S 15 Ar 796/95

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 15 Ar 796/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 660/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
(Bei Eingaben bitte Aktenzeichen angeben)

Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit A., A-Straße, A-Stadt Kläger , Prozeßbevollm.: Rechtssekretäre B., B-Straße, A-Stadt

Gegen

Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, vertreten durch den Präsidenten des Landesarbeitsamtes Hessen in Frankfurt am Main, dieser vertreten durch den Direktor des Arbeitsamtes Darmstadt, Groß-Gerauer Weg 7, 64295 Darmstadt

Beklagte. Die 15. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 1997 durch den Richter Hölzer als Vorsitzenden und die ehrenamtliche Richterin Sandrock sowie den ehrenamtlichen Richter Creter für Recht erkannt:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 27. 03. 1995 und der Widerspruchsbescheid vom 28.04. 1995 werden abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger Arbeitslosengeld ab dem 04.02.1995 nach einem wöchentlich gerundeten Bruttobemessungsentgelt von 1.040,00 DM jährlich dynamisiert ab dem 31.01. 1996 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung der niedrigeren wöchentlichen Arbeitszeit aufgrund einer Betriebsvereinbarung anstelle der tariflich bestimmten wöchentlichen Arbeitszeit bei der Bemessung des ihm zustehenden Arbeitslosengeldes (Alg).

Der 1935 geborene Kläger ist Mitglied der Industriegewerkschaft Medien (IG Medien) und war in der Zeit vom 01.04.1957 bis zum 03.02.1995 bei der C-gesellschaft mbH in A-Stadt (Arbeitgeber) beschäftigt.

Der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der ab 10.03.1989 geltenden Fassung (MTV) sah in § 3 MTV eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden vor. Nach derselben Vorschrift gilt seit dem 01.04.1995 eine solche Arbeitszeit von 35 Stunden. Der Arbeitgeber schloß mit dem Betriebsrat am 15.02.1994 eine Betriebsvereinbarung unter anderem des Inhaltes, daß für die Zeit vom 01.03.1994 bis zum 31.03.1995 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 35 Stunden ohne Lohnausgleich betragen solle. Zur Ausführung dieser Vereinbarung sollte mit allen Beschäftigten, mit Ausnahme der Auszubildenden und der bisherigen Teilzeitkräfte, hierüber eine Einzelvereinbarung getroffen werden. Wegen weiterer Einzelheiten der Betriebsvereinbarung wird auf Blatt 11 f der Leistungsakte der Beklagten verwiesen.

Am 31.01.1995 eröffnete das Konkursgericht durch Beschluss auf Antrag des Arbeitgebers das Konkursverfahren über dessen Vermögen.

Am 03.02.1995 meldete sich der Kläger zum 04.02.1995 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Aus der Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers nach § 133 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 01.03.1995 geht hervor, daß bis zum Ausscheiden des Klägers das Entgelt bis zum 31.01.1995 abgerechnet wurde. Mit Bescheid vom 27.03.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab dem 04.02.1995 nach einem gerundeten wöchentlichen Bruttobemessungsentgelt von 980,00 DM. Hierbei berücksichtigte die Beklagte anstelle der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit die in der Betriebsvereinbarung bestimmte verminderte Arbeitszeit. Deswegen legte der Kläger hiergegen mit Schreiben vom 07.04.1995 am 10.04.1995 Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.1995 zurück. Hierbei führte die Beklagte zur Begründung aus, § 112 Abs. 4 Nr. 3 AFG sehe vor, daß die vereinbarte Arbeitszeit anstelle der tariflich bestimmten zugrunde zu legen sei, wenn diese Vereinbarung nicht nur vorübergehend getroffen worden sei. Dies sei in der Regel ab einem Zeitraum von drei Monaten anzunehmen, so daß die aufgrund der Betriebsvereinbarung geltende Arbeitszeit hier zu berücksichtigen sei.

Hiergegen richtet sieh die am 23.05.1995 beim Sozialgericht Darmstadt erhobene Klage.

