Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 94/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 185/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beitragsbescheide für die Umlagejahre 2001 bis 2006, vom 03.05.2002, 10.04.2003, 20.04.2004, 18.04.2005, 20.03.2006 und 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007 werden aufgehoben, soweit darin die Gewährung des Beitragszuschusses aus Bundesmitteln versagt wurde und nicht vom Beitragssoll abgesetzt wurde.
Die Beklagte wird insoweit verpflichtet, dem Kläger den jeweiligen Beitragszuschuss für die Umlagejahre 2001 bis 2006 zu bewilligen und die Beiträge unter Berücksichtigung des jeweiligen Zuschusses neu festzusetzen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Beitragszuschusses aus Bundesmittelln für vier landwirtschaftliche Unternehmen des Klägers.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein und als landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des SGB VII für das Umlagejahr 2001 bis 2006 beitragspflichtig zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMVEL) hat für den streitgegenständlichen Zeitraum den landwirtschaftlichen Unfallversicherungsträgern Zuschüsse (Bundesmittel) zur Beitragssenkung bewilligt. Auf Anregung des Bundesrechnungshofes wurden mit Bewilligungsbescheid vom 28.12.2001 für das Umlagejahr 2001 landwirtschaftliche Unternehmen der Bodenbewirtschaftung, die unabhängig von ihrer Rechtsform – wirtschaftlich der öffentlichen Hand- zuzurechnen sind, von der Bundesmittelgewährung ausgeschlossen. Gleiches erfolgte auch in den Bewilligungsbescheiden von 2002 bis 2006. Die entsprechende Nebenbestimmung Ziffer 1.2.2.1 lautet jeweils: "Abweichend von Nr. 1.2.1. sind landwirtschaftlichen Unternehmen nach §123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, die –unabhängig von ihrer jeweiligen Rechtsform- wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, von der Bundesmittelberechtigung ausgeschlossen. Landwirtschaftliche Unternehmen i.S. von §123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind dann wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen, wenn sie selbst in der Form eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers organisiert sind oder die Mehrheit der Geschäfts-/Gesellschaftsanteile des betreffenden Unternehmens einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger zusteht; dies gilt auch dann, wenn die Geschäfts-/Gesellschaftsanteile einer Religionsgemeinschaft/ Kirche zustehen, die in öffentlich- rechtlicher Rechtsform organisiert ist. Für Stiftungen des bürgerlichen Rechts gilt der Ausschluss von der Bundesmittelgewährung dann, wenn das Stiftungsvermögen mehrheitlich einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger – einschließlich entsprechend organisierter Religionsgemeinschaften/ Kirchen – zuzuordnen ist."
Mit Beitragsbescheid vom 03.05.2002 wurde die Umlage für das Jahr 2001 festgesetzt. Unter Bezugnahme auf die Nebenbestimmung des Bewilligungsbescheides des BMVEL wurde die Umlage erstmals nicht durch den Bundeszuschuss zu den Beiträgen gesenkt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Evangelische Kirche D-Stadt und das E. Diakonissenhaus maßgeblichen Einfluss auf den Kläger hätten und daher von einem beherrschenden Einfluss auszugehen sei.
Der Kläger legte gegen den ergangenen Beitragsbescheid Widerspruch ein. Das Verfahren wurde in Erwartung mehrerer gerichtlicher Entscheidungen zu der Frage der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Nebenbestimmung sodann ruhend gestellt. Gegen die während des Verfahrens erlassenen Beitragsbescheide 2002 bis 2006 wurde von Seiten des Klägers ebenfalls Widerspruch eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2007 wurden dann sämtliche Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner am 11.10.2007 beim SG Marburg eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er ist der Ansicht, dass er als eingetragener Verein nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis gehöre. Insbesondere seien die Mitglieder natürliche Personen und unterlägen keinen Weisungen der Körperschaften und Vereine, die sie benennen. Insoweit sei der Wortlaut der streitgegenständlichen Nebenbestimmung streng auszulegen.
