumatische Belastungsstörung liege nicht mehr vor. Auf Grund der Aktenlage hat er die dort erwähnten orthopädischen Diagnosen (Polyarthrose der Fingergelenke, Fehlstellung der Füße) übernommen. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien - so Prof. Dr. R. - der Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Zu vermeiden seien Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, das Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, Zwangshaltungen der Wirbelsäule einschließlich Bücken oder Knien, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Nachtschicht. Ausdrücklich nicht eingeschränkt sei die Klägerin bei Tätigkeiten in Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, bei ständigem Sitzen sowie überwiegendem Gehen oder Stehen, beim Treppensteigen, bei Tätigkeiten im Freien, bei Arbeiten an Büromaschinen oder an Computer-Tastaturen, für Früh- oder Spätschicht, für Publikumsverkehr, in Bezug auf besondere geistige Beanspruchung oder hohe Verantwortung bzw. beim Überwachen komplexer oder laufender Maschinen sowie für Tätigkeiten in einer betrieblichen Post, an einer Nebenpforte und als Sortiererin, Kontrolleurin oder Montiererin von Kleinteilen. Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Mit Urteil vom 14.02.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich der Leistungsbeurteilung von Prof. Dr. R. angeschlossen. Dr. Wiedermann könne nicht gefolgt werden, weil angesichts des Gutachtens von Prof. Dr. R. nicht von einer mangelnden psychischen Belastbarkeit und rentenrelevanten Schmerzen in den Händen ausgegangen werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.03.2018 Berufung eingelegt. Sie sieht ihr Krankheitsbild unzureichend gewürdigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2018 und den Bescheid vom 04.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn sie ist trotz der bei ihr vorhandenen gesundheitlichen Störungen noch in der Lage, unter Beachtung der von Prof. Dr. R. aufgeführten qualitativen Einschränkungen jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Dies hat das Sozialgericht auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. R. und unter Hinweis darauf, dass die Klägerin - trotz angegebener massiver Schmerzzustände (auf der Skala von 0 bis 10 dauerhaft 8,5) - weder Psychopharmaka noch Schmerzmittel einnimmt, zutreffend ausgeführt und ebenso zutreffend dargelegt, dass der Leistungsbeurteilung des Hausarztes Dr. W. nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht daher insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zugunsten der Klägerin legt der Senat auch die von Dr. R. angeführten qualitativen Einschränkungen zu Grunde. Dies gilt auch in Bezug auf die von Dr. R. ausgeschlossenen hohen Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- oder Konfliktvermögen, auch wenn der Senat nach den Ausführungen von Prof. Dr. R. eigentlich keinen Grund sieht, warum die Klägerin diesen Anforderungen nicht gerecht werden kann. Jedenfalls kann die Klägerin somit noch normalen Anforderungen genügen.
Dass die Klägerin - so ihre Berufungsbegründung - ihr Krankheitsbild nicht hinreichend gewürdigt sieht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Maßgebend ist nicht die subjektive Einschätzung des Rentenantragstellers, sondern maßgebend für die Beurteilung des verbliebenen Leistungsvermögens sind - neben Einschränkungen im Alltagsverhalten - die insbesondere von den Gutachtern dokumentierten Befunde und die daraus abzuleitenden tatsächlichen funktionellen Einschränkungen.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Dr. R. im Rahmen der körperlichen Untersuchung nahezu keine funktionellen Einschränkungen beschrieb. Sie dokumentierte ein unauffälliges Gangbild, flüssige Bewegungsabläufe beim Be- und Entkleiden, Hinlegen und Wiederaufrichten, keinen auffälligen Haltungswechsel während des Anamnesegespräches, eine freie Mobilität der Wirbelsäule und funktionell unauffällige untere Extremitäten. Insbesondere was die von der Klägerin geltend gemachten Schmerzzustände der Hände anbelangt, stellte Dr. R. trotz der Fingerpolyarthrose eine erhaltene Handfunktion fest und schloss Atrophien, die bei einer schmerzbedingten Schonung zu erwarten wären, aus. Es ist somit nachvollziehbar, dass die von der Klägerin angegebene reduzierte Greifkraft für Dr. R. lediglich Anlass war, Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des ständigen kraftvollen Zugreifens mit den Händen oder mit Absturzgefahr auszuschließen. Angesichts nur feststellbarer geringfügiger funktioneller Einschränkungen kommt der von Dr. W. im Verlauf des Klageverfahrens geäußerten Diagnose einer seronegativen rheumatoiden Arthritis keine weitergehende Bedeutung zu. Im Übrigen hat Dr. W. die entsprechende Basistherapie in Angriff genommen.
