S 50 AS 1131/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
50
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 50 AS 1131/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin zu 1) und ihr Sohn, der Kläger zu 2), begehren die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) in der Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012.

Die am xxxxx1982 geborene, erwerbsfähige Klägerin zu 1) lebte in dem streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit ihrem am xxxxx2007 geborenen Sohn in einer 51,86 Quadratmeter großen Wohnung in der G. in H., für die sie, ausweislich des Mietvertrages vom 25.07.2011, eine monatliche Miete in Höhe von 524,80 EUR zahlte. Diese setzte sich aus einer Nettokaltmiete von monatlich 337,09 EUR, einer Betriebskostenvorauszahlung von monatlich 93,40 EUR und einer Vorauszahlung für Heizungs- und gegebenenfalls Warmwasserkosten von monatlich 94,31 EUR zusammen. Die Klägerin zu 1) ist alleinerziehend. Das Sorgerecht wird von der Klägerin zu 1) und dem Kindesvater gemeinsam ausgeübt. In dem streitgegenständlichen Zeitraum verfügte die Klägerin über ein monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 780,00 EUR brutto (621,21 EUR netto). Zudem erhielt sie für ihren Sohn Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 EUR. Der Kindesvater leistete einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 225,00 EUR. Außerdem verfügte die Klägerin zu 1) über Altersvorsorgevermögen durch eine Riesterrente, deren Kapitalstand zum 31.12.2010 954,48 EUR betrug.

Die Klägerin zu 1) war im Zeitraum vom 12.06.2006 bis 15.06.2007 in E., S. und N. als Leiharbeitnehmerin in einem Callcenter und als Verkäuferin erwerbstätig. Im Zeitraum vom 16.06.2007 bis 25.10.2007 bezog sie Arbeitslosengeld I.

Nach der Geburt ihres Sohnes bezog die Klägerin zu 1) in der Zeit vom 26.10.2007 bis 25.10.2008 Elterngeld und aufstockend Leistungen nach dem SGB II. Im Zeitraum vom 26.10.2008 bis 25.10.2009 bezogen die Kläger Leistungen nach dem SGB II.

Am 25.06.2009 verstarb der Großvater der Klägerin zu 1). Die Klägerin zu 1) wurde im Rahmen einer achtköpfigen Erbengemeinschaft Miteigentümerin eines Grundstücks mit einem Anteil von 1/16.

In der Zeit vom 26.10.2009 bis 24.10.2010 erhielt die Klägerin zu 1) Arbeitslosengeld I sowie Wohngeld.

Ab dem 01.11.2010 bezogen die Kläger wiederum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und zwar bis zum 31.07.2011 vom Jobcenter M. und - nach erfolgtem Umzug nach H. – vom 01.08.2011 bis zum 31.01.2012 von dem Beklagten.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 24.10.2011 veräußerte die Erbengemeinschaft das Grundstück zu einem Kaufpreis von 85.280,00 EUR. Gemäß § 3 des notariellen Kaufvertrages verpflichtete sich der Verkäufer unter anderem den Anteil von 1/16 des Kaufpreises an die Klägerin zu 1) zu zahlen.

Die Kläger beantragten mit Schreiben vom 06.01.2012 die Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Klägerin zu 1) teilte außerdem mit, dass das Grundstück aus der Erbschaft zwischenzeitlich verkauft worden, die Zahlung des Kaufpreises aber noch nicht erfolgt sei. Sie werde sich bei dem Beklagten melden, sobald das Geld auf ihrem Konto eingegangen sei. Dem Antrag fügten die Kläger Unterlagen über den Verkauf des Grundstücks bei.

Mit Bescheid vom 10.01.2012 lehnte der Beklagte die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 ab. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei in diesem Zeitraum aufgrund anzurechnenden Einkommens nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II. In dem entsprechenden Zeitraum müsse aufgrund der angefallenen Erbschaft eine einmalige Einnahme in Höhe von 5.330,00 EUR als Einkommen angerechnet werden. Da durch die einmalige Anrechnung der Erbschaft die Hilfebedürftigkeit entfallen würde, sei die Erbschaft auf sechs Monate verteilt anzurechnen. Bei einem Zufluss im Februar 2012 umfasse der Anrechnungszeitraum die Monate Februar bis Juli 2012.