Er beantragt,
die Beitragsbescheide für die Umlagejahre 2001 bis 2006, vom 03.05.2002, 10.04.2003, 20.04.2004, 18.04.2005, 20.03.2006 und 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007 aufzuheben, soweit die Bescheide dem Kläger den Beitragszuschuss aus Bundesmittel versagen und ihn nicht vom Beitragssoll absetzen, und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Beitragszuschuss für die Umlagejahre 2001 bis 2006 zu bewilligen und die Beiträge unter Berücksichtigung des Zuschusses neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass der Kläger wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen und daher von der Gewährung der Bundesmittel ausgeschlossen sei. Die Aufzählung in Ziffer 1.2.2.1. habe wegen der Fülle von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten keinen abschließend festlegenden Charakter. Ziel der Nebenbestimmung sei nämlich, die Unternehmen von der Bundesmittelverteilung auszunehmen, bei denen öffentlich- rechtliche Rechtsträger unmittelbar einen beherrschenden Einfluss haben. Daher gehörten auch Vereine zu dem angesprochenen Personenkreis, wenn Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Mehrheitsbeteiligung besitzen. Entscheidend sei dabei, ob die Kirche über die Organe des Vereins und deren Mitglieder einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsabläufe hätten, was im Falle des Klägers anzunehmen sei.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass der laufende Betrieb der landwirtschaftlichen Unternehmen in zwei Sparten aufgeteilt sei und die Finanzierung ebenfalls auf zwei Schienen laufe. So werde die Betreuung der behinderten Mitarbeiter vom Landeswohlfahrtsverband nach SGB XII getragen, während sich der eigentliche Produktionsbereich selbst tragen müsse. Der Landeswohlfahrtsverband komme insoweit nur für die (Lohn)Kosten des Betreuungspersonals auf. Die Lohnkosten des landwirtschaftlichen Personals und die Entlohnung der Betreuten müssten hingegen aus den Erlösen des Betriebes finanziert werden. Kirchliche Mittel gebe es dafür nicht. In der Mitgliederversammlung sei jedes Mitglied in seinen Entscheidungen frei. Die Kirche habe insoweit keine Möglichkeit Einfluss auf die Beschlüsse zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Beitragsbescheide 2001 bis 2006 der Beklagten vom 03.05.2002, 10.04.2003, 20.04.2004, 18.04.2005, 20.03.2006 und 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, denn die Beklagte hat den Beitrag des Klägers zu Unrecht ohne Absetzung des Bundesmittelzuschusses berechnet.
Bei den vier land- und forstwirtschaftlichen Betrieben des Klägers handelt es sich um land- und forstwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.
Nach § 152 Abs. 1 und 2 SGB VII werden in der gesetzlichen Unfallversicherung die Beiträge nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Nach § 183 Abs. 2 SGB VII bestimmt die Satzung die Einzelheiten der Beitragsberechnung. Berechnungsgrundlage für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind das Umlagesoll, die Fläche, der Wirtschaftswert, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleichbarer Maßstab (§ 182 Abs. 2 S. 1 SGB VII) Auf die so ermittelte Beitragsschuld ist der vom BMVEL bewilligte Beitragszuschuss zur Senkung der Beiträge beitragspflichtiger Unternehmer nach Maßgabe des jeweiligen Bewilligungsbescheides abzusetzen. Der Bundesmittelzuschuss zum Unfallversicherungsbeitrag soll land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen gewährt werden, soweit diese nicht von der entsprechenden Gewährung ausgenommen sind. An die entsprechenden Bestimmungen im jeweiligen Bewilligungsbescheid ist die Beklagte gebunden. Die Besonderen Nebenbestimmungen der Bewilligungsbescheide für die Umlagejahre 2001 bis 2006 sind jeweils wortgleich, so dass die folgenden Ausführungen für alle Umlagejahre gleich gelten. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 1.2.2. sind landwirtschaftliche Unternehmen, die wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, von der Bundesmittelgewährung ausgeschlossen, wobei dies dann der Fall ist, wenn sie selbst in der Form eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers organisiert sind oder die Mehrheit der Geschäfts-/Gesellschaftsanteile des betreffenden Unternehmens einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger zusteht. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäfts-/Gesellschaftsanteile einer Religionsgemeinschaft/ Kirche zustehen, die in öffentlich- rechtlicher Rechtsform organisiert ist. Für Stiftungen des bürgerlichen Rechts gilt der Ausschluss von der Bundesmittelgewährung dann, wenn das Stiftungsvermögen mehrheitlich einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger – einschließlich entsprechend organisierter Religionsgemeinschaften/ Kirchen – zuzuordnen ist.
Der insoweit eindeutige Wortlaut der Nebenbestimmung lässt eine Anwendung –unter Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden- auf den Kläger nicht zu. Denn Ausgangspunkt jeder Auslegung ist nach der Rechtsprechung des BverfG der in einer Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt [vgl. BverfGE 8, 274 (307); 11, 126 (130); 15, 160 (162)]. Auslegungsmöglichkeiten, wie z.B. die Entstehungsgeschichte, die Stellung der Norm im gesamten Normgefüge oder deren Sinn und Zweck, kommen nur dann zum Tragen, wenn der Wortlaut ungenau ist und insoweit Zweifel an dem Regelungsgehalt offen bleiben [vgl. BverfGE 19, 147 (251)]. Grenze jeglicher Auslegung ist stets der äußerste noch mögliche Wortsinn der Norm. Nach dem Wortlaut des Zuwendungsbescheides gehört der Kläger eindeutig nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis, denn er ist weder in öffentlich-rechtlicher Form organisiert, noch handelt es sich bei ihm um eine Gesellschaft, dessen Mehrheitsanteile einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger, bzw. der Kirche zuzuordnen ist. Als eingetragener Verein ist der Kläger rechtlich eine juristische Person des Privatrechts und damit nicht in öffentlich- rechtlicher Form organisiert. Die Mitglieder des Vereins haben keine Geschäfts- oder Gesellschaftsanteile am Verein selbst oder an dessen Vermögen inne, sondern lediglich Mitgliedschaftsrechte. Eine weitergehende Auslegung der Nebenbestimmung ist unter Zugrundelegung des oben gesagten nicht zulässig.