Die Schmerzerkrankung der Klägerin hat Dr. R. angesichts der erhaltenen Tagesstruktur und des Alltagsverhaltens (insbesondere Bewältigung des Drei-Personenhaushalts mit Kochen, Spülen, Putzen, Wäsche versorgen, der Versorgung von Blumen und Vögeln, Nutzung von Bus und Fahrrad), des unauffälligen neurologischen und des wenig auffälligen psychischen Befundes (lediglich subdepressive Stimmungslage) nachvollziehbar lediglich als leichtgradig eingestuft. Gleiches gilt für die depressiven Zustände, die er als Dysthymia diagnostiziert hat. Auch der Senat folgt - wie zuvor schon der 11. Senat in seinem Beschluss vom 14.03.2013 auf der Grundlage eines vergleichbaren Gutachtens von Prof. Dr. R. - der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass keiner der mit der Begutachtung der Leistungsfähigkeit der Klägerin in den bisherigen Rentenverfahren betrauten Ärzten (Dr. H. , Fachärztin O.-P. , Dr. R. , Prof. Dr. R. in zwei Begutachtungen) wesentliche Einschränkungen angenommen hat.
In Bezug auf die Angabe von Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht, die Klägerin könne noch Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an Kraft und Geschicklichkeit der Hände drei bis sechs Stunden täglich ausüben, ist ergänzend zu den Ausführungen des Sozialgerichts darauf hinzuweisen, dass diese Leistungseinschätzung auch eine Tätigkeit bis einschließlich sechs Stunden umfasst. Eine Erwerbsminderung läge aber erst bei einem Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden vor.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Prof. Dr. R. (Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, Zwangshaltungen der Wirbelsäule einschließlich Bücken oder Knien, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Nachtschicht) und Dr. R. (hohe Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- oder Konfliktvermögen, Tätigkeit mit der Notwendigkeit des kräftigen ständigen Zugreifens mit den Händen, Tätigkeiten mit Absturzgefahr) aufgeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Mit einer solchen Leistungsfähigkeit liegt keine Erwerbsminderung vor (§ 43 Abs. 3 erster Halbsatz SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50), weil den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen ist, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die - unter anderem - vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung ist danach der bisherige Beruf (hierzu und zum Nachfolgenden: BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 13 RJ 34/03 R, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 1; Urteil vom 20.07.2005, B 13 RJ 29/04 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 4). Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer verrichtet wurde. In der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dem entsprechend ist auf die letzte Tätigkeit als Weichenreinigerin abzustellen, die die Klägerin nach ihren Angaben im Rentenantrag seit Juni 1989 ausübte und wegen Schwangerschaft / Kindererziehung am 01.01.1991 aufgab.
Soweit die Klägerin gegenüber dem Sozialgericht behauptet hat, sie habe die Tätigkeit als Konditorin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, vermag sich der Senat hiervon nicht zu überzeugen. Die Klägerin gibt hierzu in ihrer Klageschrift an, gesundheitliche Einschränkungen schon während der Lehrzeit gehabt zu haben, schon damals krankgeschrieben gewesen zu sein und deswegen den Beruf aufgegeben zu haben. Indessen stimmen diese Angaben nicht mit jenen überein, die sie im Rahmen der Rentenantragstellung (Blatt 5 VA) machte. Dort gab sie an, von 1979 bis 1983 als Konditorin tätig gewesen zu sein und diese Tätigkeit wegen Schwangerschaft/Kindererziehung aufgegeben zu haben. Weiter gab sie an, 1985 erneut als Konditorin tätig gewesen zu sein und auch diese Tätigkeit wiederum wegen Kindererziehung aufgegeben zu haben. An keiner Stelle der Beschäftigungsübersicht sind gesundheitliche Gründe für die Aufgabe einer Tätigkeit angegeben. Dementsprechend vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Aufgabe der Tätigkeit als Konditorin aus gesundheitlichen Gründen erfolgte. Weitere Nachweise sind nicht möglich, wie die Klägerin selbst einräumt.