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 10.01.2012 legten die Kläger am 27.01.2012 Widerspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass noch Zahlungsverpflichtungen für die Zahlung einer Mietkaution in Höhe von 1.200,00 EUR, für einen Dispositionskredit und Schulden gegenüber dem Arbeitgeber wegen des erfolgten Umzugs bestünden, zu deren Begleichung das Geld aus der Erbschaft dringend benötigt werde.

Am 02.02.2012 wurde der Anteil der Klägerin zu 1) aus dem Grundstücksverkauf in Höhe von 5330,00 EUR an diese gezahlt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Einkommen der Klägerin übersteige im Zeitraum von Februar 2012 bis Juli 2012 unter Berücksichtigung des, aus der Erbschaft zugeflossenen und auf sechs Monate zu verteilenden, Betrages in Höhe von 5.330,00 EUR den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft, so dass der Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abzulehnen gewesen sei.

Die Kläger haben am 10.04.2012 bei dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben. Zur Begründung verweisen die Kläger auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2012 zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlich bestimmter Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf den Inhalt der beigefügten Leistungsakte und die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Das Gericht hat die Beteiligten im Rahmen des Erörterungstermins vom 03.09.2012 gehört. Hinsichtlich des Inhalts des Erörterungstermins wird auf das Sitzungsprotokoll vom 03.09.2012 Bezug genommen. Am 29.07.2015 und 16.05.2017 haben mündliche Verhandlungen in diesem Verfahren stattgefunden. Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsprotokolle vom 29.07.2015 und 16.05.2017 Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Kläger haben für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 10.01.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in eigenen Rechten.

Die Kläger erfüllten die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht. Zwar hatte die Klägerin zu 1) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht, war erwerbsfähig und hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger zu 2) gehörte als dem Haushalt angehörendes unverheiratetes Kind, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1), da er die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen konnte.

Allerdings waren die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 nach der Überzeugung des Gerichts nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Gemäß § 19 Abs. 3 S. 1 SGB II werden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Bedarfe nach den Absätzen 1 und 2 erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB II in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung ist Einkommen der Eltern, eines Elternteils oder dessen Partners grundsätzlich auf alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis ihrer Bedarfe zu verteilen.

Hier konnten die Kläger ihren Lebensunterhalt im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 aus ihrem zu berücksichtigenden Einkommen sichern. Die Einnahmen der Klägerin zu 1) aus dem Erbe ihres Großvaters sind als Einkommen zu berücksichtigen. Da der Erbfall am 25.06.2009 nach der ersten Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II und während des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II eingetreten ist, ist der durch ihn bewirkte wertmäßige Zuwachs Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II.

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung) sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen, ist Einkommen grundsätzlich alles, was jemand nach Antragsstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er vor der Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich gehalten (BSG, Urteil vom 30.07.2008 – B 14 AS 26/07 R, BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 101/11 R).

Bei einem Erbfall ergibt sich ein anderer rechtlich maßgeblicher Zufluss aus § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Nach dieser Vorschrift geht mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Entscheidend ist also der Zeitpunkt des Erbfalls, hier der Zeitpunkt des Todes des Großvaters der Klägerin zu 1) am 25.06.2009. Denn bereits ab dem Zeitpunkt des Erbfalls kann ein Erbe aufgrund seiner erlangten rechtlichen Position über seinen Anteil am Nachlass verfügen (BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 101/11 R). Dies hat Konsequenzen für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen nach dem SGB II. Dabei ist zunächst unerheblich, dass der Erbe regelmäßig zum Zeitpunkt des Erbfalls noch keine Vorteile aus der Erbenstellung ziehen kann. Entscheidend für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen ist, ob der Erbfall vor der ersten Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II eingetreten ist (BSG, Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 45/09). Bei einem Erbfall vor der ersten Antragstellung, handelt es sich um Vermögen, liegt der Erbfall hingegen zeitlich nach der ersten Antragstellung, handelt es sich um Einkommen.