Ein Ausschluss von der Bundesmittelzuschussgewährung kommt auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung der entsprechenden Nebenbestimmung in Betracht. Zwar beinhaltet die derzeitige Fassung der Nebenbestimmung in Bezug auf den Kläger bzw. dessen Rechtsform eine Regelungslücke, die unter Zugrundelegung der Zielsetzung des BMVEL auch planwidrig sein dürfte. Allerdings scheidet eine analoge Anwendung aus, weil der Kläger nicht mit einem, mit den in der Nebenbestimmung genannten Personen vergleichbar ist. Planwidrig ist eine Gesetzeslücke, wenn die nicht geregelte Fallgestaltung den gesetzlich/normativ bestimmten Fällen vergleichbar und anzunehmen ist, dass sie vom Gesetzgeber/Normgeber bei entsprechender Kenntnis in die Regelung einbezogen worden wäre. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn zwischen der geregelten und der nicht geregelten Sachverhaltskonstellation keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können; denn unter diesen Umständen wäre eine Verletzung des Gleichheitssatzes indiziert [vgl. BverfGE 55, 72 (88); 75, 108 (157f). Dies ist zugleich die Grenze jeder Analogie: Die entsprechende Anwendung einer Bestimmung darf nicht darauf hinauslaufen, dass das Gericht anstelle des Normgebers entscheidet, welche Sachverhalte als wesentlich gleich anzusehen sind und darum nicht ungleich behandelt werden dürfen [vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.2005, Az.: 7 C 14/04]. Das BMVEL als Normsetzer hat dazu ausgeführt, dass vor dem Hintergrund nicht erkennbarer und abschätzbarer rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten land- und forstwirtschaftlicher Unternehmen, die Unternehmen von der Bundesmittelverteilung ausgenommen werden sollen, bei denen öffentlich- rechtliche Rechtsträger unmittelbar einen beherrschenden Einfluss haben. Sinn und Zweck der Nebenbestimmung sei in Anbetracht der rückläufigen Bundeszuschüsse, die Gewährung der Bundesmittel auf die landwirtschaftlichen Unternehmen zu konzentrieren, die ausschließlich oder in verstärktem Maße darauf angewiesen sind, Gewinne zur Sicherung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage zu erzielen. Im Unterschied zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts bzw. Kirchen und privaten Unternehmen seien erstere generell nicht darauf angewiesen, die für ihre Zwecke und Aufgaben erforderlichen Mittel durch ihre Beteiligung als Wettbewerber am Markt aufzubringen [vgl. BverwG, NVwZ 1987, 678(679)].
Vor diesem Hintergrund ist der Kläger jedoch nicht mit den vom Ausnahmetatbestand zu erfassenden Rechtsträgern vergleichbar. So hat der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die landwirtschaftlichen Unternehmen in zwei Sparten eingeteilt sind, da es zum Einen um die Betreuung behinderter Menschen und zum anderen um den landwirtschaftlichen Produktionsbereich geht. Während sich der Bereich "Betreuung" durch den Landeswohlfahrtsverband gemäß den Vorschriften des SGB XII finanziert, muss sich der landwirtschaftliche Produktionsbereich durch selbst erwirtschaftete Erlöse tragen. Die Leistungen des Landeswohlfahrtsverbandes umfassen nur die Lohnkosten des Betreuungspersonals. Das landwirtschaftliche Personal, sowie die Lohnkosten der (betreuten) Mitarbeiter müssen durch die eigenwirtschaftlich erzielte Gewinne finanziert werden. Kirchliche Mittel stehen weder dem Produktionsbereich, noch dem Betreuungsbereich zur Verfügung. Insoweit dürfte hier eher eine Vergleichbarkeit mit privaten Unternehmern anzunehmen sei, da der Kläger in Anbetracht dieses Finanzierungsmodells ebenso wie private Unternehmer auf die Marktsituation und die wirtschaftliche Lage des Betriebes angewiesen ist. Insoweit ist die Kammer der Ansicht, dass der Kläger jedenfalls nicht mit solchen Trägern vergleichbar ist, die generell nicht auf die Gewinne des Unternehmens angewiesen sind, weil ihnen andere Mittel zur Verfügung stehen, die vom Betrieb des jeweiligen Unternehmens völlig losgelöst sind.