Wie der 11. Senat im genannten Beschluss gelangt auch der erkennende Senat deshalb zu der Überzeugung, dass die Klägerin - ausgehend von der ungelernten Tätigkeit als Weichenreinigerin - auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1960 in der ehemaligen DDR geborene Klägerin erlernte - so ihre Angaben bei der Rentenantragstellung (Blatt 5 VA) - von 1979 bis 1983 den Beruf der Konditorin. Danach war sie - so ihre weiteren Angaben - als Raumpflegerin, pädagogische Hilfskraft, ein halbes Jahr als Konditorin, dann im Rahmen der Energieabrechnung, als Kranfahrerin und schließlich zuletzt und bis Anfang 1991 als Weichenreinigerin tätig. Seither übt sie keine Beschäftigung mehr aus. Sie lebt derzeit mit zwei ihrer vier erwachsenen Kinder in einer gemeinsamen Wohnung und bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches. Wegen einer Vergewaltigung mit nachfolgend aufgetretener Posttraumatischer Belastungsstörung erhält sie eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen um 30 v.H.
Ein erster Rentenantrag vom August 2009 blieb auch im Rechtsstreit erfolglos. Zuletzt verneinte das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 14.03.2013 (L 11 R 420/12) auf der Grundlage des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Sozialmediziners Dr. H. (leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr möglich), eines beigezogenen Gutachtens für die Bundes-agentur für Arbeit vom Nervenarzt Dr. S. (vollschichtiges Leistungsvermögen), eines vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie O.-P. (leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr möglich) und eines im Berufungsverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrisch-schmerzmedizinischen Gutachtens von Prof. Dr. R. , Chefarzt der Kliniken für Neurologie und Geriatrie sowie Ärztlicher Direktor der St.-R. -Kliniken, der eine leichtgradige, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymia und degenerative Veränderung der Halswirbelsäule diagnostizierte und ebenfalls ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche für zumutbar hielt, einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit. In Bezug auf die Frage des Berufsschutzes führte der 11. Senat aus, die Klägerin sei zuletzt als Weichenreinigerin und damit als ungelernte Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und somit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Am 21.04.2016 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsminderung, was die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2016 und Widerspruchsbescheid vom 19.10.2016 ablehnte. Grundlage war das von der Beklagten bei der Fachärztin für Allgemeinmedizin, Zusatzbezeichnung Sozialmedizin, Dr. R. eingeholte Gutachten. Dr. R. beschrieb auf Grund der Untersuchung vom Juli 2016 ein unauffälliges Gangbild, flüssige Bewegungsabläufe beim Be- und Entkleiden, Hinlegen und Wiederaufrichten, keinen auffälligen Haltungswechsel während des Anamnesegespräches, eine freie Mobilität der Wirbelsäule, im Bereich der oberen Extremitäten keine Zeichen einer schonungsbedingten Atrophie mit funktionell unauffälligen Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken, funktionell unauffällige untere Extremitäten, Unauffälligkeiten des Nervensystems und im Wesentlichen auch im Bereich der Psyche, insbesondere keine Zeichen einer depressiven Verstimmung. Sie diagnostizierte vorbeschriebene Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, eine vorbeschriebene somatoforme Schmerzstörung, belastungsabhängige Fußschmerzen (bei Fußverformungen und degenerativen Veränderungen) mit erhaltener Alltagsmobilität, eine angegebene reduzierte Greifkraft bei Fingerpolyarthrose der Mittel- und Endgelenke und erhaltener Handfunktion. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. Dr. R. hielt die Klägerin für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne hohe Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- oder Konfliktvermögen, ohne Tätigkeit mit der Notwendigkeit des kräftigen ständigen Zugreifens mit den Händen und ohne Tätigkeiten mit Absturzgefahr sechs Stunden und mehr auszuüben.