Den oben genannten Grundsätzen folgend stellt das (anteilige) Erbe an dem Grundstück aus dem Nachlass des Großvaters der Klägerin zu 1) Einkommen dar, weil der Tod des Großvaters der Klägerin zu 1) am 25.06.2009 und damit während des laufenden Bezugs von Leistungen nach dem SGB II eintrat. Trotz der Maßgeblichkeit des Zeitpunktes des Erbfalls für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen, ist das Erbe dem Bedarf als Einkommen erst ab dem Zeitpunkt gegenüber zu stellen, in dem es den Klägern tatsächlich als bereites Mittel zur Deckung ihres Bedarfs zur Verfügung stand (BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 101/11 R). Dies war hier der Zeitpunkt des Eingangs des anteiligen Kaufpreises auf dem Konto der Klägerin zu 1) am 02.02.2012.

Der zugeflossene Betrag ist als einmalige Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II zu berücksichtigen. Abhängig vom Zeitpunkt des zur Verfügung Stehens als bereites Mittel ist zunächst ein Verteilzeitraum zu bestimmen. Erst danach kommt eine Berücksichtigung des Erbes als Vermögen in Betracht. Dabei ändert ein nach Antragstellung erzieltes Einkommen seine Beschaffenheit rechtlich über den Monat des Zuflusses und über den Bewilligungszeitraum hinaus nicht (BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R). Insofern hat der Beklagte richtigerweise die bereiten Mittel aus dem Verkauf des Grundstücks aus dem Nachlass über den Monat Februar hinaus als Einkommen berücksichtigt. Die Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Denn die rechtliche Wirkung des Zuflussprinzips endet nicht mit dem Monat des Zuflusses, sondern erstreckt sich über den sogenannten Verteilzeitraum, der grundsätzlich mit dem Zeitpunkt des Zuflusses der einmaligen Einnahme beginnt und jedenfalls den gesamten Bewilligungszeitraum erfasst (BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R).

Eine andere rechtliche Wertung ergibt sich auch nicht aufgrund der Tatsache, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB II zwischen dem 26.10.2009 und dem 23.10.2010 unterbrochen war, weil die Klägerin zu 1) in diesem Zeitraum Arbeitslosengeld I und Wohngeld bezog. Diese Unterbrechung führt insbesondere nicht zu einer Berücksichtigung der anteiligen Zahlung des Kaufpreises des Grundstücks als Vermögen. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen ist –wie oben beschrieben- der Erbfall im Juni 2009 während des SGB II-Bezuges. Das Einkommen war nur erst ab dem Februar 2012 bedarfsmindernd zu berücksichtigen, weil das Erbe erst ab dem 02.02.2012 als bereites Mittel zur Verfügung stand. Grundsätzlich ändert die erneute Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II oder das Unterlassen der Antragstellung den "Aggregatzustand" der Einnahme nicht, wenn nach der ersten Antragstellung einmaliges Einkommen erzielt wurde (BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B14 AS 101/11 R). Das Bundessozialgericht hat lediglich für den Fall, dass innerhalb des Verteilzeitraums, nach dem Zufluss von bereiten Mitteln und deren Anrechnung als Einkommen auf den Bedarf, die Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat überwunden und der Bezug von Leistungen nach dem SGB II deshalb unterbrochen wird, eine Ausnahme von diesem Prinzip zugelassen. Für diesen Fall hat das Bundessozialgericht entschieden, dass es bei einer Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat innerhalb des Verteilzeitraums nicht gerechtfertigt ist, die zuvor berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen leistungsmindernd anzusetzen. In diesem Fall soll es sich um einen Zufluss vor erneuter – vergleichbar mit der ersten – Antragstellung und dem Widereintritt von Hilfebedürftigkeit handeln. Dann sollen gegebenenfalls noch vorhandene Wertzuwächse als Vermögen zu berücksichtigen sein (BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07 R, Rn.29-31).

Der hier vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem, diesem Urteil zugrunde liegenden, Fall jedoch dadurch, dass die Unterbrechung des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II hier nicht im Verteilzeitraum nach Berücksichtigung der einmaligen Einnahme als Einkommen lag, sondern der Bezug von Leistungen nach dem SGB II bereits zeitlich weit vor dem Beginn des Verteilzeitraums unterbrochen war. Auf diesen Fall erstreckt sich die Annahme eines neuen Leistungsfalls nicht (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 01/15, § 11 SGB II, Rn.506).