Selbst wenn man eine Vergleichbarkeit des Klägers mit öffentlich- rechtlichen Rechtsträgern annähme und insoweit eine analoge Anwendung der Nebenbestimmung auf den Kläger für gegeben erachtet, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Denn die Kammer ist davon überzeugt, dass weder die Kirche, noch ein anderer öffentlich- rechtlicher Rechtsträger einen unmittelbar beherrschenden Einfluss auf den Kläger hat. Ein Beherrschungsverhältnis besteht dann, wenn eine Person die Möglichkeit hat, entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der anderen Person auszuüben, d.h. seinen Willen bei der anderen Person durch zu setzten und darüber hinaus über die Möglichkeit verfügt, der anderen Person Konsequenzen anzudrohen oder diese herbeizuführen, wenn dem Willen nicht gefolgt wird [vgl. zum AktG, Kölner Kommentar zum AktG, § 17 Rn. 4 ff; Aktien- und GmbH-Konzernrecht; § 17 Anm. 8]. Eine juristische Person übt diesen Einfluss durch ihre Organe aus, wobei diese sich wiederum Dritter (z.B. Angestellter) bedienen können. Die Möglichkeit der Einflussnahme muss beständig sein. Eine Zufallsmehrheit ist nicht ausreichend. Für die Frage der beherrschenden Einflussnahme kommt es grundsätzlich darauf an, wie die Rechtsbeziehungen – insbesondere die Beteiligungsverhältnisse- innerhalb des jeweiligen Unternehmens ausgestaltet sind. Ein beherrschender Einfluss kann begrifflich nur dann ausgeübt werden, wenn die unternehmenspolitischen Entscheidungen maßgeblich mitbestimmt werden können; sei es durch eine Mehrheitsbeteiligung, durch eine Sperrminorität oder durch vereinbartes (vertragliches) Zusammenwirken [vgl. BFH, Urteile vom 09.04.1997, Az.: I R 52/96; 15.03.2000, Az.: I R 40/99 zur Frage des beherrschenden Gesellschafters]. Nach der Satzung des Klägers sind Mitglieder des Vereins je ein Vertreter der Evangelischen Kirche von D-Stadt, des Diakonischen Werkes in D-Stadt, des E. Diakonissenhauses; höchstens 14 Personen, die der Aufsichtsrat der Mitgliederversammlung zur Berufung vorschlägt; höchstens 7 Personen, die Mitglieder der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern des Hessischen Brüderhauses sind und höchstens 6 hauptberufliche Mitarbeiter des Vereins, die durch die Mitarbeitervertretung benannt werden. Bei der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern des Hessischen Brüderhauses handelt es sich um einen nichtrechtfähigen Verein. Die Kirche ist direkt überhaupt nicht an dem Kläger beteiligt, so dass eine unmittelbare Einflussnahme nur über weisungsabhängige Vertreter der Kirche in Betracht kommt. Selbst wenn man insoweit die Mitglieder, welche die Evangelische Kirche, das Diakonische Werk und das E. Diakonissenhaus benennt, als weisungsabhängige Vertreter der Kirche ansieht, sind diese drei Stimmen jedenfalls nicht ausreichend, um eine Entscheidung in der Mitgliederversammlung entscheidend zu beeinflussen, weder als Mehrheit, noch als Sperrminorität. Auf alle anderen Mitglieder kann die Kirche keinen (rechtlich) entscheidenden Einfluss ausüben, da diese in keinerlei rechtlichen Beziehungen zur Kirche stehen und daher auch keinen entsprechenden Weisungen unterliegen. Eine moralische Nähe reicht insoweit nicht aus [vgl. BverfG Urteil vom 01.02.1989, BStBl II 1989, 522 ff zur Frage des gleichgerichteten Abstimmungsverhaltens bei persönlichen Beziehungen der Gesellschafter]. Dass wegen der Zielsetzung des Vereins in der Regel eine Entscheidung gefällt wird, die auch im Interesse der Kirche ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, das es nicht auf das Abstimmungsergebnis ankommt, sondern darauf, ob die Kirche auf die eigentliche Abstimmung Einfluss nehmen und das Ergebnis dadurch entscheidend beeinflussen kann. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Zusammensetzung des Vorstandes und des Aufsichtsrates. Auch führt der Vergleich mit einer Stiftung des Privatrechts und der damit verbundenen Zuordnung des Vermögens zu einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger oder der Kirche nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn zum einen besteht schon im Hinblick auf die Organisationsform ein erheblicher Unterschied, da die Stiftung im Gegensatz zum Verein keine eigenen handlungsfähigen Organe hat und daher das Vermögen als Zuordnungskriterium heranzuziehen ist. Und zum anderen ist das Vermögen des Klägers während seines Bestehens ihm selbst zugeordnet und damit eben keinem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger. Dass das Vermögen nach Auflösung des Vereins der Evangelischen Landeskirche zufällt spielt daher keine Rolle, solange der Kläger als juristische Person existiert.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte wird insoweit verpflichtet, dem Kläger den jeweiligen Beitragszuschuss für die Umlagejahre 2001 bis 2006 zu bewilligen und die Beiträge unter Berücksichtigung des jeweiligen Zuschusses neu festzusetzen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Beitragszuschusses aus Bundesmittelln für vier landwirtschaftliche Unternehmen des Klägers.