Gegen die Rentenablehnung hat die Klägerin am 04.11.2016 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben und unter anderem auf den erreichten Facharbeiterstatus als Konditorin hingewiesen sowie angegeben, diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben, was - so sinngemäß - allerdings nicht mehr nachweisbar sei. Sie habe an Händen und Füßen Schmerzen, die sich eigentlich durch den ganzen Körper zögen.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt Dr. W. hat von einer mangelnden psychischen Belastbarkeit sowie Schmerzen in den Händen berichtet und Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an Kraft und Geschicklichkeit der Hände drei bis sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Der Facharzt für Neurologie Dr. Ruhnke hat mitgeteilt, auf seinem Fachgebiet keine wesentlichen Auffälligkeiten objektiviert zu haben und keine Einschränkung für die Verrichtung einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit für eine Mindestdauer von sechs Stunden täglich gesehen. Die Internistin und Rheumatologin Dr. W. hat den letzten Konsultationstermin mit November 2013 angegeben und sich zu einer Leistungsbeurteilung nicht in der Lage gesehen. Später hat sie mitgeteilt, sie gehe von einer seronegativen rheumatoiden Arthritis aus und leite eine Basistherapie ein.
Daraufhin hat das Sozialgericht Prof. Dr. R. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seiner Untersuchung im August 2017 hat die Klägerin Schmerzen an Händen, Knien, Füßen, Nacken und hinsichtlich ihres Tagesablaufes und der Alltagsaktivitäten unter anderem angegeben, ihre beiden erwachsenen Söhne (25 und 27 Jahre) lebten mit ihr zusammen und sie koche für alle. Sie halte zwei Vögel in der Wohnung, um die sie sich kümmere, sie versorge die Blumen auf dem Balkon, sie be- und entlade die Spülmaschine, sauge Staub, fege den Laminatboden, trage die Wäsche in den Keller hinunter und wieder hinauf, um sie auf dem Balkon aufzuhängen, sie bestücke die Waschmaschine, sie fahre Bus und Fahrrad, kommuniziere über WhatsApp, lese die Tageszeitung und telefoniere. Die Einnahme von Psychopharmaka oder Schmerzmittel hat sie verneint. Der Sachverständige hat bei der neurologischen Untersuchung lediglich Einschränkungen beim Geruchs- und Geschmackssinn festgestellt, ansonsten aber keinerlei Auffälligkeiten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 68/70 der SG-Akte Bezug genommen. Im psychischen Befund hat der Sachverständige, abgesehen von einer subdepressiven Stimmungslage, ebenfalls einen unauffälligen Befund erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Blatt 71/72 SG-Akte verwiesen. Angesichts des nur geringfügig gestörten psychischen Befundes und auf der Grundlage einer Analyse der Alltagsaktivitäten mit einem geregelten Tagesablauf hat der Sachverständige eine leichte anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine Dysthymia diagnostiziert. Eine eigenständige posttraumatische Belastungsstörung liege nicht mehr vor. Auf Grund der Aktenlage hat er die dort erwähnten orthopädischen Diagnosen (Polyarthrose der Fingergelenke, Fehlstellung der Füße) übernommen. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien - so Prof. Dr. R. - der Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Zu vermeiden seien Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, das Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, Zwangshaltungen der Wirbelsäule einschließlich Bücken oder Knien, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Nachtschicht. Ausdrücklich nicht eingeschränkt sei die Klägerin bei Tätigkeiten in Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, bei ständigem Sitzen sowie überwiegendem Gehen oder Stehen, beim Treppensteigen, bei Tätigkeiten im Freien, bei Arbeiten an Büromaschinen oder an Computer-Tastaturen, für Früh- oder Spätschicht, für Publikumsverkehr, in Bezug auf besondere geistige Beanspruchung oder hohe Verantwortung bzw. beim Überwachen komplexer oder laufender Maschinen sowie für Tätigkeiten in einer betrieblichen Post, an einer Nebenpforte und als Sortiererin, Kontrolleurin oder Montiererin von Kleinteilen. Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bestünden nicht.