Der Kläger ist wegen Bezuges einer Altersrente ab dem 01.03.1996 aus dem Leistungsbezug bei der Beklagten ausgeschieden.

Der Kläger ist der Ansicht, daß die Betriebsvereinbarung aufgrund ihrer zeitlichen Befristung sehr wohl nur vorübergehender Natur sei. Zudem verstoße sie gegen höherrangiges Tarifvertrags- bzw. Betriebsverfassungsrecht und könne daher keine Berücksichtigung finden.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.03.1995 und den Widerspruchsbescheid vom 28.04.1995 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosengeld ab dem 04.02.1995 nach einem wöchentlichen gerundeten Bruttobemessungsentgelt von 1.040,00 DM jährlich dynamisiert ab dem 31.01.1996 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, nach § 112 Abs. 4 Nr. 3 AFG sei jedwede Vereinbarung zu berücksichtigen, auch wenn sie gegen höherrangiges Recht verstieße. Im übrigen verweist sie zur Begründung ihres Antrags insbesondere auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides.

Das Gericht hat eine Auskunft des Landesverbandes Hessen des Bundesverbandes Druck e. V. vom 02.10.1996 des Inhaltes eingeholt, daß der Arbeitgeber seit 1954 unverändert Mitglied des Verbandes gewesen ist und die Satzung des Verbandes vorsieht, daß die Mitgliedschaft endet, wenn der Eröffnungsbeschluß für das Konkursverfahren über das Vermögen des Mitgliedes rechtskräftig geworden ist.

Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 27.08.1996 und 28.01.1997 gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, weil dem Kläger Alg in begehrter Höhe zusteht und infolge dessen die angefochtenen Bescheide insoweit rechtswidrig sind und den Kläger in eigenen Rechten verletzen.

Die Höhe des Alg bestimmt sich nach den §§ 111, 112 AFG. Nach § 111 Abs. 1 AFG beträgt das Alg für Arbeitslose, die - wie der Kläger - keine berücksichtigungsfähigen Kinder haben, 60 v.H. des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgeltes (§ 112 AFG). Näheres ergibt sich hierbei aus der Anlage 1 b der AFG-Leistungsverordnung, in der für die verschiedenen Arbeitsgentgelte nach Minderung um die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge und unter Berücksichtigung der Nettolohnersatzquoten die jeweiligen Leistungssätze ausgewiesen sind. Arbeitsentgelt im Sinne des § 111 Abs. 1 AFG ist das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich erzielt hat (§ 112 Abs. 1 Satz 1 AFG). Nach § 112 Abs. 3 AFG ist für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (Satz 1). Satz 2 sieht vor, daß Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen ist, als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt gilt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit 13 vervielfacht durch 3 geteilt wird.

§ 112 Abs. 4 AFG sieht Ausnahmen von dem Grundsatz vor, daß zur Bestimmung des Bemessungsentgeltes das in der Stunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen ist, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. So sieht § 112 Abs. 4 Nr. 3 AFG vor, daß anstelle der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit die vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich ist, soweit sich aus Abs. 4 a nichts anderes ergibt, wenn nicht nur vorübergehend weniger als die tariflichen oder üblichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden vereinbart waren.

Allein die Geltung dieser Ausnahmeregelung ist zwischen den Beteiligten streitig und kommt zur Überzeugung der Kammer zugunsten des Klägers vorliegend nicht zur Anwendung. Vielmehr verbleibt es dabei, daß die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden maßgeblich ist, so daß sich das vom Kläger geforderte wöchentliche gerundete Bemessungsentgelt von 1.040,00 DM ergibt.

Eine im Rahmen des § 112 Abs. 4 Nr. 3 AFG zu berücksichtigende vereinbarte geringere Arbeitszeit als die tariflich vorgesehene hat zur Überzeugung der Kammer nicht vorgelegen.