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein und als landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des SGB VII für das Umlagejahr 2001 bis 2006 beitragspflichtig zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMVEL) hat für den streitgegenständlichen Zeitraum den landwirtschaftlichen Unfallversicherungsträgern Zuschüsse (Bundesmittel) zur Beitragssenkung bewilligt. Auf Anregung des Bundesrechnungshofes wurden mit Bewilligungsbescheid vom 28.12.2001 für das Umlagejahr 2001 landwirtschaftliche Unternehmen der Bodenbewirtschaftung, die unabhängig von ihrer Rechtsform – wirtschaftlich der öffentlichen Hand- zuzurechnen sind, von der Bundesmittelgewährung ausgeschlossen. Gleiches erfolgte auch in den Bewilligungsbescheiden von 2002 bis 2006. Die entsprechende Nebenbestimmung Ziffer 1.2.2.1 lautet jeweils: "Abweichend von Nr. 1.2.1. sind landwirtschaftlichen Unternehmen nach §123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, die –unabhängig von ihrer jeweiligen Rechtsform- wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, von der Bundesmittelberechtigung ausgeschlossen. Landwirtschaftliche Unternehmen i.S. von §123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind dann wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen, wenn sie selbst in der Form eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers organisiert sind oder die Mehrheit der Geschäfts-/Gesellschaftsanteile des betreffenden Unternehmens einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger zusteht; dies gilt auch dann, wenn die Geschäfts-/Gesellschaftsanteile einer Religionsgemeinschaft/ Kirche zustehen, die in öffentlich- rechtlicher Rechtsform organisiert ist. Für Stiftungen des bürgerlichen Rechts gilt der Ausschluss von der Bundesmittelgewährung dann, wenn das Stiftungsvermögen mehrheitlich einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger – einschließlich entsprechend organisierter Religionsgemeinschaften/ Kirchen – zuzuordnen ist."
Mit Beitragsbescheid vom 03.05.2002 wurde die Umlage für das Jahr 2001 festgesetzt. Unter Bezugnahme auf die Nebenbestimmung des Bewilligungsbescheides des BMVEL wurde die Umlage erstmals nicht durch den Bundeszuschuss zu den Beiträgen gesenkt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Evangelische Kirche D-Stadt und das E. Diakonissenhaus maßgeblichen Einfluss auf den Kläger hätten und daher von einem beherrschenden Einfluss auszugehen sei.
Der Kläger legte gegen den ergangenen Beitragsbescheid Widerspruch ein. Das Verfahren wurde in Erwartung mehrerer gerichtlicher Entscheidungen zu der Frage der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Nebenbestimmung sodann ruhend gestellt. Gegen die während des Verfahrens erlassenen Beitragsbescheide 2002 bis 2006 wurde von Seiten des Klägers ebenfalls Widerspruch eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2007 wurden dann sämtliche Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner am 11.10.2007 beim SG Marburg eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er ist der Ansicht, dass er als eingetragener Verein nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis gehöre. Insbesondere seien die Mitglieder natürliche Personen und unterlägen keinen Weisungen der Körperschaften und Vereine, die sie benennen. Insoweit sei der Wortlaut der streitgegenständlichen Nebenbestimmung streng auszulegen.
Er beantragt,
die Beitragsbescheide für die Umlagejahre 2001 bis 2006, vom 03.05.2002, 10.04.2003, 20.04.2004, 18.04.2005, 20.03.2006 und 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2007 aufzuheben, soweit die Bescheide dem Kläger den Beitragszuschuss aus Bundesmittel versagen und ihn nicht vom Beitragssoll absetzen, und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Beitragszuschuss für die Umlagejahre 2001 bis 2006 zu bewilligen und die Beiträge unter Berücksichtigung des Zuschusses neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass der Kläger wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen und daher von der Gewährung der Bundesmittel ausgeschlossen sei. Die Aufzählung in Ziffer 1.2.2.1. habe wegen der Fülle von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten keinen abschließend festlegenden Charakter. Ziel der Nebenbestimmung sei nämlich, die Unternehmen von der Bundesmittelverteilung auszunehmen, bei denen öffentlich- rechtliche Rechtsträger unmittelbar einen beherrschenden Einfluss haben. Daher gehörten auch Vereine zu dem angesprochenen Personenkreis, wenn Körperschaften des öffentlichen Rechts eine Mehrheitsbeteiligung besitzen. Entscheidend sei dabei, ob die Kirche über die Organe des Vereins und deren Mitglieder einen entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsabläufe hätten, was im Falle des Klägers anzunehmen sei.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass der laufende Betrieb der landwirtschaftlichen Unternehmen in zwei Sparten aufgeteilt sei und die Finanzierung ebenfalls auf zwei Schienen laufe. So werde die Betreuung der behinderten Mitarbeiter vom Landeswohlfahrtsverband nach SGB XII getragen, während sich der eigentliche Produktionsbereich selbst tragen müsse. Der Landeswohlfahrtsverband komme insoweit nur für die (Lohn)Kosten des Betreuungspersonals auf. Die Lohnkosten des landwirtschaftlichen Personals und die Entlohnung der Betreuten müssten hingegen aus den Erlösen des Betriebes finanziert werden. Kirchliche Mittel gebe es dafür nicht. In der Mitgliederversammlung sei jedes Mitglied in seinen Entscheidungen frei. Die Kirche habe insoweit keine Möglichkeit Einfluss auf die Beschlüsse zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Beitragsbescheide 2001 bis 2006 der Beklagten vom 03.05.2002, 10.04.2003, 20.04.2004, 18.04.2005, 20.03.2006 und 20.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, denn die Beklagte hat den Beitrag des Klägers zu Unrecht ohne Absetzung des Bundesmittelzuschusses berechnet.