Mit Urteil vom 14.02.2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat sich der Leistungsbeurteilung von Prof. Dr. R. angeschlossen. Dr. Wiedermann könne nicht gefolgt werden, weil angesichts des Gutachtens von Prof. Dr. R. nicht von einer mangelnden psychischen Belastbarkeit und rentenrelevanten Schmerzen in den Händen ausgegangen werden könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.03.2018 Berufung eingelegt. Sie sieht ihr Krankheitsbild unzureichend gewürdigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.02.2018 und den Bescheid vom 04.08.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1 Satz 1 der Regelung) bzw. voller (Abs. 2 Satz 1 der Regelung) Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn sie ist trotz der bei ihr vorhandenen gesundheitlichen Störungen noch in der Lage, unter Beachtung der von Prof. Dr. R. aufgeführten qualitativen Einschränkungen jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Dies hat das Sozialgericht auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. R. und unter Hinweis darauf, dass die Klägerin - trotz angegebener massiver Schmerzzustände (auf der Skala von 0 bis 10 dauerhaft 8,5) - weder Psychopharmaka noch Schmerzmittel einnimmt, zutreffend ausgeführt und ebenso zutreffend dargelegt, dass der Leistungsbeurteilung des Hausarztes Dr. W. nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht daher insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zugunsten der Klägerin legt der Senat auch die von Dr. R. angeführten qualitativen Einschränkungen zu Grunde. Dies gilt auch in Bezug auf die von Dr. R. ausgeschlossenen hohen Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- oder Konfliktvermögen, auch wenn der Senat nach den Ausführungen von Prof. Dr. R. eigentlich keinen Grund sieht, warum die Klägerin diesen Anforderungen nicht gerecht werden kann. Jedenfalls kann die Klägerin somit noch normalen Anforderungen genügen.
Dass die Klägerin - so ihre Berufungsbegründung - ihr Krankheitsbild nicht hinreichend gewürdigt sieht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Maßgebend ist nicht die subjektive Einschätzung des Rentenantragstellers, sondern maßgebend für die Beurteilung des verbliebenen Leistungsvermögens sind - neben Einschränkungen im Alltagsverhalten - die insbesondere von den Gutachtern dokumentierten Befunde und die daraus abzuleitenden tatsächlichen funktionellen Einschränkungen.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Dr. R. im Rahmen der körperlichen Untersuchung nahezu keine funktionellen Einschränkungen beschrieb. Sie dokumentierte ein unauffälliges Gangbild, flüssige Bewegungsabläufe beim Be- und Entkleiden, Hinlegen und Wiederaufrichten, keinen auffälligen Haltungswechsel während des Anamnesegespräches, eine freie Mobilität der Wirbelsäule und funktionell unauffällige untere Extremitäten. Insbesondere was die von der Klägerin geltend gemachten Schmerzzustände der Hände anbelangt, stellte Dr. R. trotz der Fingerpolyarthrose eine erhaltene Handfunktion fest und schloss Atrophien, die bei einer schmerzbedingten Schonung zu erwarten wären, aus. Es ist somit nachvollziehbar, dass die von der Klägerin angegebene reduzierte Greifkraft für Dr. R. lediglich Anlass war, Tätigkeiten mit der Notwendigkeit des ständigen kraftvollen Zugreifens mit den Händen oder mit Absturzgefahr auszuschließen. Angesichts nur feststellbarer geringfügiger funktioneller Einschränkungen kommt der von Dr. W. im Verlauf des Klageverfahrens geäußerten Diagnose einer seronegativen rheumatoiden Arthritis keine weitergehende Bedeutung zu. Im Übrigen hat Dr. W. die entsprechende Basistherapie in Angriff genommen.