Hierfür ist zunächst zu beachten, daß es ausschließlich darauf ankommt, ob eine solche verminderte Arbeitszeit vereinbart worden ist. Unmaßgeblich ist hingegen, ob tatsächlich eine andere als die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit geleistet worden ist. Selbst wenn ein Arbeitgeber eine geringere Arbeitszeit länger als nur vorübergehend bewußt hingenommen hat, ohne dabei den Willen zu haben, dies vertraglich anzuerkennen, soll weiterhin die tarifliche Arbeitszeit gelten (Rokita in Schönefelder u.a. § 112 AFG Rn. 135, Stand: Dezember 1995). Dies macht deutlich, daß ausschlaggebendes Merkmal die durch eine Vereinbarung herbeigeführte Rechtsfolge einer verminderten Arbeitszeit, nicht aber allein deren faktische Ausübung ist. Eine solche Rechtsfolge kann aber nur eine Vereinbarung herbeiführen, die ihrerseits wirksam, d.h. nicht nichtig ist.

Die Betriebsvereinbarung vom 15.02.1994 ist aber zumindest im Hinblick auf die Regelung der wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit als nichtig anzusehen, weil sie gegen höherrangige tarifvertragliche Regelungen verstößt.

Dies folgt entweder aus § 87 Abs. 1 Eingangssatz Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) oder § 77 Abs. 3 BetrVG i.V.m. den Arbeitszeitregelungen des MTV.

§ 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG enthält einen Tarifvorrang mit der Maßgabe, daß der Betriebsrat nur in Angelegenheiten mitbestimmen darf, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Gesetzgeberischer Zweck dieser Regelung ist, eine Mitbestimmung des Betriebsrates dort zu versagen, wo auch der Arbeitgeber aufgrund Gesetz oder Tarifvertrag bereits anderweitig gebunden ist. Dies gilt zumindest dann, wenn die gesetzliche oder tarifliche Regelung die Angelegenheit "abschließend und zwingend" regelt (BAG GS in AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972, Lohngestaltung). § 77 Abs. 3 BetrVG bestimmt hingegen, daß Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zuläßt. Diese Vorschrift enthält einen gegenüber § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG weitergehenden Tarifvorbehalt mit dem Zweck, den Tarifvertragsparteien vorrangig eine Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu ermöglichen.

Beide Regelungen führen dazu, auch wenn sie einen unterschiedlichen gesetzgeberischen Zweck verfolgen, daß eine Betriebsvereinbarung zumindest dann unwirksam ist, wenn sie gegen abschließende tarifvertragliche Regelungen verstößt. Für einen solchen Fall kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der weitergehende Vorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG auch im Geltungsbereich des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG Anwendung findet.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der MTV sieht eine abschließende Arbeitszeitregelung vor, die der der Betriebsvereinbarung widerspricht. § 3 MTV sieht ausdrücklich vor, daß im maßgeblichen Zeitraum die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 37 Stunden beträgt. Eine Ausnahme erlaubt § 3 MTV nur, wenn entweder durch Betriebsvereinbarung die Verteilung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit abweichend vereinbart wird (§ 3 Nr. 1 u. 2 MTV) oder Kurzarbeit angeordnet wird (§ 3 Nr. 4 MTV). Beides ist hier nicht der Fall. Kurzarbeit ist in der Vorschrift des MTV so zu verstehen, daß eine Arbeitszeitverkürzung vorliegen muß, die den Bezug von Kurzarbeitergeld begründen kann. Dies scheitert hier bereits daran, daß § 64 Abs. 1 Nr. 3 AFG als Leistungsvoraussetzung eine Verminderung der Arbeitszeit um mindestens 10 v. H. vorschreibt, da die hier vereinbarte Arbeitszeitverkürzung diesen Prozentsatz nicht erreicht.

Eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit infolge einer Teilzeitarbeitvereinbarung ist hingegen nach § 3 a MTV bei Vollzeitbeschäftigten nur erlaubt, wenn die Kindererziehung oder die Pflege erkrankter Familienangehöriger dies erfordert (§ 3 a Nr. 5 MTV). Auch dies ist vorliegend nicht gegeben. Im Hinblick darauf, daß der MTV ausdrückliche Regelungen dafür enthält, wann von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit abgewichen werden darf, ist auch anzunehmen, daß es sich um eine abschließende Regelung handelt. Denn ansonsten würden die Ausnahmebestimmungen ins Leere laufen.

Die tarifvertragliche Regelung ist zudem für das streitige Arbeitsverhältnis maßgeblich gewesen, weil sowohl der Arbeitgeber und der Kläger Mitglieder der Tarifvertragsparteien gewesen sind. Hierbei kommt es nach § 3 Abs. 3 Tarifverragsgesetz (TVG) auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber noch nach Wirksamwerden des MTV Mitglied gewesen ist.

Die Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung scheitert auch nicht daran, daß § 4 Abs. 3 TVG für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen trotz einer entgegenstehenden tarifvertraglichen Bestimmung erlaubt (Gültigkeitsprinzip). Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG überhaupt im Rahmen des BetrVG Anwendung findet. Denn auch unter Beachtung dieses Grundsatzes führt dies zu keinem anderen Ergebnis, weil eine solche Günstigkeit nicht gegeben ist.

Das Günstigkeitsprinzip § 4 Abs. 3 TVG sieht vor, daß gegenüber einer abschließenden tarifrechtlichen Regelung eine abweichende Abmachung nur zulässig ist, soweit sie eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten. Hierbei ist nach der Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer anschließt, ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen, der den einzelnen Arbeitnehmer in seiner konkret-individuellen Situation erfaßt. Maßgeblich ist hierbei ein objektiv-hypothetischer Maßstab. Dabei hat im Zweifelsfall die tarifrechtliche Regelung Vorrang.

Hiernach ist die Regelung in der Betriebsvereinbarung vom 15.02.1994 zumindest nicht als günstiger anzusehen. Denn der aufgrund der Arbeitszeitverkürzung für den Kläger sich ergebende Freizeitgewinn wird durch eine zugleich eintretende Lohneinbuße erkauft. Damit kann die Betriebsvereinbarung bestenfalls als gleichgünstig angesehen werden, wobei selbst hieran allein schon deshalb Zweifel verbleiben, weil es sich nur um einen geringfügigen Freizeitgewinn in einer angespannten wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers gehandelt hat, bei der unter Berücksichtigung objektiver Kriterien die Lohneinbuße als schmerzlicher angesehen werden kann.

Sollte es tatsächlich darüber hinaus zu einer Einzelvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Kläger gekommen sein, so wäre auch diese aufgrund des nur durch das Günstigkeitsprinzip eingeschränkten Tarifvorranges gemäß § 4 Abs. 3 TVG nach dem oben Gesagten ebenfalls nichtig.

Die sonstigen Leistungsvoraussetzungen haben ohnehin vorgelegen. Die Kammer hat jedoch bei ihrer Entscheidung verkannt, daß als maßgeblicher erster Dynamisierungs-Termin nicht der 31.01.1996, sondern der 01.02.1996 anzusehen ist, Dies folgt aus den Bestimmungen in § 112 a Abs. 1 AFG in Verbindung mit § 26 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X) und den §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Denn diese Fristbestimmungen führen dazu, daß, wenn wie hier, der Bemessungszeitraum zum 31.01.1996 endet, die Dynamisierung ab dem 01.02.1996 zu erfolgen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem dem Gericht nach § 153 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeräumte Ermessen. Maßgeblich ist hierbei gewesen, daß der Kläger mit seinem Klageantrag voll obsiegt hat.

Die Kammer brauchte über eine Zulassung der Berufung nicht zu entscheiden, weil diese aufgrund des streitgegenständlichen Leistungsbezuges vom 04.02.1995 bis zum 29.02.1996 bereits kraft Gesetzes nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft ist.
Rechtskraft
Aus
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