Bei den vier land- und forstwirtschaftlichen Betrieben des Klägers handelt es sich um land- und forstwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.
Nach § 152 Abs. 1 und 2 SGB VII werden in der gesetzlichen Unfallversicherung die Beiträge nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beitragsansprüche dem Grunde nach entstanden sind, im Wege der Umlage festgesetzt. Nach § 183 Abs. 2 SGB VII bestimmt die Satzung die Einzelheiten der Beitragsberechnung. Berechnungsgrundlage für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sind das Umlagesoll, die Fläche, der Wirtschaftswert, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleichbarer Maßstab (§ 182 Abs. 2 S. 1 SGB VII) Auf die so ermittelte Beitragsschuld ist der vom BMVEL bewilligte Beitragszuschuss zur Senkung der Beiträge beitragspflichtiger Unternehmer nach Maßgabe des jeweiligen Bewilligungsbescheides abzusetzen. Der Bundesmittelzuschuss zum Unfallversicherungsbeitrag soll land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen gewährt werden, soweit diese nicht von der entsprechenden Gewährung ausgenommen sind. An die entsprechenden Bestimmungen im jeweiligen Bewilligungsbescheid ist die Beklagte gebunden. Die Besonderen Nebenbestimmungen der Bewilligungsbescheide für die Umlagejahre 2001 bis 2006 sind jeweils wortgleich, so dass die folgenden Ausführungen für alle Umlagejahre gleich gelten. Nach den Nebenbestimmungen Nr. 1.2.2. sind landwirtschaftliche Unternehmen, die wirtschaftlich der öffentlichen Hand zuzurechnen sind, von der Bundesmittelgewährung ausgeschlossen, wobei dies dann der Fall ist, wenn sie selbst in der Form eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers organisiert sind oder die Mehrheit der Geschäfts-/Gesellschaftsanteile des betreffenden Unternehmens einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger zusteht. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäfts-/Gesellschaftsanteile einer Religionsgemeinschaft/ Kirche zustehen, die in öffentlich- rechtlicher Rechtsform organisiert ist. Für Stiftungen des bürgerlichen Rechts gilt der Ausschluss von der Bundesmittelgewährung dann, wenn das Stiftungsvermögen mehrheitlich einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger – einschließlich entsprechend organisierter Religionsgemeinschaften/ Kirchen – zuzuordnen ist.
Der insoweit eindeutige Wortlaut der Nebenbestimmung lässt eine Anwendung –unter Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsmethoden- auf den Kläger nicht zu. Denn Ausgangspunkt jeder Auslegung ist nach der Rechtsprechung des BverfG der in einer Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt [vgl. BverfGE 8, 274 (307); 11, 126 (130); 15, 160 (162)]. Auslegungsmöglichkeiten, wie z.B. die Entstehungsgeschichte, die Stellung der Norm im gesamten Normgefüge oder deren Sinn und Zweck, kommen nur dann zum Tragen, wenn der Wortlaut ungenau ist und insoweit Zweifel an dem Regelungsgehalt offen bleiben [vgl. BverfGE 19, 147 (251)]. Grenze jeglicher Auslegung ist stets der äußerste noch mögliche Wortsinn der Norm. Nach dem Wortlaut des Zuwendungsbescheides gehört der Kläger eindeutig nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis, denn er ist weder in öffentlich-rechtlicher Form organisiert, noch handelt es sich bei ihm um eine Gesellschaft, dessen Mehrheitsanteile einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger, bzw. der Kirche zuzuordnen ist. Als eingetragener Verein ist der Kläger rechtlich eine juristische Person des Privatrechts und damit nicht in öffentlich- rechtlicher Form organisiert. Die Mitglieder des Vereins haben keine Geschäfts- oder Gesellschaftsanteile am Verein selbst oder an dessen Vermögen inne, sondern lediglich Mitgliedschaftsrechte. Eine weitergehende Auslegung der Nebenbestimmung ist unter Zugrundelegung des oben gesagten nicht zulässig.