Auch wertungsmäßig ist die Situation, die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegt, nicht mit der Sachlage zu vergleichen, auf der die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Unterbrechung der Hilfebedürftigkeit im Verteilzeitraum beruht. Maßgeblicher Unterschied ist, dass im Fall der Unterbrechung der Hilfebedürftigkeit im Verteilzeitraum die Anrechnung der einmaligen Einnahme als Einkommen bereits einmal vorgenommen wurde. In diesem Fall soll es nicht gerechtfertigt sein, die bereits einmal berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen anzusetzen. Im vorliegenden Fall wurde die einmalige Einnahme vor dem Zeitpunkt der Unterbrechung des SGB II-Bezugs überhaupt nicht als Einkommen berücksichtigt, da sie als bereites Mittel noch nicht zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stand. Außerdem ist wertungsmäßig zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1) im Zeitpunkt der Unterbrechung des Bezugs von SGB II Leistungen den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft nicht aus Einkommen durch Erwerbstätigkeit, sondern durch den Bezug von Arbeitslosengeld I und Wohngeld bestritt. Die vom Bundessozialgericht ausnahmsweise vorgenommene Änderung des "Aggregatzustandes" der Einnahme wegen der Unterbrechung der Hilfebedürftigkeit, umfasst lediglich die Überwindung der Hilfebedürftigkeit, zum Beispiel durch Erwerbseinkommen ohne Berücksichtigung der zu verteilenden einmaligen Einnahme und ohne sonstige, nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter (BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07, Rn.31). Die dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Sachlage lässt keinen wertungsmäßigen Unterschied zum Fall des Zuflusses einer einmaligen Einnahme durch eine Erbschaft bei durchgehendem Leistungsbezug erkennen.

Der Gesamtbedarf der Kläger wurde im streitgegenständlichen Zeitraum durch das zu berücksichtigende Einkommen vollumfänglich gedeckt. Die Bedarfsgemeinschaft der Kläger hatte im streitgegenständlichem Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.07.2012 einen Gesamtbedarf von 1.252,44 EUR monatlich, der sich zusammensetzte aus Regelbedarfen in Höhe von 374,00 EUR (Klägerin zu 1) und 219,00 EUR (Kläger zu 2) sowie einem Mehrbedarf in Höhe von 134,64 EUR und Kosten der Unterkunft in Höhe von 524,80 EUR. Die Kläger verfügten über zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von insgesamt 1640,40 EUR monatlich. Dieses setzte sich zusammen aus 621,21 EUR Nettoerwerbseinkommen der Klägerin zu 1), 184,00 EUR Kindergeld, 225,00 EUR Unterhalt und 888,33 EUR für den monatlichen Anteil der einmaligen Einnahme durch den Verkauf des Grundstücks aus der Erbschaft in Höhe von 5330,00 EUR. Von diesen Einnahmen waren einmalig 42,84 EUR für Notarkosten (entspricht 7,14 EUR monatlich) und monatlich 30,00 EUR pauschal für Versicherungsleistungen sowie Freibeträge auf das Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 236,00 EUR abzusetzen.

Soweit die Klägerin zu 1) geltend macht, sie benötige die Mittel aus dem Erbe ihres Großvaters zur Tilgung von Schulden, hat sie mit diesem Vorbringen keinen Erfolg. Denn im Zeitpunkt der Auszahlung des Einkommens offene Schulden sind nicht vom Einkommen abzusetzen. Einkommen ist zu förderst zur Sicherung der Lebensunterhalts der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einzusetzen. Dies gilt selbst dann, wenn sich ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft durch die Anrechnung des Einkommens außerstande setzt, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen (BSG, Urteil vom 30.09.2008 – B 4 AS 29/07). Gegen die Berücksichtigung der Schulden bei der Anrechnung der einmaligen Einnahme durch die Erbschaft spricht die gesetzliche Wertung, dass als Einkommen grundsätzlich alle Einnahmen zu berücksichtigen sind und Ausnahmen nur für bestimmte Einnahmen und bestimmte Absetzbeträge gemacht werden (vgl. § 11 SGB II a.F.; §§ 11 bis 11b SGB II n.F.). Angesichts dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses bedarf das Eingreifen einer Ausnahme einer klaren gesetzlichen Rechtsgrundlage. Zudem ist zu beachten, dass das SGB II die Übernahme von Schulden nur ausnahmsweise vorsieht, nämlich zur Sicherung der Unterkunft, aber auch dann in der Regel nur darlehensweise. Dies folgt aus dem Zweck der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, in einer aktuellen Notlage das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum zu sichern (BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 53/12, Rn.27)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
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