Die Schmerzerkrankung der Klägerin hat Dr. R. angesichts der erhaltenen Tagesstruktur und des Alltagsverhaltens (insbesondere Bewältigung des Drei-Personenhaushalts mit Kochen, Spülen, Putzen, Wäsche versorgen, der Versorgung von Blumen und Vögeln, Nutzung von Bus und Fahrrad), des unauffälligen neurologischen und des wenig auffälligen psychischen Befundes (lediglich subdepressive Stimmungslage) nachvollziehbar lediglich als leichtgradig eingestuft. Gleiches gilt für die depressiven Zustände, die er als Dysthymia diagnostiziert hat. Auch der Senat folgt - wie zuvor schon der 11. Senat in seinem Beschluss vom 14.03.2013 auf der Grundlage eines vergleichbaren Gutachtens von Prof. Dr. R. - der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass keiner der mit der Begutachtung der Leistungsfähigkeit der Klägerin in den bisherigen Rentenverfahren betrauten Ärzten (Dr. H. , Fachärztin O.-P. , Dr. R. , Prof. Dr. R. in zwei Begutachtungen) wesentliche Einschränkungen angenommen hat.
In Bezug auf die Angabe von Dr. W. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht, die Klägerin könne noch Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an Kraft und Geschicklichkeit der Hände drei bis sechs Stunden täglich ausüben, ist ergänzend zu den Ausführungen des Sozialgerichts darauf hinzuweisen, dass diese Leistungseinschätzung auch eine Tätigkeit bis einschließlich sechs Stunden umfasst. Eine Erwerbsminderung läge aber erst bei einem Leistungsvermögen von weniger als sechs Stunden vor.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Prof. Dr. R. (Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilogramm, Zwangshaltungen der Wirbelsäule einschließlich Bücken oder Knien, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, unter Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe sowie Nachtschicht) und Dr. R. (hohe Anforderungen an das Umstellungs-, Anpassungs- oder Konfliktvermögen, Tätigkeit mit der Notwendigkeit des kräftigen ständigen Zugreifens mit den Händen, Tätigkeiten mit Absturzgefahr) aufgeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Mit einer solchen Leistungsfähigkeit liegt keine Erwerbsminderung vor (§ 43 Abs. 3 erster Halbsatz SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50), weil den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen ist, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die - unter anderem - vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung ist danach der bisherige Beruf (hierzu und zum Nachfolgenden: BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 13 RJ 34/03 R, in SozR 4-2600 § 43 Nr. 1; Urteil vom 20.07.2005, B 13 RJ 29/04 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 4). Darunter ist im Allgemeinen diejenige der Versicherungspflicht unterliegende Tätigkeit zu verstehen, die zuletzt auf Dauer verrichtet wurde. In der Regel ist das die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dem entsprechend ist auf die letzte Tätigkeit als Weichenreinigerin abzustellen, die die Klägerin nach ihren Angaben im Rentenantrag seit Juni 1989 ausübte und wegen Schwangerschaft / Kindererziehung am 01.01.1991 aufgab.
Soweit die Klägerin gegenüber dem Sozialgericht behauptet hat, sie habe die Tätigkeit als Konditorin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, vermag sich der Senat hiervon nicht zu überzeugen. Die Klägerin gibt hierzu in ihrer Klageschrift an, gesundheitliche Einschränkungen schon während der Lehrzeit gehabt zu haben, schon damals krankgeschrieben gewesen zu sein und deswegen den Beruf aufgegeben zu haben. Indessen stimmen diese Angaben nicht mit jenen überein, die sie im Rahmen der Rentenantragstellung (Blatt 5 VA) machte. Dort gab sie an, von 1979 bis 1983 als Konditorin tätig gewesen zu sein und diese Tätigkeit wegen Schwangerschaft/Kindererziehung aufgegeben zu haben. Weiter gab sie an, 1985 erneut als Konditorin tätig gewesen zu sein und auch diese Tätigkeit wiederum wegen Kindererziehung aufgegeben zu haben. An keiner Stelle der Beschäftigungsübersicht sind gesundheitliche Gründe für die Aufgabe einer Tätigkeit angegeben. Dementsprechend vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Aufgabe der Tätigkeit als Konditorin aus gesundheitlichen Gründen erfolgte. Weitere Nachweise sind nicht möglich, wie die Klägerin selbst einräumt.
Wie der 11. Senat im genannten Beschluss gelangt auch der erkennende Senat deshalb zu der Überzeugung, dass die Klägerin - ausgehend von der ungelernten Tätigkeit als Weichenreinigerin - auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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