Ein Ausschluss von der Bundesmittelzuschussgewährung kommt auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung der entsprechenden Nebenbestimmung in Betracht. Zwar beinhaltet die derzeitige Fassung der Nebenbestimmung in Bezug auf den Kläger bzw. dessen Rechtsform eine Regelungslücke, die unter Zugrundelegung der Zielsetzung des BMVEL auch planwidrig sein dürfte. Allerdings scheidet eine analoge Anwendung aus, weil der Kläger nicht mit einem, mit den in der Nebenbestimmung genannten Personen vergleichbar ist. Planwidrig ist eine Gesetzeslücke, wenn die nicht geregelte Fallgestaltung den gesetzlich/normativ bestimmten Fällen vergleichbar und anzunehmen ist, dass sie vom Gesetzgeber/Normgeber bei entsprechender Kenntnis in die Regelung einbezogen worden wäre. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn zwischen der geregelten und der nicht geregelten Sachverhaltskonstellation keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können; denn unter diesen Umständen wäre eine Verletzung des Gleichheitssatzes indiziert [vgl. BverfGE 55, 72 (88); 75, 108 (157f). Dies ist zugleich die Grenze jeder Analogie: Die entsprechende Anwendung einer Bestimmung darf nicht darauf hinauslaufen, dass das Gericht anstelle des Normgebers entscheidet, welche Sachverhalte als wesentlich gleich anzusehen sind und darum nicht ungleich behandelt werden dürfen [vgl. BVerwG, Urteil vom 17.02.2005, Az.: 7 C 14/04]. Das BMVEL als Normsetzer hat dazu ausgeführt, dass vor dem Hintergrund nicht erkennbarer und abschätzbarer rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten land- und forstwirtschaftlicher Unternehmen, die Unternehmen von der Bundesmittelverteilung ausgenommen werden sollen, bei denen öffentlich- rechtliche Rechtsträger unmittelbar einen beherrschenden Einfluss haben. Sinn und Zweck der Nebenbestimmung sei in Anbetracht der rückläufigen Bundeszuschüsse, die Gewährung der Bundesmittel auf die landwirtschaftlichen Unternehmen zu konzentrieren, die ausschließlich oder in verstärktem Maße darauf angewiesen sind, Gewinne zur Sicherung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage zu erzielen. Im Unterschied zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts bzw. Kirchen und privaten Unternehmen seien erstere generell nicht darauf angewiesen, die für ihre Zwecke und Aufgaben erforderlichen Mittel durch ihre Beteiligung als Wettbewerber am Markt aufzubringen [vgl. BverwG, NVwZ 1987, 678(679)].
Vor diesem Hintergrund ist der Kläger jedoch nicht mit den vom Ausnahmetatbestand zu erfassenden Rechtsträgern vergleichbar. So hat der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die landwirtschaftlichen Unternehmen in zwei Sparten eingeteilt sind, da es zum Einen um die Betreuung behinderter Menschen und zum anderen um den landwirtschaftlichen Produktionsbereich geht. Während sich der Bereich "Betreuung" durch den Landeswohlfahrtsverband gemäß den Vorschriften des SGB XII finanziert, muss sich der landwirtschaftliche Produktionsbereich durch selbst erwirtschaftete Erlöse tragen. Die Leistungen des Landeswohlfahrtsverbandes umfassen nur die Lohnkosten des Betreuungspersonals. Das landwirtschaftliche Personal, sowie die Lohnkosten der (betreuten) Mitarbeiter müssen durch die eigenwirtschaftlich erzielte Gewinne finanziert werden. Kirchliche Mittel stehen weder dem Produktionsbereich, noch dem Betreuungsbereich zur Verfügung. Insoweit dürfte hier eher eine Vergleichbarkeit mit privaten Unternehmern anzunehmen sei, da der Kläger in Anbetracht dieses Finanzierungsmodells ebenso wie private Unternehmer auf die Marktsituation und die wirtschaftliche Lage des Betriebes angewiesen ist. Insoweit ist die Kammer der Ansicht, dass der Kläger jedenfalls nicht mit solchen Trägern vergleichbar ist, die generell nicht auf die Gewinne des Unternehmens angewiesen sind, weil ihnen andere Mittel zur Verfügung stehen, die vom Betrieb des jeweiligen Unternehmens völlig losgelöst sind.
Selbst wenn man eine Vergleichbarkeit des Klägers mit öffentlich- rechtlichen Rechtsträgern annähme und insoweit eine analoge Anwendung der Nebenbestimmung auf den Kläger für gegeben erachtet, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Denn die Kammer ist davon überzeugt, dass weder die Kirche, noch ein anderer öffentlich- rechtlicher Rechtsträger einen unmittelbar beherrschenden Einfluss auf den Kläger hat. Ein Beherrschungsverhältnis besteht dann, wenn eine Person die Möglichkeit hat, entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der anderen Person auszuüben, d.h. seinen Willen bei der anderen Person durch zu setzten und darüber hinaus über die Möglichkeit verfügt, der anderen Person Konsequenzen anzudrohen oder diese herbeizuführen, wenn dem Willen nicht gefolgt wird [vgl. zum AktG, Kölner Kommentar zum AktG, § 17 Rn. 4 ff; Aktien- und GmbH-Konzernrecht; § 17 Anm. 8]. Eine juristische Person übt diesen Einfluss durch ihre Organe aus, wobei diese sich wiederum Dritter (z.B. Angestellter) bedienen können. Die Möglichkeit der Einflussnahme muss beständig sein. Eine Zufallsmehrheit ist nicht ausreichend. Für die Frage der beherrschenden Einflussnahme kommt es grundsätzlich darauf an, wie die Rechtsbeziehungen – insbesondere die Beteiligungsverhältnisse- innerhalb des jeweiligen Unternehmens ausgestaltet sind. Ein beherrschender Einfluss kann begrifflich nur dann ausgeübt werden, wenn die unternehmenspolitischen Entscheidungen maßgeblich mitbestimmt werden können; sei es durch eine Mehrheitsbeteiligung, durch eine Sperrminorität oder durch vereinbartes (vertragliches) Zusammenwirken [vgl. BFH, Urteile vom 09.04.1997, Az.: I R 52/96; 15.03.2000, Az.: I R 40/99 zur Frage des beherrschenden Gesellschafters]. Nach der Satzung des Klägers sind Mitglieder des Vereins je ein Vertreter der Evangelischen Kirche von D-Stadt, des Diakonischen Werkes in D-Stadt, des E. Diakonissenhauses; höchstens 14 Personen, die der Aufsichtsrat der Mitgliederversammlung zur Berufung vorschlägt; höchstens 7 Personen, die Mitglieder der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern des Hessischen Brüderhauses sind und höchstens 6 hauptberufliche Mitarbeiter des Vereins, die durch die Mitarbeitervertretung benannt werden. Bei der Gemeinschaft der Brüder und Schwestern des Hessischen Brüderhauses handelt es sich um einen nichtrechtfähigen Verein. Die Kirche ist direkt überhaupt nicht an dem Kläger beteiligt, so dass eine unmittelbare Einflussnahme nur über weisungsabhängige Vertreter der Kirche in Betracht kommt. Selbst wenn man insoweit die Mitglieder, welche die Evangelische Kirche, das Diakonische Werk und das E. Diakonissenhaus benennt, als weisungsabhängige Vertreter der Kirche ansieht, sind diese drei Stimmen jedenfalls nicht ausreichend, um eine Entscheidung in der Mitgliederversammlung entscheidend zu beeinflussen, weder als Mehrheit, noch als Sperrminorität. Auf alle anderen Mitglieder kann die Kirche keinen (rechtlich) entscheidenden Einfluss ausüben, da diese in keinerlei rechtlichen Beziehungen zur Kirche stehen und daher auch keinen entsprechenden Weisungen unterliegen. Eine moralische Nähe reicht insoweit nicht aus [vgl. BverfG Urteil vom 01.02.1989, BStBl II 1989, 522 ff zur Frage des gleichgerichteten Abstimmungsverhaltens bei persönlichen Beziehungen der Gesellschafter]. Dass wegen der Zielsetzung des Vereins in der Regel eine Entscheidung gefällt wird, die auch im Interesse der Kirche ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, das es nicht auf das Abstimmungsergebnis ankommt, sondern darauf, ob die Kirche auf die eigentliche Abstimmung Einfluss nehmen und das Ergebnis dadurch entscheidend beeinflussen kann. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die Zusammensetzung des Vorstandes und des Aufsichtsrates. Auch führt der Vergleich mit einer Stiftung des Privatrechts und der damit verbundenen Zuordnung des Vermögens zu einem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger oder der Kirche nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn zum einen besteht schon im Hinblick auf die Organisationsform ein erheblicher Unterschied, da die Stiftung im Gegensatz zum Verein keine eigenen handlungsfähigen Organe hat und daher das Vermögen als Zuordnungskriterium heranzuziehen ist. Und zum anderen ist das Vermögen des Klägers während seines Bestehens ihm selbst zugeordnet und damit eben keinem öffentlich- rechtlichen Rechtsträger. Dass das Vermögen nach Auflösung des Vereins der Evangelischen Landeskirche zufällt spielt daher keine Rolle, solange der Kläger als juristische Person existiert.
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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